Rückblick - Deutsch-Japanische Gesellschaft in Bayern eV

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Rückblick - Deutsch-Japanische Gesellschaft in Bayern eV
Rückblick
Das 51. Jahr
DJG in Bayern e.V.
Mai 2013
Wie auch in den letzten Jahren haben wir in diesem Rückblick für alle Veranstaltungen
nochmals ein kurzes Resumeé gezogen. Die einzelnen Artikel sind fast alle schon im Kaiho
erschienen, teilweise inhaltlich aber ausführlicher, da wir für unser Rundschreiben häufig
die Berichte kürzen mussten. Auch sind die einzelnen Beiträge reichhaltig illustriert.
Wir danken allen unseren Kooperationspartnern, die auch in 2012 unsere Arbeit unterstützt
und damit zum Erfolg der Gesellschaft, der sich auch in weiter wachsenden
Mitgliederzahlen ausdrückt, beigetragen haben. Unser Dank gilt insbesondere dem
Japanischen Generalkonsulat in München, dem Kulturreferat der Landeshauptstadt
München, dem Japanischen Kulturinstitut in Köln sowie dem Internationalen
Begegnungszentrum (IBZ), und – nicht zuletzt – den vielen fleißigen Helfern aus unserem
Mitgliederkreis
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1.
Die japanische Mentalität
und ihre Begegnung mit Deutschland
Vortrag von Akira Mizutani,
Japanischer Generalkonsul in München,
beim Business Luncheon am 18.01.2012
Für diesen Vortrag wurde keine Rückschau erstellt, da der Vortrag in voller Länge im kaiho 2/2012
veröffentlicht wurde.
2.
Beginn und Ende des Zweiten
Weltkrieges im Pazifik
Vortrag von Prof.Dr.Dr.h.c. Gottfried-Karl Kindermann am
19.01.2012 im Hörsaal 104 der LMU München
Der Pazifikkrieg begann in Asien mit dem Ausbruch des Zweiten Japanisch-Chinesischen
Krieges am 7. Juli 1937. Nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember
1941 traten am Folgetag die USA in diesen Konflikt und damit in den Zweiten Weltkrieg
ein.
Weitere beteiligte Länder in diesem Kriegsgebiet waren Großbritannien, Australien,
Neuseeland und die Niederlande. Auf Seiten
Japans erklärten im Kriegsverlauf einige der
von ihnen besetzten Länder den Alliierten
den Krieg. Gegen Kriegsende traten einige
asiatische Länder, nachdem die Japaner auf
ihrem Territorium besiegt worden waren,
auf Seiten der Alliierten in den Krieg ein.
Am 2. September 1945 wurde auf dem USSchlachtschiff Missouri in der Sagami-Bucht
der Pazifikkrieg und damit auch der Zweite
Weltkrieg mit der Unterzeichnung der
japanischen Kapitulationsurkunde beendet. Er war der einzige Krieg, in dem sowohl
atomare (von den USA in Japan) als auch biologische und chemische Waffen (beide
hauptsächlich von Japan in China) eingesetzt wurden.
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3.
Die Eulenburg-Mission
Ein Rückblick von Dr. Andrea Hirner auf den Vortrag von
Professor Dr. Peter Pantzer beim shinnenkai 2012
Mit dem shinnenkai der Gesellschaft am 24.
Januar endete nicht nur das unheilvolle Jahr
2011, sondern es endeten auch die Feiern zur
Erinnerung an den ersten diplomatischen
Kontakt zwischen Japan und Preußen, ein
Ereignis, dem das ganze Jahr gewidmet war.
Deshalb schien es angemessen zu sein, noch
einmal im Rahmen unseres Neujahrsfestes auf
die historische Bedeutung der preußischen
Ostasienmission hinzuweisen. Professor Dr.
Pantzer, der den Mitgliedern der Gesellschaft
schon von mehreren früheren Vorträgen
bekannt ist, hatte dieses Thema zum
Jahresabschluss gewählt.
Wir haben heute kaum eine Ahnung von den Schwierigkeiten, in den Jahren 1860 und 1861
überhaupt solch eine Mission auszuschicken; die
Bedeutung des Königreichs Preußen innerhalb
des deutschen Staatengebildes war ja noch
ungesichert, und es besaß noch nicht einmal die
geeigneten Schiffe für eine solche Überseereise.
Mit zahlreichen Dokumenten und Zeichnungen,
die auch bei der Ausstellung „Ferne Gefährten“
in Mannheim Teil der Ausstellung waren, führte
Professor
Pantzer
deutlich
die
sehr
unterschiedlichen Interessen und Ziele der
Mission und ihrer handelnden Personen vor, an
erster Stelle die Persönlichkeit von Graf zu
Eulenburg, der der Expedition, denn eine solche
war das Vorhaben, seinen Namen gab.
Die Mission geriet in Japan in eine ähnlich
ungeklärte politische Lage, die äußerst explosiv war, weshalb auch damals der
liebenswürdige Dolmetscher Hendrik Heusken Opfer eines Komplotts wurde. Graf zu
Eulenburg erreichte trotz der widrigen Umstände tatsächlich den Abschluß eines
Vertrages. Nicht nur war der von großen Opfern begleitet, wie der Untergang des Schiffes
„Frauenlob“ in einem Taifun, es war auch nur ein Teilvertrag, der in der deutschen Heimat
sehr kritisiert wurde. Vielmehr bestimmten die Umstände, unter denen sich zum ersten
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Mal Japaner und Preußen begegneten, die Zukunft beider Länder. Denn hier wurde ein
erster Grundstein für die später folgende Annäherung der beiden Völker gelegt.
Folgerichtig trat der Handel, das eigentliche Ziel, in den Jahren nach der Meiji-Restauration
hinter anderen Bereichen wie Medizin oder Rechtswissenschaft zurück.
Der Blick in eine Zeit vor eineinhalb Jahrhunderten, als Japan die ersten Schritte in eine
vom Westen beherrschte Welt machte, begeisterte die Zuhörer; wunderschöne Bilder und
Zeichnungen führten in die Welt des alten Japan zurück, das noch nichts von der
Technologie des Westens übernommen hatte. Die lockere, aber fundierte Vortragsweise
von Prof. Pantzer und das reiche und farbenfrohe Bildmaterial krönten unser diesjähriges
Neujahrsfest.
Zum ersten Mal trat beim shinnen-kai der Japanisch-Deutsche Projektchor auf. Er belebte
den Vortrag mit japanischen Liedern, die in Deutschland bereits den Rang eines
„Ohrwurms“ haben, weil sie auch unsere Gefühle ansprechen. Das wundert nicht, denn
zwei von ihnen („Hana“ und „Kojō no tsuki“) wurden von Rentarō Taki komponiert, der in
Deutschland Komposition studiert hat und ein gutes Beispiel für den vorerwähnten
Kulturaustausch ist.
„Sakura“ ist inzwischen bei uns so bekannt, daß man es mit dem „Heideröslein“ in Japan
gleichstellen kann. Dabei basiert es auf einem Volkslied des 17. Jahrhunderts. Sehr lebhaft
waren die beiden letzten Lieder „Shimauta“ von Kazufumi Miyazawa, das erst 1990
komponiert wurde, aber zeigt, wie frisch japanische Volkslieder auch heute noch sind.
(Shimauta basiert auf einem solchen). Und das Lied „Saitara-bushi“ berührte alle, weil es
aus der von den Unglücksfällen getroffenen Provinz Miyagi stammt.
Das gemeinsame Singen im Chor verbindet Deutsche und Japaner, wie es auch das letzte
Lied vermochte, das alle Gäste zusammen mit dem Chor gesungen
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4.
Japan nach der Katastrophe
vom 11. März 2011
Vortrag von Prof.Dr. Klaus Vollmer am 26.01.2012
im Hörsaal 140 der LMU
Wenn man heute über Deutschland und Japan spricht, dann kommt man nicht umhin, auch
etwas über den 11. März diesen Jahres zu sagen. Denn wie unter einem Vergrößerungsglas
bot sich hier, angesichts dieser beispiellosen Katastrophe, eine Momentaufnahme einiger
zentraler Aspekte des deutsch-japanischen Verhältnisses - von Deutschland aus gesehen
auch eine Momentaufnahme der Projektionen der deutschen Gesellschaft auf „Japan“ oder
das, was die Medien davon berichten. Was die Reproduktion von Klischees über die
japanische Gesellschaft in den meisten deutschen Medien angeht, könnte man angesichts
der wenigen differenzierten Stimmen von einem Tiefpunkt sprechen.
Auch das bald ausschließlich auf den Super GAU in Fukushima konzentrierte Interesse der
deutschen Öffentlichkeit sprach Bände über die Selbstbezogenheit der deutschen Seite; geradezu grotesk etwa die Tatsache, dass Ende März in München in den meisten Apotheken
Jod-Tabletten ausverkauft waren, so als ob man 10.000 Kilometer von Fukushima entfernt
in Deutschland schon mal den Strahlentod simulieren wolle. Andererseits war die
Reaktion in weiten Teilen der deutschen Öffentlichkeit von starker Sympathie,
Anteilnahme und großem Interesse am Schicksal Japans geprägt.
Auszüge aus diesem Vortrag wurden im kaiho 3/2012 veröffentlicht,
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5.
2011 – Japan in Bewegung
Rückblick von Jürgen Betten auf den Vortrag von
Dr. Christian Geltinger am 30. Januar 2012
Das Jahr 2011 hat wie kaum ein anderes nicht nur Japan bewegt. Die Zuhörer im gut
besetzten Bibliothekssaal der Staatlichen Münzsammlung in der Residenz in München
waren daher gespannt auf den Vortrag von Dr. Christian Geltinger, der seit März 2010
Repräsentant des Freistaats Bayern in Japan ist und ein Büro in der Nähe des Tokyo Towers
hat. Dr. Geltinger war von Oktober 2006 – Februar 2010 bayerischer Repräsentant in China,
mit Büro in Qingdao und davor stellvertretender Referatsleiter von Invest in Bavaria.
Der mit vielen Fakten und Zahlen versehene Vortrag war für die Anwesenden ein
hervorragendes Update über die Lage in Japan sowie über die Beziehungen zwischen Japan
und Bayern.
2011 haben sich – nach Angaben des Referenten – in Bayern 5 neue japanische Firmen
angesiedelt, 4 japanische
Firmen haben sich in
Bayern erweitert und 5
japanische Firmen haben
bayerische
Firmen
übernommen.
So
hat
Japans
größtes
Internetunternehmen
Rakuten das Bamberger
Unternehmen
Tradoria
übernommen,
einen
führenden Anbieter von
Mietshops im Internet.
Damit ist Bayern mit 340
japanischen Firmen (bzw.
250 ohne Selbständige)
knapp nach dem Raum
Düsseldorf und vor dem
Raum London der zweitgrößte Standort japanischer Firmen in Europa .
Einen breiten Raum nahmen im Vortrag die japanische Energiepolitik bzw. die
Energiewende und der Atomausstieg ein. Tatsache ist, dass derzeit nur noch 3 der 54
Atomkraftwerke in Betrieb sind. Sie werden Ende April ebenfalls abgeschaltet, da in Japan
die AKWs alle 13 Monate für eine Wartung heruntergefahren werden. Dann ist Japan
vorerst atomstromfrei. Zur Wiederinbetriebnahme ist die Zustimmung der Kommunen
und Gouverneure erforderlich, mit der aufgrund der derzeitigen Stimmung in der
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japanischen Öffentlichkeit vorerst nicht zu rechnen ist, so dass dies de facto einem
Atomausstieg gleichkommt, zumal einige Präfekturen schon definitiv ihre AKWs
abgeschaltet haben. Erstmals soll nun ein unabhängiger Untersuchungsausschuss
herausfinden, was in Fukushima wirklich geschah und noch geschieht. Prominente
Fürsprecher des Atomausstiegs sind der Ende August 2011 zurückgetretene
Premierminister Naoto Kan (in Davos Ende Januar 2012) und der Literaturnobelpreisträger
Kenzaburô Ôe , der am 8.Februar 2012 vor dem Club der Auslandskorrespondenten in
Tokyo feststellte: „Dass der von der Ethikkommission „Sichere Energieversorgung“ der
deutschen Regierung am 30.Mai 2011 empfohlene Ausstieg unter der Führung der
Bundeskanzlerin Angela Merkel dann beschlossen wurde, hat einen „enormen Impuls“ auf
die japanische Gesellschaft gehabt“.
Wie soll der Strombedarf nun gedeckt
werden?
Die
Aufforderung
der
Regierung an alle (Industrie und
Bevölkerung) hat im Sommer 2011 eine
Energieeinsparung
von
15-20
%
gebracht; im Winter 2011/12 sollen
nochmals 10 % eingespart werden. Der
Import von Flüssiggas ist enorm
gestiegen, während der Ölimport auf
gleichem Niveau bleibt. Der Stromanteil
aus erneuerbaren Energien soll in 10
Jahren von 1 % auf 20 % gesteigert
werden. Ein Gesetz zur Förderung
erneuerbarer
Energien
wurde
beschlossen. Solar-, Wasser- und
Biomassenkraftwerke,
Geothermie
werden eine Rolle spielen. Im Dezember hat eine 45-köpfige japanische
Unternehmergruppe Windparks an der deutschen Nordseeküste besucht. Vor der Küste
von Fukushima soll ein Offshore-Projekt entstehen, um nur einige Aktivitäten zu nennen.
