pdf-Ausgabe: Bruck unterm Hakenkreuz
Transcription
pdf-Ausgabe: Bruck unterm Hakenkreuz
Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 STAND: MONTAG, 22. SEPTEMBER 2014, 10:00 UHR Bruck unterm Hakenkreuz Bruck an der Großglocknerstraße 1930 - 1945 1 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Mit Unterstützung von: 2 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Inhalt 1 Einleitung ........................................................................................................ 5 2 Die 1930er Jahre ............................................................................................. 6 2.1 Wirtschaftliche Lage in der Region ........................................................... 6 2.1.1 2.2 Bau der Großglockner-Hochalpenstraße .......................................... 7 Politische Lage in der Region ................................................................... 9 2.2.1 Die NSDAP - Struktur in Bruck ........................................................ 10 2.2.2 Kommunistische Tätigkeit im Land Salzburg 1936 während des Austrofaschismus .......................................................................................... 11 3 4 Der „Anschluss“, März 1938 ........................................................................ 12 3.1 „Mit Gott und unserem Führer ‚Adolf Hitler‘ in eine glückliche Zukunft“ .. 12 3.2 Die Bürgermeister 1936 - 1945 .............................................................. 15 3.3 Kriegsalltag im Spiegel der „Heimatbriefe“ ............................................. 17 Widerstand und Verfolgung ........................................................................ 34 4.1 Die Kirche ............................................................................................... 34 4.2 Deserteure und ihre Familien ................................................................. 34 4.2.1 Das Beispiel Josef Linsinger (jun.) .................................................. 35 4.2.2 Das Beispiel Elisabeth Lechner, verh. Oblasser ............................. 35 4.3 Die Eisenbahner ..................................................................................... 36 4.3.1 4.4 5 Das Beispiel Nikolaus Schwarz ....................................................... 38 Denunziation .......................................................................................... 39 4.4.1 Das Beispiel Anton Höller ............................................................... 39 4.4.2 Das Beispiel Johann Seeber ........................................................... 40 4.4.3 Das Beispiel Rosa Holzner ............................................................. 41 4.4.4 Arbeiter der Firma Redlich & Berger ............................................... 41 4.4.5 Das Beispiel Anton Werber ............................................................. 42 4.4.6 Das Beispiel Anna und Franz Renner ............................................. 43 Caritas Anstalt St. Anton ............................................................................. 44 5.1 Philipp Bouhler und das „NS-Euthanasieprogramms – T4“. ................... 45 5.2 „Euthanasieopfer“ aus St. Anton ............................................................ 46 3 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 6 7 5.3 Deportation im Juni 1940 ....................................................................... 47 5.4 Deportation im Mai 1941 ........................................................................ 48 5.5 Das Schicksal ehemaliger BewohnerInnen der Caritas Anstalt .............. 49 5.6 „Kinder-Euthanasie“ am Wiener „Spiegelgrund“ ..................................... 50 5.7 Zwangssterilisierung von „erbkranken Anstaltsinsassen“ ....................... 51 Zwangsarbeit in der Region ........................................................................ 51 6.1 Großeinsatz nach einem Spanferkeldiebstahl ........................................ 53 6.2 Zivilcourage in der Gemeinde am Beispiel Maria Eder ........................... 54 6.3 Das Beispiel Agnes Primocic ................................................................. 55 6.4 „Verbotener Umgang“ mit Kriegsgefangenen ......................................... 56 6.5 Das Schicksal von Giuseppe Groppo ..................................................... 58 Schloss Fischhorn ....................................................................................... 60 7.1 Familie Gildemeister............................................................................... 60 7.2 Fischhorn als Nebenlager des KZ Dachau ............................................. 61 7.3 Die Familie Fegelein............................................................................... 64 7.4 Böcklins „Kentaurenkampf“ .................................................................... 69 7.5 Restitution polnischer Kulturgüter........................................................... 70 7.6 Limoges-Kreuz ....................................................................................... 76 8 Die letzten Tage ............................................................................................ 77 9 Nachwort ....................................................................................................... 80 10 Abkürzungsverzeichnis ............................................................................... 82 11 Danksagung .................................................................................................. 83 12 ZeitzeugInnen ............................................................................................... 83 13 Quellen .......................................................................................................... 84 13.1 Gedruckte Quellen ................................................................................. 84 13.2 Internetquellen ....................................................................................... 86 13.3 Ungedruckte Quellen, Archivmaterial ..................................................... 87 14 Namensregister ............................................................................................ 89 4 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 1 Einleitung Die Gemeinde Bruck an der Großglocknerstraße im Land Salzburg ist eine der ersten Gemeinden im Pinzgau, die eine umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung ihrer Gemeinde über die Zeit während des Nationalsozialismus durchführen lässt. Topografisch hat Bruck eine Sonderstellung in der Region. Die Gemeinde wird vor und während der NS-Ära vor besondere Herausforderungen gestellt. Der Bau der Großglocknerstraße, der in den 1930er Jahren tausende Arbeitslose in die Widerstandsaktivitäten Region der führt; die Eisenbahner Lage bringt; an der Westbahn, die Schloss Fischhorn, SS- Remonteamt1 und Außenkommando vom Konzentrationslager Dachau; die Nähe zu Kaprun, wo „Fremdarbeiter“ 2 , anfangs freiwillig, später unter Zwang, beim Kraftwerksbau beschäftigt sind; das Schicksal der Kinder der Caritas Anstalt St. Anton, die im Nationalsozialismus als „unwertes Leben“ eingestuft werden. Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge prägen das Bild der Kriegsjahre in Bruck: polnische Kriegsgefangene sind in der Landwirtschaft eingesetzt; französische Zwangsarbeiter werden zum Bau der Schleppbahn zwischen Bruck und Kaprun sowie zum Bau des Güterweges in St. Georgen herangezogen; russische Gefangene arbeiten im Magnesitwerk bei Judendorf; KZHäftlinge müssen Renovierungsarbeiten im Schloss Fischhorn durchführen. Gegen Ende des Krieges muss Bruck tausende Flüchtlinge aus dem Norden und Osten aufnehmen. Führende Nationalsozialisten und Angehörige der Waffen-SS versuchen in den letzten Tagen in der Region ihre Raubgüter zu verstecken und sicherzustellen; Zivilisten und Soldaten der Wehrmacht sind auf der Flucht vor der anrückenden russischen Armee und lassen sich in der Region um Bruck nieder. 1 Pferdezuchtanstalt im Schloss Fischhorn durch die Waffen-SS Im Zeitraum 1939 bis 1945 sind laut Margit Reiter in Kaprun ca. 6.300 ausländische Arbeiter beschäftigt, siehe dazu: http://www.salzburg.com/wiki/index.php/NS-Zwangsarbeit_am_Beispiel_Tauernkraftwerke_Kaprun 22 5 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Die vorliegende Arbeit versucht ein Bild dieser Zeit in Bruck zu zeichnen. Besonderes Augenmerk wird auf die Jahre vor 1938 gelegt; sie sind letztlich dafür verantwortlich, dass es überhaupt zum „Anschluss“ kommen kann. Die wirtschaftliche und politische Situation der 1930er Jahre ist eine der Ursachen, dass viele Bruckerinnen und Brucker den Nationalsozialisten zujubeln. Für viele ist Adolf Hitler „die letzte Hoffnung“ – und der Beginn der größten Katastrophe des 20. Jahrhunderts. Neben der im Anhang angeführten Literatur basiert die Arbeit auf Unterlagen in folgenden Archiven: Landesarchiv Salzburg, Landesarchiv Oberösterreich, Bezirksarchiv Pinzgau, Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Zentrale österreichische Forschungsstelle Nachkriegsjustiz, Österreichisches Staatsarchiv und Privatarchiv von Gernod Fuchs, das umfangreiche Dokumente über die Gendarmerie in Salzburg während der NS-Zeit beinhaltet. Die Aufarbeitung der Schicksale ehemaliger BewohnerInnen der Caritas Anstalt St. Anton in der Zeit des Nationalsozialismus ist der beachtenswerten Dokumentation von Christina Nöbauer („Opfer der Zeit“, Zell am See 2014) zu verdanken. Darüber hinaus wurden Gemeinderatsprotokolle sowie die Chronik der Gendarmerie in Bruck im beschriebenen Zeitraum analysiert und eingearbeitet. Gespräche mit ZeitzeugInnen versuchen ein Bild der NS-Ära, abseits der Aktenlage, zu zeichnen. 2 Die 1930er Jahre 2.1 Wirtschaftliche Lage in der Region Wer sich mit dem Nationalsozialismus beschäftigt, muss sich auch mit der Zeit der frühen 1930er Jahre in der Region Zell am See befassen. Die Weltwirtschaftskrise, große Hungersnot und der politische Druck vom benachbarten Deutschland prägen ein Bild der Unzufriedenheit. Die Situation zwischen Österreich und Deutschland ist nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland angespannt. Im Frühjahr 1933 verschärft sich die Lage nach einer Reihe von Anschlägen der Nationalsozialisten in ganz Österreich. Die Behörden unter dem sich etablierenden austrofaschistischen Regime gehen hart gegen die deutschen 6 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Nationalsozialisten vor. Adolf Hitler antwortet mit wirtschaftlichem Druck: Deutsche Staatsbürger, die Österreich besuchen wollen, müssen ab Mai 1933 eine „Ausreisegebühr" von eintausend Reichsmark (rund das Vierfache eines durchschnittlichen Monatseinkommens!) bezahlen. Die Folgen dieser „Tausendmarksperre“ sind für das Land Salzburg katastrophal: Große Verluste im Handel, im Gewerbe und im Tourismus verschärfen die ohnehin angespannte soziale Situation. Vor allem die Tourismusregion Zell am See ist von dieser „Tausendmarksperre" durch den Ausfall des Fremdenverkehrs besonders betroffen. Die Arbeitslosigkeit trifft nun auch den Bereich Tourismus. Erst im Sommer 1936 wird die „Tausendmarksperre“ wieder aufgehoben.3 2.1.1 Bau der Großglockner-Hochalpenstraße Als Ende der 1920er Jahre bekannt wird, dass der Bau der Großglocknerstraße geplant ist, strömen tausende Arbeitslose in die Region, um Arbeit zu finden. Sie übernachten in Wiesen und Ställen und hoffen auf Arbeit. Landeshauptmann Franz Rehrl appelliert im August 1930 eindringlich an die Bundesregierung, unverzüglich mit dem Bau zu beginnen. Der Baubeginn der Großglocknerstraße ist letztlich keine verkehrspolitische Frage, sondern erfolgt „aus dem Gesichtspunkt der Vermeidung der Arbeitslosigkeit“. 4 Der Ministerrat beschließt am 4. August 1930 den Bau der Straße. Die Not und der Hunger in der Region kann allerdings auch damit nicht eingedämmt werden. In den Jahren 1932 und 1933 kommt es im Raum Zell am See immer wieder zu Hungerdemonstrationen und Hungermärschen, an denen hunderte PinzgauerInnen teilnehmen. 5 Auch die Aufstockung von Gendarmeriebeamten, die diese Kundgebungen zerstreuen, ändert nichts am Grundproblem. 1932 prüft der Rechnungshof den Straßenbau und kritisiert unter anderem den voreiligen Baubeginn. Der Bericht an die Bundesregierung zeigt, wie angespannt die wirtschaftliche Situation in der Region ist: 3 Vgl. Rudolf Leo: Pinzgau unterm Hakenkreuz, S 11 Vgl. Winfried R. Garscha: Zur Kontrolle der Staatsausgaben in Zeiten des drohenden Staatsbankrotts. Streiflichter aus der Tätigkeit des Rechnungshofes vor und nach der Errichtung des „Ständestaates“, S 8 5 Vgl. Rainer Hochhold: Zell am See, Eine historische Zeitreise, S 288 4 7 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 „Das Landesgendarmeriekommando für Salzburg meldet an das Amt der Salzburger genommenen Bauarbeiten, angehefteten auswärtiger Landesregierung, dass ungeachtet Warnungsplakate, Arbeitssuchender der einen zur die in in Aussicht den Gemeinden starken Zustrom Folge hätten. Die zugereisten arbeitslosen Elemente seien begreiflicher Weise sehr enttäuscht, wenn sie ihre Hoffnung auf Arbeit betrogen sähen. Da ihnen für die Heimreise das Geld mangle, seien sie gezwungen, die Mildtätigkeiten der Bevölkerung in Anspruch zu nehmen, so gesprochen dass werden bereits könne. von Es einer mussten schweren manche Landplage Landwirte die Beherbergung von nicht selten 20-30 der zugereisten Arbeiter übernehmen. ihren Da diese Forderungen um umherziehenden, Almosen oft bettelnden durch Elemente entsprechenden Drohungen Nachdruck verliehen, werde die Landbevölkerung sehr eingeschüchtert und wage in vielen Fällen gar nicht, die Arbeitslosen abzuweisen, da sie Rache fürchte.“6 Zeitzeugin Susanne Pinn erinnert sich: …Wenn man die Zeit von 1938 bis 1945 verstehen will, muss man schon die Jahre vorher sehen. Nach der Weltwirtschaftskrise war eine elende Zeit. Die Hypo-Banken haben Wucherzinsen – bis zu 10 Prozent – verlangt. Da sind viele Bauern zugrunde gegangen. Überall herrschte Hunger. Die Bettler sind zu uns auf den Hof gekommen und gefragt, ob sie bei der Heuernte mithelfen können. (…) Der Schütthofbauer hat sich wegen der Schulden erschossen; jetzt ist dort der Porsche drinnen… 7 Zeitzeuge Matthias Katsch, Sohn eines Eisenbahners: „Es war erschreckend: Die jungen Leute, besonders die Männer waren auf der ‚Walz‘, von Haus zu Haus betteln. Die Männer, die Bauernknechte waren, bekamen im Monat 5 Schilling und vielleicht im Jahr ein paar Schuhe und einen Anzug. Der Schuster und der Schneider kamen zu den Bauernhöfen, um dort ihre Sachen anzufertigen, weil es dann für die Bauern billiger war.