Reise YUNN+TIBET - Reisebericht 978 kB - RC Luzern
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Reise YUNN+TIBET - Reisebericht 978 kB - RC Luzern
REISEBERICHT Yunnan / Yuanyang / Tibet / Kathmandu-Tal 11. Okt. – 2. Nov. 2014 Rückblick Unsere Erlebnisreise gehört der Vergangenheit an. Adelbert 22 unvergessliche Reisetage konnten wir zusammen erleben. Yunnan, ethnische Minderheiten, die Reisterrassen, die famose Zugfahrt, Lhasa, prägende Pilger-Rituale, Fahrten über 5000er-Pässe, das Himalaya-Massiv, das Kathmandu-Tal ... und dann noch der Besuch des Taj Mahal. Wirklich ein intensives und forderndes Programm. Aber alles hat hervorragend geklappt – die Reise stand unter einem wirklich guten Stern. Was bleibt sind Erinnerungen – auch viele Fotoerinnerungen. Nachstehende Reiseberichte werden helfen, uns später wieder konkreter an einzelne Routen, Abläufe, Orte, Episoden zu erinnern. Jede/r beschrieb einen zufällig zugelosten Tag aus seiner Sicht – dieser Bericht ist somit eine individuell formulierte KurzZusammenfassung unserer drei Wochen. Alle haben mitgeholfen, das Ganze zu einem tollen und unvergesslichen Erlebnis werden zu lassen. Da kann man nur sagen: DANKE VIELMALS AN ALLE – und DANKE Jürg/Sibylle für die umsichtigen Tätigkeiten als Säckelmeister. Es hat Spass gemacht, diese Reise zu organisieren und durchzuführen. Es war eine erinnerungsreiche, schöne und unvergessliche Zeit – geprägt von vielen freundschaftlichen Kontakten und Gesprächen! SA/SO, 11./12. Okt. Hinflüge / LIJIANG Kurt. W. Um 12.55 h trifft sich die aufgeräumte Reisegruppe an Bord von Flug LX 196 nach Peking. Gleich zu Beginn warten s‘Bütler’s mit einer Frohbotschaft auf. Vor wenigen Stunden ist ihr 2. Enkel - Francis - auf die Welt gekommen und die ersten Bilder machen die Runde. Ihr Weg zum Flughafen führte via Gebärsaal St. Anna, aber die von Müdigkeit etwas gezeichneten Grosseltern finden nun im Flugi Zeit, sich von den Strapazen zu erholen. Der zehnstündige Flug verläuft ruhig. Etwas eigenartig ist nur, dass der Passagierraum schon um 17.00 h abgedunkelt wird – Zeit also zum Schlafen gehen! Dafür wird das Frühstück um 21.30 h MEZ serviert – etwas verwirrend! Doch hilft uns der Sonnenaufgang über Peking den Weg in den neuen Tag zu finden. Nach der Landung erwarten uns riesige Hallen und Terminals mit gigantisch weit gespannten Dachkonstruktionen. Beeindruckend – nicht nur für Bauprofis! Nach der Passkontrolle fahren wir mit einem „Flughafen-Zügli“ zum Bagage Claim ans andere Ende des Flughafens. Alle glücklich, dass nichts verloren gegangen ist, suchen wir das nächste Abflug Gate nach Lijiang. Dort angekommen freuen wir uns schon auf einen feinen Kaffee! Die Karte verspricht ja viel – alle italienische Varianten des Kaffeegenusses – in der Realität leider „mise à la chinoise“. Der Weiterflug nach Lijiang startet pünktlich und endet mit einem ersten Blick auf schneebedeckte Spitzen der südöstlichen Ausläufer des Himalayas. Am Ankunftsort werden wir von unserem Führer „Joe“ mit einem Iveco-Kleinbus abgeholt. Lijiang bedeutet „Stadt am schönen Fluss“ und ist eine bezirksfreie Stadt in der Provinz Yunnan. Sie liegt auf einem 2600 m.ü. M. gelegenen Plateau und ist seit Jahrhunderten ein wichtiges Handelszentrum zwischen Tibet und Yunnan. Unsere Reise mit Joe startet direkt Richtung Zentrum der Stadt. Das erste chinesische Mittagessen steht an, alle sind hungrig, und wir erfreuen uns an Porc Chops, Aubergine mit diversen Gemüsen, scharfes Huhn und Tomaten mit Ei. Dazu Tee und „Dali-Beer“ (nur 2.7 Volumen-Prozent) – letzteres wird uns die folgenden Tagen begleiten und erfreuen, da man viel mehr davon trinken kann, als bei unserem bekannten „Eichhof“. 1 Nach dem Essen gehen wir auf einen Rundgang durch die malerische Altstadt Lijiang’s mit ihren typischen Läden. Die Altstadt (Stadtbezirk Gucheng) ist 1997 in die Liste des UNESCOWeltkulturerbes aufgenommen worden. Sie ist von engen Kopfsteinpflastergassen und einem Netz an Kanälen durchzogen. Wir begegnen einem Riesenangebot an Silber- und Kunsthandwerk sowie unzähligen Food-Stationen mit jeweils bis zu 20 Köchen an einem Stand. Entsprechend breit ist die Auswahl an Köstlichkeiten, die allerdings für unsere Nasen etwas gewöhnungsbedürftig bleiben. Die alten Häuser ruhen meist auf einem Steinfundament und Mauern aus weiß getünchten Lehmziegeln, haben Türen, Balkone und Fensterläden aus rotem Holz und typisch geschwungene Ziegeldächer. In den Strassen und Gassen tummelt sich eine Unzahl junger Menschen, aber auch eine grosse Vielfalt indigener meist älteren Frauen in ihren Trachten. An diesem Nachmittag sind wir wohl die einzigen „Langnasen“. Der Spaziergang führt uns in eine auf dem Löwenhügel gelegene „Beiz“, von welcher wir eine exzellente Aussicht über Lijiang geniessen. Der phantastische Rundblick über die Stadt und ihre Umgebung verleitet unsere Fotografen munter drauflos zu klicken. Bei Cola, Tee und Wasser hat der eine oder andere inzwischen „Lampi-Auge“ bekommen – die Müdigkeit der langen Reise kehrt ein. Wir gehen zurück ins Hotel zum Retablieren und Erholen. Zum Nachtessen führt uns Joe in ein chinesisches Familienrestaurant. Dort sind wir „Langnasen“ eine Attraktion für Kinder und Einheimische und werden richtig vorgeführt. Wir nehmen es gelassen und verzehren Yak-Fleisch mit portugiesischem Wein. Das Ganze schliesst mit einem Absackerl - einem Schnaps genannt „House-Wine“! – und das um 16.30 h MEZ – so früh war ich noch nie „i de Möscht“! Aber es war ein wunderbarer Tag! MO, 13. Okt. LIJIANG Doris Mit dem reichhaltigen Frühstück vom Buffet gestärkt, besuchen wir zuerst den lokalen Markt. Für uns ungewohnt, stehen wir zu Beginn mitten in einem Falkenmarkt - gewiss 20 Falken werden hier zum Kauf angeboten. Der Markt besticht aber v.a. durch seine wunderbaren Früchte. Alles scheint hier grösser zu sein, werden doch - für unsere Verhältnisse - riesige Pfirsiche, Grapefruits etc. angeboten. Die Leute decken sich mit Fisch, Fleisch, getrockneten Wurzeln, Nüssen etc. ein. Gewogen wird alles mit der alt bewährten Handwaage und transportiert wird die Ware in farbigen Weidenhutten. Dann geht die Busfahrt zum Dorf Yu Hu, wo 1920 - 1949 der österreichische Botaniker Joseph Francis Rock wirkte. Das Gebiet ist bekannt für seine Biodiversität. Hier herrscht ein tropisches Klima, gibt es doch viele Oleanderbüsche und Palmen. Typisch sind auch die Naturstein-Mauerarbeiten. Viele liebliche Kosmeen säumen die Strassen. Wir geniessen die wärmende Sonne – Kurt W. ersetzt den vergessenen Sonnenhut durch einen wunderschönen Blumenkranz, der erst noch mit ein paar Tagetes bestückt ist. Für die Blumenfrau ist der Tag gerettet und Kurt W. fühlt sich wohl wie ein Schwingerkönig. Zum Staunen bringen uns Bauleute, die nur mit Muskelkraft einen riesigen Baumstamm von einem Laster auf einen kleinen 2-Rad-Karren hieven und so auf die Baustelle transportieren – Baukräne sind hier völlig unbekannt. In Baisha essen wir z’Mittag und besuchen dann den Liuli Dian-Tempel und den Daboo-li-Palast mit Wandmalereien aus der Mingzeit, die das tägliche Leben des tibetischen Buddhismus darstellen. Sehr interessant