Temperatureffekte bei Def. v. LDPE

Transcription

Temperatureffekte bei Def. v. LDPE
Spannungsinduzierte
Temperatureffekte bei
Polyäthylen
Untersuchungen an
LDPE und LLDPE
mit der Infrarot-Kamera
34,0
33,5
33,0
32,5
32,0
31,5
31,0
30,5
30,0
29,5
29,0
28,5
700
40
600
30
500
400
20
x / [mm]
300
10
200
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0
0
Diplomarbeit
Elmar Vogt
t / [s]
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Spannungsinduzierte Temperatureffekte
bei Polyäthylen
Untersuchungen an LDPE und LLDPE
mit der Infrarot-Kamera
Diplomarbeit
von
Elmar Vogt
Universität Ulm
Abteilung Experimentelle Physik
1993
2
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
I´m a man of no convictions,
I´m a man who doesn´t know
How to sell his contradictionsYou come and go, you come and go...
(Culture Club: Karma Chameleon)
Titelbild: Dreidimensionale Darstellung des Neckprozesses bei LDPE. Nach links bzw. hinten
sind der Ort und die Zeit aufgetragen, nach oben die Temperatur. Deutlich sichtbar sind das
Entstehen des Necks aus der homogenen Erwärmung der Probe, und das Wandern des Necks
durch die Probe in Form eines ´Wärmegrates´. v0  10 mm min, T0  29. 6  C . (VIRB01K)
3
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Hiermit erkläre ich, daß ich die vorliegende Arbeit selbständig und nur mit den
angegebenen Mitteln angefertigt habe. Alle Stellen, die ich dem Wortlaut oder dem
Sinn nach anderen Werken entnommen habe, wurden von mir durch Angabe der Quelle
kenntlich gemacht.Ulm, im Oktober 1993
Elmar Vogt
-Die vorliegende Arbeit wurde in der Abteilung Experimentelle Physik an der
Universität Ulm in der Zeit von Oktober 1992 bis Oktober 1993 durchgeführt.Hauptberichter:
Berichter:
Betreuer:
Prof. Dr. Hanns-Georg Kilian
Prof. Dr. Rainer Kimmich
Dr. Joachim Koenen
4
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
INHALTSVERZEICHNIS
"Preface to Ninth Edition. Preface to Eighth Edition.
Preface to Sixth Edition. Preface to Third Edition.
Preface to First Edition. ..."
aus der Zusammenfassung des Inhalts eines
durch die CRC Press inc. veröffentlichten Buchs
Verwendete Formelzeichen, Variablen und Bezeichnungen 7
Einführung
8
1. Thermomechanik von Polymeren
1.1 Das van-der-Waals-Netzwerk
10
1.1.1 Energie- und entropieelastisches Verhalten 10
1.1.2 Adiabatische Verstreckung
1.1.3 Modell der Deformation semikristalliner Polymere
13
1.1.4 Verstreckungen semikristalliner Polymere
14
1.1.5 Zerstörung des Netzwerks durch Überdehnung
1.1.6 Wechselwirkung der Netzwerkketten
17
1.1.7 Korrekturterm: Erzeugung und Anregung
zusätzlicher Oszillatoren
1.2 Das spannungsaktivierte Netzwerk
19
1.2.1 Modellvorstellung
1.2.2 Festkörper- und Netzwerkanteil der Spannung
1.2.3 Der Neck als thermodynamische Konsequenz 21
1.2.4 Lösung der Wärmeleitungsgleichung für den
quasistationären Neck-Prozeß
9
12
15
18
19
20
23
1.3 Thermoelastische Inversion: Der Thomson-Effekt 25
1.4 Das Schermodell
28
1.4.1 Verstreckgrad und maximale Verstreckung 29
1.4.2 Grenzflächen in Abhängigkeit vom Verstreckgrad
1.4.3 Änderung der Oberflächenenergie
1.4.4 Korrektur der Spannungs-Dehnungskurve
30
31
31
5
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
2. Versuchsaufbau und -durchführung
33
2.1 Verstreckapparatur Zwick 1445
2.1.1 Temperierkammer
37
37
2.2 Infrarotkamera Inframetrics Mod. 525
2.3 Bildverarbeitungssystem Imaging Technology PFG +
2.3.1 Bildverarbeitungssoftware "IR/Lambda"
39
42
42
2.4 Probenmaterial und -präparation
2.4.1 Low-Density Polyäthylen: Lupolen 1840D
44
2.4.2 High-Density Polyäthylen: Lupolen 6011L
45
2.4.3 Linear Low-Density Polyäthylen: Tipelin BS501/FB472
44
46
3. Untersuchungen an LDPE u. LLDPE mit Hilfe der InfrarotKamera
3.1 Vorarbeiten
3.1.1 Kalibriermessungen der Infrarot-Kamera
47
48
48
3.1.2 Bestimmung der Koeffizienten für Emission, Transmission
und Reflexion im empfindlichen Spektralbereich der
Infrarot-Kamera für LDPE und HDPE
50
3.1.3 Messung des Wärmeübergangskoeffizienten von LDPE
60
3.1.4 Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität von LDPE
62
3.2 Verstreckkalorimetrische Messungen an LDPE
3.2.1 Überblick
64
64
3.2.2 Bestimmung von Temperaturstabilität und Genauigkeit der
IR-Kamera
65
3.2.3 Betrachtung der homogenen Verstreckung
67
3.2.4 Untersuchungen des Neck-Prozesses
82
3.3 Verstreckkalorimetrische Experimente an gefülltem LLDPE
91
3.4 Experimente zur Infrarotmikroskopie
96
4. Zusammenfassung
98
5. Anhang: Herleitung des Enthalpieanteils der Nominalspannung
101
Literatur
103
Thanks and Acknowledgements
107
6
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
VERWENDETE FORMELZEICHEN, VARIABLEN UND
BEZEICHNUNGEN
"Anyone who does not have a basic understanding of mathematics
is merely a sub-human creature that has been tought
not to make a mess in the house."
Robert A. Heinlein



:
proportional
ungefähr gleich
identisch
definierte Gleichheit
!

A
a
aca
acc
cp
geforderte Gleichheit
i.) Probenquerschnitt ii.) Wärmeerzeugungsrate
phänomenologischer Wechselwirkungsparameter d. van-der-WaalsTheorie
Oberflächen d. Kristall-amorph-Grenzen
Oberflächen d. Kristall-Kristall-Grenzen
spezifische Wärmekapazität
nc
n nc
Q0
q
Umrechnungskoeffizient d. mechanischen Arbeit
Differentialoperator
Parameter des Lennard-Jones-Potentials
i.) Extinktionskoeffizient ii.) Elastizitätsmodul
Yieldgrenze d. Kristallbereiche
Äußere Kraft auf d. Probe
Enthalpieanteil d. Kraft
Entropieanteil d. Kraft
Auf d. Anfangsprobenquerschnitt normierte Nominalspannung
i.) Gibbs´sche freie Enthalpie ii.) Netzwerkmodul
Strahlungsintensität
Länge (groß, da extensive Größe)
i.) Parameter f. d. Verbindung v. Füller u. Matrix ii.) Dichte d.
Lamellenblöcke
Molzahl d. kristallisierbaren Polymeranteils
Molzahl d. nicht-kristallisierbaren Polymeranteils
Wärmeerzeugung pro Volumen
Dichte d. (thermischen) Entropieanteils d. Innere Energie
r2
Quadrat d. mittleren End-zu-End-Abstands d. Netzwerkketten
r02
Quadrat d. mittleren End-zu-End-Abstands d. freien Ketten
cw
d
d
E
ey
F
FH
FS
f
G
I
L
n
T
T0
(Proben-)Temperatur
Umgebungstemperatur
7
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Tg
Glastemperatur
u
wp
Dichte d. Enthalpieanteils d. Inneren Energie
Volumenanteil d. kristallisierten Lamellen, vgl. w p
Neckgeschwindigkeit
Verstreckgeschwindigkeit (d. Spannbacken)
geleistete mechanische Arbeit je Masse
Volumenanteil d. kristallisierten Lamellen
xc
x nc
y
ym
Volumenanteil d. kristallisierbaren Polymeranteile
Volumenanteil d. nicht-kristallisierbaren Polymeranteile
Mindestgröße f. stabile CSMK´s
mittlere effektive Kettenlänge i. d. amorphen Bereichen
vf
vn
v0
w
yp
mittlere Lamellendicke

Param. f. d. Zusammenhang zw. effektiver Kettenlänge u.
Netzwerkstruktur
linearer thermischer Ausdehnungskoeffizient

 a , c Ausdehnungskoeffizienten d. amorphen bzw. kristallinen Bereiche

Kronecker-Symbol (Delta-Funktion)
i.) makroskopische Änderung ii.) Auflösungsgrenze


i.) Verzweigungsgrad d. Polymerketten ii.) Emissionskoeffizient
Oberflächenenergie d. Kristall-amorph-Grenzflächen
 ca
Oberflächenenergie d. Kristall-Kristall-Grenzflächen
 cc
 LJ Lennard-Jones-Festkörperpotential

Verstreckgrad
  ,   kritische Verstreckgrade
Verstreckgrad d. kristallinen Bereiche
c
Verstreckgrad d. amorphen Bereiche
i
maximaler Verstreckgrad d. amorphen Bereiche
m
 max Verstreckgrad, bei dem d. Lamelle-Filament-Umwandlung
abgeschlossen ist

Wärmeübergangskoeffizient
1 , 2 Parameter d. Lennard-Jones-Potentials
i.) Massendichte ii.) Reflexionskoeffizient


i.) Probenspannung ii.) Standardabweichung bzw. Abschätzung d.
Meßfehlers
Scher Anteil d. Schermodells an d. Nominalspannung

Transmissionskoeffizient

Kippwinkel d. Lamellenblöcke
8
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
EINFÜHRUNG
"Plots have I laid, inductions dangerous,
By drunken prophecies, libels, and dreams..."
W. Shakespeare: Richard III.
Seit jeher fasziniert den Menschen das Verhalten von Joghurtbechern, Plastiktüten und
Turnschuhsohlen. Dennoch gibt es trotz zahlreicher Ansätze [Moo 40, Pec 73, Sta 86]
bis heute noch keine allgemeine Theorie der Polymere, die in der Lage wäre, die Flut
der durch Verstreck-, Kalorimeter- und Röntgenmessungen, sowie eine Vielzahl von
aus anderen Experimenten gewonnenen Daten vollständig zu erklären. So bleibt die
Polymerphysik ein Feld intensiver Forschung, und das Polyäthylen dank seines denkbar
einfachen Aufbaus das Arbeitspferd darin.
Einer der vielversprechendsten Ansätze ist die Thermodynamik mit deren
experimenteller Methode, der Verstreckkalorimetrie. Gewöhnliche Kalorimetermessungen leiden jedoch an der hohen Apparateträgheit, die nur Messungen mit
relativ geringen Verstreckraten erlaubt und keine Informationen über die
Temperaturverteilung liefert. Aus diesem Grunde war es in einer vorangegangenen, mit
LDPE befaßten Arbeit [Bor 91] nicht möglich gewesen, das Necking-Phänomen zu
untersuchen. Die in der Domäne homogener Verstreckung gemessenen Daten warfen
gleichzeitig eine Vielzahl an Fragen zur Thermodynamik des Verstreckvorgangs auf.
Aufgabe dieser Diplomarbeit war es, mit Hilfe einer Infrarotkamera mit der Methode
der schnellen ortsaufgelösten Kalorimetrie die Untersuchung auf die Bereiche
heterogener Verstreckung auszuweiten und die o.a. Fragen weiterzuverfolgen.
Damit und mit Hilfe einer im Rahmen einer früheren Diplomarbeit [Sai 92]
angefertigten Temperierkammer war es möglich, verzweigtes ("Low Density")
Polyäthylen (LDPE) im Bereich zwischen Zimmertemperatur und Schmelzpunkt zu
untersuchen und dabei die Verstreckgeschwindigkeit über dreieinhalb Zehnerpotenzen
zu variieren. Die auf diese Art erhaltenen Ergebnisse sollten mit früheren Messungen
anderer Gruppen verglichen [Mah 80], sowie auf die van-der-Waals-Theorie der
Polymere [May 90] und die Theorie des spannungsaktivierten Netzwerks [Koe 91]
angewandt werden.
9
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
1. THERMOMECHANIK VON POLYMEREN
1.1. Das van-der-Waals-Netzwerk
"Sir Chiltern: Sie meinen also, daß das Problem Frau wissenschaftlich nicht zu bewältigen sei.
Mrs. Cheveley: Nie ist das Irrationale wissenschaftlich zu bewältigen.
Deshalb hat die Wissenschaft in dieser Welt keine Zukunft.
Sir Chiltern: Und Frauen repräsentieren das Irrationale?
Mrs. Cheveley: Gut gekleidete Frauen."
Oscar Wilde: Ein idealer Gatte
Verzweigtes Polyäthylen ist ein Musterbeispiel für ein semikristallines Polymersystem.
(Vgl. Fig. 1.1) Zur Beschreibung der Deformation solcher Systeme haben Kilian und
Mitarbeiter ein Modell entwickelt, das sog. van-der-Waals-Netzwerk [Bal 85, Bal 88,
Kil 79]. Ähnlich, wie das van-der-Waals-Gas eine Erweiterung des idealen Gasgesetzes
ist, indem es das Ko-Volumen der Gasmoleküle sowie die Wechselwirkungen zwischen
ihnen berücksichtigt, modifiziert das van-der-Waals-Netzwerk das Phantom-Netzwerk
aus Gaußketten so, daß endliche Kettenlängen und globale Wechselwirkungen
berücksichtigt werden. Dieses Modell erlaubt eine Vorhersage der SpannungsDehnungskurven und der thermodynamischen Effekte.
Fig. 1.1: Schematische Darstellung eines semikristallinen Polymers: Kristallamellen liegen in
einem Netzwerk amorpher Ketten eingebettet und
werden von diesen zusammengehalten. Aus
[Jen 72].
1.1.1. Energie- und entropieelastisches Verhalten
Bei der Verstreckung von Polymeren läßt sich mit Hilfe der Gibbs-Funktionen [Päs 75]
ein Zusammenhang zwischen beobachteten Kräften sowie Enthalpie- und
Entropieänderungen herstellen. Die Kalorimetrie kann bei Verstreckmessungen helfen,
die verschiedenen Anteile zu separieren.
10
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Während der vorliegenden uniaxialen Verstreckmessungen sind der Druck und die
äußere Temperatur konstant. Aus diesem Grund wählen wir das Koordinatensystem
(T , p, L) . Dann ist die freie Enthalpie G(T , p, L) die passende Gibbs-Funktion. Deren
Differential lautet:
d G  Sd T  V d p  Fd L
(Eq. 1.1)
Daraus folgen die Zustandsgleichungen:
FGGIJ
HL K
F
(Eq. 1.2)
FGI
G
HT JK
 S
(Eq. 1.3)
p,T
sowie:
p, L
Berücksichtigt man die Potentialeigenschaften, so ergibt sich:
FGS IJ
HLK

p,T
FGF IJ
HT K
(Eq. 1.4)
p, L
Stattdessen kann die Freie Enthalpie auch in Abhängigkeit von der Enthalpie dargestellt
werden:
G  H  TS
(Eq. 1.5)
Für die Ableitung folgt mit (Eq. 1.2):
F
FGH IJ
HL K
p,T
T
FGS IJ
HLK
(Eq. 1.6)
p,T
11
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
bzw. mit (Eq. 1.4):
F
FGH IJ
HL K
T
p,T
FGF IJ
HT K
(Eq. 1.7)
p, L
Wir können die Kraft also in zwei Terme aufspalten:
F  FH  FS
(Eq. 1.8)
mit den Termen
FH 
FGH IJ
HL K
FS  T 
bzw.
p,T
FGF IJ
HT K
p, L
Hierbei ist FH der sog. Enthalpie- oder Energieanteil der bei der Längenänderung
aufzuwendenden Kraft, FS ist jedoch deren Entropieanteil. Letzteres ist die in der
konventionellen Verstreckkalorimetrie gemessene Größe, denn es ist bei reversibler
Prozeßführung:
FS  T
FGS IJ
HLK
p,T

FGQ IJ
HL K
(Eq. 1.9)
p,T
Da die Verstreckapparatur unabhängig davon außerdem noch F mißt, kann aus dem
Experiment auch FH bestimmt und so eine vollständige Energiebilanz aufgestellt
werden.
1.1.2.
Adiabatische Verstreckung
Kalorimetrische Experimente werden i.a. isotherm durchgeführt, d.h. bei konstant
gehaltener Probentemperatur. In diesem Fall hängt FS gerade mit der bei konstantem
Druck mit der Umgebung ausgetauschte Wärme Q , also unsere Meßgröße zusammen.
Die Experimente mit der Infrarot-Kamera werden jedoch quasi-adiabatisch
durchgeführt (indem ein etwaiger Wärmeaustausch mit der Umgebung durch Rückrechnung neutralisiert wird; dQ  0 ). Wir messen nicht die an die Umgebung
abgeführte Wärme, sondern über die Temperaturänderung die Wärmeänderung in der
Probe selbst.
12
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Da wir also die Erzeugung Innerer Energie betrachten, wird im weiteren ihr
entropieelastischer Anteil mit Q , der enthalpieelastische Anteil jedoch mit U
bezeichnet. Letzterer führt ähnlich wie eine ´latente Wärme´ zu keiner Temperaturänderung während der Verstreckung. Q  0 bedeutet in unserer Vorzeichenkonvention eine Erhöhung der Probentemperatur:
d W  d Uadiab .  d U + d Q
(Eq. 1.10)
1.1.3. Modell der Deformation semikristalliner Polymere
Wie die elektronenmikroskopische Aufnahme (Fig. 1.2) zeigt, besteht LDPE aus Lamellenclustern. Diese sind Stapel kleiner geschichteter Kristallitscheiben, sogenannter CSequenz-Mischkristalle (CSMK´s), die in einem Netzwerk aus amorphen PE-Ketten
´schwimmen´, wobei sowohl die Größe der einzelnen Lamellen, wie auch die der
amorphen Bereiche innerhalb einer Probe stark variieren kann.
Fig. 1.2: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen von LDPE. Links: unverstreckt; rechts:
verstreckt,   2. 2 . Bildausschnitt ca. 60 µm x 40 µm, Ätzung mit Kaliumpermanganat,
Aufnahmen invertiert. Aus [Kne 93].
C-Sequenz-Mischkristalle [Con 92, Hol 90] enthalten dabei an ihren Rändern außerdem
einen unscharfen Übergang zu den amorphen Gebieten, in dem die Ketten noch eine
überdurchschnittlich hohe Orientierung besitzen. In den amorphen Bereichen sind alle
nicht kristallisierfähigen Einheiten (sehr kurze C-Sequenzen, Kettenenden,
Verzweigungen, Baufehler, Verunreinigungen...) versammelt, die aus den CSMK´s
herausgedrängt wurden.
13
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Die Molzahlen der kristallisierfähigen und nicht-kristallisierfähigen Einheiten seien n c
bzw. n nc . Der Grundmolenbruch (d.h. der Volumenanteil) der nicht kristallisierbaren
!
Anteile beträgt dann mit der Normierung x nc  x c  1:
x nc 
n nc
n c  n nc
(Eq. 1.11)
Entsprechend errechnet sich x c , der Volumenanteil der kristallisierfähigen Einheiten,
also der Lamellen.
Die Thermodynamik eutektoider Copolymere [Kel 77] erlaubt nun eine Abschätzung
der Dicke y der CSMK´s, in CH 2 -Einheiten. Unterhalb einer bestimmten,
temperaturabhängigen Minimalgröße y (T ) sind CSMK´s der Dicken y  y (T ) nicht
stabil und müssen deshalb aufschmelzen. (Diese Minimalgröße hängt gleichzeitig mit
der mittleren C-Sequenz-Länge, d.h. dem mittleren Abstand zwischen zwei nicht
kristallisierbaren Fehlern x c x nc in der Polymerkette zusammen.)
Für die mittlere Schichtdicke der CSMK´s gilt demzufolge:
y p (T ) 
xc
 y (T )
x nc
(Eq. 1.12)
und für den Volumenanteil der kristallisierten C-Sequenzen:
y(T )1
wp  xc
b
 y (T )x nc  x c
Die wichtigen Parameter
g
y p (T )
(Eq. 1.13)
und w p können damit mit der kritischen C-
Sequenzlänge y (T ) in Verbindung gebracht werden.
1.1.4.
Verstreckungen semikristalliner Polymere
Für Verstreckungen gehen wir nun dem Ansatz von Bueche [Bue 60] folgend davon
aus, daß die Lamellen als starre Füllerteilchen nicht an der Deformation teilnehmen.
Das ist aufgrund ihres im Vergleich zur amorphen Matrix wesentlich höheren E-Moduls
sicher gerechtfertigt.
Man kann zeigen, daß dann für die Dehnung der amorphen Bereiche  i gilt:
14
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
i 
  v 1f n
(Eq. 1.14)
1n
1 v f
Hierbei ist  die makroskopische Dehnung der Probe, und v f der Volumenanteil des
Füllers (d.h. der Kristallamellen).
Mit Hilfe des Parameters n kann dabei berücksichtigt werden, in welcher Form die
Verbindung zwischen Matrix und Füller hergestellt wird: Für n  1 sind beide als
unendlich ausgedehnte Blätter in Reihe hintereinander gestapelt (Compound), für n  3
ist der Füller eine starr in die Matrix eingebettete Kugel. Für die weiteren Rechnungen
gehen wir von n  3 aus.
1.1.5.
Zerstörung des Netzwerks durch Überdehnung
Dieses Modell verliert seine Gültigkeit leider bereits bei relativ geringen Dehnungen.
Die Ursache dafür ist, daß bei größeren Deformationen die Füllerteilchen plastisch
deformiert, mitgeführt und umgeordnet werden (vgl. Lamellen-Filament-Umordnung).
Eine Theorie von Kilian und Mitarbeitern [End 85, Kil 87, Kil 88] trägt dem Rechnung,
indem v f durch einen vom Verstreckgrad abhängigen Fülleranteil v f ersetzt wird:
v f (  ) 
vf
(Eq. 1.15)

