Darlehensvertrag Teil I: Darlehensnehmer in Insolvenz
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Darlehensvertrag Teil I: Darlehensnehmer in Insolvenz
Prof. Dr. von Wilmowsky Insolvenzrecht II: Vertiefung Darlehensvertrag Teil I: Darlehensnehmer in Insolvenz I. Vor Valutierung (= nicht valutiertes Darlehen) 3 1. Vorzeitige Beendigung des Darlehensverhältnisses (vor Valutierung) 3 a) Vertragliches Recht des Darlehensgebers zur außerordentlichen, fristlosen Kündigung 3 b) Einwirkung des Anfechtungsrechts 4 c) Gesetzliches Recht des Darlehensgebers zur außerordentlichen, fristlosen Kündigung (§ 490 Abs. 1 BGB) 8 2. Verwertung des Insolvenzvermögens: Die vertraglichen Rechte des insolventen Darlehensnehmers (vor Valutierung) 9 3. Verteilung des Insolvenzvermögens: Die Befriedigung der vertraglichen Ansprüche des Darlehensgebers (vor Valutierung) 10 a) Verteilung nach Geltendmachungsentscheidung 10 b) Verteilung nach Nichtgeltendmachungsentscheidung 10 4. Ergebnisse zur Insolvenz des Darlehensnehmers: Darlehensvertrag vor Valutierung II. 13 Nach Valutierung (= valutiertes Darlehen) 15 1. Vorzeitige Beendigung des Darlehensverhältnisses (nach Valutierung) 15 a) Sofortige Fälligkeit gemäß § 41 InsO 15 b) Vertragliches Recht des Darlehensgebers zur außerordentlichen, fristlosen Kündigung 17 c) Einwirkung des Anfechtungsrechts: Grundsätze 18 d) Ausnahme durch § 41 InsO für verzinsliche Darlehen 20 e) Ziff. 19 Abs. 3 AGB-Banken (2014) 21 f) Gesetzliches Recht des Darlehensgebers zur außerordentlichen, fristlosen Kündigung (§ 490 Abs. 1 BGB) 22 2. Verwertung: Die vertraglichen Rechte des insolventen Darlehensnehmers (nach Valutierung) 23 3. Verteilung: Die Befriedigung der vertraglichen Ansprüche des Darlehensgebers (nach Valutierung) 25 a) Keine außerordentliche Kündigung des Darlehensgebers 26 b) Außerordentliche Kündigung des Darlehensgebers 26 4. Ergebnisse zur Insolvenz des Darlehensnehmers: Darlehensvertrag nach Valutierung 27 Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz 2 Einleitung -- Regelungsprobleme, wenn der Darlehensnehmer in Insolvenz fällt und über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird: (1) Vorzeitige Beendigung: Voraussetzungen das Frage, ob Darlehensverhältnis und ohne unter welchen Mitwirkung der Insolvenzverwaltung des Darlehensnehmers vorzeitig endet oder (vom Darlehensgeber) vorzeitig beendet werden kann. (Erhebliche Bedeutung haben hierbei die Grenzen, die sich aus dem Anfechtungsrecht ergeben.) (Diese Frage wirkt sich sowohl auf die Verwertung als auch die Verteilung aus und ist daher vorzuziehen.) (2) Verwertung: Frage, wie die Rechte verwertet werden, die der Darlehensvertrag dem (insolventen) Darlehensnehmer vermittelt. (3) Verteilung: Frage, wie die Forderungen befriedigt werden, die der Darlehensgeber gegen den (insolventen) Darlehensnehmer hat. (In diesem Bereich sollte man rechtspolitisch einige Änderungen – etwa: Abzinsung auch bei verzinslichen Darlehen; Beseitigung des Rangrücktritts für Zinsansprüche -- in Betracht ziehen.) -- Gesetzlicher Rahmen: Insolvenz Darlehensnehmer: keine spezielle Regelung in der InsO; mithin gilt das allgemeine Insolvenzvertragsrecht (§ 103 InsO) aber: spezielle Regelungen in der InsO zu Zinsansprüchen sowie zur Abzinsung von Ansprüchen; dadurch einige Abweichungen von den Grundsätzen des Insolvenzvertragsrechts -- Differenzierung nach dem sich der Darlehensvertrag bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens befand: vor Valutierung / nach Valutierung Erfüllungsstadium, in dem Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz I. Vor Valutierung (= nicht valutiertes Darlehen) -- „Valutierung“ = 3 Auszahlung des Darlehensbetrags durch den Darlehensgeber an den Darlehensnehmer -- in diesem Abschnitt (I) betrachtetes Erfüllungsstadium: vor Valutierung Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens war dem (nunmehr insolventen) Darlehensnehmer der Darlehensbetrag noch nicht ausgezahlt worden. 1. Vorzeitige Beendigung des Darlehensverhältnisses (vor Valutierung) -- Vorzeitige Beendigung: Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen das Darlehensverhältnis ohne Mitwirkung der Insolvenzverwaltung des Darlehensnehmers vorzeitig endet oder (vom Darlehensgeber) vorzeitig beendet werden kann. -- bei Erfüllungsstadium „vor Valutierung“: nur ein Mittel zur vorzeitigen Beendigung durch den Darlehensgeber: außerordentliche fristlose Kündigung durch den Darlehensgeber -- Ausübung im Insolvenzverfahren: Da es sich bei Kündigungsrechten um Gestaltungsrechte und nicht um Forderungen handelt, können sie auch während des Insolvenzverfahrens gegen den Darlehensnehmer ausgeübt werden. a) Vertragliches Recht des Darlehensgebers zur außerordentlichen, fristlosen Kündigung -- außerordentliche Kündigungsrecht des Darlehensgebers wegen Insolvenz des Darlehensnehmers: in den meisten Darlehensverträge vereinbart Bsp.: Ziff. 19 Abs. 3 AGB-Banken (2014) Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz 4 „Eine fristlose Kündigung . . . ist zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der der Bank [die] Fortsetzung [der Geschäftsbeziehung] unzumutbar werden lässt. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Kunden . . . eintritt oder einzutreten droht und dadurch die Rückzahlung des Darlehens . . . gefährdet ist.