ist auch der Besuch einer Seidenstickerei-Schule: mit feinsten Seidenfäden werden hier wunderbare Bilder kreiert - so schöne, dass Sibylle und Jürg sich ein Exemplar für ihr Zuhause kaufen. Auf dem Heimweg wird noch ein Halt im Park mit dem Teich des schwarzen Drachens gemacht. Vor allem die 5bogige weisse Brücke und der 5-Phönix-Pavillion sind dankbare Fotosujets. Nach diesem dichten Tagesprogramm wollen wir das Erlebte mit einem feinen Nachtessen abrunden. Doch der zuerst angepeilte Food-Court mit etwa 50 Kochstellen ist dann für unsere Begriffe doch zu laut und zu ungemütlich, so dass wir den Tag schliesslich in einem idyllischeren Restaurant mit chinesischen Spezialitäten ausklingen lassen. DI, 14. Okt. LIJIANG - SHAXI Jürg Über eine neue Autobahn fahren wir durch das malerische Shaxi-Tal. Die Vegetation ist üppig. Bauern sind in den Mais- und Reisfeldern mit einfachen Werkzeugen an der Arbeit. In Hutten wird die Ernte transportiert – welch ein Kontrast zur modernen Strasse. Auch Tausende Kilometer von Peking entfernt, staune ich über die grosszügigen wenn nicht überdimensionierten - Strassenbauten im chinesischen Hinterland. 2 Die Parzellen sind hingegen klein. Jede Familie habe zwei ha zur Verfügung, erklärt uns Führer Joe. Dann führt er uns durch einen Waldweg mit steilen Treppen hinauf zum Shibaoshan-Berg. Der Baoxiang-Tempel wird auch als „Hängender Tempel” bezeichnet, da er auf den hoch aufragenden steilen Steinfelsen erbaut ist. Durch mehrere Hallen und Pavillons und über die 99-stufigen „Himmelsleiter“ aus Steintreppen erreicht man auf dem Gipfel den Jindingsi-Tempel. Die geschwungenen Pagodedächer sind reich mit bunten Ornamenten bemalt. Innen lachen uns goldige Buddhas entgegen und andere - sehr bunte und zum Teil furchteinflössende - Gottheiten. Davor sehen wir Opfergaben: frische bunte Blumen und viele brennende Räucherstäbe. Pilger treffen wir wenige. Gerade gestern sollen Hunderte wegen eines Feiertags diesen besinnlichen Ort besucht haben. Beim Parkplatz ist gerade ein kleiner Lastwagen mit groben Fleischstücken vorgefahren. In der Baracke dahinter bekommen wir ein frisch zubereitetes herrliches Mittagessen nach chinesischer Art. Unser nächster Halt im Shibaoshan-Komplex gilt den Shizhongshang-Grotten, die wir über einen steilen Waldweg erreichen, wo wir kleine Tempel und 1300 Jahre alte Felszeichnungen bestaunen können. Nach einer kurvigen Fahrt ins Tal erreichen wir das wenig bekannte Shaxi, ein Bauerndorf der Naxi-Minderheit, das einst eine wichtige Handelsstation an der „Tee- und Pferdestrasse“ war und im Jahr 2001 auf die Liste der 100 weltweit am meisten bedrohten Kulturdenkmäler aufgenommen wurde (WMF-Liste). Dies ermöglichte ein Projekt der ETH Zürich, welches eine aufwändige und sanfte Renovation auslöste. Seitdem steht Shaxi unter Denkmalschutz Unsere Zimmer sind in einem 100-jährigen Bai-Haus, das zu einem Gästehaus mit ***Komfort umgebaut wurde, reserviert. Der wunderschöne Nachmittag lädt förmlich zu einem Spaziergang am malerischen Fluss ein, wo wir Schülern beim Malen zusehen können. Später geniessen wir ein Glas Weissen auf dem Dorfplatz. Doch welche Überraschung, Weisswein ist hier ein starker Branntwein! Auf dem Dorfplatz wird gerade die Maisernte zum Trocknen ausgebreitet. Viele alte Häuser werden sorgsam renoviert und als Gasthäuser angeboten. Bei einer Familie aus Taiwan lassen wir uns zu Tische bitten. Ihr Haus mit geräumigem Innenhof ist überaus üppig dekoriert. Die junge Wirtin wird assistiert von ihren halbwüchsigen Söhnen und gibt sich alle Mühe, ein ansprechendes Essen auf den Tisch zu zaubern. Wir realisieren, dass wir die erste Gästegruppe sind und so einen Start-up ermöglicht haben. Dies quittieren wir mit Lob und einigen guten Tipps …. Wir lassen den Abend im gemütlichen Beizli auf dem Dorfplatz ausklingen, diesmal mit GUTEM chinesischen Rotwein. MI, 15. Okt. SHAXI – XIZHOU - DALI Kurt G. Start vom ruhigen, verschlafenen Städtchen Shaxi, in welchem sich laut Reiseführer die Bewohner von einer Sitzgelegenheit zur anderen zu bewegen scheinen. Ebenso einfache wie liebevoll und aufmerksam geführte Herberge – ein über 100 Jahre altes Bai-Haus. Idyllische Morgenruhe wie vermutlich vor 200 Jahren bei uns. Die früh aufgestandenen Frauen sitzen auf einem Höcker auf der Strasse, braten auf primitiver Feuerstelle so etwas Ähnliches wie Omeletten und bieten sie uns mit gewinnendem Lächeln an. Wir können nicht widerstehen, kaufen eine - gegessen haben wir sie nicht ganz. Der Abschied fällt uns leichter, weil wir bald danach durch reizend schöne Landschaften fahren, die von Hand oder mit technischen Hilfsmitteln wie bei uns vor 50 Jahren gepflegt werden. Die Felder sind in kleine Grundstücke aufgeteilt, meist abgeerntete Äcker; trotz Spätherbst umsäumt von wild wachsenden Tagetes und Kosmeen. Die Schönheiten der gepflegten Gegenden entsprechen nicht dem Bild, welches sich offenbar wegen der Vorstellungen zur Kulturrevolution in meinem Kopf festgesetzt hatten. Vormittags Besuch des Naxi-Dorfes Xizhou mit eigenwilliger und reizvoller Architektur eines indigenen Volkes. Wir haben hervorragend gegessen, uns an hübschen Bräuten und schönen Frauen gefreut (nicht nur) und es genossen, dass der aufkeimende Tourismus noch in den Anfängen steckt. 3 Nachmittags fast ein Stilbruch: Die drei Pagoden des ChongsengTempels. Zur Grösse der Anlage: Park zirka 2 auf 0.5 km, Mittelpagode (aus dem 9.Jh.) 70 m hoch, 16 Stockwerke. Die beiden anderen Pagoden nur unwesentlich kleiner. Der Weg von einem Ende der Tempelanlage zum anderen und zurück dauert in flottem Marschtempo zirka 2 Stunden. Wir benutzen für einen Weg den Bus und bewundern riesige Statuen Buddhas und anderer Symbolfiguren des Buddhismus, alle in leuchtenden Farben. Die monumentale Anlage war einst eine religiös-weltliche Machtdemonstration des selbstbewussten Nanzhao Königreiches. Heute ist sie eher zum Tourismusobjekt geworden, ausgenommen für die gläubigen Buddhisten, welche aber in der Minderheit sind. Nun wissen wir es, wir sind in Dali angekommen, im 9. Jh. Hauptstadt eines riesigen Königreiches, heute Hauptstadt der gleichnamigen autonomen Provinz. DO, 16. Okt. Flug / Fahrt nach JIANSHUI Mechthild Um 6.30 h steht unser gesamtes Gepäck in der Lobby zum Verladen bereit, planmässiger Abflug nach Kunming: 09.10 h. Schon bald nach Abfahrt mit dem Bus zum Flughafen Dali/Xiaguan meldet die Hotelrezeption dem Guide, dass wir einen „bag“ vergessen hätten einzupacken. Aber wir alle wissen ja dass unsere bags im Bus sind. Nach zehn Minuten ein erneuter Anruf: da stehe noch ein bag herum… . Aufforderung Adys, stets rasch entschlossen: „Alle aussteigen und Gepäck verifizieren!“ Aber niemand hat einen bag vergessen. Am Flughafen kostet der Capuccino dann umgerechnet Fr. 8.