www.tabakanbau.de Newsletter N° 17

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www.tabakanbau.de Newsletter N° 17
www.tabakanbau.de
Tabakanbau.de Barth + Jehle GbR · Schubertstr. 10 · D-78583 Böttingen · [email protected]
ISSN 1612-6114
EUR 2,80 · CHF 4,80
Der Anbau der Tabakpflanze nicotiana tabacum, die Christoph Columbus nach Europa brachte, hat seit
Jahrhunderten in Mitteleuropa Tradition. Wir möchten das Handwerk der Nutzung und Verarbeitung dieser
alten Kulturpflanze allen zugänglich machen und bieten u. a. ein Tabakpflanzset mit allen Komponenten
an, die für die ersten Schritte notwendig sind. Denn der eigene Tabak ist frei von Zusatzstoffen, der
Anbau und die Behandlung der Tabakblätter macht Spaß und der Tabakgenuss wird nicht durch hohe Steuern
beeinträchtigt. Besuchen Sie uns auch im Internet, nutzen Sie unsere Infosammlung zum Tabakanbau im
Wissenspool und versuchen Sie unser Hochzuchtsaatgut im Webshop www.tabakanbau.de!
Bitte beachten Sie: Sämtliche Texte und Bilder sind urheberrechtlich geschützt und dürfen nur mit
unserer schriftlicher Zustimmung vervielfältigt oder verbreitet werden!
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3. Jahrgang, 17. März 2004
Inhalt
I. Neue Produkte
II. Kuriositäten aus der Tabakwelt
- Die besondere Würze aus Java
III.
-
Das Saatgut
Saatgutherstellung
Welches Saatgut soll ich verwenden?
Welche Sorte soll ich anbauen?
IV. Zigarettentabak selbst gemacht ein Überblick
- Die Rohstoffe: Tabak-Mischungen
- Was ist Virginia?
- Orient harmonisiert die Mischung
- Die schwarze Zigarette
- Mild oder würzig?
- Zusammenfassung
V. Impressum
I. NEUE PRODUKTE
================
Wir können zwei neue dunkle Tabaksorten anbieten,
die dem Burley ähnlich sind und vorwiegend für
Virginierzigarren, Schnupf- und Kautabak verwendet werden. Beide Sorten gelten als Geheimtipp
für Zigarettenmischungen: In geringen Mengen
geben sie der Zigaretten- und Pfeifenmischung als
"Würztabak" das gewisse Etwas.
NEU: TABAKSAMEN KENTUCKY (Art.-N° 33682)
(Für Zigarren, Schnupf- und Kautabak sowie als
Würztabak für Zigaretten- und Pfeifenmischungen)
Etwa 100 Tabaksamen Hochzuchtsaatgut.
Dunkler, relativ schwerer amerikanischer Tabak,
sehr würzig und ertragreich. Wird hauptsächlich
für Zigarren sowie in der Schnupf- und Kautabakherstellung verwendet und dient als Mischungsbestandteil in Schnitt-Tabaken. In schwarzen
Zigaretten ist er in größeren Mengen enthalten.
NEU: TABAKSAMEN MARYLAND (Art.-N° 33683)
(Für Zigarren, Schnupf- und Kautabak sowie als
Würztabak für Zigaretten- und Pfeifenmischungen)
Etwa 100 Tabaksamen Hochzuchtsaatgut.
Dunkler, schwerer amerikanischer Tabak, relativ
würzig und ertragreich. Wird vor allem in der
Kautabak- und Virgninierzigarren-Herstellung
verwendet und dient als Mischungsbestandteil in
Schnitt-Tabaken.
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II. KURIOSITÄTEN AUS DER TABAKWELT
==================================
Die besondere Würze aus Java
Unter den wenigen natürlichen Zigarettentabaken
auf dem Markt gibt es eine ausgefallene Sorte,
die in Indonesien stark verbreitet ist: Die
"Kreteks" oder Nelkenzigaretten sind im gut sortierten Tabakfachhandel immer häufiger zu finden.
Man liebt sie oder man hasst sie, und wenn man
sie liebt, bleibt man ihnen lange treu.