“ 8 6 Winfried R. Garscha: Zur Kontrolle der Staatsausgaben in Zeiten des drohenden Staatsbankrotts. Streiflichter aus der Tätigkeit des Rechnungshofes vor und nach der Errichtung des „Ständestaates“, S 7 ff 7 Zeitzeugininterview Susanne Pinn, 10.2.2014 8 Schriftliche Aufzeichnungen Matthias Katsch und Zeitzeugeninterview 10.2.2014 8 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 2.2 Politische Lage in der Region Die Wahlergebnisse der frühen 1930er Jahre für die Nationalsozialisten (NSDAP) in der Region Zell am See sind beachtlich. Mehr als 700 Menschen votieren in Zell am See bei der Landtagswahl 1932 für die NSDAP. Das entspricht einem Wähleranteil von 20,53 Prozent. Damit zählt Zell am See zu den Hochburgen der Nationalsozialisten im Land Salzburg. Mit 229 Stimmen für die NSDAP liegt Bruck – damals noch ohne die Stimmen von St. Georgen – an zweiter Stelle im Gerichtsbezirk Zell am See. 9 Quelle: „Salzburger Volksbote“, 1. Mai 1932, Nr. 18, S 6; Statistische Nachrichten, Sonderheft zu den Nationalratswahlen vom 9. November 1939, (Hg.) Republik Österreich Bundesministerium für Inneres, Wien 1, Herrengasse 7, Abt. 35 Auch in der Zeit des Austrofaschismus, als alle Parteien verboten sind, organisieren sich die Nationalsozialisten in der Region. Sie treffen sich auf Berghütten oder halten in der Nacht Versammlungen in Heustadeln ab. Zeitzeuge Matthias Katsch erinnert sich: 9 St. Georgen, bis 1939 eine eigene Gemeinde, wurde dem Gerichtsbezirk Taxenbach zugerechnet. Entwicklung der NSDAP-Stimmen in St. Georgen: NR-Wahl 1930: 3, LT-Wahl 1932: 36 9 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 „Als ich einmal vom Stall zurückging, sah ich gegenüber der Salzach bei einem Heustadel Licht. Hab mich dort hingeschlichen und bei einem Spalt hineingeschaut. Da waren 7 oder 8 Männer, die ich kannte. Was sie genau besprochen haben, konnte ich nicht verstehen, da sie sich ganz ruhig unterhalten haben. Habe das der Mutter erzählt und die hat mir sofort verboten, nichts weiter zu sagen und am nächsten Tag alles dem Vater sagen. Der Vater sagte, das sind alles Nazi und ich darf niemanden etwas davon erzählen, das könnte ihn seinen Posten bei der Eisenbahn kosten.“ 10 2.2.1 Die NSDAP - Struktur in Bruck Josef Frauscher wird am 12.9.1906 in Grödig geboren. Er findet als Elektriker bei der SAFE eine Anstellung und übersiedelt nach Bruck. Bereits 1931 tritt der damals 25-Jährige der NSDAP bei und gründet die Ortsgruppe Bruck. Während der „Verbotszeit“ ist er Mitglied der SA, und Ortsgruppenleiter und wird ab 1938 stellvertretender Ortsgruppenleiter. Ortsgruppenleiter ist – mit einer Unterbrechung zwischen 1942 und 1943 – Otto Ploner. Er wird in dieser Zeit von seinem Amt enthoben und Frauscher übernimmt seine Funktion. 11 Von 1938 bis 1945 ist Frauscher auch Obmann der „Deutschen Arbeitsfront“. Ihm und vor allem dem Revierinspektor Baumgartner der Gendarmerie Bruck ist es zu verdanken, dass die Struktur der NSDAP in Bruck dokumentiert werden kann. Bei einer Hausdurchsuchung im Juli 1947 in der Wohnung Frauschers wird das Mitgliederbuch der NSDAP sichergestellt. Auszug aus dem Mitgliedsbuch der NSDAP. Des Sepp Frauscher aus Bruck i.Pzg., Mitgliedsnummer 511186 vom 8.5.1933 (eingetragen auf einer freien Seite). „Zur Erinnerung an die Kampfzeit in Deutschösterreich, meine illegalen Mitkämpfer in meiner Ortsgruppe. Bruck a.d.Glocknerstraße (Mai 1936 bis März 1938) Es folgen nachstehende eigenhändige Unterschriften! Engelbert Solchinger, e.h.12 Franz Heigerer, e.h. 13 Wilhelm Rupnik, e.h. Peter Lederer, e.h.16 10 Schriftliche Aufzeichnungen Matthias Katsch und Zeitzeugeninterview 10.2.2014 Bestätigung von Bürgermeister Lederer, vom 15.5.1948, OÖLA, LG Linz Vg 8 Vr 2852/47, Seite 37 12 In einer zweiten Liste auch „Sochinger“ genannt, Bruck, Nr. 25 11 10 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Ferdl Bittner, e.h.14 Peter Hutter, e.h. Sepp Kreuzberger, e.h. Franz Pölz, e.h. Peter Lederer, e.h. Albert Tichy, e.h.17 Adolf Linhart, e.h. Franz Horner, e.h. Hans Rupnik, e.h. Franz Maßwohl, e.h. Adolf Lafenthaler, e.h. Josef Grübl, e.h. Anna Mayr, e.h. 15 Georg Lackner, e.h. Josef Hutter, e.h. Otto Ploner, e.h. Für die Richtigkeit des Auszugs, bzw. der Abschrift! Bruck, am 4. Juli 1947, Rev. Insp. Baumgartner18 Das NSDAP-Mitglied Josef Frauscher wird nach dem Krieg, am 20. Mai 1948, vom Landesgericht Linz wegen „Hochverrats“ zu 14 Monaten schwerem Kerker verurteilt (siehe dazu Kapitel Denunziation). 2.2.2 Kommunistische Tätigkeit im Land Salzburg 1936 während des Austrofaschismus Im Sommer 1936 kommt es im Land Salzburg zu einer groß angelegten Verhaftungswelle von kommunistischen Funktionären im gesamten Bundesland Salzburg. Dutzende KPÖ-Funktionäre werden von den Sicherheitskräften des austrofaschistischen Regimes verhaftet. Als Zentren kommunistischer Tätigkeiten werden Hallein, Bischofshofen und Saalfelden ausgemacht. Am 1. September 1936 berichtet der Sicherheitsdirektor für das Bundesland Salzburg unter der Aktenzahl 7447/21 "Kommunistische Tätigkeit in Salzburg" an das Bundeskanzleramt, "...daß es nunmehr auf Grund der nachhaltigen Recherchen und ausgezeichneten Arbeit Landesgendarmeriekommandos der Salzburg Erhebungsgruppe gelungen ist, des die 13 Zell am See, Angestellter der Bezirkshauptmannschaft Sohn von Peter Lederer 14 In einer zweiten Liste auch „Büttner“ genannt 15 In einer zweiten Liste auch „Maier“ genannt 17 In einer zweiten Liste auch „Tichie“ genannt 18 OÖLA, LG Linz Akt Vg 8 Vr 2852/47 16 11 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Bezirksleitungen und kommunistischen Zellen in den Bezirken Pongau und Pinzgau sowie in der Stadt Hallein mit Umgebung auszuheben und deren Funktionäre und Mitglieder dingfest zu machen, so daß tatsächlich die Tätigkeit der kommunistischen Organisationen Salzburgs zumindest für längere Zeit vollkommen zerstört erscheint." Unter den Verhafteten finden sich auch der Brucker Bergarbeiter Alois Duxner, geb. 18.12.1902, sowie der St. Georgener Hilfsarbeiter Karl Öttl, geb.17.9.1917. Beiden wird „kommunistische Tätigkeit“ vorgeworfen. 19 3 Der „Anschluss“, März 1938 3.1 „Mit Gott und unserem Führer ‚Adolf Hitler‘ in eine glückliche Zukunft“ Zeitzeugin Susanne Pinn: …Ich bin in Fusch in die Schule gegangen. Ich weiß noch genau wie der Hitler gekommen ist, hat der Lehrer auf einmal gesagt, das heißt ab jetzt nicht mehr ‚Grüß Gott‘ sondern ‚Heil Hitler‘. Er hat uns auch gezeigt wie man die Hand dabei halten muss. (…) Und in der Schule ist plötzlich eine riesige Hakenkreuzfahne heruntergelassen worden… (…) Dann ist es zum Marschieren gewesen. Wir haben immer in Dreierreihe marschieren müssen… 20 In der Nacht vom 12. auf den 13. März 1938 marschieren deutsche Truppen in Salzburg ein. Die Nationalsozialisten übernehmen die Macht in Österreich. Zentrale Funktionen der Gemeinde und der Verwaltung werden mit parteitreuen Funktionären besetzt. Der Feuerwehrkommandant in St. Georgen,21 Franz Welley, wird vom Kaufmann Johann Pichler abgelöst. 22 Der Brucker Volksschuldirektor, Oberlehrer Johann Thurner, wird als „politisch unzuverlässig“ in den Ruhestand versetzt; ihm folgt vorerst Rudolf Ueberreither und später Elfriede Kasper (verh. 19 Vgl. Widerstand und Verfolgung in Salzburg 1934-1945, Bd. 1, S 119 und DÖW 19.787/2 Zeitzeugeninterview Susanne Pinn, 10.2.2014 21 St. Georgen ist bis Ende 1938 eine eigenständige Gemeinde, bevor sie von den Nationalsozialisten als Ortsteil in die Gemeinde Bruck an der Großglocknerstraße eingegliedert wird. In der vorliegenden Arbeit wird sie deshalb als Ortschaft von Bruck behandelt. 22 Vgl. Max Effenberger: Brucker Heimatbuch, S 394 20 12 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Haslauer).23 Auch der Leiter der Landwirtschaftsschule in Bruck, Georg Kirchner, wird wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ suspendiert, der Betrieb der Bubenschule während der Kriegsjahre eingestellt. 