Japan bleibt in Bewegung und prüft viele Möglichkeiten…
Deutschland ist in Japan weiterhin hoch angesehen, was nicht zuletzt durch über 20.000
japanische Besucher beim Gartenfest im Garten der Deutschen Botschaft in Tokyo am
23.Oktober 2011 eindrucksvoll dokumentiert wurde. Die Spendenaktionen deutscher
Unternehmen und Organisationen für die Katastrophenregion Tohoku haben inzwischen
ca. 60 Mio. € ergeben und das Ziel ist 150 Mio. €, wobei viele Projekte die japanische
Gesellschaft einbeziehen. Über die japanischen Fußballspieler, die in der deutschen
Bundesliga spielen, wird in den japanischen Medien viel berichtet, nachdem der Sieg der
japanischen Frauenmannschaft in Deutschland bei der Fußball-WM auch in Japan hohe
Wellen geschlagen hatte.
Süd-Korea ist derzeit für Japan der Konkurrent schlechthin, auch bei der
Spitzentechnologie. Korea ist flexibler und hat schon im Juli 2011 das
Freihandelsabkommen mit der EU abgeschlossen, wobei sich die koreanische Regierung
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gegen die starke Bauernlobby durchsetzen konnte. In Korea wurden viele Zwangsfusionen
durchgeführt und es wurden Kräfte gebündelt. In der Elektrobranche sind es nur noch 2-3
große Unternehmen, während es in Japan 20 entsprechende Großunternehmen gibt, von
denen sich derzeit einige schwer tun. Die koreanischen Firmen reagieren beim Aufgreifen
neuer Trends schneller oder sind bereit, höhere Risiken einzugehen. Wie selbstbewusst und
stark manche koreanische Firmen auf dem Weltmarkt agieren, zeigt derzeit die Firma
Samsung mit seiner weltweiten Auseinandersetzung mit Apple um Tablets .
Dass – nach Auffassung des Berichterstatters – die Innovationskraft der japanischen Firmen
unverändert hoch ist, zeigt demgegenüber z.B. die
Patentstatistik. Hier liegt Japan weiterhin z.B. mit
46.934 europäischen Patentanmeldungen (+12 %) im
Jahr 2011 deutlich vor Korea mit 13.324 (+8 %). Zum
Vergleich: Deutsche Firmen haben 33.289 (+0,55 %)
europäische Patentanmeldungen eingereicht und
chinesische Firmen 16.153 (+27,2 %). Ein ähnliches
Bild zeigt sich beim Deutschen Patent- und
Markenamt, wo die entsprechenden Zahlen – für das
Jahr 2010 – lauten: 2.970 deutsche Patentanmeldungen
aus Japan und 684 Anmeldungen aus Korea.
Gut entwickelt sich – nach Auffassung des Referenten
– die Zusammenarbeit zwischen Japan und Bayern.
Auf
Vermittlung
der
japanischen
Außenhandelsorganisation JETRO wird es zu einer
Zusammenarbeit zwischen Firmen aus der nördlich an
Tokyo angrenzenden Präfektur Saitama und den beiden bayerischen Clustern
Mechatronik/Automation und Medizintechnik/ForumMed Pharma in den Regionen
München und Nürnberg kommen. Die Präfektur Saitama hat mehr als 7 Mio. Einwohner
und zahlreiche klein- und mittelständische „Hidden Champions“, die in ihrem Bereich
Marktführer sind.
Japan sei ein attraktiver und großer Markt, der sich stärker öffnen wird. Der Druck auf
japanische Firmen sei groß und die deutschen Firmen würden ihre Chancen sehen. Seit
dem 10.Februar 2012 arbeitet eine 250 Mitarbeiter umfassende Agentur zur Koordination
für den Wiederaufbau, der noch 20-40 Jahre in Anspruch nehmen wird. Der Wiederaufbau
bietet für ganz Japan große Chancen: Aufbau neuer Infrastrukturen (z.B. sind viele
Basisstationen des Mobilfunks zerstört worden), Modellprojekte für Mobilität, Aufbau
neuer Stadtteile oder gar ganzer Städte usw. Hier bieten sich auch deutschen Firmen große
Chancen, etwa mit Niederenergie- oder Fertighäusern. Nach einem Bericht der Deutschen
Welle vom 5.April 2011 boomen deutsche Passivhäuser in Japan.
Der starke Yen und die Energieprobleme haben und werden vermehrt zu
Auslandsinvestitionen in China, Indonesien und Thailand führen. So ist der Anteil des
produzierenden Gewerbes an der Gesamtwirtschaft von 27 % in den 70er Jahren auf heute
17 % zurückgegangen.
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Erstmals seit 31 Jahren ist die Handelsbilanz Japans negativ, was aber wohl wesentlich auf
Sondereinflüsse zurückzuführen sei, wie starker Yen, Produktionsausfälle durch die
Katastrophe, große Sonder-Importe (z.B. von Autos durch Nissan). Auch wenn die
japanischen Firmen weiterhin unter einer hohen Steuerlast (sie liege mit 41 %
Unternehmenssteuer weit über dem OECD-Durchschnitt und auch über der von
Deutschland) stöhnten, so seien sie doch liquide und könnten weltweit agieren.
China ist inzwischen wichtigster Handelspartner Japan, sowohl für die Herstellung von
Waren als auch als Markt, auch wenn inzwischen – aus Kostengründen – Teile der
Herstellung nach Indonesien und Thailand verlegt wurden, wo die Flut im vergangenen
Jahr die japanischen Firmen hart getroffen hatte.
Nach
der
letzten
Vorhersage
eines
japanischen Forschungsinstitutes wird Japans
Bevölkerung von derzeit
128 Mio. auf 87 Mio. im
Jahr 2060 schrumpfen, was
dem Stand der 1950er
Jahre entspricht. Gleichzeitig wird sich die Zahl
der Senioren über 65 Jahre
von derzeit 23 % auf 40 %
nahezu
verdoppeln.
Zudem
wird
die
erwerbsfähige Bevölkerung zwischen 18 und 64
Jahren um die Hälfte auf
44 Mio. zurückgehen.
Eine touristische Attraktion sei schon jetzt der in alter Pagodenbauweise (zweiteilige
Struktur, die aus einem äußeren Stahlrahmen und einem, davon unabhängigen inneren
Schaft in Zylinderform aus verstärktem Beton) erbaute Tokyo Sky Tree mit 634 m Höhe,
der um den 11.März 2011 herum seine Endhöhe erreicht hatte und der dem großen
Erdbeben ohne große Probleme standhielt. Er wird am 22.Mai 2012 eröffnet werden. Die
Höhe von genau 634 m wurde so gewählt, dass sie leicht merkbar ist. Die Zahlen 6 (mu), 3
(sa) und 4(shi) ergeben „Musashi“, einen alten Namen für die Gegend, in der der Tokyo
Sky Tree steht (Quelle: Wikipedia).
Es wäre schön, wenn der Referent in einem Jahr wieder so ein interessantes und
informatives Update machen könnte.
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6.
Musikerstammstisch
Ein Rückblick von Willi Huber auf den
ersten Musikerstammtisch der DJG in Bayern e.V.
Am 8. Februar fanden sich zum ersten Mal die musikinteressierten Mitglieder der DJG und
deren Freunde zum neu gegründeten “Musikerstammtisch“ im Restaurant Kitcho. Bedingt
durch Kälte- und Grippewelle hielt sich die Zahl der Teilnehmer zwar noch ein wenig in
Grenzen, doch dadurch
fanden die Anwesenden
um so schneller zueinander
und
waren
bald
in
angeregte
Gespräche
vertieft. Besonders reizvoll
war - trotz der relativ
kleinen Gruppe - die
Vielfalt der von den
Teilnehmern
vertretenen
musikalischen Aktivitäten.
Vom
reinen
Musikliebhaber bis hin
zum Profi, vom Designer
elektronischer Musik bis
hin
zum
klassischen
Chorsänger, die Bandbreite
hätte nicht größer sein können.
Neben allgemeinen Themen über Japan, die uns ja immer bewegen, ergaben sich auch lebhafte Diskussionen über die Probleme der Urheberrechtswahrnehmung und der
weltweiten digitalen Vermarktung von Musik über das Internet.
Somit könnte sich der Musikerstammtisch in seinem weiteren Verlauf durchaus zu einem
interessanten Forum für Musiker und Musikliebhaber entwickeln. Eine nächste Gelegenheit
zur Fortsetzung bietet sich am Mittwoch, den 4. April - wieder im Restaurant Kitcho in der
Wurzerstraße. Dann hoffentlich bei lieblicheren Temperaturen sowohl außen als auch
innen, denn die eisige Kälte auch im Inneren des Restaurants sorgte leider für ein frühes
Ende unseres sonst sehr angenehmen Treffens.
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7.
Japanische Denkweise und Gefühlswelt.
Rückblick von Dr. Andrea Hirner auf den Vortrag von
Dr. Kamino am 28. Februar 2012
Einige Bilder der dreifachen Katastrophe vom 11. März 2011 haben sich auch in unser
Gedächtnis eingebrannt: da ist einmal das große Schiff, das wie Spielzeug vom Tsunami
getrieben auf einem Hausdach landet, und auf der anderen Seite ein Opfer, eine bejahrte
Frau, die sich bei ihren Rettern dafür entschuldigt, ihnen so viele Umstände zu machen.
Wie kam es in Japan zu dieser Einstellung?
Nach Auffassung von Dr. Kamino gibt es keinen einzelnen Erklärungsgrund, wie etwa den
Begriff von „Schicksal“, dem man sich unterwirft, sondern mehrere Faktoren, die
zusammenkommen: die japanische Ur-Religion des Shinto, die keinen einzelnen Gott
kennt, sondern göttliche Manifestationen in Felsen, Bäumen und anderem. Die Natur ist
hier zumeist wohltätig, aber gelegentlich auch unberechenbar und grausam, was aber nicht
bekämpft werden kann. Der Mensch kann nicht gegen die Natur leben, sondern nur mit
ihr. Einen gewissen Schutz vor Katastrophen bietet die Gemeinschaft. Die Japaner sind eine
Bauernnation, die beim Reispflanzen aufeinander Rücksicht nehmen musste und so das
notwendige Gemeinschaftsgefühl entwickelte. Kein persönliches Schicksal sollte diesen
Rahmen sprengen, aber es darf auch keiner hinausgedrängt werden.
Als zweiten Faktor nannte Dr. Kamino den Buddhismus, der sich im Lauf der Jahrhunderte
mit dem Shintoismus verband, nie aber gegen ihn kämpfte. Der Buddhismus brachte die
Überzeugung, daß unsere zeitlich begrenzte leibliche Existenz nicht so bedeutend ist, wie
wir heute im Westen glauben. Das Vertrauen in das eigene Schicksal gibt vielen Japanern
eine innere Ruhe, um die sie oft beneidet werden.
Für Dr. Kamino ist außerdem der „Bushido“, der „Weg des Kriegers“ noch heute in Japan
allgegenwärtig. Obgleich es sich um einen Verhaltenskodex für eine begrenzte Gruppe des
Volkes handelte, sind seine Werte ins Volk „abgesunken“ und werden noch immer gelebt.
Eine Rolle mag auch spielen, dass es sich bei den besonders betroffenen Gebieten um
Landstriche in Japan mit einer eher bäuerlichen Bevölkerung handelte, bei denen diese
Werte noch stärker vorhanden sind als z.B. in den Großstädten. Dies war auch eine der
vielen Fragen, die im Anschluss an den Vortrag an Herrn Dr. Kamino gestellt wurden: wie
weit eine solche Haltung im modernen Japan überhaupt noch wirken kann, und ob es nicht
gerade die Wucht der Katastrophe war, die die Menschen in ihrer Not darauf zurückgreifen
ließ.
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8.
Puccini und die Geishas
Rückblick von Dr. Andrea Hirner auf den Vortrag von Herbert
Eichele am 21. März 2011
Wer davon überzeugt ist, die „Madama Butterfly“ von Giacomo Puccini gut zu kennen –
schließlich ist sie eine der bekanntesten Opern der Welt -, hätte sich den Vortrag von Herrn
Eichele anhören sollen. Immerhin besuchten zahlreiche Mitglieder der DJG diesen
Vortragsabend
und
kehrten
mit
zahlreichen
neuen
Informationen, Hör- und Bildbeispielen nach Hause zurück.
Herr Eichele rekapitulierte zuerst den Ablauf der Geschichte, die
die Oper bildet, und ihre Entstehung, die auf dem
Zusammenspiel zahlreicher Zufälle beruhte. (Heute kann man
sich nicht mehr vorstellen, dass die erste Aufführung ein Flop
war). Das herausragende Besondere an der Oper ist wohl, dass
Puccini dabei original japanische Tonfolgen einflocht, die er
unter anderem bei Besuchen der Frau des japanischen
Botschafters auf Schallplatten hörte, die zu den ersten ihrer Art
gehörten. Schwieriger war es sicher für ihn als Komponist, sich
in die Gefühlswelt einer Japanerin einzuleben. Zufällig trat
damals auch in Italien die ehemalige Geisha Sadayakko
Kawakami auf, die als erste mit ihrer Truppe durch Europa reiste
und viel Aufsehen erregte. Außer der Frau des Botschafters und
der Schauspielerin wird Puccini keine anderen Japanerinnen
gesehen haben. Seine Madama Butterfly spiegelt deshalb auch den Geschmack der Zeit, der
vom „Japonismus“, der schwärmerischen Spiegelung Japans in der europäischen Kultur,
geprägt war.
