Blick ins Buch - Verlag Regionalkultur

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Blick ins Buch - Verlag Regionalkultur
Christian Jung et al.
Zukunft mit Heimweh
Integration und Aufbauleistung
der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge
im Neckar-Odenwald-Kreis
verlag regionalkultur
Titelbild:
Vertriebene Ungarndeutsche während eines Zughaltes vor
Seckach, 1946. Das Öffnen der Zugtüren im Ankunftsbahnhof
eröffnete den Menschen eine ungewisse Zukunft im Odenwald.
Viele gingen davon aus, dass sie in der unbekannten Landschaft
nur wenige Wochen oder Monate bleiben würden. Auf dem Foto
ist gut zu sehen, dass die Älteren ängstlich-gespannt schauen,
während die Jüngeren und vor allem die Kinder sogar lachen,
was den Gefühlszustand der Menschen, die gerade ihre alte Heimat
verloren, widerspiegelt. (Foto: Franz Kappel)
Titel:
Zukunft mit Heimweh
Beiträge zur Geschichte des Neckar-Odenwald-Kreises, Band 5
Kreisarchiv des Neckar-Odenwald-Kreises
Christian Jung et al.
Herausgeber:
Autor:
Herstellung:
Lektorat:
Satz:
Umschlaggestaltung:
Endkorrektorat:
Oliver Fink, vr
Harald Funke, vr
Jochen Baumgärtner, vr
Henrik Mortensen, vr
Druck:
Druckerei Odenwälder, Buchen-Walldürn
verlag regionalkultur
ISBN 978-3-89735-700-6
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Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
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© 2013 verlag regionalkultur
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Vorwort von Christian Jung
Abb. 1: Schloss Cecilienhof in Potsdam, 2012. (Foto: Christian Jung)
Für die Entwicklung des heutigen NeckarOdenwald-Kreises spielte bezüglich seiner
Einwohnerzahl und Infrastruktur das idyllisch gelegene Potsdamer Schloss Cecilienhof vor rund sechs Jahrzehnten eine
besondere Rolle. Denn in dem Anwesen im
englischen Landhausstil, das für den deutschen Kronprinzen Wilhelm (1882 – 1952)
und seine Frau Cecilie (1886 – 1954) im
Ersten Weltkrieg erbaut worden war, fand
vom 17. Juli bis 2. August 1945 die Potsdamer Konferenz statt.
In dieser regelten die Siegermächte des
Zweiten Weltkriegs, die USA, Großbritannien und die Sowjetunion, die politische und organisatorische Neugestaltung
Deutschlands nach der bedingungslosen
Kapitulation. Gleichzeitig wurden die neuen Grenzen festgelegt, die vor allem im Osten erhebliche Gebietsverluste im Vergleich
zu 1937 vorsahen. Währenddessen tobte
im Pazifik noch der Zweite Weltkrieg, der
durch die Abwürfe der zwei US-Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima
und Nagasaki am 6. und 9. August 1945
ein rasches Ende fand.
Im Potsdamer Abkommen wurde neben der Entmilitarisierung und der Einrichtung eines Rates der Außenminister
auch die Aufteilung von Deutschland und
Österreich in vier Besatzungszonen sowie
von Berlin und Wien in Sektoren unter
Einbindung von Frankreich geregelt. Den
Deutschen sollte damit ermöglicht werden,
das „Leben auf einer demokratischen und
friedlichen Grundlage von neuem wiederaufzubauen.“ Jedoch verstanden die Sowjets
darunter ein rein kommunistisches Gesellschafts- und Staatssystem und keinen
freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat,
wie sich dieser in Westdeutschland bis zur
Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 etablieren konnte. Umfangreiche
Ausführungen gab es in der vertraglichen
Verlautbarung über die besonders für die
Sowjetunion wichtige Reparationsfrage,
zur deutschen Kriegs- und Handelsmarine, die Übergabe von Königsberg und
Ostpreußen an die Sowjetunion, weitere
territoriale Fragen und die Behandlung der
NS-Kriegsverbrecher.