Die Kreteks sind zunächst ganz normale Zigaretten, die jedoch geschrotete Gewürznelken enthalten, daher duften sie auch sehr stark und knistern bei jedem Zug. Der Geschmack unterscheidet
sich stark von dem, was wir in Europa gewohnt
sind. Kurioserweise ist dies nicht nur auf die
Nelken, sondern auch auf den Tabak zurück zu
führen, der von den hierzulande üblichen amerikanischen Virginiamischungen weit entfernt ist. Es
handelt sich um naturbelassenen, relativ schweren
Tabak aus den subtropischen, von sandiger Vulkanerde durchsetzten Regionen Javas. Dort werden die
weltbesten Qualitäten an Zigarrendeckblättern
hergestellt und eben auch der Tabak für Kreteks,
der ohne Feuchthalte- und Abbrandmittel und ohne
zusätzliche Aromen verwendet wird - außer eben
Nelken und manchmal geröstete Kakaobohnen. Der
Tabak ist derart schwer, also reich an Aromen und
Harzen, dass er ausgeht, wenn man an seinem
Kretek zu lange nicht zieht. Andererseits hält
der Genuss auch doppelt so lange an wie der einer
üblichen Zigarette.
Zunächst ist verwunderlich, wie ein Gewürz, das
hierzulande hauptsächlich in Wurst und Fleischgerichten zu finden ist, in den Tabak gelangt.
Nelken kauen ist allerdings auch ein altes Hausmittel gegen Zahnschmerzen, was auf wirkungsvolle
Inhaltsstoffe schließen lässt. Bei Nelken spielt
das sich verflüchtigende Eugenol eine große Rolle, ein Phenolderivat, das beruhigend und
schmerzlindernd wirkt und entsprechend in der
Medizin eingesetzt wird.
Wir möchten keinesfalls empfehlen, einen solchen
Kretek-Tabak nachzumachen: Derartige Kompositionen haben sich in über 150-jähriger Tradition
auch mit Rückschlägen entwickelt. Ein Blick in
diese ferne Tabakkultur zeigt jedoch, wie individuell Zigaretten hergestellt werden: Sie können
süß sein (Orient) oder nach Zigarre schmecken
(Osteuropa), sie können mit Aromen durchsetzt
sein (Asien) oder unbrennbare Papiere verwenden
(Südosteuropa).
Damit beantwortet sich eine der am häufigsten
gestellten Fragen: Versuchen Sie nicht, Ihren
Lieblingstabak nachzuahmen. Industrietabak muss
schon wegen der langen Lagerfähigkeit und wegen
des harten Kampfes um Marktanteile Feuchthaltemittel, Abbrandbeschleuniger und Aromastoffe
enthalten, die in den wenigsten Fällen aus der
Natur stammen. Lassen Sie sich auf den Genuss von
naturbelassenem Tabak ein und experimentieren Sie
mit dem, was Ihr Garten hervorbringt!
III. DAS SAATGUT
================
Saatgutherstellung
Uns erreichen sehr oft Fragen, wie das Saatgut
hergestellt wird, daher an dieser Stelle ein
kurzer Einblick: Die Saat aus den gezüchteten
Stammpflanzen wird unter besonders günstigen
Laborbedingung auspflanzfertig großgezogen. Aus
den Setzlingen werden die kräftigsten Pflanzen
mit den gewünschten Eigenschaften ausgesucht,
insgesamt können dadurch nur etwa 4% des gezüchteten Bestandes ausgepflanzt werden. Diese Prozedur wird auf dem Feld wiederholt: Nur die Pflanzen mit den gewünschten Eigenschaften werden zur
Samenerzeugung ausgewählt und von den anderen
separiert, das ist im Durchschnitt wieder jede
fünfundzwanzigste Pflanze. Bei der Auswahl werden
Labormessungen über den Stoffgehalt der Blätter
berücksichtigt, etwa der Gehalt an Nikotin oder
an verschiedenen Zucker- und Eiweißformen in den
für den jeweiligen Verwendungszweck notwendigen
Reifestadien (Vollreife für Zigaretten). Die
gewonnene Saat wird dann in mehreren Stufen gereinigt, gesiebt und gebeizt, denn nur gleichmäßige Korngrößen aus gesunden Samen garantieren
einen gleichmäßigen Wuchs. Am Ende bleiben davon
nur etwa 10% der Samenkörner als Hochzuchtsaatgut
mit den Ansprüchen der Stammpflanze übrig. Ein
abschließender schonender Feuchtigkeitsentzug
macht das Saatgut lagerfähig, nach einer
agrarbiologischen Qualitätskontrolle und Lagerung
in speziellen Kühlanlagen ist das Saatgut
handelsfertig. Bei der professinellen Saatguterzeugung erreichen daher von 100.000 potentiell
erzeugten Samenkörnern nur 16 den Markt.