24 Brucks Bürgermeister Josef Hutter wird noch am Tag der Machtübernahme seines Amtes enthoben. Die Partei holt am 13. März 1938 Anton Posch, der jedoch nur bis 7. Juni im Amt bleibt. Sein Nachfolger wird bis zum Ende der NS-Ära der Kaufmann Peter Lederer.25 Am 14. März 1938, Stunden nach dem so genannten „Anschluss“, findet unter der Leitung von Bürgermeister Anton Posch eine Gemeinderatssitzung statt. Das Protokoll der Sitzung vermerkt am Beginn: „Mit Gott und unserem Führer ‚Adolf Hitler‘ in eine glückliche Zukunft“.26 Das NS-Regime handelt rasch. Schon Wochen nach der Machtübernahme werden alle wesentlichen Schlüsselstellen in Politik und Verwaltung mit parteinahen Funktionären besetzt. Am 27. April 1938 werden in Berlin Personalpläne für alle Landeshauptmannschaften und Bezirkshauptmannschaften in Österreich zusammengestellt. Berlin hat alle Informationen der Betroffenen in Österreich bereits gesammelt. Ein umfangreicher „Reisebericht“ aus der „Ostmark“ mit den Personalverhältnissen in den österreichischen Behörden liegt dem zuständigen Reichsminister des Inneren in Berlin vor. 27 Am 10. März 1938 versehen in der Landeshauptmannschaft Salzburg insgesamt 40 höhere Beamte ihren Dienst. Die Regierungsdirektoren Valentin und Negrelli, sie sind offensichtlich „politisch unzuverlässig“, werden ihres Amtes enthoben und in die Wasserechtsabteilung versetzt. Die Autoren des „Reiseberichts“ kommen zu dem Schluss: "Von den 5 Bezirkshauptmann Bezirkshauptmännern in Bezirkshauptmannschaften Salzburg sind neu ist geblieben; besetzt. lediglich der die übrigen (...) Gleiche 23 Vgl. Max Effenberger: Brucker Heimatbuch, S 79 f Vgl. Max Effenberger: Brucker Heimatbuch, S 116 25 Vgl. Max Effenberger: Brucker Heimatbuch, S 344; der Kaufmann Peter Lederer übernimmt vorerst die kommissarische Leitung der Gemeinde und wird am 9. Jänner 1939 offiziell von Landrat Allerberger als Bürgermeister angelobt (siehe Sitzungsprotokoll der Gemeinde Bruck vom 9.1.1939) 26 Sitzungsprotokolle der Gemeinde Bruck 1936-1939; Protokoll des kommissarischen Gemeindetages Bruck vom 14. März 1938 27 „Reisebericht“ aus der „Ostmark“, DÖW 20.209 24 13 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Maßnahmen sind auch für die Landeshauptmannschaft getroffen, wo in stärkerem Mass Änderungen in den Abteilungsvorständen durchgeführt sind. Versetzungen der jüngeren Beamten von Land zu Land scheint in Salzburg ebenfalls geboten. Auch hier ist der Beamtenkörper stark C.V. mässig durchsetzt..."28 Der Salzburger Regierungskommissär Franz Gasteiger wird verhaftet und ins Konzentrationslager Dachau eingeliefert, Oberregierungsrat Rudolf Dworzak vom Dienst enthoben und ebenfalls in Dachau interniert. Das Personal der Bezirkshauptmannschaft in Zell am See wird von Berlin folgendermaßen eingeschätzt: Hauptmann Regierungskommissär Allerberger "Einwandfrei" Regierungskommissär Lang "Christlich-sozial, Frau Nationalsozialistin; er selbst politisch nicht hervorgetreten. Gesundheitlich schwer beeinträchtigt" Regierungskommissär Weninger "Politisch nicht hervorgetreten" Regierungskommissär Wiltner "Politisch einwandfrei" provisorischer Regierungskommissär Graf Manzano "Politisch nicht hervorgetreten"29 Auch in den Reihen der Gendarmerie beginnen in diesen Tagen systematische „Säuberungsaktionen“ durch die Nationalsozialisten. Der Sicherheitsapparat spielt für die Machthaber eine zentrale Rolle. Am 21. und 22. April 1938 findet in der der Stadt Salzburg eine Besprechung der Geheimen Staatspolizei statt. 18 NSDAPnahe Gendarmen aus allen Teilen Salzburgs werden dazu eingeladen; Ihre Aufgabe besteht darin, in zwei Tagen eine Liste aller Gendarmen des Landes zusammenzustellen und deren politische und persönliche Einstellung zu beurteilen. 444 Gendarmeriebeamte des Landes werden in einer 22 Seiten umfassenden 28 29 „Reisebericht“ aus der „Ostmark“, DÖW 20.209 „Reisebericht“ aus der „Ostmark“, DÖW 20.209 14 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Liste nach fachlichen, persönlichen und vor allem politischen Einstellungen beurteilt.30 Für 75 Gendarmeriebeamte des Landes Salzburg hat diese „Beurteilung“ ihrer Kollegen fatale Folgen: Neun Beamte werden in ein Konzentrationslager eingeliefert, fünf Beamte verhaftet, 29 Beamte in den Ruhestand versetzt, 29 Beamte in andere Dienststellen versetzt, drei Beamte vom Dienst enthoben. Auch für den Brucker Gendarmen Hermann Schachner, geb. 9.8.1909, er ist seit 1931 am Posten Bruck bzw. Fusch, hat die Beurteilung durch seine nationalsozialistischen Kollegen Konsequenzen. Er wird als „Systemschwein, Kriechernatur, radikaler Gegner der NSDAP, hat Spionage getrieben gegen das Reich, dachaureif“ denunziert und nach St. Gilgen strafversetzt. Von 1940 bis 1945 versieht er als Feldgendarm seinen Dienst an der Ostfront, wo er schließlich in russische Kriegsgefangenschaft gerät. Am 9. Juli 1949 kommt er, gesundheitlich schwer beeinträchtigt, nach Hause. Bis zu seiner Pensionierung ist er Gendarmerie-Hauptwachtmeister in St. Gilgen, wo er 1985 stirbt.31 3.2 Die Bürgermeister 1936 - 1945 Bürgermeister in Bruck:32 April 1936 bis März 1938 – Josef Hutter (Gaferlbauer) März 1938 bis Juni 1938 – Anton Posch Juni 1938 bis April 1945 – Peter Lederer (Kaufmann) Die Bürgermeister werden vom NSDAP-Reichsstatthalter, bestellt. Sie sind vollständig von der NSDAP abhängig. Durch die Installierung so genannter „Beigeordneter“ ist ihr politischer Handlungsspielraum gering. Die Bestellung von fähigen, parteinahen Bürgermeistern im Pinzgau ist für die Nationalsozialisten bei der Machtübernahme 1938 nicht einfach. In einigen Gemeinden werden die alten 30 Vgl. Gernod Fuchs: Die Salzburger Gendarmerie von der „Kampfzeit“ der NSDAP bis zur Entnazifizierung. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, 2003, S 273 - 336 31 Vgl. Gernod Fuchs: Die Salzburger Gendarmerie von der „Kampfzeit“ der NSDAP bis zur Entnazifizierung. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, 2003, S 273 – 336 und Fuchs Privatarchiv 32 Max Effenberger: Brucker Heimatbuch, S 344 15 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Bürgermeister nach dem „Anschluss“ abgelöst und durch loyale Parteigenossen ersetzt. Der Landrat von Zell am See, Dr. Bernhard Allerberger, liefert am 2. März 1939 eine „fachliche Beurteilung“ aller Pinzgauer Bürgermeister an die Landeshauptmannschaft in Salzburg. Daraus geht hervor, welche fachliche, politische und menschliche Einschätzung über die aktiven Bürgermeister getroffen werden. Die „politische Verlässlichkeit“ wird durch Vertrauenspersonen der Partei überprüft. Nachfolgend die Einschätzung des Brucker Bürgermeisters durch den Landrat: In Entsprechung des Erlasses vom 22. Feber 1939 (...) wird folgender Bericht erstattet.: Bruck a.d.Gl. Str. 2482 Einwohner, Bürgermeister Peter Lederer Kaufmann, geb. 29. Mai 1895. Fachlich gut ebenso gesinnungsmässig gut, aber etwas zu selbstherrlich.33 Die Gendarmerieabteilungen müssen regelmäßig Auskünfte über die Bürgermeister der Orte an den Landrat abliefern. Am 9. September 1940 werden auf „mündl. Auftrag“ Erhebungen über die Bürgermeister im Pinzgau durchgeführt. Gerüchte und persönliche Eindrücke über deren Persönlichkeit werden schriftlich an den Landrat weitergeleitet. Bruck, so Landesrat Allerberger, gilt als „musterhafte Gemeinde“: Auszug aus der Gemeinderatssitzung am 10. Oktober 1942: „…Zum Schluß ergriff der Landrat, Dr. Allerberger das Wort und erklärt, Gemeinde daß des die Gemeinde Bezirkes zu Bruck zählen zur ist. bestverwalteten Als besondere Anerkennung für die musterhafte Gemeindeverwaltung übergibt der Landrat [Parteigenosse, auftragsgemäß Anm. R.L.] unserem Peter Bürgermeister, Lederer das Pg Kriegs- Verdienstkreuz II. Klasse. Der Landrat bemerkte noch, daß auch dem Kanzleipersonal der Gemeinde ein besonderer Dank für 33 SLA, HB Akte, Karton 107; 004, 1943 16 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 die unermüdliche Mitarbeit ausgesprochen werden muß, speziell Dank der Gemeindesekretärin Pg Mizzi Astner und den sonstigen Mitarbeitern. Der Landrat wünscht ein weiteres gutes und (…) Zusammenarbeiten.