Im Artikel XIII wurde am Ende und etwas
versteckt die „Ordnungsgemäße Überführung
deutscher Bevölkerungsanteile“ geregelt.1
Die Konferenz erzielte folgendes Abkommen über die Ausweisung Deutscher aus
Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn:
„Die drei Regierungen haben die Frage unter
allen Gesichtspunkten beraten und erkennen
an, dass die Überführung der deutschen
Bevölkerung oder Bestandteile derselben,
die in Polen, Tschechoslowakei und Ungarn
zurückgeblieben sind, nach Deutschland
durchgeführt werden muss. Sie stimmen darin
überein, dass jede derartige Überführung, die
stattfinden wird, in ordnungsgemäßer und
Vorwort
humaner Weise erfolgen soll. Da der Zustrom
einer großen Zahl Deutscher nach Deutschland die Lasten vergrößern würde, die bereits
auf den Besatzungsbehörden ruhen, halten sie
es für wünschenswert, dass der Alliierte Kontrollrat in Deutschland zunächst das Problem
unter besonderer Berücksichtigung der Frage
einer gerechten Verteilung dieser Deutschen
auf die einzelnen Besatzungszonen prüfen
soll. Sie beauftragen demgemäß ihre jeweiligen
Vertreter beim Kontrollrat, ihren Regierungen
so bald wie möglich über den Umfang zu
berichten, in dem derartige Personen schon
aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn
nach Deutschland gekommen sind, und eine
Schätzung über Zeitpunkt und Ausmaß
vorzulegen, zu dem die weiteren Überführungen durchgeführt werden könnten, wobei
die gegenwärtige Lage in Deutschland zu
berücksichtigen ist. Die Tschechoslowakische
Regierung, die Polnische Provisorische Regierung und der Alliierte Kontrollrat in Ungarn
werden gleichzeitig von obigem in Kenntnis
gesetzt und ersucht werden, inzwischen weitere Ausweisungen der deutschen Bevölkerung
einzustellen, bis die betroffenen Regierungen
die Berichte ihrer Vertreter an den Kontrollausschuss geprüft haben.“
Damit war die vermeintlich rechtliche
Grundlage für die größte unfreiwillige
Umsiedlung von Menschen, die größte
Zwangsumsiedlung in der Geschichte,
geschaffen worden. Die USA verhinderten
die beginnenden Vertreibungen nicht, was
besonders mit ihrem unerfahrenen und
erst wenige Tage im Amt befindlichen Präsidenten Harry S. Truman (1884 – 1972)
und seiner Delegation zusammenhing. Der
sowjetische Machthaber Josef W. Stalin
(1879 – 1953) konnte so sein expansionistisches Machtstreben auf die Staaten Osteuropas und die deutschen Ostgebiete aus-
1
Inhalt
Vorwort (Christian Jung) ....................................................................................................... 3
Geleitwort (Landrat dr. aChim BröteL) ............................................................................ 11
Geleitwort (KreisarChivar aLexander rantasa) ................................................................. 13
Einführung (Christian Jung) .............................................................................................. 19
Verkündung der Charta der deutschen Heimatvertriebenen
5. August 1950 ...................................................................................................................... 32
Kapitel 1: Ankunft, Notunterbringung und Wohnsituation
....................34
Verteilung der Heimatvertriebenen (Christian Jung) ................................................... 35
Schicksale auf DIN A 4: Die Vertriebenenlisten des
Übergangslagers Neckarzimmern von 1946 (aLexander rantasa) ............................ 65
Unfreiwillige Reisen nach Neckarelz.
