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Themen zur Tierernährung Fachtagung 2015/2016 Beitrag der Tierernährung zur Stabilisierung von Verdauungsvorgängen beim Schwein in kritischen Phasen Dr. Saara Sander Institut für Tierernährung, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover Einleitung In zunehmendem Maße steht die Produktion tierischer Produkte im Fokus der Öffentlichkeit und gerät mehr und mehr unter politischen Druck. So wird der Einsatz von Tierarzneimitteln generell, im Besonderen aber der von Antibiotika, zum Teil heftig kritisiert. Nun gibt es für jede tierärztliche Behandlung im Bestand aber gute Gründe, da gerade in besonderen Stresssituationen wie dem Absetzen unter anderem vermehrt Störungen der Magen-Darm-Gesundheit auftreten. Spätestens seit dem Verbot der antibiotischen Leistungsförderer im Jahre 1996 kommt daher der Suche nach alternativen (diätetischen) Ansätzen eine immer größere Bedeutung zu. Der nachfolgende Beitrag soll mögliche Ursachen für Störungen der Magen-Darm-Gesundheit vorstellen und verschiedene diätetische Maßnahmen benennen. Grundsätzlich muss aber deutlich hervorgehoben werden, dass diätetische Maßnahmen - egal welcher Art - ein prophylaktischer Ansatz sind und Mängel in Management, Hygiene oder Haltung nicht ausgleichen können. Es geht also weniger darum bereits aufgetretene Störungen zu behandeln, das Ziel ist vielmehr die Tiere gesund zu erhalten. Was bedeutet „Gesundheit des Magen-Darm-Trakts“? Offensichtlich gesund erscheint der Magen-Darm-Trakt (MDT), wenn er seine Primärfunktionen - Verdauung der aufgenommenen Nahrung, Absorption der Nährstoffe, Exkretion des Unverdauten weitestgehend unauffällig erfüllt. Abbildung 1: Die Gesundheit des Magen-Darm-Trakts – Facetten zu einer näheren Charakterisierung (Kamphues 2009) Wie in Abbildung 1 verdeutlicht, kann dies aber nur funktionieren, wenn verschiedenste anatomische/histologische und immunologische Parameter sowie die Gastrointestinalflora entsprechend ausgebildet sind. Aber auch verschiedene, dem MDT „zugeordnete“ Organe wie die © COPYRIGHT DEUTSCHE VILOMIX TIERERNÄHRUNG GMBH www.vilomix.de Telefon: 0 54 93 / 98 7 00 Telefax: 0 54 93 / 98 7 90 SEITE 1 VON 10 Email: [email protected] Themen zur Tierernährung Fachtagung 2015/2016 Speicheldrüsen, das Pankreas oder die Leber tragen maßgeblich zur Erfüllung der Primärfunktionen bei. So sind die verschiedenen in den Sekreten der genannten Organe enthaltenen Enzyme und sonstigen Substanzen für die Verdauung der aufgenommenen Nahrung durch den tierischen Organismus unabdingbar. Der überwiegende Teil der im Dünndarm enzymatisch unverdauten Nahrungsbestandteile wird mikrobiell abgebaut und die hierbei anfallenden Stoffwechselprodukte, wie die kurzkettigen Fettsäuren Essigsäure, Propionsäure und Buttersäure, wiederum können vom Wirtstier aufgenommen und energetisch genutzt werden. Für eine geregelte Resorption der so entstandenen Nährstoffe bedarf es der Integrität der Darmschleimhaut. Diese ist darüber hinaus auch bei der Abwehr von Krankheitserregern von zentraler Bedeutung, da verständlicherweise über eine geschädigte Schleimhautoberfläche Pathogene leichter eindringen können. Eine besondere Barrierefunktion kommt hier der dem Epithel aufliegenden Schleimschicht zu (Deplancke u. Gaskins 2001). Als Teil des angeborenen Immunsystems bildet diese nicht nur eine physikalische Barriere gegen