So wie Puccini bei der Musik japanische Tonfolgen benutzte, die er aus unterschiedlichen
Quellen entnahm, so ist auch das Bild der unglücklichen Cho-cho-san aus verschiedenen
Episoden zusammengestückelt, von denen er Kenntnis bekam. Denn nach der Öffnung
Japans war es für europäische Männer durchaus einfach, sich bei einem Aufenthalt in Japan
eine „Frau auf Zeit“ zu leisten. Nur selten erfuhr die Öffentlichkeit etwas von den Frauen,
die davon betroffen waren. Herr Eichele erzählte also von den verschiedenen Affären,
angefangen mit Tojin O-Kichi, die eine kurze Zeit lang Townsend Harris, den ersten
amerikanischen Gesandten, pflegte und später Selbstmord beging. Oder von dem
französischen See-Offizier Pierre Loti, der dieses Genre mit seinen Romanen bekannt
machte.
Es gibt sehr viele Theorien, welche Frau letztendlich das wirkliche Vorbild für Madama
Butterfly war, aber das Rätsel wird sich nie mehr lösen lassen. Herr Eichele schenkte dafür
mit seinen zahlreichen Bildern, seltenen Photos sowie den Hörbeispielen aus der Oper den
Zuhörern einen genussreichen Abend, der begeistert angenommen wurde.
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9.
Jugendreise nach Nara
Ein Bericht von Dr. Oliver Schön über die Reise vom 31.03. bis
zum 15.04.2012
Die zweite Jugendreise der Deutsch-Japanischen Gesellschaft in Bayern e.V. zu der
Partnergesellschaft in Nara fand in den Osterferien dieses Jahres statt. 10 Jugendliche
zwischen 16 und 22 Jahren sind gemeinsam mit dem Präsidenten der DJG, Dr. Oliver
Schön, in die traditionsreiche Kleinstadt Nara in der Nähe von Kyoto und Osaka gefahren.
Die Reisezeit war so gelegen, dass sie genau in die Kirschblüte fallen sollte. Allerdings
begann der Frühling in Japan dieses Jahr besonders spät, so dass es in der ersten Woche
noch sehr kalt war und sich die Kirschblüte erst nach und nach entwickelte. Rechtzeitig
zum dreitägigen Ausflug nach Kyoto hatte sie dann ihren Höhepunkt erreicht, so dass die
Jugendlichen gemeinsam mit tausenden japanischen Touristen auf dem berühmten
Philosophenweg unter Kirschbäumen wandeln konnten. Der Besuch in Kyoto mit seinen
Tempeln und Ein-kaufsmöglichkeiten war der unumstrittene Höhepunkt der Reise.
Das Austauschprogramm war von der Partnergesellschaft sehr gut organisiert. Alle
Teilnehmer waren bei japanischen Gastfamilien untergebracht und haben so einen guten
Einblick in das Leben einer japanischen Familie gewinnen können. Das Programm war
auch abwechslungsreich. Neben einem Besuch in dem Tempel Daianji, wo die JapanischDeutsche Gesellschaft Nara ihren Stammsitz hat, waren auch eine Stadtführung zu den
Sehenswürdigkeiten im Nara-Park und zu dem in den letzten Jahren renovierten Stadtteil
„Nara-machi“ auf dem Programm. Dies war besonders interessant, da dabei ein Einblick in
zahlreiche typisch japanische Traditionen gegeben wurde. Dafür eignet sich Nara
besonders gut, weil dort noch viele Traditionen gepflegt werden, die in den größeren
Städten bereits verschwunden sind. Neben Besuchen in Osaka und in Kyoto gab es auch
exotische Beschäftigungen, wie Takuhon (Anfertigen von Tuscheabdrucken), ein TuscheKurs und japanisches Bogenschießen.
Bis auf eine Ausnahme war es für die Teilnehmer der erste Aufenthalt in Japan. Mit der
freundlichen Aufnahme durch unsere Partnergesellschaft in Nara und das zumindest
zuletzt frühlingshafte Wetter mit herrlicher Kirschblüte kann es als ein gelungener Einstieg
bezeichnet werden. Hoffentlich können wir uns bei einem Gegenbesuch durch die JDG
Nara im nächsten Jahr für die Gastfreundschaft der japanischen Partnergesellschaft
erkenntlich zeigen
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10.
Das Senryū
Rückblick von Dr. Andrea Hirner auf den Vortrag von
Prof. Dr. Peter Pörtner am 23. April im IBZ.
Das senryū ist – einfach gesagt - eine der japanischen Gedichtformen. Allerdings ist es im
Ausland nicht so populär geworden wie das haiku, das auch innerhalb der DJG besonders
gepflegt wird. Dabei entstammt es der näheren Umgebung des haiku und besitzt wie dieses
die gleiche dreizeilige Form von 5-7-5 Silben. Als Fachmann hat uns Herr Prof. Pörtner
gleich darüber aufgeklärt, dass man eigentlich nicht von Silben sprechen kann, sondern
dass es sich um „Moren“ handelt, Sprecheinheiten. Japanische Vokallängungen und
Konsonantenverdoppelungen haben deshalb eine eigene Zählung. Haikus besitzen also
eine eigene strenge Form, die bekannteste Eigenheit ist das „Jahreszeitenwort“. Das senryū
ähnelt zwar dem haiku, allerdings ist der Bezug zu Jahreszeiten nicht notwendig, denn
zum Ziel nimmt es sich eher menschliches Verhalten. Deshalb kann man einen
humorvollen, mitfühlenden oder sogar spöttischen Ton daraus hören. Auch leichte Kritik
an den Zuständen des Landes schimmert gelegentlich durch; aber der Inhalt war nie
bösartig.
Entstanden ist es im 18. Jahrhundert. Senryū („die Weide am Fluss“) war der Dichtername
von Karai Hachiëmon (1718-1790), der seinen Beamtenstatus aufgab, um als „Reimerichter“
zu wirken. Im 18. Jahrhundert gab es in der Hauptstadt Edo zahlreiche Dichterzirkel, und
wer nicht einem Zirkel angehörte, dichtete trotzdem. Er gab seinen Schülern „maeku“
(„Vorverse“) vor, auf die dann in entsprechender oder überraschend anderer Form ein
senryū als Antwort gedichtet werden musste. Manchmal wurden diese Vorverse auch wie
eine Antwort auf eine Aussage an den Schluss gestellt und ergaben eine unerwartete
Pointe. Das Ergebnis war dann witzig, poetisch oder vielschichtig und setzte zudem eine
große Vertrautheit mit der Literatur voraus. Es war eine Gedichtform für Kenner und
Liebhaber der Poesie. Die 5-7-5 Silbenfolge des haiku und senryū und die 7-7 Silbenfolge
des maeku sind sehr rhythmisch und eingängig. Beide entsprechen der japanischen
Sprache mit ihren vielen Möglichkeiten der spielerischen Anwendung und ihrer
Vieldeutigkeit.
Herr Prof. Pörtner hat uns viele Gedichte mit höchst unterschiedlichem Inhalt vorgetragen.
Die Übersetzung ins Deutsche war dann inhaltlich genau, klang aber holprig. Woraus folgt,
dass die Übertragung dieser Gedichtformen in andere Sprachen nicht ganz einfach ist. Da
aber die Silbenzahl nicht als das einzige Kriterium gilt, ist der Anwendung auch in der
deutschen Sprache nichts in den Weg gelegt.
Das alles mag kompliziert klingen, aber in der Vortragsweise von Herrn Prof. Pörtner war
davon nicht viel zu merken. Und so war der Abend ein Vergnügen für die zahlreichen
interessierten Zuhörer.
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11.
Die Kraft der Bündelung der Energien
Ein Rückblick von Karlheinz Reichenstetter auf den Vortrag von
Soke Keido Yamaue am 27. April 2012
Der Mensch zwischen Sonne und Erde, der Mensch aber auch als Teil seiner Umgebung, im
Fluss der Energieströme. Energie aufnehmend und weitergebend, Energie zur eigenen
Heilung und Genesung bei Krankheiten, aber auch zur Abwehr von Gefahr.
Soke Keido Yamaue, der Großmeister, Kampfkünstler und Lehrer, vermittelte am Abend
des 27. April im Münzkabinett der Residenz
München
einem
interessiert
und
aufmerksam lauschenden Publikum die
Geheimnisse seiner von ihm begründeten
Variante des Japanischen Kampfsports
Aikijutsu, die auch seinen Namen trägt:
Yamaue Ryu Aiki Jutsu. Chi (Ki) gong ( 气功
oder 氣功) entstammt ursprünglich der
chinesischen
Praxis,
Energie
(Chi)
aufzunehmen, auf eine ausgewogene Weise
zu beherrschen und bei Bedarf aus der
aufgenommenen und im eigenen Körper
„gespeicherten“ Energie Kraft zu gewinnen.
Dass dazu aber auch menschliche Intelligenz
benötigt wird, wird von Kaido Yamaue
besonders betont. Nicht dem Körper ist zu
vertrauen, sondern dem Verstand, denn
wenn der Mensch auch altert und damit
schwächer wird, so ist sein Verstand doch
stärker geworden. „Verlasse dich nicht auf
deinen Körper, vertraue deinem Verstand“.
Diese Auffassung hat für Keido Yamaue eine
große Bedeutung gewonnen. Sein von ihm entwickeltes Yamaue Ryu Aiki Jutsu basiert
darauf.
Die Bedeutung des Verstandes erklärt Kaido Yamaue mit Wellen, die vom Gehirn
ausgehen (brain waves). Der Verstand steuert und kontrolliert den Körper, ähnlich wie
Wärmestrahlen, die der Körper fühlt und deren Energie er aufnimmt. Energie wird
weitergeleitet: Durch die Berührung mit der Handfläche kann Energie zur Heilung
beitragen oder ein möglicher Gegner abgewehrt werden.
Doch wie lässt sich Energie gewinnen? Der Schlaf ist eine wichtige Quelle, Meditation eine
andere. Der Religion misst Keido Yamaue hier keine große Bedeutung zu.
Veramstaltungsrückblick 2012
Seite 16
Er unterteilt die Gehirnwellen in verschiedene Kategorien (brain activities), die auch den
Zustand des Gehirns wiedergeben: Ein „klarer“ Kopf, wie wir sagen würden, oder – im
gegenteiligen Fall - ein „schläfriger“ Kopf. Ein klarer Kopf sendet Ki-Wellen aus. Es gibt
aber auch Wellen, die einem Chaos im Kopf entstammen, etwa in Ausnahmefällen. Diese
Energie ist dann sehr mächtig, aber nicht kontrollierbar. Menschen können damit
körperliche Leistungen hervorbringen, derer sie sonst nie fähig wären.
Nur Ki-Wellen übertragen demnach Energie, die uns nützen kann. Dazu muss der
Verstand entsprechend vorbereitet sein, er muss zuvor in einen Zustand versetzt worden
sein, so dass diese Wellen ausgesendet werden können. Der normale Mensch befindet sich
in einem Zustand der „geistigen Ausgewogenheit“. Er benützt seine Energie ohne andere
Menschen zu schädigen. Liebe ist mit Kraft verbunden, ja mit ihr verwandt. Gewalt jedoch
nicht.
Ich will, ich muss, ich kann: Vom Gehirn ausgehend wird ein Zwang ausgelöst, der letztlich
die Kraft freisetzt, etwas zu tun. Fehlt einer dieser drei Teile oder Stufen, kann der
Energiefluss nicht funktionieren.
Zen Meditation ist die optimale Voraussetzung um Energie zu gewinnen. Sie bringt den
Verstand in die notwendige Ausgeglichenheit. Keido Yamaue hat hier ein paar praktische
Hilfsmittel für den „modernen“ Menschen: Still hinsetzen, eine Viertelstunde ganz ruhige
Musik hören, ein einfaches Bild betrachten oder eine ruhige Landschaft.
Keido Yamaue hat auch ein paar seiner Schüler mitgebracht. Obwohl einen Kopf größer
und sichtlich auch sehr viel gewichtiger, reichen ein paar wenige Handgriffe und
Bewegungen aus, diese starken Männer buchstäblich „in die Knie“ zu zwingen. Für uns
ungläubige Zuschauer äußerst erstaunlich und eindrucksvoll. Und als dann auch noch
einige Zuschauer unter Anleitung von Soke Yamaue ihre Energie bündeln und so der
Stärke seiner Schüler spielend widerstehen, ist die Überraschung und Begeisterung groß.
Am Ende des Vortrags und nach den kleinen Kampfeinlagen ist der kleine Bibliothekssaal
des Münzkabinetts fühlbar von Energie angefüllt. Die Zuhörer und Zuschauer sind
begeistert. Ein langanhaltender Beifall beschließt den spannend und abwechslungsreich
gehaltenen Abend. Alle sind sich einig – Soke Yamaue ist jederzeit wieder herzlich
willkommen.
