Granit aus südtirol –

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Granit aus südtirol –
Schöne Welt der Steine
Granit aus
­Südtirol –
Das Flüsschen Plima
im Martellla: ein »steinreicher« Fluss mitten
im südtiroler Vinschgau
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Schöne Welt der SteinE
Natur pur
Marteller Granit – Plima
Südtirol! Der Trend heißt hier
heute »back to the roots«, zurück
zu den Wurzeln, zurück zur eigenen Identität. Nur noch wenig ist
zu spüren von dem einstigen
»Lederhosen-Image« dieser
Region zwischen Sterzing im
Norden und Neumarkt im Süden.
Eine junge Generation setzt auf
Zukunft; authentisch, nachhaltig,
natur- und heimatverbunden.
Gerade auch, wenn es um die
»Steine aus den Alpen« geht.
Der Granit Plima aus dem Martelltal zum Beispiel. Von Willy Hafner
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rstens geht es um den Begriff Heimat. Der Begriff beschreibt die Verbindung zwischen Menschen und
Orten. Leidenschaft für die Heimat,
darum geht es Cornelia und Günther Fuchs und
Cornelia Theiner. Ihnen geht es in ihrem Konzept
um Produkte aus heimischen Steinen, um Regionalität und um Nachhaltigkeit; also um Handwerk im
eigentlichen Sinn. Wenn es um die natürlichen
Steine in und aus Südtirol geht, sieht sich Cornelia
Fuchs als eine kreative Antreiberin. Cornelia erzählt von ihrem Zuhause, ihren Lieblingsplätzen
und natürlich ihren Lieblingssteinen, den Steinen
aus den Alpen. Soweit der erste Teil der Geschichte. Die junge Firmenchefin, ihre Kollegin Cornelia
und ihr Vater Günther wissen, wo sie hinwollen.
Zurück zu den Wurzeln, aber nicht in die Vergangenheit. Das ist der zweite Teil der Geschichte.
Allen dreien geht es ums Regionale, nicht ums Provinzielle. Dafür kennt »man« die Welt »da draußen«
zu gut. Cornelia hat in der Schweiz studiert. Alle
drei setzen auf die Rückbesinnung ihrer Kunden
und vor allem der Kunden ihrer Kunden auf das
Regionale. »Milch, zum Beispiel«, sagt Frau Fuchs.
»Wir kaufen heimische Milch, obwohl diese teurer
ist als importierte.« Was in der Nahrungsversorgung funktioniert, sollte eigentlich auch bei den
Steinen möglich sein, hofft sie. Das Lokale rückt in
den Vordergrund. Es geht hier nicht nur um die
Qualität. Für die Südtiroler Natursteinunterneh-
Steine aus dem
Wald: ein Plima
Block mitten in
der Natur
Plima
beflammt
Plima
poliert
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Steinwissen
Marteller Granit Plima
men gibt es nur gute und schlechte Steine – in
Südtirol und überall auf der Welt. Ihr Unternehmen
verkauft schließlich Steine aus aller Welt. Es geht
es um Tradition und um Kreisläufe. Heimischer
Stein ist für sie nicht »per se« besser. Heimischer
Stein hat einen »Mehrwert«, einen Wert, der sich
eben nicht in Euro messen lässt. Heimischer Stein
hat Geschichte und Geschichte gemacht. Heimischer Stein vermittelt Identität.
Granit aus dem Martelltal
Jetzt kommt der dritte Teil der Geschichte: Das
Martelltal ist ein nach Süden ausgerichtetes Seitental des Etschtals im mittleren Vinschgau und ein
Der Marteller Granit Plima ist ein Pegmatit, also ein Gestein
granitischer oder granitähnlicher Herkunft. Pegmatite sind
grob- bis riesenkörnig gangartig in Granitmassiven lagernde
Tiefengesteine mit Feldspäten, Quarz und Glimmer und Hauptgemengteile. Sie führen oft seltene Minerale und Edelsteine
mit herrlichen Kristallbildungen. Mit ihrem Mineralbestand
­bestehen die Plima-Typen aus blaugrauem Mikroklin, weißem
Plagioklas, hellgrau-transparentem bis fettglänzendem Quarz
und silbrigem Muskovit. Im Marteller Granit findet man Glimmerplatten, die einen Durchmesser von bis zu 10 cm haben,
und Turmaline, die eine Länge von bis zu 15 cm aufweisen.
