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Literature News
Exklusiver Vorabdruck - Teil 2:
Arthur Jones
sicht auf Verluste“. Seine Untersuchungsergebnisse kollidierten teilweise frontal mit den Interessen der damaligen (und
wahrscheinlich auch der heutigen) Fitness- und Nahrungs-
Vergessen? Unterschlagen? Oder was?
zusatzindustrie.
Ich habe mich gefragt, woran diese ignorierte Urheberschaft im Falle von Arthur Jones sonst noch liegen mag?
Copyright - Übersetzung und Fotos: Werner Kieser
Vielleicht – so vermute ich – liegt es ganz einfach an der
Sprache. Jones schrieb amerikanisches Englisch. Selbst
Seit Längerem beschäftigt mich ein Phänomen, das ich auf
wer Englisch leidlich beherrscht, liest lieber in der Mutter-
mehreren Fachgebieten beobachte und das eine genauere
Werner Kieser
Untersuchung verdient. Es ist das Phänomen der ignorierten
(19 4 0 )
Urheberschaft. Im Englischen gibt es die Bezeichnung des
Eigentümer der Kieser Training
„man behind the scene“, also eine Person oder Persönlich-
AG,
keit im Hintergrund, die aber bestimmend dafür ist oder war,
der internationalen Studiokette
was heute auf der „Bühne“ läuft. Wir finden diese Hinter-
gleichen Namens.
grundfigur fast überall: in der Literatur, in der Wissenschaft,
D iplo mtra in e r, U nte r n e hm e r,
in der Kunst, in der Technik, in der Medizin und so weiter. In
studier ter Philosoph ( MA )
meinem Fachgebiet, dem Krafttraining, ist dies Arthur Jones
und Autor von acht Büchern zum Thema Krafttraining
(1926-2007).
und Franchising. Er war von 1980-1990 europäischer
Heute werden zu „H.I.T.“ (High Intensity Training), „Vor-
Generalvertreter der Firma NAUTILUS. Nach dem Verkauf
Ich werde einige von Jones’ Artikeln publizieren. Je nach
Ermüdungs-Techniken“, „Ausbelastung“ und „Exzentrisches
von NAUTILUS USA übernahm er die Vertretung von Arthur
Reaktion der Leser werde ich entscheiden, ob aus den
Training“ zunehmend wissenschaftliche Artikel und Bücher
Jones neuer Firma MedX. Nach dem Verkauf von MedX und
über hundert vorliegenden Artikeln, bzw. Kapiteln, ein Buch
publiziert. Und wie es sich gehört, folgt jedem Text eine Bib-
dem Ausscheiden von A. Jones erwarb er die Produktions-
werden soll. Über Zuschriften an Fitness Tribune oder auf
liografie mit den Namen jener, die zum Thema schon mal
und Vertriebsrechte für die patentierte MedX Technologie.
meinen Blog unter www.kieser-training.com freue ich mich.
ist
Gründer
und
s ow i e Fr a n c h i s e g e b e r
Er ist
etwas geschrieben haben. Interessanterweise wird der Urheber dieser Techniken nicht genannt, sondern zeitgenössische Wissenschaftskollegen. Und dies natürlich immer wieder untereinander wechselseitig. So gleicht sich das Ganze
aus und jeder Autor bekommt die für eine Professur ach so
wichtige Anzahl „Quotations“. Der heutige Wissenschaftsbetrieb ist zu einem „Schreib’ oder Stirb’-Zirkus“ verkommen.
Dass dies allgemein bekannt ist, macht die Sache nicht besser. Zumindest sollten jedoch Quellen nicht unterschlagen
werden, auch wenn sie aus einer Zeit rühren, in der es noch
kein Internet gab und die Texte eben – wie früher üblich – aus
der Bibliothek beschafft werden müssen. Newton soll gesagt
haben, dass er (als Wissenschaftler) lediglich auf den Schul-
sprache, insbesondere anspruchsvolle Texte, die einen
fachlichen Begriffsapparat voraussetzen. Arthur Jones war
mein wichtigster beruflicher Mentor. Und nicht nur meiner.
Seine „Schüler“ bilden eine lange Namensliste; doch sind
sie alle im englischen Sprachraum angesiedelt. Ich habe
mich deshalb entschlossen, Jones Schriften ins Deutsche
zu übersetzen und zu publizieren. Das bin ich den an den
Grundlagen ihrer Aktivitäten ernsthaft interessierten Mitgliedern der Kraftgemeinde, aber auch Arthur Jones, schuldig.