Die Geschichte des Lagers „Hohl“ und seine unterschiedliche
Nutzung um das Jahr 1945 (toBias marKowitsCh) ....................................................... 71
Die Unterbringung und Wohnsituation der Flüchtlinge und
Vertriebenen in den Nachkriegsjahren (KarL heinz neser) ........................................ 86
Vertreibung aus Agendorf und Ankunft in Oberschefflenz (miChaeL Böhm sen.) .....101
Die Flucht aus Bácsalmás (BarBara harton) ..................................................................111
Die Vertreibung aus Pesthidegkut (eLisaBeth und maria stadtmüLLer) .......................114
Meine Odyssee im Jahre 1945 (Erinnerungen von 1982, gekürzt)
(martha eiBner) ....................................................................................................................118
Kapitel 2: Sozialstruktur, Arbeitsmarkt und Siedlungspolitik
................134
Die Bedeutung der Vertriebenen für den Arbeitsmarkt und den wirtschaftlichen Aufschwung im heutigen Neckar-Odenwald-Kreis (Christian Jung) .......135
Sozialstruktur der Flüchtlinge und Vertriebenen in den
Nachkriegsjahren: Berufe und Arbeitsmarkt (KarL heinz neser) ...........................167
Der Neckar-Odenwald-Kreis als ehemaliges „Notstandsgebiet“
des Landes (KarL heinz neser) .........................................................................................175
Annemarie Bader: Porträt einer Heimatvertriebenen (Christina thenuwara) .....185
Zeitzeugenporträt von Elisabeth Heiß (Christoph erBeLding) .................................189
1
Inhalt
Kapitel 3: Gesellschaftliches und politisches Engagement
der Heimatvertriebenen .....................................................................194
Vereinswesen (Christian Jung) ..........................................................................................195
Das Engagement der Flüchtlinge und Vertriebenen in den
politischen Parteien und Verbänden (KarL heinz neser) ..........................................198
Kulturgut bewahren und Brücken bauen. Zum Wirken der
Landsmannschaften im Neckar-Odenwald-Kreis (gerhard Layer) .......................208
Zeitzeugenporträt von Josef Schaffer (Jérôme J. Lenzen) ...........................................220
Zeitzeugenporträt von Franz Böhm (matthias wiegand) .........................................223
Zeitzeugenporträt von Magdalena Hauser (gina FuhriCh) ......................................226
Kapitel 4: Kirchliches und kulturelles Engagement
der Heimatvertriebenen .....................................................................230
Kirche und Religion (Christian Jung) ............................................................................231
Die soziale und kirchliche Integration der Vertriebenen
im Neckar-Odenwald-Kreis (manFred Leitheim) .........................................................236
Josef de Ponte – Kunstlehrer in Mosbach und ein
Großer der Kunstszene (manFred Leitheim) ..................................................................245
Drei heimatvertriebene Künstler:
Istvan von Somogyj, Istvan Palosy und Dénes von Szebeny (gerLinde trunK) ..251
Zeitzeugenporträt von Johann Pischinger (heLmut gehrig) ....................................254
Zeitzeugenporträt von Klaus Lüning (heLmut gehrig) ............................................259
Kapitel 5: Beruflicher und wirtschaftlicher Erfolg
als Zeichen des „Angekommenseins“ ...........................................262
Fritz Baier – ein „Vertriebener“ macht Karriere (Christian Jung) ..........................263
Die Geschichte der Familien Karl und Siegfried Schröpfer
aus Mudau (simone sChöLCh) ...........................................................................................268
Die Bedeutung des „Bauens“ (Christian Jung) ............................................................283
Integration am Beispiel meiner Familie (hans Kröninger) ..........................................289
Von Niederschlesien über Norddeutschland nach Mosbach (hans BeCKert) .............295
Inhalt
1
Kapitel 6: Begegnungen mit den Einheimischen .........................................298
Die Vertriebenen (Christian Jung) ..................................................................................299
Archivsplitter und ein besonderes Erlebnis (Christian Jung) ...................................309
Hettingen und Pfarrer Heinrich Magnani (Christian Jung) ....................................314
Versorgungslage und Zusammenleben (Christian Jung) ...........................................330