Welches Saatgut soll ich verwenden?
Das Saatgut ist das A und O für die Qualität der
späteren Ernte, die nur Hochzuchtsaatgut garantieren kann. In jedem hochgezüchteten Samenkorn
steckt jahrzehntelange Züchtungsarbeit, um die
Pflanzen gegen Krankheiten widerstandsfähig zu
machen und ihren Ertrag und die Qualität zu steigern. Da sich auch beispielsweise Tabakkrankheiten wie Blauschimmel an veränderte Bedingungen anpassen, werden die Züchtungen laufend
verbessert. Letztlich lassen sich nahezu alle
Probleme bei der Setzlingsanzucht und später im
Garten oder auf dem Feld durch Verwendung von
Hochzuchtsaatgut vermeiden.
Schließlich sollte nur Saatgut verwendet werden,
das für den Anbau in Mitteleuropa gezüchtet worden ist. Sie können hierzulande auch Tabak anpflanzen, aus dem Brasil-Mangotes oder edle Suma-
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tra-Deckblätter hergestellt werden, doch werden
Sie vom Ergebnis enttäuscht sein. Denn die Pflanzen erhalten hier weder die den Java-Gewächsen
eigene Nährstoffkomposition der sehr eigenen
sandigen Vulkanerde Javas noch die subtropisch
feuchten, warmen und dennoch leicht beschatteten
Bedingungen der brasilianischen Tabakanbau-Regionen, an welche die Tabakstämme sich in Jahrhunderten angepasst haben. Unsere Übersee- und Orient-Sorten sind für den Anbau in Deutschland
geeignet, viele andere von uns geprüfte Sorten
werden mangels Eignung von uns nicht angeboten.
Welche Sorte soll ich für Zigarettentabak
anbauen?
Die industriell hergestellten Tabake sind meist
gesoßt und mit verschiedenen Feuchthalte-,
Konservierungs- und Abbrandmitteln versehen - Sie
haben kaum eine Chance, genau Ihre Mischung zu
erhalten. Im Prinzip können Sie jede Sorte für
Zigarettentabak verwenden, den Geschmack können
Sie durch die Sorte, die Pflege und Verarbeitung
selber bestimmen.
Als Einstieg werden für Zigaretten- und Pfeifentabak in den meisten Fällen amerikanische Mischungen verwendet, die zu Abrundung noch mit
verschiedenen "Würztabaken" versehen werden:
- 60% Virginia-Tabak, wobei Virginia Gold für
normale, Virginia-Helena für nikotinarme und
eher leichte Mischungen verwendet wird.
- 30% Burley-Tabak, wobei Sie Burley-Jupiter für
leichtes Schnittgut und Burley Panama für
normalen Tabak verwenden.
- 10% der Mischung besteht aus harmonisierenden
und besonders geschmacksgebenden Tabaken. Der
größte Teil davon sind unfermentierte, nur zwei
Monate abgelagerte Orient-Tabake. Orient Xanthi
wird dabei für leichte Mischungen bevorzugt,
Samsoun Orient für normale.
Kupferstich des Augsburger Kupferstechers Lukas
Lilian (1579-1637), der die Pflanzenwelt des
bischöflichen Botanischen Garten in Eichstätt
abbildete.
Als Würztabak eignen sich besonders die dunklen
Tabaksorten wie Geudertheimer, Rot Front-Korso,
Havanna Z992, die nikotinarme Sorte Adonis und
andere. Die untersten Blätter (Sandblatt, Mittelgut) sind für die Mischungen am besten geeignet.
