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Wiederaufbereitung von
Einmal-Produkten
Eine Kosten-Nutzen-Betrachtung unter medizinischen,
ethischen und ökonomischen Aspekten
Prof. Dr. Dr.
Wilfried von Eiff
Centrum für Krankenhaus-Management
Universität Münster
Münster, 16. Februar 2011
1. Ausgangssituation und Problemstellung
Die Gesundheitssysteme in Europa stehen vor der gleichen Herausforderung: Bedingt
durch das Phänomen der alternden Gesellschaft in Kombination mit dem medizinischen
und medizin-technischen Fortschritt steigt die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen.
Gleichzeitig geht die Zahl der sozialversicherungs- und steuerpflichtigen Personen zurück.
Die Folgen sind:
 Begrenzte (rückläufige) Finanzierungsmittel bei steigender Inanspruchnahme des Gesundheitssystems sowie
 Kostendruck in den Gesundheitssystemen, der zu
 Sparzwang in Form von
 Rationierung und Priorisierung von Gesundheitsleistungen
führt.
Vor diesem Hintergrund sind die medizinischen Leistungsanbieter gefordert, durch
 Rationalisierung sowie
 Abbau vermeidbarer (also für den Versorgungsprozess des Patienten nicht relevanter)
Kosten
dazu beizutragen, dass die EU-Gesundheitssysteme
 nachhaltig finanzierbar bleiben und
 Rationierung/Priorisierung von Gesundheitsleistungen im idealen Fall nicht erforderlich ist.
1
Eine Möglichkeit, Kosten im Medizinbetrieb zu reduzieren und gleichzeitig Rationierungseffekte zu mindern, kann darin gesehen werden, sogenannte EinwegMedizinprodukte durch Wiederaufbereitung einer Mehrfachverwendung zuzuführen.1
2. Anlass der Betrachtung: EU-Kommissionsbericht
Der Bericht der EU-Kommission über die Wiederaufbereitung von Medizinprodukten in
der EU wurde offensichtlich ausgelöst durch ökonomische Überlegungen zur Kostensenkung in den EU-Gesundheitssystemen.
Der Bericht zeigt sehr deutlich, dass noch erheblicher Klärungsbedarf auf folgenden Gebieten besteht:
 Wie kann eine qualifizierte (also für den Patienten risikofreie und gleichzeitig kostengünstigere) medizinische Versorgung durch die Wiederaufbereitung von Einwegprodukten sichergestellt werden?
 Welche Risiken sind mit einer Wiederaufbereitung nach unterschiedlichen Verfahren
verbunden?
(z. B.: Aufbereitung selektierter Produkte nach validiertem Verfahren durch zertifizierten Dienstleister versus Aufbereitung in einer Krankenhauseigenen ZSVA (Zentrale Sterilisationsabteilung))
 Welche Rolle spielen neue Wiederaufbereitungsverfahren wie z. B. alkalische Ultraschallbäder?
 Welches Verfahren der Kosten-Nutzen-Analyse steht zur Verfügung, das betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche sowie gesundheitspolitische und ethische Aspekte
gleichermaßen reflektiert?
 In welchem Umfang lassen sich Einweg-Medizinprodukte wiederaufbereiten und welche Einsparpotentiale lassen sich daraus ableiten?
Aufgrund dieser bislang unbeantworteten Fragen stellt die Kommission fest, dass es notwendig ist, eine Studie durchzuführen, die den Nachweis der Wirtschaftlichkeit einer
Wiederaufbereitung von Einwegprodukten erbringt, und zwar unter betriebswirtschaftlichen und gesamtwirtschaftlichen Aspekten.
Um die Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit einer solchen Studie zu demonstrieren, wird
nachfolgend am konkreten Beispiel eines ausgewählten Einweg-Medizinprodukts (hier:
Ablationskatheter) eine ganzheitliche Kalkulation unter Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher, volkswirtschaftlicher, beschäftigungspolitischer und ethischer Aspekte vorgenommen.
Es handelt sich hierbei um ein vergleichsweise kostenintensives Produkt, das bei ca.
46.000 Patienten allein in Deutschland und ca. 165.000 in Europa (Prozedur: Katheterablation) zum Einsatz kommt. Pro Eingriff kommen zwischen 3 und 4 Katheter zum Einsatz.