“34 3.3 Kriegsalltag im Spiegel der „Heimatbriefe“ Die „Heimatbriefe“ von Ortsgruppenleiter Otto Ploner an die Brucker Soldaten an der Front zeichnen ein Bild vom Alltag in der Gemeinde. Die Schreiben werden vom NS-System als Propagandamittel eingesetzt und müssen quellenkritisch betrachtet werden. Stellvertretend sind hier zwei dieser Briefe aus dem Jahr 1940 angeführt:35 NSDAP ORTSGRUPPE BRUCK a.d. Glstr. Der Ortgruppenleiter 2. HEIMATBRIEF Liebe Kameraden ! Das ist eine Freude!! Täglich laufen jetzt bei mir von allen Seiten ersehen Eure kann, Briefe welch‘ und guten Karten ein, Anklang aus die denen ich Idee der „Heimatbriefe“ bei Euch gefunden hat! Am liebsten möchte ich ja jeden einzelnen Brief spezielle beantworten – aber leider mangelt mir dazu doch die nötige Zeit, denn einerseits werden die an mich gestellten Anforderungen immer grösser, während mit andererseits auch immer wieder engere Mitarbeiter entzogen werden für die ich dann nur schwer oder überhaupt keine Vertretung finde. So ist z.B. auch unser Schulungsleiter Pg. TETSCH vor wenigen Wochen eingerückt – er hat ohnehin schon hart darauf gewartet, denn bei dem Tempo der Siege war er schon immer in Ängsten, dass er nicht mehr rechtzeitig „drankommt“ – ich aber habe in doppelter Hinsicht das Nachsehen gehabt: Erstens weil ich nun selbst sein Amt 34 35 Sitzungsprotokoll 2.3.1940 - 16.9.1946 S 53 (Gemeinderat Bruck) Pinzgauer Bezirksarchiv, Heimatbriefe vom 15.7.1940 und Rechtschreibfehler im Original) 31.8.1940 (Tipp- und 17 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 übernehmen muss und zweitens --- nun ja – es wird vielleicht so mancher von Euch nicht wissen, dass ich seinerzeit in Ausübung meines „nebenbei“ Berufes auch noch (Ihr wisst Förster bin) ja, dass einen ich so regelrechten Kopfschuss abbekommen habe, der mir zwar so weiters heute keine allzugrossen Beschwerden mehr macht, aber mit Rücksicht darauf, dass bei der Operation ein gutes Stück der Schädeldecke dran glauben musste, bin ich ausserstande, einen Stahlhelm zu tragen und dies ist auch der Grund, warum ich bei der Musterungskommission durchgefallen bin. Inzwischen habe ich aber einsehen gelernt, dass man auch in der Heimat sehr viel Positives leisten kann und muss und es geht mir eben so wie den Kameraden, die momentan in Polen sind – einige von ihnen haben mir ganz besonders herzlich geschrieben und ganz richtig zum Ausdruck gebracht, dass man überall, wo man vom FÜHRER hingestellt wird, Gelegenheit hat, seine Pflicht voll und ganz zu erfüllen. Dafür sind mir aber jetzt die von Euch einlaufenden Briefe und Karten eine ganz besondere Freude - sie lassen mich wenigstens so teilnehmen an Euren grösseren und kleineren Erlebnissen, sei es nun bei bestandenen Kämpfen oder bei Arbeiten des Aufbaues – und mit mir freuen sich meine Mitarbeiter, denen ich die Briefe lesen lasse (ich Rahmen will vorlesen) sie und gelegentlich so hilft ach in wieder einem einmal grösseren in echter Kameradschaft einer dem anderen: Ihr freut Euch über die Heimatbriefe und wir freuen uns alle über Eure Nachrichten, ganz besonders, wenn wir hören, dass Ihr gesund und wohlauf seid. Kamerad HOFER JOHANN schreibt mir allerdings, dass er sich in einem Lazarett befindet – glücklicherweise berichtet er aber auch, dass er bereits auf dem Wege der Besserung ist und ich sende ihm unser aller aufrichtigste Wünsche für eine baldige Genesung! Von einem Kameraden muss ich Euch berichten, dass er FÜR FÜHRER UND VOLK DEN HELDENTOT ERLITTEN HAT ! Es ist dies der 22 Jahre ale SA-Mann Franz S T E G E R, Sohn des Stuhlerbauer in St.Georgen, der am 28.Mai bei den harten 18 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Kämpfen um Narvik gefallen ist! Es ist dies der erste Kamerad unserer Ortsgruppe, der seinen Einsatz für uns alle mit dem Leben bezahlt hat und wir wollen seiner immer in Dankbarkeit gedenken!--Für die Eltern des gefallenen FRANZ STEGER ist das Opfer umso grösser, als ach kürzlich deren Tochter, Frau MARIA LEYERER, Sägewerksbesitzergattin, Mutter von 2 kleinen Kindern, nach ganz kurzer Krankheit gestorben ist.--Nun darf ich Euch aber auch wieder etwas Erfreuliches mitteilen: Der Euch sicherlich allen bekannte Hans F e r s t l, Beamter der Firma Hermann & Müller, dzt. Feldwebel in einem Gebirgsjägerregiment in Frankreich, wurde mit dem EISERNEN KREUZ II.KLASSE ausgezeichnet, wozu ich ihm sowohl in meinem Namen, als auch im Namen aller Brucker herzlichst gratuliere! Wie mir mitgeteilt wurde, hat FERSTL auch an der Erstürmung der Maginotlinie teilgenommen und sich hiebei diese Auszeichnung verdient. Es ist dies die 1.Auszeichnung eines Kameraden unserer Ortsgruppe, von der ich erfahre und jeweils berichten und solche Begebenheiten nicht in gänzlich unrichtiger Bescheidenheit verschweigen (auch von FERSTL habe ich es nur auf Umwegen erfahren!). Wir wissen hier alle, dass man in dem Ringen, in dem jeder Einzelne sich selbst übertroffen hat, nicht so leicht zu Auszeichnungen kam und wir wollen uns dann jedenfalls alle mitfreuen!--Während dieser Brief entsteht, gesellte sich ein zweiter E.K.-Träger hinzu: Gefreiter Hans R A I N E R, der zur Zeit nach seiner Armverwundung, die er in Calais erlitt, auf Urlaub hier ist, Verwundeten-Medaille erhielt von das seinem E.K.II.Klasse Hauptmann in die und die Heimat übersendet. Auch ihm gilt unser aller Glückwunsch. Einige Kameraden haben mir sehr anschaulich von überstandenen Kämpfen im Westen geschrieben und insbesondere, wie sie „DAS GANZE HALT!“ erlebten. Ja Kameraden! In diesem Jahr wurden zur Sonnenwende auf unseren Berggipfeln Gründen keine Feuer aus Fusch abgebrannt sicherlich – umso begreiflichen stärker und unauslöschlicher aber waren die Feuer, die in uns entzündet 19 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 wurden durch die Grösse der Stunden von Cimpiégne! Es war d i e Sonnenwende des Deutschen Volkes, die wir aber nur dank unseres geliebten FÜHRERS und Eurer übermenschlichen Leistungen erleben durften und in uns allen zu einem grossen Gebet wurde: LANG LEBE DER FÜHRER !! ---Und hier will ich auch jenes Kameraden unter Euch gedenken, der mir ebenfalls von der Westfront aus schrieb und bekannte, dass er einmal andersgläubig w a r – jawohl, war!! Jetzt aber gehört er ganz zu uns – in der Zeit des Entscheidungskampfes unseres Volkes hat er, voll seinen Mann stellend, die letzten Zweifel überwunden und heimgefunden in die grosse Kameradschaft von FÜHRER UND VOLK! Kamerad! Ich danke Dir für dieses Bekenntnis und mit meinen aufrichtigsten Wünschen für Dein weiteres Ergehen drücke ich dir im Geiste die Hand!— Es ist wirklich merkwürdig: Da heisst es sonst, „mit dem Reden kommen die Leut`z`samm!