Dazu gesellen sich ungleichmäßig über das Gestein verteilt bis
zu 1 cm große dunkelrote Granatkristalle und schwarze Biotitschuppen; ein Spektakel eben, wie der Geologe Walter Eppensteiner findet. Der Granit kommt in unzähligen Farbvariationen
vor. Es werden die Variationen Plima Blau, Plima Pronta und
Plima Salt unterschieden. Dass dieser Stein so schön glimmert, verdankt er dem Hellglimmer; der Feldspat sorgt dafür,
dass er sich gut brechen lässt, und Quarz macht den Stein
hart. Marteller Granit ist vom Fuß des Martelltals bis hinein
zum Zufritt-Stausee im hinteren Tal zu finden. fuchs.it
Plima
satiniert
Plima
satiniert
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Martell, Berlin,
Stuttgart!
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as Schauspielhaus in Stuttgart! Hier liegt Südtirol. Das ehemalige »Kleine Haus« ist nach der
Kriegszerstörung des Vorgängerbaus zwischen
1959 und 1962 neu gebaut worden. Der nüchterne Bau
der Stuttgarter Architekten Hans Volkart, Bert Perlia
und Kurt Pläcking mit seinem achteckigen Zuschauerraum steht inzwischen unter Denkmalschutz. Ende
2008 begann der Berliner Architekt Klaus Roth mit der
Planung einer substanziellen Sanierung. Ziel war es, den
baulichen Zustand und den technischen Ausbau des gesamten Schauspielhauses mit Bühne, Zuschauerraum,
Foyers und Personalbereich mit Büros, Aufenthalts- und
Umkleidebereichen auf den heutigen Stand zu bringen
und teilweise räumlich neu zu ordnen. Im Eingangsbereich wurden Bar, Garderobe, Merchandising, Abendkasse und Lounge zu einer im Raum stehenden »Funktionsinsel« aus teils angeböschten Formen in Sichtbeton und Holz zusammengefasst. Das
Farb- und Materialkonzept sieht hier im unteren Foyer
eine »härtere Gangart« vor mit Plima-Granit am Boden,
Beton, Eiche und Edelstahl an der Wand. Verlegt wurden
1.500 m2 an ihrer Oberfläche sanierte und beflammte
bis zu 75 cm lange, 95 cm breite und 2 cm starke Platten
Marteller Granit Plima. Verlegt wurden die Platten von
dem Unternehmen Fliesen Röhlich aus Wendelstein. fuchs.it/ fliesen-roehlich.de
1.500 Quadratmeter Bodenplatten aus MartellGranit Plima an ihrer Oberfläche satiniert und
beflammt im Schauspielhaus in Stuttgart.
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ausgeprägtes Kerbtal, das ziemlich geradlinig und
flankiert von steilen Talhängen vom Gebiet der Gemeinde Latsch im Mittelvinschgau aus 27 Kilometer in südsüdwestlicher Richtung in die Ortlergruppe hineinführt. Das Tal ist in den Nationalpark
Stilfser Joch eingebettet. Den Talschluss bildet die
zur Ortlergruppe gehörende Cevedale-Gruppe mit
dem 3.769 Meter hohen Monte Cevedale als
Hauptgipfel. Den Granit, der in diesem Tal gefunden wird, hat der Geologe Walter Eppensteiner als
ein geologisches Spektakel bezeichnet. Wer diesen
Stein das erste Mal sieht, würde ihn für Azul d’Aran
halten, heißt es, und das stimmt. Wir sind beim
vierten Teil der Geschichte. Günther Fuchs, Natursteinunternehmer aus Schlanders, erkannte vor
einigen Jahren die Ähnlichkeit der heimischen
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Sie wollen die Steine aus Südtirol nach vorne bringen: die
Mitglieder der Vereinigung Naturstein Südtirol.