-. . Der Flug nach Kunming dauert 35 Minuten. Ab Flughafen Kunming fährt uns ein Bus südwärts Richtung Jianshui. Unterwegs bekommen wir in einer nach drei Seiten geöffneten Halle ein reichhaltiges Zmittag aufgetischt. Aber wir behalten unsere Daunenjacken an. Auf der Weiterfahrt glauben wir vorerst an schneebedeckte Felder entlang der Autobahn, aber es sind kilometerlange, mit Plastik abgedeckte Gemüseplantagen. Hooochhäuser flitzen vorbei, alle im Rohbau, tot und leer, niemand arbeitet. Ab und zu sticht ein angefangenes Stück Autobahn ins Nichts hinaus. Der Besuch des Jianshui Konfuzius-Tempels, sprich: der Tempel-ANLAGE, ist sehr erholsam, denn die Haupthalle, die Seitenhallen, die Pavillons, Brunnen, Tore und weitere kleinere Kunstwerke liegen zerstreut an einem licht bewaldeten Hügel. Ein verwunschenes Stück Landschaft, so kommt es mir vor. Stille, Grillen, Vogelgezwitscher, eine Welt mit traditionellem chinesischem Baustil aus dem späten 13. Jahrhundert. Wir checken ein im schmalen, hohen Hotel Li Nan. Vor dem Eingang stehen Bonsai-Bäumchen mit kunstvoll zu Gitter geflochtenen Stämmchen - mitten in der hohen, weiten Lobby steht ein weisser Flügel auf schwarzem Teppich, umrundet von roten Weihnachtssternen. Geisterhände bespielen ihn. Er sollte mich noch gewaltig nerven. Das Nachtessen genehmigen wir im ersten Stock eines vornehmen Restaurants, natürlich wieder in einer „Box“ – ein anderer Name für „chambre séparée“ – an einem runden Tisch mit der üblichen „Lazy Susan“. Wir geben uns alle Mühe, dass keines der unzähligen Schüsselchen herunterfällt, kein Löffel in die verkehrte Richtung schaut und damit ein Glas umwirft, während sich die „faule Susanne“ dreht. Das Personal versteht kein Wort Englisch. Mit Hilfe des Guides bestellen wir ab Bildchen in der Menukarte, die uns die Kellnerin auf ihrem i-pad zeigt. Tippt man auf das Bildchen, ist die Bestellung augenblicklich in der Küche angekommen. Noch kurz zurück zum weissen Flügel in der Lobby, wo wir uns einem Schlummertrunk hingeben: er spielt seit einer Viertelstunde das hohe „Gis“. Ady bemerkt meine Genervtheit, schreitet zum Flügel, sucht den Stecker, zieht ihn heraus. Ein Angestellter bedeckt das weisse Geisterding gelassen mit einem roten Samttuch, kommt zu uns an den Tisch, kreuzt die Arme über der Brust und haucht: „Sorry, thank you“. FR, 17. Okt. JIANSHUI - YUANYANG Sile 09.30 h Abmarsch vom Hotel durch die Altstadt zum Zhus‘ Garten. Herrschaftliche Wohnhäuser der Familie Zuh. Rohstoffhändler, die mit Zinn, Kupfer und Opiumhandel zu einem grossen Vermögen kamen. Die Anlage ist sehr schön erhalten und wird teilweise als Hotel genutzt. Anschliessend Spaziergang zur Konfuziustempel-Anlage. Diese Tempelanlage wurde 1285 errichtet und ist der zweitgrösste Konfuziustempel Chinas. Konfuzius was ein chinesischer Philosoph, der ca. 551 v. Chr. bis 479 v. Chr. lebte. Das zentrale Thema seiner Lehren war die menschliche Ordnung. Der Weg dahin sah Konfuzius vor allem in Bildung und Familie. 11.45 h Abfahrt vom Hotel zur „Doppelten Drachenbrücke“ oder 18-Bogenbrücke, die zu den ältesten noch erhaltenen Brücken Chinas zählt. Anschliessend Mittagessen in einem Restaurant mit Fischzucht. Dann Weiterfahrt nach Thuanshan, ein traditionelles Yi-Dorf mit einmalig schöner Holzarchitektur und Holzmalerei. 4 Weiter geht’s noch zu den Schwalbenhöhlen. Eindrückliche Tropfsteinformationen- die grössten Höhlen dieser Art in ganz Asien. Jeden Frühling/Sommer kommen ca. 1 Million Schwalben in diese Höhlen zum Nisten. Die Höhle ist vom Lu-Fluss geformt. Nach einer Kletterdemonstration noch kurze Flussfahrt durch die Höhle mit Spaziergang in den bizarren Tropfsteinformationen. Weiter geht’s noch in einer dreistündigen interessanten Fahrt durch viele Bananenplantagen nach Yuanyang. Ankunft 20.00 h und anschliessend ein feines Nachtessen als Abschluss dieses interessanten Tages. SA, 18. Okt. Markt und Reisterrassen Sibylle Leider können wir keinen Sonnenaufgang in den Reisterrassen geniessen – der Nebel hängt drin. Dafür können wir etwas länger ausschlafen. Und dann besuchen wir den Markt in einem kleinen Bergdorf der Hani Minderheit. Ein buntes lebhaftes Treiben erwartet uns. Kühe, Schweine und allerhand Federvieh in Körben werden feilgeboten – was wegläuft wird wieder eigefangen. Gemüse, Gewürze und Früchte in allen Farben sind hübsch präsentiert. In einer kleinen Markthalle liegen Fleischstücke bereit; auch ganze Beine und Köpfe. Käufer heben das gewünschte Stück hoch und mustern es, bevor sie sich entscheiden. Im hinteren Teil gibt es von offenem Tabak über Haushaltwaren, Kleider, Zähne, Zahnbehandlungen etc. alles zu kaufen. Die Nähzutaten für die farbenfrohen Trachten - die Mehrheit der Frauen trägt hier eine -erinnern mich an jene der südamerikanischen Indios. Die Einkäufe werden in einer Hutte am Rücken verstaut. Man trifft sich auch zu einem Schwatz an einem der Essstände. Vereinzelt wird uns mit Gesten gezeigt, dass man nicht fotografiert werden möchte, andere posieren sehr gern mit ihren Kindern oder lassen sich gern zusammen mit einem unserer langen Männern ablichten. Unser Guide Joe stellt anhand der Gemüse- und Fleischauslage in einem Restaurant mit typischen pilzförmigen und strohbedeckten Häuschen ein wunderbares Menu zusammen. Bei der Weiterfahrt überholen wir in einem Dorf einen Beerdigungszug mit Feuerwerk, Papierskulpturen und Musik. Ein nächster Höhepunkt ist der Besuch der Reisterrassen in Xinjie UNESCO-Weltkulturerbe. Diese befinden sich auf 2000m hohen Berghängen hoch über dem Tal des Honghe-Flusses. Trotz suboptimalem Nebelwetter blicken wir staunend auf dieses über 1300 Jahre Werk, das auf geniale Weise den Reisanbau ermöglicht. Auf der drei stündigen Wanderung können wir sehen, wie mit einfachen Werkzeugen die Terrassen sehr präzise in Form gehalten werden. Diese immense Arbeit ist jährlich fällig. In den Dörfern spielen Kinder, tummeln sich Hühner, Schweine, Enten, Esel…. Es wird gebaut und repariert. Es fällt auf, dass ausschliesslich Frauen schwere Lasten auf ihre Rücken hieven. SO, 19. Okt. YUANYANG - KUNMING Kurt W. Heute steht uns eine lange Fahrt von ca. 6 Stunden bevor. Die frühe Abfahrt um 08.15 h in Xinjie wird vom „chinatypischen Hotel-Prozedere“ verzögert, wonach alle Zimmer kontrolliert werden müssen, ob die Schweizer nicht doch einen Wäschesack, ein Handtuch oder einen Regenschirm haben mitlaufen lassen. Mit dem Segen des obersten Hotelmanagement beginnt schliesslich die Fahrt vom 1800 m.ü.M. gelegenen Dorf hinab ins Tal auf 500 m.ü.M.. Durch eine reiche Vegetation, durchsetzt mit Zuckerrohr und Bananenbäumen, geht es in zügiger Fahrt die Bergstrasse hinunter. Wir erreichen den immens breiten Red River und folgen der Uferstrasse Richtung Gejiu (the City of Tin). Plötzlich – eine Polizeikontrolle! – Drogen? – But Swiss Tourists like Beer – no Drugs! Wir können unsere Reise fortsetzen und erreichen schliesslich unser Tagesziel, den Naturpark von Shilin. Shilin bedeutet zu deutsch "Steinwald", und ist eine etwa 120 km südöstlich von Kunming gelegene eindrucksvolle Karstlandschaft. Die bis zu 30 Meter hohen Skulpturen wurden im Lauf der Zeit aus dem Stein herausgespült. Ein Teil des Steinwaldes können wir nun begehen und grandiose Bilder schiessen. Zwar sind wir nicht ganz allein dieser Steinwald ist eine riesige Touristenattraktion. Entsprechend ausgebaut ist die Infrastruktur – ein interessantes Studienobjekt für unseren Luzerner „Chef-Touristiker“! Am Abend – etwas müde von den vielen Eindrücken – in Kunming angekommen, sehnen sich alle nach einem ruhigen Zimmer und einer Dusche. Vor dem Hotel „New Era“ angekommen, irritiert Adi die ganze Reisegesellschaft mit der „Frohbotschaft“, dass dieses Hotel nicht seinen Reiseunterlagen entspreche. Joe lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, geht zur Rezeption und kehrt zurück mit der wahren Frohbotschaft, dass in diesem Top-Hotel die Zimmer auf uns warten. 