pdf-Datei - Institut für Verkehrsplanung und Logistik
Transcription
pdf-Datei - Institut für Verkehrsplanung und Logistik
Reaktionen von privaten Haushalten auf steigende Mobilitätskosten am Beispiel der Metropolregion München Prof. Dr.-Ing. Gebhard Wulfhorst Fachgebiet für Siedlungsstruktur und Verkehrsplanung Technische Universität München Beitrag zur Abschlussveranstaltung „Bewegte Region“ TU Hamburg-Harburg, 19.03.14 Metropolregion München: steigende Wohnkosten! AZ 01.03.13 AZ 07.12.12 AZ 12.03.14 Steigende Mobilitätskosten und Reaktionsmöglichkeiten privater Haushalte Gebhard WUlfhorst, 19.03.2014 Herausforderung: steigende Mobilitätskosten Quelle: World Bank database for the GDP growth (2012) and Earth Policy Institute (2012). Quelle: SZ vom 21.08.2012. Potenzielle Ursachen für Kostensteigerungen: - Verknappung der fossilen Brennstoffe - Budgetierung CO2-Emissionen („Energiewende“) - geo-politische geo politische Krisen und Spekulation Annahme: Sprunghafter Anstieg der Mobilitätskosten Steigende Mobilitätskosten und Reaktionsmöglichkeiten privater Haushalte Gebhard WUlfhorst, 19.03.2014 Ziel: Das Mobilitätssystem zukunftsfähig gestalten Kooperation der Akteure Flächenverfügbarkeit – gleichsinnige Wirkung Siedlungs Siedlungsstruktur gegensinnige Wirkung dT + + positive Rückkopplung negative Rückkopplung langfristige Mobilitätsentscheidungen Erreichbarkeit Aktivitäten – Verkehrsk h angebot planerisch beeinflussbar Quelle: Wulfhorst 2003 – kurzfristige Mobilitätsentscheidungen Verkehrsnachfrage Investition und Betrieb Steigende Mobilitätskosten und Reaktionsmöglichkeiten privater Haushalte Gebhard WUlfhorst, 19.03.2014 Strategie: Erreichbarkeitsplanung Raumstruktur Ausrichtung/Bündelung am Verkehrsangebot Funktionale Mischung, Dichte Polyzentrale Struktur Städtebauliche Qualität ERREICHBARKEITSPLANUNG Verkehrsangebot Vernetzung bestehender Verkehrsträger Infrastruktur und Betrieb Effiziente Nutzung VISION Nachhaltige Mobilität in Metropolregionen Verkehrsnachfrage -management Marketing, Information Beratung, Services Restriktionen Kostentransparenz Quelle: Wulfhorst 2007 Steigende Mobilitätskosten und Reaktionsmöglichkeiten privater Haushalte Gebhard WUlfhorst, 19.03.2014 Methode: Erreichbarkeitsatlas für die Metropolregion Steigende Mobilitätskosten und Reaktionsmöglichkeiten privater Haushalte Gebhard WUlfhorst, 19.03.2014 Integration von Mobilitätskosten/-steigerungen 1. Scan Regionale Ebene Vulnerability Assessment Stress tests for sustainable mobility: An accessibility approach (in Kooperation mit LET, Lyon, gefördert im franz. F Forschungsprogramm, h 2011 - 2013 2. Explore Individuelle Ebene Storylines mit Stress Tests Mobility and residential costs (im Auftrag der Landeshauptstadt München, gefördert im EU-Interreg-Programm Alpine Space, 2012 – 2014) 3. Prepare p Räumliche Ebene Isocost Accessibility Analysis Auswirkungen steigender Mobilitätskosten auf die Erreichbarkeit (Promotionsvorhaben Dipl.-Geogr. Benjamin Büttner, mobil.LAB bil LAB Promotionskolleg, P ti k ll gefördert fö d t von der d H Hans-Böckler-Stiftung, Bö kl Stift 2011 - 2015 Steigende Mobilitätskosten und Reaktionsmöglichkeiten privater Haushalte Gebhard WUlfhorst, 19.03.2014 1. Vulnerability Assessment (Verletzlichkeit) Steigende Mobilitätskosten und Reaktionsmöglichkeiten privater Haushalte Gebhard WUlfhorst, 19.03.2014 1. Vulnerability Assessment (Verletzlichkeit) Fürstenfeldbruck Exposure Sensitivity Resilience Pkw-Distanz Nettoeinkommen Arbeitsplätze dem ÖV in 1h 934.057 34,5 , km 2.303 € Vulnerability mit 1 (sehr gering) 5 (sehr hoch) 3 - Haar bei München E Exposure S Sensitivity iti it R ili