Pathogene und eine Nische für „gute“ Darmbakterien, darüber hinaus werden in ihr auch Krankheitserreger und Toxine gebunden und im Zuge der ständigen Abrasion der obersten Schleimschichten ausgeschieden (Schütt u. Bröker 2009). Zusätzlich unterstützt eine stabile Mikroflora die Abwehr von Krankheitserregern, zum einen durch die Besetzung von Rezeptoren und ökologischen Nischen, aber auch durch die Produktion verschiedener Stoffe, die das Wachstum pathogener Keime hemmen oder diese sogar abtöten können (Cho et al. 2011). Dieses Zusammenspiel wird auch „colonisation resistence“ genannt (s. Abb. 2). Abb. 2: 1. Kommensale (oval) besiedeln die Mukusschicht und verhindern das Anhaften von Pathogenen (dreieckig). 2. Ist diese Barrierefunktion nicht vollständig ausgebildet, können auch Pathogene am Epithel binden. 3a. Die Bindung an den Mukus verhindert das Anhaften der Pathogene am Epithel. Die Pathogene werden durch die Abrasion des Mukus entfernt, sodass (3b.) keine Infektion stattfindet. 4a. Die Bakterien vermehren sich schneller als der natürliche Austausch der Mukusschicht; eine Kolonisation kann nicht verhindert werden und es kommt zur Infektion des Epithels (4b). (Abbildung nach Montagne et al. 2004) Weiterhin haben aber auch teilweise schwer fassbare Faktoren wie Stress mannigfaltigen Einfluss auf die verschiedensten Körperfunktionen, so auch auf den MDT oder das Immunsystem. © COPYRIGHT DEUTSCHE VILOMIX TIERERNÄHRUNG GMBH www.vilomix.de Telefon: 0 54 93 / 98 7 00 Telefax: 0 54 93 / 98 7 90 SEITE 2 VON 10 Email: [email protected] Themen zur Tierernährung Fachtagung 2015/2016 Unter welchen Bedingungen treten vermehrt Störungen der Magen-Darm-Gesundheit auf? Besonders häufig sind Saugferkel und Absetzferkel von Störungen des MDT betroffen. Hierbei muss es sich nicht zwangsläufig um Infektionen handeln, auch Verdauungsstörungen (beispielsweise nach Überfressen) sowie eine unzureichende Etablierung oder Störungen (ohne Beteiligung von Pathogenen) der Magen-Darm-Flora sind mögliche Ursachen (Kamphues 1988). So sind für das Saugferkel der Geburtsverlauf sowie die ersten Stunden nach der Geburt entscheidend. Im Gegensatz zum Menschen werden Ferkel ohne jede humorale Immunität geboren, da die Art der Plazenta eine Übertragung von Antikörpern bereits im Mutterleib nicht ermöglicht. Dementsprechend ist die ausreichende Aufnahme von Kolostrum der entscheidende Parameter für einen adäquaten Schutz des Ferkels vor typischen Infektionserregern. Voraussetzung ist, dass die Sau einen ausreichend langen Zeitraum den stallspezifischen Erregern ausgesetzt war, sodass ihr Immunsystem die entsprechenden Antikörper bilden und in das Kolostrum abgeben konnte. Neben dem Immunschutz bietet das Kolostrum natürlich auch eine ideale Nährstoffzusammensetzung und Energiequelle für das neugeborene Ferkel. Zusätzlich enthält die Sauenmilch verschiedene bioaktive Substanzen wie Wachstumsfaktoren, Insulin oder Galaktooligosaccharide (unterstützen die Ausreifung des Darms, Nahrung für die sich gerade etablierende Mikroflora; Blais et al. 2015). Als natürlicher Schutz vor bakteriellen Darminfektionen ist sowohl das Kolostrum als auch die reife Milch arm an Eisen, das für viele Pathogene ein essentielles Substrat für die Vermehrung darstellt (Blais et al. 2015). Ist das Ferkel gut durch die Säugezeit gekommen, kommt mit dem Absetzen bereits der nächste, für die Erhaltung der