Jones’ Werk lässt sich in vier grosse Gruppen aufteilen: Die
tern von Riesen stehe, also seinen Vorgängern. Eine solche
beiden Bulletins I und II; die Publikationen in der Kraftsport-
Bescheidenheit ist etwas aus der Mode gekommen. Schade
zeitschrift IRON MAN, die Publikationen im Athletic Journal
aber ist auch, dass die apodiktischen und zum Teil durchaus
und schliesslich sein Schlusswerk „My First Half-Century
hemdsärmligen Aussagen Jones an Kraft und Charme ver-
in the Iron Game“ (Mein erstes halbes Jahrhundert in der
lieren, wenn sie akademisch „frisiert“ daherkommen. Nicht
Welt des Eisens). Bei jedem Artikel werde ich die Quelle
zuletzt ist auch der ökonomisch-historische Hintergrund
angeben.
interessant, wirft er doch ein Licht auf die Verknüpfung der
Fitness-Bewegung mit handfesten wirtschaftlichen Motiven.
In diesem Zusammenhang bieten Jones’ Reaktionen auf
die damaligen Nautilus-Plagiatoren – vor allem Universal,
Cybex und David – Anschauungsmaterial. Jones war von
Hier folgend nun Teil 2 der ersten Publikation aus dem IRON
MAN, der damals einzigen unabhängigen Kraftsportzeitschrift.
Werner Kieser
einer schroffen Direktheit und dies buchstäblich „ohne Rück-
Iron Man Vol. 30 December 1970 - January 1971
Unter dem Titel „Distance – Resistance – Speed“ erschien der zweite Artikel von Arthur Jones in der damals
einzigen unabhängigen Kraftsportzeitschrift Iron Man. Die Unruhe, die der erste Artikel in der Welt des Krafttrainings auslöste, verstärkte sich weiter. Aus der ganzen Welt wallfahrten Interessierte nach Lake Helen, ein
kleines Dorf in Florida, an dessen Peripherie Jones in Rekordtempo ein ganzes Industriegelände für die Fabrikation der Nautilus-Geräte baute. Die Bodybuilder Arnold Schwarzenegger und Franco Columbo fanden
sich ebenfalls in Jones Labor ein.
Iron Man, December 1970, p. 32-55. „Distance – Resistance – Speed“ by Arthur Jones
Distanz – Widerstand – Geschwindigkeit - die Grundlagen des Trainings
„Wie viel können Sie Bankdrücken? “
ist eine bedeutungslose Frage, es sei
denn, ich frage „Wie weit können Sie
Bankdrücken und wie schnell?“. Kraft
ist die Fähigkeit Widerständen entgegen
zu wirken. Um diese Fähigkeit zu messen, müssen drei Faktoren einbezogen
werden: die Höhe des Widerstandes,
die zurückgelegte vertikale Distanz und
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Fitness Tribune 137
der Zeitfaktor. Wenn Sie mehr drücken
können als Ihr Kollege, bedeutet dies
nicht zwangsläufig, dass Sie stärker
sind als er; jedenfalls dann nicht, wenn
nicht beide das Gewicht über dieselbe
Distanz und in derselben Zeit bewegen.
Wenn ein Mensch 125 Kilogramm über
60 Zentimeter in einer Sekunde bewegt,
leistet er eine PS (Pferdestärke); wenn
ein zweiter doppelt soviel Gewicht über
dieselbe Distanz bewegt, dazu jedoch
die doppelte Zeit benötigt, ist er genauso
stark wie der Erste.
Warum erzähle ich dieses Beispiel aus
dem Lehrbuch der Physik? Weil ich in
einem kürzlich geführten Telefongespräch mit Peary Rader, dem Herausge-
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ber von IRON MAN, übereinkam, dass
eine ganze Anzahl Leser die physikalischen Grundlagen offensichtlich nicht
verstehen, auf denen die Entwicklung
der neuen Nautilus-Geräte basiert. Es
ist völlig normal, wenn jemand etwas
anzweifelt, das er nicht ganz versteht.
Der Zweck dieses Artikels besteht deshalb darin, Klarheit zu schaffen, auch
für jene, die keine Ausbildung in Physik
erhalten haben. Aus diesem Grunde verwende ich eine nicht-technische Sprache.