5 Den Abend verbringen wir an einer Tanz-Show der Yi-People mit vielen Trommeln und anspruchsvollen Lichteffekten. Beim abschliessenden Bier und Wein („The Great Wall“) in der Hotelbar wird auch das enttäuschende 0 : 0 des FCL gegen Vaduz debattiert und es entflammt eine hitzige Diskussion über Sinn oder Unsinn eines Investments beim FCL! Das sportliche Formtief des Clubs begleitet Ady während der ganzen Reise. MO, 20. Okt. Flug nach XINING Doris Nachdem wir den Zug nach Lhasa bereits für heute Abend gebucht haben, bleibt leider keine Zeit, die Stadt Kunming zu besuchen – wir fliegen also bereits heute Vormittag nach Xining. Das Zmorgenbuffett präsentiert sich auf mind. 40 m Länge. So gibt es wieder mal frische Gipfeli, Parisettes, Früchtebrot - aber auch Sushi, Nudelgerichte, Eierspeisen, verschiedenste Yoghurts, Früchte usw., - kurz: so ziemlich alles, was das Herz begehrt. Wie üblich beim Verlassen des Hotels, ist die Anspannung gross, was diesmal Anlass zu Diskussionen geben könnte. Heute ist es ein klappbarer Hotelschirm, der aus Versehen in einem unserer Koffer verstaut wurde. Auf dem Weg zum Flughafen erleben wir das erste Mal verstopfte Strassen – den Montagmorgenstau. Mofas, Motorräder, 3-Räder, Autos, Laster, Velos, verschiedene Karren usw., von allem einfach viel zu viele. Wir bestaunen die riesigen, überdimensionierten Bauten; die meisten Hochhäuser stehen leer und es sieht nach Baustopp aus. China baut offenbar wild für die Zukunft - nicht so sehr für die Bedürfnisse der Bevölkerung und wir fragen uns, wie sich das Wirtschaftswachstum weiter entwickeln soll/wird. Wir schaffen es aber rechtzeitig zum Flughafen wo wir riguroseste Gepäckkontrollen durchlaufen müssen. Nach dem 2-stündigen, ruhigen Flug erwartet uns dann im Norden Chinas eine total andere - wüstenähnliche – Landschaft; das Hochland von Xining. Wir werden von einem Mr. Ling, was so viel heissen soll wie Mr. Forest, in Empfang genommen und verbringen den 6-stündigen Aufenthalt in Xining mit einer ausgedehnten Stadtrundfahrt, mit Shopping (u.a. ein paar feine Flaschen Wein für die lange Bahnfahrt) und mit Abendessen. Aussergewöhnliches ist nicht zu sehen. Xining liegt auf 2‘300 m.ü.M. und hat 2,3 Mio. Einwohner. Auch im Sommer sollen angenehme Temperaturen herrschen, womit die Unzahl von Wolkenkratzern mit (leerstehenden) Ferienwohnungen begründet wird. Gegen 16.00 h geht’s dann zum Bahnhof. Einige Zeit nimmt das Suchen des Perrons und das Warten auf den Lhasa-Zug in Anspruch. Endlich ist es soweit – die Tore werden geöffnet und wir können unsere Sitz- und Schlafplätze belegen. Ein ziemliches Chaos (auch wir sind nicht unschuldig…) - aber nach verschiedenen Umteilungen gibt es dann doch noch allseits gute Lösungen. Und der Zug fährt (relativ) pünktlich um 20.25 h weg. Als Tagesabschluss geniessen wir zusammen noch „einen guten Plastikbecher Great Wall-(Wein)“ und hoffen, so die wohlverdiente Ruhe zu finden. Ein Jass mit unseren Kabinengspänli Sibylle und Jürg rundet den Tag ab, doch alle Viere fühlen sich nicht so richtig fit und haben mit Erkältungen zu kämpfen. Die Zugfahrt ist aber angenehm ruhig und so werden wir in den Schlaf gewiegt und träumen von …. DI, 21. Okt. Zugfahrt nach LHASA Jürg Warm eingepackt blinzeln wir morgens bei Golmud aus den Softsleepers in die karge tibetische Landschaft - alles ist gelblichbraun und dazu ein stahlblauer Himmel. Ab und zu zeigen sich erste Schneeberge am Horizont. Aus den Tälern fliessen breite mäandrierende Bäche. Zottige Yaks, Antilopen und Schafe suchen ihr Futter. Da und dort erspähen wir kleine Siedlungen, zum Teil Zelte. Das Luft/Sauerstoffgebläse macht ein zügiges Klima im Abteil. Dennoch spüren wir jetzt die ungewohnte Höhe von bis über 5000 m.ü.M. - Druck im Kopf, trockene Schleimhäute, Benommenheit. Ich bin zudem stark erkältet. Wir ergattern einen Platz im leeren Speisewagen, indem wir ein Frühstück bestellen, das uns aber nicht wirklich mundet. Die „sozialistischen Service-Schnepfen“ mit ihren sterndekorierten Uniformen blättern in Formularen und lassen uns wissen, dass wir nach dem Essen hier gar nichts verloren haben. Doch was soll’s, ich staune über dieses Meisterstück der Eisenbahngeschichte. Die Kamera stets in Reichweite plaudern wir, machen noch ein Schläfchen oder lassen einfach die imposante Landschaft vorbeiziehen. Immer wieder sehen wir Arbeiter, die Geleise und Sandschutzanlagen instand halten. Viele davon grüssen den Zug in Achtungsstellung. Wir sind eine Stunde früher in Lhasa, als erwartet. Dies hat das Bütler/Meyer-J/S-Abteil nicht mitbekommen und nach grossem Gejufel stehen schlussendlich alle im riesigen topmodernen Bahnhof. Nach Billet- und Passkontrolle durch bewaffnete Soldaten werden wir vom strahlenden Tashi, unserem tibetischen Führer, herzlich begrüsst und wie es hier der Brauch ist mit einer weissen Stoffschleife willkommen geheissen. Hinter dem riesigen Bahnhofplatz mit bombastischen Steinmonumenten erblicken wir ein Gewimmel von Kränen und Hochhäuser, die meisten davon im Rohbau. Das soll Lhasa sein? 6 Doch nach einer 10-minütigen Busfahrt können wir erstmals den PotalaPalast bestaunen. Wir nutzen das schöne Abendlicht für einen Fotohalt. Unser Hotel liegt in der Altstadt und hat einen hübschen kleinen Innenhof-Garten. Bei unserer Ankunft wird die Heizung in den Zimmern gestartet. Das Personal arbeitet in Winterjacken. Wir tun es ihnen gleich und spazieren zu einem Restaurant. Tomatensuppe, Momos, Yakfleisch und andere herrlich zubereitete tibetische Spezialitäten - und nicht zu vergessen: Lhasa Bier - erfreuen Leib und Seele. Bei unserer Rückkehr sind die Hotelzimmer aufgewärmt. Wer der Höhe wegen - wir sind auf 3700m - nicht so gut schlafen kann, kann sich somit gemütlich entspannen. MI, 22. Okt. LHASA Kurt G. Lhasa, politisches und religiöses Zentrum Tibets. Zuerst ein Kurzbesuch in einem unbedeutenden Tempel, was uns einen Vorgeschmack für das Kommende liefert. Dem Eingang entlang bieten Händler Früchte, wohlriechende (Geschmacksache) Gewürze und weitere Opfergaben an. Eintritt in einen spärlich beleuchteten Raum, mit rauchenden Opferstellen vor Buddha- und anderen Statuen. Die Leute spenden (Geld und Naturalien), beten, verbeugen sich. Wir staunen etwas ungläubig; der Sauerstoffmangel macht sich bemerkbar, wir drängen nach aussen. Mir wird bewusst: das sind Stätten für gläubige Buddhisten, weniger für Touristen, letztere sind in der Minderheit. Dieser Eindruck bestätigt sich, als wir dann die grossen Heiligtümer Tibets besuchen. Zuerst den Jockhang-Tempel mit dem Barkhor (Marktplatz). Der Tempel ist das Zentrum des tibetischen Buddhismus. Gläubige buddhistische Tibeter/innen (das sind offenbar die meisten) wollen einmal im