Magen-Darm-Gesundheit kritische Zeitpunkt. Neben dem Stress durch die Trennung von der Muttersau und das Zusammenstellen neuer Tiergruppen belastet der Futterwechsel von überwiegend Milch auf feste, pflanzliche Nahrung die Tiere zusätzlich. Häufig nehmen die gerade abgesetzten Ferkel zunächst kein oder nur sehr wenig Festfutter auf. Dadurch kommt zu einer verminderten Ernährung der Darmschleimhaut (die Versorgung dieser Zellen erfolgt überwiegend durch die mit der Nahrung aufgenommen Nährstoffe direkt aus dem Darmlumen). Dies wiederum bewirkt Veränderungen der dem Epithel aufliegenden Schleimschicht sowie eine Schädigung der Schleimhaut (Atrophie der Darmzotten), sodass die natürlichen Barrieren mögliche Pathogene nicht wie erforderlich abwehren können und das Tier für Infektionen des MDT anfälliger ist (Nabuurs et al. 1993). Durch die Umstellung von Milch auf feste pflanzliche Nahrung kommt es auch zu Veränderungen in der Verdauungsphysiologie. Bereits im Magen haben das Milchprotein Casein und pflanzliche Proteine unterschiedliche Anforderungen für eine optimale Proteinverdauung. So weisen die sekretorischen Zellen in der Magenschleimhaut von Saugferkeln nur eine geringe Salzsäure-Produktion auf und auch durch die Bildung von Milchsäure sinkt der pH-Wert im Magen kaum unter 4,0. Genau diese Bedingungen sind ideal für die beginnende Verdauung des Caseins. Pflanzliche Proteine benötigen jedoch einen pH-Wert von 2-3,5 für eine effiziente Verdauung im Magen (Suiryanrayna u. Ramana 2015). Nach der Umstellung von Milch auf pflanzliche Nahrung können die Belegzellen im Magen nicht sofort ausreichend Salzsäure produzieren, um eine entsprechende Absenkung des pH-Wertes zu gewährleisten. Da zusätzlich die für eine hohe Laktatproduktion präferierten Substrate wegfallen, können oral aufgenommene Pathogene nur noch wenig effektiv bereits im Magen eliminiert werden (sog. Magenbarriere). Neben den infektiösen Durchfallursachen (im Zeitraum nach dem Absetzen häufig E. coli) tritt aber auch regelmäßig Durchfall auf, dem keine Infektion zugrunde liegt. Nehmen die Tiere nach dem Absetzen unregelmäßig große Mengen Futter auf („Überfressen“), so wird die Verdauungskapazität von Magen und Dünndarm überschritten. Folglich gelangen große Mengen unverdauten Futters in den © COPYRIGHT DEUTSCHE VILOMIX TIERERNÄHRUNG GMBH www.vilomix.de Telefon: 0 54 93 / 98 7 00 Telefax: 0 54 93 / 98 7 90 SEITE 3 VON 10 Email: [email protected] Themen zur Tierernährung Fachtagung 2015/2016 Dickdarm und werden dort (teilweise) von der Mikroflora verstoffwechselt. Durch die großen Mengen unverdauten Futters sowie die anfallenden Stoffwechselprodukte der Darmbakterien kommt es dann zum Durchfall (fermentative Diarrhoe; Kamphues 1988). Zusätzlich steigt der pH im Magen teilweise über mehrere Tage auf Werte von 5-6, sodass die bereits angesprochene Magenbarriere nicht wirken und die eigentlich im Magen beginnende Proteinverdauung nicht gewährleistet werden kann (Suiryanrayna u. Ramana 2015). So werden möglichen Infektionserregern günstigere Voraussetzungen geboten (Canibe et al. 2001), wenngleich der Durchfall zumindest initial nicht infektiös war. Bei älteren Tieren kommt es deutlich seltener zu Verdauungsstörungen, was der zunehmenden Ausreifung des Darms und damit auch der Enzymsysteme, einer etablierten Darmflora sowie einem stabilen erworbenen Immunsystem zuzuschreiben ist. Welche Mittel stehen zur Unterstützung der Magen-Darm-Gesundheit zur Verfügung? 