Für die Dehnung der amorphen Bereiche ergibt sich damit:
Fv I
G J
H K
 
Fv I
1 G J
H K
1n
f
i
1n
(Eq. 1.16)
f
Das bedeutet, daß das Netzwerk mit zunehmender Verstreckung mehr und mehr zerstört
wird. Der Kristallanteil geht ständig zurück, während die überproportional starke
Dehnung der amorphen Bereiche, die bei kleinen Verstreckgraden noch die Hauptlast
tragen, abnimmt, bis im Grenzfall für große Verstreckungen v f  0 und i   gilt.
Das ist in Übereinstimmung mit elektronenmikroskopischen Aufnahmen, die Hinweise
für die Entstehung immer länger werdender, fibrillärer Strukturen mit zunehmender
15
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Verstreckung liefern (Fig. 1.2, rechts). Dies bedeutet, daß eine Zerstörung (oder
zumindest Umwandlung) der Kristallfüller stattfinden muß, wodurch wiederum die
effektive Kettenlänge in den amorphen Bereichen steigt. Hierfür gilt die Beziehung:
y m (  )   y p (T ) 
1 u
u
(Eq. 1.17)
Wir haben hierbei Gebrauch von der häufig verwendeten Abkürzung:
d i
u: w p 
1
3
(Eq. 1.18)
gemacht. y m (  ) ist nunmehr die mittlere effektive Kettenlänge in den amorphen
Bereichen, und y p (  ) die mittlere effektive Kettenlänge in den Kristalliten (d.h. die
Kristallitdicke).  ist ein Parameter, der festlegt, wie sich die effektive Kettenlänge aus
der Struktur des Netzwerks berechnet.
In Analogie zur Gauß-Kette, für die der mittlere End-zu-End-Abstand der Ketten gleich
der Wurzel der gesamten Kettenlänge ist, kann man auch für das van-der-WaalsNetzwerk annehmen, die ´entspannten´ Ketten seien gerade so konfiguriert, daß ihr
End-zu-End-Abstand gleich der Wurzel der Gesamtlänge ist. Anders als beim
Phantomnetzwerk ist diese Verstreckung gleichzeitig die maximal erreichbare, jenseits
derer es zum Kettenriß kommt. Dafür gilt entsprechend:
m 
y m (T )
(Eq. 1.19)
Dies ist der erste phänomenologische Parameter, den wir zur Beschreibung des van-derWaals-Netzwerks einführen müssen. Er entspricht formal dem Kovolumen der
Moleküle (endliche Kompressibilität  endliche Verstreckbarkeit) im van-der-WaalsGas.
16
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
1.1.6.
Wechselwirkung der Netzwerkketten
Der zweite phänomenologische Parameter a berücksichtigt die Wechselwirkung der
Netzwerkketten untereinander, die einander sich nicht mehr wie beim Gauß-Netzwerk
ungehindert durchdringen können.
Kilian und Mitarbeiter fanden [Kil 81, Kil 84, Vil 84] damit als Spannungs-DehnungsGesetz:
f
LM
N
RT
1
 D(  i ) 
 a ( i )
2
1 
M u m
O
PQ
(Eq. 1.20)
Man beachte, daß f hierbei wiederum die auf den Anfangsquerschnitt der Probe
normierte Nominalspannung ist.
Es bedeuten weiter(  i ) 
LM
N
O
PQ
1 2 2
 i   3 ,
2
i
(Eq. 1.21)
D(i )  ( i )  i ,
(Eq. 1.22)
  ( i ) (  m ) .
(Eq. 1.23)
M u ist hierbei die Molmasse, die für Polyäthylen gleich der Masse einer CH 2 -Gruppe,
der kleinsten verstreckinvarianten Einheit, gesetzt wird.
Die Vorfaktoren werden üblicherweise zum Netzwerkmodul zusammengefaßt:
G
RT
M u 2i
(Eq. 1.24)
(Eq. 1.20) beschreibt das Netzwerk als rein entropiebestimmtes System, m.a.W., es
bezieht seine der Verstreckung entgegengesetzte Kraft aus dem Bestreben der amorphen
Bereiche, wieder in die für sie entropisch günstigste Konfiguration zurückzukehren. Das
Auftreten des Thomson-Effekts (Vgl. Abschnitt 1.3) und die Tatsache, daß die
verschiedenen Rotationsisomeren der Kettenkonformationen nicht isoenergetisch sind
(die Verstreckung erzwingt eine höhere Besetzung der energetisch tiefer liegenden
17
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
trans-Konformationen), erfordern jedoch die Berücksichtigung energieelastischer
Terme, insbesondere bei kleinen Verstreckgraden.
Flory führte als einfachste Korrektur einen ´Memory-Term´ ein [Flo 56]. Dieser führt zu
einer geringfügigen Änderung des Netzwerkmoduls, nämlich:
2
r
RT
G

M u 2m r02
Dabei sind
r2
(Eq. 1.25)
bzw.
r02
die Quadrate der mittleren End-zu-End-Abstände der
Netzwerk- bzw. der freien Ketten.
Der Memory-Term wird i.a. bei der Berechnung der Spannungs-Dehnungskurven
vernachlässigt, er muß allerdings zur Erklärung von thermischen Effekten
berücksichtigt werden.
1.1.7.
Korrekturterm: Erzeugung und Anregung zusätzlicher
Oszillatoren
Problematisch an dem obigen Ansatz ist, daß er die beobachteten SpannungsDehnungskurven nur bei mittleren und hohen Verstreckgraden gut beschreibt. Zudem
bleibt die Geschwindigkeitsabhängigkeit der für die Verstreckung notwendigen
Spannung in dieser Formulierung ebenfalls unberücksichtigt.
Ein von Borst [Bor 91] eingeführter Zusatzterm zu (Eq. 1.20), der nach einer auf
Koenen [Koe 86] zurückgehenden Idee lokale Oszillatoren berücksichtigen sollte, die
bei der Bildung fibrillärer Strukturen zu Beginn des Verstreckvorgangs entstehen und
durch ihre Anregung Energie aufnehmen würden, lautete:
F1 I
Ge J
fZ  w pE  eH K
c
y
(Eq. 1.26)
Dabei war E ein Anpaßparameter,  c der mittlere Dehngrad der Kristalle und ey deren
Yieldgrenze. Dieser Zusatzterm war jedoch auch nicht in der Lage, die Diskrepanzen
zwischen Messung und Standard-Theorie zu erklären.
18
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
1.2. Das spannungsaktivierte Netzwerk
"Pi´s Gesicht war von einer Maske bedeckt, weil, wie jedermann wußte,
kein Mensch je den Anblick dieses Gesichts überleben würde.
Aber hinter den Schlitzen der Maske konnte man die Augen erkennen:
durchdringend, unerbittlich, kalt und rätselhaft."
Bertrand Russell
Zur Beschreibung polymerer Gläser, d.h. amorpher Polymere im Glasübergangsbereich,
wurde das Modell des spannungsaktivierten Netzwerks entwickelt [Koe 86, Koe 91]. Es
erklärt quantitativ das Auftreten eines ´Necks´, d.h. eines -bei höheren Verstreckraten
auch bei LDPE zu beobachtenden- lokalisierten Phasenübergangs, der die gesamte
Probe durchläuft.
1.2.1.
Modellvorstellung
In der Schmelze können wir uns ein amorphes Polymer ähnlich wie ein semikristallines,
nur ohne dessen Kristallanteile, vorstellen: Die Ketten bilden ein Gauß-Netzwerk, sind
mehr oder weniger frei beweglich und nur durch ´Entanglements´, d.h. Vernetzungen
und Verhakungen untereinander, in ihrer Bewegung gehindert.
Der große Unterschied ist, daß polymere Gläser i.a. unterhalb ihrer Glastemperatur
beobachtet werden, was zu einem wesentlich höheren E-Modul als bei semikristallinen
Polymeren führt. Der Grund dafür liegt darin, daß die Netzwerkketten durch die zu
rasche Abkühlung bei der Probenpräparation weder auskristallisieren noch in wirkliche
Gleichgewichtspositionen wandern konnten. Stattdessen wurden sie in ihren
augenblicklichen Positionen (i.a. in möglichen Nebenminima des Potentials)
eingefroren, aus denen sie sich nur herausbewegen können, wenn sie von außen (d.h.
durch mechanische Spannung) angeregt (aktiviert) werden.
Die Lage ist dann vergleichbar einer ´Kugel auf dem Waschbrett´ (Fig. 1.3), die sich,
einmal über die durchschnittlichen Erhebungen des Umgebungspotentials hinaus
´angestoßen´, relativ frei bewegen kann. Allerdings muß man berücksichtigen, daß das
einzelne Segment immer noch durch seine Kettennachbarn bzw. andere Ketten in der
Nähe in seiner Bewegung gehemmt wird.
19
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Fig. 1.3: Modell des spannungsaktivierten Netzwerks:
Ein Kettensegment sitzt in
seiner Potentialmulde fest, bis
es eine gewisse Aktivierungsenergie (mechanisch oder
thermisch; gestrichelte Linie)
erhält. Einmal angeregt kann
es sich wie in der Schmelze
über die meisten der Potentialhügel bewegen, gebremst
nur durch benachbarte Kettensegmente, die der Bewegung u.U. nicht zu folgen
vermögen.
1.2.2.
Festkörper- und Netzwerkanteil der Spannung
Die Spannung fG , die das polymere Glas einer Verstreckung entgegensetzt, besteht aus
zwei Anteilen: Einmal einem enthalpischen Festkörperterm fE , der durch das
Festkörperpotential gegeben ist, zum anderen durch einen entropischen Netzwerkterm
fS , wobei das Deformationspotential für den quasistatischen, homogenen und
isothermen Dehnungsprozeß proportional zur ersten Invarianten der uniaxialen
Dehnung angesetzt wird.
Für ein Festkörperpotential
angenommen [Len 74]:
 LJ ( r)   0
wird
üblicherweise
LFGd IJ  FGd IJ O
M
P
M
NHr K Hr K PQ
0
1
0
ein
Lennard-Jones-Potential
2
(Eq. 1.27)
(Übliche Parametersätze sind z.B. 1  8... 12 , 2  6 und d0  0. 2 nm ... 0. 5 nm für
Gase.)
Daraus ergibt sich für den Enthalpieanteil der Nominalspannung (vgl. Anhang):
fE 
0  
1 2

LM1  1O
N PQ

(Eq. 1.28)
Für den Entropieanteil erhält man einfach:
20
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
FG
H
IJ
 K
1
fS  G   
(Eq. 1.29)
2
G ist hierbei wieder der Netzwerkmodul aus (Eq. 1.24).
Wir bekommen also als Kraftgesetz:
f f E fS 
0  
2  2


LM1  1O
F  1 IJ
 G G
P
N Q H  K

(Eq. 1.30)
2
80
f/[arb.un.]
60
40
fE
fS
20
0
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0

Fig. 1.4: Anteile des Festkörper- (durchgezogen) und des Netzwerkterms (gestrichelt) an der
Nominalspannung des spannungsaktivierten Netzwerks. (Schema)
1.2.3.
Der Neck als thermodynamische Konsequenz
Betrachtet man die so aus Festkörper- und Netzwerkterm zusammengesetzte Spannung,
aufgetragen über dem Verstreckgrad (Fig. 1.5), so stellt man fest, daß die Spannung ein
Maximum erreicht, und danach abfällt, um erst nach einiger Zeit erneut anzusteigen.
Ein solches Verhalten ist klarerweise mechanisch instabil und darf deshalb nicht
vorkommen. In Analogie zum van-der-Waals-Gas muß sich nun ein Phasenübergang
ereignen [Ger 86]: Ab einer bestimmten kritischen Verstreckung   bleibt die Kraft bei
weiter zunehmender Dehnung konstant, bis ein zweiter kritischer Punkt   erreicht ist.
21
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Während dieses Abschnitts gibt es zwei räumlich voneinander getrennte Bereiche, in
denen die jeweilige Verstreckung   bzw.   ist, wobei die Phase mit   ständig an
Raum gewinnt, bis sie die ganze Probe erfüllt. Erst danach kommt es wieder zu einem
Anstieg der Kraft. Solange der Phasenübergang stattfindet, durchläuft die Phasengrenze
in Form eines Necks die Probe, an dem gleichzeitig die latente Wärme dieses
Phasenübergangs frei wird.
80
f/[arb.un.]
60
40
20
́´
́
0
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0

Fig. 1.5: Spannungs-Dehnungskurve des spannungsaktivierten Netzwerks. Durchgezogene
Kurve: Addition von Festkörper- und Netzwerkterm. Zwischen   und   folgt der Spannungsverlauf der horizontalen Geraden, die oben und unten zwei gleichgroße Flächen aus dem Diagramm ausschneidet.
Die kritischen Punkte   und   lassen sich hierbei durch die Maxwell-Konstruktion
[Ber 70] berechnen: Die horizontale Linie konstanter Spannung, die an diesen Punkten
beginnt und endet, muß aus dem Spannungsdehnungsdiagramm zwei gleich große
Flächen herausschneiden.
Diese Vorgänge erklären die beobachteten Spannungs-Dehnungskurven ziemlich genau
bis auf einen kleinen Überschwinger der Kraft bei   , der dadurch zustande kommt, daß
die neue Phase erst nukleiert werden muß.
1.2.4.
Lösung der Wärmeleitungsgleichung für den quasistationären Neck-Prozeß
22
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Die latente Wärme, die während des Neck-Prozesses freigesetzt wird, entsteht im
wesentlichen aus der Orientierungsentropie des Netzwerks: Durch den sprunghaften
Übergang zu einem wesentlich höheren Verstreckgrad verlieren die Ketten Entropie,
wodurch sie die Wärme Q0 pro Volumen abgeben müssen. Man hat in diesem Fall eine
Wärmequelle, die sich mit der Geschwindigkeit des Necks durch die Probe bewegt.
Der allgemeine Ansatz der Wärmeleitungsgleichung lautet [Car 59]:
2
1 
A 
T

T


 T
 t
K 
x 2
(Eq. 1.31)
Es bedeuten dabei:
T : Temperatur
A : Wärmeerzeugungsrate
K: Wärmeleitfähigkeit
H : Wärmeübergangswert
F: Probenquerschnitt
U : Umfang der Probe
: Probendichte
c: spezifische Wärmekapazität
af
 :  K c
: 
UH
cF
Die linke Seite der Gleichung steht dabei für die Wärmediffusion innerhalb der Probe,
die rechte für die Erzeugung (  A K ) bzw. die Abgabe (   T ) von Wärme.
Der Neck stellt idealerweise eine punktförmige Wärmequelle dar, die mit der
Neckgeschwindigkeit v n (nicht notwendigerweise gleich der Verstreckgeschwindigkeit)
durch die Probe wandert, d.h. für die Wärmequelle A aus (Eq. 1.31) gilt:
A ( x , t )  Q0( x  v nt )
(Eq. 1.32)
Die Lösung von (Eq. 1.31) für einen in Raum und Zeit punktförmigen Wärmepuls (d.h.
die Green´sche Funktion) lautet:
T (x , t) 

1
e
t
x2
 t
4 t
(Eq. 1.33)
23
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Die allgemeine Lösung für die durch die Probe wandernde Wärmequelle bekommt man,
dank der Linearität der Differentialgleichung [Koe 91] durch Aufsummation der vielen
nacheinander in der Probe entstehenden Wärmen:
bx v tg
2