Leben zum Jockhang-Tempel pilgern. Nach dem Tempelbesuch wird dieser im urzeigersinn, nach einem speziellen Ritual, betend und oft die Gebetsmühlen mittragend, dreimal umrundet. Das kann bei der Weite der Anlage Stunden dauern. Vor dem Tempeleingang wirft man sich – oft mehrere Male - bäuchlings auf den Boden, steht wieder auf, faltet betend die Hände. Das machen täglich Tausende. Auch die Unmenge von gespendeten Geldnoten ist beeindruckend. So viele, dass diese frei rumliegen und von Mönchen in Säcke abgepackt werden müssen – der Wert ist uns nicht bekannt; aber „viel Kleinvieh gibt auch Mist“. Wir fragen uns (nach unserer säkularen Denkweise): wann arbeiten die Tibetaner eigentlich? Diese sind vermutlich mehrheitlich ein religiöses, ihrer kulturellen Eigenart sehr bewusstes, ihre Riten praktizierendes Volk. Und dann der Potala-Palast, ursprünglich im 7., in seiner heutigen Form im 17. Jh. erbaut auf einer Anhöhe mitten in der Stadt. Weltkulturerbe. Ein beeindruckendes, die ganze Stadt beherrschendes Monument von unschätzbarem architektonischem und historischem Wert. Symbol der weltlichen und religiösen Macht des Tibet, des Dalai Lama. Wir steigen nach mehreren Sicherheitskontrollen 228 Stufen empor (das immerhin auf zirka 3500 m über Meer) und erreichen dort ehemalige Privatgemächer des Dalai Lama. Einige Daten zum Palast: 130‘000 m2 Grundfläche, über 1000 Zimmer, 10‘000 Kapellen, 20'000 religiöse Statuen. Heute leben wieder einige hundert Mönche im Palast; sie unterhalten ihn und sorgen für Ordnung. Tief beeindruckt (und auch froh, dass nicht alle 10‘000 Zimmer und Kapellen öffentlich zugänglich sind) steigen wir in die Stadt hinab. Auf dem Heimweg treffen wir wieder auf den betenden Pilgerstrom rund um den Jockhang-Tempel. Wir sind in einer anderen Welt und bemühen uns, diese zu verstehen. Ganz gelingt uns das nicht. DO, 23. Okt. LHASA Mechthild Brrr! Ein ganz klein wenig Heizung im Frühstücksraum wäre halt schon schön! Aber der Alltag auf dem Lingkor – so heisst der heute zum Teil überbaute äussere Stadtring – zieht mich bald in seinen Bann. Auch hier: Menschen, die sich mitten im Gewimmel endlos auf den Bauch fallen lassen und sich derart dem Tempel nähern. „Niederwerfungen“ nennt man das. Sie sollen den Pilger vor einer schlechten Wiedergeburt bewahren. Wir besuchen kurz ein Nonnenkloster und dürfen ihrem „Morgengebet“ beiwohnen. Kahlgeschoren hocken sie in langen Reihen, gehüllt in die üblichen dunkelroten Tücher. Dem Kloster angesiedelt ist eine Werkstatt, ein dunkler Raum. Auch hier hocken Frauen in Reihen, mit dem Rücken zum Fenster, und fertigen kleinste Gebetesstreifen an, die sie in kleine Gebetsmühlen stecken. „Ich möchte in deiner Tasche mit dir in die Schweiz kommen, denn ich habe keinen Pass“, übersetzt mir der Guide den Wunsch einer Nonne. Die Schweiz sei reich. 7 Dann besuchen wir ganz in der Nähe den dreistöckigen Ramoche-Tempel (auch Kleiner Jokhang genannt), einer der wichtigsten Tempel des tibetischen Buddhismus. Er beherbergt als wichtigste Statue jene des achtjährigen Jowo Shakyamuni, Mitgift einer chinesischen Prinzessin. Das Besondere: Während der Kulturrevolution zerbrach diese Statue, das eine Teil entging ausserhalb Tibets knapp der Verschmelzung, das andere, den Kopf, fand man auf der Schutthalde einer tibetanischen Fabrik… Danach finden wir uns in einer Art Altersheim, ein offener Hof, wo sich ältere Menschen treffen können. Aber sie sitzen zumeist einfach da, murmeln vor sich hin, drehen ihre Gebetsmühlen oder dösen ins Leere. Tashi, unser Guide, zeigt uns auch noch eine typische Teestube, scheucht etwas unsanft Gäste weg, um für uns acht freie Plätze zu schaffen. Die braune, süsse Brühe (Chai-Tee) platscht aus zerbeulter Kanne in Kartonbecher, man sitzt gedrängt, plaudert und scheint zufrieden. Das Mittagessen geniessen wir schliesslich auf einer Dachterrasse mit Weitsicht auf die umliegenden Berge. „Sera“ bedeutet „Hagel“. Als wir am Nachmittag durch das Tor der Sera Monastery schreiten – eines der drei grossen Klöster in Lhasa - fällt tatsächlich Graupel vom Himmel. Tashi flippt schier aus! Wir bestaunen zuerst die beiden grossen, farbigen Mandalas aus Sand; sie werden alle drei Jahre zerstört und neu hergestellt. Dann versuchen wir zu ergründen, was es mit dem „debating courtyard“ auf sich hat, wo die Mönche in einem Garten in Diskussionsrhetorik geschult werden. Auf sie und überhaupt auf die religiöse Debatte legt das Kloster grossen Wert. Im sonnigen Garten unseres Hotels lassen wir uns dann Kaffee bringen, schreiben Karten, löschen Fotos, verarbeiten in Musse einen weiteren erlebnisreichen Tag. FR, 24. Okt. LHASA Sile Abfahrt vom Hotel ca. 9.30 h entlang dem neuen Stadtteil von Lhasa. Viele neue Schulhäuser befinden sich in dieser Gegend. Wir sind auf dem Weg zum Kloster Ganden. Kurzer Halt an der Baustelle eines Einfamilienhauses, viele sind Leute im Einsatz, man hilft sich gegenseitig beim Hausbau. Pro Schaufel sind drei Leute beschäftigt; diese wird als Unterstützung zusätzlich von zwei Leuten an einem Strick gezogen. Für uns ein ungewohnter Anblick! Auch sind viele Frauen im Einsatz, die teilweise sehr schwere Lasten „buckeln“. Nun geht’s in einer rassigen Fahrt auf einer „tremola“-artigen Strasse aufwärts zum Kloster Ganden. Kurzer Halt auf halber Strecke für ein Gruppenphoto fürs Club-Bulletin mit herrlicher Aussicht ins Tal des Kichu Flusses. Ganden befindet sich auf 4300 m.ü.M. an einem steilen Berghang und wurde 1409 von Tsongkhapa gegründet; es wurde im Laufe der Zeit zum einflussreichsten Kloster Tibets. 1959 während der Kulturrevolution wurden die 3000 Mönche von den Roten Garden verhaftet, ermordet oder vertrieben und die Klosterstadt wurde grösstenteils zerstört. Nach 1980 begann dann ein mühsamer und langsamer Wiederaufbau. Ein Teil der Gruppe wandert auf den gegenüberliegenden Hügel mit einer wunderbaren Sicht auf das nächstgelegene Tal. Dann Picnic in einem kleinen „Garten“ - von unserem Führer Tashi organisiert. Nach wiederum rassiger Talfahrt Halt bei einer Brücke mit Hunderten Gebetsfahnen. Jörg ist mit zwei kleinen Petflaschen unterwegs um Wasser aus dem heiligen Fluss zu holen, als Mitbringsel für eine tibetanische Schülerin von Sybille. Zurück in Lhasa noch ein kurzer Besuch des Sommerpalastes des Dalai Lama (Norbulingka, Edelsteingarten und dann Nachtessen in der Nähe des beleuchteten Potala-Palastes. SA, 25. Okt. Fahrt und Besuch TSETANG Sybille Heute starten wir unsere Reise Richtung Nepal - auf einer nigelnagelneuen Alphaltstrasse folgen wir dem BrahmaputraFluss. Wir sind fasziniert von der abwechslungsreichen und weiten Flusslandschaft mit Dünen, Seen und unzähligen kleinen Flussläufen, an deren Rand Schafherden weiden – so gar nicht wie wir uns Tibet vorstellten. Eindrücklich ist auch, mit welchem Aufwand die Versandung der Strasse bekämpft wird. Um die Mittagszeit erreichen wir Samye. Zuerst verpflegen wir uns im Restaurant des Klosters zusammen mit anderen Besuchern, vornehmlich einheimischen Pilgern, ganze Familien vom Kleinkind bis zum Greis. Diese sind in bunten Trachten angereist. Im Klosterhof tummeln sich Kühe und eine