“ -- Wirksamkeit solcher Klauseln: (m.E.) kein Problem -- Problem: Anfechtbarkeit b) Einwirkung des Anfechtungsrechts -- in Betracht kommt: Anfechtung (insolvenzbezogener vertraglicher Kündigungsrechte des Darlehensgebers) wegen eines Tatbestands des Schuldnerfehlverhaltens 1 -- anfechtbare Handlung: Darlehensnehmers in möglicherweise: das insolvenzbedingte die Einwilligung des Kündigungsrecht des Darlehensgebers aa) Auswirkung der außerordentlichen Kündigung auf das Vermögen des Darlehensnehmers -- Auswirkungen der außerordentlichen Kündigung auf das Vermögen des Darlehensnehmers und damit auf die Aussichten der Gläubiger, ihre Forderungen aus dem Vermögen befriedigt zu erhalten -- denkbar: Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers und damit (bei Insolvenz des Darlehensnehmers) der Befriedigungsmöglichkeiten der Gläubiger (des Darlehensnehmers) 1 Zu den Tatbeständen der Anfechtung wegen Schuldnerfehlverhaltens gehören: §§ 3 AnfG, 133 InsO; §§ 4 AnfG, 134 InsO; § 132 InsO. (Mit Fehlverhalten eines Gläubigers gegenüber den übrigen Gläubigern, „Gläubigerfehlverhalten“, befassen sich: und 131 InsO; §§ 6 AnfG, 135 InsO; § 136 InsO.) §§ 130 Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz -- 5 Wirkung der außerordentlichen Kündigung durch den Darlehensgeber: Der insolvente Darlehensnehmer verliert seinen Anspruch aus § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Auszahlung des Darlehensbetrags -- Schmälerung des Vermögens (des Darlehensnehmers), wenn der Nutzen, den das Darlehen stiftet, die Kosten übersteigt, die eine vollständige Befriedigung des Zinsanspruchs des Darlehensgebers bereitet. wenn mithin: Vertragszinssatz < Marktzinssatz bb) Geltungsbereich des Anfechtungsrechts -- Zurechnungsproblem: Die vertragliche Kündigungsklausel ist für den Verlust des Auszahlungsanspruchs des Darlehensnehmers nur dann verantwortlich, wenn der Darlehensvertrag auch ohne diese Klausel abgeschlossen worden wäre. siehe Vorlesungs-Übersicht zu „Insolvenzbezogenen Lösungsklauseln“ -- maßgeblich: Bedeutung, die die insolvenzbezogene Kündigungsregelung innerhalb des Vertragsverhältnisses besitzt. kein wesentliches Gestaltungsinteresse (sondern lediglich untergeordnetes): nur dann lässt sich der Verlust des Vertragsanspruchs der Kündigungsklausel zurechnen; nur dann ist der Anwendungsbereich des Anfechtungsrechts eröffnet. wesentliches Gestaltungsinteresse: keine Verantwortlichkeit der Klausel für die Verlust des Vertragsanspruchs; die Kündigungsregelung liegt dann außerhalb des Anfechtungsrechts. -- Maßstab für Wesentlichkeit: Auswirkung der Insolvenz Darlehensnehmers auf das Ausfallrisiko des Darlehensgebers nicht wesentlich: wenn keine Erhöhung des Ausfallrisikos wesentlich: wenn Erhöhung des Ausfallrisikos des Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz -- vor Valutierung: 6 Die Insolvenz des Darlehensnehmers bewirkt nicht zwingend eine Erhöhung des Ausfallrisikos. denn: Trotz der Insolvenz kann es sich wirtschaftlich lohnen, dass der Darlehensnehmer (oder seine Insolvenzverwaltung) die geschuldete Leistung vollständig erbringt oder hierfür Sicherheit leistet (um die noch ausstehende Auszahlung des Darlehens zu erreichen). Dann hätte sich das Ausfallrisiko des Darlehensgebers nicht erhöht; die insolvenzbezogene Beendigungsklausel läge im Geltungsbereich des Anfechtungsrechts. -- Folge: Damit das insolvenzbezogene Kündigungsrecht des Darlehensgebers in diesen Fällen (d.h. in denen eine vollständige Erfüllung nicht ausgeschlossen ist) der Anfechtbarkeit entzogen ist, muss es eine weitere Voraussetzung aufnehmen: Es muss voraussetzen, dass zunächst ausgelotet wird, wie sich die Insolvenz auf das Ausfallrisiko auswirkt. -- Mittel zur Auslotung: Hierzu muss der insolventen Vertragspartei (dem Darlehensnehmer bzw. seiner Insolvenzverwaltung) vor der Kündigung Gelegenheit gegeben werden, die geschuldete Leistung (vollständig) zu erbringen bzw. (vor Fälligkeit) Sicherheit zu leisten (Modell des § 321 BGB). Insolvenzverfahren: Im Hinblick auf Insolvenzverfahren muss das Kündigungsrecht so gestaltet sein oder ausgelegt werden, dass der Darlehensgeber erst dann fristlos kündigen darf, wenn die Insolvenzverwaltung es ablehnt, den Auszahlungsanspruch geltend zu machen und hierzu die Verpflichtungen zur Rückzahlung und zur Zinszahlung vollständig aus dem Insolvenzvermögen zu erfüllen. (Die Insolvenzverwaltung muss mithin Gelegenheit erhalten, den Anspruch auf Auszahlung des Darlehens geltend zu machen und hierzu dem Anspruch des Darlehensgebers auf Rückzahlung und Zinszahlung den Rang einer Masseforderung (nach § 55 Abs. 1 Ziff. 2 Alt. 1 InsO) einzuräumen.) Nur unter dieser Voraussetzung befindet sich die Einwilligung des Darlehensnehmers in das insolvenzbezogene Kündigungsrecht Darlehensgebers außerhalb der Reichweite des Anfechtungsrechts. des Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz -- anfechtungsrechtskonforme vertraglichen Auslegung Kündigungsrechten, von die – 7 Vertragsklauseln: bei Bei Insolvenz des Darlehensnehmers vor Valutierung – die Auslotung des Ausfallrisikos nicht ausdrücklich voraussetzen, ist eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht zu ziehen, da die Parteien die Grenzen des Anfechtungsrechts im Zweifel nicht überschreiten wollten. cc) Beispiel: Ziff. 19 Abs. 3 AGB-Banken (2014) -- dort zwei Voraussetzungen: -- wesentliche Verschlechterung der Vermögenslage des Darlehensnehmers -- Diese Verschlechterung muss den Zinsanspruch oder die Rückzahlung des Darlehens gefährden. -- Auslegung im Licht des Anfechtungsrechts: Für eine fristlose Kündigung vor Valutierung lässt sich die Regelung so auslegen, dass sie vom Geltungsbereich des Anfechtungsrechts nicht erfasst wird. Die in der Klausel vorausgesetzte Gefährdung ist ausgeschlossen, wenn es sich für den Darlehensnehmer bzw. dessen Insolvenzverwaltung wirtschaftlich lohnt, die Ansprüche des Darlehensgebers vollständig zu erfüllen oder entsprechende Sicherheit zu leisten (um dadurch den eigenen Anspruch auf Auszahlung des Darlehensbetrags geltend machen zu können). Zwar legt die Klausel nicht dar, wie die Gefährdung festzustellen ist. Aber: Auslegung der Klausel im Einklang mit dem Anfechtungsrecht: Danach hat der Darlehensgeber (bei noch nicht erfolgter Valutierung) vor der Ausübung dieses Kündigungsrechts auszuloten, ob seine Ansprüche tatsächlich gefährdet sind. Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz c) Gesetzliches Recht des Darlehensgebers zur 8 außerordentlichen, fristlosen Kündigung (§ 490 Abs. 1 BGB) -- gesetzliche Kündigungsrecht des § 490 Abs. 1 BGB -- zwei Voraussetzungen: wesentliche Vermögensverschlechterung des Darlehensnehmers sowie Gefährdung des Anspruchs des Darlehensgebers auf Rückzahlung des Darlehensbetrags -- „Gefährdung“: Wann die Insolvenz des Darlehensnehmers die Rückzahlung „gefährdet“, beantwortet sich nach denselben Kriterien, die bei vertraglichen (insolvenzbezogenen) Kündigungsregelungen für deren Anfechtbarkeit maßgeblich sind. Vor Auszahlung des Darlehensbetrags sind Vermögensverschlechterung einer und Insolvenz Gefährdung der noch Ansprüche nicht gleichbedeutend mit des Darlehensgebers. Vielmehr ist (in diesem Erfüllungsstadium) denkbar, dass es sich für den Darlehensnehmer oder seine Insolvenzverwaltung wirtschaftlich lohnt, den Zahlungspflichten vollständig nachzukommen und hierfür Sicherheit zu leisten (§ 232 BGB), um so die Auszahlung des Darlehens zu erreichen. Mithin: Bei noch nicht valutiertem Darlehen ist daher zu verlangen, dass die Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs des Darlehensgebers vor Ausübung des Kündigungsrechts ausgelotet wird. Mittel: Fristsetzung und Abwarten dieser Frist; im Insolvenzverfahren: Abwarten der Verwertungsentscheidung der Insolvenzverwaltung des Darlehensnehmers -- Diese Auslegung sorgt zugleich dafür, dass das gesetzliche Kündigungsrecht des § 490 Abs. 1 BGB im Einklang mit dem Anfechtungsrecht steht, welches insolvenzbezogenen Kündigungsregelungen Schranken zieht. vertraglichen Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz 2. Verwertung des Insolvenzvermögens: 9 Die vertraglichen Rechte des insolventen Darlehensnehmers (vor Valutierung) -- Gegenstand der Verwertungsentscheidung: die Ansprüche oder sonstigen Rechte verwertet, die dem Darlehensnehmer aufgrund des Darlehensvertrags zustehen. -- Recht aus dem Darlehensvertrag, welches der Darlehensnehmer vor Valutierung besitzt: Anspruch des Darlehensnehmers auf Zahlung der Darlehenssumme (§ 488 Abs. 1 Satz 1 BGB) -- Kriterium für die Entscheidung über die Verwertung dieses vertraglichen Anspruchs: Vergleich zwischen Aufwand und Ertrag -- Kosten = Aufwand, der für ein erfolgreiches Geltendmachen des Auszahlungsanspruchs aus dem Insolvenzvermögen zu bestreiten ist Soll der Anspruch mit Erfolg geltend gemacht werden, müssen die Einreden des Darlehensgebers überwunden werden. Der Darlehensgeber kann die Auszahlung verweigern, wenn die Befriedigung seiner Ansprüche auf Rückzahlung und Zahlung der Zinsen gefährdet ist. Diese Einrede ergibt sich aus § 321 BGB.2 Um sie im Insolvenzverfahren auszuräumen, ist erforderlich, dass die Insolvenzverwaltung die fälligen Ansprüche des Darlehensgebers erfüllt und für die noch nicht fälligen Ansprüche Sicherheit leistet. Die Kosten der Geltendmachung liegen somit darin, die Ansprüche des Darlehensgebers vollständig aus dem Insolvenzvermögen zu befriedigen. -- Nutzen (Ertrag): Dieser Nutzen liegt darin, den Darlehensbetrag zu erhalten und mit ihm wirtschaften zu können; gemessen wird er durch den Zinssatz, der für die entsprechende Laufzeit am Markt besteht (Marktzins). 2 Obwohl in § 490 Abs. 3 BGB nicht erwähnt, ist die Unsicherheitseinrede des § 321 BGB auf Darlehensverträge (vor Valutierung) anwendbar. Hierzu Münchener Kommentar zum BGB (B e r g e r ), 6. Aufl., Band 3, 2012, § 490 Rn. 73. Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz 10 -- Maßstab mithin: Verhältnis zwischen Vertragszins und Marktzins -- Geltendmachungsentscheidung: wenn der Nutzen die Kosten übersteigt; d.h. wenn der Vertragszins niedriger ist als der Marktzins. Anderenfalls: Nichtgeltendmachungsentscheidung 3. Verteilung des Insolvenzvermögens: Die Befriedigung der vertraglichen Ansprüche des Darlehensgebers (vor Valutierung) -- Frage: Wie werden die Ansprüche befriedigt, die dem Darlehensgeber gegen den Darlehensnehmer zustehen? -- vor Valutierung: Für die Verteilungsfrage ist die Verwertungsentscheidung der Insolvenzverwaltung maßgebend. -- Diese Entscheidung bezieht sich auf den Anspruch des insolventen Darlehensnehmers auf Auszahlung des Darlehensbetrags (§ 488 Abs. 1 Satz 1 BGB). a) Verteilung nach Geltendmachungsentscheidung -- Macht die Insolvenzverwaltung den Auszahlungsanspruch des Darlehensnehmers geltend: Die Ansprüche des Darlehensgebers aus dem Darlehensvertrag erhalten den Rang von Masseforderungen (§ 55 Abs. 1 Ziff. 2 Alt. 1 InsO). -- Diese Befriedigung gilt für: den Zinsanspruch, den Rückzahlungsanspruch sowie, falls vereinbart, den Anspruch auf Bestellung von Sicherungsrechten. b) Verteilung nach Nichtgeltendmachungsentscheidung -- Entscheidet die Insolvenzverwaltung, den Auszahlungsanspruch des Darlehensnehmers nicht geltend zu machen: Darlehensgebers werden nicht vollständig befriedigt. Die Ansprüche des Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz -- 11 Frage: welche Ansprüche der Darlehensgeber überhaupt hat; Antwort: abhängig davon, ob der Darlehensgeber das außerordentliche Kündigungsrecht ausübt, das ihm vertraglich oder gesetzlich (§ 490 Abs. 1 BGB) bei Insolvenz des Darlehensnehmers (nach erfolgter Nichtgeltendmachungsentscheidung) zusteht aa) Keine außerordentliche Kündigung des Darlehensgebers -- Darlehensgeber kündigt nicht. Darlehensgeber Somit: vor Valutierung gegen Die Ansprüche, die der den Darlehensnehmer hat (insbesondere der Zinsanspruch), bestehen fort. -- Befriedigung dieser Ansprüche: Es gilt das allgemeine Insolvenzvertragsrecht. -- mithin: Befriedigung in zwei Schritten -- Schritt 1: Verrechnung der Werte der beiderseits noch ausstehenden Ansprüche aus dem Vertrag Die Ansprüche des Darlehensgebers werden aus dem Wert des Auszahlungsanspruchs des Darlehensnehmers befriedigt. Hierzu werden die Ansprüche des Darlehensgebers gegen die des insolventen Darlehensnehmers wertmäßig verrechnet (§ 103 Abs. 2 Satz 1 InsO). Auf der Seite des Darlehensgebers: Zinsanspruch (für die vorgesehene Laufzeit des Vertrags) bzw. auf das Nichtabnahmeentgelt sowie der Anspruch auf Rückerstattung des Darlehensbetrags Auf der Seite des Darlehensnehmers: dessen Auszahlungsanspruch einzustellen. Der (Markt-) Wert dieses Auszahlungsanspruchs (bis zum Rückzahlungstermin) bemisst sich nach dem Marktzins. Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz 12 Verrechnung mithin: Vertragszins gegen Marktzins.3 Rest aus dieser Darlehensgebers. Verrechnung: eine Differenz zugunsten des Sie liegt in dem Betrag, um den die vertraglich vereinbarte Verzinsung den Marktzins übersteigt (jeweils bezogen auf die vorgesehene Laufzeit). -- Schritt 2: Befriedigung der Differenzforderung, die aus der Verrechnung für den Darlehensgeber verbleibt: nicht: (vollrangige) Insolvenzforderung (und Befriedigung mit Insolvenzquote) (so das allgemeine Insolvenzvertragsrecht nach § 103 Abs. 2 Satz 1 InsO) sondern: nachrangige Insolvenzforderung nach der speziellen Regelung des § 39 Abs. 1 Ziff. 1 InsO mithin: Zur Befriedigung der Differenzforderung wird folglich erst dann etwas (aus dem Insolvenzvermögen) ausgeschüttet, wenn zuvor sämtliche vollrangigen Insolvenzforderungen vollständig befriedigt werden konnten. Das wird allenfalls selten eintreten. Kritik: Anordnung des Nachrangs ist rational nicht zu erklären; möglicherweise Fortwirkung religiöser Zinsverbote. bb) Außerordentliche Kündigung des Darlehensgebers -- Darlehensgeber kündigt. Somit: Der Zinsanspruch des Darlehensgebers endet. (Ausnahme: anderweitige Vereinbarung im Darlehensvertrag) 3 Zu erwägen wäre, ob der gesetzliche Nachrang von Zinsansprüchen (§ 39 Abs. 1 Ziff. 1 InsO) nicht der Verrechnung entgegensteht. Wahrscheinliche Antwort: nein. Soweit der Zinsanspruch des Darlehensgebers durch den Wert des Gegenanspruchs des insolventen Darlehensnehmers gesichert ist (was sich dann in der Verrechnung niederschlägt), findet § 39 Abs. 1 Ziff. 1 InsO keine Anwendung. Zinsanspruch keine „Insolvenzforderung“. Insoweit ist der Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz -- 13 In diesem Erfüllungsstadium (vor Valutierung) empfiehlt es sich für den Darlehensgeber mithin nicht, sein Kündigungsrecht (aus § 490 Abs. 1 BGB) auszuüben. Er steht besser, wenn er nicht kündigt. 4. Ergebnisse zur Insolvenz des Darlehensnehmers: Darlehensvertrag vor Valutierung Fällt der Darlehensnehmer noch vor Auszahlung des Darlehensbetrags in Insolvenz, lässt sich die Rechtslage wie folgt zusammenfassen: (1) Vorzeitige Beendigung des Darlehensverhältnisses: Ansatz: Fällt der Darlehensnehmer in Insolvenz, besitzt der Darlehensgeber ein vertragliches oder gesetzliches Recht zur fristlosen Kündigung des Darlehensverhältnisses (etwa aus Ziff. 19 Abs. 3 AGBBanken oder § 490 Abs. 1 BGB). Dieses Kündigungsrecht unterliegt jedoch Einschränkungen, die sich aus dem Anfechtungsrecht ergeben. Wegen der Nachteile, zu denen die fristlose Kündigung des Darlehensverhältnisses für die Gläubiger des insolvenzbezogene Darlehensnehmers vertragliche führen kann, können Kündigungsregelungen als Schuldnerfehlverhalten anfechtbar sein. vor Valutierung: Um die Anfechtbarkeit zu vermeiden, hat die vertragliche Regelung für die vorzeitige Beendigung vor Valutierung das Abwarten der Verwertungsentscheidung der Insolvenzverwaltung vorzusehen. Mit diesem Inhalt ist auch das gesetzliche Kündigungsrecht (§ 490 Abs. 1 BGB) auszulegen. (2) Verwertung: Vor Valutierung fällt der Insolvenzverwaltung die Aufgabe zu, über die Verwertung der Ansprüche des Darlehensnehmers aus dem Darlehensvertrag zu entscheiden. Diese Entscheidung betrifft die Frage, ob der Anspruch des Darlehensnehmers auf Auszahlung des Darlehensbetrags geltend gemacht werden soll oder nicht. Die Antwort Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz 14 lautet ja, wenn der Vertragszinssatz niedriger ist als der Marktzinssatz. Im umgekehrten Fall lautet sie nein. (3) Verteilung: War das Darlehen bei Insolvenzeröffnung noch nicht ausgezahlt (d.h. vor Valutierung), hängt die Befriedigung der Ansprüche des Darlehensgebers von der Verwertungsentscheidung ab. Bei Geltendmachung (des Auszahlungsanspruchs des Darlehensnehmers) werden die Ansprüche des Darlehensgebers (auf Rückzahlung und Zinsen) als Masseforderungen befriedigt (§ 55 Abs. 1 Ziff. 2 Alt. 1 InsO). Lautet die Entscheidung dagegen, nicht geltend zu machen, wird der Zinsanspruch des Darlehensgebers aus dem Wert des Anspruchs des Darlehensnehmers (soweit dieser Wert reicht) befriedigt (§ 103 Abs. 2 Satz 1 InsO). In der Höhe, in der der Zinsanspruch diese Verrechnung übersteigt, wird er nur nachrangig berücksichtigt (§ 39 Abs. 1 Ziff. 1 InsO). Eine außerordentliche Kündigung wäre (nach der Verwaltungsentscheidung, nicht geltend zu machen) zwar möglich, für den Darlehensgeber wirtschaftlich aber nicht sinnvoll. Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz II. 15 Nach Valutierung (= valutiertes Darlehen) in diesem Abschnitt (II) betrachtetes Erfüllungsstadium: nach Valutierung Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens (oder bei Eintritt des sonstigen Insolvenzereignisses) hatte der Darlehensgeber den Darlehensbetrag bereits an den Darlehensnehmer gezahlt. 