Nicht willkommen? – Zur Integration der Heimatvertriebenen
in Neudenau (heLmut gehrig) .........................................................................................340
Tagebuchaufzeichnungen über die Ankunft von
Heimatvertriebenen in Hüffenhardt (anneLiese sChneider) .........................................352
Kindheit und Jugend von Heimatvertriebenen in Oberschwarzach
(Britta mayerhöFer) .............................................................................................................357
Elisabeth Huthert – Eine „einheimische“ Zeitzeugin berichtet
(Christine BuCh) ...................................................................................................................362
Zeitzeugenporträt von Leo Wirth (raLph höger) .......................................................368
Kapitel 7: Die Erfahrung von Entwurzelung und Neuanfang im
Blick der Nachkommen der Heimatvertriebenen ..................372
Gleich hinter Karlsruhe beginnt Schlesien (andrea LieBers) ....................................373
Mit dem Hausbau verschwand das Heimweh (miChaeL ihrig) ..............................376
Zusammenfassung und Fazit (Christian Jung) ............................................................381
Anhang
.............................................................................................................................388
Statistisches Material zum heutigen Neckar-Odenwald-Kreis
aus den Nachkriegsjahren (Christian Jung) ..................................................................389
Personenregister ..................................................................................................................406
Ortsregister ..........................................................................................................................413
Quellenverzeichnis .............................................................................................................423
Literaturverzeichnis ...........................................................................................................424
Abkürzungsverzeichnis .....................................................................................................437
Mitarbeiterverzeichnis ......................................................................................................438
1
1
Einführung
Christian Jung
Bei Betrachtung der Bevölkerungsentwicklung des heutigen Neckar-OdenwaldKreises fällt auf, dass zwischen 1871 und
1925 sowie bis zum Ende des Zweiten
Weltkriegs die Einwohnerzahlen konstant
waren und während der Jahrhundertwende
im Gegensatz zu anderen Regionen im
Südwesten Deutschlands stagnierten. Reine
Agrargebiete waren und sind Abwanderungsgebiete, weshalb im Zeitraum 1825
bis 1939 kaum Bevölkerungszunahmen zu
verzeichnen waren.1
„Viele kleinbäuerliche Gemeinden hatten
sogar 1939 weniger Einwohner als 1825,
was allerdings innerhalb der Kreise durch
das Wachstum gewerblicher Orte wieder
ausgeglichen wurde.“ 2
Bevölkerung
Stand
31.12.
Landkreis
Neckar-Odenwald
In der Vergangenheit gab es für diese
„Nicht-Entwicklung“ unterschiedliche
Gründe. Insbesondere das harte Landleben
und neue Arbeitsplätze in Großstädten wie
Mannheim verursachten eine Landflucht
und Binnenwanderung. Damit einher
ging ebenso der Umzug von den Familienmitgliedern in bereitgestellten Wohnraum
in den neuen Wohnstädten. Mit in der
Heimat verbliebenen Verwandten gab es
anfangs aber immer noch rege Kontakte.
Schließlich hatte es vom Odenwald aus
schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts
große Auswanderungsbewegungen nach
Amerika und Osteuropa gegeben, wobei
viele leistungsstarke und mobilitätswillige Menschen verloren gingen, was eine
nachhaltige Entwicklung der Region er-
Regierungsbezirk
Karlsruhe
Land
Baden-Württemberg
Absolut
%
Absolut
%
Absolut
%
1871
76.154
100,0
802.636
100,0
3.349.409
100,0
1900
74.043
97,2
1.116.131
139,1
4.107.325
122,6
1925
77.811
102,2
1.446.608
180,2
4.964.206
148,2
1950
4
114.193
150,0
1.742.435
217,1
6.430.225
192,0
1975
131.159
172,2
2.379.443
296,5
9.152.748
273,3
2006
150.022
197,0
2.734.260
340,7
10.738.753
320,6
Tab. 1: Bevölkerungsentwicklung absolut und in Prozent.3
20
schwerte. Dies erklärt, weshalb in vielen
Dörfern die Zeit in einer Art „Dornröschenschlaf“ stehen blieb und sich die
Menschen weniger mit Innovationen als
mit dem eigenen und traditionellen Umfeld beschäftigten, weshalb es bis in die
1940er-Jahre immer wieder zu sehr „engen“ Verwandtschaftsgraden kam. Diese
wurden mit den Entwicklungen nach 1945
komplett aufgebrochen.