1. Fütterungstechnische Maßnahmen Insbesondere beim Übergang von Milch zu festem Futter kann durch verschiedene Maßnahmen das Risiko von Verdauungsstörungen gesenkt werden. So ist es üblich, bereits während der Säugezeit den Ferkeln Prestarter anzubieten. Eine vollständige Gewöhnung an festes Futter kann hierdurch in der Regel jedoch nicht erreicht werden. Um nach dem Absetzten ein Überfressen zu vermeiden, sollte das Futter restriktiv in mehreren kleinen Portionen angeboten werden. Um auf der anderen Seite einer vollständigen Futterverweigerung vorzubeugen, ist die Flüssigfütterung oder das zusätzliche Angebot einer „Milchsuppe“ vorteilhaft. So konnten Deprez et al. bereits 1987 zeigen, dass es bei Einsatz von Flüssigfutter direkt nach dem Absetzen kaum zu Veränderungen der Schleimhautmorphologie im Dünndarm kam. Wurde das gleiche Futter jedoch trocken angeboten, wiesen die Ferkel deutlich verkürzte Darmzotten auf. Diese morphologischen Veränderungen konnten von Nabuurs et al. (1993) mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Durchfall bei Absetzferkeln in Verbindung gebracht werden. Verschiedene Untersuchungen konnten zeigen, dass beim Schwein eher Magengeschwüre auftreten, wenn das gleiche Futter als Pellet anstatt als Schrot angeboten wird (z. B. Arlinghaus 2013). Ein möglicher Grund hierfür ist, dass zumindest im Rahmen der Trockenfütterung die Angebotsform einen Einfluss auf das Futteraufnahmeverhalten hat (Mößeler et al. 2011). Da die Schweine fast doppelt so lange damit beschäftigt sind, die gleiche Menge Futter aufzunehmen, wenn es als Schrot angeboten wird, ist auch davon auszugehen, dass bei diesen Tieren deutlich mehr Speichel produziert wird (allein aufgrund der längeren Futteraufnahme). Das wiederum könnte im Magen einen zusätzlichen Schutzmechanismus für die Schleimhaut der Pars nonglandularis direkt am Mageneingang darstellen (hier sind beim Schwein die Magengeschwüre fast immer lokalisiert). 2. Probiotika Bei Probiotika handelt es sich um Mikroorganismen (spezifische Bakterien und Hefen), deren Eigenschaften insbesondere die Abwehr von Pathogenen im MDT unterstützen sollen. Es werden verschiedene Wirkmechanismen diskutiert, aber nach Siepert et al. (2014) werden diese bislang noch nicht wirklich umfassend verstanden. So scheinen Probiotika über die Besetzung von ökologischen Nischen und Bindungsstellen im Darm sowie die Bildung von Abwehrstoffen gegen andere Bakterien Einfluss auf Pathogene im MDT zu nehmen (Visscher 2015). Darüber hinaus konnte in verschiedenen Arbeiten auch eine Modulation des Immunsystems des Wirts beobachtet werden, wenngleich diese © COPYRIGHT DEUTSCHE VILOMIX TIERERNÄHRUNG GMBH www.vilomix.de Telefon: 0 54 93 / 98 7 00 Telefax: 0 54 93 / 98 7 90 SEITE 4 VON 10 Email: [email protected] Themen zur Tierernährung Fachtagung 2015/2016 Effekte deutlich variierten (Cho et al. 2011). Generell scheint der Einsatz von Probiotika bei einer frühen Etablierung der Normalflora („competitive exclusion“; Nurmi u. Rantala 1973) sowie zur Unterstützung in besonderen, häufig eine Dysbiose hervorrufenden Situationen günstig zu sein. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass mögliche günstige Einflüsse beim Einsatz von Probiotika aufgrund individueller Abweichungen zwischen den einzelnen Tieren leicht verschwinden können (Twardziok et al. 2015). Eine ausführliche Übersicht zu diesem Thema findet sich bei Visscher (2015). 