Veramstaltungsrückblick 2012
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12.
Die Privatisierung
der japanischen Staatsbahn
Rückblick von Jürgen Betten auf den Vortrag von Gregor Leister
am 8. Mai 2012 im IBZ
In einem spannenden und interessanten Vortrag hat der Referent die Bahnprivatisierung in
Japan erläutert und dabei auch einige Bezüge zur Bahnprivatisierung in Deutschland hergestellt. Der Referent, Richter am Landgericht München I, stammt aus einer alten
Eisenbahnerfamilie, in der schon beide Großväter als
Eisenbahnbeamte tätig waren. Er ist mit 11 Jahren, also in
einem Alter, in dem viele Jungen „Eisenbahner“ werden
wollen, für 3 Jahre mit der Familie nach Tokyo gezogen und
hat dort die deutsche Schule besucht. Nach dem Jurastudium
war er erneut für 2 Jahre in Tokyo.
Zum Einstieg wurde die Geschichte der Eisenbahn in Japan
dargestellt, die 1872 mit der Strecke Tokyo – Yokohama auf der
englischen Kapspur (Schmalspur) begann. Die Engländer
hatten sich – gegen die Amerikaner – als Berater durchgesetzt
und lieferten auch die ersten Dampfloks. Die 1906/07
verstaatlichte japanische Bahn fuhr – nach ihrer Ausgliederung
als
JNR
(Japan
National
Railway)
aus
dem
Eisenbahnministerium – von 1949-1964 noch kostendeckend. Erst ab 1964 geriet sie in die
Verlustzone, was in den Folgejahren zu Qualitätsmängeln, jährlichen Preiserhöhungen ab
1977, „illegalen“ Streiks und einem zunehmenden Vertrauensverlust bei der Bevölkerung
führte. Dabei wurde die JNR auch von der Politik „missbraucht“. Sie hatte zu viel Personal,
da sie nach dem 2. Weltkrieg u.a. viele Kriegsveteranen und aus dem Ausland
zurückgekehrte Japaner aufnehmen musste. Obwohl Japan als ein „längliches“ Land gut
für die Eisenbahn geeignet ist, wuchsen die Verluste und es kam auch zu schweren
Unfällen. Dagegen zeigten die Privatbahnen, wie z.B. Seibu, wie man Gewinn macht,
indem man sich selbst die Kunden schafft: durch Bau von Wohnungen, Hotels und
Kaufhäusern, die durch die Eisenbahn mit den Zentren verbunden werden. So wurde auch
der gerade fertiggestellte Tokyo Sky Tree (mit 300 Läden, Restaurants, Planetarium und
Aquarium) zu einem großen Teil von der Eisenbahngesellschaft Tobu finanziert, die
natürlich auch über eine Eisenbahnlinie zum neuen Tokyo Sky Tree verfügt. Mit dem 1.
April 1987 hat sich das Gesicht der staatlichen Eisenbahn in Japan vollkommen gewandelt.
Die JNR wurde privatisiert und in 7 private Gesellschaften aufgespalten: davon sechs
Personentrans-portgesellschaften JR Hokkaido, JR East, JR Central (Tokai), JR West, JR
Shikoku, JR Kyushu und eine Gütertransportgesellschaft JR Freight.
Veramstaltungsrückblick 2012
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Der Referent hat umfassend die wirtschaftlichen und sozialen Hintergründe der sehr
erfolgreichen Privatisierung der japanischen
Staatsbahn geschildert. Die Welt war
erstmals 1964 auf die japanische Eisenbahn
aufmerksam geworden, als rechtzeitig zu
den Olympischen Spielen in Tokyo der erste
Shinkansen von Tokyo nach Osaka auf
einem separaten Hochgeschwindigkeitsnetz
(mit Normalspur) fuhr. Bei der Privatisierung wurde das Shinkansen-Netz im
Wesentlichen
von
den
3
HonshuGesellschaften (JR East, JR Central und JR
West) vom Staat „abgekauft“, und es läuft
inzwischen hoch profitabel.
Die Altlasten der japanischen Staatsbahn trägt der japanische Staat mit der staatlichen
Auffanggesellschaft JNR Settlement Corp. (JNR SC), die auch Vorbild für das deutsche
Bundeseisenbahnvermögen (BEV) nach der Wiedervereinigung war. Freiwerdende
Grundstücke sollten für den Schuldenabbau sorgen, was aber durch verzögerten Verkauf
nach der Bubble Keiki nicht geglückt ist. Heute ist die in den Regionen Tohoku, Kanto und
Koshin´etsu tätige
JR East die weltweit größte Bahngesellschaft, die durch die
Dreifachkatastrophe und insbesondere das Nachbeben am 7.4.2011, bei dem große Schäden
an Betonmasten für die Oberleitungen auftraten, schwer getroffen wurde. Festzustellen ist
jedoch, dass das Erdbeben-Vorwarnsystem voll funktioniert hat.
Das Schienennetz ist in Japan sehr ausgelastet. Pro Bahnkilometer werden täglich mehr als
46.000 Fahrgäste befördert. In Deutschland sind es dagegen knapp 5.000 Fahrgäste. Allein
in Shinjuku gibt es täglich über 3 Millionen Passagiere (der MVG München kommt auf
täglich 1,37 Millionen). Dies erklärt auch, dass die Bahnen in Japan hoch profitabel sind
und es seit 1987 keine Preiserhöhungen mehr gegeben hat.
Die Shinkansen-Züge fahren derzeit mit einer Geschwindigkeit von bis zu 300 km/h und
werden ab Frühjahr 2014 auf bis zu 320 km/h beschleunigen. Bemerkenswert ist dabei,
dass es beim Shinkansen bislang noch keinen tödlichen Unfall gab. Auch deutsche Zulieferer kommen beim Shinkansen zum Zuge: So liefert z.B. die Firma Knorr-Bremse, mit
Hauptsitz in München-Milbertshofen, Bremssysteme für den Shinkansen sowohl für die
neueste Generation E6 als auch für die Vorgängergeneration E5, und zwar an die JR East.
Der Vortrag über dieses sehr spezielle Thema fand viele interessierte Zuhörer und er wurde
abgerundet von einer lebhaften Diskussion, an der sich auch zwei Jungen im
„Eisenbahneralter“, die einige Zeit in Japan gelebt haben, mit klugen Beiträgen beteiligten.
Veramstaltungsrückblick 2012
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13.
Zwischenbilanz(en) –
Ein Jahr nach Fukushima
Vortrag von Dr. Matthias Koch, Freie Universität Berlin, am
10.05.2012 im Institut für Ostasienkunde, München
Im Zentrum des Vortrages steht die Frage nach Kontinuität und Wandel der japanischen
Kernenergiepolitik vor und nach „Fukushima“. Japan und die Welt ziehen Zwischenbilanz
nach den Naturereignissen vom 11. März 2011.
Was sind die Gründe und Ursachen sowie die Folgen des Fukushima-Nuklearunfalls? Was
ist vom Krisenmanagement zu halten? Was passiert mit den von der Dreifachkatastrophe
direkt und indirekt betroffenen Menschen? Wer trägt die Verantwortung für den
Nuklearunfall? Wer zahlt die Kosten und kommt für Entschädigungen auf? Wie kommen
die Dekontaminierungsarbeiten voran? Wie ist der aktuelle Stand der Diskussionen zur
Revision der Grundzüge der Kernenergiepolitik in Japan? Setzt die japanische Regierung,
wie in der Vor-Fukushima-Zeit, offen und offensiv auf die Unterstützung von
Nukleartechnologieexport? Läutet Fukushima das Ende der Kernenergie in Japan ein oder
leuchtet am Ende des Tunnels eine Renaissance der Kernenergie in Gestalt von
Kernreaktoren der 4. Generation?
Mit welchen Ländern unterhält Japan
Kooperationsvereinbarungen auf dem Gebiet der Kernenergie, mit welchen Ländern
verhandelt es gerade? Verfolgt Japan noch das Ziel einer geschlossenen nationalen
Brennstoffkette?
Viele Menschen fragen sich: War die Dreifachkatastrophe wirklich unvorstellbar und
jenseits aller Erwartungen? Was bedeutet sicher im Rahmen einer probabilistischen
Sicherheitsanalyse und wie vernachlässigbar ist das nukleare Restrisiko wirklich? Was
passiert in Japan, wenn Anfang Mai 2012 auch der letzte der 54 kommerziellen
Leistungsreaktoren abgeschaltet ist? Der Vortrag versucht, auf diese Fragen eine Antwort
zu geben und wagt eine vorsichtige Prognose zu den ersten Amtshandlungen der seit April
2012 neu organisierten japanischen Atomaufsicht.
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14.
„Japan - kein Markt für das schnelle Geld“
Rückblick auf den ersten Japan-Wirtschaftstag in Rosenheim
am 16. Mai 2012
Japaner gelten als die anspruchsvollsten Kunden der Welt - ein Grund, warum die
Wirtschaft im Freistaat im Export nach Japan große Potentiale sieht. Schließlich steht "made
in Bayern" für hohe Qualität. Mut, den Eintritt auf diesen asiatischen Markt zu wagen,
verbreitete der erste Japan-Wirtschaftstag in Rosenheim.
Mit Ichikawa verbindet Rosenheim eine
Städtepartnerschaft, die bisher vor allem
kulturell und gesellschaftlich mit Leben
erfüllt wurde. Jetzt - ein Jahr nach der
verheerenden Dreifach-Katastrophe in der
Region Fukushima - ist die Zeit nach
Überzeugung von Oberbürgermeisterin
Gabriele Bauer reif, die wirtschaftlichen
Kontakte zu vertiefen. Auch der japanische
Generalkonsul
in
München,
Akira
Mizutani, war zur Premiere gekommen, zu
der Stadt und Stadtmarketing sowie
Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling ins Sparkassen-Hochhaus eingeladen hatten. Er
begrüßte, dass Deutschland und Japan auf regionaler wirtschaftlicher Ebene enger
zusammenrücken wollen.
Japan als weltweit drittgrößte Volkswirtschaft besitzt nach Überzeugung von Bauer viel
Potenzial für die oberbayerische Wirtschaft. Japan erwarte heuer ein Wachstum von 2,3
Prozent, locke mit hohen Margen. Die Bürger würden sich verstärkt für europäische
Produkte interessieren. Und es gebe Wachstumsmärkte wie die erneuerbaren Energien, den
energieeffizienten Gebäudebau, die Lebensmittelbranche und den Maschinenbau, in denen
regionale Unternehmen punkten können. Wie der Markteintritt gelingt, erläuterten 100
Gästen renommierte Experten, die beim Wirtschaftstag, moderiert vom früheren
Stadtdirektor Diethard Schinzel, praktische Tipps vermittelten - samt interessanter
Erfahrungsberichte aus den Führungsebenen heimischer Firmen, die in Japan aktiv sind.
"Wer es in Japan schafft, schafft es überall": Diese Überzeugung teilt Achim Gabor,
Vorstandsvorsitzender der Gabor Shoes AG. Seit 18 Jahren verkauft sein Unternehmen in
Japan erfolgreich Schuhe. Kein anderes Land bringt nach Erfahrungen Gabors einer hohen
Qualität so viel Wertschätzung entgegen. Auch Konrad Irlbacher, der pro Jahr 10 000 Räder
seiner Marke Corratec auf dem japanischen Markt verkauft, spricht von "positiven
Erfahrungen". Nur eins zu eins könne ein deutsches Produkt oft nicht eingeführt werden.
Corratec musste für den japanischen Markt beispielsweise zwei kleinere Fahrradgrößen
entwickeln. Informationen aus der Praxis gab es auch von Dr. Helmut Schwarz, Werkleiter
Veramstaltungsrückblick 2012
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der Krones AG in Rosenheim. Der stark exportorientierte Anlagenbauer für die
Getränkeindustrie wies auch auf ein anderes Konsumentenverhalten in Japan hin: Hier
werden Getränke nicht kistenweise, sondern in der Regel einzeln gekauft. Der Kunde
besitze hohe Ansprüche, was Sauberkeit und Hygiene der Produkte im Regal angehe,
bestätigte Jürgen Schmid von SKW East Asia. Andere Kriterien gelten auch beim
Wachstumsmarkt Hausbau, berichtete Norbert Baumann (Ecotransfer), der Komponenten
für Niedrig- und Passivenergiehäuser nach Japan verkauft. Eine dreiköpfige Familie lebe in
der Regel nur auf etwa 34 Quadratmetern. Bereits seit 35 Jahren in Japan aktiv ist die
Meggle AG mit Sitz in Wasserburg. Geschäftsführer Drs. Sil H. van der Ploeg sieht auch auf
dem dortigen Lebensmittelmarkt großen Bedarf für Produkte aus Bayerns Milchregion.