IV. ZIGARETTEN SELBST GEMACHT - EIN ÜBERBLICK
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Die Rohstoffe: Tabak-Mischungen
Die beliebtesten in Deutschland verwendeten Zigaretten-Geschmacksrichtungen bestehen aus einer
klassischen amerikanischen Mischung ("American
Blend"), die aus Virginia-, Burley- sowie Orienttabak besteht. Der Charakter des Tabaks wird zum
einen von diesen drei Hauptbestandteilen bestimmt: Türkischer Samsoun Orient hat ein völlig
anderes Aroma als griechischer Orient Xanthi, der
amerikanische Virginia Gold ist kräftiger als die
deutsche Spezialzüchtung Virginia-Helena;
schließlich unterscheiden sich auch die BurleySorten. Und nicht nur die Sorten sind entscheidend, auch der Boden und das Klima, also die
Umweltbedingungen, unter denen die Blätter herangereift sind. Die unteren Blätter sind milder und
nikotinärmer als die oberen, Blätter aus sonnenreichen Gegenden würziger und aromatischer, sandige Vulkanerde liefert einen feineren Geschmack
als lehmige Humuserde. Sie müssen die richtige
Mischung letztlich für Ihre Rahmenbedingungen
ausprobieren.
Der klassische American Blend besteht aus etwa
60% Virginia, 30% Burley und 10% Orient, existiert in dieser Form erst seit 1913 und kam
ursprünglich als Pfeifentabak auf den Markt.
Damals wurden hierzulande noch Orientzigaretten
geraucht, so dass zunächst "Deutsche Mischungen"
mit bis zu 50% Orientanteil verwendet wurden.
Dies soll Ihnen lediglich zeigen, dass Sie Ihre
Mischung nahezu beliebig gestalten können: Versuchen Sie es einfach, nach unseren Erfahrungen
sind die Mischungen mit hohem Orientanteil sehr
viel milder, aromatischer und angenehmer als die
typischen American Blends.
Das Geheimnis der meisten Mischungen liegt außerdem in den "Würztabaken": oftmals werden 30 bis
40 weitere Sorten aus aller Welt in geringen
Mengen hinzu gemischt, die Mischung damit gewis-
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sermaßen gewürzt. Hierfür sind die dunklen luftgetrockneten Tabake besonders geeignet, die auch
bei den großen Herstellern verwendet werden:
Allen voran Geudertheimer, Rot Front-Korso und
der nikotinarme Adonis, aber auch Kentucky, Maryland und andere besonderen Tabake. Versuchen Sie
einmal eine von Ihnen hergestellte amerikanische
Mischung "pur" und zum Vergleich mit einer Spur
fermentiertem Geudertheimer: Er hat schon einen
feinen Honigduft, Sie werden interessante Zusatznoten feststellen. Und wenn Sie einige Noten
kennen, können Sie damit komponieren.
Der Vollständigkeit halber seien noch weitere
Formen der Zigarettenmischungen erwähnt: English
Blend-Zigaretten bestehen neben Virginia als
Fülltabak aus Kentucky, Burley, Maryland und
verwandten Provenienzen, Orientzigaretten aus
verschiedenen Orientsorten, daneben blühte die
englische "Straight Virginia" aus reinem Virginia-Tabak in den letzten Jahren wieder auf.
Was ist Virginia?
Virginia-Tabak ist zunächst ein Sammelbegriff für
alle großblättrigen, hellgelben und süßen, also
sehr zuckerhaltigen Tabake, die der englische
Seefahrer Lord Raleigh bereits Ende des 16. Jahrhunderts in Nordost-Amerika angebaut hatte. Heute
werden überall auf der Welt mehrere hundert Sorten angebaut, jährlich kommen neue hinzu. Virginia ist heute auch der Hauptanteil der deutschen
Tabakproduktion.
Arbeiterin beim Schneiden der gestopften OrientZigaretten, ca. 1920
10 Blätter zusammen rollen, in ein Keramikgefäß
pressen und etwa 1 Woche auf die Heizung stellen.
Mit Burley wird ähnlich verfahren, er kann jedoch
länger fermentiert werden und nimmt bei der
Soßierung besonders viel Aromen auf. Außerdem hat
er selbst ein eigenes feines Kakaoaroma.
Orient harmonisiert die Mischung
Virginiatabak (wie auch Burley) wächst auf mittelschweren, kräftigen Böden, wie sie in Deutschland zumeist vorkommen. Die Blätter werden vollreif, also hellgrün bis gelb von unten nach oben
geerntet, damit sie schnell abtrocknen und ihren
Zuckergehalt nicht verlieren.