3. Futterstruktur Die Struktur im Schweinefutter wird zum einen durch den Vermahlungsgrad der Rohkomponenten (grob/fein) und zum anderen durch die Konfektionierung (Schrot/Pellets/Brösel/Extrudat/Expandat) bestimmt. In zahlreichen Arbeiten konnten mittlerweile deutliche Einflüsse der Futterstruktur auf die verschiedenen Parameter im MDT von Schweinen gezeigt werden (siehe hierzu auch die Übersichtsarbeit von Betscher et al. 2010). An dieser Stelle sollen daher nur die markantesten Effekte angesprochen werden. Bereits im Magen sind deutliche Einflüsse zu beobachten: Während bei Angebot eines groben, schrotförmigen Futters im Magen eine Schichtung des Inhalts mit pH-Werten im Bereich des Magenfundus um 2,5 zu beobachten ist, ist der Mageninhalt nach Angebot eines pelletierten Mischfutters deutlich flüssiger und an allen Lokalisationen im Magen variiert der pH-Wert zwischen 4,5-5 (u. a. Arlinghaus 2013; Mößeler et al. 2014). Der flüssige Mageninhalt wird mit der Entstehung von Magengeschwüren im Bereich der Pars nonglandularis in Verbindung gebracht. Im geschichteten Mageninhalt nach Schrotfütterung kann nicht nur die Durchsäuerung des aufgenommen Futters beobachtet werden, zusätzlich bildet sich auch eine andere Keimflora aus; dies äußert sich beispielsweise in einer deutlich höheren Anzahl an Laktobazillen (Sander et al. 2012). All diese Unterschiede zusammengenommen (sowie wahrscheinlich etliche weitere, bislang nicht untersuchte) machen die sogenannte Magenbarriere aus. Diese verhindert, dass oral aufgenommene Keime ungehindert in den Darm gelangen. So werden im Mageninhalt der mit einem groben Schrot gefütterten Schweine Salmonellen effektiv eliminiert, während sich dieser Keim sogar vermehren konnte, wenn ein fein vermahlenes und pelletiertes Mischfutter zum Einsatz kam (in vitroUntersuchungen, Koop 2013). Während der Einfluss der Futterstruktur im Dünndarm eher gering ist, können im Dickdarm wieder deutliche Effekte beobachtet werden. So kommt es bei einer groben Futterstruktur zu einer Förderung von Laktobazillen (Sander et al. 2012) ebenso wie zu einer reduzierten Salmonellenprävalenz (Visscher et al. 2009). Durch eine gröbere Vermahlung gelangt mehr Stärke in den Dickdarm. Diese wird dort von stärkeabbauenden Bakterien (wie z. B. Laktobazillen) unter anderem zu Buttersäure und Propionsäure verstoffwechselt. Diese kurzkettigen Fettsäuren stehen einerseits dem Wirtstier generell, Buttersäure aber auch ganz spezifisch den Zellen der Darmschleimhaut (wirkt hier auch zelldifferenzierend und wachstumsfördernd), als Energiequelle zur Verfügung. Zum anderen wirkt Buttersäure hemmend auf die Invasionsfähigkeit von Salmonellen (Gantois et al. 2006), sodass die Salmonellenprävalenz im Betrieb gesenkt werden kann (Visscher et al. 2009). © COPYRIGHT DEUTSCHE VILOMIX TIERERNÄHRUNG GMBH www.vilomix.de Telefon: 0 54 93 / 98 7 00 Telefax: 0 54 93 / 98 7 90 SEITE 5 VON 10 Email: [email protected] Themen zur Tierernährung Fachtagung 2015/2016 4. Faser Der Begriff „Faser“ umfasst zahlreiche verschiedene lösliche und unlösliche Futterbestandteile, meint im klassischen Sinne jedoch insbesondere unlösliche Zellwandbestandteile wie Zellulose, Hemizellulose und Lignin. Die Bestimmung erfolgt entweder mit der „klassischen“ Rohfaseranalytik (Weender Analyse) oder anhand der Faseranalytik