Ohne ein Grundverständnis der beim
Training wirksamen physikalischen
Gesetze bleibt der Trainingsfortschritt
dem Zufall überlassen. „Aber wird ein
solches Verständnis meinen Trainingsfortschritt beschleunigen?“, werde ich
oft gefragt. Die Antwort ist „Nein“. Keine
noch so umfangreiche Theorie wird
den Trainingsfortschritt beschleunigen
– AUSGENOMMEN SIE WIRD RICHTIG
UMGESETZT.
Andererseits ist ein bedeutender Trainingsfortschritt nicht möglich, wenn die
Theorie nicht verstanden wird. Mit anderen Worten, das Wissen ist eine Voraussetzung, garantiert aber noch nicht
den Fortschritt. Doch bevor ich nun zur
Sache komme, möchte ich vorausschicken: Wer den Inhalt des folgenden
Artikels nicht versteht, sollte aufhören
mit Gewichten zu trainieren; denn ich
schreibe so, dass es jedermann verstehen sollte.
Ich fand es notwendig, einen solchen
Artikel zu schreiben, weil es so scheint,
dass bisher niemand den Versuch unternahm, die einfachsten physikalischen
Gesetze auf das Training zu übertragen. Stattdessen irren Leute blind in der
Dunkelheit umher auf der Suche nach
Erleuchtung, wo sie doch den Lichtschalter in der Hand halten. Und andere
wiederum haben in einer Höhle des
Unwissens eine Kerze angezündet und
behaupten, es wäre eine Sonne.
Ich werde nicht damit beginnen zu schildern, wie dick die Arme eines bestimmten Bodybuilders sind und daraus ableiten, wie viel dieser Bodybuilder von Training versteht. Die Produktion welchen
Resultates auch immer, beweist nicht
mehr, als dass eine bestimmte Methode
eben ein bestimmtes Resultat produziert. Es beweist aber nicht, dass mit
einer anderen Methode nicht dasselbe
Resultat in kürzerer Zeit möglich gewesen wäre. Ich habe nie behauptet, dass
die Nautilus-Methode die letzte Antwort sei – und ich werde das auch nie
behaupten. Aber ich behaupte und habe
an einer Menge Leute bewiesen, dass
wird er der erste Mensch sein, der dies
geschafft hat.
Warum derart viele Wiederholungen?
Weil dieser Athlet zu stark ist, um ein
derart hohes Gewicht zu handhaben,
das ihm nur wenige Wiederholungen
erlauben würde. Schliesslich will er Kraft
und Muskulatur entwickeln und sich
nicht umbringen. Dazu muss man aber
die Muskeln zur Überwindung immer
grösserer Widerstände zwingen. Möglicherweise wird ein Punkt erreicht, wo
die Muskelkraft die Bruchlast der Knochen übersteigt. Wer so stark geworden
ist – was möglich ist, wenn richtig trainiert wurde – dem bleiben zwei Möglichkeiten: die Knochen und Sehnen gefährden oder mit weniger Gewicht mehr
Wiederholungen ausführen.
Arthur Allen Jones, 1926-2007
die Methoden, die wir hier gegenwärtig
anwenden, mindestens zehnmal so produktiv sind wie alle bisher vorhandenen
Trainingsmethoden.
Folglich müssen wir hier irgendetwas
„besser“ machen – wenn auch wahrscheinlich nicht perfekt. Tatsächlich –
und ich habe dies in einer Anzahl früherer Artikel klargestellt – führten die neuen
Geräte zu derart enormen Resultaten,
dass ich mir über eine mögliche Gefahr
Gedanken machte. Was passiert, wenn
ein Mensch so stark wird, dass die Kraft
seiner Muskeln die Tragfähigkeit seines
Bewegungsapparates übersteigt, wenn
er Kniebeugen macht mit einer Last, die
seine Wirbelsäule erdrückt oder seine
Oberschenkelknochen bricht? Vor zwei
Wochen besuchte uns ein ehemaliger
Kraftdreikampf-Champion aus Florida,
um die neuen Geräte zu testen. Aber er
verliess das Studio vorher. Warum? Ich
kann nicht mit Gewissheit sagen warum,
aber ich habe eine Vermutung. Ich
nehme an, dass er völlig unvorbereitet
war auf das, was er sah – mental unfähig, es zu akzeptieren. Er muss einfach
schockiert gewesen sein.