Bergziege. Letztere reagiert auf unbekümmert verabreichte Streicheleinheiten mit einem harten Schlag mit ihrem schönen krummen Horn gegen mein Knie. 8 Dann besichtigen wir die älteste Klosteranlage Tibets, deren Ursprung auf das Jahr 775 zurückgeht. Die kleine Tempelstadt symbolisiert ein kreisförmig angelegtes riesiges dreidimensionales Mandala um den Haupttempel, deren goldene Dächer von weit her sichtbar sind. Wir bewundern die Buddhastatuen, die grossen und kleinen Nischen mit weiteren Gottheiten. Pilger bringen ihre Opfer dar in Form von Yakbutter für Lampen, Räucherstäben oder Geldnoten. Auf dem Dach können wir die Stupas sehen. Die Erklärungen unseres Guides Tashi bringen uns dieser Religion ein kleines Stück näher. Dann fahren wir zwei Stunden weiter bis Tsetang, das als Wiege Tibets bezeichnet wird. Auf einem Felsen ausserhalb der Stadt thront der Yumbulakgang-Palast - ein kleines Kloster wie ein Adlerhorst, das vor 2000 Jahren errichtet, während der Kulturrevolution zerstört und dann rekonstruiert wurde. Nach einer Legende soll hier die tibetische Schrift entstanden sein. Die Lage auf 3000m zwingt uns, den steilen Weg gemächlich anzugehen. Unten im Dorf trifft sich die Bevölkerung bei diesem schönen Wetter im Freien. Kinder und Erwachsene spielen zusammen, Gebetsfahnen, allerlei Schmuck, Mineralien – selbst Maultierritte - werden angeboten. Übernachtet wird in einem chinesischen Hotel mit prachtvoller Eingangshalle - dafür dürftigen Sanitäranlagen und kaum englisch sprechendes Persoanl (wo wäre China, wenn mit der uns eigenen Effizienz gearbeitet würde…?). In der Bar „ist der Bär los“. Man trinkt europäisches Bier und in Gruppen wird lautstark gewürfelt und noch lauter tönt‘s aus der Karaokebar. SO, 26. Okt. Fahrt und Besuch GYANTSE Kurt W. Heute ist das „pièce de resistance“ mit drei Berpässen angesagt! Daher etwas früher Tagwache und Frühstück – aber ohne Jürg und Sybille! Die Beiden verschlafen sich, weil sie „es Gnoosch mit de Zyt händ“ (Umstellung in der CH auf Winterzeit). Wir verlassen das Hotel Tsetang um 08.30 h. Obwohl die Wetteraussichten gut sind, reklamieren unsere „ProfiFotografen“ den zögerlichen Sonnenaufgang. Eine lange Fahrt auf der südlichen Uferseite des Yaluzangbu River (Bramaputra) führt uns schliesslich vorbei am Flughafen von Lhasa hin zur Passroute, wo es dann wirklich spannend wird. Zuerst nehmen wir den Kamba-La (4640 m.ü.M.) in Angriff. Die gut ausgebaute Passstrasse führt über langgezogene Serpentinen zum Uebergang zum Yamdrok-See. Auf dieser Bergfahrt begegnen wir Bauern, die das terrassierte Gelände mit Yaks unter dem Joch pflügen und bearbeiten. Auf der Passhöhe dann der obligate Fotostop, der uns wirklich einen herrlichen Blick auf die vielen Arme des Yamdrok-Sees ermöglicht. Der sonnige Abschnitt bis hinunter ans Wasser wird durch eine plötzlich aufziehende Gewitterwand aus Schneeregen und Nebel abgelöst. Zur Mittagsrast erreichen wir Nakartse, der Geburtsort der Mutter des 5. Dalai Lamas. Beim Lunch im Restaurant finden wir Kontakt zu einer internationalen Reisgruppe mit der wir wieder mal deutsch sprechen können. Inzwischen scheint die Sonne wieder, und wir brechen auf zum Karo La-Pass (5039 m.ü.M,) dem heutigen „Höhentest“! Bei der Anfahrt bricht im Bus eine „Foto-Hektik“ aus, als die ersten 7000er Schneeberge ist Sichtweite sind. Auf der Passhöhe angekommen – tief durchatmen! – und siehe da – alle fühlen sich pudelwohl. Mechthild frohlockt, dass sie sogar ihren Asthmaspray in der Tasche lassen kann. Ein gewaltiger Anblick! – der gigantische Gletscher Nochin Kansan (7138 m.ü.M). Nach kurzem Aufenthalt geht’s in zügiger Fahrt weiter – die steile Passstrasse hinunter. Ein Härte- bzw. Hitzetest für die Bremsen unseres Busses. Unsere polizeiliche Begleitung zur Fahrerüberwachung träumt dabei tief in seinen Sitz versunken und strahlt so ein Maximum an Vertrauen und Zuversicht aus. Vor Gyantse erreichen wir die letzte Bergtraverse an einem malerischen, weit in die umliegenden Täler verzweigten Stausee. Das türkisblaue Wasser und die umliegenden Bergketten vermitteln wiederum einen grandiosen Ausblick. Schliesslich erreichen wir das Tagesziel – Gyantse. Wir wohnen im Hotel Yeti. Eine etwas düstere Lobby weckt verhaltene Erwartungen! Doch die Zimmer sind nett eingerichtet – sogar mit einem Luftbefeuchter – eine Erholung in der trockenen Luft Tibets. Der Name des Hotels scheint Programm zu sein. Bei der Zimmertemperatur, die wir hier antreffen, fühlt sich der Schneemensch sicher wohl. Eine frische Nacht steht in Aussicht – doch, dank Doris und Ady bringen wir die Air-Conditioning zum Heizen. Bei einer Flasche „Great Wall“, Yak-Voressen, Gratin, Pizza, Pouletschenkel und Tomatensalat beschliessen wir den erlebnisreichen Tag. MO, 27. Okt. Fahrt und Besuch SHIGATSE Doris Im Hotel Yeti herrscht beim Morgenessen ein echtes Gewimmel mit diversen Reisegruppen. Doch werden wir mit einem feinen westlichen Frühstück entschädigt. 9 Zuerst besuchen wir das Palkor Chöde-Kloster mit der Kumbum Chörten. Die Besonderheit dieses Komplexes ist, dass hier 18 kleinere und grössere Klöster mit verschiedenen Schulrichtungen wie z.B. Sakyapa, Shalupa oder Gelupa geführt wurden. Sehr eindrucksvoll ist der Besuch der Kumbum Chörten, deren Form ein dreidimensionales Mandala darstellt und die 9 Stockwerke (5 begehbare) mit 75 Kapellen und 108 Toren umfasst. Anschliessend schlendern wir durch die Dorfstrasse zum Bus zurück und erhalten so einen Eindruck vom Alltagsschaffen der Einheimischen. Überall wird gebaut und gebastelt, Wäsche wird auf dem Boden des Hausvorplatzes gewaschen, Fassaden werden bemalt oder vielmehr mit Farblappen betatscht, Kühe sind vor der Haustüre angebunden und benutzen als Futtertröge alte Autopneus – kurz: es ist eine andere Welt. Trotz Sonnenschein ist es bissig kalt und der Boden gefroren. Der Weg nach Shigatse führt dann wirklich durch die Getreidekammer Tibets. Die Felder sind bereits geerntet, und stahlblauer Himmel mit ein paar weissen Wolken, viele Yaks, Schafe und Pferde sind unsere Begleiter. Und wenn man den Bauern beim Dreschen zusieht, fühlt man sich zurückversetzt in Gotthelf‘s Zeiten. In Shigatse angekommen, besuchen wir nach Zimmerbezug das 1447 erbaute Kloster Tashi Lhunpo, traditioneller Sitz des Panchen Lama. Dieses 185‘000 m2 grosse Kloster war bis zur Kulturrevolution eine der wichtigsten Klosteranlagen Tibets mit ca. 6000 Mönchen. Heute noch gilt der Komplex als einer der Schönsten, und wird noch von rund 700 Mönchen bewohnt. Vor allem die riesige, 26 ½ m hohe Buddha-Statue wird bestaunt. Vor 100 Jahren wurde diese von 900 Handwerkern erbaut und insgesamt wurden nebst unzähligen Edelsteinen und Juwelen 229 kg Gold und 11‘000 kg Bronze verwendet. Die grosse Gebetshalle blieb von der Kulturrevolution verschont, weil ein cleverer Mönch diese vollumfänglich mit Getreide- und Lebensmittelsäcken und Buttervorräten auffüllte. Heute ist der Tag der Rekorde mit der grössten Buddhastatue (26,5 m hoch) dem grössten aktiven Kloster Tashi Lhunpo (700 Mönche) der (bisher) kältesten Dusche (minus ???) den kleinsten Biergläsern ( 5 x 3,5 cm) dem grössten Weinkonsum (3 