Q v 
1
T (x , t)  0 n
 (t  t  )  e (t t ) 
 e 4(t t ) d t 
2  K 
t  t
z
n
(Eq. 1.34)
 ist hierbei die Sprungfunktion.
Die Zeitabhängigkeit des Problems kann dadurch eliminiert werden, daß man eine
Koordinatentransformation x  x   x  v nt ausführt, wodurch der Neck quasistatisch
betrachtet wird. (Beobachtung im mitgeführten Bezugssystem mit Neck im Ursprung.)
Das einzige Problem, das jetzt noch zu lösen ist, besteht darin, daß die Probenteile, die
noch nicht geneckt haben, einen geringeren Verstreckgrad besitzen, als jene, die das
Necking bereits durchlaufen haben. Durch diese quasi-instantane Streckung wird
Wärme konvektiv in ´hintere´ Bereiche der Probe abgeführt. Das kann durch eine
zweite Koordinatentransformation für die hinter dem Neck liegenden Teile korrigiert
werden:
x   x  
RSx    
T x
x  0
x  0
(Eq. 1.35)
24
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
1.3. Thermoelastische Inversion: Der Thomson-Effekt
"Es ist die Tragödie der Naturwissenschaften,
daß schöne Theorien durch häßliche Tatsachen ermordet werden."
Thomas Henry Huxley
Bei kleinen Verstreckgraden (d.h. noch im elastischen Bereich) wird an Polymerproben
eine geringe Abkühlung festgestellt, deren Ursache in einer Entropieerhöhung (und
darum
Temperatursenkung)
liegt,
die
ihrerseits
mit
dem
linearen
Ausdehnungskoeffizienten  verknüpft ist.
Der Thomson-Effekt wurde erstmalig als Joule-Thomson-Effekt bei der adiabatischen
Expansion von Gasen gemessen [Ber 70]. Ideale Gase entspannen sich dabei ohne
Temperaturänderung, doch van-der-Waals-Gase müssen bei der Expansion gegen innere
Kohäsionskräfte Arbeit verrichten, was zu einer Abkühlung führt [Pit].
Bei Festkörpern kann analog dazu ein ähnlicher Effekt beobachtet werden, dessen
Auftreten jedoch damit erklärt wird, daß durch das Verstrecken der Probe auch die
mikroskopischen Potentialminima, in denen die Kettenglieder sitzen, ´aufgebogen´
werden. Dadurch können quantenmechanisch betrachtet mehr Zustände in ihnen Platz
finden, was zu einer plötzlichen Entropieerhöhung führt. Praktisch werden so neue
Freiheitsgrade erzeugt, auf die im Moment ihrer Entstehung noch keine thermische
Energie entfällt. (Fig. 1.6) Um auf die gleiche Temperatur wie die ´alten´ Freiheitsgrade
zu kommen, müssen sie von diesen Wärme erhalten, so daß eine generelle Abkühlung
eintritt.
Alternativ dazu kann man argumentieren, daß eine Erwärmung der Probe zu ihrer
Ausdehnung führt. Ebenso muß dann umgekehrt eine (durch Verstreckung erzwungene)
Ausdehnung zur Wärmeaufnahme aus der Umgebung, also einer Abkühlung führen. 1
So oder so hängt jedoch beide male die Wärmeaufnahme mit dem linearen
Ausdehnungskoeffizienten zusammen.
1Man
könnte gegen diese Argumentation einwenden, daß in aller Regel angenommen wird, eine uniaxiale
Verstreckung finde unter Volumenkonstanz statt. Die betrachteten relativen Volumenänderungen bei der
thermischen Längenausdehnung liegen jedoch nur bei ca. 10-4, d.h. auch im Bereich der Abweichungen
der o.a. Idealisierung.
25
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
x
x
U0
U0
Fig. 1.6: Erläuterung des Thomson-Effekts: Das Aufbiegen der Potentialparabel ermöglicht
mehr Zustände mit Energien unter U0 . Dadurch erfolgt ein Absinken der mittleren Energie der
Teilchen, d.h. eine Abkühlung.
Mit (Eq. 1.5) und der Bedingung für adiabatische Vorgänge:
Q  Td S
(Eq. 1.36)
erhält man:
FGFIJ  FGl IJ
Hl K HT K
FGQ IJ
Hl K
 T
d Q  T
FGl IJ
HT K
p,T
p,T
(Eq. 1.37)
p, F
bzw.:
(Eq.1.38)
dF
p, F
Für nicht allzugroße Temperaturdifferenzen kann die Längenänderung proportional zur
Temperaturänderung angenommen werden:
b
g
l(T )  l(T0 )  1  (T  T0 )
(Eq. 1.39)
26
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
und man erhält für den linearen Ausdehnungskoeffizienten:

1 dQ

l0T d F
(Eq. 1.40)
Möglicherweise führt bei Polymeren nicht die Aufweitung der Potentialmulden zur
Abkühlung, sondern in gewissem Grad die Erzeugung von Entropie durch Herausziehen
von Kettensegmenten aus den Lamellen, wodurch sich die mittlere Kettenlänge erhöht
und für die einzelnen Ketten eine größere Zahl äquivalenter Konfigurationen zur
Verfügung steht. Jeder andere Mechanismus zur Defekterzeugung hätte denselben
Effekt.
Der Thomson-Effekt ist (bei Polymeren) nur bei sehr kleinen Verstreckgraden zu
beobachten, obwohl er natürlich immer stattfindet. Jenseits des elastischen Bereichs
wird er jedoch durch plastische Verformung, Schmelzen und Rekristallisation, etc.,
rasch überdeckt.
27
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
1.4. Das Schermodell
"Und ich verlegte mich darauf,
Weisheit und Wissen zu erkennen, Torheit und Narrheit.
Ich mußte erkennen: Auch dies ist ein Jagen nach dem Wind.
Denn bei viel Weisheit ist viel Verdruß, und wer Erkenntnis mehrt,
mehrt Kummer."
Prediger, 1:17-18
Bei der Auswertung der Spannungs-Dehnungskurven treten Diskrepanzen zwischen der
Messung
und
den
Vorhersagen
des
van-der-Waals-Modells
auf.
Elektronenmikroskopische Aufnahmen [Kne 93] (Fig. 1.2) legen nahe, daß gleichzeitig
eine Lamellen-Filament-Umwandlung stattfindet. Verbindet man diese Umwandlung
mit einer Oberflächenenergie an der Grenze zwischen kristallinen und amorphen
Bereichen, so erhält man einen Korrekturterm.
Bilder aus dem Transmissions-Elektronenmikroskop belegen, daß sich bei mittleren
Verstreckgraden eine Umordnung der Lamellen-Kristallite zu Filamentstrukturen
ereignet, die etwa bei   2 abgeschlossen ist. Röntgenstrukturanalysen [Wil 81]
bestätigen dies und führen darüberhinaus zu der Vermutung, daß solche Umwandlungen
durch Scherprozesse stattfinden
Im Verlauf dieses Schervorgangs werden Kristallin-kristallin-Grenzflächen zwischen
den Lamellenblöcken vernichtet und Kristallin-amorph-Grenzflächen erzeugt.
Im Modell nehmen wir an, die Lamelle bestehe aus einer Kette tetragonaler Kristallite
mit quadratischem Querschnitt. Die Länge eines Quaders in Lamellenrichtung betrage
l , lateral dazu in beiden Richtungen d . (Fig. 1.7)
d
d
Fig. 1.7: Aufbau eines ModellLamellenstapels.
Schraffiert:
Grenzflächen, die im Verlauf des
Schervorgangs von
Kristallkristallin- zu Kristall-amorphGrenzflächen
umgewandelt
werden.
l
Berücksichtigt werden soll nur die schraffiert
dargestellte Fläche, die im Verlauf der Scherung von
28
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
einer
Kristallin-kristallin-Grenzfläche
zu
einer
Kristall-amorph-Grenzfläche
umgewandelt wird.
Verstreckrichtung
Fig. 1.8: Verkippung
eines Lamellenstapels
(schematisch).
Eine Seitenansicht in dem Koordinatensystem, das während der Scherung so mitgedreht
wird, daß sich die Orientierung (nicht die Lage) der Kristallitblöcke zu den
Koordinatenachsen während der Verstreckung nicht ändert (Fig. 1.9), liefert einige
einfache geometrische Beziehungen:
Fig. 1.9: Verkippung im gedrehten Koordinatensystem.
Dunkel schraffiert: Kristallinamorph Grenzflächen aca; hell
schraffiert: Kristallin-kristallinGrenzflächen acc .
1.4.1.
Verstreckgrad  und maximale Verstreckung
 ist definiert über:
: l l
(Eq. 1.41)
Wir lesen sofort den Zusammenhang zwischen Kippwinkel  und Verstreckung  ab:
l  l  1  tan 2 ( )

  1  tan 2 ( )
(Eq. 1.42)
Der maximale Verstreckgrad, bei dem der Scherprozeß abbrechen muß, ist erreicht,
wenn gilt:
29
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
tan ( )  d l
(Eq. 1.43)
d.h. mit (Eq. 1.42):
 max 
Fd I
1 G J
Hl K
2
(Eq. 1.44)
Das steht in guter Übereinstimmung mit dem Experiment. Nimmt man an, daß d  2l
gilt, folgt  max  5  2. 2 . Bis dahin ist die Lamellen-Filament-Umwandlung
tatsächlich abgeschlossen.
1.4.2.
Grenzflächen in Abhängigkeit vom Verstreckgrad
Für die (stark gestörten) Kristallin-kristallin-Grenzflächen acc und die Kristallinamorph-Grenzflächen aca des einzelnen Kristallitblocks gilt in Abhängigkeit von der
Verkippung:
acc  2d 2  2ld  tan ( );
aca  2ld  tan ( )
(Eq. 1.45)
Mit (Eq. 1.41) erhalten wir für die Abhängigkeit von  :
acc  2d 2  2ld  2  1
aca  2ld    1
(Eq. 1.46)
2
für    max .
30
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
1.4.3.
Änderung der Oberflächenenergie
Die Änderung der einzelnen Kristallitoberflächenanteile beträgt:
d acc

 2ld 
2
d
 1
d aca
da
  cc
d
d
(Eq. 1.47)
Es seien nun  cc und  ca die Oberflächenenergien für die Kristallin-kristallin- bzw.
Kristallin-amorph-Oberflächen. Dann gilt für die Kraft, die aus der Änderung der
Oberflächenenergie in Abhängigkeit von  resultiert:
f
dq

 2ld (  ca   cc ) 
d
2  1
 q0 
1.4.4.

 1
2
(Eq. 1.48)
& q0 :  2ld (  ca   cc )
Korrektur der Spannungs-Dehnungskurve
Bislang galten in diesem Abschnitt alle Berechnungen für einen einzigen
mikroskopischen Kristalliten. f (  ) war die Kraft, die benötigt wurde, um zwei
Kristallite gegeneinander abzuscheren.
Der Kristallanteil im Polymer betrage w p . Dann ist die Dichte der Lamellenblöcke
gerade:
n
wp
ld 2
(Eq. 1.49)
Für die Spannung gilt: Spannung = Kraft/Fläche = Arbeit/Volumen. Daraus folgt:
  n  f ()
(Eq. 1.50)
Es sei : ca  cc der Unterschied zwischen den beiden Oberflächenenergien. Damit
und mit der Identität d  y p ist der Scheranteil der Nominalspannung:
31
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
 Scher  2
wp
yp

 
(Eq. 1.51)
 1
2
Unter der Annahme, daß Scher gerade der Unterschied zwischen gemessener und aus
der van-der-Waals-Theorie erwarteter
Oberflächenenergie leicht berechnen:
   Scher
yp
wp
Nominalspannung
2  1
2

ist,
kann
man
die
(Eq. 1.52)
bzw., falls diese Differenz unabhängig von  ist:
   Scher 0 
yp
(Eq. 1.53)
wp
5
aca
4
f
Fig. 1.10: Änderung der
Kristall-amorph-Oberflächen (gestrichelt) und
Verlauf der aus der
Oberflächenenergie
resultierenden
Kraft
(durchgezogen).
arb.un.
3
2
1
0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0

32
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
2. VERSUCHSAUFBAU UND -DURCHFÜHRUNG
"If of the many truths you select one and follow it blindly,
it will become falsehood and you will become a fanatic."
Damon Hastings
Verstreckkalorimetrie mit der Infrarotkamera bietet gegenüber koventionellen
Kalorimetern zwei wesentliche Vorteile: Zum einen liegt die Zeitkonstante der Kamera
im Zehntelsekundenbereich, zum anderen können durch die Ortsauflösung des
bildgebenden Systems homogene und heterogene Anteile der Wärmeentwicklung
voneinander separiert werden.
Der Nachteil der Methode liegt in der begrenzten Genauigkeit von Infrarotkameras und
der Delikatesse des Umgangs mit Infrarotstrahlung. Gemessen wird nämlich nicht nur
die von der Probe emittierte Strahlung, sondern auch Wärmestrahlung der Umgebung,
die über Transmission bzw. Reflexion detektiert wird, was z.T. erhebliche Probleme
verursacht.
CCD #2
Zwick
525
U-Matic
CCD #1
PFG+
IR/Lambda
Fig. 2.1: Schematischer Versuchsaufbau für Verstreckmessungen. V.l.n.r.: Zwick 1445 mit
Temperierkammer, IR-Kamera mit zwei optischen CCD-Kameras, U-Matic Videorecorder,
386´er PC mit Softwarepaket IR/Lambda u. PFG+-Bildverarbeitungssystem.
33
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Der Versuchsaufbau für Verstreckmessungen sieht im allgemeinen wie in Fig. 2.1 aus:
In der Verstreckapparatur (Zwick 1445) ist die Probe eingespannt. Auf sie sind sowohl
die Infrarotkamera (Inframetrics Mod. 525) als auch eine (optische) CCD-Kamera
gerichtet. Letztere dient dazu, über die Messung des Abstands auf der Probe
angebrachter Markierungsstriche den aktuellen Verstreckgrad zu bestimmen. Eine
zweite CCD-Kamera beobachtet die digitale Anzeige des Kraftaufnehmers.
Fig. 2.2: Versuchsaufbau, aufgenommen hinter den Kameras. In der Mitte ist die IR-Kamera mit
Scanner und Kontrollgerät zu sehen, rechts die CCD-Kamera. Im Hintergrund befindet sich die
Verstreckapparatur mit der Temperierkammer und dem hell erleuchteten Beobachtungsfenster.
Die Signale der drei Kameras werden über zwei Bildmischer einem Titelgenerator
zugeführt, der die Einblendung verschiedener Daten zum Versuch (Proben-ID,
Umgebungstemperatur etc.) oder einer Stoppuhr erlaubt. (Fig. 2.3) Das kombinierte
Signal wird dann mit einem U-Matic Videorecorder zur späteren Auswertung
aufgezeichnet.
34
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Fig. 2.3: Verkabelung von Kameras, Bildteilern und Titelgenerator f. d. Verstreckexperimente. Durchgezogen: Signalleitungen; gestrichelt: Synchronisationsleitungen.
Probe
Kraftanzeige
105,2N
Zur Auswertung werden die
Aufnahmen dem digitalen
Bildverarbeitungssystem
(Imaging
Technology
PFG+) überspielt. (Fig. 2.4)
Dies wandelt in einem ersten
Schritt
das
erhaltene
Infrarotbild mit Hilfe zuvor
durchgeführter
Kalibrierund Reflexionsmessungen in
ein Temperaturbild um. Bild
für Bild können nun mittlere
Temperaturen über einen
Bildausschnitt, der die Probe
zeigt,
sowie
Temperaturprofile
längs
einer Linie, Verstreckgrade
(aus
dem
optischen
Bildausschnitt) und die Kraft
(manuelle Eingabe nach
Ablesen des entsprechenden
optischen Bildausschnitts)
bestimmt werden. Daraus
werden
Meßwertdateien
erstellt,
die
numerisch
ausgewertet wurden.
IR
525
CCD #1
CCD #2
Kontrollgerät
Bildteiler #1
O
2 I
O
1 I
Mon.
Bildteiler #2
O
2 I
O
1 I
Mon.
Titelgen.&
Stoppuhr
U-Matic
35
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Kraf tanzeige
CCD#1
Probe
IR-Bild
CCD#2
Kraf tauf nehmer
IR 525
Inf rarotbild
Fig. 2.4 (oben): Videoaufnahme
der
Verstreckung.
Bildteiler #2Sichtbar sind v.l.n.r.
die CCD-Aufnahme
der
Probe,
die
Kraftanzeige, sowie
das Infrarotbild der
neckenden
Probe
mit Stoppuhr. Unten
verläuft der synthetische Graukeil.
Fig.
2.5
(links):
Bildteiler #1Schema der Zusammsetzung des
Videobilds
nach
Durchlaufen
der
beiden Bildteiler
36
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
2.1. Verstreckapparatur Zwick 1445
"Magic is Real, unless declared Integer."
Claus Brod
Die Verstreckapparatur Zwick 1445 wird über einen Gleichstrom-Reglerantrieb
gesteuert. Der Meßverstärker sitzt in einer eigenen Temperierkammer, die ihn konstant
bei 65  1  C hält, um eine Verfälschung der Ergebnisse durch Spannungen infolge
a f
Wärmeausdehnung zu vermeiden, was eine Vorlaufzeit zwischen Einschalten und erster
Messung von 30 Minuten erfordert, ehe die Nullpunktsdrift eliminiert ist. Ein aktiver
Tiefpaßfilter am A/D-Wandler soll kurzfristige Störspannungen neutralisieren.
Details sind der folgenden Tabelle zu entnehmen:
Verstreckgeschwindigkeit: . mm min  v   1000.0 mm min
v   . mm min
Kraftaufnehmer: Nennlast: Fmax   kN a)
F  . N
Tiefpaßfilter: Butterworth 6. Ordnung,
Grenzfrequenz: fG   Hz
a) Abhängig vom Kraftaufnehmer bis zu 5 kN
Tab. 2.1: Techische Daten der Verstreckapparatur Zwick 1445
2.1.1.
Temperierkammer
In die Meßnische der Verstreckapparatur kann die Infrarot-Temperierkammer eingefügt
werden, die von M. Saile im Rahmen einer früheren Diplomarbeit speziell zur
Verwendung mit der Infrarotkamera entwickelt wurde [Sai 92].
Konventionelle Temperierkammern erwiesen sich dabei als nicht geeignet, da deren
Glasfronten für IR-Strahlung undurchlässig sind und das Umluftprinzip zu Wirbeln
führt, die jegliche an der Probenoberfläche freigesetzte Wärme sofort abführen würden.
Die IR-Temperierkammer besteht aus Aluminium mit einer Isolierung der Außenwände
in Form von fünf Zentimetern Glaswolle. Die Kammer selbst ist durch mehrere
horizontale Trennplatten gegen Konvektion weitgehend geschützt. Oben und unten
befinden sich Öffnungen, durch die die Probenhalter eingeführt werden können. Die
Beobachtung geschieht durch eine kleine Frontklappe.
37
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Die Heizung ist mit vier IR-Strahlern bestückt ("Kebab-Grills"). Sie werden über ein
PID-Regelelement gesteuert, das den aktuellen Wert der Kammertemperatur durch ein
neben der Probe frei aufgehängtes Thermoelement erfält. Dadurch sind Messungen bei
Temperaturen bis zu 160 °C möglich, wobei die Schwankungen unter 0.2 °C betragen.
Fig. 2.6: Temperierkammer mit eingebauten Spannbacken und gerissener Probe. Sichtbar sind
die Trennböden, die eine Abkühlung der Probe durch Konvektion verhindern sollen.
38
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
2.2. Infrarotkamera Inframetrics Mod. 525
"Der Reiseführer ´Per Anhalter durch die Galaxis´ sagt [...] von den Produkten der Sirius Cybernetics
Corp, daß ´es sehr leicht ist, sich durch die Genugtuung darüber, daß man sie überhaupt zum Funktionieren bringt, über ihre grundsätzliche Nutzlosigkeit wegtäuschen zu lassen´.
Mit anderen Worten -und das ist das felsenfeste Prinzip, auf dem der ganze galaxisweite Erfolg der Sirius
Cybernetics beruht- ihre grundsätzlichen Konstruktionsfehler werden durch ihre oberflächlichen
Gestaltungsfehler vollkommen vertuscht."
Douglas Adams: Macht´s gut, und Danke für den Fisch
Seit ihrer Einführung wurden Infrarot-Kameras in einer Vielzahl von physikalischen
Fragestellungen eingesetzt [z.B. Swe 88], unter anderem in der Polymerforschung
[Mah 80].
Wie bereits erwähnt, ist die große Apparateträgheit von konventionellen Kalorimetern
ein Problem. Andere Methoden, wie etwa das Bekleben der Probe mit
Thermoelementen [Fis 88] sind sehr aufwendig und wegen ihrer Rückwirkungen auf die
Probe wenig beliebt. Demgegenüber kann die Infrarotkamera schnell, ortsaufgelöst und
berührungsfrei arbeiten.
Fig. 2.7: Detailaufnahme
der
IRKamera: Vorne das
Kontrollgerät,
oben
der Scanner (von
hinten). Beide Einheiten waren zusammen
auf einem fahrbaren
Stativ befestigt.
Damit wird es nun möglich, das Auftreten eines Necks zu bestimmen und seine
Wärmeentwicklung von der homogenen Erwärmung des Untergrunds abzuziehen.
Außerdem können Versuche mit wesentlich größeren Verstreckgeschwindigkeiten als
mit Kalorimetern durchgeführt werden, ohne daß eine nennenswerte Verschmierung
durch die Apparateträgheit stattfindet.
39
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Diese Vorteile werden dadurch erkauft, daß Infrarotkameras den Kalorimetern
gegenüber eine wesentlich geringere Temperaturauflösung besitzen (maximal
T  .  K , bei unserem Modell immerhin noch T  .  K ). Bei früheren Arbeiten
von Koenen [Koe 91] und Saile [Sai 92] war dies kein Problem, da die erzielten
Temperaturänderungen zehn Grad und mehr betrugen und im quasistatischen Fall
betrachtet wurden. Unsere Messungen lieferten jedoch höchstens einige wenige Grade
und erforderten eine Beurteilung der dynamischen Entwicklung.
Ein prinzipielles Problem ist, daß die IR-Kamera nur ein Infrarotbild liefert. Um daraus
ein Wärmebild der Probe zu erhalten, muß erst die Umgebungsstrahlung abgezogen
werden, was nur näherungsweise geschehen kann, indem man annimmt, die Umgebung
streue diffus mit überall gleicher Temperatur. Daraus wird in einer Temperierkammer
mit IR-Heizelementen natürlich ein gewagtes Unterfangen.
Die Funktionsweise der Kamera wird durch Fig. 2.8 [Inf] dargestellt.
Fig. 2.8: Rißzeichnung der IRKamera. Die wichtigsten
Einheiten:
(1) einfallender Strahl,
(2) Germanium-Fenster,
(3) (4) horizontaler und
vertikaler Ablenkspiegel,
(5) Chopper,
(6) Blende,
(7) Umlenkspiegel,
(8) Fokussierungsoptik,
(9) Detektor,
(10) Dewar.
Aus [Inf].
Aus der einfallenden Strahlung wird durch einen Germanium-Filter unerwünschtes
sichtbares und nahes infrarotes Licht absorbiert. Die Reststrahlung wird über einen
Chopper, eine Blende und mehrere Spiegel zur Fokussierungsoptik geführt und fällt von
dort auf den Detektor. Dieser Detektor wird durch einen mit Flüssigstickstoff gefüllten
Dewar gekühlt, um zu verhindern, daß er bereits durch seine eigene Wärme leitfähig
wird.
Die Kamera ist nur mit einem einzelnen Punktdetektor ausgerüstet, so daß, um ein
zweidimensionales Bild zu erhalten, die Szenerie über schwingende Ablenkspiegel
40
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
zeilenweise abgetastet werden muß. Dieses Prinzip hat zur Folge, daß der etwas träge
Detektor ´scharfe´ Temperatursprünge nur ziemlich verwischt darstellt.
Die folgende Tabelle gibt die wichtigsten Daten der Infrarotkamera wieder:
Detektortyp: Hg x CdxTe; x  . 
Temperaturbereich:   C  T  1300  C
Dynamikbereiche: 10 / 20 / 50 / 100 / 200 / 500 K
Temperaturauflösung T  .  K (Vollbild);
(Dynamikbereich: 10 K): T  . K (Line Scan)
Spektralbereich: 8  m    12  m
Bildformat (je Halbbild): 250 pixel  200 pixel
Winkelauflösung:    (Herstellerangabe)
   (eigene Messung)
Fokusbereich: keine Beschränkung
Tab. 2.2: Technische Daten der Infrarot-Kamera Inframetrics Mod. 525
Neben dem Vollbildmodus kann die Kamera auch im Line-Scan-Modus betrieben
werden, wobei der vertikale Ablenkspiegel ausgeschaltet ist, so daß immer dieselbe
Bildzeile gescannt wird. Der Vorteil der Methode besteht darin, daß die so erhaltenen
Grauwerte bis zu zweihundert mal pro Anzeige gemittelt werden und so intrinsisch eine
höhere Genauigkeit erreicht wird. Die praktisch erreichbare Genauigkeit wird jedoch
durch die Auflösung des Profils auf dem Bildschirm auf ca. 0.1 °C begrenzt. Da
überdies nur horizontale Linien gescannt werden können und ein Kippen der Kamera
sich wegen des Flüssigstickstoffs verbietet, wurde dem Vollbildmodus mit Mittelung
über AOI´s 2 der Vorzug gegeben.
2AOI:
Area of Interest, d.h. berücksichtigter Bildausschnitt
41
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
2.3. Bildverarbeitungssystem
PFG+
Imaging
Technology
"The number of Unix-installations has grown to 10, with more expected."
The Unix programmer´s manual, 2nd ed., June 1972
Die Umwandlung der Infrarot- in Wärmebilder und die Erzeugung von Dateien zur
Auswertung wird von der PFG+-Karte übernommen, die von einem 286´er PC
(inzwischen ein 486´er) gesteuert wird. Die Ansprache erfolgt über das von Joachim
Koenen entwickelte Programmpaket IR/Lambda [Koe 91].
Über einen 8bit-A/D-Wandler erzeugt die PFG+-Karte aus den Videosignalen in
Echtzeit Bilder mit 512  512 Pixeln in 256 Graustufen. Die 256 Graustufen können
wiederum über eine von 8 Look-up-tables [Iti 87] in Falschfarben umgewandelt werden.
Außerdem erlaubt die Karte verschiedene arithmetische Operationen mit den Bilddaten,
wie Bildmittelung, Erstellung von Histogrammen oder Temperaturprofilen, sowie
Maßnahmen zur Bildverbesserung (Rauschunterdrückung, etc.).
2.3.1.
Bildverarbeitungssoftware "IR/Lambda"
Dieses in Microsoft C geschriebene Programmpaket stellt die Schnittstelle zwischen
DOS und der PFG+-Karte dar. Mit Makro-Kapazitäten stellt es dem Benutzer im
wesentlichen folgende Funktionen zur Verfügung:
42
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen

Graukeilequilisation3

Wahl der Kalibriertabelle (vgl. 3.1.1)
Berücksichtigung des Emissionskoeffizienten
Umrechnung des Infrarot-Graustufenbildes in ein Temperaturbild
Bearbeitung der AOI
Erstellung von Temperaturprofilen






Falschfarbendarstellung
Bildfilterung zur Rauschunterdrückung
Erfassung von Zeit und Kraft
Halbautomatische Berechnung der lokalen Dehnung

Ausgabe von Meßwertdateien

Unterstützung bei Kalibriermessungen
Unterstützung bei Messungen des Emissionskoeffizienten



3Zur
Korrektur von Verzerrungen während der elektronischen Übertragungskette
43
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
2.4. Probenmaterial und -präparation
"Drei Dingen sollten Sie niemals nachlaufen:
Bussen, Frauen und neuen Theorien."
Wolfgang Schleich
2.4.1.
Low-Density Polyäthylen: Lupolen 1840D
Für die Untersuchungen an LDPE wurde Lupolen 1840D von der Firma BASF
verwendet.
Die wichtigsten Daten ´ab Werk´ zeigt die folgende Tabelle [Lup]:
3
Dichte:   ( . ... . ) g cm
Schmelzpunkt: TC    C
Molmasse:   
Vernetzungen:  CH 3
 C
Maximaler Verstreckgrad: C  .  ... . 
Darreichungsform: farbloses Granulat
Weitere Zusätze: -keineTab. 2.3: Eigenschaften von LDPE 1840 D
Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß durch die inzwischen mehrjährige Lagerung des
Granulats eine gewisse Alterung eingetreten ist.
Aus dem Granulat wurden in einer beheizbaren Presse Platten gebacken. Dazu wurde
auf eine Aluminiumplatte eine Glasscheibe, und darauf wiederum ein MessingZwischenring gelegt. In dessen Leerraum wurde das Granulat in einer Tasche aus
Teflonfolie gebettet, um ein Ausfließen des LDPE während des Backvorgangs zu
vermeiden. Darüber wurden wieder eine Glasscheibe sowie eine zweite
Aluminiumplatte angebracht, wobei die Glasscheiben für möglichst glatte Oberflächen
der fertigen Platte sorgen sollten.
Die Verwendung von Teflonspray statt einer Folie wäre ebenfalls möglich gewesen,
wurde jedoch wegen der schwer vorherzusehenden Effekte auf die
Oberflächeneigenschaften des LDPE verworfen.
44
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Die genaue Dosierung des Granulats erforderte ebenso einiges Experimentieren, wie die
Entwicklung eines ´Backprogramms´, bei dem zwar die Granulen völlig aufgelöst
wurden, aber noch keine Oxidation eingetreten war.
Das Programm, nach dem die Proben gebacken wurden, die schließlich in den
Spannungs-Dehnungsmessungen verwendet wurden, sah wie in Fig. 2.9 aus:
50
Kraft d. Presse
Temperatur
250
15´
40
45´
200
150
20
100
10
50
b
a
0
20
d
c
40
60
80
e
100
0
120
f/[kN]
T/[°C]
30
Fig. 2.9: Backvorgang für
die LDPE-Platten, aus
denen
später
´Hundeknochen´-Prüflinge gestanzt wurden.
Die Phasen im Einzelnen:
a) Aufheizen,
b) gleichmäßige Erwärmung der Platte,
c) Backen,
d) Entspannung,
e) Entnahme
(danach
Abkühlung an der Luft)
t/[min]
Nach dem Backen quadratischer Platten von etwa 12 cm Seitenlänge, wurden hieraus
´hundeknochenförmige´ Proben gestanzt. Diese wurden mit den dicken Enden in die
Probenhalter eingespannt, während der quaderförmige Mittelteil etwa die Abmessungen
(20  4  2.7) mm 3 (Länge  Breite  Höhe) besaß.
2.4.2.
High Density-Polyäthylen: Lupolen 6011L
Ursprünglich war vorgesehen, auch Verstreckmessungen an dieser Polyäthylen-Spezies
vorzunehmen und in der Tat wurde bereits sein Emissionskoeffizient im Infrarot
bestimmt. Es zeigte sich jedoch, daß die HDPE-Platten -wie alle amorphen Polymerenach dem Backen abgeschreckt werden mußten, um bei der Verstreckung einen Neck zu
zeigen. Geschah dies nicht, rissen sie einfach bereits bei sehr kleinen Verstreckgraden.
Das Abschrecken erzeugte nun bei relativ dicken Proben d   mm ´Ripples´ (d.h.
körnige und wellenartige Strukturen) auf der Oberfläche, die sie natürlich vollkommen
ungeeignet für unsere Messungen machten.
Machte man die Proben dünner, so neckten sie zwar schön und besaßen auch eine glatte
Oberfläche. Ihr relativ niedriger Emissionskoeffizient führte jedoch dazu, daß bereits
bei einer Probendicke von anfangs 1 mm nur rund 50% der registrierten Strahlung von
45
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
der Probe, der Rest aber von der Umgebung kommen würde. Im Verlauf der
Verstreckung würde diese Intensität mit der Probendicke noch weiter absinken und uns
immer größere Probleme verschaffen. Darum und aus Zeitgründen wurden keine
Verstreckmessungen an HDPE mehr durchgeführt.
2.4.3.
Linear Low-Density-Polyäthylen: Tipelin BS501 / FB472
Bei den von uns verwendeten Proben handelt es sich um semikristalline
(Kristallistationsgrad: ca. 65%) (Ethylen--olefin)-Copolymere. Sie unterscheiden sich
von LDPE durch ihre definierten Seitengruppen, die allerdings eine sehr inhomogene
Verteilung besitzen, wobei die Dichte der Seitengruppen, also der Verzweigungsgrad,
von der Kettenlänge abhängig ist. [Mat 85, Mir 87] Die Seitengruppenverteilung besitzt
gleichzeitig einen starken Einfluß auf die Verteilung der Lamellendicken.
Die folgende Tabelle zeigt die wichtigsten Daten des von uns verwendeten Tipelins
[Bra 91]:
Dichte 
Verzweigungsgrad 
g cm 3
CH 3 1000 C
Kristallanteil w p
BS 501-17
FB 472-20
0,950
0,950
0,6
2,0
0,75
0,73
Tab. 2.4: Eigenschaften von LLDPE BS-501 u. FB-472
Dabei wurde neben reinem LLDPE auch LLDPE mit einem Füllgrad von 20%
verwendet. Füller waren hierbei Aluminium-Bor-Silikat-Glasfasern mit einem
Faserdurchmesser von 10 µm und einer Länge von 60 µm [Wil 92].
Das Rohmaterial wurde im Tiszan-Vegyi-Kombinat in Ungarn hergestellt. Die fertigen
Proben wurden uns freundlicherweise von R. Kraus überlassen.
46
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
3. UNTERSUCHUNGEN AN LDPE U. LLDPE MIT
HILFE DER INFRAROT-KAMERA
"I have the terrible feeling that,
because I have a white beard and am sitting in the back of the theatre,
you expect me to tell you the truth about something.
These are the cheap seats, not Mount Sinai."
Orson Welles: Someone to love
Nachdem in der Vergangenheit die IR-Kamera bereits für Messungen an amorphen
Polymeren eingesetzt wurde [Koe 91, Sai 92], sollten im Rahmen dieser Arbeit
Untersuchungen an semikristallinen Substanzen, namentlich LDPE durchgeführt
werden. Die Resultate wurden verglichen mit früheren Arbeiten mit der IR-Kamera
[Mah 80], Experimenten an einem konventionellen Verstreckkalorimeter [Bor 91],
sowie der van-der-Waals-Theorie von Polymeren [Kil 79, May 90].
Gemäß dem ersten Hauptsatz der Wärmelehre
dQ  dW  dU
(Eq. 3.1)
läßt sich mit der IR-Kamera eine vollständige Energiebilanz aufstellen, da aus der von
der Verstreckmaschine an der Probe geleisteten Arbeit dW und dem mit der IR-Kamera
gemessenen in Wärme umgewandelten Bruchteil dQ auch die Änderung der inneren
Energie dU der Probe bestimmt werden kann.
Außerdem lassen sich erstmals die beim Neckprozess freiwerdenden Wärmen und jene
der homogenen Verstreckung separieren.
Leider wurde unsere Arbeit dadurch behindert, daß die Infrarot-Kamera über längere
Zeit defekt war und mehrwöchige Verzögerungen bei der Messung der Wärmekapazität
von LDPE auftraten.
47
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
3.1. Vorarbeiten
"Ignore the man behind the curtain!"
Wizard of Oz
Unglücklicherweise liefert die Infrarotkamera nicht direkt ein Wärmebild ihrer
Umgebung, sondern ein Graustufenbild der Infrarotstrahlung.
In einem ersten Verarbeitungsschritt müssen diese Graustufen kalibriert und so InfrarotStrahlungsintensitäten zugewiesen werden. Die Kalibriermessungen werden
durchgeführt, indem die Differenz der Grauwerte zweier möglichst idealer Schwarzer
Strahler bei bekannter Temperaturdifferenz gemessen wird.
Im darauffolgenden zweiten Schritt muß das IR-Bild in ein Temperaturbild
umgerechnet werden. Das ist nötig, weil unsere Proben keine Schwarzen, sondern
´Graue´ Strahler mit   1 darstellen, die auch einen Teil der Umgebungsstrahlung
widerspiegeln bzw. durchscheinen lassen. Dies geschieht mit Hilfe von kombinierten
Messungen, die durch verschiedene geometrische Anordnungen von Proben und
Schwarzen Modellstrahlern eine Separation der einzelnen Anteile erlauben.
Der Abstrahlkoeffizient von LDPE muß bekannt sein, um die Energiebilanz um die an
die Umgebung abführte Wärme zu korrigieren.
Um die mechanische Arbeit mit Wärmeenergie in Verbindung zu setzen, muß außerdem
die spezifische Wärmekapazität der Proben vorliegen.
3.1.1.
Kalibriermessungen der Infrarot-Kamera
"Ein Greuel für den Herrn ist zweierlei Gewicht,
und trügerische Waage ist verwerflich."
Sprüche, 20:23
Für die Kalibriermessungen wurden zwei temperierbare, möglichst ideale Schwarze
Strahler vor der Kamera aufgestellt.
Die Strahler bestanden dabei im wesentlichen aus einem mit schwarzem Samt
ausgeschlagenen Rohr, das seinerseits von einem weiteren Rohr ummantelt war. Durch
dieses konnte Öl gepumpt werden, das von außen durch einen separaten Thermostaten
temperiert wurde. Da die Rohre Schwarze Strahler darstellen, kann bei ihnen davon
ausgegangen werden, daß sie keine Umgebungsstrahlung reflektieren, sondern daß alle
bei der Kamera eintreffende Strahlung auch wirklich von ihnen selber stammt.
48
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Rektal in die Rohre eingeführte Pt 100-Thermoelemente maßen kontinuierlich die
Rohrtemperatur, während die IR-Kamera die eintreffende Strahlung aufnahm. Wurden
beide Strahler geringfügig verschieden temperiert, so konnte bei einer bestimmten
Referenztemperatur jeder Temperaturdifferenz eine Grauwertdifferenz zugeordnet
werden, z.B.:
I
T
 21. 1
T0 66.4 C
Graustufen
K
(Eq. 3.2)
Die Temperatur des kühleren Schwarzen Strahlers wurde danach gesteigert, bis sie um
einige Grad über der des anderen Strahlers lag, während dessen Temperatur konstant
gehalten wurde. Im Anschluß daran konnte -für eine höhere Referenztemperatur- wieder
das Verhältnis von Grauwertdifferenz zu Temperaturdifferenz berechnet werden. Dieses
Verfahren wurde so oft wiederholt, bis wir uns über den ganzen interessanten
Temperaturbereich ´gehangelt´ hatten.
Die auf diese Art erhaltene Meßkurve wurde anschließend noch an das Verhalten eines
idealen Schwarzen Strahlers und die Empfindlichkeitscharakteristik der Kamera gefittet
(Fig. 3.1), wobei als deren Absorptionskurve eine Lorentzkurve mit einem
Halbwertsintervall gemäß den Herstellerangaben [Inf] von 8 µm-12 µm angenommen
wurde.
Mit Hilfe der so erhaltenen Referenzkurve erzeugten wir eine Tabelle, anhand derer
IR/Lambda Grauwertdifferenzen in IR-Strahlungsdifferenzen umrechnen konnte. Diese
Messungen wurden für die Dynamikbereiche 10 K (22-127 °C) sowie 20 K u. 50 K (22102 °C) durchgeführt.
Der Vergleich mit früheren Kalibriermessungen zeigt eine geringfügig erhöhte
Empfindlichkeit, deren Grund vermutlich ist, daß die Kamera im Rahmen einer
Reparatur neu evakuiert und ihre Optik gereinigt wurde.
49
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Fig. 3.1: Kalibriermessungen
der Infrarot-Kamera über die
drei Dynamikbereiche. Deutlich erkennbar ist die nichtlineare Zunahme der Empfindlichkeit, die die Verwendung von Wertetabellen erfordert. (EI7R10/20/50.BER)
3.1.2.
Bestimmung der Koeffizienten für Emission, Transmission
und Reflexion im empfindlichen Spektralbereich der InfrarotKamera für LDPE und HDPE
"Back off, man. I´m a scientist."
Bill Murray: Ghostbusters
Fällt ein Infrarotstrahl auf eine Probe, so hat die Probe die Wahl, den Strahl
durchzulassen, zu absorbieren oder gleich an der Oberfläche zu reflektieren.
Entsprechend setzt sich die Strahlung, die von der Probe aus die Kamera erreicht, aus
den reflektierten bzw. transmittierten Teilen der Umgebungsstrahlung sowie der
emittierten ´Eigenstrahlung´ der Probe zusammen:
IC  (  )  I0    IProbe
(Eq. 3.3)
Der Emissionskoeffizient  ist dabei gleich dem Absorptionskoeffizient, da die
Wahrscheinlichkeiten für spontane Emission und Absorption ja a priori immer gleich
sind.
Für alle drei Koeffizienten zusammen gilt:
!
     1
(Eq. 3.4)
da mit dem Strahl ja irgend etwas passieren muß. Nur  und  sind dabei von der
Probendicke abhängig.
50
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Um anhand des Infrarotbildes eine Aussage über die Probentemperatur machen zu
können, müssen entsprechend die Anteile der Umgebungsstrahlung weggefiltert
werden, was eine Kenntnis der Umgebungstemperatur und des Emissionskoeffizienten
voraussetzt.
Von nun an gehen wir davon aus, daß die Umgebung die Strahlungscharakteristik eines
Schwarzen Strahlers der Umgebungstemperatur T0 habe. Die Intensität eine Schwarzen
Strahlers der Temperatur Tx bezeichnen wir mit ITx .
Dann können mit verschiedenen Geometrien, die wir im folgenden erläutern und bei
denen 3 bzw. 4 Strahlen gleichzeitig mit der IR-Kamera detektiert werden, die
einzelnen Koeffizienten bestimmt werden.
Eine ähnliche Methode wurde auch von Koenen vorgestellt [Koe 91]. Sie hatte jedoch
den Nachteil, daß sie zwei voneinander unabhängige Temperaturmessungen erforderte,
aus denen auf die theoretisch zu erwartende Schwarzkörper-Strahlung zurückgerechnet
wurde, die man dann mit der gemessenen Probenstrahlung verglich. Unsere Methode
kommt ohne Temperaturmessungen aus und benutzt nur ´harte´, mit der Kamera
gemessene Intensitäten, was die Fehleranfälligkeit wesentlich reduziert.
Eigentlich ist bei Intensitätsmessungen mit der IR-Kamera Vorsicht geboten, da die
Kamera keine absoluten Intensitäten liefert, sondern nur Werte in Bezug auf einen
willkürlichen (von Hand zu regelnden und nicht kalibrierten) Offset. Dieses Manko läßt
sich jedoch umgehen, indem man in allen folgenden Gleichungen nur
Intensitätsunterschiede betrachtet. Logischerweise fällt der Offset aus jeder Differenz
sofort heraus.
51
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
3.1.2.1.
Messung des Reflexionskoeffizienten
Der Reflexionskoeffizient kann mit der Geometrie von Fig. 3.2) gemessen werden, bei
der drei Strahlen die Kamera erreichen:
Schw arzer Strahler
Probe
T1
Hitzeschild
T0
#1
#2
#3
Fig.3.2: Geometrie zur Messung des Reflexionskoeffizienten
Hierbei steht der Schwarze Strahler der Temperatur T1, die geringfügig (d.h. innerhalb
des gewählten Dynamikbereichs) über der Umgebungstemperatur T0 liegt, der IRKamera gegenüber {#1}. In der Mündung des Schwarzen Strahlers steht eine Probe
derselben Temperatur T1 {#2}. Ein wenig abseits von dem Schwarzen Strahler befindet
sich eine weitere Probe auf Umgebungstemperatur T0 {#3}. Diese Probe wird durch
einen kleinen Hitzeschild gegen die von dem Schwarzen Strahler ausgehende
Wärmestrahlung abgeschirmt. Der Schild, der sich von der Kamera aus gesehen hinter
der Probe befindet, sorgt außerdem für eine gleichmäßige Hintergrundstrahlung. Ein mit
Aluminium beschichteter Papp-Aschenbecher mit der Pappseite zur Kamera ist im IR
fast völlig schwarz und leistet dabei hervorragende Dienste.
Nun werden beide Proben so gekippt, daß sie keine warmen Gegenstände (wie den
Experimentator) aus der Umgebung reflektieren könnten. Am besten richtet man sie so
aus, daß sie das Bild eines Stücks schwarzen Samts, das vorher mit einem angewärmten
oder aber in Flüssigstickstoff abgekühlten Schraubenzieher markiert wurde, in die
Kamera spiegeln.
Die Intensitäten der drei Strahlen berechnen sich wie folgt:
52
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
I1  IT1
I 2  (    ) IT1  IT0
(Eq. 3.5)
I 3  IT0
Damit folgt sofort:

I 2  I1
I 3  I1
3.1.2.2.
(Eq.3.6)
Messung des Transmissionskoeffizienten
Die Geometrie von Fig. 3.3 ist im wesentlichen dieselbe wie vorher, nur befindet sich
die Probe, die vorher in der Mündung des Schwarzen Strahlers steckte, jetzt vor ihm auf
Umgebungstemperatur {#2}.
Schw arzer Strahler
T1
Hitzeschild
T0
T0
#1
#2
#3
Fig. 3.3: Geometrie zur Messung des Transmissionskoeffizienten
Damit gilt für die drei Strahlintensitäten:
I1  IT1
I 2   IT1  (   ) IT0
(Eq. 3.7)
I 3  IT0
53
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Und so erhalten wir:

I2  I3
I1  I 3
3.1.2.3.
(Eq. 3.8)
Messung des Emissionskoeffizienten
Hierbei ist die Geometrie eine Mischung aus a) und b) mit einer Probe in der
Strahlermündung und einer davor. (Fig. 3.4) Entsprechend müssen jetzt vier Strahlen
miteinander verglichen werden.
Schw arzer Strahler
T1
Hitzeschild
T
0
T1
#1
T
0
#3
#4
#2
Fig. 3.4: Vierstrahl-Gemoetrie zur Messung des Emissionskoeffizienten
Ihre Intensitäten berechnen sich zu:
I1  IT1
I 2   IT1  (   ) IT0
I 3  (    ) IT1  IT0
(Eq. 3.9)
I 4  IT0
54
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Man bekommt auf diese Weise:

I2  I3
I 4  I1
(Eq. 3.10)
Außerdem kann man natürlich mit dieser Geometrie auch direkt  und  bestimmen,
ebenso wie man aus der Kombination der beiden anderen Messungen über
  1  (  ) den Emissionskoeffizienten errechnen kann. Allerdings ist diese Methode
wegen der sich ergebenden Platzprobleme recht fehleranfällig.
Der Vorteil dieser drei Geometrien ist, daß keinerlei Temperaturmessung stattfinden
muß: Es ist egal, bei welcher Temperatur sich die Proben oder der Strahler befinden,
solange nur die Temperatur der Probe in der Strahlermündung gleich der des Strahlers
ist, ebenso wie die Temperatur der freistehenden Probe und der Umgebung gleich sein
müssen. Darum ist es wichtig, bis kurz vor der eigentlichen Messung die Öffnung des
Schwarzen Strahlers durch einen Korken verschlossen zu halten.
Eine direkte Methode, den Emissionskoeffizienten zu bestimmen, wäre Fig. 3.5:
Schw arzer Strahler
T1
Hitzeschild
T1
#1
T0
#3
#2
Fig. 3.5: Alternative Dreistrahl-Geometrie zur Messung des Emissionskoeffizienten (nicht
verwendet).
55
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Allerdings wäre dazu erforderlich, daß der Schwarze Strahler und die freistehende
Probe auf genau die gleiche Temperatur gebracht würden. Abgesehen von praktischen
Schwierigkeiten würde so auch die Eleganz der Methode ruiniert.
Neben der Auswertung von Vollbildern wurde auch versucht, Resultate aus dem LineScan-Mode zu erhalten. Das erwies sich jedoch als sehr problematisch, da häufig relativ
kleine Werte für  bzw.  zu messen waren. Der Vorteil des geringeren Bildrauschens
wird in diesem Moment dadurch zunichte gemacht, daß die Ablesung der
eindimensionalen Intensitätsprofile natürlich nur ein ganzzahliges Ergebnis liefern
kann. Da manche der Strahlen aber überhaupt nur wenige Grauwerte Unterschied
besaßen, bedeutete dies, daß schon die Rundungsfehler in der Größenordnung der
Meßwerte lagen. Die Auswertung von Vollbildern liefert demgegenüber mittlere
Intensitätswerte über eine AOI mit theoretisch beliebig vielen Nachkommastellen.
Um die Zuverlässigkeit der Methode und die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse zu
überprüfen, wurden zuerst Experimente an PMMA und PC durchgeführt. Im Anschluß
daran wurden HDPE und LDPE vermessen.
3.1.2.4.
Polymethylmetacrylat (PMMA)
Neben Proben, die aus frischem PMMA hergestellt waren, wurden mehrere Exemplare
ausgemessen, die uns freundlicherweise von M. Saile überlassen wurden. Dabei
handelte es sich um von der Fa. Röhm mit zwei Prozent Vernetzerzugabe gegossene
Platten von ( 2. 00  0. 05) mm Dicke [Sai 92].
Seinerzeit waren keine Messungen daran durchgeführt, sondern der Emissionsgrad
  1 gesetzt worden.

%

altes PMMA
81.0
%
13.0  2.0
neues PMMA
-
8.9

%
<2.0
-
Tab. 3.1: Messung der Koeffizienten für Emission, Reflexion und Transmission bei PMMA. Wo
genügend Messungen durchgeführt wurden, ist eine Standardabweichung der Ergebnisse
angegeben. Die Summe der drei Koeffizienten ist nicht notwendigerweise immer gleich 1, da die
Ergebnisse aus unabhängigen Messungen stammen.
56
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Es fällt auf, daß die frischen, neuen Proben einen geringeren Reflexionskoeffizienten
haben, als die alten.
3.1.2.5.
Polycarbonat (PC)
Hier wurden wiederum ebenso alte verstreckte Proben (Bisphenol A Polycarbonat,
Makrolon 2800 d. Fa. Bayer) wie auch unverstrecktes Lexan d. Fa. General Electrics
gemessen. Das Lexan wird dabei für Kunststoffverglasungen verwendet und besitzt
darum besonders glatte, planparallele Oberflächen.
Die Dicken betrugen 2.85 mm für den verstreckten Teil der Makrolon-Proben, sowie
5.70 mm für das Lexan. Die Fehlergrenze lag hierbei wieder um 0.05 mm.

Makrolon 2403 [Koe 91]
Makrolon 2800
Lexan


93.9
%
6.1
<0.5
79
19.5
<0.5
-
11.5  1.5
<0.5
%
%
Tab. 3.2: Die Koeffizienten für verschiedene Spezies von Polycarbonat.
In allen drei Fällen lag die Transmission an der Nachweisgrenze, so daß die
Probendicke keinen nennenswerten Einfluß mehr besaß.
Bei unseren Messungen lag der Wert des Reflexionskoeffizienten zum Teil dramatisch
über dem der alten Messung, ein Ergebnis, wie es auch schon bei PMMA aufgetreten
war.
Die physikalische Ursache könnte darin liegen, daß die Oberfläche der Proben durch
natürliche Alterung (Oxidation, UV-Einwirkung) so verändert wird, daß dies ihre
Eigenschaften im Infraroten beeinträchtigt. Außerdem muß die Meßmethode
berücksichtigt werden, die bei Koenen einen Reflexionskoeffizienten für direkte,
geometrische Reflexion maß, während unser Aufbau diffuse Umgebungsstreuung
aufnahm.
Der hohe Reflexionskoeffizient für Lexan läßt sich ungezwungen durch die dem Zweck
(Verglasung) entsprechende Bearbeitung der Oberfläche erklären.
57
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
3.1.2.6.
High-Density-Polyäthylen
Die Messung erfolgte an 2.5 mm dicken Proben.



%
%
6.5  1.7
80.1 a)
%
13.5
a) Vgl. den Wert von 85% f. Rigidex H060-45P LDPE (1mm Dicke), wie geg. in [Mah 80].
Tab. 3.3: Die verschiedenen Koeffizienten für HDPE 6011 L.
Unter der Annahme eines Lambert-Beer´schen Absorptionsverhaltens gilt in
Abhängigkeit von der Probendicke d :
  const
  (1  )  
(Eq. 3.11)
  (1  )  eEd
mit dem Extinktionskoeffizienten E . Man geht hierbei davon aus, daß die Reflexion ein
reiner Oberflächeneffekt ist.
Man erhält für den Extinktionskoeffizienten den Wert:
ln
E
3.1.2.7.
FG  IJ
H1  K 0. 77
d
1
mm
(Eq. 3.12)
Low-Density-Polyäthylen
Die Dicke der unverstreckten Proben betrug hierbei 2.80 mm, die der verstreckten
2
Proben 1.35 mm, entsprechend einem Verstreckgrad von   d d  4. 3 .
b g

%

unverstreckt
86.1
%
6.6  0.8
verstreckt
73.2
7.3  0.4

%
6.0  2.5
19.3  1.5
Tab. 3.4: Die Koeffizienten im Infraroten für verstrecktes und unverstrecktes LDPE 1840 D.
58
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Mit Hilfe von (Eq. 3.11) kann E entweder direkt aus der Transmission, oder indirekt
über den Emissionskoeffizienten berechnet werden. (   1  (  ) , einsetzen usw.)
Man bekommt dann:
E
mm -1
unverstreckt
verstreckt
aus 
aus 
0.91
0.98
1.15
1.16
Tab. 3.5: Extinktionskoeffizient für unverstrecktes und verstrecktes LDPE 1840 D.
Der Extinktionskoeffizient scheint für die verstreckten Proben systematisch höher zu
liegen, während der Reflexionskoeffizient praktisch konstant geblieben ist. Die Ursache
dafür könnte die Bildung von Mikrokavitäten durch die Verstreckung sein, oder sogar
die Lamelle-Filament-Umwandlung selbst (z.B. durch die Erzeugung neuer
Schwingungsmoden mit im Infraroten liegenden Frequenzen). Dieses interessante
Phänomen wäre sicher um seiner selbst willen eine Untersuchung wert.
Wir sehen bereits, daß LDPE (und noch mehr HDPE) ein wesentlich undankbareres
Probenmaterial für Untersuchungen mit der IR-Kamera ist, als PMMA bzw. PC es
waren. Die vergleichsweise hohen Reflexions- und Transmissionskoeffizienten
verursachen bei Polyäthylen wesentlich stärkere Schmutzeffekte durch
Umgebungsstrahlung und verringern die Signalintensität (vor allem bei hohen
Verstreckgraden) deutlich mehr, als dies bei den amorphen Polymeren der Fall war.
Eigentlich müßte bei den Spannungs-Dehnungsmessungen auch die Änderung des
Emissionskoeffizienten mit dem Verstreckgrad berücksichtigt werden. (Fig. 3.6) Wir
gingen jedoch bei allen folgenden Messungen von einem Wert   const  86. 1% aus.
59
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
d/[mm]
1,00
2,75
2,50
2,25
2,00
1,75
1,50

0,95
0,90
0,85

0,80
0,75
0,70

0,65
0,60
0,55
0,50
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0

Fig. 3.6: Entwicklung der Koeffizienten für Emission, Transmission und Reflexion für LDPE mit
dem Verstreckgrad (untere Skala) bzw. der Probendicke (obere Skala).
3.1.3.
Messung des Wärmeübergangskoeffizienten von LDPE
"There are some things, man was not meant to know."
Zontar, Thing From Venus
Die Bestimmung des Wärmeübergangskoeffizienten von LDPE war aus zwei Gründen
nötig: Zum einen muß  bekannt sein, um die Wärmeerzeugung im Neck richtig
berechnen zu können (vgl. Eq. 1.31ff), zum anderen wird  später für eine Korrektur
der homogenen Verstreckung um die an die Umgebung abgeführte Wärme benötigt.
Der Probe wird dabei ein Newton´sches Abkühlverhalten unsterstellt, d.h. ihre netto
abgestrahlte Wärmemenge sei proportional zum Temperaturunterschied zwischen Probe
und Umgebung [Ger 86]. Daraus folgt umgekehrt ein exponentieller Abfall dieser
Temperaturdifferenz:
T (t )  T0  e t
(Eq. 3.13)
60
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
mit der Zeitkonstante 1  . Der Wärmeübergangskoeffizient  ist dabei eine Konstante
in Abhängigkeit von der Substanz und auch der Probengeometrie.
Wir erwärmten nun eine ´Hundeknochen´-LDPE-Probe auf ca. 30 °C, stellten sie in die
auf Umgebungstemperatur gehaltene Temperierkammer und beobachteten sie mit der
IR-Kamera über einen Zeitraum von etwa fünf Minuten. Später wurden die
Temperaturunterschiede zwischen der Probe und der Kammer über der Zeit aufgetragen
und der Wärmeübergangskoeffizient daran gefittet. (Fig. 3.7)
Das Ergebnis war:
  1. 23  102 s 1

t   81. 3 s
Merkwürdigerweise sank die Temperatur der Temperierkammer während der
Messungen um ca. 0.3 °C, obwohl die Kammer seit Tagen unbenutzt im (fensterlosen
klimatisierten) Labor gestanden war.
12
10
 T/[K]
8
6
4
2
0
0
50
100
150
200
250
300
t/[s]
Fig. 3.7: Messung des Abstrahlkoeffizienten  . Symbol: Messung; durchgezogene Linie: exponentieller Abfall. (VIRW 18B)
61
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
0,030
0,025
-1
 / [s ]
0,020
0,015
0,010
0,005
0,000
1
2
3
4
5
6

Fig. 3.8: Veränderung des Abstrahlkoeffizienten  mit der Verstreckung.
Streng genommen ist der Abstrahlkoeffizient eine Funktion der Probengeometrie, und
damit auch des Verstreckgrades. (Fig. 3.8) Da eine Berücksichtigung von (  ) jedoch
einen unverhältnismäßig hohen Rechenaufwand bedeutet
Rechnungen mit dem konstanten Wert durchgeführt.
3.1.4.
hätte, wurden alle
Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität von LDPE
Um mechanische und thermische Energie miteinander in Verbindung setzen zu können,
muß die spezifische Wärmekapazität cp bekannt sein. Da die Quellen hierzu stark
voneinander abweichende Werte angeben [Bra 89] und auch das Backprogramm die
Wärmekapazität beeinflussen kann, ließen wir in der Sektion Kalorimetrie Messungen
je einer unserer unverstreckten und verstreckten Proben anfertigen [Sek 93]. Die so
erhaltenen Meßpunkte wurden im Bereich zwischen Zimmer- und Schmelztemperatur
mit einem Polynom dritten Grades angepaßt.
Die Kurven in Fig. 3.9 zeigen keinen nennenswerten Unterschied vor und nach dem
Verstreckvorgang, jedoch eine beträchtliche Variation der Wärmekapazität mit der
Temperatur um etwa 100%.
62
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
4,5
unverstreckt
verstreckt
c p /[kJ/(kg*K)]
4,0
3,5
3,0
2,5
2,0
20
30
40
50
60
70
80
90
100
T/[°C]
Fig. 3.9: Messung der spezifischen Wärmekapazität v. LDPE 1840 D. Durchgezogen: unverstreckt; gestrichelt: verstreckt (   4. 5). (EV3716C.201/EV3820A.201)
63
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
3.2. Verstreckkalorimetrische Messungen an LDPE
"One of the byproducts of popular and widespread communications
is the propagation of incomplete or downright erroneous knowledge,
which is picked up by proselytizing wierdos and passed on as fact."
Michael Acklin
3.2.1.
Überblick
1
10
v0 / [%/ min]100
1000
120
T0 /[°C]
100
80
60
40
20
0,1
1
v0 / [mm/min]
10
100
Fig. 3.10: Übersicht über alle angefertigten Messungen. Schraffiert der Bereich, in dem das
Auftreten eines Necks beobachtet werden konnte.
Insgesamt wurden von uns (neben einer nicht näher bezifferten Zahl von Fehlschlägen)
25 brauchbare Messungen angefertigt, die das Verhalten von LDPE zwischen
Zimmertemperatur und Schmelzpunkt über dreieinhalb Zehnerpotenzen der
Verstreckgeschwindigkeit dokumentieren. Als besonders ´ergiebig´ erwiesen sich die
Messungen im Bereich zwischen 1 mm/min und 10 mm/min (entsprechend
Verstreckraten von 6-60 %/min): Bei langsameren Verstreckungen war die
Temperaturentwicklung im Vergleich zur Auflösung der Kamera zu gering, darüber
ließen sich die Videoaufnahmen nur noch unzulänglich auswerten.
Zur besseren Übersichtlichkeit haben wir die Messungen in sieben verschiedene
Gruppen zusammengefaßt:
64
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen

Gruppen mit Messungen derselben Geschwindigkeit;
v 0  1, 10 , 100 mm min , entsprechend 6 , 60 , 600 % min