Was geschah? Während er sich auf den
ersten Satz Kniebeugen vorbereitete,
legte einer unserer Athleten 15 Pfund
mehr auf die Stange als der Allzeitrekord
des Champions betrug und führte zwölf
Wiederholungen damit aus. Zwölf vollständige Wiederholungen, nicht halbe
oder „parallele“ Kniebeugen,sondern
vollständige Kniebeugen, mit dem
Gesäss bis an die Fersen. Dieser Athlet hat sich jetzt 50 Wiederholungen
mit 200 Kilo zum Ziel gesetzt – und
ich wette, dass er dies erreicht. Dann
Doch die meisten tun weder das eine
noch das andere; sie benutzen jahraus
jahrein dasselbe Gewicht und zwingen sich nie zu einer höheren Leistung.
Natürlich endet hier jeder Fortschritt
und man sucht nach irgendwelchen
„Geheimnissen“, die das Tor zum Fortschritt öffnen sollen. Schuld an der Stagnation ist aber die Trainingsmethodik.
Die menschliche Muskulatur ist zu einer
alarmierenden Wachstumsrate fähig.
Das hat sich bei tausenden von Anfängern gezeigt. Es gibt keinen Grund,
diese anfängliche Wachstumsrate nicht
bis zur Erreichung der Grenze des genetischen Potenzials beizubehalten.
Wenn dem aber so ist (und dem ist so),
wie erklärt sich dann die Tatsache, dass
die meisten Trainierenden nach dem
ersten Schub eine äusserst langsame
Zuwachsrate aufweisen?
Weil die Aufnahme des Trainings eine
neue Erfahrung für die Muskeln bedeutet, eine Erfahrung, die eben Wachstum stimuliert. Doch nach einiger Zeit
wird das Training zur Routine. Der Trainierende macht dasselbe wieder und
wieder. Neue Wachstum stimulierende
Anforderungen bleiben aus, der Fortschritt erlahmt und versiegt schliesslich
ganz.
Und in welcher Beziehung hat dies mit
Physik zu tun? In JEDER. Obwohl weit
und breit keine wissenschaftliche Erklärung zu finden ist, warum Muskeln auf
diese Weise reagieren, ist es eine allseits
bekannte Tatsache, dass sie auf Training wie auf Untätigkeit reagieren, mit
Wachstum beziehungsweise Rückbildung von Kraft und Volumen.
Wenn der Muskel nicht gelegentlich
Widerständen ausgesetzt wird, die einen
hohen Prozentsatz der vorhandenen
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Iron Man Vol. 30 December 1970 - January 1971
Kraft erfordern, verlieren die Muskeln
rasch an Kraft und Masse – scheinbar
deshalb, weil der Muskel „entscheidet“,
dass ein solches Mass an Kraft und
Masse nicht mehr nötig ist und deshalb
kein Grund besteht, etwas beizubehalten, das für den Körper keinen Nutzen
hat.
Umgekehrt reagiert ein Muskel, der einer
Belastung ausgesetzt wird, die über seinem derzeitigen Kraftniveau liegt, oder
der gezwungen wird, innerhalb eines
derzeit noch unbekannten Prozentsatzes seiner Energiereserven zu arbeiten,
mit Kraft/Massezuwachs.
Dies sollte jedem Trainierenden völlig klar sein – aber trotzdem trainieren
Tausende in einer Weise, dass es offensichtlich ist, dass sie nichts davon verstehen. Für maximalen Fortschritt muss
jede Übung bis zum totalen Versagen
ausgeführt werden – bis zu dem Punkt,
an dem auch mit einer hundertprozentigen Anstrengung keine Bewegung mehr
zustande gebracht wird.
Doch gibt es einige Ausnahmen. Zum
Beispiel, wenn Sie lediglich Fett abbauen
wollen. In diesem Fall ist der Energieverbrauch von primärer Bedeutung. Dies
kann mit einer grossen Anzahl leichter
Bewegungen erreicht werden, ohne
ma ximale Anstrengungen. Oder es
möchten sich Leute etwas „aufwärmen“
mit leichten Bewegungen vor schweren
Übungen, obwohl dies in Wirklichkeit
nicht nötig ist. Aber eins muss klar sein:
Solche nicht-maximalen Anstrengungen
bewirken nichts punkto Kraft und Muskelentwicklung.
Jedoch kann ein korrekt ausgeführter
leichter „Aufwärm-Satz“ durchaus zum
Fortschritt beitragen. Ein Paradox? Nein,
einfach ein übliches Missverständnis.
Leichte Wiederholungen können wertvoll
sein, wenn sie bis zur lokalen Erschöpfung ausgeführt werden. Deshalb sind
sie lediglich „leicht“ im Bezug auf das
relativ niedrige Gewicht.