Doch der geschäftliche Erfolg stellt sich nur ein, wenn auch die Kultur berücksichtigt wird,
zog der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling, Alfons Maierthaler,
als Fazit. Denn alle Asien-Experten unterstrichen die Notwendigkeit, die japanische
Tradition und Denkweise in unternehmerische Tätigkeiten einzubeziehen: Wichtig seien
enge persönliche Kontakte zum lokalen Management und eine intensive Kommunikation auch in Japanisch. "Außerdem Geduld", betonte Krones-Werksleiter Schwarz - eine
Einschätzung, die Lüder Paysen, Vorstandsmitglied der deutsch-japanischen Gesellschaft
in Bayern, teilte: "Japan ist kein Markt für das schnelle Geld, hier hat nur Erfolg, wer
langfristige Strategien entwickelt." Dabei hilft der deutsch-japanische Wirtschaftskreis, den
Geschäftsführerin Julia Hollmann vorstellte. Japan-Experten wie Hajime Takatsuka,
Direktor von Invest Japan, Marcus Schürmann, stellvertretender Delegierter der Deutschen
Wirtschaft in Japan, Ministerialrat Armin Schwimmbeck vom bayerischen
Wirtschaftsministerium und der Asienfachmann der IHK für München und Oberbayern,
Johannes Huber, sprachen über Förderprogramme und Instrumentarien der
Außenwirtschaft. Die Hochschule Rosenheim unterstützt laut Präsident Professor Heinrich
Köster bereits im Studium deutsch-japanische Kontakte und pflegt den
Professorenaustausch. Ähnlich international aktiv ist die Fachhochschule Kufstein, so
Professor Dr. Thomas Madritsch.
15.
Private Fotografie in Japan
Ein Vortrag von Katja Ferstl am 08.06.2012
Der Vortrag beschäftigt sich mit den Fragen, seit wann private Fotopraktiken in Japan
Bestand haben und wie sie sich entwickelt haben. Der kurze chronologische Überblick zur
Entfaltung privater Fotografie in Japan erstreckt sich von der Mitte des 19. Jahrhunderts.
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16.
Mitgliederversammlung
Rückschau von Dr. Andrea Hirner
Etwa 50 Mitglieder fanden sich zur Mitgliederversammlung am 11. Juni 2012 ein, um dem
ersten Bericht des neuen Präsidenten Dr. Schön zu lauschen, der die letzten acht Monate
Revue passieren ließ. Zuvor stellte er Frau Vizekonsulin Yamada vom Japanischen
Generalkonsulat vor, die einige Worte der Begrüßung sprach.
Das vergangene Jahr hat wegen der zahlreichen Veranstaltungen zu den beiden Jubiläen
einen erhöhten Umsatz der Gesellschaft von etwa 85.000 Euro gebracht. Das wird sich, wie
Herr Hasieber, Schatzmeister der Gesellschaft, ausführte, in diesem normalen Jahr sicher
nicht wiederholen. Dank zahlreicher Spenden von Mitgliedern konnten die erhöhten
Anforderungen gemeistert werden, so dass der letztjährige Haushalt nahezu ausgeglichen
war. Herr Dr. May als Rechnungsprüfer bestätigte die Rechtmäßigkeit aller Buchungen und
dankte Herrn Hasieber für seine genaue Arbeit. Herr Dr. Schön berichtete dann vor allem
über die Hilfsmaßnahmen der Gesellschaft nach der dreifachen Katastrophe vom 11. März.
Die eingesammelten Spenden, die inzwischen nahezu 200.000 Euro betragen, wurden auf
zwei der besonders betroffenen Städte im Katastrophengebiet verteilt, und zwar an Kinder,
wie es von Anfang an geplant war. Wir alle hoffen, dass damit das Leid etwas gemildert
werden kann.
Der Präsident dankte anschließend den Vorstandsmitgliedern und den freiwilligen
Helferinnen und Helfern, ohne die die Arbeit in der Gesellschaft nicht getan werden kann,
für ihren Einsatz. Er bat nochmals darum, dass sich noch mehr Mitglieder engagieren
sollten, wenn ihnen das zeitlich möglich ist. Mit knapp 800 Mitgliedern sind wir eine große
Gesellschaft geworden, und der Arbeitsanfall ist dementsprechend gewachsen. Zur
Entlastung des Arbeitsvolumens bat Herr Hasieber u.a. darum, dass die Mitglieder für die
Gesellschaft eine Einzugsermächtigung für die Jahresbeiträge ausstellen sollten. Aus dem
gleichen Grund werden keine Mitgliedsausweise ausgestellt, weil Arbeit und Nutzen in
keinem Verhältnis stehen. Darüber gab es zwar eine kleine Diskussion, wie man sich dann
ausweisen kann; aber alle waren sich einig, dass man sich auf die Ehrlichkeit aller
Mitglieder verlassen könne.
Die Diskussion danach war kurz, da sich bereits alle Gäste auf das Koto-Konzert der jungen
und schönen Meisterin Fuyuki Enokido freuten, die als kulturelle Botschafterin Japans
gerade in Deutschland weilt. Sie wurde von Herrn Generalkonsul Mizutani vorgestellt. Ihr
kraftvolles Spiel überraschte alle Zuhörer. Sie begann mit dem Lied „Sakura“ und spielte
dann noch mehrere Kompositionen, darunter auch eigene. Viele Mitglieder versammelten
sich nach dem Konzert um sie, um ihre Erklärungen zu dem Instrument und zu den
Kompositionen zu hören. Der Abend wurde durch einen kleinen japanischen Imbiss
abgerundet, und die Mitglieder saßen noch längere Zeit gemütlich beisammen
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17.
Ausflug Rothenburg ob der Tauber
Ulrich Hosemann berichtet über das bei japanischen Touristen so
beliebte Reiseziel
An einem herrlichen Sommertag fand am 16. Juni der Busausflug nach Rothenburg ob der
Tauber statt. Die Stadt an der Romantischen Straße gehört seit vielen Jahren bei japanischen
Touristen zu den beliebtesten Reisezielen in Deutschland. Die Teilnehmer des Ausflugs
hatten vormittags die Gelegenheit, die Stadt bei einer Stadtführung näher kennenzulernen.
Nach der Mittagspause empfing Herr Kempter, Tourismusdirektor von Rothenburg von
1986 bis 2008, die Gruppe im historischen Kaisersaal des Rathauses und berichtete über
interessante Einzelheiten zwischen Rothenburg ob der Tauber und Japan.
Seit 1995 gibt es eine Städtepartnerschaft mit Uchiko in der
Präfektur Ehime auf Shikoku. Der Kontakt zwischen
beiden Städten entstand 1986 als in Rothenburg ein
Denkmalschutzsymposium stattfand.In Rothenburg mit
seinen 11.000 Einwohner leben und arbeiten 43 Japaner
und haben teilweise hier eingeheiratet. Die meisten von
ihnen sind in der Tourismusbranche beschäftigt. Es gab
allerdings auch schon einen Japaner, der sich in der Stadt
zum Metzger ausbilden ließ und nun in der Partnerstadt
Uchiko Wurst herstellt.
Der
berühmte
japanische Landschaftsmaler
Kaii
Higashiyama ließ sich bei seinen Bildern von der
Romantischen Straße inspirieren und trug in Japan so zur
Popularität von Rothenburg bei. Der japanische Kunstprofessor Eichii Takeyama, der sich
in seiner Freizeit der Malerei widmet, war von Rothenburg ebenfalls fasziniert und ließ sich
nach seiner Pensionierung hier nieder. Er betreibt eine Galerie in der Herrngasse 23.
Etwa 90% der Japaner kennen nach Herrn Kempters Informationen die Stadt. Die ersten
japanischen Gäste kamen bereits in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts, da
die Stadt im Ausland als typisch deutsch präsentiert wurde. Gegenwärtig verzeichnet die
Stadt jährlich 60.000 Übernachtungen von Japanern. Rothenburg hat mehr japanische Gäste
als München. Diese kommen sowohl als Einzelreisende wie auch in Gruppen nach
Rothenburg. Die Einzelreisenden sind tendenziell eher junge Leute, die in den
preiswerteren Hotels oder der Jugendherberge übernachten und dann mehrere Tage in der
Stadt verbringen. Die Gruppenreisenden nutzen eher die luxuriösen Hotels und bleiben
meistens nur eine Nacht. Es fällt auf, dass japanische Frauen reisefreudiger sind als
japanische Männer, denn sie machen 2/3 der japanischen Gäste aus.
In der Stadt sind japanische Gäste beliebt, da sie angenehm und unkompliziert sind. Herr
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Kempter berichtete aber auch von Schwierigkeiten mit japanischen Gästen, die mit der
Benutzung der Badewannen nicht vertraut waren und diese zum Überlaufen brachten.
Er erinnerte sich an einen japanischen Geschäftsmann, der sich im Treppenhaus des
Rathauses mit einer kleinen Inschrift verewigte. Dies wurde in Japan bekannt und war dort
tagelang Thema in den Medien. Der Druck auf den Geschäftsmann war so groß, dass er
erneut nach Rothenburg fuhr und sich persönlich und mit einer Spende beim
Bürgermeister entschuldigte.
Rothenburg besitzt ein altes Denkmalschutzgesetz, das dafür sorgte, dass die im Zweiten
Weltkrieg durch amerikanische Luftangriffe zerstörten Teile der Altstadt wieder
originalgetreu aufgebaut werden mussten und so das historische Stadtbild erhalten werden
konnte. Das Verständnis für Denkmalschutz in Rothenburg ist der Anlass für zahlreiche
Besuche von Delegationen japanischer Stadtverwaltungen, die sich außerdem für
Umweltfragen und Abfallwirtschaft interessieren.
Ein Torbogen eines Turmes der Spitalbastei trägt die lateinische Inschrift "Pax Intranti-bus,
Salus Exeuntibus", was übersetzt heißt: „Friede den Eintretenden, Wohlergehen den
Hinausgehenden“. Diese Inschrift wurde ins Japanische übersetzt und ist nun am
Empfangsgebäude des Flughafen Tokio-Haneda wiederzufinden.
Die Stadt ist auch bekannt für das ganzjährig geöffnete Geschäft für Weihnachtsschmuck
von Käthe Wohlfahrt. In diese Familie eingeheiratet hat die Japanerin Rumiko Wohlfahrt,
die ihren Mann bei einem Interview für Werbeanzeigen kennengelernt hatte. Das
Unternehmen betreibt auch Marktstände auf Weihnachtsmärkten in Japan.
Abgerundet wurde der Empfang im Kaisersaal mit einem Humpen fränkischen Weins aus
dem Taubertal, den der Kellermeister servierte. Mit diesem prachtvollen Glas-Humpen ist
ein geschichtliches Ereignis verbunden. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Stadt 1631 von
60.000 Mann unter General Graf von Tilly belagert und eingenommen. Nach der Legende
leerte der damalige Bürgermeister Georg Nusch auf Befehl General Tillys 3,25 Liter Wein
auf einen Zug und bewahrte damit die Stadt vor der Zerstörung. Aus diesem Anlass findet
noch heute jährlich das Festspiel „Der Meistertrunk“ statt.
18.
Successful German-Japanese Research
Cooperation
Vortrag von Dr. Wolfgang Kellerer beim Business Luncheon am
20.06.2012 im Hilton Park Hotel
Für diesen Vortrag wurde keine Rückschau erstellt, da der Vortrag in voller Länge im kaiho 5/2012
veröffentlicht wurde
Veramstaltungsrückblick 2012
Seite 25
19.
München Tomono-Kai
Rückblick von Elke Föll-Großhans auf die Veranstaltung
am 26. Juni 2012 im Münzkabinett
Im gut besuchten und für diesen Abend liebevoll mit Origami ausgeschmückten
Bibliothekssaal der Staatlichen Münzsammlung in der Münchner Residenz stellte der
Verein „München Tomono-Kai“ seine Aufgaben und sein Wirken vor.
Nach den einleitenden Worten von Keiko Kawata-Krüger, die mit ihrer Moderation
schwungvoll durch den Abend führte, kamen die Vorsitzende von „München TomonoKai“ Rieko Kertels sowie weitere aktive Mitglieder Mitchiyo Ernst, Shizuko Nakaji-Schneider
und die Origami-Meisterin Yoshiko Hattori-Peters zu Wort. Ergänzend hierzu sprach
außerdem Uli Stemann, die Leiterin des Caritas Alten- und Service-Zentrums AuHaidhausen.
Seit längerer Zeit weiß man, dass unter älteren Mitmenschen, die auf Hilfe angewiesen
sind, die Zahl der Migranten in
Deutschland stark zunimmt. Oft sind
hier
schlechte
oder
keine
Deutschkenntnisse vorhanden, so
dass dies das Leben – besonders im
Alter – sehr erschwert. Um hier zu
helfen, wurde im Oktober 2001 der
Verein „München Tomono-Kai –
Nachbarschaftshilfe für Japaner in
München und Umgebung e.V.“
gegründet. Der Verein hilft Japanern,
insbesondere älteren Personen, ihre
Schwierigkeiten im
Alltag zu
meistern. Man ist stolz darauf, bereits ein 10-jähriges Jubiläum gefeiert zu haben und
Vorbild für weitere Vereinsgründungen in Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Stuttgart und
Heidelberg zu sein. Ähnliche Vereine gibt es in der Schweiz und in den Niederlanden. Dies
zeigt, dass diese Idee richtig war. Mittlerweile wurden übrigens zwei Broschüren „Igaku
yogo shu“ (Medizinische Wörter) und „Kenko to shoku Seikatsu“ (Gesundheit und Essen)
veröffentlicht.