3. Rechtliche und technische Rahmenbedingungen
Die Wiederaufbereitung von Einwegprodukten ist nicht unumstritten, da es eine Vielzahl
von Einmalprodukten gibt, die aufgrund ihrer Konstruktion, ihres medizinischen Zwecks,
des verwendeten Materials und der eingeschränkten Reinigungsfähigkeit nicht für eine
hygienisch einwandfreie und die Funktionalität des Produkts nicht beeinträchtigende Aufbereitung geeignet sind.
Daher sind nur solche Produkte einer Kosten-Nutzen-Analyse zu unterziehen, die
1
Tessarolo et al. (2007).
2
 konstruktiv geeignet sind und für die ein
 validiertes Wiederaufbereitungsverfahren existiert bzw. entwickelt werden kann.
Bei diesen Produkten bestehen keine rechtlichen Bedenken.2
Umfragen unter Krankenhäusern, die Ablationskatheter nach einem validierten Verfahren
aufbereiten, haben ergeben, dass
 kein erhöhtes Risiko für Patienten zu Beobachten ist und
 der Prozess der Wiederaufbereitung technisch und organisatorisch seit ca. 10 Jahren in
Deutschland als beherrscht gilt, sofern Produkte selektiert werden, die nach Bauweise
und Material ohne Einschränkung der Funktionalität sowie der Materialbeschaffenheit
wiederaufbereitbar sind.3
4. Bestimmungsfaktoren der Wirtschaftlichkeit des Wiederaufbereitungsprozesses
Die Kosten der Wiederaufbereitung werden durch den Einkaufspreis des Produkts, den
Preis der Wiederaufbereitung und den internen Kosten der Vorreinigung bestimmt. Darüber hinaus beeinflussen alternative Geschäftsmodelle die Wirtschaftlichkeit des Wiederaufbereitungsprozesses (siehe Abbildung 1).
Wirtschaftlichkeit der Aufbereitung
Jede Möglichkeit einer Wiederaufbereitung mit garantiert sicherer Nutzung
erhöht die Wirtschaftlichkeit des Klinikbetriebs.
Einkaufspreis
Nutzung
Interne Kosten
• Vorreinigung
• Reinigungsmittel
• Spezialplastiktüten
• Spezial-Container
• Gemeinkostenzuschlag
(Bereitstellung,
Entsorgung,
Steuerung und
Kontrolle)
10-10-10a.ppt
Wiederaufbereitung
Kosten je
Gebrauch
Kosten je
Wiederaufbereitung
Wiederaufber.Zyklen
Bruch/Anzahl
sicherer Nutzungen
Geschäftsmodell
Kosten der Zusteuerung
→ individuell → anonym
Konditionen
→ Konsi → Pay per use
…
Centrum für Krankenhaus-Management, Universität Münster
Geschäftsführung: Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff
Abbildung 1: Einflussgrößen der Wirtschaftlichkeit
2
3
Jäkel, Chr. (2006).
Diese Empfehlungen bestätigen auch Pitschner et al. (2006).
3
 Zahl der Wiederaufbereitungszyklen
Wesentlicher Bestimmungsfaktor für die Vorteilhaftigkeit der Wiederaufbereitung von
Einmalprodukten ist die Anzahl der sicheren Wiederaufbereitungszyklen. Sicher ist
ein Wiederaufbereitungsverfahren dann, wenn nach erfolgter Aufbereitung eine vollwertige Gebrauchsfähigkeit (= Funktionsfähigkeit und Sterilität auf dem Qualitätsniveau der Erstnutzung) besteht.
 Je höher die Anzahl der sicheren Wiederaufbereitungszyklen, desto höher die
Wirtschaftlichkeit aus Sicht des Krankenhauses und desto vorteilhafter die Ressourcenbilanz (Nachhaltigkeit)
 Preis der Wiederaufbereitung
Zweite wesentliche Bestimmungsgröße ist der Preis, den ein Krankenhaus pro Zyklus
zu bezahlen hat.
 Je niedriger der Preis, desto niedriger sind die betriebswirtschaftlichen Kosten des
Krankenhauses
Beträgt der Preis einer Wiederaufbereitung 50% des Kaufpreises bei Ersteinsatz, so
entsteht ein Einsparvolumen von 40%, sofern fünf Nutzungen (entspricht 4 Wiederaufbereitungszyklen) unterstellt werden. Selbst bei nur einem einzigen Aufbereitungszyklus beträgt die Einsparung 25%.