So, wenn Sie also glauben, einen leichten Aufwärm-Satz vor einer schweren
Übung zu benötigen, machen Sie ihn,
jedoch bis zur lokalen Erschöpfung;
beugen Sie die Arme bis Sie diese nicht
einmal mehr ansatzweise beugen können und die Hantel aus Ihren Händen
fällt, und stemmen Sie beim Bankdrücken, bis Sie das Gewicht nicht mehr
von der Brust bewegen können.
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Fitness Tribune 137
ren, ist die Voraussetzung für jedes Training, das Kraft und Muskeln entwickeln
soll. Wenn Sie dieses Verständnis nicht
haben oder den Willen so zu trainieren
nicht aufbringen, lesen Sie nicht weiter,
denn damit würden Sie Ihre Zeit verschwenden.
Für jene die weiter lesen wollen ...
„Aber“, mögen Sie sagen, „wenn ich das
tue, kann ich kein schweres Gewicht
mehr nehmen für den schweren Satz
und meine Resultate werden schlechter
statt besser.“ Falsch, falsch, falsch – falscher können Sie gar nicht liegen! Ihre
Muskeln wissen nicht wie viel Gewicht
Sie benutzen; wenn das Gewicht schwer
genug ist, um dem Muskel eine maximale Anspannung abzuverlangen, ist
dies alles, was nötig ist. Ob das Gewicht
nun zwei Kilo wiegt oder zwei Tonnen,
spielt überhaupt keine Rolle; zumindest,
was die Entwicklung von Muskulatur
und/oder Kraft betrifft. Die Entwicklung
der Sehnen ist etwas anderes. Sehnen
sind lediglich „Kabel“, die den Muskel
am Knochen befestigen. Sehnen können durch Überlastung beschädigt werden. Doch auch Sehnen können stärker
werden, wenn sie über längere Zeit kontinuierlich erhöhten Belastungen ausgesetzt werden.
Was ich sagen will: machen Sie ihren
Aufwärmsatz zu einem produktiven Teil
Ihres Trainings. Das ist möglich, wenn
Sie ihn bis zum vollständigen Versagen
der involvierten Muskeln ausführen.
Das klare Verständnis und der Wille, bis
zum Versagen des Muskels zu trainie-
Einzelne Muskelfasern haben im entspannten Zustand ungefähr die Form
eines Kanus. Unter Spannung werden
sie kürzer und entsprechend dicker. Zur
Veranschaulichung stellen wir uns einen
langen Strang von Kanus in einem Fluss
vor. Jedes Kanu ist mit seinem Vorderteil
am Rückteil des nächsten angebunden.
Das letzte Kanu ist an einem grossen
Floss befestigt, das im Fluss treibt. Das
Floss schwimmt nicht weg, weil es am
letzten Kanu befestigt ist.
Nun haben wir einen 300 Meter langen
Strang, bestehend aus 100 Kanus. Das
ist etwa das Bild, das eine Muskelfaser
unter dem Mikroskop abgibt.
Doch plötzlich „schrumpft“ eines der
Kanus um die Hälfte seiner Länge und
ist nur noch 1.5 Meter lang statt 3 Meter.
Wenn es sich um ein Kanu in der Mitte
des Strangs handelt, wird der Strang
oberhalb dieser Mitte nicht beeinflusst.
Unterhalb der Mitte jedoch reduziert sich
der Strang von 150 auf 148.5 Meter und
das Floss wird um diese 1.5 Meter nach
oben gezogen.
Nur das Kanu, das schrumpft, „arbeitet“ wirklich. Doch die Kanus unterhalb
werden bewegt und sind während der
Bewegung einer gewissen Beschleunigung ausgesetzt.
Nun ist es offensichtlich: um das Floss
150 Meter nach oben zu ziehen, müssen
sich alle Kanus um die Hälfte verkürzen.
Eine solche „Totalbewegung“ des Flosses ist somit NICHT MÖGLICH OHNE
DIE „ARBEIT“ EINES JEDEN KANUS.
Ein Muskel arbeitet auf dieselbe Weise:
jede einzelne Faser („Kanu“) arbeitet,
indem sie ihre Länge reduziert. Für eine
vollständige Bewegung müssen alle
Fasern gleichzeitig arbeiten, JEDOCH
ALLE FASERN INNERHALB EINES
MUSKELSTRANGS.
(Fortsetzung im nächsten FT-Magazin)
Sergio Oliva