Verstärkt wurde die Landflucht durch
die besitzvernichtende und wirtschaftlich
ineffiziente Realteilung und in der Landwirtschaft durch einen Betriebsschwerpunkt bei Betrieben unter zehn Hektar.5
Die meisten Bauern aus nicht ausgewanderten Familien waren bis zur Mitte des
20. Jahrhunderts nicht bereit, sich von ihrer
Scholle zu trennen und sich Arbeit in der
Industrie zu suchen. Das änderte sich in den
1960er-Jahren dann schlagartig.
Den größten Sprung in der Bevölkerungsentwicklung machte der Landkreis
nach dem Zweiten Weltkrieg mit fast 50
Prozent mehr Menschen (1950). Interessanter ist dabei jedoch der Zeitraum bis
1975, wo größere Zuwächse zu verzeichnen
sind, die wie der Nachkriegsanstieg vor
allem auf die Aufnahme von Vertriebenen
und DDR-Flüchtlingen bis 1961 zurückzuführen ist, von denen selbst wieder viele
Heimatvertriebene waren, aber nach 1945
zuerst in die sowjetische Besatzungszone
gekommen waren.
Hypothesen
Schon bei der Konzeption dieses Buches
gingen wir hypothetisch davon aus, dass
die Flüchtlinge und Heimatvertriebenen
Einführung
einen Modernisierungsschub in allen gesellschaftlichen Bereichen einleiteten und
diesen massiv verstärkten. Dies könnte, so
die erste Annahme, insbesondere für den
wirtschaftlichen Sektor gelten, wo viele
„Neubürger“ zuerst in der Landwirtschaft
unterkamen.
Das Zeitalter, in dem die Landwirtschaft
der wichtigste Wirtschaftszweig war, neigte
sich zwar seinem Ende zu, könnte aber im
Odenwald wegen der neuen und billigen
Arbeitskräfte um einige Jahre hinausgezögert worden sein. Die mittelständischen
Firmen mit ihren sich im Laufe der Zeit
entwickelnden Spezialisierungen in der
Produktpalette könnten ebenso durch die
Nachkriegsveränderungen entstanden sein,
da die ab 1948 beginnende Marktwirtschaft
dazu führte, dass nur innovative Konzepte
Bestand hatten, dadurch viele Arbeiter und
Fachkräfte ein gesichertes Auskommen
hatten, welches durch Aufträge von staatlicher Seite für die Infrastruktur gesichert
wurde. Somit ist davon auszugehen, dass die
entstandene hohe Lebensqualität des Landkreises direkt auf die eher unfreiwillige Ansiedlung der Vertriebenen zurückzuführen
ist, da viele kommunalpolitische Projekte
und Investitionsmaßnahmen vom Straßenbis zum Schulhausbau zumindest in den
1950er- und 1960er-Jahren nicht ohne die
überwältigende Zahl an neuangesiedelten
Bürgern durchgeführt worden wäre. Nicht
zu vergessen sind als Arbeitgeber auch
die amerikanischen Streitkräfte und die
Bundeswehr, deren Standortschließungen
zurzeit schmerzlich offenbaren, welche
symbiotischen Beziehungen zwischen
Militär, Bevölkerung und der regionalen
Wirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten
entstanden.