Eine Umfrage unter deutschen Aufbereitungsunternehmen hat ergeben, dass die Preise
für die Aufbereitung zwischen 15% und 50% der Neupreise betragen.
Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems gehören zu den häufigsten Krankheiten. Die
Sterbestatistik für Deutschland weist für das Jahr 2009 aus, dass 356.462 Menschen an
den Folgen einer Herzkreislauferkrankung verstarben. Ferner sind HKL-Erkrankungen
die Ursache für weitere schwerwiegende und kostenintensiv zu therapierende Erkrankungen, wie z.B. dem Schlaganfall. Aufgrund des demografischen Faktors (Phänomen
der alternden Gesellschaft) ist in den nächsten Jahren mit einer deutlichen Zunahme
von HKL-Erkrankungen zu rechnen. Eine besondere Bedeutung kommt dem Krankheitsbild des Vorhofflimmerns (Atrial Fibrillation) zu; es tritt mit einer altersabhängigen Prävalenz von zwischen 0,4 und 10% auf (siehe Abbildung 2).4 In Deutschland
sind etwa 800.000 Personen von diesem Krankheitsbild betroffen. Etwa 40.000
Schlaganfälle sind pro Jahr auf Vorhofflimmern zurückzuführen.
4
Evers S et al. (2001)
4
Abbildung 2: Prävalenz- und Inzidenz sind ab einem Alter von 75 Jahren besonders
hoch ausgeprägt (gesundheitsökonomische Wirkung des demographischen Faktors)
Durch spezielle Behandlungsformen (Ablation mittels Katheterintervention) lässt sich
das Vorhofflimmern gezielt und erfolgreich behandeln. Angetriggert über den OPSCode 8-835* erfolgt die Abrechnung ablativer Leistungen über die DRG F50A-D.
Entscheidender Kostenfaktor dieser Intervention sind die benötigten Katheter, von denen folgenden Typen bei einer Ablation benötigt werden:
 Lasso-Katheter
 RF-Ablationskatheter
 Normal-Mappingkatheter
 nicht-steuerbare Katheter
 hinzu kommt ein Anschlusskabel je Katheter.
Beispielrechnung 1: Gekühlter Ablationskatheter
Betrachtet man ausschließlich den RF-Ablationskatheter, so ergibt sich folgende Beispielkalkulation:
Ein RF-Ablationskatheter (gekühlt) für die intrakardiale Ablation kostet ein Krankenhaus zwischen 1.200 € und 1.600€ zzgl. MwSt (Anschaffungskosten). Die Aufbereitung kostet ca. 470 € (zzgl. MwSt). Bei viermaliger Wiederaufbereitung (entspricht 5
Nutzungen) entstehen für das Krankenhaus Betriebskosten in Höhe von 735 € zzgl.
MwSt je Prozedur (statt 1.200 € zzgl. MwSt. bei Einmalverwendung). Dies entspricht
bezogen auf fünf Prozeduren einer Ersparnis von ca. 705 € pro Prozedur.
5
Entsprechend ergibt sich folgende Kalkulation:




46.000 RF-Ablationen wurden in 2010 in Deutschland durchgeführt.
30% der RF-Ablationskatheter sind gekühlt
70% der gekühlten Ablationskatheter werden aufbereitet.
9.960 aufbereitete Katheter à 705 € Ersparnis pro Produkt entsprechen einem
Einsparvolumen von ca. 7,02 Mio. €
Dieses Einsparpotential reduziert sich um die krankenhausinternen Kosten in Höhe
von je 10 € je Katheter, also um 99.600 € auf ca. 6,92 Mio. €.
Geht man davon aus, dass in Europa im Jahr 2010 ca. 165.000 RF-Ablationen durchgeführt worden sind, so ergeben sich auch in anderen europäischen Ländern Einsparpotentiale, die in Abhängigkeit vom Verkaufspreis sowie den Wiederaufbereitungskosten zu erreichen sind. Über eine Hochrechnung auf Basis einer vorsichtigen Kalkulation kann folgendes Einsparpotenzial bzgl. der Betriebskosten europäischer Krankenhäuser geschätzt werden:
Angenommen, dass von den 165.000 Kathetern 30% gekühlte RF-Ablationskatheter
sind, entspricht dies 49.500 Produkten. Unterstellt man weiterhin, dass hiervon 70%
aufbereitet werden, entspricht dies 34.650 Produkten.