Resilience V l Vulnerability bilit Pkw-Distanz Nettoeinkommen Arbeitsplätze mit dem ÖV in 1h 1.028.536 1 (sehr gering) 5 (sehr hoch) 2 Vulnerability 39,7 km 2.393 € - Kirchdorf an der Amper Exposure Sensitivity Resilience Pkw-Distanz Nettoeinkommen Arbeitsplätze dem ÖV in 1h 143.850 88,5 km 2.339 € mit 1 (sehr gering) 5 (sehr hoch) 5 - Steigende Mobilitätskosten und Reaktionsmöglichkeiten privater Haushalte Gebhard WUlfhorst, 19.03.2014 2. Stress Tests auf der individuellen HH-Ebene 1. Scan Regionale Ebene Vulnerability Assessment 2. Explore p Individuelle Ebene Storylines mit Stress Tests 3. Prepare Räumliche Ebene Isocost Accessibility Analysis Steigende Mobilitätskosten und Reaktionsmöglichkeiten privater Haushalte Gebhard WUlfhorst, 19.03.2014 Analyse individueller Betroffenheit Methodisches Vorgehen für die Betroffenheit der privaten Haushalte • Explorative „Story Lines“ für synthetische Haushalte ((exemplarisch p anhand von Datenbanken wie WMU, SuM, MiDMUC für die jeweilige Untersuchungskommune generierte Haushalte): – georeferenzierte Aktivitäten und typische Mobilitätsmuster – Verkehrsmittelspezifische Kostenkalkulation der individuellen Wege – Exploratives Aufzeigen von kosteneffizienten Handlungsalternativen • Stress Tests für unterschiedliche Szenarien: Stress-Tests – sprunghafter Anstieg der Mobilitätskosten auf $200/barrel (2,11€/l) – sprunghafter bzw. kontinuierlicher Anstieg auf den dreifachen Preis (4,65 €/l) – Policy-Szenario P li S i mitit B Budgetierung d ti d der CO2-Emissionen E i i (50%) Steigende Mobilitätskosten und Reaktionsmöglichkeiten privater Haushalte Gebhard WUlfhorst, 19.03.2014 Storyline: Haushalt in Haar bei München Income (€/month) number of rooms number of cars Address Floor space (m²) Rent (€/month) Preysingstraße 67 89 1332 3750 3 2 110 1238 3750 4 2 81667 Munich (AuHaidhausen) Johann-SebastianBach-Straße 16 85540 Haar Regular activities Irregular activities Person Work days (once a month) Leisure (once a week) Father Full time CAR Ottostraße 13 (city center) Soccer CAR Connollystraße 32 (Olympia Park) Barber Mother Part time CAR (3-4x) Kapuzinerplatz 1 (Isarvorstadt) Meeting g friends / Dinner CAR Hohenzollernstraße 25 (Schwabing) - Son School CAR Georg-Eisenreich-Straße, Haar Music academy Flurstraße 8 (Au-Haidhausen) Doctor / Birthday parties Karl-Theodor-Straße 97 (Schwabing) g Daughter Kindergarten CAR Georg-Eisenreich-Straße, H Haar Doctor / Birthday yp parties Karl-Theodor-Straße 97 (S h bi ) (Schwabing) Visiting family / Hiking Beccostraße 12 (Pöcking) Together Shopping / Bowling / Movie theater Thomas-Dehler-Straße 12 (Neuperlach) Innere Wiener Straße 48 (Au-Haidhausen) Steigende Mobilitätskosten und Reaktionsmöglichkeiten privater Haushalte Gebhard WUlfhorst, 19.03.2014 Scenario 1: $200 p per Barrel ((2,11€/l)) $200 per barrel (crude oil) Eine Steigerung der Benzinpreise auf 2,11 €/l (Super) hat nur relativ geringe Auswirkungen auf den Haushalt. - Steigerung der Mobilitätskosten um 84 € pro Monat (3%). - Alternative: Der Vater könnte sein Pendlerverhalten anpassen, um das Haushaltsbudget nicht zu belasten, und auf Park+Ride umsteigen ( Kostenersparnis um mehr als 100€!). - Aber: Seine Reisezeit steigt um ca. 20 min pro Tag …. Steigende Mobilitätskosten und Reaktionsmöglichkeiten privater Haushalte Gebhard WUlfhorst, 19.03.2014 Scenario 2: Tripling p g of Oil Prices ((4,50€/l)) Tripling of gas prices (at the pump) Eine Kostensteigerung auf 4,50 €/l (Super) würde eine signifikante Beeinträchtigung des B d t darstellen. Budgets d t ll Das verfügbare HH-Budget sinkt um ca. 50%! - Alt Alternative ti 1: 1 - Der Vater fährt ausschließlich mit