“ – mir kommt aber fast vor, als ob wir mit dem Schreiben noch besser zusammen kämen als mit dem Reden! Das mit dem Reden ist halt so eine Sache! Erst unlängst – höre ich – hat man in einer Gesellschaft gesagt: „Ja, der Plener wär`ja so weiters ganz recht, aber er hat manchmal nicht den richtigen Kontakt mit den Leuten – sie können mit ihm nicht so recht warm werden!“ – Ja – es ist schon so und ich habe das auch selber manchmal gespürt – aber es ist einem oft beim besten Willen nicht gegeben, beim Reden alles so zum Ausdruck zu bringen, wie man es gern möchte und auch wirklich fühlt. Und ich glaube, dass es auch manchem von Euch so ähnlich geht und es ist mir daher eine doppelte Freude, dass die „Heimatbriefe“ dazu beitragen, uns näherzubringen! Ich muss ehrlich sagen, dass ich auch in manchem von Euch nicht das gesucht hätte, was ich nun in den Briefen zum Ausdruck gebracht finde und ich danke Euch für das grosse Vertrauen, das Ihr mir darin entgegenbringt und bitte Euch, mir entgegenzubringen und dieses auch Vertrauen mit allen, auch was Euch weiterhin eventuell unklar ist, zu mir zu kommen. Vielleicht ist dem einen oder anderen dieses oder jenes Problem oder dies oder jene 20 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Gesetzgebung des Nationalsozialismus nicht recht verständlich und will darüber genauere Aufklärungen haben – zu Hause seid Ihr ja auch meist alle so mitten im Alltag drin gewesen, da nahm man sich nicht so viel Zeit um so viel nachzudenken – jetzt geht das vielleicht besser, ich will alle derartigen Anfragen (ohne Namensnennung) nach bestem Wissen beantworten und es braucht sich deshalb keiner weniger klug vorkommen, denn Ihr wisst ja, dass ich den Nationalsozialismus auch nicht mit der Muttermilch eingesogen habe, sondern erst entsprechend geschult wurde und dauernd weiter geschult werde – und wir alle müssen uns unser Leben lang noch weiter schulen, damit wir als Volk jene Ziele erreichen können, die uns unser FÜHRER gesteckt hat. Also fragt nur frisch und fröhlich drauf los – ich antworte gern! Und wer alles richtig versteht und begreift, warum dieses oder jenes notwendig ist, unterbleibt oder verboten ist, der hat ja auch mehr vom Leben! ---Mehrere Exemplare meines 1.Briefes sind zurückgekommen, weil die Adressen nicht richtig waren. Ich bin nun um die neuen Adressen bemüht und schicke diesen Kameraden dann gleich den ersten und meinen heutigen Brief zugleich.- Bei dieser Gelegenheit bitte ich Euch auch, mich über Eure Adressen immer auf dem Laufenden zu halten.Und nun will ich Euch die weiteren Nachrichten von der Heimat nicht länger vorenthalten: DER STORCH Hat einen Sohn JOSEF der Karoline und dem Josef SCHMUCK, derzeit Soldat, gebracht. Herzlichste Gratulation! Ferner wurde der Kristina und dem Johann LECHNER, Hocheggbauer in St.Georgen ein Mädchen geboren.GEHEIRATET HABEN. Ferdinand ERLER, Gendarmeriebeamter mit Maria BERNSTEINER, Hotelierstochter aus Ferleiten. 21 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Letztesmal habe ich auch vergessen anzuführen, dass unser „Linhart Adi“ nicht mehr zu den „Einschichtigen“ gehört, sondern mit Hanny WALLNER, verw. SCHRANTZ verheiratet ist. Und ein Kamerad, der derzeit in Polen ist, hat mir zu meiner Freude mitgeteilt, dass er meinen „Wink mit dem Zaunpfahl“ von wegen der „Einschichtigen“ gut verstanden hat – er gelobt Besserung und will im September heiraten – natürlich eine Bruckerin! Allerdings verbleibt er vorläufig in Polen und schaffen. Ich ist jetzt sende damit ihm beschäftigt, schon heute ein die Heim zu herzlichsten Glückwünsche der Heimat! AN TODESFÄLLEN BEKLAGEN WIR. Die bereits erwähnte Frau MARIA LEYERER, 34 Jahre alt, Peter EMBACHER, Landarbeiter aus Fusch, 69 Jahre alt.SONSTIGES. Am 23.6. konnten im Rahmen einer schlichten Feier 9 Jungen in die HJ und 3 Mädels in den BdM überführt werden. Überhaupt – diese Jugend! Prächtig wächst sie heran und ist mit Begeisterung überall dabei, wo es gilt anzupacken und zu helfen! Und dafür, dass die Bäumchen nicht allzurasch in den Himmel wachsen und sich zu früh als „erwachsen“ gebärden, ist auch gesorgt – durch HJ, BdM und vor allem durch strenge Jugendgesetze. Nach 9 Uhr abends z.B.darf kein Jugendlicher allein im Freien oder gar in Lokalen angetroffen werden – ebenso strenge ist natürlich das Alkohol- und Rauchverbot!— Einmal hier zu hatten Gast wir und inzwischen vergangenen wieder die Sonntag NS-Gaubühne bracht die NS- Gaufilmstelle wieder die neuesten Wochenschauen – „Einzug der deutschen etc.etc. Truppen – ahnt in Paris“ Ihr, mit – der „Akt welcher von Cimpiégne“ Begeisterung wir – da eigentlich mitten unter Euch sind?— Den SA-Kameraden teile ich noch mit, dass 22 Mann trotz aller Hindernisse, die ihnen durch den Krieg erwuchsen, sich das SA-Wehrsportabzeichen errangen und ihnen dieses anlässlich eines SA-Aufmarsches in Zell am See vor 14 Tagen vom Oberführer GLÜCK überreicht wurde.- 22 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Von unseren Feuerwehr-Kameraden habe ich Euch versprochen Näheres zu berichten: Die Hauptübung wurde gemeinsam mit dem Löschzug St.Georgen am 19.Mai abgehalten, bei welcher Gelegenheit auch die Motorpumpe, sowie 4 Hydranten eingesetzt wurden, sodass das angenommene Brandobjekt (Kirche und Landw.Schule) aus 11 Schlauchlinien angegriffen werden konnte. Die Übung klappte tadellos und fand allgemeine Anerkennung. Anschliessend fand die Vereidigung statt – 76 Mann waren angetreten. Nach dem offiziellen Teil gab es natürlich noch einen „gemütlichen“ bei der Post, wobei die Feuerwehr-Kameraden den Beweis erbachten, dass sie j e d e n Brand zu löschen imstande sind! Am 9. Juni fand durch den Kreisführer MÜHLDORF eine Inspizierung mit darauffolgender Übung und Defilierung statt. In der folgenden Nacht gab es dann gleich eine realistischpraktische Übung: Der Blitz hatte das aus Holz erbaute Transformatorenhaus bei Fischhorn entzündet – aber die rasche und gut funktionierende Feuerwehr konnte die Lokalisierung dieses Brandes in kurzer Zeit bewältigen.Ein besonderes Frauenschaft Loblied anstimmen und muss dies ich nicht noch auf bloss die aus NS- reiner Höflichkeit: In den Händen der NS-Frauenschaft liegt nämlich die Organisation der Erntehilfe und wenn ich Euch sage, dass bisher über 3000 Leistungsstunden an freiwilliger Erntehilfe allein von den Frauen und über 500 Stunden von den noch hier befindlichen Männern geleistet wurden, dann brauche ich dazu wohl kein weiteres Wort zu verlieren! Die anfänglich noch etwas misstrauisch gewesenen Bauern überzeugen sich auch immer mehr nicht nur von der Hilfsbereitschaft, sondern auch von den tatsächlichen Leistungen. Ihr seht daraus jedenfalls, dass überall der beste Wille herrscht und dass Ihr Euch deshalb werden uns keinerlei Sorgen zu machen braucht. Nur macht uns allen das stete Regenwetter, das das Heu aufhält, ziemlich zu schaffen.Nun muss ich aber Schluss achen – aber nicht bevor ich Euch ersuche, nicht zu vergessen bei mir vorbeizukommen, wenn 23 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Ihr auf Urlaub oder gleich ganz zurückkommt – inzwischen schreibt mir aber auch wieder fleissig! Die mir aufgetragenen Grüsse habe ich ausgerichtet und soll sie herzliche auch erwidern, Grüsse und wie gute ich Wünsche Euch für überhaupt Euer recht ferneres Wohlergehen sende von allen Bruckern, besonders aber Von Eurem Ortsgruppenleiter: Bruck a.d.Glstr., 15.7.1940 24 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 