Gruppen mit Messungen bei derselben Temperatur;
T0  25, 40 , 55, 105  C
Necks traten auf bei Verstreckraten über ca. 60%/min bei allen Temperaturen bis kurz
unterhalb des Schmelzpunktes. Dies ist ziemlich genau die von anderen Autoren
gegebene Obergrenze der homoogenen Verstreckung [May 89].
Es stellte sich heraus, daß die Probenabmessungen mit ca. 20 mm  4 mm Frontfläche
recht klein gewählt waren. Insbesondere bei hohen Verstreckgraden wären breitere
Proben wünschenswert gewesen, da bei unseren Prüflingen schon eine geringe
Schräglage der Kamera dazu führte, daß es sehr schwer wurde, eine rechteckige und
senkrecht stehende AOI zu finden, die noch eine ausreichende Größe zur
Temperaturmessung besaß.
Um das vergleichsweise kontrastarme Bild der IR-Kamera nicht zu überblenden, durfte
die optische CCD-Aufnahme nicht zu hell sein. Dadurch wurde es schwierig, die auf der
Probe angebrachten Markierungen, mit deren Hilfe der Verstreckgrad bestimmt wurde,
genau abzulesen. Da auch die Spannbacken ein wenig Spiel in ihren Lagern besaßen,
und weder eine leichte Kippung der Probe gegenüber der Kameraebene, noch eine
Abstandsänderung während der Verstreckung auszuschließen war, sind insbesondere für
die kleinen Verstreckgrade (   1. 1 ) deren Messungen cum granum salis zu betrachten.
(Es kam vor, daß (t 2 )  (t1 ) für t 2  t1 gemessen wurde.)
3.2.2.
Bestimmung von Temperaturstabilität und Genauigkeit
der IR-Kamera
Eine der eigentlich fehlgeschlagenen Messungen lieferte uns dabei eine ausgezeichnete
Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit der Infrarot-Kamera zu überprüfen. Hier wurde
nämlich eine Messung über eine Spanne von 20 Minuten aufgenommen, ohne daß der
Objektivdeckel der Kamera entfernt worden wäre. Dadurch war es möglich, die
Grundlinienkonstanz und Genauigkeit der Kamera abzuschätzen. Dazu muß bemerkt
werden, daß diese Werte unter optimalen Bedingungen erhalten wurden, wie sie im
eigentlichen Experiment (Reflexion warmer Gegenstände, Konvektion,...) keineswegs
gegeben waren.
65
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Der Verlauf der Temperaturmessung (des Objektivdeckels von innen) über der Zeit ist
in Fig. 3.11 dargestellt.
298,14
T(t)/[K]
298,12
298,10
298,08
298,06
298,04
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
t/[s]
Fig. 3.11: Temperaturstabilität der IR-Kamera: Verlauf der Temperatur, gemessen bei
geschlossenem Objektivdeckel. Durchgezogene Linie: Regressionsgerade. (VIRB01C)
Die Steigung der Regressionsgeraden liefert in diesem Fall eine Abschätzung der
Grundlinienkonstanz. Daraus erhalten wir für die Nullpunktsdrift mit der Zeit:
d T0
K
K
 2. 5  10 6  8  10 3
dt
s
h
Unsere maximale Beobachtungszeit betrug zwei Stunden, so daß die Nullpunktsdrift
praktisch vernachlässigbar ist.
Weiter wurden, wie bei einer gelungenen Messung, immer wieder Temperaturmessungen desselben Bildausschnitts durchgeführt. Die Temperaturänderung
zwischen zwei Aufnahmen, geteilt durch die inzwischen vergangene Zeit, liefert später
(mit einigen Skalierungsfaktoren) die in der Probe erzeugte oder von ihr aufgenommene
Wärme. Diese Messung, durchgeführt am sicher immer gleich warmen Objektivdeckel,
erlaubt uns eine Abschätzung der Genauigkeit der gemessenen Temperaturänderungen.
66
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
1,0x10-2
dT/dt/[K/s]
5,0x10-3
0,0
-5,0x10-3
-1,0x10-2
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
t/[s]
Fig. 3.12: Genauigkeit der IR-Kamera: Entwicklung der Temperaturänderungen, gemessen bei
geschlossenem Objektivdeckel. (VIRB01C)
Die Standardabweichung der gemessenen Temperaturänderungen von der Nullinie (Fig.
3.12) beträgt für diese Messung:
 d T  2. 5  10 3
dt
3.2.3.
K
s
Betrachtung der homogenen Verstreckung
Hierbei wurde eine große Anzahl von Einzelbildern aus den Videoaufnahmen
herausgenommen und ausgewertet. Die Abstände betrugen zu Beginn der Messung
typischerweise 5-10 s, später 30 s bis eine Minute.
Neben der Zeit, der Kraft und dem momentanen Verstreckgrad (erhalten durch
Ausmessung der auf dem CCD-Ausschnitt sichtbaren Probenmarkierungen), wurde
auch die mittlere Temperatur eines repräsentativen Stücks der Probe aufgezeichnet.
Die von der Verstreckmaschine an der Probe verrichtete Arbeit konnten wir erhalten,
indem die Kraft mit einer -für das einzelne Experiment jeweils neu zu bestimmendenKonstante cw multipliziert wurde. Für diese Konstante galt:
cw : 
cw  v 0
V 
cw 
m
kg  s
(Eq. 3.14)
67
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Dabei war:
cw der Anteil der an der Probe geleisteten Arbeit im Verhältnis zur Gesamtarbeit
(bestimmt durch das Verhältnis des Weges, den die Probenmarkierungen
zurückgelegt hatten, zum Weg der Spannbacken)
v 0 die Geschwindigkeit der Spannbacken
V das Probenvolumen, d.h. Länge  Breite  Höhe des dünnen Teils des
´Hundeknochens´
  0. 918 g cm 3 die Dichte von LDPE [Lup].
Damit ist dann:
w  cw  F(t )
(Eq. 3.15)
die Änderung der mechanischen Energiedichte, d.h. der mechanischen Energie pro
Masse.
Die Abgabe von Wärme pro Masse und Zeiteinheit wurde entsprechend durch:
q:  cp 
dT
dt
q 
kJ
 w
kg  s
(Eq. 3.16)
berechnet. cp ist hierbei wiederum die spezifische Wärmekapazität von LDPE bei der
Umgebungstemperatur.
3.2.3.1.
Abstrahlkorrektur der mittleren Probentemperatur
dT
wurde seinerseits numerisch aus den Differenzen von Temperatur und Zeit
dt
zwischen zwei aufeinanderfolgenden Meßaufnahmen erhalten. Gleich diesen Wert zu
verwenden, wäre jedoch töricht gewesen:
Bei einer über der Umgebungstemperatur T0 liegenden konstanten Probentemperatur T
würde diese Rechnung q  0 ergeben. In Wirklichkeit verliert die Probe in diesem Fall
aber ständig durch Wärmeleitung und Konvektion Wärme an die Umgebung, die durch
´Nachlieferung´ aus dem Verstreckprozeß ersetzt werden muß, d.h. q  0 .
68
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Um die Abstrahlverluste zu kompensieren, wurde entsprechend folgendes Verfahren
verwendet:
Sei T : T  T0 die Differenz zwischen Probentemperatur und Umgebungstemperatur,
und  T die Temperaturänderung in der Zeit t zwischen zwei Meßpunkten.  T 
nennen wir dann die ´wahre´, um die Abstrahlverluste korrigierte Temperaturänderung,
also die gesuchte Größe.
Wir nehmen wie unter (Eq. 3.13ff) wieder einen exponentiellen Abfall von
Temperaturdifferenzen an, d.h.:
T (t )  T (t  0)  e t ,
(Eq. 3.17)
wobei  wieder der Abstrahlkoeffizient ist.
Für kleine Zeiten können wir nähern:
e t  1  t
(Eq. 3.18)
(Mit unserer Zeitkonstante von ca. 80 s liefert diese Näherung für Abstände zwischen
Meßpunkten von bis zu 40 s Fehler unter 10%.)
Damit folgt, daß, um über die Zeitspanne t eine Temperaturdifferenz T zur
Umgebung aufrechtzuerhalten, in der Probe eine Wärmeentwicklung von:
T  Tt
(Eq. 3.19)
stattgefunden haben muß, die allerdings zu keiner Temperaturänderung führt.
Die Bilanz zwischen zwei Meßpunkten sieht demnach wie folgt aus:
Neue Meßtemperatur
= Alte Meßtemp .
T (t  t )
T (t ) =
 Abstrahlung
   T (t  t )  t
 Wärmeerzeugung
+T  (t )
(Eq. 3.20)
Durch Umstellen finden wir sofort für die korrigierte Rate der Wärmeproduktion:
FGd T
Hd t

korr .
IJ T (t)  T (t)  T (t  t)    T (t  t)
t
K t

(Eq. 3.21)
69
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Es wurde ein Programm geschrieben, das die Abstrahlkorrektur in den ASCIIMeßwertdateien halbautomatisch durchführte.
12,00
10,00
dT/dt / [10 -3 K/s]
8,00
6,00
4,00
2,00
0,00
-2,00
keine Korrektur
einfache Abstrahlkorrektur
Abstrahlkorrektur mit var. Koeffizienten
-4,00
-6,00
-8,00
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
3500
4000
t/[s]
Fig. 3.13: Einfluß der Abstrahlkorrektur: Gemessene Temperaturentwicklung ohne Korrektur
(Punkte), Abstrahlkorrektur (durchgezogen) u. Abstrahlkorrektur mit veränderlichem Abstrahlkoeffizienten (gestrichelt). v0  1mm min 6 % min, T0  29. 6  C . t  1000s   = 2 (VIRB01I)
Unterlassung der Abstrahlkorrektur führt zu einer Unterschätzung der gemessenen
Wärmemengen, die als unverhältnismäßig starke Erhöhungen der Inneren Energie
interpretiert würden. Dieser Effekt zeigt sich verstärkt bei niedrigen
Verstreckgeschwindigkeiten [Koe 91].
Gleichzeitig sollte nicht vergessen werden, daß die benötigte Abstrahlkorrektur ebenso
wie der Abstrahlkoeffizient  eigentlich vom Verstreckgrad abhängig wäre. (Fig. 3.13)
70
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
3.2.3.2.
Messung der Thomson-Wärme
Zur Berechnung der Thomson-Wärme wurde (Eq. 1.40) verwendet:

1 dQ

l0T d F
(Eq. 1.40)
Dabei wurde die Ersetzung vorgenommen:
F I Fd FI
H K Hd  K
dQ
dQ

d
dF
(Eq. 3.22)
dF
dQ
wurde hier aus der stärksten differentiellen Abkühlung der Probe gewonnen,
d
d
aus der Steigung der Spannungs-Dehnungskurve an der entsprechenden Stelle. (Fig.
3.14)
Fig. 3.14: Schema zur Bestimmung des Thomson-Effektes. Zuerst wird die Stelle im Temperaturdiagramm mit der stärksten negativen Steigung gesucht (Pfeil), und an diese eine Tangente
angelegt (  dQ d ). An der gleichen Stelle der Spannungs-Dehnungskurve (gestrichelte Linie)
wird die Tangente an die Kurve der Kraft angelegt ( = dF d ). Bei unseren verrauschten
Messungen ist die Bestimmung sowohl der Lage dieses Punktes, als auch die Steigung der
Kurve an seinem Ort mit hohen Unsicherheiten verbunden. Meßfehler von 100% oder mehr
sind deshalb sicher nicht unrealistisch.
71
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Da insbesondere der differentielle Wärmeaustausch hier starke Schwankungen zeigte,
wurden die meisten Kurven mit einem Fourier-Filter geglättet. Trotzdem war es immer
noch eine sehr delikate Angelegenheit, denjenigen Punkt aus der Messung
herauszupicken, an dem der Thomson-Effekt bereits deutlich zu sehen war, noch ehe er
wieder von den Effekten bei höheren Verstreckgraden überlagert wurde.
Der auf diese Weise gewonnene Längenausdehnungskoeffizient wurde dann über der
Temperatur bzw. der Verstreckgeschwindigkeit aufgetragen.
Es zeigte sich keine ausgeprägte Abhängigkeit von der Verstreckgeschwindigkeit, wie
auch vom Modell vorhergesagt.
10
9
8
7
-4
/[*10 /K]
6
5
4
3
Messunge
Inf r ar ot
Kalor im
Dilat om
2
1
0
20
30
40
50
60
70
T/[°C]
Fig.: 3.15: Längenausdehnungskoeffizient  aus Messungen der Thomson-Wärme, aufgetragen über d. Umgebungstemperatur. Zum Vergleich Auftragung der Resultate kalorimetrischer
[Bor 91] u. dilatometrischer [Bra 89] Messungen.
Bei der Auftragung über der Umgebungstemperatur (Fig. 3.15) zeigt sich jedoch sehr
deutlich eine Zunahme des Längenausdehnungskoeffizienten mit der Temperatur. Das
ist in guter Übereinstimmung mit den kalorimetrischen Messungen von Borst [Bor 91]
72
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
bzw. den aus dilatometrischen Messungen gewonnenen Werten von Brandrup et.al.
[Bra 89], die allerdings etwas kleiner als Borsts und unsere Werte ausfielen. 4
Eine Erklärung dafür könnte im Kristallanteil des LDPE liegen, der sich mit der
Temperatur ebenfalls ändert. Nimmt man für die amorphen Bereiche einen spezifischen
Ausdehnungskoeffizienten  a an, der verschieden von dem der kristallisierten Bereiche
 c sei, so errechnet sich der lineare Ausdehnungskoeffizient für das gesamte Polymer
nach:
d
i
(T )  c  w p (T )   a  1  w p (T )
(Eq. 3.23)
Unter der Annahme  a  c folgt, daß mit zunehmender Temperatur und steigendem
Anteil der amorphen Bereiche auch der mittlere Ausdehnungskoeffizient wachsen muß.
Trägt man  über dem Kristallanteil auf, so bekommt man folgende Werte für die
einzelnen Koeffizienten:
c  1. 5  10 4 K  0
 a  15  10 4 K
Damit trägt der Kristallanteil (zumindest in dieser groben Abschätzung) praktisch gar
nichts zur Wärmeausdehnung bei, während sich der amorphe Anteil fast wie ein ideales
Gas ( Gas  13  10 4 K ) verhält. Das ist mit den gängigen Theorien der Polymere
vereinbar.
4In
diesem Zusammenhang ist nicht klar, ob bei den dilatometrischen Messungen überhaupt die
Veränderung der Wärmekapazität mit der Temperatur berücksichtigt wurde. Abgesehen davon zitiert das
bzgl. dieser Messungen angegebene Nachschlagewerk, das Polymer Handbook 3rd ed. [Bra 89], als
Quelle der Messungen zum einen sich selbst (Polymer Handbook 2nd ed.), zum anderen ein Paper aus
dem Jahre 1945 [Hah 45]. Die 2nd ed. wiederum [Bra 75] gibt als Referenz eine schwer lokalisierbare
finnische Veröffentlichung an [Ant 62], wodurch sich eine Prüfung der Angaben schwierig gestaltet.
73
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
3.2.3.3.
Spannungs-Dehnungskurven
Die Spannungs-Dehnungskurven zeigen das übliche Verhalten (Fig. 3.17): Bei großen
Verstreckgraden befinden sie sich in guter Übereinstimmung mit den Vorhersagen des
van-der-Waals-Netzwerkes. (Fig. 3.18) Bei geringen Verstreckgraden kann das
Auftreten eines Peaks, dessen Höhe mit der Verstreckgeschwindigkeit zunimmt, jedoch
noch nicht befriedigend erklärt werden.
Wir versuchten, die Abweichung von Theorie und Messung durch das Schermodell zu
erklären. Unter der Annahme einer Parallelschaltung von Netzwerk und Schervorgang
sollten sich beide Kraftanteile einfach addieren.
120
110
100
90
80
F/[N]
70
60
50
40
30
20
10
C
Ve C
rs C
tre
ck C
ge
sc C
hw
.
2,50
2,75
2,25
2,00
1,75
1,50
C
1,25

1,00
Fig. 3.16: Verschiedene Spannungs-Dehnungskurven, bei Zimmertemperatur aufgenommen.
Von vorne nach hinten: v0  0. 3, 1, 3, 10, 30, 100 mm min; Die vorderen drei Kurven wurden bei
homogener, die anderen bei heterogener Verstreckung aufgenommen. Man beachte die mit der
Geschwindigkeit steigende Spitzenkraft, sowie den Einbruch mit Einsetzen des Necks. Dieses
Phänomen konnte bei allen Temperaturen beobachtet werden.
74
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
100
90
80
70
F/[N]
60
24.4°C
29.3°C
33.8°C
50.2°C
83.2°C
104.1°C
50
40
30
20
10
0
-10
1,0
1,2
1,4
1,6
1,8
2,0
2,2
2,4
2,6
2,8
3,0

Fig. 3.17: Messungen bei verschiedenen Temperaturen, alle bei der gleichen Geschwindigkeit
v0  10 mm min 60 % min. Mit dem Kristallanteil nimmt die zur Verstreckung nötige Kraft
deutlich ab. Ähnliche Verläufe ergeben sich bei den anderen Geschwindigkeiten.
120
100
F/[N]
80
60
40
Messung
20
Rechnung
0
-20
1,00
1,25
1,50
1,75
2,00
2,25
2,50
2,75
3,00

Fig. 3.18: Vergleich zwischen gemessener Spannungs-Dehnungskurve (Symbol) und Vorhersage des van-der-Waals-Modells (durchgezogen) für zwei Messungen bei T0  30 C u. Verstreckgeschwindigkeiten v. v0  10 mm min(60 % min) (Kreise) bzw. v0  1mm min(6 % min)
(Karos). Messung: Symbole; Rechnung: durchgezogen. (VIRB01I, VIRB0IK)
75
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Es zeigte sich aber, daß die Kurvencharakteristik des Schermodells offensichtlich
generell ungeeignet ist, die Differenzen zwischen dem van-der-Waals-Kraftgesetz und
der Messung zu beschreiben. (Fig. 3.20)
F=Fvan der Waals -Fexperimentell /[N]
40
35
30
1mm/min
10mm/min
100mm/min
25
20
15
10
5
0
-5
-10
-15
-20
1,00
1,25
1,50
1,75
2,00
2,25
2,50

Fig. 3.19: Differenz F zwischen Messung und van-der-Waals-Theorie f. verschiedene
Messungen bei T0  55 C .
60
50
0.3 mm/min
1 mm/min
10 mm/min
100 mm/min
40
30
F/[N]
20
10
0
-10
-20
-30
-40
1,00
1,25
1,50
1,75
2,00
2,25
2,50

Fig. 3.20: Differenz F zwischen Messung und van-der-Waals-Theorie f. verschiedene
Messungen bei T0  25 C . Dicke Linie: Anpassung der Kraftkurve des Schermodells.
76
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Die Schwierigkeiten liegen darin, daß die Abweichungen im Anfangsbereich der
Verstreckung ganz offensichtlich ein dynamisches Verhalten zeigen, da sie sehr stark
von der Verstreckgeschwindigkeit abhängen. Weder die Standard-Theorie des van-derWaals-Netzwerks
noch
das
Schermodell
enthalten
jedoch
eine
geschwindigkeitsabhängige Komponente, was eine prinzipielle Unzulänglichkeit zu
sein scheint.
3.2.3.4.
Temperaturentwicklung und Energiebilanz
Zur Erstellung der Energiebilanz wurde (Eq. 1.10) verwendet:
du
 w q
dt
(Eq. 3.24)
liefert uns die Rate der Änderung der (enthalpischen) Energiedichte. Da es sich hierbei
um einen zeitabhängigen Prozeß handelt, haben wir einige der Schaubilder in der
Zeitskala
´renormiert´,
d.h.
auf
eine
Verstreckgeschwindigkeit
von
v 0  10 mm min  60 % min umgerechnet.
Mit unserer Vorzeichenwahl entspricht ein negatives u einem exothermen Prozeß, also
z.B. einer Kristallisation.
Fig. 3.21: Verlauf der Temperaturänderung (um Abstrahlverluste bereinigt) der homogen
verstreckten Messungen mit v0  1mm min(6 % min) .
0,020
0,015
dT/dt / [K/s]
0,010
0,005
0,000
-0,005
T0 = 24.4 °C
29.3 °C
33.8 °C
50.2 °C
83.2 °C
-0,010
-0,015
-0,020
1,00
1,25
1,50
1,75
2,00
2,25
2,50
2,75
3,00

