Video- und Computerspiele sind eines der Leitmedien des 21
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Video- und Computerspiele sind eines der Leitmedien des 21
Exposé S. Felzmann zum Themenfeld 4: Werte Video- und Computerspiele sind eines der Leitmedien des 21. Jahrhunderts geworden. Dieses lässt sich etwa an Hand der Umsatzzahlen der dahinter stehenden Industrie deutlich belegen. Doch sie bieten neben einfacher Unterhaltung noch deutlich mehr Möglichkeiten der Interaktion an. Computerspiele als interaktive Prozesse haben die Möglichkeit, soziale Normen und Werte sowohl zu vermitteln als auch kritisch zu hinterfragen. Dieser Umstand wird durch zwei besondere Charakteristika des Mediums bedingt: a) Zwischen der Sphäre der Spiele bzw. des virtuellen Spielraums und der Lebenswirklichkeit des Spielers gibt es keine völlige Abtrennung (kein magischer Kreis wie ihn Huizinga postulierte). Vielmehr liegen vielfältige und sehr komplex Austausch- und Überlagerungsprozesse vom Spiel in die Realität und umgekehrt vor. Diese finden jedoch nicht unreflektiert statt (kein reiner Behaviourismus erkennbar) und unterliegen starken Selektions- und Bearbeitungsmechanismen. Man deutet das Spiel vor der Folie der Realität und ‚lernt‘ in der Diegese für die reale Welt. b) Zugleich erlaubt das interaktive Computerspiel eine Art Rhetorik, welche den Rezipienten nicht passiv in einer reinen Konsumhaltung gefangen hält, wie dieses etwa Filme oder Printmedien vollziehen. Vielmehr erlauben die Spiele als Simulationen spezifischer Sonderoder Teilrealitäten mit speziellen Gesetzmäßigkeiten, nämlich den Regeln, Prozesse direkt in der Gestalt des Handelnden nachzuvollziehen und mitzuerleben. Computerspiele erlauben daher eine Art der „prozessiven Rhetorik“ – man ‚erlebt‘ die Handlung, anstatt sie nur vermittelt zu bekommen. Beide Faktoren zusammen genommen erlauben es daher, Spieler als Handelnde in spezielle Situationen innerhalb einer Sonderrealität zu bringen, sie dort mit bestimmten Normen oder Werten zu konfrontieren und sie danach ihre eigenen Handlungen in Reaktion auf diese Sonderrealitäten kritisch reflektieren zu lassen. Diese kritischen Vermittlungsschemata heben sich durch ihren prozessiven Charakter deutlich von reinen Lernspielen ab, welche meistens nur reines Faktenwissen in Gewand eines einfachen Spieles zur passiven Aufnahme anbieten – hier greift die Unterscheidung zwischen exogenen und endogenen pädagogischen Spielen. Ernste Spiele, sog. „Serious Games“, jedoch sind Spiele, die sowohl als Spiel funktionieren, also dem Nutzer Spielspaß bieten, als auch in ihrem Funktionieren ihn zu kritischen Reflektionen und dem Überdenken von etablierten Mustern bewegen. Sie verbinden beides zu einem funktionalen Ganzen. Die möglichen Funktionsweisen dieser Spiele sollen an zwei prägnanten Beispielen beleuchtet werden: Einmal am McDonald's Videogame von Molleindustria sowie an 1378 Kilometer von Jens M. Stober. Beide lassen sich als herausragende Beispiele für die Sparte Serious Games ansehen und hinterfragen beide kritisch die typischen Spielerverhaltensweisen, welche Computerspieler durch den Umgang mit dem Medium erworben haben, in dem sie sie in Kontrast zu den dahinter stehenden Werten setzen. Denn die Gesamtheit der Regeln eines Spieles formuliert dessen Wertekatalog, da sie das Verhalten des Spieles normieren bzw. bewerten und sanktionieren. Somit ist es möglich, den Spieler mit einer Tätigkeit, die ihm Spaß und Freude bereitet, zu einem überdenken seiner eigenen Positionen und Haltungen zu bewegen- was mit diesem interaktiven System eben deutlich leichter fällt und produktiver ist, als etwa mit einem rein passivem Medium wie dem Film oder Buch. Literatur: Bogost, Ian: Persuasive Games. The Expressive Power of Videogames, Cambridge 2010 Frasca, Gonzalo: Play the Message. Play, Game and Videogame Rhetoric, online verfügbar unter: http://www.powerfulrobot.com/Frasca_Play_the_Message_PhD.pdf. (last accessed: 28.12.2011) Jones, Steven E.: The Meaning of Video Games: Gaming and Textual Strategies