NSDAP ORTSGRUPPE BRUCK a.d. Glstr. Der Ortgruppenleiter 3. HEIMATBRIEF Liebe Kameraden ! Seit meinem letzten Heimatbrief ist die Mappe, in der ich die von säuberlich Euch einlangenden registriere und Briefe aufhebe, und schon Karten ganz fein mächtig angeschwollen und täglich kommen noch neue dazu. Inzwischen sind auch verschiedene von Euch hier auf Urlaub gewesen und haben mich besucht, was mir immer eine ganz besondere Freude war – überhaupt muss ich sagen, dass mir noch keine meiner Arbeiten so viel Freude bereitet hat, wie die mit den Heimatbriefen- dies ist einmal eine Sache, bei der auch der „innere Mensch“ nicht zu kurz kommt!Von allen Seiten sind wieder Eure Berichte an mich gelangt und ich habe wieder an vielen Eurer Erlebnisse etc. teilnehmen dürfen. Dabei seid Ihr nur aus einem kleinen Dorf unseres mächtigen Grossdeutschen Reiches und Euer bisheriges Leben war vielfach hart und bot – speziell für die Älteren unter Euch – wenig oder gar keine Möglichkeiten, um Euch durch Schulen, Vorträge, Kurse, Ausstellungen etc., wie sie in jeder grösseren bildungsmässig zu Stadt helfen, geboten sondern werden, auch dem, nicht was ich nur den „inneren Menschen“ nenne, etwas zu geben – das was Ihr aber trotzdem geworden seid, das seid Ihr ausschliesslich aus Euch selbst geworden! Umso grösser ist mein Staunen und meine Bewunderung über Eure Briefe und den darin zum Ausdruck gebrachten Gedankenreichtum und ganz besonders beeindruckt es mich zu sehen, wie tief sich nationalsozialistischen Gedankengut bereits in Euch festgewurzelt hat. Ehrlich gesagt – ich habe mich früher manchmal gefragt, ob unser FÜHRER in der Beurteilung unseres Volkes nicht doch manchmal zu optimistisch sei – heute fühle ich zu tiefst, w i e recht er 25 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 hatte, dass er an die gesunde Kraft unseres Volkes so fest glaubte und für dieses die gigantischesten Zukunftspläne hegt. Und ich glaube und hoffe, dass mancher unter Euch nach seiner Rückkehr gerne mein Mitarbeiter werden wird, denn nach dem Kriege beginnt ja erst der richtige innere Aufbau unseres Reiches und die NSDAP mit allen ihren Gliederungen wird hiezu der Kraftquell sein. Die kommende Grösse und Macht Grossdeutschlands können wir bisher nur ahnen – sie wird uns aber allen zur grossen Verpflichtung, denn unser Volk wird ja das führende Volk der Welt werden und dazu braucht es Menschen, die sich der Grösse der dadurch gestellten Aufgaben bewusst sein und bleiben – Menschen, auf die man sich allerorts und zu jeder Zeit verlassen kann, die – wo immer man sie hinstellt – wieder anderen in selbstlosester Weise Beispiel und Führung sein werden. Was ist da naheliegender, als in erster Linie an Euch zu denken, die Ihr Euren Mut und Opfersinn bereits so heldenhaft bewiesen habt? … Denn eines dürfen wir niemals mehr vergessen: Der Schlüssel zu den bereits errungenen Erfolgen liegt in der grossen Opferbereitschaft und –Fähigkeit unseres Volkes und so lange wir an dieser Wahrheit, die uns unser geliebter FÜHRER unentwegt nicht nur vorlebt, immer wieder festhalten einprägte, und auch sondern unsere auch Kinder in diesem Sinne erziehen, braucht uns um die Zukunft unseres Vaterlandes nie mehr bange zu werden! Wie tief aber ein Volk herabsinken kann, das nur aus Einzelmenschen bestehen will, die in erster und letzter Linie immer nur an ihr eigenes persönliches Allgemeinheit Wohlergehen scheuen denken – davon und jedes können Opfer sich für gerade die jene Kameraden unter Euch, die sich jetzt in Frankreich befinden, sehr praktisch überzeugen.Eine direkte Anfrage hat bisher nur ein Kamerad an mich gestellt Schreiben und die welches Antwort mir findet unser er in Bürgermeister dem als beiliegenden Beitrag zu meinem Brief an Euch übermittelt hat – Ihr findet da einen ausführlichen Bericht über die Tätigkeit unserer Gemeinde, der sicherlich Euer vollstes Interesse finden wird. 26 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Und nun gleich Bürgermeister, PG. eine Peter grosse LEDERER Neuigkeit: hat am Unser 10.September Hochzeit! Seine Braut ist die Gastwirtstochter Maria HUBER aus Kirchberg i.T. und aus Angst vor zu vielen Gratulanten findet die Hochzeit in München statt. Wir freuen uns hier alle sehr über dieses Ereignis, denn abgesehen davon, dass es nicht gut ist, dass der Mensch allzulange allein sei, bekommen nun auch seine beiden herzigen Mäderln wieder eine gute Mutter.Von den „Einschichtigen“ unter Euch haben mir ja auch wieder verschiedene Besserung gelobt und ich glaube, nach dem Kriege wird unser Standesamt Hochbetrieb haben – bei etwas gutem Willen wird schon noch jeder seine „bessere Hälfte“ finden, denn als zurückgekehrte Sieger und Helden habt Ihr ja dann doppelten Anwert! Und nun zu den weiteren Begebenheiten in Bruck: DER STORCH Hat eine Tochter ANNA der Kreszenzia und dem Alois de Ambros, Hinterlandbauer, gebracht, eine Rochter MICHAELA der Helene und dem Josef Haitzmann, Strassenarbeiter, eine Tochter PAULA der Theresia und dem Alexander SCHERER, Bauer in Fusch, einen Sohn RUDOLF der Theresia und dem Josef Voglstätter, Zimmermann, einen Sohn HELLMUT (das 8.Kind!) der Margarethe und dem Anton Grabmayer, Reichsbahnangestellter, einen Sohn KARL-HEINRICH der Anna und dem Karl Prieschl, dzt. Soldat, einen Sohn FRANZ der Katharina und dem Josef Bründlinger, einen Sohn JOHANN der Maria und dem Georg HUTTER, dzt. Soldat, eine Tochter ANNELORE der Julie und dem Hermann Zichler, Tischlermeister, dzt.T.N. und einen Sohn PETER (das 12.Kind!!!) der Franziska und dem Jakob Hasenauer, Kellnerbauer in St. Georgen.AN TODESFÄLLEN BEKLAGEN WIR. Karl FRUHSTORFER, 63 Jahre alt, Besitzer des asthofs Post, Matthias FRÄNZL, Landarbeiter, 62 Jahre alt, Theresia INFELD, 6 Jahre alt und Andreas EBERL, Bartlhofspächter in St. Georgen.SONSTIGES: 27 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Bei uns sind schon seit einiger Zeit 22 Kinder aus Köln untergebracht, die sich hier sehr gut erholen und recht wohl fühlen.Zur weiteren Erntehilfe Tragtier-Erg.Staffel hier Betrieb, mit der Pferde befindet und oder jeder ohne sich jetzt eine landwirtschaftliche Personal, sei es für kürzere oder längere Zeit braucht, hat dies nur anzumelden, die Zuweisung erfolgt sofort. Über Mängel an Arbeitskräften oder hiezu nötigen Pferden wird sich also niemand zu beklagen haben.Am 20.v.M. hatten wir eine sehr gut besuchte Mitgliederversammlung, in der Untergauführer Pg.KASERER sehr interessant über die weiteren Aufgaben und Ziele der Heimatfront sprach. Auch die NS-Gaufilmstelle war inzwischen wieder einigemale hier und hat uns durch schöne Filme, besonders aber durch die Wochenschauen wieder frohe Stunden gebracht.Das wäre diesmal alles, was ich Euch an Neuigkeiten berichten kann.Kamerad Peter NEUREITER hat mir geschrieben, dass sich unser Gauleiter Dr. RAINER als Gefreiter bei ihm in Norwegen befindet – und möchte Dich bitten, herzliche Grüsse zu übermitteln – wir sind stolz auf ihn und bemühen uns alle, hier in der Heimat voll und ganz unsere Pflicht zu erfüllen!Aus mehreren von Euren Briefen habe ich entnommen, dass einige von Euren Brucker Kameraden scheinbar bisher noch keinen Heimatbrief erhalten haben und ich bitte Euch, mir solche Namen und Adressenänderungen Adressen bitte ich stets Euch, aufzugeben mir immer (auch gleich bekanntzugeben) denn ich sende ja die Breife ausnahmslos an a l l e mit bekannten Kameraden, die das deutsche Ehrenkleid tragen.Und nun muss ich für heute wieder Schluss