77
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Im Gegensatz zur Verstreckspannung, die mit zunehmender Temperatur immer geringer
wird, zeigt die Wärmeerzeugung, bezogen auf jeweils das gleiche  , keine große
Temperaturabhängigkeit. (Fig. 3.21) Das bedeutet, daß Änderungen der Energiebilanz
nicht mit einer Wärmeerzeugung, sondern mit dem Verstreckmechanismus
zusammenhängen müssen.
Unsere Messungen zeigten bei sehr kleinen Verstreckgeschwindigkeiten und geringen
Verstreckgraden einen sehr starken Anstieg innerer Energie, einhergehend mit einer
Abnahme der Temperatur. (Fig. 3.22) Dieses Verhalten, das auch schon von anderen
Autoren beobachtet werden konnte [Bor 91, Kne 93, May 89, Sch 91], ist vermutlich
die Folge des Thomson-Effekts, d.h. der Erzeugung neuer Freiheitsgrade durch die
Aufbiegung der Potentialmulden infolge der Verstreckung, auf die a priori noch keine
thermische Energie entfallen. Eine große Rolle spielt außerdem die Erzeugung von
Defekten durch die Deformation, indem Kristallite zerbrochen oder Ketten aus den
Kristalliten herausgezogen werden. Möglicherweise trägt in unserem Fall außerdem
eine Überschätzung des Verstreckgrades für kleines  , die eine Überschätzung der verrichteten mechanischen Arbeit zur Folge hatte, zu dem Effekt bei.
du/dt / [kJ/(kg*s)], renormiert
0,20
0,15
0,10
0,05
0,00
-0,05
-0,10
v0 = 10 mm/min
20 mm/min
30 mm/min
100 mm/min
300 mm/min
-0,15
-0,20
-0,25
-0,30
1,0
1,2
1,4
1,6
1,8
2,0
2,2
2,4
2,6
2,8
3,0

Fig. 3.22: Energiebilanz für inhomogen verstreckte Proben. T0  25 C . Die Messung mit
v0  300 mm min wurde mit e. Fourier-Filter geglättet.
78
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Die Proben, bei denen das Auftreten eines Necks beobachtet werden konnte, zeigen
jenseits des Effekts der thermoelastischen Inversion eine ausgeglichene Energiebilanz,
d.h. die zugeführte mechanische Arbeit wird komplett in Wärme umgewandelt. (Fig.
3.23) Dies entspricht dem Verhalten eines vollständig entropiebestimmten Netzwerks.
0,25
v0 = 100 mm/min
0,20
10 mm/min
10 mm/min
1 mm/min
du/dt / [kJ/kg*s]
0,15
0,10
0,05
0,00
-0,05
-0,10
homogen
-0,15
-0,20
-0,25
1,0
1,2
1,4
1,6
1,8
2,0
2,2
2,4
2,6
2,8

Fig. 3.23: Entwicklung der Änderungen der Inneren Energie für verschiedene Messungen bei
T0  40 C . Deutlich sichtbar ist die ausgeglichene Bilanz für die schnelleren Messungen und
das Freiwerden Innerer Energie bei v0  1mm min(6 % min) .
du
, das
dt
ungefähr bei   2 konstant wird und erst später in ein rein entropisches Verhalten
übergeht.
Der Vergleich mit Röntgenmessungen [Häb 92] zeigt, daß in diesem Bereich (
1. 2    2 ) die Lamellen-Filament-Umwandlungen stattfinden. Die Verringerung von
Bei Verstreckgeschwindigkeiten, die darüber liegen, mißt man ein negatives
Innerer Energie bedeutet, daß mehr Wärme frei wird, als mechanische Arbeit am
System geleistet wurde, also sollte m.a.W. diese Umwandlung und damit die plastische
Deformation der Kristallite ein exothermer Vorgang sein.
79
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
20,00
15,00
10,00
du/dt / [J/kg*s]
5,00
0,00
-5,00
-10,00
T
-15,00
0
/ [°C]
24.4
29.3
33.8
50.2
83.2
104.1
-20,00
-25,00
-30,00
-35,00
-40,00
1,00
1,25
1,50
1,75
2,00
2,25
2,50
2,75
3,00
3,25
3,50

Fig. 3.24: Änderung der Inneren Energie für verschiedene Messungen mit
v0  1mm min( 6 % min) , also noch im Bereich der homogenen Verstreckung. Auffällig ist die
Zunahme der Abweichung von der Nullinie mit der Temperatur. Vertikale Linie (Pfeil): Meßpunkt
für die lineare Regression (vgl. Text).
Möglicherweise handelt es sich dabei nicht um Vorgänge in den Kristalliten (die ja
stabil sein sollten, so daß ihre Auflösung ein endothermer Vorgang wäre), sondern um
während des Backvorganges eingefrorene Verspannungen der amorphen Ketten, die
sich im Zuge der Lamellen-Filament-Umwandlung endlich wieder lösen können.
Nimmt man für verschiedene Messungen die Änderung der Inneren Energie jeweils bei
der gleichen Verstreckung (   1. 8 , Fig. 3.24)) und trägt diese Energieänderungen über
der Umgebungstemperatur auf, so erhält man einen linearen Zusammenhang, d.h. mit
zunehmender Temperatur steigt die aufzuwendende Energie praktisch linear an. (Fig.
3.25)
80
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
25
Fig. 3.25: Lineare Regression der freiwerdenden Inneren Energie über
der Temperatur bei homogener
Verstreckung.
Die
Regressionsgerade
schneidet die Nullinie ungefähr bei der Glastemperatur v. LDPE.
u / [J/kg*s]
20
15
10
5
0
20
40
60
T0 /[°C]
80
100
120
Diese Zunahme verläuft denn auch parallel zu einer fast linearen Zunahme des
amorphen Anteils im LDPE. Die Steigung der Regressionsgerade beträgt nämlich:
du
J
,
 25
dT
kg  s  K
b g
während sich gleichzeitig der Anteil der amorphen Bezirke um ca. 0. 35 % K ändert.
Die Extrapolation der Messungen des Kristallanteils w p führt zu einer Temperatur
Tg  30  C , bei der die amorphen Bereiche theoretisch vollständig auskristallisiert
bzw. eingefroren wären. Dies ist
ebenfalls die Temperatur, bei der der
Energieüberschuß aus unseren Messungen Null geworden wäre, und gleichzeitig nach
Ansicht einiger Autoren die Glastemperatur für LDPE [Bra 89]. 5
In den Bereichen mit   2 zeigen auch die Proben, die keinen Neck entwickeln, ein
rein entropisches Netzwerkverhalten. In Übereinstimmung mit den Röntgenmessungen
deutet dies daraufhin, daß keine grundlegenden Umwandlungen mehr stattfinden. Statt
dessen setzt das Netzwerk die von außen zugeführte Arbeit vollständig in Wärme um.
Begleitet wird dieser Vorgang von einem quasikontinuierlichen Aufschmelzen und
Wiedererstarren der Kristallite, die dadurch der Verstreckung zu folgen versuchen. Da
diese Vorgänge im Mittel genausoviel Wärme freisetzen, wie sie verbrauchen, und sich
5Das
Polymer Handbook, 3rd Ed. bemerkt hierzu, es herrsche "...considerable disagreement..." über die
genaue Lage der Glastemperatur bei LDPE.
81
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
die Topologie nicht mehr ändert, tauchen sie weder in der kalorimetrischen Bilanz noch
im Rahmen der röntgenographischen Messungen auf.
3.2.4.
Untersuchungen des Neck-Prozesses
Wir hatten die Randbedingungen unserer Experimente so gewählt, daß mit 13 von 25
gerade die Hälfte aller Proben einen Neck ausbildete. Der Neck als inhomogenes
Phänomen wurde dabei nicht, wie bei der homogenen Verstreckung, durch Mittelung
über eine AOI ausgewertet, sondern durch den Vergleich von Temperaturprofilen.
Dazu wurden eindimensionale Profile längs der Probe genommen und mit einem
Standardprofil wie aus (Eq. 1.34), für das Q0  1 MPa galt, verglichen. Nachdem die
Lage des Necks und der Untergrund berücksichtigt worden waren, wurden beide Profile
durch Multiplikation mit einer Konstanten bestmöglich zur Deckung gebracht. Diese
Konstante wurde dann als das Q0 der Probe identifizert.
3.2.4.1.
Entstehung und Propagation des Necks
Im Gegensatz zu polymeren Gläsern ist die Neckentstehung bei LDPE ein relativ
langsamer Prozeß, und die Gestalt des Necks ist längst nicht so scharf ausgeprägt wie
z.B. bei PC [Koe 89].
Der Neck nukleiert nach Durchlaufen der Lamellen-Filament-Umwandlung an
irgendeiner Stelle der Probe ohne vorherige Anzeichen (wie z.B. lokale Abkühlung o.ä.)
und beginnt mit der Wanderung durch die Probe, noch bevor die maximale
Wärmeentwicklung erreicht ist. (Fig. 3.26) Gelegentlich entstehen auch zwei sich
voneinander entfernende Necks an derselben Stelle.
Nach der Ausbildung des vollen Temperaturprofils bewegt sich der Neck dann
quasistatisch durch die Probe, bis er die breiter werdende Stelle der Schulterstücke
erreicht.
82
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
42
t: 16.2s
21.8s
31.9s
47.8s
41
40
39
T / [°C]
38
37
36
35
34
33
32
31
30
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
x / [mm]
Fig. 3.26: Temperaturprofile bei der Entstehung des Necks, zu verschiedenen Zeitpunkten aufgenommen. v0  100 mm min(600 % min) . (VIRB02D)
42,5
40,0
37,5
T/[°C]
35,0
32,5
30,0
27,5
25,0
22,5
20,0
t.14.4s
t.10.8s
p
tur
era
mp
Te
t.12.6s
10
t.9.1s
0
il
rof
20
t.7.6s
40
30
]
x/[mm
50
Fig. 3.27: Temperaturprofile bei der Entstehung des Necks, dreidimensional angeordnet. Deutlich sichtbar ist nach der Nukleation der Übergang zu einem quasistatischen Zustand, falls d.
Verstreckrate groß genug ist. v0  300 mm min(1800 % min) . (VIRB02F)
83
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
x / [mm]
40
28.0
28.3
28.6
28.9
29.3
29.6
29.9
30.2
30.5
30.8
31.1
31.4
31.8
32.1
32.4
32.7
30
20
-----------------
28.3
28.6
28.9
29.3
29.6
29.9
30.2
30.5
30.8
31.1
31.4
31.8
32.1
32.4
32.7
33.0
10
0
0
100
200
300
t / [s]
400
500
600
700
Fig. 3.28: Konturplot der beim Neckprozeß erzeugten Wärme. Aufgetragen sind in den Spalten
zu verschiedenen Zeitpunkten aufgenommene Temperaturprofile. Helle Bereiche sind warm,
dunkle Bereiche dagegen kühl. Man erkennt die Nukleation des Necks bei t  200 s und
x  32 mm. Von da ab bewegt er sich mit konstanter Geschwindigkeit und Temperatur nach
unten. Dahinter tritt wieder relativ schnell eine Abkühlung ein. Die selbe Messung ist auf dem
Umschlag dreidimensional dargestellt. (VIRB01K)
3.2.4.2.
Fits der Temperaturprofile
Die Fits der Temperaturprofile gelangen nicht besonders gut. Insbesondere fällt die
Temperatur hinter dem Neck schneller ab, als die Rechnung uns dies erwarten ließ.
(Fig. 3.29)
Die Ursachen dafür sind vermutlich, daß die Veränderung des Emissions- und des
Abstrahlkoeffizienten mit dem Verstreckgrad nicht berücksichtigt wurden. (Beide
Unterlassungen führen dazu, daß die gemessene Temperatur niedriger ausfällt als in
Wahrheit.) Tests mit einem angepaßten  gaben zwar eine bessere, aber immer noch
keine befriedigende Übereinstimmung. (Fig. 3.30) Unter Umständen war auch   zu
hoch angesetzt. (Die Messung der kritischen Verstreckgrade war schließlich auch...
kritisch. Vgl. 3.2.4.3.)
Prinzipiell konnte jedoch eine akzeptable Übereinstimmung zwischen Theorie und
Experiment beobachtet werden.
84
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
40
39
T/[°C]
38
37
36
35
Messung
Standard-Anpassung
Anpassung mit veränderlichem Abstrahlkoeff.
34
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
55
60
x / [mm]
Fig. 3.29 (oben): Temperaturprofil mit Neck (Symbole). Linien sind die Fits an (Eq. 1.34) mit
konstantem Abstrahlkoeffizienten (durchgezogen) bzw. veränderlichem A . (gestrichelt).
v0  10 mm min, T0  37.1 C. (VIRB01N)
Fig. 3.30 (unten): Temperaturprofil mit Neck (Symbole) u. Fit (Linien). v0  1mm min(6 % min) ,
T0  40. 9  C . (VIRB02C)
50
48
T / [°C]
46
44
Messung
Standard-Anpassung
Anpassung mit veränderlichem Abstrahlk.
42
40
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
55
60
x/ [mm]
85
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
3.2.4.3.
Kritische Verstreckgrade
Die kritischen Verstreckgrade wurden wie folgt erhalten:
  , die Nukleation des Necks, wurde aus dem Beginn der inhomogenen Erwärmung
bestimmt.
  , die Verstreckung hinter dem Neck, ließ sich nicht so leicht messen, da bei diesen
hohen Verstreckgraden die optischen Markierungen der Probe bereits aus dem
Bereich der Videokamera gewandert waren. Deshalb wurde die SpannungsDehnungskurve dazu herangezogen, denn   ist der Verstreckgrad, an dem nach
der Theorie wieder ein Anstieg der Kraft stattfindet. Dieser Punkt ist an den
Spannungs-Dehnungskurven von LDPE allerdings nur unscharf ausgebildet und
darum schwer zu bestimmen.
6,0
5,5
5,0
4,5
4,0

3,5
3,0
2,5
2,0
1,5
́´
́
1,0
0,5
0,0
10
100
v 0 / [mm/min]
Fig. 3.31: Kritische Verstreckgrade, aufgetragen über der Verstreckgeschwindigkeit.
Unsere Messungen ergaben weder eine Abhängigkeit von der Verstreckgeschwindigkeit
(Fig. 3.31), noch von der Umgebungstemperatur (Fig. 3.32). Statt dessen scheinen  
und   charakteristische Konstanten für das verwendete Material zu sein. Ihre Werte
betrugen für unsere Polyäthylen-Proben durchgehend:
  2. 10  0. 15
  5. 1  0. 4
86
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Fig. 3.32: Kritische Verstreckgrade, aufgetragen über der Umgebungstemperatur.
6,0
5,5
5,0
4,5
4,0

3,5
3,0
2,5
2,0
1,5
́´
́
1,0
0,5
0,0
20
30
40
50
60
70
80
90
T / [°C]
3.2.4.4.
Neckgeschwindigkeit
Die Neckgeschwindigkeit wurde anhand der Bewegung des wärmsten Punkts des
Temperaturprofils zwischen zwei Aufnahmen als Bruchteil der Verstreckgeschwindigkeit, d.h. v n v 0 gemessen.
Eine Temperaturabhängigkeit des Verhältnisses von Neckgeschwindigkeit zu
Verstreckgeschwindigkeit konnte nicht festgestellt werden, wohl aber eine
Abhängigkeit von der Verstreckrate. Mit der Ausnahme von zwei Ausreißern (die
erklärt werden können, indem man für sie einen ´doppelköpfigen´ Neck annimmt, der
zu einer Halbierung der gemessenen Geschwindigkeit führt) zeigt sich sehr deutlich ein
Abfall der relativen Neckgeschwindigkeit mit Zunahme der Verstreckrate.
Die Änderung der Neckgeschwindigkeit zeigt einen wichtigen Unterschied zum
Necking der amorphen Gläser [May 89]: Anders als bei diesen ist beim LDPE der
Verstreckgrad in den geneckten bzw. noch nicht geneckten Bereichen nicht konstant,
sondern nimmt weiterhin zu. Hier findet also neben dem Necking noch immer ein
homogener Verstreckprozeß statt. (Fig. 3.33)
87
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Fig. 3.33: Neckgeschwindigkeit als Bruchteil der Verstreckgeschwindigkeit über der Verstreckgeschwindigkeit aufgetragen. Durch Pfeile markiert sind die Messungen, bei denen von der
Nukleationsstelle zwei Necks in entgegengesetzte Richtungen propagierten, d.h. die Neckgeschwindigkeit wäre eigentlich doppelt so groß.
0,8
vn/ v0
0,6
0,4
Doppelnecks
0,2
0,0
10
100
v 0 / [mm/min]
3.2.4.5.
Energieerzeugung im Neck
Die Energieerzeugung im Neck wurde aus dem Faktor bestimmt, mit dem das ReferenzTemperaturprofil multipliziert werden mußte, um einen optimalen Fit zu liefern. Q0 ist
hierbei die durch das Vorüberziehen des Necks pro Volumenelement freigesetzte
Energiemenge. (Beachte: 1 MPa = 1 J cm 3 )
Die Messungen zeigen wiederum keine nennenswerte Änderung mit der Temperatur,
wohl aber gibt es eine ausgeprägte Geschwindigkeitsabhängigkeit (Fig. 3.34): Mit der
Zunahme der Verstreckgeschwindigkeit steigt auch die Energieproduktion pro
Volumenelement, ebenso wie die zur Verstreckung notwendige Kraft. (Dieser Effekt ist
nota bene davon zu trennen, daß mit der Verstreckgeschwindigkeit und der
Geschwindigkeit des Necks ebenfalls die Gesamtrate erzeugter Energie, d.h. Änderung
pro Zeit, steigen muß.)
88
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
35
30
Q 0 / [MPa]
25
20
15
10
10
100
v 0 / [mm/min]
Fig. 3.34: Neckenergie, aufgetragen über der Verstreckgeschwindigkeit.
10
Q 0 * vn / v 0
8
6
4
2
0
10
100
v 0 / [mm/min]
Fig. 3.35: Neckenergie mal Neckgeschwindigkeit durch Verstreckgeschwindigkeit, aufgetragen
über der Verstreckgeschwindigkeit.
89
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Die Abhängigkeit ist so, daß ungefähr Q0  v n v 0  const gilt. (Fig. 3.35) Ein Modell
zur Erklärung dieses Effekts steht weitgehend noch aus. Es scheint jedoch so zu sein,
daß das System versucht, die Verstreckung unter minimalisierter Entropieerzeugung zu
durchlaufen.
Polymere Gläser sowie HDPE [Mah 80] zeigen ein Verhalten, bei dem der Anteil der in
Wärme umgewandelten mechanischen Arbeit mit der Verstreckgeschwindigkeit steigt,
um schließlich gegen 1 zu streben. Bei LDPE scheint es dagegen so zu sein, daß ein
Neck überhaupt erst bei Geschwindigkeiten auftritt, die so hoch sind, daß die
Energiebilanz bereits ausgeglichen ist.
90
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
3.3. Verstreckkalorimetrische
fülltem LLDPE
Eperimente
an
ge-
"Genauigkeit ist keine Kunst...
Die sogenannte Gewissenhaftigkeit [...]
ist nur die mühselige Perfektion in der Kunst des Langweilens."
Eugene Delacroix
Es wurden fünf Messungen an Tipelin durchgeführt. Füller waren Glasfasern. Alle
Experimente erfolgten bei Zimmertemperatur.
v0
mm  min
1
v0
%  min
1
BS 501
2
3
BS 501 + 20% Füller
2 bzw. 5
3 bzw. 7.5
FB 472 + 20% Füller
2 bzw. 5
3 bzw. 7.5
Tab. 3.6: Verstreckgeschwindigkeiten und -raten für die Experimente mit LLDPE.
Der Versuchsaufbau war derselbe wie bei den LDPE-Verstreckexperimenten.
An Tipelin wurde von R. Kraus bislang vor allem das Ablöseverhalten der amorphen
Matrix von den eingebetteten Füllerpartikeln mit Mitteln der Ultraschallemissionsanalyse untersucht [Wil 92]. BS 501 zeichnet sich dabei gegenüber FB
472 durch eine größere Härte aus. Wahrscheinlich liegt die Ursache dafür im
unterschiedlichen Verzweigungsgrad [Pei 92].
Bei der Schallemission mißt man für beide Polymere einen Peak mit hoher Ereignisrate
bei   1. 05 . (Fig. 3.36) BS 501 zeigt zusätzlich bei sehr kleiner Verstreckung   1. 02
einen weiteren Peak. Dieser besteht aus Ereignissen, die sowohl zahlreicher als auch
energiereicher (pro Einzelereignis) sind.
Zwei der vier gefüllten Proben rissen bereits bei   1. 2 . (Fig. 3.37) Dies ist keine
eigentliche Materialeigenschaft -üblicherweise liegt der maximale Verstreckgrad für
Tipelin bei über   1. 5 -, sondern liegt vermutlich an der schlechten Durchmischung
der Proben, also an der Präparation.
91
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Fig. 3.36 (oben): Schematische Ergebnisse der Schallemissionsmessung v. BS-501
(durchgezogen) u. FB-472 (gestrichelt). BS-501 zeigt zwei Peaks bei   1. 05 u.   1. 2 , von
denen der erste die zahlreicheren Ereignisse enthält. Die Ereignisse des zweiten Peaks sind
dafür energiereicher pro Ereignis. FB-472 zeigt nur den zweiten Peak bei   1. 2 .
Fig. 3.37 (unten): Spannungs-Dehnungskurven von LLDPE. Deutlich sichtbar sind der Riß der
gefüllten BS-501-Proben, noch bevor das Spannungsplateau erreicht ist, sowie die fast
identischen Kurven der FB-472-Prüflinge.
BS-501, keinFüller, 2 mm/min
BS-501+ 20%Füller, 2 mm/min
FB-427+ 20%Füller, 2 mm/min
BS-501+ 20%Füller, 5 mm/min
FB-472+ 20%Füller, 5 mm/min
200
F / [N]
150
100
50
0
1,0
1,1
1,2
1,3
1,4
1,5
1,6
1,7