Flaschen) und mit dem frostigsten Restaurant! Dies alles mit einer Reisegruppe, die auf den morgigen Tag bibbert, als ob sie den Mt. Everest nicht nur besichtigen sondern gleich selber besteigen wollte… DI, 28. Okt. Fahrt und Besuch OLD TINGRI Jürg Für einmal typisch tibetisches Frühstück mit Yakbutter-Tee; ziemlich fettig, jedoch nicht ranzig wie beschrieben. Gestärkt können wir die Etappe von 290 km über den Friendship-Highway Richtung Himalaja früh starten. Nach einer Fahrt durch ein weites Tal mit abgeernteten Gerstenfeldern steigt die Strasse auf den Tso La-Pass (4500m), den wir nach gut zwei Stunden erreichen. Wir geniessen die Aussicht, fotografieren und wärmen unsere Glieder mit Gymnastik. Nach weiteren zwei Stunden erreichen wir den höchsten Punkt unserer Reise, den 5220m hohen Gyatso La-Pass (auch Lhakpa La). Hier flattern eine Vielzahl bunter Gebetsfahnen im Winde und es präsentieren sich fotogene Riesenhunde. Wir haben grossartige Wetterverhältnisse und somit auch tolle Sicht auf das Everest-Massiv - ein echter Höhepunkt! Dank Ady‘s Entscheid, heute auf die vorgesehene Besichtigung des Sakya-Klosters zu verzichten, können wir uns ausgiebig dem Himalaya-Panorama widmen. Wir fahren hinab in ein Hochtal und staunen, dass auf 4500m Höhe Ackerbau betrieben wird. Die Felder sind bereits abgeerntet. Auch hier bearbeiten die Bauern ihre Felder wie zu Gotthelfs Zeiten mit Pferd und Pflug. Oder man sieht sie mit Hutten, wie sie Yak-Dung einsammeln und diesen vor und auf den Häusern aufschichten. Dörfer und auch Gästehäuser werden einfacher. Mittags beim Nudelessen muss der „Hygiene-Meyer (KWM)“ bei der Gabelkontrolle ungenügende Noten erteilen. Mitte Nachmittag erreichen wir Old Tingri. Durch die Programmänderung schlafen wir hier auf 4300 m.ü.M. und installieren uns im Guesthouse Snow Leopard - laut Reisebuch nicht der letzte Brüller, doch mit bestem Blick auf Mt. Everest. Wir ziehen uns warm an und Tashi führt uns über die Felder zum Dorf. Lehmziegel und Yak-Dung sind zum Trocknen aufgeschichtet. Vor den Häusern lassen die Frauen die gerösteten Gerstenkörner auskühlen, bevor sie diese abpacken oder zu Tsampa mahlen. Sie schmecken ähnlich wie Popcorn. Man ist uns „Langnasen“ gegenüber sehr offen. Eine junge Frau lädt uns ein, ihr Haus zu besichtigen. Neben dem Eingang hängt ein frisch geschlachtetes Schaf. In einer Blechschüssel liegen die Innereien zur Verarbeitung bereit. Der grosse Wohnraum mit Fenstern ist zugleich das Schlafzimmer der Familie - in der Mitte steht der Ofen. Daneben sind gepolsterte Sitz- 10 und Schlafplätze mit Fellen und Decken. Decke und Holzmöbel sind bunt bemalt. Auch der Wasserbehälter mit Klappdeckel steht hier wie ein kleiner Fernseher und die Wäscheleine…. Wir wandern auf den steilen Hügel hinter dem Dorf. Bis zur Kulturrevolution stand hier ein buddhistischer Tempel. Jetzt ist eine Nachbildung davon im Bau mit einer Aussichtsplattform für Touristen. Die Aussicht ist phantastisch: wir sehen den Mount Everest und das ganze Himalaja-Massiv; am prominentesten thront der Cho Oyu. Tatsächlich ein besonderer Tag mit stahlblauem Himmel und grossartiger Fernsicht. Sile, Doris, Kurt Gottfried, Sibylle und ich geniessen die aussergewöhnliche Bergkulisse, bis die Sonne untergegangen ist. Über die Stärke des Abendrots schwärmen und diskutieren wir noch lange. Im Guesthouse erwartet uns Tashi liebenswürdigerweise mit heissem Tee. Unser letztes tibetisches Nachtessen „geniessen wir“ in Winterjacke und Mütze. Nach einem Blick auf das klare Sternenmeer schlüpfen wir nach einem Reis-Schnaps samt Kleidern in die kalten Betten und schlafen wunderbar MI, 29. Okt. Fahrt nach KATHMANDU Kurt G. Old Tingri, 4300 m über Meer, Tagwache 05.30 h, gefühlte Temperatur zirka 3 ° C, Morgenessen 1 Ei, Getreideomelette, Kaffee, Tee, eingenommen schlotternd in Pullover, Jacken und Mützen, nicht unglücklich, dass es nun bald talwärts gehen soll. Abfahrt in dunkler Nacht, vereiste Scheiben, Fahrt zum Doppelpass Lalung La und Thong La. Und dann: Um 08.45 h, Sonnenaufgang über der Himalaya-Kette, dunkelblauer Himmel, einzelne eisbedeckte Spitzen der 7 und 8000er glühen in rötlich weissem Licht - auch der Mount Everest. Ein betörendes Schauspiel, das nur wenigen Menschen vergönnt ist. Wir staunen wortlos. Um 08.55 h überwinden wir mit 5153 m.ü.M. den Thong La-Pass - die höchste Stelle des heutigen Abschnittes des Friendship-Highways. Im Bus herrscht immer noch klirrende Kälte, doch schon bald sehen wir die ersten YakHerden – grasend zwischen Schneefeldern. Nun geht es nur noch bergab. Durch ein Gebiet, oft wie die Schöllenen, nur viel länger, imposanter, das Tal tiefer. Der Fahrer steht ständig auf der Bremse und muss diese zeitweise mit Wasser kühlen. Kurz vor dem Grenzstädtchen Zhangmu – ein hoffnungslos im Verkehr erstickendes Nest am Berghang – beginnen die Kontrollen, drei bis vier an der Zahl. An den Strassenrändern stehen Hunderte Lastwagen, welche die Grenze überqueren wollen. Sie müssen im Normalzustand mit Wartezeiten von zehn bis zwölf Tagen rechnen. Wir durchschreiten das Städtchen mit Koffern und Gepäck zu Fuss. Irgendwie schaufeln wir uns durch ein Gedränge von Menschen Tieren und Fahrzeugen aller Art den Weg zur Zollstation frei, an der Spitze mit forschem Tempo wie üblich Ady, seine Herde versucht ihm zu folgen. Dort können wir erstaunlich unbürokratisch ein Visum für Nepal lösen. Führer, Fahrer und Fahrzeuge wechseln. Wir überschreiten die Grenze durch engmaschige Personal- und Sicherheitskontrollen. Doris sogar zweimal, hatte doch Ady bei einer Gepäckkontrolle eine wichtige Tibetlandkarte liegen lassen. Doris quert unerschrocken sämtliche Kontrollen rückwärts und kehrte Minuten später mit der Karte strahlend zurück. Die Grenzkontrolleure wussten der engagierten Frau nichts entgegenzusetzen. Nun sind wir in Nepal und reisen mit frischen Autos und neuen Fahrern und Führern - die kargen tibetischen Gebirge im Rücken - einer völlig veränderten Landschaft zu. Es wird wärmer, die Gegend fruchtbarer, die Strassen schlechter, der Verkehr chaotischer. Die Chauffeure würde man bei uns im Zirkus anstellen. Sie befahren Strassen – wenn man das so nennen darf – welche zu bewältigen unsere Traktoren Mühe hätten. Das alles ist ein Schauspiel und Abenteuer, welches die einzelnen Reiseteilnehmer unterschiedlich geniessen. Ich selber finde das alles spannend. Gegen Abend fahren wir in Kathmandu (zirka 1200 m. ü.M.), Hauptstadt Nepals, ein und „geniessen“ den Abendverkehr. Verkehrsregeln sind nicht zu erkennen, vielleicht mit einer Ausnahme: Kühe, Schafe, Ziegen und Hunde haben überall freien Durchgang. Das Chaos organisiert sich selbst, recht effizient. Gelegentlich schaut ein Verkehrspolizist zufrieden dem Geschehen zu. Er hat keinen Grund zum Eingreifen. Der Verkehr fliesst ja. Was will er mehr? Am Abend stärken wir uns bei über 20 °C bei einem Italiener mit Pasta, Pizza und Rotwein. Es muss ja nicht immer Nudelsuppe, Reis und Bier sein. DO, 30. Okt. KATHMANDU-TAL Mechthild 11 Das Hotel Pinguin in Kathmandu bringt uns beim Frühstück kurz ins Rotieren. Kein Buffet, sondern ZmorgenMenus ab Bildli in der Menu-Karte. Gottlob