Im Zuckergehalt des Virginiatabaks nach der Verarbeitung liegt auch das entscheidende Geheimnis
für guten Zigarettentabak. Denn Virginiatabake
werden meist in speziellen Röhrenöfen heißluftgetrocknet, damit sie beim Trocknungsprozess
möglichst viel Zucker und Stärke behalten. Im
Tabakanbau zuhause werden die Blätter jedoch
luftgetrocknet, also mehrere Wochen zum Trocknen
aufgehängt. Nur sehr wenige Virginia-Sorten sind
für diese Art der Trocknung geeignet, es sind
dies allen voran der schon historische Virginia
Gold-Tabak (er wird bereits seit den 1930er Jahren in Deutschland angebaut) und der nikotinarme
Virginia-Helena.
Virginia wird deshalb in der Industrie auch nicht
fermentiert, sondern einem abwechselnden
Befeuchtungs- und Trocknungs-, Erwärmungs- und
Abkühlungsprozess unterworfen. Man nennt dies
"Aging" (also Altern) und "Redrying" (was der
Röstung nahekommt). Außerdem wird er meistens
soßiert und aromatisiert, also mit einer zuckerund aromenhaltigen Lösung getränkt und wieder
getrocknet. Eine Anleitung haben wir bereits in
einem früheren Newsletter bzw. im Wissenspool auf
unserer Website veröffentlicht. Für den Tabakanbau zuhause wird dem "Aging"-Prozess durch eine
kurze Fermentation entsprochen, die Blätter werden also "anfermentiert". Sie können dazu z.B. 5-
Orienttabak gedeiht am besten auf kargen, sandigen Böden, wächst nicht sehr hoch und bildet nur
kleine Blätter aus. Im Unterschied zum Virginia
oder Burley sind die Blätter umso besser, je
kleiner und fetter sie sind. Es ist eine Art
Kakteen-Effekt: je karger der Boden, desto kleiner werden die Blätter, desto stärker speichern
sie jedoch auch die Assimilate des pflanzlichen
Stoffwechsels. Allem voran den Energiespender
Nummer eins, die Zuckerstoffe. Sie werden auf der
ganzen Welt keine süßlicheren und aromatischeren
Tabake finden als etwa kleine Samsoun-Orientoder Orient-Xanthi-Blätter!
Die ebenfalls von unten nach oben vollreif geernteten Blätter werden 10 bis 20 Tage lang auf
Tabakgarn aufgefädelt getrocknet, bis sie eine
goldgelbe Tönung erhalten haben. Sie werden auch
in besonderer Weise weiterverarbeitet: Sie werden
"manipuliert", nicht fermentiert, gealtert oder
geröstet. Es ist im Prinzip auch eine leichte
Fermentation, indem die getrockneten Blätter
aufeinander gepresst ("verballt") und 1-2 Monate
gelagert werden. Die Lagertemperatur beträgt
dabei 20 bis 25°C, höhere Temperaturen würden der
Qualität schaden. Orientsorten werden übrigens
wegen ihres hohen Zuckergehalts niemals soßiert.
Die Orienttabake gehören zu den vielseitigsten
Tabaken überhaupt: sie bilden den Rohstoff für
die angenehm aromatischen, milden und süßlichen
Orientzigaretten und harmonisieren als Mischungsbestandteil den Rauchgeschmack, wobei sie durch
ihren hohen Gehalt an Zuckerstoffen und aromatischen Ölen auch den Abbrand verlangsamen.
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Virginiasorten brennen ohne Orientbeimischung in
der Regel viel zu schnell ab. Die besten Orientmischungen heißen "Türkische Mischung" und bestehen aus türkischen Orienttabaken (Samsoun) mit
griechischen Beimischungen (Xanthi). Die meisten
Orientzusätze in heutigen Tabakmischungen stammen
übrigens aus China, dem heute weltweit größten
Tabakanbauland.
Die schwarze Zigarette
Vor allem Zigarrenraucher greifen, wenn überhaupt
auf Zigaretten, auf schwarze zurück. Sie enthalten einen hohen Anteil an wenig zuckerhaltigem,
relativ schwerem Tabak und schmecken daher äußerst würzig und leicht alkalisch. Sie enthalten
dunkle Tabaksorten wie Geudertheimer, Kentucky
und Maryland, so stammt ein Teil der RothhändleMischung aus dunklen badischen Tabaken und solchen aus der Südpfalz, die französischen Gitanes
bestehen vorwiegend aus dunklen afrikanischen
Mischungen. Wenn Sie es selber versuchen möchten,
bauen Sie am besten dunkle Zigarrensorten an.
leichtes Papier, eine Virginiamischung benötigt
ein robustes, ebenfalls fettarmes Papier, während
schwarze Zigaretten fetthaltiges Papier benötigen, das nicht so schnell verglimmt.