 Das europaweite Einsparpotential beträgt damit ca. 24,43 Mio. €.
Dieses Einsparpotential reduziert sich um die krankenhausinternen Kosten (10 € je
Katheter), also um 346.500. € auf ca. 24,08 Mio. €.
Beispielrechnung 2: Normaler RF -Ablationskatheter nicht gekühlt
Der normale Ablationskatheter, der insbesondere zum Einsatz kommt bei ReentryTachykardie, Vorhofflimmern und WPW-Syndrom, kostet ein Krankenhaus zwischen
800 und 1.200 €. Bei einem Durchschnittspreis von 1000 € ergibt sich folgende Kalkulation. Der Katheterpreis beträgt 1.190,- € inkl. MwSt (Anschaffungskosten).
Die Aufbereitung kostet ca. 220 € (zzgl. MwSt). Bei viermaliger Wiederaufbereitung
(entspricht 5 Nutzungen) entstehen für das Krankenhaus Betriebskosten in Höhe von
450 € inkl. MwSt je Prozedur (statt 1.000 € zzgl. MwSt. bei Einmalverwendung). Dies
entspricht bezogen auf fünf Prozeduren einer Ersparnis von ca. 740 € pro Prozedur.
Entsprechend ergibt sich weiter:




46.000 RF-Ablationen wurden in 2010 in Deutschland durchgeführt.
70% der RF -Ablationskatheter sind nicht gekühlt.
70% der nicht gekühlten Ablationskatheter werden aufbereitet
22.540 aufbereite Katheter à 740 € Ersparnis pro Produkt entsprechen einem
Einsparvolumen von ca. 16,68 Mio. €
Dieses Einsparpotential reduziert sich um die krankenhausinternen Kosten in Höhe
von je 10 € je Katheter, also um 225.400 € auf ca. 16,451 Mio. €.
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Geht man davon aus, dass in Europa im Jahr 2010 ca. 165.000 RF-Ablationen durchgeführt worden sind, so ergeben sich auch in anderen europäischen Ländern Einsparpotentiale, die in Abhängigkeit vom Verkaufspreis sowie den Wiederaufbereitungskosten zu erreichen sind. Über eine Hochrechnung auf Basis einer vorsichtigen Kalkulation kann folgendes Einsparpotenzial bzgl. der Betriebskosten europäischer Krankenhäuser geschätzt werden:
Angenommen, dass von den 165.000 Kathetern 70% nicht gekühlte RFAblationskatheter sind, entspricht dies 115.500 Produkten. Unterstellt man weiterhin,
dass hiervon 70% aufbereitet werden, entspricht dies 80.850 Produkten.
 Das europaweite Einsparpotential beträgt damit ca. 59,83 Mio. €.
Dieses Einsparpotential reduziert sich um die krankenhausinternen Kosten (10 € je
Katheter), also um 808.500 € auf ca. 59.02 Mio. €.
Gesamtbetrachtung
Da beide Kathetertypen in der beschriebenen Form zur Anwendung kommen, ist es
legitim, die berechneten Einsparpotentiale in Beispielrechnung 1 und 2 zu addieren.
Für die EU-Staaten resultiert daraus ein Einsparpotential von 83,45 Mio. €.
 Kosten für Vorreinigung
Die dritte Bestimmungsgröße betrifft die Kosten der Vorreinigung, die im Krankenhaus anfallen, für Organisation, Reinigungstätigkeit durch Krankenhaus-Personal,
Nutzung von Reinigungseinrichtungen (Spüle), Wasser/Energie sowie Transportfolie.
Diese Kosten können solide wie folgt kalkuliert werden:
 Arbeitsaufwand für Vorreinigung und Verpackung (Pflege-/Funktionskraft) beträgt 5 Minuten pro Katheter.
 Die Arbeitsminute wird mit 0,50 € kalkuliert.
 Für Organisation, etc. werden weitere 5 € pro Katheter kalkuliert.
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Abbildung 3: Kalkulationsstruktur der internen Kosten der Wiederaufbereitung
 Sekundäre Bestimmungsgrößen
Weitere Bestimmungsgrößen der Wirtschaftlichkeit sind z.B.
 die schonende und pflegliche Handhabung der Medizinprodukte durch das Personal;
 die Qualität der Aufbereitung und des Transports;
 die schonende Lagerung.