Öffentlichen Verkehrsmitteln (nimmt Reisezeitverlust in Kauf) - Die Di M Mutter tt versucht, ht so viele i l W Wege wie möglich mit ÖV oder Rad zu erledigen (gelingt nicht bei Kombination von Arbeiten und zusätzlichen ät li h Akti Aktivitäten) ität ) - Der Sohn muss seine Freizeitaktivitäten ändern (zu Fuß zur Musikschule!) Alternative 2: - Alternative 1 + Verkauf des Zweitwagens ( (spart t ca. 300 €/Monat) €/M t) Steigende Mobilitätskosten und Reaktionsmöglichkeiten privater Haushalte Gebhard WUlfhorst, 19.03.2014 Visualiserung und Diskusison der Optionen Steigende Mobilitätskosten und Reaktionsmöglichkeiten privater Haushalte Gebhard WUlfhorst, 19.03.2014 3. Optionen bei reduzierten Einzugsbereichen 1. Scan Regionale Ebene Vulnerability Assessment 2. Explore Individuellen Ebene Storylines mit Stress Tests 3. Prepare Räumlichen Ebene Isocost Accessibility Analysis Steigende Mobilitätskosten und Reaktionsmöglichkeiten privater Haushalte Gebhard WUlfhorst, 19.03.2014 Erreichbares Potenzial mit 2,50€ ÖV – MIV (heute) Steigende Mobilitätskosten und Reaktionsmöglichkeiten privater Haushalte Gebhard WUlfhorst, 19.03.2014 Erreichbares Potenzial mit 2,50€ (Szenarien) Steigende Mobilitätskosten und Reaktionsmöglichkeiten privater Haushalte Gebhard WUlfhorst, 19.03.2014 Schlussfolgerungen • Der “Schock” von steigenden Treibstoffkosten wird schon heute (sehr sensibel) wahrgenommen – obwohl ob ohl die Preise n nurr geringfügig gestiegen sind – obwohl die Fahrzeugeffizienz (und die Kaufkraft?) zunehmen. • Mindestens folgende Einflussgrößen auf die “Vulnerabilität” 1/ Haushaltstyp (Aktivitäten / Anzahl Kinder Kinder, … ) 2/ Standort des Haushalts und der Aktivitäten (Fahrleistung, Erreichbarkeit, …) 3/ Haushaltsbudget (Einkommen, sozio-ökonomischer Status, …) • bei 200$/Barrel: in Verbindung mit Fixkosten der Fahrzeughaltung keine signifikanten Kostensteigerungen (kein Schock) nur geringfügige Anpassung des (alltäglichen) Mobilitätsverhaltens • Verdreifachung der Treibstoffkosten (Schock – v.a. für die am meisten verletzlichen Standorte / Haushalte!) aber Potenzial für Anpassungsmaßnahmen auf Haushaltsebene, z.B. Fahrzeugverkauf abhängig von ÖV/Alternativen Fahrzeugverkauf, ÖV/Alternativen, Mitfahren (!) (!), Standortwechsel Standortwechsel, … • CO2 Budgetierung (z.B. -50%) greift viele Probleme an der Wurzel, aber nicht zwingend die der Mobilitätskosten erhebliche Verhaltensänderungen (nicht nur Technologieentwicklung) notwendig! Steigende Mobilitätskosten und Reaktionsmöglichkeiten privater Haushalte Gebhard WUlfhorst, 19.03.2014 Empfehlungen und Ausblick • Mögliche Reaktionsmuster auf individueller Haushaltsebene : – Eco-Driving, effizientere Fahrzeuge (Potential für Elektromobilität?) – Car-Pooling, C P li Mi Mitfahrgelegenheiten, f h l h i smart-phone-gestützt h ü – Wechsel des Verkehrsmittels (zu Fuß/mit dem Rad, ÖV, Park+Ride, Bike+Ride als Alternativen) – Änderung Ä d d der Zi Ziele, l Verknüpfung V k ü f von Aktivitäten Akti ität in i Wegeketten W k tt – Standortwechsel (Wohnstandort, Arbeitsstandort, …) – Teleworking, E-commerce, … (?!?) – … • Handlungsempfehlungen an die politischen Entscheider, Aufgabenträger, um Vorsorge ggü. Preisschock zu tragen – Technologische Verbesserungen (werden nicht reichen, verstärken den Trend)? – Subventionen (Stützen die Fehlentwicklung)? gesellschaftlichem Gewinn gestalten g Strukturellen Wandel hin zu g (“Mobilitätswende”, z.B. kontinuierliche, transparente Kostensteigerung, Nahmobilität, Radverkehr, Standortentwicklung, Mobilitätsverhalten, …!) Steigende Mobilitätskosten und Reaktionsmöglichkeiten privater Haushalte Gebhard WUlfhorst, 19.03.2014