1. Vorzeitige Beendigung des Darlehensverhältnisses (nach Valutierung) -- Vorzeitige Beendigung: Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen das Darlehensverhältnis ohne Mitwirkung der Insolvenzverwaltung des Darlehensnehmers vorzeitig endet oder (vom Darlehensgeber) vorzeitig beendet werden kann. -- vorzeitige Beendigung des Darlehensverhältnisses: Wirkung in diesem Erfüllungsstadium: Der Anspruch des Darlehensgebers auf Rückzahlung wird vorzeitig fällig. -- zwei Mittel zur vorzeitigen Beendigung: § 41 InsO und das Anspruchs des außerordentliche Kündigungsrecht des Darlehensgebers a) Sofortige Fälligkeit gemäß § 41 InsO -- Inhalt des § 41 InsO: sofortige Fälligkeit des Darlehensgebers auf Zahlung des Rückzahlungsbetrags -- Zweck des § 41 InsO: Verhinderung sehr langer Dauern von Insolvenzverfahren Das Insolvenzverfahren dient dazu, diejenigen Forderungen zu befriedigen, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet waren (§ 38 InsO). Dazu gehören die noch nicht fälligen Forderungen; Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz 16 auch sie waren bei Verfahrenseröffnung begründet. Um den Fälligkeiten des materiellen Rechts Rechnung zu tragen, dürfte auf diese Forderungen erst dann etwas (zu ihrer Befriedigung) verteilt werden, wenn die Fälligkeit eintritt. Das Insolvenzverfahren müsste so lange andauern, bis die letzte Forderung gegen den Insolvenzschuldner fällig wird. Das hätte u.U. extrem lange Verfahrensdauern zur Folge. Um dies zu vermeiden und die Dauer des Insolvenzverfahrens an den zu lösenden Verwertungsfragen und nicht an den Fälligkeiten der Insolvenzforderungen auszurichten, ist es sinnvoll, die noch nicht fälligen Forderungen mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig zu stellen. Nur dadurch können sie an Verteilungen, die im Insolvenzverfahren vorgenommen werden, teilhaben. -- Beschränkungen der Reichweite der sofortigen Fälligkeit gemäß § 41 InsO zum einen nicht erfasst: das Verhältnis zu dritten Personen (wie etwa Bürgen) zum anderen nicht erfasst: Aufrechnung: Die Fälligkeit, die gemäß § 41 InsO eintritt, reicht nicht aus, die Aufrechenbarkeit der (anderenfalls noch nicht fälligen) Forderung zu begründen. Im Rahmen des § 387 BGB gilt die Forderung weiterhin als nicht fällig und kann daher vom Gläubiger nicht zur Aufrechnung (gegen eine Forderung des Insolvenzschuldners) verwendet werden (§ 95 Abs. 1 Satz 2 InsO). Kritik: Für diese beiden Einschränkungen fehlen plausible Gründe; rechtspolitisch sollte man sie überdenken. -- Abzinsung Abzinsungsregelung in § 41 InsO, die jedoch unvollständig ist: Forderungen, die unverzinslich sind, werden (mit dem gesetzlichen Zinssatz) abgezinst (§ 41 Abs. 2 InsO). Damit wird die Werterhöhung abgeschöpft, die die Forderung dadurch erfährt, dass sie nicht erst zur vereinbarten Fälligkeit, sondern bereits jetzt erfüllt werden muss. Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz 17 Wird die Fälligkeit einer Forderung vorgezogen, erhöht sich der Wert dieser Forderung. Ein Geldbetrag, der heute gezahlt wird, ist mehr wert als derselbe Betrag, der später gezahlt wird. Die Wertdifferenz ergibt sich aus dem Zins, der für den Geldbetrag üblicherweise gezahlt wird. Will man verhindern, dass das Vorziehen der Fälligkeit diese Werterhöhung auslöst und die Belastung des Zahlungsschuldners damit erhöht, muss man die Forderung abzinsen. Dem trägt der § 41 Abs. 2 InsO (zum Teil) Rechnung. (Kritik: nicht der gesetzliche Zinssatz, § 246 BGB, § 352 HGB, sondern der Marktzins sollte die Abzinsung steuern; nur er spiegelt die Werterhöhung wider, die durch das Vorziehen der Fälligkeit eintritt, und führt zu dem genauen Gegenwartswert der Forderung. Für verzinsliche Forderungen sieht § 41 Abs. 2 InsO keine Abzinsung vor. Kritik: Dieser Darlehensgeber erhält dadurch einen Vorteil, für den es keine sachliche Rechtfertigung gibt. -- Caveat: Hier wurde die Anwendbarkeit des § 41 InsO unterstellt (was der h.M. entspricht). Das müsste möglicherweise hinterfragt werden. Ein Ansatzpunkt wäre, dass man auch nach Valutierung den § 103 InsO für anwendbar hielte; dann käme § 41 InsO nicht zur Anwendung.4 b) Vertragliches Recht des Darlehensgebers zur außerordentlichen, fristlosen Kündigung -- viele Darlehensverträge: Klausel, die den Darlehensgeber bei Insolvenz des Darlehensnehmers zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt (Bsp.: Ziff. 19 Abs. 3 AGB-Banken 2014) 4 So die Argumentation von Kübler / Prütting / Bork (Tintelnot), InsO, Stand 2013, § 103 Rn. 87. Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz -- 18 Ausübung im Insolvenzverfahren: Da es sich bei Kündigungsrechten um Gestaltungsrechte und nicht um Forderungen handelt, können sie auch während des Insolvenzverfahrens gegen den Darlehensnehmer ausgeübt werden. -- Funktion der Kündigung neben § 41 InsO: ungeklärt; möglicherweise: Überwindung der materiellrechtlichen Beschränkungen, die für die sofortige Fälligkeit nach § 41 InsO gelten c) Einwirkung des Anfechtungsrechts: Grundsätze --- Wirksamkeit solcher Klauseln: (m.E.) kein Problem -- aber Problem: Anfechtbarkeit - zu prüfen: Anfechtung wegen Schuldnerfehlverhaltens (etwa nach § 133 InsO) aa) Auswirkungen auf die Befriedigung der Gläubiger: -- Nachteil, den die außerordentliche Kündigung nach Valutierung des Darlehens dem Vermögen des Darlehensnehmers und somit (bei Insolvenz des Darlehensnehmers) dessen Gläubigern zufügt: nicht (wie vor Valutierung): Verlust eines Vermögensgegenstands sondern: Erhöhung der Verbindlichkeit des Darlehensnehmers: Indem die Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung vorgezogen wird, erhöht sich der (Zeit-) Wert dieser Verpflichtung. -- Der (sofort fällige) Rückzahlungsanspruch des Darlehensgebers hat einen Zeitwert, der um den Marktzins und die Laufzeit höher ist als der Wert, den der Rückzahlungsanspruch im (späteren) Zeitpunkt der ordentlichen Beendigung des Darlehensverhältnisses hätte. Bsp.: Sind z.B. 100.000 € nach Ablauf der