kann man sie beliebig ergänzen, mit dem Resultat, dass man sich vor sechs bis sieben Schüsseln sitzen sieht. Wir schaffen das aber spielend. Eines der Wahrzeichen Kathmandus ist der Tempelkomplex Swayambhunath, auf einem Hügel im Westen der Stadt gelegen. Das beherrschende Element ist der buddhistische Stupa, flankiert von zwei hinduistischen Türmen. Der „Affenhügel“ – der Name ist gerechtfertigt – ist einer der heiligsten Plätze in Nepal, das Kloster gehört zu den ältesten buddhistischen Tempeln weltweit. Die innersten Räume werden auf 2‘500 Jahre geschätzt, der Rest ist Wiederaufbau nach der Zerstörung durch Moslems um 1450. Auch hier: noch viele andere Tempel und Schreine, Nischen, Gebetsmühlen und die unvermeidbaren Händler. Weiter geht’s zum zentralen Platz in Kathmandu, zum Durbar Square, der Platz vor dem alten Königspalast, Hauptsehenswürdigkeit der Stadt, seit 1979 Weltkulturerbe der UNESCO. Es wimmelt von Tempeln, Pagoden, Palästen und sonstigen sehenswerten Bauwerken. Jeder wichtige Hindugott hat auf dem Durbar Square einen Tempel, und viele gläubige Hindus bringen dort ihre Opfer dar. Unfassbar ist für mich die „Kumari“, eine lebende Göttin, sprich auserwähltes Mädchen, das als Inkarnation der jungfräulichen Göttin gilt, bis zur ersten Menstruation alleine in einem Palast lebt und diesen alljährlich nur einmal verlassen darf. Verliert es zum ersten Mal Blut, wird es zu seiner Familie zurückgebracht und hat vom Leben „draussen“ keine Ahnung. Das Mittagessen wird uns in „goldenen“ Schüsselchen auf einer Dachterrasse serviert, Aug in Aug mit dem 36 Meter hohen Boudhanath Stupa, dessen aufgemalte Augen mich wirklich wie „big-brother-is-watching-you“ verfolgen. Der Stupa – wir umrunden ihn nach dem Mittagessen – soll mit seinen 40 Metern Durchmesser das grösste buddhistische Bauwerk weltweit sein. Er liegt zirka 8 km nord-östlich von Kathmandu entfernt an der Strasse Richtung indischer Grenze, ist das Zentrum des tibetischen Buddhismus‘ in Nepal und ebenfalls UNESCOWeltkulturerbe. A propos „Weltkultur“: Am Abend drängeln wir uns in der Altstadt Kathmandu‘s ab Hotel durch das Auto-MopedRitschka-Händler-Menschengewimmel zu einer nahegelegenen - Pizzeria (da weiss man, was man hat!). FR, 31. Okt. KATHMANDU-TAL Sile Um 09.00 h Fahrt nach Patan (Lalitpur). Patan ist die zweitgrösste Stadt im Kathmandutal, auch „City of fine Arts“ genannt. Der Durbar Square ist der wichtigste Teil der Stadt wo man die meisten newarischen Bauwerke Nepals findet, mehrheitlich Terracotta Bauten. Die Hauptsehenswürdigkeit des Durbar Square ist der alte, prunkvolle Königspalast. Die wichtigsten Gebäude nördlich des Platzes sind der Kumbeshavar-Tempel - erbaut 1392 und somit der älteste Tempel der Stadt - und der Goldene Tempel. Sehr viel Betrieb auf den Strassen und Gassen, ganze Horden von drängelnden Mofas und hupenden Autos. Demzufolge ist auch die Luft entsprechend schlecht und die meisten Leute tragen eine Schutzmaske. Auch Besuch des Wohnhauses der Kumari, der lebenden Göttin, die als Inkarnation der Göttin Taleju, Schutzgöttin des Kathmandutales, angebetet wird. Weiterfahrt nach Bhaktapur, die dritte der ehemals unabhängigen Königsstädte im Kathmandutal, eine Art Freiluftmuseum. Bhaktapur wird grösstenteils von den Newar bewohnt und ist im Gegensatz zu Kathmandu eine Oase der Ruhe. Die Bewohner sind mehrheitlich Farmer, die vor allem Reis und Getreide anpflanzen mit zwei Ernten, anfangs Jahr Getreide anschliessend Reis. Nördlich am Durbar Square befindet sich der Königspalast mit dem Goldenen Tor, östlich davon ist der Palast der 55 Fenster. Rundgang durch schmale Gassen mit Souvenirläden bis zum „Potter’s Square“, Bhaktapur’s Töpferplatz. Diese alte Tradition wird seit Jahrhunderten gepflegt. Anschliessend Mittagessen in einem Pagoden ähnlichen Restaurant im obersten Stock mit schwindelerregender Aussicht auf den grossen Platz. 15.30 h zurück im Hotel, Zeit zur freien Verfügung bis 18.30 h. Apéro in einem kleinen Garten neben unserem Hotel. Anschliessend Nachtessen in einem typischen nepalesischen Restaurant, wo man die Schuhe am Eingang ausziehen muss und nachher am Boden auf Kissen speist. Sehr gemütliche und stimmige Atmosphäre für unser letztes Nachtessen vor dem Heimflug. SA/SO, 1. /2. Nov. TAJ MAHAL und Rückflug Sibylle Pünktlich um 5 Uhr wird uns das am Vortag bestellte Frühstück serviert. Dann geht’s durch‘s ungewohnt ruhige Kathmandu Richtung Flughafen und bei Sonnenaufgang starten wir pünktlich Richtung Dehli, also in westlicher Richtung. Die Glücklichen können auf der rechten Seite das sich majestätisch präsentierende Himalaya-Gebirge bewundern. 12 Gut zwei Stunden später sitzen wir bereits in zwei Kleibussen und fahren Richtung Agra. Welch ein Szenenwechsel: nach dem Stadtende sehen wir durch den Nebel endlos weite ebene Ackerflächen, Bauern bei der Erntearbeit, Backsteinmanufakturen. In Agra nehmen wir unser letztes gemeinsames Essen ein – natürlich indische Curryspezialitäten. Dann geht’s weiter durch lautes Verkehrsgetümmel. Von gemächlich zirkulierenden Kühen über Lastwagen bis zu völlig überladenen Tuktuks ist hier alles dabei und findet seinen Weg ohne grössere Probleme - dafür laut hupend. Ein indischer Führer geleitet uns zum Taj Mahal. In sehr gutem Deutsch erklärt er uns die Entstehung dieses architektonischen Meisterwerks. Es ist ein Mausoleum, das der Grossmogul Shah Hahan für seine 1631 verstorbene Lieblingsfrau errichten liess, die 38-jährig bei der Geburt des 14. Kindes verstarb. Architekten und 20‘000 Handwerker vornehmlich aus Persien - arbeiteten 17 Jahre daran. Der weisse Marmor wurde mit Tausenden Elefanten hergeschafft und mit Edel- und Halbedelsteinen, Blumenranken und Suren in arabischer Schrift verziert. Heute Samstag ist der Andrang sehr gross - bei der Besichtigung der inneren Grabhallen wird das Gedränge geradezu beängstigend. Umso mehr geniessen wir den mystisch schönen Anblick aussen, bis die Sonne untergegangen und das grossartige Bauwerk wie von Zauberhand im Nebel entschwunden ist. Dann geht‘s zurück in‘s Verkehrsgewühl. Vorerst geht es nur stockend vorwärts. Wir bekommen immer wieder eine Familie auf einem Motorrad zu Gesicht. Vorne sitzt ein etwa 4-Jähriger mit einem Riesenhelm, dann der junge Papa, dahinter der kleine Bruder und zuhinterst eine junge Frau in einem hübschen lindengrünen Sari, die auf ihrem Schoss eine Tasche? – nein es ist ein Baby - festhält. Dieses Bild geht unter die Haut. Die Fahrt über die Autobahn geht flott - aber die drei Stunden strapazieren unsere Geduld. In Delhi zeigen dann unsere beiden Chauffeure nochmals das ganze Repertoire indischer Fahrkunst – beschreiben kann man das nicht: man muss es erlebt haben. Wir sind froh, rechtzeitig am Flughafen Dehli einzutreffen. Herumspazieren, lesen, dösen, lädelen in der nächtlichen Abflughallen. Alle sind froh, als die Swiss um halb drei Richtung Zürich abhebt und wir um 06.30 h morgens pünktlich in Zürich landen. Eine ungewöhnliche und anspruchsvolle Erlebnisreise findet damit ihren Abschluss. Herzlichen Dank an Ady und Doris, dass ihr uns diese unvergesslichen drei Wochen ermöglicht habt. 13