Steine aus
Südtirol
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Im Werk in Schlanders werden die
Blöcke auf Gattermaß »getrimmt«.
Steine mit dem Granit aus den spanischen Pyrenäen. Verbaut wurden diese Steine im Martelltal
schon immer: Mauern, Abdeckplatten und Uferverbauungen. Auf die Idee, diese Steine aufschneiden
zu lassen, war vor ihm noch niemand gekommen.
Ein Schritt, der sich lohnte. Zum Vorschein kam ein
blau-grau glimmernder Stein.
Natur pur aus dem Martelltal
Jetzt kommt der letzte Teil der Geschichte. Es
gibt keinen Steinbruch! Marteller Granit kommt in
Findlingen vor; ein bis 15 Kubikmeter groß und bis
fast drei Tonnen schwer. Die Felsen werden aus
dem Flussbett der Plima, von den Wiesen der Bauern oder von Schuttkegeln der Geröllhalden ent-
ie Gewinnung von Naturstein
und dessen Verarbeitung hat in
Südtirol seit Langem Tradition. Historische Gebäude und Denkmäler
belegen, dass der Abbau von Gesteinen
in Südtirol schon immer existiere. Selten nahm der Abbau jedoch industrielle
Formen an, meist war er an handwerkliche Familienbetriebe gebunden. So
sind die heutigen Steinbrüche oft das
Resultat einer jahrhundertealten Entwicklung. Derzeit gibt es rund 20 aktive
Steinbrüche. Abgebaut werden Porphyre, Granite, Serpentinit, Gneis, Basalt, Sandstein, Silberquarzit und Tonalit. Seit Mai 2011 bündelt der Verein
»Naturstein Südtirol« die Interessen von
Südtirols Natursteinbranche. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, das Image
der Südtiroler Natursteine aufzuwerten.
Dazu gehören die gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit ebenso wie die enge Zusammenarbeit mit Architekten und Planern sowie die Teilnahme an Messen.
Im Januar wird der Verein auf der Archi­
tekturfachmesse Bau 2013 in München
mit einem Stand vertreten sein.
naturstein-suedtirol.it
Laaser Marmor
Moeltner Sandstein
Pseirer Gneis
Moeltner Porphyr
Seiser Basalt
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fernt. Jeder Stein ist ein Unikat. Kein Bruch, kein
großes Loch, keine aufwendige Infrastruktur, kein
Lärm durch Bohrhämmer, kein Schlamm der
Schrämmmaschinen: Natur pur! Genommen wird,
was gefunden wird, und natürlich nur gesundes
und farblich interessantes Material. Der Felsen
nach Schlanders transportiert, auf ein vernünftiges Gattermaß zugeschnitten und anschließend
nach Verona transportiert. Hier werden aus den
eher unförmigen Rohblöcken Halbfertig- und Fertigprodukte: Abdeckplatten, Massivarbeiten,
Normfliesen, Bodenplatten oder Wandverkleidungen gefertigt.
Kein Steinchen wird weggeschmissen
Stein nah, hochwertig, fair und authentisch. Marteller Granit ist beispielhaft für den schonenden
und behutsamen Abbau der »Steine aus den Alpen«.
Obwohl das Unternehmen in der Welt zu Hause ist,
setzt man hier bewusst auf Lokalkolorit; eben auf
Natur pur.
Steine aus Südtirol »live« erleben! Im Januar können Sie das.
Auf der Architekturfachmesse
Bau in München,
Halle A4, Stand 121
Übrig bleibt nichts. Weggeschmissen wird schon
gar nichts. Der Kreislauf schließt sich. Marteller
Granit Plima ist für Cornelia Fuchs ein »authentischer« Stein. Was als Werkstein nichts taugt,
wird zum Flussstein, zum Füllmaterial für Gabbionen oder wandert in den Garten- und Landschaftsbau. Ihr Anliegen ist es, das Material bis
aufs letzte Körnchen zu nutzen. Für sie ist dieser
Steinlust
Marteller Granit für ein Schloss
Auf geheimnisvolle Zeiten gehen die Ursprünge
von Schloss Goldrain zurück. Weder die Baugeschichte des Schlosses noch die Ahnengeschichte
der langjährigen und mächtigen Schlossherren
Hendl lassen sich in ihren Anfängen datieren und
zuverlässig rekonstruieren.