Die Größen sind nicht solide kalkulierbar und können nur indirekt Berücksichtigung in
der Kalkulation finden. So z.B. über den Ansatz einer geringeren Zahl von unbedenklich möglichen Aufbereitungszyklen.
Beispiel:
Ein RF-Ablationskatheter kann im Einzelfall zwischen vier- und siebenmal aufbereitet
werden; häufigste Wieraufbereitungszahl ist in der klinischen Praxis gleich fünf. Eine
solide Kalkulation reduziert die Zahl der Aufbereitungszyklen auf vier und berücksichtigt damit nicht kalkulierbare Bestimmungsgrößen.
5. Ethische Aspekte der Wiederaufbereitung
Qualität und Verfügbarkeit medizinischer Leistungen hängen wesentlich davon ab, inwieweit sie finanzierbar (bezahlbar) sind. Je geringer die Kosten einer medizinischen Prozedur, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit ihrer Anwendung.
Mangelnde Finanzierbarkeit einer Prozedur führt zu einem beschränkten Zugang durch
betroffene Patienten. Ethische Konflikte sind die Folge.
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Die Wiederaufbereitung von Einweg-Medikalprodukten wirft damit grundlegende ethische Fragen auf (siehe Abb. 3):
Die Gegner einer Wiederaufbereitung folgen der Argumentation, dass eine Wiederaufbereitung von Einwegprodukten dem Charakter von Einwegprodukten widerspricht. Diese
seien bewusst auf einen einmaligen Gebrauch hin konstruiert und gebaut, um Patienten
vor speziellen Gebrauchsrisiken zu schützen. Eine Wiederaufbereitung dieser Produkte
erzeuge vermeidbare Patientenrisiken, da durch die Resterilisierung die Gebrauchsfähigkeit beeinträchtigt, Materialien angegriffen oder Kontaminationen (Blut, Eiweiß) nicht
eliminierbar wären.
Ethisch reflektiert, würde ein Verstoß gegen das Prinzip des „Primum nihil nocere“ vorliegen.
Aus Sicht einer Befürwortung der Wiederaufbereitung von Einwegprodukten lassen sich
zwei Argumentationslinien aufbauen:

Ohne Wiederaufbereitung von selektierten Einwegprodukten würden Patientenschonende sowie die Patientensicherheit erhöhende Prozeduren in geringerem Umfang
durchgeführt, als dies sinnvoll (i.S. des Patientennutzen) und möglich wäre ( USKatheter Soundstar).

Durch Wiederaufbereitung sinken die Betriebskosten je Prozedur. Diese eingesparten Kosten stehen als Investitionsmittel für Qualitätsverbesserungen zur Verfügung.

Selektive Wiederaufbereitung trägt damit dazu bei, Rationierung und Priorisierung
im Medizinbetrieb zu reduzieren.
Ethische Probleme treten in insbesondere dann auf, wenn ein Krankenhaus eine dominante Kostensenkungsstrategie verfolgt und aus diesem Grund
 auf Einwegprodukte ausweicht, die zwar billig sind, aber nicht die funktionale Qualität
von Sicherheitsprodukten aufweisen oder
 eine Wiederaufbereitung von Einwegprodukten in der eigenen ZVSA ohne validiertes
Verfahren durchführt.
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Abbildung 4: Wiederaufbereitung muss für den Patienten sicher sein (primum nihil
nocere) und Kosten senken (Vermeidung von Rationierung)
Im deutschen DRG-System ist die Vergütung von elektrophysiologischen Leistungen
(sog. Katheter-Ablationen) in den letzten Jahren schrittweise reduziert worden. Die Fallpauschale für eine Katheter-Ablation (DRG – F50 A bis D) ist von 2010 auf 2011 auf ein
Vergütungsniveau von 85% abgesenkt worden. Wenn durch Wiederaufbereitung der Katheter der Kostendruck aufgefangen werden kann, trägt dies dazu bei, Rationierungs- und
Priorisierungsentscheidungen zu vermeiden.