92
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
299,0
298,9
T / [K]
298,8
298,7
298,6
= 1.5
298,5
298,4
0
100
200
300
400
500
600
t / [s]
Fig. 3.38: Temperaturdiagramm der ungefüllten BS-501-Probe. Man erkennt deutlich die fast
konstante Zunahme der Temperatur mit der Zeit, entsprechend einem rein entropieelastischen
Verhalten. Wegen der Unsicherheiten in der Bestimmung des Verstreckgrades, wurden dieses
und die folgenden Diagramme über der Zeit aufgetragen, mit einer ungefähren Markierung der
entsprechenden Verstreckgrade.
Alle gefüllten Proben zeigten unabhängig von der Verstreckgeschwindigkeit eine
Abkühlung, die bei einem Verstreckgrad von ca.   1. 08 in eine Erwärmung überging.
(Fig. 3.39) Die Abkühlung war hier bei den BS 501-Proben deutlich ausgeprägter als
bei den FB 472-Teststäben. Die nichtgefüllte Referenzprobe zeigte fast keine Änderung
in der Entwicklung der Temperatur.
Die Ablösung der Matrix von den Fasern, die im wesentlichen die bei der
Schallemission gemessene Größe ist, hat zwei entgegengesetzte Einflüsse auf die
Wärme der Probe Die Haftstellen der Ketten erhalten durch die Ablösung plötzlich neue
Freiheitsgrade die im Moment der Ablösung die Temperatur T  0 K besitzen.

Temperaturausgleich mit der Umgebung führt zu einer allgemeinen Abkühlung,
d.h.: Thomson-Effekt durch Kettenablösung.
Gleichzeitig wird die Energie der elastisch gespannten Ketten frei, was zu einer
Erwärmung führt.
93
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
296,7
296,6
296,5
T / [K]
296,4
296,3
296,2
BS-501
FB-472
296,1
296,0
295,9
= 1.2
= 1.1
= 1.0
295,8
0
25
50
75
100
125
150
175
200
225
250
275
300
t / [s]
Fig. 3.39: Temperaturentwicklung der Messungen mit v0  2 mm min. Die bei beiden Proben
fast identische Abkühlung, entsprechend dem ersten Peak der Schallemission, und die darauffolgende Erwärmung während des zweiten Peaks, die sich der gleichmäßigen Erwärmung des
ungefüllten LLDPE überlagern, sind klar sichtbar. Die starke Erwärmung v. BS-501 bei t  100 s
kommt durch den Riß zustande.
Fig. 3.40: Temperaturentwicklung über der Zeit für die Proben mit v0  5 mm min. Die Abkühlung des BS-501 hat zugenommen.
297,8
297,6
297,4
297,2
T / [K]
297,0
296,8
BS-501
FB-472
296,6
296,4
296,2
= 1.3
= 1.2
296,0
= 1.0
295,8
0
= 1.1
50
100
150
200
t / [s]
94
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Während der Thomson-Effekt eine Eigenschaft der Kettenstruktur und somit von dem
Verstreckgrad im betrachteten Bereich weitgehend unabhängig ist, gilt für die elastische
Energie:
Welast 
2
E
(Eq. 3.25)
Geht man also davon aus, daß die beobachteten Temperatureffekte eine Folge der
Ablösung der Matrix sind, so können die Messungen wie folgt erklärt werden:
Die Abkühlung erfolgt innerhalb des elastischen Bereichs mit einer ansteigenden
Spannung, so daß der abkühlende Effekt der Entropieerzeugung noch überwiegt. Hier
gibt es nur bei BS-501 eine Geschwindigkeitsabhängigkeit, da FB-472 keine
Ablösungseffekte und somit nur einen ´konventionellen´ Thomson-Effekt (vgl. 1.3)
zeigt. Später, im Bereich des zweiten Schallemissionspeaks, ist das Plateau der
Spannung erreicht, die inzwischen so groß ist, daß ihr Einfluß jenen des
Thomsoneffekts überwiegt. (Fig. 3.40)
Es sollte jedoch bemerkt werden, daß aufgrund der nur sehr kleinen Verstreckungen, die
erzielt wurden, die Messung des Verstreckgrades mit Hilfe der Videobilder mit großen
Unsicherheiten belegt ist. Eine Verkippung der Probe oder ein Glanzlicht nahe der
Markierungsstriche kann dabei schon einen gewichtigen Fehler hervorrufen.
95
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
3.4. Experimente zur Infrarotmikroskopie
"New Brain! You understand? NEW BRAIN!"
Bela Lugosi: Ghost of Frankenstein
Die rein qualitativen Messungen wurden mit einem vereinfachten Versuchsaufbau
durchgeführt. Eine CCD-Kamera mit Makroobjektiv sowie die IR-Kamera beobachteten
die Proben von beiden Seiten aus möglichst geringer Entfernung. Ihre jeweiligen
Signale wurden über einen Bildteiler zusammengefügt und mit Hilfe des Titelgenerators
um die Einblendung einer Stoppuhr bereichert. Letzteres diente dazu, einzelne Bilder
sicher wieder auffinden zu können.
Als Proben wurde einmal LDPE verwendet, und einmal PBA Epoxy mit eingebetteten
Glasperlen von 360 µm Durchmesser. Die Verstreckgeschwindigkeiten betrugen
10 mm min ( 60 % min ) beim LDPE bzw. 0. 5 mm min (1 % min ) für die EpoxyProbe, da diese schon bei einem sehr geringen Verstreckgrad riß. Die Messungen
wurden bei Zimmertemperatur angefertigt.
Insbesondere bei der zweiten Probe hofften wir, den Ablöseprozeß der Matrix von den
Kugeln mit irgendeiner Form von Wärmeänderung in Verbindung bringen zu können,
z.B. mit einer Erwärmung der Ablösestellen.
Dagegen war eine direkte Beobachtung einer strukturierten Wärmeentwicklung im
Rahmen der Lamellen-Filament-Umwandlung des Polyäthylens von vornherein
unwahrscheinlich, da sowohl der Clusterdurchmesser d0  50 m , als auch die Zeit, die
eine einmal erzeugte Wärme braucht, um aus einer so kleinen Quelle in die Umgebung
zu diffundieren ( 0  5 ms ), hart an der Grenze der theoretischen Auflösung der IRKamera lagen.
Beide Messungen entpuppten sich als Fehlschlag. Bei keiner der Messungen war eine
inhomogene Wärmeentwicklung feststellbar, obwohl bei dem Epoxy-Harz der Vorgang
der Matrixablösung mit der CCD-Kamera recht gut zu beobachten war. (Fig. 3.41)
Es ist denkbar, daß wir schlicht und ergreifend das Pech hatten, gerade keine Glasperlen
vor der IR-Kamera zu haben. Wahrscheinlicher ist jedoch, daß das Epoxy nur einen sehr
geringen Transmissionskoeffizienten besitzt, so daß die bei der Ablösung im Inneren
freiwerdende Wärme nicht direkt von der Kamera beobachtet werden kann.
96
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Fig. 3.41: Videobild der Infrarot-Mikroskopie. In der linken Hälfte die CCD-Kamera, in deren
Bildausschnitt deutlich zwei Glasperlen zu sehen sind (Pfeile), sowie die Stoppuhr. Rechts die
Aufnahme der IR-Kamera ohne sichtbare Details.
97
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
4. ZUSAMMENFASSUNG
"Or are these just stories, without point or truth,
Brought to mankind from the pages of poets?"
Euripides: Iphigenia at Aulis
Eine Infrarotkamera, eine Verstreckapparatur mit Temperierkammer und ein digitales
Bildverarbeitungssystem wurden verwendet, um Messungen mit der Methode der
´schnellen, ortsaufgelösten, berührungsfreien Kalorimetrie´ durchzuführen. Die Vorteile
gegenüber konventioneller Kalorimetrie liegen in der geringen Zeitkonstanten und der
Möglichkeit, homogene und inhomogene Erwärmung voneinander zu trennen.
Neben Untersuchungen an LLDPE und HDPE wurde mit LDPE vor allem ein
semikristallines System untersucht. Besondereren Wert legten wir auf die Untersuchung
des Neckings als ein dem Phasenübergang verwandtes Phänomen. Verstreckungen
wurden dabei mit Raten bis über 1000 % min und bis knapp unterhalb des
Schmelzpunktes durchgeführt.
In Übereinstimmung mit alten kalorimetrischen Messungen wurde der lineare
Ausdehnungskoeffizient  aus dem Thomson-Effekt bestimmt. Eine deutliche Zunahme
von  mit der Temperatur läßt sich durch die gleichzeitige Zunahme der amorphen
Bereiche erklären, wenn man für diese einen Ausdehnungskoeffizienten wie für ein
ideales Gas annimmt.
Verstreckmessungen an LDPE wurden unter dem Gesichtspunkt des van-der-WaalsNetzwerks mit theoretischen Vorhersagen verglichen. Dabei konnten wir das
Schermodell testen und eine vollständige Energiebilanz aufstellen.
Das Modell für die Verstreckung semikristalliner Polymere umfaßt demnach unter
Berücksichtigung röntgenographischer Messungen Für   1. 2 die Erzeugung von Defekten an den Kristallitgrenzen, die zu einer


Abkühlung durch den Thomson-Effekt führen.
Danach einen Bereich mit 1. 2    2 , in dem die Lamellen-FilamentUmwandlungen stattfinden. In diesem Bereich tritt ein mit der Temperatur linear
steigender Überschuß an Wärme, d.h. ein Verlust an Innerer Energie auf.
Jenseits davon (   2 ) dominiert ein vollständig entropisches Verhalten, das von
dem
gummielastischen
Netzwerk
und
kontinuierlichen
Schmelz-
und
98
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Rekristallisationsprozessen charakterisiert wird. Die Energiebilanz ist hierbei
weitgehend ausgeglichen, d.h. die gesamte aufgewandte mechanische Arbeit wird in
Wärme umgewandelt.
Ab einer kritischen Verstreckrate v c  50 % min tritt mit dem Neck, wie er aus
polymeren Gläsern bekannt ist, eine inhomogene Verstreckung auf, die mit dem Modell
des spannungsaktivierten Netzwerks beschrieben werden kann.
Die kritischen Verstreckgrade sind weder von der Temperatur noch von der
Verstreckgeschwindigkeit abhängig, sie liegen jedoch deutlich höher als bei polymeren
Gläsern. Die freiwerdende Neckwärme und die Neckgeschwindigkeit (als Bruchteil der
Verstreckgeschwindigkeit) ändern sich zwar mit der Verstreckgeschwindigkeit, aber
nicht mit der Temperatur. Das Produkt aus Neckgeschwindigkeit und Neckwärme bleibt
dabei praktisch konstant.
All dies legt nahe, daß es sich bei dem Necking von LDPE um einen intrinsischen, für
das Material charakteristischen Prozeß handelt, der von der Versuchsführung nur relativ
gering beeinflußt wird.
Dadurch lassen sich diverse Folgerungen ableiten:
 Die Verstreckung für kleines  läuft im Rahmen der Auflösung der IR-Kamera
homogen ab, jedoch mikroskopisch heterogen. Innerhalb der Subsysteme ereignen



sich plastische Deformationen, denen das Wechselspiel von amorphen und
kristallinen Bereichen zugrundeliegt.
Ab   2 ist das System durch die Lamellen-Filament-Umwandlungen
´homogenisiert´ worden, d.h., die mikroskopischen Grenzflächen wurden soweit
herausgemittelt oder aufgebrochen, daß bei hinreichender Verstreckgeschwindigkeit
eine makroskopische Grenzfläche erscheinen muß: Der Neck.
Von nun ab ist das Verhalten des Systems von der Prozeßführung weitgehend
unabhängig und wird global durch den inneren Aufbau bestimmt.
Erst bei   5. 5 tritt eine erneute ´Erweichung´ ein, nachdem der Neck die ganze
Probe durchlaufen hat.
99
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
Weiter haben wir Untersuchungen an glasfasergefülltem LLDPE durchgeführt und den
Mechanismus der Verstreckung im Zusammenhang mit Schallemissionsmessungen
diskutiert. Den zwei über Schallemission gemessenen Abschnitten, in denen sich die
Matrix von den Füllern ablöst, entsprechen offensichtlich einmal eine Erwärmung und
das andere Mal eine Abkühlung. Daß derselbe Mechanismus zwei entgegengesetzte
Effekte hervorrufen kann, wird auf das unterschiedliche Zusammenspiel von
freiwerdender elastischer Energie und absorbierter Wärme durch Entropieerzeugung
zurückgeführt.
Abschließend wurde noch die Tauglichkeit der Infrarot-Kamera als IR-Mikroskop für
Polymerverstreckungen geprüft.
100
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
5. ANHANG: HERLEITUNG DES ENTHALPIEANTEILS
DER NOMINALSPANNUNG
"However, if a piece of calculation leads into an ever denser thicket,
nature probably did not intend you to go that way.
Look for a different approach."
David P. Stern
Das Lennard-Jones-Potential für den Festkörperanteil der für die Verstreckung
benötigten Kraft lautet:
 LJ ( r)   0
LFGd IJ  FGd IJ O
M
P
M
NHr K Hr K PQ
0
1
0
2
(Eq. 1.27)
Die Kraft erhält man aus der Ableitung nach dem Abstand r :
F( r)  
LM
N
 LJ
 d 1  d 2
 0  1 1  2 1
r
r 1
r 2

1I
1
F
wg.
Hx K  n x
n 1
n
O
PQ
(Eq. A.1)
.
Uns interessiert jedoch die Kraft in Abhängigkeit von   r r0 mit der Randbedingung
!
F(   1)  0 . Damit erhalten wir aus:
1d 1
r01 1

 2d  2
(Eq. A.2)
r02 1
die Bedingung für r0 :
F d I
r G
H d JK
0
1
2
1
1
1  2
2
(Eq. A.3)
Die Spannung läßt sich auf den Probenquerschnitt A rückrechnen, durch:
101
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
!
V   lA  const
=

A0
A
(Eq. A.4)
Damit ist:
f
LM
N
O
PQ
LM
N
O
PQ
A
1
1


 
1
 F   F  0   1   1  0  2    1
A0


1
2
2

(Eq. A.5)
mit:
:
1d 1
r01 1
F  d I
G
H r JK
2
2
2 1
(Eq. A.6)
0
und:
: 1  2
(Eq. A.7)
102
Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
LITERATUR
"Das würde erklären, warum er alles auf Deutsch geschrieben hat."
Stefan Gall in einem Seminarvortrag auf den Hinweis,
der Name ´Porod´ werde deutsch ausgesprochen,
da es sich bei ihm nicht um einen Belgier oder Franzosen,
sondern um einen Österreicher handle.
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Spannungsinduzierte Temperatureffekte bei der Deformation von Polyäthylen
THANKS AND ACKNOWLEDGEMENTS...
"The most famous fictional academics are at the moment:
Dr. Faustus, Dr. Jekyll, Dr. Frankenstein, Prof. Moriarty, Dr. Caligari,
Dr. Fu Man Chu, Dr. No, Dr. Strangelove and Dr. Lecter.
Do you really want to go to university?"
Thomas Kettenring
Zuallererst: Es ist großartig, daß ich in einer Abteilung arbeiten durfte, in der die Danksagungen am
Schluß eine ganze Seite füllen!
Ich möchte mich also als erstes bei Herrn Prof. Dr. H.-G. Kilian für die interessante Fragestellung, die
Gewährung großer Freiheiten und die erhellenden Gespräche bedanken. Dank geht außerdem an Dr.
Joachim ´JFK´ Koenen, der mich während der Diplomarbeit unter seine Fittiche nahm und meine
hysterischen Anfälle angesichts hoffnungslos verpatzter Messungen oder kabbalistischer Plots regelmäßig
zu dämpfen verstand.
Ein riesengroßes Danke geht an Strickle, Wolfi Knechtel und Roland Kraus, ohne deren geduldige
Erklärungen und Hilfestellungen garantiert viele Schaubilder dieser Arbeit leer geblieben wären, weil es
nie zu einer Messungen gekommen wäre. Roland möchte ich darüberhinaus für die reibungslose
Zusammenarbeit bei den Composites und die unkomplizierte Teilung des Arbeitsplatzes ein schallendes
takk fyrir! aussprechen.
Ansonsten... Thanx all jenen in der Abteilung, die zu dem großartigen Arbeitsklima beigetragen haben,
z.B. meinem Zimmergenossen Ralf, meinem Mit-Mietsklaven Jürgen (Clint), den Stefans A., G. und L.,
Bruno (dem Fragwürdigen), dem Stockey-Team, der Frühstücks-Zeitungs-Kampfgruppe, der Mutter der
Kompanie Bernd Heise und all den anderen Nasen, die ich vergessen habe. Es war eine tolle Zeit.
The support from the wonderful people on NewsNet, who have provided with or pointed me to one or
several of the quotes included in the text, or otherwise helped to make my day, is gratefully
acknowledged in alphabetical order:
MICHAEL ACKLIN. E.A. BOUFFIER. CLAUS BROD. LOU DUCHEZ. WOODROW EBERSOLD. DAMON
HASTINGS. STEVE HICK. TIMO JANTUNEN. JIM JONES. THOMAS KETTENRING. RICK PAYNE. WILLIAM H.
PECK. MARK SCHULDENFREI. GEORGE STACKNIK. DON SWENSON. CRAIG T AYLOR. DAIAJO TIBDIXIOUS.
"Posting a sensible reply to a stupid article is totally mindless.
In comparison, posting a dumb article is simply ignorant."
Daiajo Tibdixious
107