Unsere japanischen Mitmenschen haben ihre Krankenkasse und Pflegeversicherung in
Deutschland, aber es gibt Hilfe, die Japaner nur von anderen Japanern bekommen können.
Besonders wichtig ist hier das persönliche Gespräch auf Japanisch und die Hilfestellung bei
sprachlichen Problemen von JapanerInnen, die in München und Umgebung wohnen bzw.
sich in Krankenhäusern oder Pflegeheimen befinden. Wenn Menschen älter werden –
besonders, wenn sie an Alzheimer leiden – vergessen sie oft ihre zweite Sprache und
sprechen plötzlich nur noch ihre Muttersprache. So hat es sich „München Tomono-Kai“ zur
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Aufgabe gemacht, Gespräche mit den jeweiligen Ärzten und Pflegepersonal hinsichtlich
medizinischer Beratung, bei Problemen mit dem Essen und der Diät dolmetschend zu
begleiten. Der Verein betreut seine Landsleute zuhause und unterstützt sie bei
Behördengängen. Die Mitglieder versorgen sie mit japanischen Speisen, denn Menschen im
Alter erinnern sich daran, was sie in der Kindheit besonders gerne gegessen haben.
Beschaffung von Lesematerial in der Muttersprache ist sehr wichtig, und in besonderen
Notsituationen setzt sich der Verein auch mit Familienmitgliedern in Japan in Verbindung.
Die Origami-Meisterin Yoshiko Hattori-Peters, die seit 46 Jahren in Deutschland lebt, sprach
über die Geschichte der Papierfaltkunst, die
ihren ursprünglichen Weg von China nach
Japan genommen hat und Anfang des 16. Jh.
den religiösen und höfischen Zeremonien
vorbehalten war. Der gefaltete Kranich
gehört zu den ältesten Figuren dieser Kunst,
und Frau Hattori-Peters berichtet, dass sie
mit Patienten, die einen Schlaganfall erlitten
haben, Origami faltet, denn diese Kunst wird
heute gerne pädagogisch und therapeutisch
eingesetzt. Man berichtet ihr dankbar, wie
schön das Gefühl sei, langsam wieder die
Geschicklichkeit der Finger zurückzugewinnen.
Musikalische
Einlagen
gaben
dieser
Veranstaltung einen schönen Rahmen. Das
Lied „Kōjō no Tsuki“ (Der Mond über der
Ruine) wurde von Kumiko Tatai mit
wohlklingendem Mezzosopran vorgetragen
und von unserem Vorstandsmitglied Willi
Huber einfühlsam auf der Zither begleitet.
Willi Huber erzählte, dass er vor zehn Jahren
so fasziniert von dem Lied „Sakura“ war, als
er es zum ersten Mal von der Koto gespielt
hörte, dass er versucht hat, die meditative Ruhe, die dieses Kirschblütenlied ausstrahlt, die
Ästhetik der Koto auf die Zither zu übertragen. Was ihm – wie wir feststellen konnten - gut
gelungen ist. Er machte uns außerdem mit weiteren seiner Kompositionen vertraut: Einem
Prélude, nostalgisch an Wiener Klänge erinnernd, und einem Walzer, als kapriziös
bezeichnet, leichte Unterhaltungsmusik zum Träumen und Entspannen. Im Laufe der Jahre
hat sich aus den Mitgliedern von Tomono-Kai auch ein kleiner, schön klingender Chor
gebildet, der uns mit „Ue o muite arukou“, dem in Europa als „Sukiyaki“ bekannten Song,
ins Gedächtnis zurückrief. Zum Abschluss durften sich die Besucher aus der Vielfalt der
Origami-Kunstwerke ein Geschenk auswählen und wurden noch mit selbstgebackenen
Köstlichkeiten in europäischer/japanischer Geschmacksrichtung verwöhnt.
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20.
No-Theater Workshop
Das Komparu Ensemble zeigte seine Künste in einem Workshop
am 30.06.2012 nachmittags im Carl-Orff-Auditorium in München
Das Komparu Ensemble ist die älteste unter den fünf großen Nō-Theater-Schulen Japans
und steht unter der Leitung von Mitsuhiro Honda, der gemeinsam mit seinen beiden
Söhnen Yoshiki und Fuyuki Honda in München einen erfolgreichen Workshop zum Nô –
Theater veranstaltet hat.
21.
No-Theater Demonstration
Das Komparu Ensemble demonstrierte
am 30.06.2012 abends im Carl-Orff-Auditorium seine Künste
In der gut besuchten Aufführung wurde das Stück „Aoi no ue“ ausführlich erklärt,
ebenfalls die verwendeten Masken und Gewänder. Danach wurden verschiedene Teile aus
Nô Stücken demonstriert und als Höhepunkt wurden Auszüge aus „Aoi no ue“ vorgeführt.
22.
Euro(pe) – Quo Vadis?
Munich „Asa No Kai”
German-Japanese Breakfast Meeting am 04.07.2012
im Mandarin Oriental Hotel in München
Das Frühstückstreffen des DJW (Deutsch-Japanischer Wirtschaftskreis) mit Repräsentanten
der deutschen und japanischen Wirtschaft in München wurde zum ersten Mal veranstaltet.
Für diese Veranstaltung war die DJG in Bayern Partner. Nicht zuletzt wegen des aktuellen
Themas war dieses Treffen sehr gut besucht.
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23.
Japanfest 2012
Bereits zum siebzehnten Mal fand am 15. Juli 2012
das Japanfest im Gelände um das Teehaus im Englischen Garten
statt. Dr. Jochen Kingler, im Vorstand der DJG
verantwortlich für das Japanfest, berichtet.
Wie immer wurde das Fest gemeinsam vom Japanischen Generalkonsulat, vom Japanclub
und von unserer Deutsch-Japanischen Gesellschaft ausgerichtet. Diesmal allerdings wollte
das Wetter nicht so recht mitspielen: Zu Beginn des Festes war der Himmel noch schön
blau, später begannen dann, wie es in der Wettervorhersage so schön hieß, „ausgiebige
Niederschläge“. Glücklicherweise ließen es sich die Besucher nicht verdrießen, und –
verglichen mit den sonnigeren Festen der letzten Jahre – war gar nicht einmal so viel
weniger Betrieb auf dem Fest.
Sicher trug dazu auch bei, dass
inzwischen viele der Stände, die
sich regelmäßig am Japanfest
beteiligen, mit Zelten überdacht
sind, so dass die Zuschauer sich
dort unterstellen konnten.
Unsere
Deutsch-Japanische
Gesellschaft hatte gleich zwei
repräsentative
Zelte
nebeneinander aufgebaut. In
dem einen haben wir unsere
Gesellschaft vorgestellt und entsprechende Materialien wie z.B. Exemplare des Kaiho
ausgelegt. Eine Fotoausstellung informierte über unsere Spendenaktion für die Opfer der
Erdbebenkatastrophe. Im zweiten Zelt fand der Wettbewerb des DJG-Haiku-Kreises statt.
Nicht zuletzt auch wegen des trockenen Plätzchens gab es genügend Interessenten für eine
Teilnahme... Die Preisträger sind inzwischen auf unserer Homepage veröffentlicht.
Wegen des Regens und weil wir dieses Jahr auf eine Bühnenüberdachung verzichtet hatten,
musste das Programm auf der Hauptbühne allerdings kürzer ausfallen. Dennoch konnten
Frau Stadträtin Renner, Herr Generalkonsul Mizutani und die Präsidenten von Japanclub
und DJG, Herr Matsukawa und Herr Dr. Schön, ihre Grußworte an die Besucher
ausrichten. Es gab Gelegenheit, Tanzaufführungen zuzusehen und den JapanischDeutschen Projektchor zu hören.
Trotz der widrigen Wetterverhältnisse war das Fest gut besucht, um es mit den Worten des
Sieger-Haiku unseres Wettbewerbs zu sagen:
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Am schmalen Bachweg
zum Sommerfest gilt: „Geduld!
Kimonotempo!”
Zu bedauern waren allerdings dieses Jahr einige der eingeladenen japanischen
Kampfsportgruppen, die traditionellerweise zwar ihre Sportmatten beim Fest auslegen,
aber keine Überdachung haben– sie kämpften dieses Jahr mehr mit dem Regen als mit den
Partnern. Erstaunlicherweise blieben aber selbst die filigranen Blumen-Arrangements der
Ikebana-Ausstellung intakt. Wie stets in den letzten Jahren waren unter den Besuchern
auch viele Jugendliche, die sich als ihre Lieblingsfiguren aus Mangas (japanische Comics)
und Animes (japanische Zeichentrickfilme) verkleidet hatten, und die diesmal damit
beschäftig waren, trotz der sich langsam aufweichenden nassen Wege ihre fantasievollen
Kostüme sauber zu halten.
Viele freiwillige Helfer tragen dazu bei, ein solches Fest erst möglich zu machen. Die
Planung beginnt bereits über ein halbes Jahr vorher. Teilnehmer vom Konsulat, vom
Japanclub
und
DJG treffen sich
etwa einmal im
Monat
regelmäßig zur
Besprechung der
Einzelheiten,
und dann geht
jeder mit einem
Bündel bis zum
nächsten Treffen
zu erledigender
Aufgaben nach
Hause.
Traditionellerweise ist dabei der Japanclub für den Kontakt zu den Restaurants zuständig
und die DJG für die Anmeldungen und die Organisation der teilnehmenden Stände. Dieses
Jahr hatte der Japanclub auch die Organisation der Bühne übernommen. Dank eines guten
Kontakts zum Haus der Kunst dürfen wir für das Fest teilweise dessen Infrastruktur
(Strom- und Wasseranschluss, Garderobenräume usw.) nutzen. Wir freuen uns auch, einen
Bereich des Englischen Gartens zur Verfügung gestellt zu bekommen, denn das Gelände
am japanischen Teehaus bildet die passende Umgebung für diese Veranstaltung.
Die Adressen aller Gruppen, die mitgewirkt haben, finden Sie zum Nachlesen auf dem
Japanfest-Faltblatt, beim Japanfest-Eintrag im Veranstaltungsarchiv der DJG-Homepage
www.djg-muenchen.de
Veramstaltungsrückblick 2012
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24.
Todesstrafe in Japan
Rückblick von Gregor Stevens (Richter am Landgericht München)
auf das Kolloqium am 07.09.2012 in der Münzsammlung
In der gut besuchten Veranstaltung führte zunächst Prof. Dr. Rosenau (Universität
Augsburg) mit dem Hinweis auf die in Japan kürzlich gegen fünf Verurteilte vollstreckten
Todesstrafen in die Thematik ein. Gleichzeitig stellte er die hohe Zustimmung der
japanischen Bevölkerung zur Todesstrafe und die weltweite Verbreitung der Todesstrafe
dar. Demnach haben 97 Staaten der Erde die Todesstrafe vollständig abgeschafft, 8 Staaten
haben die Todesstrafe in Friedenszeiten abgeschafft und 35 Staaten wenden die in ihren
Gesetzen vorgesehene Todesstrafe nicht an, während 58 Staaten Todesurteile verhängen
und vollstrecken. In Europa ist die Todesstrafe seit 2002 in allen Staaten außer
Weißrussland abgeschafft. In der Bundesrepublik Deutschland ist die Todesstrafe durch
Art. 102 GG seit 1949 abgeschafft, wobei Umfragen in der Bundesrepublik seit den 70er
Jahren durchgehend eine mehrheitliche Meinung in der Bevölkerung gegen die Todesstrafe
ergaben.
Dr. Schön erläuterte die Bestrebungen in Japan, den Strafprozess durch Reformen
transparenter zu gestalten und Bürger daran zu beteiligen. Diese Bewegung führte dazu,
dass 2009 ein Schöffensystem eingeführt wurde, das eine Mischung aus amerikanischen
und europäischen Formen der Beteiligung der Öffentlichkeit an der Rechtsprechung
darstellt. Bei Strafprozessen, die Kapitalverbrechen mit einer drohenden Todesstrafe zum
Gegenstand haben, sitzen seitdem normalerweise 6 Schöffen, welche nur für ein einziges
Strafverfahren ausgewählt wurden, neben 3 Berufsrichtern auf der Richterbank. Der
verbreiteten Befürchtung, die Schöffen könnten zu hart oder zu milde urteilen, begegnete
man damit, dass im Richterzimmer auf Datenbanken zu früheren Fällen zurückgegriffen
werden kann und dass es nur dann zu einer Verurteilung kommen kann, wenn auch
mindestens ein Berufsrichter für die mehrheitliche Schöffenmeinung stimmt.
Herr Prof. Dr. Ishizuka (Ryukoku Universität Kyoto) stellte anschließend die Statistiken zu
den verhängten und zu den vollstreckten Todesstrafen der letzten Jahrzehnte für Japan vor.