Die Idee, auf Schloss Goldrain ein Bildungshaus
einzurichten, wurde geboren, als die Familie von
Plawenn, die Erben des erloschenen Geschlechts
der Hendl, Schloss Goldrain an die Gemeinde
Goldrain verkauft hatten. Die Gemeinde will das
Schloss verkaufen. Die Gemeindeverwaltung
schreibt für die Eigentumsübertragung ein klares
Schloss Goldrain oberhalb von Schlanders: früher
Nutzungsprogramm vor. Schloss Goldrain muss der Herrschaftssitz, heute Bildungszentrum
Öffentlichkeit weiterhin zugänglich sein, und der
private Eigentümer muss sich verpflichten, das Schloss als kulturelles Wahrzeichen zu erhalten. Heute ist
Schloss Goldrain ein Bildungshaus, das ein diversifiziertes Bildungsangebot in den Bereichen Weiterbildung, Gesundheit, Persönlichkeit und Freizeit anbietet, und das Schloss ist der erste größere realisierte
Bau mit Marteller Granit Plima.
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Marteller Granit Plima in Verona
»Natur pur«
meets Design
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ustainable Stone war das Thema der diesjährigen Sonderschau »marmomacc meets design« in Verona. Gewinnen, spalten, brechen,
schneiden, kalibrieren, schleifen, sortieren, polieren
und zerkleinern! All dies sind typische Tätigkeitswörter der Leute vom Stein. Schon im Steinbruch entsteht die Idee, das steinerne Material in ein rationales Produkt zu verwandeln, bei dem der vorgeschnittene und abgekantete Steinblock zu einer Platte mit vorher festgelegten Maßen wird. So sieht es
der Architekt Massimiliano Caviasca, und so hat er
es mit seiner Studentin Cornelia Fuchs am Polytechnikum in Mailand besprochen. Gemeinsam mit dem
Studio StanDby ist aus dieser Idee ein Messestand
geworden. Ein Stand, der auf einen Wechsel der Perspektive zielt. Stein ist Natur, Ursprung und edles
Material. Dies will der Messestand veranschaulichen.
Die zwei senkrechten Ebenen aus Stein und Gras vermischen sich, die dritte, waagerechte, Ebene lenkt
die Schritte des Besuchers in einem unregelmäßigen
Wechsel von Holz und Granit. Das Projekt soll zu
einem Symbol zum Schutz der Natur werden. Der
Abfall wird zum Zierrat, zum unregelmäßigen, schmü-
»Natur pur« aus Südtirol in Verona. Cornelia Fuchs (dritte von
rechts) und ihr Team am Messestand auf der Marmomacc 2012
ckenden Beiwerk. An der Wand des Standes finden
sich Platten aus Marteller Granit, die anmuten sollen
wie ungestaltete Findlinge, wie sie in den Ber­gen des
Marteller Tals zu finden sind. Der Architekt Massimiliano Caviasca ist seit 2005 Dozent für architektonisches Entwerfen am Politecnico di Milano. 2011
gründet er die »Stone Academy«, zu deren Koordinator er berufen wird und die unter seiner Führung heute
elf italienische und internationale Universitäten vereint, die alle Studien- und Lehrgänge zum Thema
»Zeitgenössische Architektur und Naturstein« anbieten. Die studierte Kauffrau Cornelia Fuchs aus Schlanders in Südtirol gehört seit Januar zu seinen Studentinnen am Polytechnikum in Mailand und hatte die
Idee, gemeinsam mit ihrem Professor und Kommilitonen diesen Messestand zu entwickeln. polimi.it
Unregelmäßig gebrochene Platten sollen wirken
wie die unregelmäßigen Steinblöcke im Martelltal.
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