nach van Soest, fraktioniert in NDF (Neutral Detergent Fiber), ADF (Acid Detergent Fiber) und ADL (Acid Detergent Lignin; s. Abb. 3). Abbildung 3: Die verschiedenen Fraktionen der Faseranalytik nach van Soest (1976) Ernährungsphysiologisch werden unter dem englischen Terminus „dietary fiber“ jedoch alle pflanzlichen Kohlenhydratverbindungen subsummiert, die enzymatisch unverdaulich sind und dementsprechend der Mikroflora zur Verfügung stehen. Folglich müssen in diesem Zusammenhang auch weitere Gerüstsubstanzen und Zellinhaltstoffe wie Fruktane, Pektin, Oligosaccharide oder lösliche β-Glucane ebenso wie resistente Stärke berücksichtigt werden. Unterschiede in der Nutzung der verschiedenen Stoffe lassen sich anhand der „bakteriell fermentierbaren Substanz“ (BFS) charakterisieren, da nicht jeder enzymatisch unverdauliche Pflanzeninhaltsstoff gleichermaßen von Bakterien genutzt werden kann. So handelt es sich bei Pektin beispielsweise um ein leicht fermentierbares Produkt, das auch bei Schweinen zu über 90 % abgebaut werden kann, während Lignin komplett unverdaut wieder ausgeschieden wird (McPherson Kay 1982). Sowohl lösliche als auch unlösliche Fasern haben ihre Bedeutung in der Tierernährung. Grob strukturiert (beispielsweise als Raufuttermittel) eingesetzt kommt es zu einer Verlängerung der Futteraufnahmezeit, als Beschäftigungsmaterial zeigt sich aber auch ein Einfluss auf das Tierverhalten; in zahlreichen Untersuchungen zeigten sich sowohl tragende Zuchtsauen als auch Mastschweine ruhiger und weniger aggressiv gegenüber ihren Artgenossen (z. B. Reduktion von Schwanzbeißen), wenn Stroh als Beschäftigungsmaterial zur Verfügung stand. Allgemein führt der Einsatz verschiedenster Faserträger zu einer vermehrten Dickdarmfüllung (u. a. aufgrund der Wasserhaltekapazität) und trägt so zum Sättigungsgefühl restriktiv gefütterter, tragender Zuchtsauen bei. Ein weiterer Faktor für ein länger anhaltendes Sättigungsgefühl bei Einsatz von Faserstoffen ist der stabilere Blutglucosespiegel sowie die im Vergleich zu den enzymatisch verdauten Nährstoffen zeitliche versetzte Anflutung der ebenfalls als Energiequelle dienenden kurzkettigen Fettsäuren (de Leeuw et al. 2008). Da unlösliche Fasern zu einer höheren Motilität des Dickdarms führen, kann durch deren Einsatz zusätzlich das Problem einer peripartalen Verstopfung bei der Zuchtsau und damit auch das Risiko für die Entstehung des Mastitis-Metritis-Agalaktie-Komplexes gemindert werden (Warzecha 2006, Westendarp 2006). Im Gegensatz zu unlöslichen Fasern kommt es nach der Aufnahme löslicher Fasern zu einer höheren Viskosität des Darminhalts und damit zu einer langsameren Dünndarmpassage. Dies ist ganz besonders im Zusammenhang mit der diätetischen Beeinflussung von E. coli-Infektionen bei Absetzferkeln zu beachten. Während höhere Rohfasergehalte (= unlöslich; bei gleichzeitiger Reduktion des Rohproteingehalts) im Aufzuchtfutter prophylaktisch günstig wirken, verstärkt der Einsatz von löslicher Faser (hier Guar Gum) die Symptome einer E. coli-Infektion (McDonald et al. 1999). © COPYRIGHT DEUTSCHE VILOMIX TIERERNÄHRUNG GMBH www.vilomix.de Telefon: 0 54 93 / 98 7 00 Telefax: 0 54 93 / 98 7 90 SEITE 6 VON 10 Email: [email protected] Themen zur Tierernährung Fachtagung 2015/2016 Löslichen Fasern können aber nicht generell negative Effekte auf die Darmgesundheit zugesprochen werden. Wie bei Jha und Berrocoso (2015) differenziert besprochen wird, kommt es beim Einsatz verschiedenster (löslicher) Faserquellen zu günstigen Veränderungen im Dickdarmmilieu und der Darmflora, denen ein positiver Einfluss auf die Tiergesundheit zugesprochen wird. Besonders günstig scheint die Wirkung beispielsweise von β-Glucanen zu sein, wenn diese nicht isoliert, sondern als normaler Bestandteil der Mischfutterkomponenten (wie etwa Gerste) angeboten werden (Jha u. Barrocoso 2015). Grundsätzlich ist jedoch zu berücksichtigen, dass höhere Fasergehalte im Futter evtl. im Dünndarm mit einer verminderten Verdaulichkeit der Nährstoffe einhergehen. Wie ausgeprägt diese sind und wie stark sie Einfluss auf die Leistung der Tiere nehmen, hängt nicht nur vom absoluten Fasergehalt der Ration ab, sondern wesentlich auch von den physikalisch-chemischen Eigenschaften (Löslichkeit, Viskosität, Wasserhaltekapazität,…) sowie dem Umfang der mikrobiellen Fermentation und damit der Menge der insgesamt anfallenden kurzkettigen Fettsäuren als Energiequelle für das Schwein. Fazit Zahlreiche unterschiedliche diätetische Ansätze können in unterschiedlichem Umfang und verschiedensten Kombinationen zum Erhalt und zur Förderung der Gesundheit des MDT herangezogen werden. Diese Maßnahmen wirken jedoch eher präventiv und können Mängel in Management, Hygiene und/oder Haltung nicht ausgleichen. Darüber hinaus stehen häufig ökonomische Zwänge dem Einsatz der geschilderten Maßnahmen entgegen. So bewegt eine angespannte Marktlage die Landwirte häufig, auch auf sehr geringe Nachteile in der Leistung bei Einsatz einer groben Futterstruktur oder höherer Faseranteile einzugehen und auf diese Maßnahmen zu verzichten. Allerdings sollte nicht vergessen werden, dass Krankheitsgeschehen, welcher Art auch immer, ebenfalls die Leistung mindern und häufig zusätzliche Kosten für Tierarzt und Medikamente verursachen. © COPYRIGHT DEUTSCHE VILOMIX TIERERNÄHRUNG GMBH www.vilomix.de Telefon: 0 54 93 / 98 7 00 Telefax: 0 54 93 / 98 7 90 SEITE 7 VON 10 Email: [email protected] Themen zur Tierernährung Fachtagung 2015/2016 Fragen und Antworten vom Vilomix Fachgespräch Frage 1: Wie fein sollte das Getreide sein? Antwort Sander: Führt man eine Siebanalyse durch, so fallen sowohl staubfeine Partikel (< 0,2 mm) als auch größere Partikel (> 1 mm) an. Der Anteil an Partikel über einem Millimeter sollte bei bis zu 15 % liegen. Der Anteil der staubfeinen Partikel in der gesamten Probe sollte 20 % nicht überschreiten. Frage 2: Da gibt es ja den Expertenstreit. Verdaulichkeit also Effizienz des Futtereinsatzes gegenüber des Wohlbefindens des Schweines. Wie ist da ihre Meinung Herr Stalljohann? Antwort Dr. Gerhard Stalljohann, Landwirtschaftskammer Münster (NRW): Die Erfahrungen sind durchaus positiv, wenn wir bezüglich der Faserversorgung etwas umdenken. Da stimmen wir auch überein. Ganz einfach gesagt, haben wir unterschiedliche taktische Vorgehensweisen. Als Beispiel werde ich eine Extreme -den Einsatz von Maissilage- genauer darstellen. Maissilage kommt dann zum Einsatz, wenn der CCM wirklich nur noch aus Körnern besteht und somit fast gar keine Faser mehr liefert. Wenn dann zusätzlich wenig Gerste zur Verfügung steht oder aber die Gerste sehr gute Erträge erbracht hat und der Spelzenanteil gering ist, kann Maissilage mit 4-5 % auf TM durchaus diese Rohfaserlücke schließen. Die Rückmeldungen der 400-500 maissilageeinsetzenden Betriebe hier