Da derzeit aromatisierte Tabakblättchen als letzter Schrei kursieren, die u.a. aus Tabakpulver
gepresst und mit künstlichen Aromen versehen
wurden, noch folgender Tipp: Verwenden Sie keine
aromatisierten "Blunt Wraps", der gute eigene
Tabak ist einfach zu schade dafür.
Zusammenfassung
1. Zigarettenmischungen bestehen heute überwiegend aus Virginia, Burley, Orient und
Würztabaken. Den größten Anteil haben "American
Blend"-Tabake aus Virginia-Fülltabak, viel Burley
und etwas Orient (ca. 60:30:10). English Blends
haben einen stärkeren Anteil an verschiedenen
Virginia-Sorten, German Blends bestehen aus bis
zu 50% Orient. Lohnenswert sind außerdem traditionelle Türkische Mischungen (nur Orientsorten)
und schwarze Zigaretten (dunkle Tabake, Burley,
Kentucky).
Mild oder würzig?
Der heutige Zigarettengeschmack tendiert zu milden Sorten. Die logische Entwicklung wäre an
sich, wieder zur Orientzigarette zurück zu kehren, doch ist ist dieser Tabak heute viel zu
teuer. Wenn Sie milde Zigaretten haben möchten,
können Sie als Konsequenz den Orientanteil erhöhen und 20-50% statt nur 10% verwenden. Orient
Xanthi ist dabei sehr viel nikotinärmer als der
relativ kräftige Samsoun, ebenso ist VirginiaHelena ein nikotinarmer und milder, aber entsprechend weniger würziger Fülltabak als Virginia
Gold. Gleiches gilt für Burley-Jupiter im Vergleich mit dem kräftigeren Panama.
Wenn Sie Filterzigaretten selber herstellen möchten, sollten Sie jedoch die beträchtliche Wirkung
des Filters auf den Geschmack berücksichtigen: er
absorbiert auch Aromen, Tabake für Filterzigaretten sollten daher von vornherein etwas kräftiger
angelegt werden als Mischungen ohne Filter. Gleiches gilt auch für das Zigarettenpapier, das sich
auf den Rauchgeschmack auswirkt: Eine Orientmischung erfordert ein fettarmes, besonders
2. Virginia wird nur einige Wochen getrocknet und
entweder nur kurz fermentiert oder soßiert und
aromatisiert, damit ein möglichst hoher Zuckeranteil erhalten bleibt. Burley wird nach dem Trocknen und Anfermentieren oft geröstet, also kurzzeitig auf etwa 80°C erhitzt und anschließend
ggf. wieder angefeuchtet.
3. Orienttabake sind äußerst zuckerhaltig und
reich an aromatischen Ölen und Harzen, weshalb
sie niemals soßiert werden. Sie besitzen auch
eine sehr feine Blattstruktur, die nicht zerstört
werden soll: Die Blätter werden daher nur 10-20
Tage getrocknet und dann "manipuliert", also 1-2
Monate leicht gepresst gelagert. Orienttabake
sollten in keiner Zigarettenmischung fehlen: Sie
verlangsamen den zu schnellen Abbrand der
Virginiasorten und sorgen durch ihr Aroma für
einen milden, harmonischen Geschmack.
4. Auch Papier und Filter haben Einfluss auf den
Geschmack. Verwenden Sie keine aromatisierten
Blättchen ("Blunt Wraps"), sie stören den Eigengeschmack Ihres Tabaks nachhaltig.
VI. IMPRESSUM
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nach bestem Wissen erstellt und dienen Ihrer
Information. Wir übernehmen keine Verantwortung
für Schäden, die durch den Tabakanbau im Allgemeinen und durch Verwendung unserer Informationen
und Anleitungen im Speziellen entstehen. Wir weisen darauf hin, dass auch Rauchen des selbst
hergestellten Tabaks Ihre Gesundheit gefährdet.
Wenn Sie nicht darauf verzichten möchten, rauchen
Sie weniger und genießen Sie mehr!
Viel Spaß beim Tabakanbau wünscht
Ihr Tabakanbau.de-Team
17. März 2004.
Der Newsletter N° 18 erscheint im April 2004.
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