In Japan wurden zwischen 1946 und 1993 insgesamt 766 Personen zum Tode verurteilt, von
denen 608 hingerichtet wurden. Zwischen 1995 und 2005 kam es zu einem „Peak“. Die
Frage, wie es zu diesem starken Anstieg der Todesstrafen kam, werde teilweise mit dem
Hinweis auf die mit dem U-Bahn-Terror durch die Aum-Sekte in Verbindung stehenden
Urteile beantwortet. Tatsächlich dürfte aber eine schon zuvor verfolgte Politik der bis dahin
regierenden LDP verantwortlich sein, die das Ziel härterer Strafen durch Aufhebung der
Freiheitsstrafenhöchstgrenze von 30 Jahren und durch eine um 10.000 Mann verstärkte
Polizei verfolgt habe. Dies führte auch zur heutigen Überbelegung der Gefängnisse um 7%.
In Japan ist die Todesstrafe noch heute für insgesamt 19 Verbrechen vorgesehen, darunter
Mord, Raub oder Vergewaltigung mit Todesfolge, Straßenverkehrsgefährdung mit
Todesfolge, Terrorismus mit Todesfolge, Brandstiftung bewohnter Gebäude (!) und
Veramstaltungsrückblick 2012
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schwere Verbrechen gegen den Staat wie Hochverrat. Derzeit werden etwa 15 bis 20
Personen pro Jahr zum Tode verurteilt, hingegen werden etwa 2000 Taten begangen, bei
denen die Verhängung der Todesstrafe in Betracht kommt. Derzeit befinden sich 132 zum
Tode Verurteilte in Haft. Zur Vollstreckung der Todesstrafe ist die Unterzeichnung einer
entsprechenden Anordnung durch den Justizminister erforderlich. Es hängt letztlich von
dessen jeweiliger Persönlichkeit ab, ob in seiner Amtszeit Hinrichtungen durchgeführt
werden oder nicht. Die seit dem Regierungswechsel im September 2009 im Amt tätigen 8
Justizminister, deren Amtszeiten nach Tagen (zwischen 22 und 356) gezählt werden, haben
insgesamt nur 8 Personen hinrichten lassen.
Herr Prof. Dr. Tsujimoto (Kinki Universität Osaka) stellte anhand von zwei Beispielen die
besonders
in
Grenzfällen
mit
heranwachsenden
Straftätern
auftretenden
Abwägungsschwierigkeiten, die sich aus den vom japanischen obersten Gerichtshof
aufgestellten Grundprinzipien ergeben können, dar. Im sogenannten „Hikari-Fall“
ermordete ein zur Tatzeit 18 Jahre und 1 Monat alter Täter eine 23 Jahre alte Mutter und ihr
11 Monate altes Kind. Dafür wurde er zunächst durch das LG Yamaguchi und in der
Berufung durch das OLG Hiroshima zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Auf die
Revision der Staatsanwaltschaft hat der OGH das Urteil aufgehoben und den Fall zur
erneuten Verhandlung an das OLG zurückverwiesen. Zur Begründung hat der OGH
ausgeführt, dass in Ermangelung besonderer Umstände nur die Todesstrafe angemessen
sei. Das Alter des Täters allein stelle keinen solchen besonderen Umstand dar. Mit zweitem
Urteil des OLG wurde der Täter zum Tode verurteilt. Die Revision hiergegen hat der OGH
verworfen, dieses Urteil allerdings wurde von einer abweichenden Meinung des Richters
Miyagawa (ein in der japanischen Justiz äußerst seltener Vorgang) begleitet, der dafür
plädierte, die Todesstrafe bei Heranwachsenden mit geringer seelischer Reife nicht zu
verhängen und dazu auf die „Beijing-Rules“ (UN-Mindest-standards für die Verwaltung
der Jugendgerichtsbarkeit), verwies.
Im sogenannten „Ishinomaki-Fall“ hat ein 18 Jahre und 7 Monate alter Täter zwei Frauen
getötet und einen Mann schwer verletzt. Das LG Sendai verhandelte in der Besetzung als
Schöffengericht und verhängte die Todesstrafe. Das Berufungsverfahren ist noch nicht
abgeschlossen. Bemerkenswert an diesem Fall ist aber, dass der Verteidiger sich in der
ersten Instanz einer Befragung eines Sozialarbeiters zu einem Ahndungsvorschlag
widersetzte und er Berufung auch mit der Begründung eingelegt hat, dass ein Mordfall mit
einem heranwachsenden Täter mit besonderer (wissenschaftlicher) Gründlichkeit
aufzuarbeiten sei, wofür seiner Ansicht nach ein Schöffengericht nicht hinreichend
qualifiziert sei.
In der anschließenden sehr angeregt geführten Diskussion war auch die Vollstreckung der
Todesstrafe in Japan selbst Thema. Es wurde die Frage aufgeworfen, ob es nicht
widersprüchlich sei, dass die japanische Verfassung die „grausame Strafe“ verbietet,
andererseits die Todesstrafe durch Erhängen vollstreckt wird. Diese Praxis hat der
japanische Verfassungsgerichtshof 1955 für verfassungskonform erklärt und das Erhängen
„selbst aus einer humanitären Sicht“ für „nicht grausam“ befunden. Diskutiert wurden
auch Alternativen, wie beispielsweise eine „Todesstrafe auf Bewährung“, etwa nach
chinesischem Vorbild. Für die Zukunft dürfte aber das besondere Augenmerk auf der
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Frage liegen, wie sich die Beeinflussung der Rechtsprechung durch die nunmehr beteiligten
Schöffen auf die Zahl der ausgesprochenen Todesurteile auswirkt.
Der interessante Vortragsabend zeigte in besonders spannender Art und Weise, welche der
Vorbehalte, die die internationale Gemeinschaft inzwischen mehrheitlich gegen die
Todesstrafe hat, von japanischen Anwälten, Professoren und auch Richtern geteilt werden.
25.
Besuch aus Sapporo
Zum 40jährigen Jubiläum der Städtepartnerschaft
zwischen München und Sapporo ermöglichten Mitglieder der
DJG den japanischen Gästen am 8.09.2012
eine home-visit Möglichkeit.
Ein Bericht von Dr. Andrea Hirner
In der Vorbereitung des Besuchs von Oberbürgermeister Ueda und einer umfangreichen
Delegation aus der Stadt Sapporo anlässlich des 40jährigen Jubiläums der
Städtepartnerschaft zwischen München und Sapporo war auch an die DJG die Bitte
herangetragen worden, für
Mitglieder der Reisegruppe
ein home-visit-Programm
zu organisieren. Auf einen
ersten Aufruf hin meldeten
sich so viele Mitglieder der
DJG, dass nicht einmal alle
berücksichtigt
werden
konnten.
Von Anfang an war klar,
dass die Kürze des Besuchs
(vorgesehen war Samstag,
der 8. September von 14 bis
18
Uhr)
längere
Anfahrtswege unmöglich
machte. Deshalb mussten
leider
auch
Bewerber
abgewiesen werden, die
außerhalb von München
wohnen.
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Während der Oberbürgermeister, die Vertreter der Industrie- und Handelskammer von
Sapporo und ein Direktor der Sapporo-Bierbrauerei nur einige Tage in München waren,
stand wenigstens eine ganze Woche für die Bürgerdelegation zur Verfügung. Die war
allerdings auch ausgefüllt mit Besichtigungen, Rundfahrten in München und außerhalb,
einem Vortrag über Kinder aus den Katastrophengebieten, die von Bürgern nach Sapporo
eingeladen werden, sowie einem Besuch des Bauzentrums in Poing wegen der dortigen
Oeko-Häuser. Das Thema von Energieeinsparung, besserer Bauweise von Häusern und
überhaupt ökologischen Fragen nahm bei den Damen und Herren der Bürgerdelegation
einen großen Raum ein.
Am Samstagnachmittag versammelten sich dann die zehn „Gastfamilien“ im Hilton City
Hotel, um ihre 25 Gäste dort abzuholen und zu sich nach Hause zu begleiten. Die Gäste,
gelegentlich Ehepaare, aber überwiegend ältere Damen, hatten sich dafür zu kleinen
Grüppchen von zwei oder drei Personen zusammen geschlossen. Die Verteilung klappte
vorzüglich, und die einzelnen deutsch-japanischen Gespanne verteilten sich nach dem
ersten Kennenlernen in alle Himmelsrichtungen. Glücklicherweise zeigte sich das Wetter
von seiner besten
sonnigen Seite, und
die meisten konnten
noch
um
das
Zuhause
ihrer
Gastfamilien einen
Spaziergang machen
oder auswärts Kaffee
trinken. Dabei gab es
interessante
Gespräche, denn die
meisten
der
Teilnehmer
hatten
spezielle Interessen
oder Hobbys, waren
schon
einmal
in
München
gewesen
oder betätigten sich
selbst in Japan in
irgendeinem kulturellen Bereich. Sprachprobleme gab es kaum, denn die meisten
Gastfamilien verfügten über Japanisch-Kenntnisse in irgendeiner Form, hatten japanische
Freunde dazu gebeten oder behalfen sich mit Englisch.
Alle Teilnehmer wirkten bei ihrer Rückkehr ins Hotel am Abend angeregt und zufrieden.
Frau Takahashi, die von Sapporo aus das Programm organisiert hatte, bedankte sich im
Namen aller Damen und Herren noch einmal bei der DJG dafür, dass so viele Gastfamilien
an diesem Tag ein Zeichen von bayrisch-japanischer Gastfreundschaft gesetzt haben.
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26.
Brillen (Megane)
Vom Urlaub auf einer einsamen Insel erzählt dieser Film, der am
13.09.2012 im Gasteig gezeigt wurde
Als die junge, gestresste Professorin und Großstädterin Taeko ihren Frühjahrsurlaub auf
einer kleinen Insel zu verbringen gedenkt, ist sie bei Ankunft in ihrer Ferienpension
überrascht: außer ihr gibt es keine Gäste in dieser Idylle. Die Frage nach dem Warum, klärt
sich schnell, es gibt hier absolut nichts zu tun.
27.
1945, Sommer eines Jungen
Kuroki Kazuo ist eigentlich als Regisseur von Dokumentarfilmen
bekannt. 1945, Sommer eines Jungen basiert auf seinen eigenen
Kindheitserlebnissen.
Dieser Film wurde 14.09. 2012 im Gasteig gezeigt
Die Geschichte spielt kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs im Sommer 1945. Yasuo, der
in die dritte Klasse der Mittelschule geht, wurde aus Tôkyô evakuiert und so von seinen
Eltern getrennt. Er lebt nun bei seinen strengen Großeltern in dem Dorf Kirishima auf
Kyûshû. Yasuo freut sich zwar, dass er aufgrund seiner schlechten Gesundheit nicht zum
Militärdienst eingezogen wurde, doch andererseits leidet er unter Schuldgefühlen, weil
sein Freund vor seinen Augen bei einem Bombenangriff ums Leben kam. Außerdem macht
ihm das militärfreundliche Umfeld zu schaffen, an das er sich nicht gewöhnen kann.
28.
Das Gesicht (Kao) 顔
Dieser vielfach preisgekröntes Roadmovie,
der in Japan zum Independent-Hit avancierte,
wurde im Gasteig am 15.09.2012 gezeigt
Die sadistische Yukari besucht gelegentlich ihre Schwester Masako, die ein trostloses Leben
in Kobe führt. Masako ist eine recht unbeholfene und verschlossene Frau Ende Dreißig, die
im Schatten ihrer jüngeren, bildschönen und koketten Schwester steht…
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29.
Japanische Gartengeschichte
Rückschau von Dr. Andrea Hirner auf den Vortrag von
Kanji Nomura am 20.09.2012
Wie bei der Übernahme von Schrift, Buddhismus und Künsten erfolgte auch in der
Entwicklung der Gartenarchitektur ein Wechsel zwischen reiner Adaption der chinesischen
und koreanischen Vorbilder und der Rückbesinnung auf eigene japanische Traditionen. So
erläuterte Prof. Nomura anhand von Relikten die „Gärten der Gottheiten“ im Altertum aus
dem Glauben heraus, dass sich in Quellen und in großen Steinen Gottheiten verbergen
würden. In der Verehrung von Felsen und alten
Bäumen ist das als Relikt noch im heutigen Japan
spürbar. Dennoch heute vermeidet man ein Behauen
von großen Steinen. Mit der Übernahme des
Buddhismus wurden Tempelgärten geschaffen,
während der Adel der Heian-Zeit die Anlage von
Häusern und Gärten nach dem chinesischen
Geomantie-Denken bevorzugte.
Diejenigen
berühmten
Gärten,
die
heute
Anziehungspunkte für Touristen sind, wurden vor
allem in der Muromachi-Zeit geschaffen (Mitte des
14. bis Ende des 16. Jahrhunderts), ebenfalls ein Zeitraum der Rückbesinnung auf
japanische Traditionen, in der auch die noch immer gültigen Prinzipien formuliert wurden:
Einheit von Gebäude und Garten (Verschmelzen von Innen und Außen), Einbettung des
Gartens in seine Umgebung, der Garten als verkleinertes Abbild des Kosmos und daraus
abgeleitet die Verwendung von aus der Natur entnommenen Bestandteilen.
Durch die Richtung des Zen im Buddhismus kamen einmal die „Gärten zum
Herumwandern“ und dann auch die berühmten „leeren Gärten“ aus Steinen und Kies auf,
die „kare sansui“-Gärten, die vorwiegend zur Meditation der Mönche angelegt wurden.