in Norddeutschland sind äußerst positiv. Die Tiere sind sehr viel ruhiger. Die Betrachtung der Rohfaser muss fortgeführt werden. Eine differenzierte Betrachtung hinsichtlich des Alters der Tiere und der Faserquelle soll in einem Versuch, den wir durchführen wollen, realisiert werden. Damit wir aussagekräftige Werte bekommen, mit denen wir die vorläufigen Empfehlungen untermauern können. Wir empfehlen beispielsweise die Betrachtung der NDF, da die Betrachtung der Rohfaser nach unseren Einschätzungen zu ungenau ist. Die NDF ermöglicht uns eine ganze Menge mehr. Frage 3: Nochmal zum Silomais als Rohfaserträger. Auch wir haben damit gute Erfahrungen gesammelt. Allerdings ist die Maissilage häufig schon mit in den Corn-Cob-Mix mit eingemischt und daher nicht sonderlich flexibel. Bietet die Maissilage außer als Rohfaserquelle noch weitere Vorteile gegenüber anderen Rohfaserträgern? Antwort Sander: Der Einsatz von Maissilage ist eine Möglichkeit Faser in die Mischung zu bekommen. Des Weiteren liefert sie über die Blatt- und Stängelanteile unlösliche Faser. Durch die Milchsäurebakterien bringt sie eine gewisse Säuerung mit sich und wirkt somit gewissermaßen als Probiotikum. Es handelt sich also um eine Verknüpfung einer Faserquelle und positiver Mikroorganismen. Natürlich spielt die Verfügbarkeit und wie sie es einsetzen können auch eine große Rolle. Wenn Sie nur den Gesamtfaseranteil betrachten, können Sie auch andere Faserquellen nutzen. Frage 4: Wie sollte die Faserzusammensetzung in einer Rezeptur für niedertragende Sauen aussehen. Antwort Sander: Vorgaben: 7 % Faser auf 88 %. Eine Faserquelle zur freien Verfügung anbieten. © COPYRIGHT DEUTSCHE VILOMIX TIERERNÄHRUNG GMBH www.vilomix.de Telefon: 0 54 93 / 98 7 00 Telefax: 0 54 93 / 98 7 90 SEITE 8 VON 10 Email: [email protected] Themen zur Tierernährung Fachtagung 2015/2016 Literatur Arlinghaus M (2013): Auswirkungen der Mischfutterstruktur (Vermahlung/Konfektionierung) auf die Verdaulichkeit von Nährstoffen sowie anatomisch-morphologische und histologische Parameter im MagenDarm-Trakt junger Schweine. Hannover, Tierärztl. Hochsch., Dissertation. Betscher S, Callies A, Kamphues J (2010): Auswirkungen der Futterstruktur (Vermahlungsgrad, Konfektionierung) auf morphologische und immunologische Parameter im Magen-Darm-Trakt von Schwein und Geflügel. Übers. Tierernährg. 38, 123-155. 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Proceedings of the 15th Congress of the European Society of Veterinary and Comparative Nutrition (ESVCN), 14.–16.10.2011, Zaragoza (Spain), ISBN: 978-3-033-02565-3, S. 87 © COPYRIGHT DEUTSCHE VILOMIX TIERERNÄHRUNG GMBH www.vilomix.de Telefon: 0 54 93 / 98 7 00 Telefax: 0 54 93 / 98 7 90 SEITE 9 VON 10 Email: [email protected] Themen zur Tierernährung Fachtagung 2015/2016 Mößeler AK, Wintermann MF, Beyerbach M, Kamphues J (2014): Effects of grinding intensity and pelleting of the diet – fed either dry or liquid – on intragastric milieu, gastric lesions and performance of swine. Anim. Feed Sci. Technol. 194, 113-120. Nabuurs MJ, Hoogendoorn A, van der Molen EJ, van Osta AL (1993): Villus height and crypt depth in weaned and unweaned pigs, reared under various circumstances in The Netherlands. Res. Vet. Sci. 55, 78-84. Nurmi E, Rantala M (1973): New aspects of Salmonella infection in broiler production. Nature 241, 210-211. 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