Darlehenszeit von zehn Jahren zurückzuzahlen, steigert sich der Wert dieser Verbindlichkeit, wenn sie Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz 19 sofort fällig ist, auf 160.000 € (bei einem unterstellten Marktzins für zehnjährige Darlehen von 6% p.a., ohne Berücksichtigung von Zinseszinsen). -- Der Nachteil, den die Gläubiger des Darlehensnehmers durch das Vorziehen der Fälligkeit erleiden, bestimmt sich mithin nach dem Marktzins. Dieser zeigt an, welche Werterhöhung die Rückzahlungsforderung des Darlehensgebers erfährt, wenn sie heute und nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erfüllen ist. -- Das gilt grundsätzlich auch beim verzinslichen Darlehen. Allerdings: Abzug der Vertragszinsen, die zu zahlen der Darlehensnehmer aufgrund der vorzeitigen Kündigung des Darlehensgebers erspart. -- Wirkung der Werterhöhung: Verringerung der Insolvenzquote; dadurch Nachteil für Werterhöhung sämtliche kann Gläubiger daher einer des Darlehensnehmers; Anfechtung (der die vertraglichen Kündigungsregelung) wegen Schuldnerfehlverhaltens zugrunde liegen. bb) Geltungsbereich des Anfechtungsrechts Die Kündigungsregelung ist in zwei Teile zu zerlegen. -- Kündigungsrecht des Darlehensgebers: außerhalb des Geltungsanspruchs des Anfechtungsrechts; außerordentliches Kündigungsrecht nach Valutierung: von wesentlichem Gestaltungsinteresse der Vertragsparteien getragen Nach Valutierung sind Vermögensverschlechterung und Risikoerhöhung parallel geschaltet: Mit der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers geht immer eine Erhöhung des Ausfallrisikos des (ungesicherten) Darlehensgebers einher. Hat der Darlehensnehmer den Darlehensbetrag bereits erhalten, kann es sich für ihn wirtschaftlich nicht lohnen, seine Leistung (also Zins und Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz Tilgung) noch vollständig Vermögensgegenstand, den zu erbringen. der Es Darlehensnehmer gibt 20 keinen aufgrund des Vertragsverhältnisses noch erlangen könnte, indem er selbst (bzw. seine Insolvenzverwaltung) vollständig leistet. -- Abrede, den Darlehensbetrag auch bei vorzeitiger Kündigung zum Nennbetrag, d.h. ohne Abzinsung auf den Gegenwartswert, zurückzuzahlen. innerhalb des Geltungsanspruchs des Anfechtungsrechts (Zweig Schuldnerfehlverhalten) Den Zeitwert einer Zahlungsverpflichtung unberücksichtigt zu lassen, nimmt kein wesentliches Gestaltungsinteresse der Vertragsparteien wahr. Der kündigungsberechtigte Vertragspartner erlangt einen Vorteil, der durch die mit der Vermögensverschlechterung einhergehende Risikoerhöhung nicht begründet wird. Diese stützt die Beendigung des Vertragsverhältnisses, nicht jedoch eine Erhöhung der Schuld des Schuldners. cc) Grundsätzliches Ergebnis Wollen die Parteien des Darlehensvertrags die insolvenzbezogene Kündigungsregelung außerhalb der Reichweite des Anfechtungsrechts halten, müssen sie sicherstellen, dass die vorzeitige Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs des Darlehensgebers die Befriedigung der Gläubiger des Darlehensnehmers nicht verschlechtert. Das Vorziehen der Fälligkeit darf die Verbindlichkeiten des Darlehensnehmers aus dem Darlehensvertrag nicht erhöhen. Hierzu hat die Kündigungsklausel eine Abzinsung der Rückzahlungsverpflichtung vorzusehen. d) Ausnahme durch § 41 InsO für verzinsliche Darlehen -- Die genannten Grundsätze kommen nur bei unverzinslichen Darlehen zum Tragen. Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz -- 21 Für verzinsliche Darlehen erzwingt das geltende Recht eine Ausnahme. Bei ihnen darf die Werterhöhung, die sich aus dem Fehlen einer Abzinsung auf den Gegenwartswert ergibt, bei der Frage, ob hierin ein Nachteil für die Gläubiger des Darlehensnehmers liegt, nicht berücksichtigt werden. Das ergibt sich aus § 41 Abs. 2 InsO. Enthielte der Darlehensvertrag kein außerordentliches, insolvenzbezogenes Kündigungsrecht oder würde dieses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht ausgeübt, bliebe es bei derjenigen sofortigen Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs, die das Gesetz (§ 41 InsO) für den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung anordnet. Diese gesetzliche Regelung sieht eine Abzinsung nur für das unverzinsliche, nicht jedoch für das verzinsliche Darlehen vor (§ 41 Abs. 2 InsO). Der Anspruch auf Rückzahlung eines verzinslichen Darlehens wird also zum Nennwert Gegenwartswert). berücksichtigt (und nicht zu dem niedrigeren Dadurch entsteht bereits kraft Gesetzes (d.h. ohne vertragliche Vereinbarung eines insolvenzbezogenen Kündigungsrechts) eine höhere Gesamtverbindlichkeit des Darlehensnehmers mit der Folge, dass sich die Insolvenzquote (und damit die Befriedigung der Insolvenzgläubiger) vermindert. mithin: keine Anfechtbarkeit von vertraglichen Kündigungsregelungen, die bei verzinslichen Darlehen (ebenso wie das Gesetz) keine Abzinsung auf den Gegenwartswert vorsehen e) Ziff. 19 Abs. 3 AGB-Banken (2014) -- Text: „Eine fristlose Kündigung . . . ist zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der der Bank [die] Fortsetzung [der Geschäftsbeziehung] unzumutbar werden lässt. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz 22 wenn eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Kunden . . . eintritt oder einzutreten droht und dadurch die Rückzahlung des Darlehens . . . gefährdet ist.