Heute gelten sie als „der japanische Garten“ schlechthin. Auf das Lehrhafte an diesen
Gärten, wie z.B. die Anlage von Wasserfällen (Wasser oder trocken, d.h. mit Steinen
dargestellt), die den Weg zur Erleuchtung symbolisieren, konnte Prof. Nomura die Zuhörer
durch Details hinweisen, die hier sicher nicht bekannt waren: So stellt der Ryōanji den
„ruhenden Drachen“ dar, der die höchste Weisheit erlangt hat, wobei das Rautenmuster
des Bambuszauns die Schuppen des empor gestiegenen Drachens darstellt.
Aus solchen Details konnte jeder Zuhörer für sich den Schluss ziehen, dass ein japanischer
Garten nicht durch das Einpflanzen von ein paar Bäumen und das Ausstreuen von Kies
entsteht, sondern ein quasi-religiöses Konzept übernimmt. Dennoch gibt es seit der Neuzeit
auch die Möglichkeit, lediglich nach den Prinzipien der überlieferten Gartenbaukunst
moderne Gärten anzulegen. Die Zuhörer dankten Herrn Nomura durch reichen Applaus.
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30.
Energiepolitik in Japan
Vortrag des japanischen Botschafters S.E. Takeshi Nakane
beim Business Luncheon am 2. 10. 2012
Für diesen Vortrag wurde kein Rückblick erstellt, da der Vortrag in voller Länge im kaiho 6/2012
abgedruckt wurde.
31.
Lesung aus Werken von Yoko Ogawa
Rückblick von Dr. Andrea Hirner auf die Lesung mit Ruth
Geiersberger in der Münzsammlung am 07.11.2012
Der schöne alte Bibliotheksraum der Staatlichen Münzsammlung erwies sich als der
bestens geeignete Raum für eine Lesung aus den Werken der japanischen Schriftstellerin
Yoko Ogawa. Für die Lesung konnte die bekannte Sprecherin des BR, Frau Ruth
Geiersberger, gewonnen werden. Dass auch die Mitarbeiterin Frau Susanne Fink des
Liebeskind Verlages München, der die Werke von Yoko Ogawa übersetzt und bekannt
gemacht hat, anwesend war, machte diesen Leseabend zu einem besonderen Highlight im
Programm der DJG.
Die 1962 geborene Yoko Ogawa zählt in Japan zu den bekanntesten modernen
Schriftstellern; auch im Ausland, und da besonders in Deutschland, haben die
Übersetzungen ihrer Erzählungen und Romane viele Leser gefunden. Vorgetragen wurden
Teile aus „Der Ringfinger“ (deutsch 2002), „Das Ende des Bengalischen Tigers“ (2011) und
aus ihrem neuesten Werk „Das Geheimnis der Eulerschen Formel“ (2012).
Mit der ganzen Erfahrung als Sprecherin las Frau Geiersberger das Anfangskapitel des
erstgenannten Buches, in dem sich das Rätselhafte und Geheimnisvolle leise ankündigt, das
die Werke von Ogawa so oft auszeichnet. Immer wieder sind es Erinnerungen, die wie
körperliche Erscheinungen das Geschehen dominieren und in diesem Buch eine junge Frau
in das Treiben ihres Chefs hineinziehen.
Im Anfangskapitel des zweiten Buches, das ein Roman von sehr unterschiedlichen
Geschehnissen ist, die sich unabhängig voneinander entwickeln und doch auf rätselhafte
Weise zusammengehörig sind, schleicht sich das Grauen leise an den Leser heran: Der Erstickungstod eines Kindes in einem Kühlschrank beherrscht das Leben seiner Mutter. In
dieser Geschichte zeigt sich die Meisterschaft von Yoko Ogawa, Entsetzen in einigen
wenigen Worten herauf beschwören zu können. Das dritte Buch überrascht durch einen
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neuen und positiv gestimmten Tonfall und ein ungewöhnliches Sujet: die Beschäftigung
mit der Mathematik, die hier für Klarheit im Leben der drei handelnden Personen sorgt.
Nach der Lesung entwickelte sich eine längere und lebhafte Diskussion über die Werke von
Yoko Ogawa, die ja unterschiedliche Aspekte aufweisen und kaum unter einem einzigen
Begriff zu fassen sind.
Vor allem die Frage, was an ihrem Werk „japanisch“ ist, wo doch praktisch nie etwas
auftaucht, was der Leser als japanisch identifizieren könnte, wurde rasch gestellt. Denn
viele Leserinnen und Leser spüren in ihren Büchern einen Bestandteil, den sie als
„fremdartig“ bezeichnen. Frau Geiersberger und Frau Fink, die beide Frau Yoko Ogawa
persönlich kennen lernen konnten, wurden deshalb intensiv zu der Schriftstellerin befragt.
Es war ein Abend, der zum Nachlesen und Nachdenken anregte und mit viel Beifall
aufgenommen wurde.
32.
Dōgen Kigen - Mönch, Denker, Dichter
Rückblick auf den Vortrag von Dr. Renate Syed am 13.11.2012 von
Yuko Murato
Frau Dr. Syed begann ihren Vortrag mit einer kurzen Biographie Dōgens. Er wurde im
Jahre 1200 in einer hochadeligen Familie in Kyōto geboren,verlor früh seine Eltern und
entschloss sich, Mönch zu werden. Dōgen ging nach China, erreichte bei seinem Lehrer
Nyojō die Erleuchtung und kehrte nach Japan zurück. Damals herrschte in Japan eine
unruhige Zeit. Mönche bewaffneten sich und kämpften gegeneinander. Dōgen, der die
Sōtō-Schule gründete, ging den Streitereien um die Macht aus dem Weg und zog sich in die
Berge zurück. Später baute er den Tempel Eihei-ji im heutigen Fukui, weit weg von der
damaligen Hauptstadt Kyōto. Dōgen sagte, einzig wichtig sei shikan taza, das Sitzen. Alle
anderen Übungen, Bücher, Lehren u. Ä. seien nur „Krücken“.
Als Frau Syed von der Lehre Dogens zum ersten Mal erfuhr, war sie sehr überrascht, denn
was er lehrte, war genau dasselbe, was die Yogis und der Buddha im alten Indien gelehrt
hatten. Mit seinem gewaltigen Intuitionsvermögen durchschaute er, was das Wesentliche
am Buddhismus war und was als Beiwerk auf dem Weg von Indien über China und Korea
nach Japan hinzugefügt wurde. Ein Mensch im Lotossitz nimmt die Form eines Dreiecks
ein. Frau Syed verglich das Dreieck mit dem Berg Fuji auf einem ihrer Bilder, nicht nur der
Form nach, sondern weil der Meditierende wie der Fuji, der ein ruhender Vulkan ist,
explodieren kann. Der Lotossitz wurde schon 500 v. Chr. im Upanishaden erwähnt.
Während der Meditation darf man Gedanken nicht bekämpfen. Genau so wie die Wolken
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den Fuji nicht berühren, sondern sich nur wie ein loser Schleier um ihn legen, darf der
Meditierende von den Gedanken nicht fest ergriffen, sondern nur umhüllt werden.
Dōgens Hauptwerk heißt Shōbōgenzō (95
Bände). An dem Werk erkennt man die
Geistesgröße Dōgens. Aber seine wahre
Größe erkennt man daran, dass er die Worte
eines chinesischen Mönchs, der in einem
Tempel als Koch arbeitete, sofort verstand
und das ganze Leben lang beherzigte: Nicht
mehr ist notwendig, als die Arbeit im Alltag
mit voller Konzentration und Sorgfalt zu
erledigen, denn Arbeit ist Übung. Frau Syed
wiederholte die Stichwörter der Lehre
Dōgens: „Achtsamkeit“, „Vorsicht“ und
„Respekt vor den Lebewesen“.
Es war ein ernsthafter, aber gleichzeitig sehr lebendiger und lustiger Vortragsabend. Alles
war sehr anschaulich, auch dank ihrer Aufnahmen, die sie während ihrer Japanreise im
September dieses Jahres gemacht hatte.
33.
Wie der Laut des Windes
Meditative Solomusik für die japanische Bambusflöte Shakuhachi
am 15.11.2012 im Künstlerhaus München
Unter den japanischen Musikinstrumenten zählt die Shakuhachi
sicher zu den
ungewöhnlichen, die aber in der letzten Zeit im Westen an Popularität gewonnen hat. Das
liegt an ihrem rauen, teils auch scharfen Klang, der keine Ähnlichkeit mit einer
harmonischen Melodie nach westlichem Empfinden besitzt. Mit ihrer Solomusik entspricht
die Shakuhachi, eine schlichte Längsflöte aus Bambus, deshalb in besonderer Weise der
traditionellen japanischen Musikästhetik und ihrem Ideal des „naturhaften Klangs“, in dem
sich die Grenzen zwischen Geräusch und musikalischem Ton verwischen.
Tadashi Tajima, der zu Japans herausragenden Shakuhachi-Spielern gehört, und nicht zum
ersten Mal in München auftrat, begeisterte mit seiner ungewöhnlichen Ausdruckskraft und
großer klanglicher Differenzierung wieder das zahlreich im Künstlerhaus erschienene
Publikum.
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34.
Selbsttötung und Selbsthinrichtung
Rückblick von Dr. Andrea Hirner auf den Vortrag
von Prof. Dr. Martin Lehnert am 27.11.2012
Das im Westen populärere Wort harakiri ist lediglich eine andere Lesung von seppuku, wie
Herr Prof. Lehnert gleich zu Beginn seines Vortrages erläuterte. Den Bedeutungswandel
dieser extremen Form des Selbstmordes machte er an zwei unterschiedlichen japanischen
Schriftstellern fest.
Nitobe Inazō (1862-1933), der selbst aus einer Samuraifamilie stammte, während seines
Studiums in den USA aber zum Quäker wurde, versuchte in seinem bekannten Hauptwerk
„Bushidō. Der Ehrenkodex der Samurai“ die Selbsttötung in Japan den westlichen Lesern
zu erklären. Er sah in dieser extrem schmerzhaften Form den letzten Beweis der
emotionalen Lauterkeit eines Kriegers, den Ausdruck von Kaltblütigkeit und die
Verachtung der Todesangst. In gewissen Formen der Selbsttötung im europäischen
Altertum erkannte er Parallelen. Der sehr viel jüngere Chiba Tokuji dagegen sah im seppuku
gerade keinen „Selbst“mord, da für diese Zeremonie ein Assistent, der kaishaku-nin, bereit
steht, um dem Ausführenden den eigentlichen Todesstoß zu versetzen. Für Chiba ist der
seppuku eine ultimative Handlung der Wut und geschieht aus einem Affekt heraus, um in
einer ausweglosen Situation dem Feind seine Verachtung zu demonstrieren. Daher auch
das Herausziehen des eigenen Gedärms, um es dem Gegner sozusagen vor die Füße
schleudern zu können. Chiba bezieht sich auf Literatur aus dem 8. Jahrhundert als erster
Erwähnung einer Selbsttötung. Im japanischen Mittelalter, vor allem ab dem 12.
Jahrhundert, wurde der seppuku von Kriegern zumeist in drei Fällen ausgeführt: als
Treuebeweis beim Tod des Lehnsherrn, bei drohender Gefangennahme in kriegerischen
Auseinandersetzungen oder als äußerster Protest gegen Fehlentscheidungen eines
Vorgesetzten. 1493 wandelte sich diese Form der letzten eigenständigen Handlung auch zu
einer privilegierten Strafe, indem die Selbstentleibung vor Zeugen an die Stelle der
Enthauptung wie bei normalen Verbrechern trat. Ein kompliziertes Regelwerk wurde für
den Akt selbst aufgestellt, er wurde „ritualisiert“ und verlor seinen affektiven Charakter. In
letzter Konsequenz reichte es dann, wenn der Schnitt mit dem Dolch nur noch angedeutet
und gar nicht mehr ausgeführt wurde. Die tödliche Enthauptung wurde aber immer von
einem engen Freund oder Vertrauten, nicht von einem Henker ausgeführt. Darin lag die
Bevorzugung der Samurai. Nur ihnen wurde die Nervenstärke zu einer solchen
Selbstentleibung zugetraut. Unternahm ein Samurai seppuku zur Sühne eigener Schuld,
konnte er damit seinen Besitzstand und die Ehre der Familie erhalten oder wieder
herstellen.
Mit der Meiji-Reform und der Aufhebung des Kriegerstandes wurde seppuku verboten. Er
überlebte aber durch seine Heroisierung wie bei Nitobe und durch die Popularisierung des
Theaterstückes von den 47 rōnin „Chushingura“. Theaterstücke und Filme im Westen taten
ein übriges, um seppuku in die Sphäre übermenschlicher Willenskraft zu heben. Der
Samurai und seppuku wurden nun zu einem Synonym. Obwohl offiziell verboten, beging
General Nogi Maresuke seppuku entsprechend den Gefolgsleuten eines Fürsten in früherer
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Zeit, als sein Befehlshaber, der Meiji-Kaiser, starb. Den letzten Selbstmord in dieser Form
führte der Schriftsteller Mishima Yukio am 25.11.1970 in dem verzweifelten und erfolglosen
Versuch aus, Japan in ein heroisches Zeitalter zurück zu führen.
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