6. Nicht entscheidungsrelevante Bestimmungsgrößen
Die Wirtschaftlichkeit der Wiederaufbereitung von Einmalprodukten ist aus Krankenhaussicht weder abhängig von den
 Entwicklungskosten eines validierten Verfahrens, noch von den
 Herstellungskosten der Reinigungsmaschinen, noch von den
 Reinigungskosten (Personal, Reinigungsmittel, Abschreibungen auf Anlagen, Marketing, Vertrieb, Organisation),
die insgesamt im Unternehmen des professionellen Wiederaufbereiters anfallen.
Begründung:
Alle genannten Kosten sind im Preis, den ein Krankenhaus für eine Aufbereitung zu zahlen hat, kalkulatorisch enthalten.
7. Volkswirtschaftliche Effekte
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Die Diskussion um Wirtschaftlichkeit der Wiederaufbereitung von Einmalprodukten
durch professionelle Unternehmen muss im Sinne eines ganzheitlichen ökonomischen Ansatzes auch berücksichtigen, dass Einwegprodukte primär aus Südostasien und Mexiko
importiert werden, also außerhalb der EU.
Professionelle Wiederaufbereitungsunternehmen sind lokal, regional und national tätig.
Sie schaffen Arbeitsplätze mit interessanten und herausfordernden Arbeitsinhalten (Ingenieure, Techniker, Hygieniker) sowie mit Handwerks- und Dienstleistungscharakter
(Transport/Logistik, Reparatur/Wartung, Maschinenbau). Es entstehen Arbeitsplätze,
durch die Abgaben in die Sozial- und Steuerungssysteme eines EU-Landes fließen. Derzeit sind in Deutschland ca. 500 Personen direkt in Arbeitsbereichen der Wiederaufbereitung von Einmalmedizinprodukten beschäftigt.
8. Fazit
 Die Wiederaufbereitung von Einwegprodukten senkt die Kosten je Prozedur und erhöht die Wirtschaftlichkeit des Krankenhausbetriebs.5
 Die Wiederaufbereitung darf nur mit selektierten Produkten erfolgen. Diese Produkte
sind nach Konstruktion, Reinigungsmöglichkeit und Materialbeschaffenheit für eine
Aufbereitung geeignet.
 Die Wiederaufbereitung muss nach einem validierten Verfahren erfolgen und eine
Prüfung auf Erstfunktionalität enthalten.
 Die Etablierung von professionellen Wiederaufbereitungsunternehmen trägt zur Errichtung von steuer- und sozialabgabepflichtigen Arbeitsplätzen in der EU bei.
 Die Wiederaufbereitung bewirkt vier Effekte:
 Betriebswirtschaftlicher Effekt der direkten Kostensenkung pro Prozedur im
Krankenhaus.
 Volkswirtschaftlicher Effekt der Einrichtung neuer Arbeitsplätze unterschiedlicher
Qualifikationsstruktur.
 Ethischer Effekt, da die Kostensenkung zu einer Reduktion von Rationierung und
Priorisierung von Gesundheitsleistungen beiträgt.
 Nachhaltigkeitseffekt, da durch Kostensenkungen im Medizinbetrieb die Möglichkeit zur Verbesserung der Finanzierungsgrundlagen geschaffen wird. Aus Kostensenkungen können Investitionen finanziert werden.
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siehe auch Ischinger et al. (2002).
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Literatur:
Evers S et al. (2001), Epidemiologie und Ursachen von Vorhofflimmern, in: Herzschrittmachertherapie und Elektrophysiologie, Jg. 12, S. 59–67.
Ischinger et al. (2002), Wiederverwendung von medizinischen Einwegprodukten nach qualitätsgesicherter Wiederaufbereitung: ein Modell zur Kostendämpfung?, in: Zeitschrift für Kardiologie, Jg. 91, S. 889-898.
Jäkel, Chr. (2006), Rechtliche Stellungnahme zur Aufbereitung von Medizinprodukten, insbesondere Einmalprodukten, Gutachten im Auftrag des JJHE, Starnberg.
Pitschner et al. (2006), Using Reprocessed Devices Does Not Impair Patient Safety, Nor Does
It Affect the Course of the Procedure or Success Rates – A Report of Quality Management.
Kerckhoff Clinic Report, 2006.
Tessarolo et al. (2007), Health Technology Assessment on Reprocessing Single-use Catheters
for Cardiac Electrophysiology: Results of a Three-years Study, in: Conference Proceedings IEEE Engineering in Medicine and Biology Society, Jg. 2007, S. 1758-61.
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