“ -- Für Kündigungen nach Valutierung ist diese Klausel keiner anfechtungsrechtskonformen Auslegung zugänglich. -- Führt eine solche Kündigung zu einem Nachteil für die Gläubiger des Darlehensnehmers (weil die vorzeitige Fälligkeit den Zeitwert der Rückzahlungsverpflichtung erhöht), fällt die Ziff. 19 Abs. 3 AGB-Banken in den Anwendungsbereich des Rechts der Anfechtung wegen Schuldnerfehlverhaltens. -- Innerhalb von zehn Jahren kann sie nach § 133 Abs. 1 InsO angefochten werden. -- Wegen § 41 Abs. 2 InsO gilt dies jedoch nur für unverzinsliche Darlehen. f) Gesetzliches Recht des Darlehensgebers zur außerordentlichen, fristlosen Kündigung (§ 490 Abs. 1 BGB) -- gesetzliches außerordentliches Kündigungsrecht des Darlehensgebers: § 490 Abs. 1 BGB -- nach Valutierung: Kündigungsrecht nicht „stets“, sondern nur „in der Regel“ -- Auslegung dieser Einschränkung: Es empfiehlt sich eine Auslegung im Einklang mit dem Anfechtungsrecht. Danach ist zu verlangen, dass der vorzeitig zurückzuzahlende Darlehensbetrag auf den Gegenwartswert (d.h. zum Marktzins) abgezinst wird. Wegen der (verfehlten) Beschränkung des § 41 Abs. 2 Satz 1 InsO auf unverzinsliche Forderungen, gilt dies jedoch nur für unverzinsliche Darlehen. Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz 2. Verwertung: Die vertraglichen Rechte des 23 insolventen Darlehensnehmers (nach Valutierung) -- Gegenstand der Verwertungsentscheidung: die Ansprüche oder sonstigen Rechte, die dem Darlehensnehmer aufgrund des Darlehensvertrags zustehen. -- welche Ansprüche der Darlehensnehmer hat: abhängig vom Erfüllungsstadium des Darlehensverhältnisses im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens -- hier (in diesem Abschnitt) betrachtet: nach Valutierung (d.h. nach Auszahlung des Darlehensbetrags an den Darlehensnehmer) -- andere Entscheidungssituation als vor Valutierung -- nach Valutierung: Es gibt keinen Vermögensgegenstand (des Darlehensnehmers aus dem Darlehensvertrag), über dessen Verwertung zu entscheiden wäre. Der Auszahlungsanspruch besteht nicht mehr. Das Recht, das der Darlehensnehmer an dem Darlehensbetrag erlangt hat (Eigentum oder Inhaberschaft), wird von einer vorzeitigen Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs des Darlehensgebers (sei es nach § 41 InsO, sei es aufgrund einer außerordentlichen Kündigung des Darlehensgebers) nicht berührt. Anders als beim Mietvertrag verändert die vorzeitige Beendigung des Darlehensvertrags nicht das Vermögen des Schuldners, sondern kann sich – bei fehlender Abzinsung – als eine Erhöhung der Verbindlichkeiten des Schuldners auswirken. Wie hierauf zu reagieren ist, beantwortet das Anfechtungsrecht (und nicht das Recht der Insolvenzverwertung). -- Sonderproblem: sog. „Belassungsanspruch“: zivilrechtlich: Kritik am sog. „Belassungsanspruch“: Diese Konstruktion hat keine Funktion. Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz 24 Der „Belassungsanspruch“ ist nur eine andere Bezeichnung für die Einrede der mangelnden Fälligkeit. Diese Einrede erhält einen anderen sprachlichen Ausdruck: Der Darlehensnehmer beruft sich darauf, dass er die Mittel, die zur Erbringung seiner Leistung, der Rückzahlung, erforderlich sind, nicht bereits jetzt, sondern erst später aufbringen muss und ihm diese Mittel so lange zu „belassen“ seien. Statt von mangelnder Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs spricht man von der noch nicht vollständig erfüllten „Belassungspflicht“ des Darlehensgebers. insolvenzrechtlich: Selbst wenn man einen „Belassungsanspruch“ des Darlehensnehmers annähme, stellte dieser Anspruch keinen Vermögensgegenstand dar. Die Bezeichnung als „Anspruch“ ändert nichts an dem Inhalt des Rechts, das dem Darlehensnehmer nach Valutierung zusteht: Der sog. „Belassungsanspruch“ besagt, dass der Darlehensnehmer vor Fälligkeit berechtigt ist, die Zahlung der Rückzahlungssumme zu verweigern. Beruft sich der Darlehensnehmer auf den „Belassungsanspruch“, macht er die Einrede der mangelnden Fälligkeit geltend. Eine Einrede ist jedoch kein Vermögensgegenstand. Über sie kann keine Verwertungsentscheidung getroffen werden. -- Ergebnis: Nach Valutierung stellt sich keine Verwertungsfrage. Hinweis zum Sprachgebrauch: Verschiedentlich wird diese Rechtslage dahin ausgedrückt, dass beim valutierten Darlehen der § 103 InsO nicht länger „angewendet“ werden könne.5 Wenn man sich klar macht, was 5 Siehe BGH, 5.10.1989, WM 1990, 54 (56); Frankfurter Kommentar zur InsO (Weg ener), 7. Aufl. 2013, § 103 Rn. 13; Münchener Kommentar zur InsO (Huber), 3. Aufl., Band 2, 2013, § 103 Rn. 69; Nerlich / Römermann (Balth asar), Insolvenzordnung, Stand 2013, § 103 Rn. 12; Jaeg er (Henc kel), Konkursordnung, 9. Aufl. 1997, § 17 Rn. 12. – Anderer Meinung z.B.: Staud inger (Freitag / Mülbert), BGB, Bearbeitung 2011, § 488 Rn. 277; Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung (Marotzke), 6. Aufl. 2011, § 103 Rn. 7; Kübler / Prütting / Bork (Tintelnot), InsO, Stand 2013, § 103 Rn. 87: Auszahlung des Darlehensbetrags bleibe § 103 InsO „anwendbar“. Auch nach Dabei wird allerdings nicht deutlich, welche Verwertungsentscheidung die Insolvenzverwaltung Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz 25 damit gemeint ist (nämlich: dass beim Darlehensvertrag nach Valutierung keine Verwertungsentscheidung zu treffen ist), mag man diese (wenig gehaltvolle) Formulierung verwenden. 3. Verteilung: Die Befriedigung der vertraglichen Ansprüche des Darlehensgebers (nach Valutierung) -- Frage: Wie werden die Ansprüche befriedigt, die dem Darlehensgeber gegen den Darlehensnehmer zustehen? -- maßgeblich: das Erfüllungsstadium, in dem sich der Darlehensvertrag bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens befand. -- hier (in diesem Abschnitt) betrachtet: nach Valutierung (d.h. nach Auszahlung des Darlehensbetrags an den Darlehensnehmer) -- nach Valutierung: Da nach Valutierung keine Verwertungsentscheidung zu treffen ist, scheiden die beiden Befriedigungsformen aus, die das Insolvenzvertragsrecht kennzeichnen. Weder können die ausstehenden Ansprüche des Darlehensgebers zu Masseverbindlichkeiten werden (bei Geltendmachungsentscheidung, § 55 Abs. 1 Ziff. 2 Alt. 1 InsO); noch gibt es (in diesem Erfüllungsstadium) einen Leistungsanspruch des Darlehensnehmers, aus dessen Wert die ausstehenden Ansprüche des Darlehensgebers befriedigt werden könnten (bei Nichtgeltendmachungsentscheidung, § 103 Abs. 2 Satz 1 InsO). -- sondern: Die Befriedigung erfolgt vielmehr ausschließlich als Insolvenzforderungen. -- Frage: welche Ansprüche der Darlehensgeber überhaupt hat; Antwort: abhängig davon, ob der Darlehensgeber sein außerordentliches Kündigungsrecht ausübt oder nicht des Darlehensnehmers (insbesondere über welche vertraglichen Ansprüche des Darlehensnehmers) zu treffen habe. Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz 26 a) Keine außerordentliche Kündigung des Darlehensgebers -- Anspruch des Darlehensgebers auf Rückzahlung (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB): Obwohl nach Vertragsrecht mangels Kündigung noch nicht fällig, gilt dieser Anspruch seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens als fällig (§ 41 Abs. 1 InsO). Somit wird der Rückzahlungsanspruch im Insolvenzverfahren berücksichtigt und, soweit er ungesichert ist, in Höhe der Insolvenzquote befriedigt. Abzinsung auf den Gegenwartswert? ja bei unverzinslichem Darlehen (§ 41 Abs. 2 InsO); nein bei verzinslichem Darlehen -- Zinsanspruch des Darlehensgebers ohne außerordentliche Kündigung: Dann besteht der Zinsanspruch bis zum ordentlichen Ende fort. aber: Befriedigung nur als nachrangige Insolvenzforderung (§ 39 Abs. 1 Ziff. 1 InsO) b) Außerordentliche Kündigung des Darlehensgebers -- Anspruch des Darlehensgebers auf Zahlung der Rückzahlungssumme: vorzeitige Fälligkeit durch die außerordentliche Kündigung (§ 488 Abs. 3 Satz 1 BGB) Abzinsung auf den Gegenwartswert? ja bei unverzinslichem Darlehen (§ 41 Abs. 2 InsO); nein bei verzinslichem Darlehen -- Zinsanspruch des Darlehensgebers: Durch die vorzeitige Beendigung (aufgrund der außerordentlichen Kündigung) endet der Zinsanspruch vorzeitig. Der Darlehensgeber verliert somit seinen Anspruch auf die Zinsen für die Zeit zwischen der vorzeitigen Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz Beendigung und dem vorgesehenen ordentlichen 27 Ende des Darlehensvertrags (durch ordentliche Kündigung oder durch Ablauf der vereinbarten Zeit). Ob es sich für den Darlehensgeber in diesem Rahmen lohnt, sein außerordentliches Kündigungsrecht auszuüben, hängt von einem Vergleich mit den Vorteilen ab, die er durch eine fristlose Kündigung (etwa im Hinblick auf die Überwindung der Beschränkungen des § 41 Abs. 1 InsO für die Haftung von Bürgen oder für Aufrechnungsrechte) erlangen würde. Ausnahme: anderweitige Vereinbarung im Darlehensvertrag allerdings: auch dann Befriedigung nur als nachrangige Insolvenzforderung (§ 39 Abs. 1 Ziff. 1 InsO) (Im jeweiligen Fall wird außerdem zu prüfen sein, ob der Darlehensgeber einen Schadensersatzanspruch gegen den Darlehensnehmer hat.) 4. Ergebnisse zur Insolvenz des Darlehensnehmers: Darlehensvertrag nach Valutierung Fällt der Darlehensnehmer in Insolvenz, nachdem er den Darlehensbetrag erhalten hatte, lässt sich die Rechtslage wie folgt zusammenfassen: (1) Vorzeitige Beendigung des Darlehensverhältnisses: Ansatz: In der Insolvenz des Darlehensnehmers besitzt der Darlehensgeber ein vertragliches oder gesetzliches Recht zur fristlosen Kündigung des Darlehensverhältnisses (etwa aus Ziff. 19 Abs. 3 AGBBanken oder § 490 Abs. 1 BGB). Dieses Kündigungsrecht unterliegt jedoch Einschränkungen, die sich aus dem Anfechtungsrecht ergeben. Wegen der Nachteile, zu denen die fristlose Kündigung des Darlehensverhältnisses für die Gläubiger insolvenzbezogene des Darlehensnehmers vertragliche Schuldnerfehlverhalten anfechtbar sein. führen kann, Kündigungsregelungen können als Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz nach Valutierung: 28 Um die Anfechtbarkeit zu vermeiden, hat die vertragliche Regelung für die vorzeitige Beendigung nach Valutierung die Abzinsung vorzusehen. des Rückzahlungsanspruchs auf den Gegenwartswert (Das ist de lege lata, § 41 Abs. 2 InsO, aber nur für unverzinsliche Darlehen erforderlich.) Mit diesem Inhalt ist auch das gesetzliche Kündigungsrecht (§ 490 Abs. 1 BGB) auszulegen. (2) Verwertung: War dem Darlehensnehmer der Darlehensbetrag bereits ausgezahlt worden (d.h. nach Valutierung), stellt sich keine Verwertungsfrage. Der Darlehensnehmer hat keinen Anspruch mehr, zu dessen Durchsetzung Leistungen aus dem Insolvenzvermögen an den Darlehensgeber zu erbringen wären. (3) Verteilung: Auch auf der Verteilungsseite kommt es auf das Erfüllungsstadium an. War das Darlehen bei Insolvenzeröffnung bereits ausgezahlt worden (d.h. nach Valutierung), wird auf den Rückzahlungsanspruch des Darlehensgebers die Insolvenzquote verteilt. Wenn, wie regelmäßig, das Darlehen verzinslich ist, wird hierbei auf den Nennwert abgestellt; eine Abzinsung findet nach geltendem Recht (verfehltermaßen) nicht statt. Einen schlechteren Befriedigungsrang hat (verfehltermaßen) der Zinsanspruch: Für die Zeit ab Verfahrenseröffnung ist er nachrangig (§ 39 Abs. 1 Ziff. 1 InsO). Rechtspolitisch empfiehlt sich, (erstens) die Abzinsung auch auf verzinsliche Darlehen zu erstrecken sowie (zweitens) den Nachrang von Zinsansprüchen abzuschaffen. Hat der Darlehensgeber sein Recht zur außerordentlichen Kündigung ausgeübt, verliert er (nach dem gesetzlichen Regelungsmodell) zwar seinen Zinsanspruch für die restliche Laufzeit, überwindet damit aber die materiellrechtlichen Beschränkungen, unter denen die sofortige Fälligkeit des § 41 Abs. 1 InsO steht. Insolvenzrecht II (Vertiefung): Darlehensvertrag, Darlehensnehmer in Insolvenz 29 Literaturhinweise -- Tintelnot, in: Kübler / Prütting / Bork, InsO, Stand 2014, § 103 Rn. 83-90 -- von Wilmowsky, Darlehensnehmer in Insolvenz, Teil 1: WM 2008, 11891196; Teil 2: WM 2008, 1237-1244 vorläufige Fassung; Änderungen vorbehalten