machen! Die Grüsse, die Ihr mir aufgegeben habt, habe ich ausgerichtet und soll sie herzlichst erwidern, wie Euch überhaupt alle Brucker wieder herzlichst grüssen lassen. Schreibt mir nur wieder fleissig und kommt nur ungeniert mit allem zu mir – 28 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 ich erachte es als meine vornehmste Pflicht, Eure Sorgen und Wünsche zu den meinen zu machen und jede Frage zu beantworten! Es grüsst Euch herzlichst mit Heil Hitler! Euer Ortsgruppenleiter 1 Beilage! Bruck a.d.Glstr., am 31.8.1940 29 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 DER BÜRGERMEISTER Bruck a.d. Grossglocknerstrasse BEILAGE ZUM 3.HEIMATBRIEF Liebe Soldaten! Sicherlich warum ich Beitrag hat als sich mancher Bürgermeister leiste. Ich weiss von Euch für die aus eigener schon gefragt, Heimatbriefe einen Erfahrung vom Weltkriege her nur zu gut, welche Freude es jedem Soldaten macht, welcher fern der Heimat im dienste des Volkes seine Pflicht erfüllt, wenn er über das Geschehen in seiner Heimatgemeinde etwas erfahren kann. Nun – soweit es unsere standesamtlichen Euch diese berichtet. und unser Wollte sonstigen Neuigkeiten Ortsgruppenleiter ich Euch nun Pg. berichten angelangt, PLONER um hat laufend wieviel die Arbeiten in der Gemeindekanzlei selbst gestiegen sind, so würde dies gewiss nicht Euer Interesse hervorrufen, seid Ihr doch von all den jetzt erforderlichen Massnahmen, soweit es die schriftlichen Anforderungen, welche eben jede Gemeinde betreffen, weit ab und Ihr wollt doch wissen, was ausserhalb der Gemeindestube während Eurer Abwesenheit geleistet wurde. Also soweit es mir nur einigermassen möglich war, Arbeiten durchzuführen, wurden dieselben trotz aller gegenwärtig durch die kriegswirtschaftlicher Massnahmen bedingter Schwierigkeiten in Angriff genommen. Seit dem Herbst des vorigen Jahres wird an der Ortswasserleitung gearbeitet, die Erfassung neuer ausgiebiger Quellen im Rettenbachgraben wurde durchgeführt und Dank der Unterstützung unseres Gauleiters Dr.RAINER ist es uns auch noch gelungen, erhalten, Einbruch so, des die dass Winters hiezu die dem neu erforderlichen erfassten bereits Eisenrohre Quellen bestehenden noch Behälter zu vor am 30 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Bruckerberg zugeführt werden welchem Wasserversorgungs-Schwierigkeiten der Wintermonate der war nach Währende Jahren Somit Gemeindegebiet keine vielen konnten. wurden erste für für das Winter, den in bestanden. Bau eines Reservebehälters am Lukaspalfen 20 Waggon Schotter, Zement und Eisen bereitgestellt, um mit Eintritt des Frühjahres auch diesen Bau in Angriff nehmen zu können. Auch dieses Werk ist nunmehr vollendet und stolz wie ein Bunker blicht er nun in Dorf, im sicheren Bewusstsein, dieser Bevölkerung für Generationen hinaus dienstbar zu sein. Bis zum Spätherbst hoffen wir noch mit den verschiedenen Rohrverlegungen, welche sich jetzt auf den Feldern nicht durchführen lassen, einigermassen fertig zu werden. Die Gemeindestrassen wurden in den letzten Monaten neu beschottert und gewalzt und sind in schönster Ordnung, zudem werden sie auch laufend von einem Gemeindearbeiter betraut. Ein ganz besonderes Kapitel jedoch bildet das Bauwesen für VOLKSWOHNUNGEN in der Gemeinde. Und gerade dafür wird für viele unter Euch liebe Soldaten besonderes Interesse vorliegen. Aus den gegenwärtigen Wohnverhältnissen weiss ich zur Genüge, dass sicher deine oder andere von Eich in einer nicht ganz passablen Wohnung befindet und sich demzufolge auch nach seiner Heimkehr danach sehnt, menschenwürdig untergebracht zu werden – andere von Euch haben jetzt in der Kriegszeit erst geheiratet und haben den Wunsch, nach der Heimkehr durch Zuweisung einer Wohnung die Möglichkeit zu erhalten, sich das Familienleben häuslich einzurichten und schliesslich sind so verschiedene Dritte mit ihren Gedanken damit beschäftigt, nach Kriegsende ihre Braut heimzuholen – hegen aber heute schon den Wunsch, ihre Hochzeit wegen Wohnungsmangel nicht allzulange aufschieben zu müssen. All diese Wünsche muss ich trachten, nach Möglichkeit zu erfüllen. Ich weiss, diese mir gestellte Aufgabe ist gross und kann nicht im Handumdrehen bewältigt werden. Das Wohnbauprogramm ist bis ins letzte Detail fertiggestellt, ja sogar schon Massnahmen und kommissioniert, Einschränkungen doch lassen die kriegsbedingten jetzt auch in den 31 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 dringlichsten Fällen keine Ausnahme zu, bis Bauverbote aufgehoben werden, aber auch diese – ich nehme an nicht mehr allzulange Zeit – wird noch verstreichen. Auf jeden Fall möge es allen, welche in eine der vorerwähnten drei Wunschkategorien fallen, eine Beruhigung sein, wenn ich Euch sage, dass die Erbauung von ausreichenden Volkswohnungen für mich die vordringlichste Aufgabe ist,an welcher ich schon seit 2 Jahren arbeite, deren Erfolg jedoch durch den Ausbruch des Krieges gestoppt wurde. Nun, er bleibt nicht aus und ich habe auf Grund meiner wiederholten Eingaben und Fürsprachen nunmehr erreicht, dass die Gemeinde Bruck in Bezug auf die Erbauung von Volkswohnungen in das dringliche Sofortprogramm eingereiht wurde, wonach sofort nach Kriegsende, oder auch schon bei eventueller Lockerung der gegenwärtigen Bauverbote 30 Volkswohnungen als vordringlich und zwar bis zum Jahr 1942 erbaut werden müssen. Ihr sehr also liebe Kameraden, dass ich bemüht bin, Euren Wünschen Rechnung zu tragen, seid auch versichert, dass ich nichts unterlassen werde, um gerade meine schönste Aufgabe, die Erbauung von Wohnungen, mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln zu fördern. Auch von St.Georgen will ich Euch noch berichten, soweit ich auch fort meine Vorhaben durchführen will: Vorerst habe ich den Auftrag zur Ausarbeitung eines Projektes für eine neue Ortswasserleitung gegeben, welcher in Salzburg von den zuständigen Stellen bereits in Angriff genommen wurde. Allerdings wird noch etwas Zeit verstreichen, bis dasselbe vollends ausgearbeitet ist, zumal jetzt alle in Frage kommenden Fachbüros mit Arbeiten überlastet sind und zudem auch Mangel an Arbeitskräften haben. Ein weiteres Projekt wäre der Strassenbau für St.Georgen, doch leider konnte ich bis heute von den hiefür zuständigen Stellen noch keinen Ingenieur bekommen, welcher die Trassierung vornehmen sollte, wenngleich ich diese Angelegenheit wiederholt betrieben habe, weil ich annehme, dass gerade durchführbar jetzt und mit den nebstbei Kriegsgefangenen auch wesentlich dieser Bau billiger als 32 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 ansonsten zu stehen käme. In den kommenden Tagen wird jedoch abermals mit den zuständigen Stellen verhandelt werden, vielleicht gelingt es dennoch, auch dieses Projekt spruchreif werden zu lassen. Jedes einzelne Vorhaben gibt eben vorerst viel Arbeit und zudem auch Sorgen, doch soll uns all` dies nicht erlahmen lassen, alles einzusetzen, schon aus der alleinigen Erkenntnis heraus, dass es der Gesamtheit der Gemeinde von Nutzen und Vorteil sein muss. Zwar vermute ich, dass Euch liebe Kameraden mein Bericht nicht so befriedigt, wie Ihr es Euch erwartet habt, schon deswegen nicht, weil ich eben in diesem oder jenem Belange noch nicht mit den entsprechenden Verwirklichungen aufwarten kann. Noch ist aber Krieg und der gewaltige Kampf um unser Volkes glückliche Zukunft nähert sich dem ende. Gewaltige Leistungen wurden vollbracht, sie sind in der Geschichte eines so grossen und tüchtigen Volkes einmalig – doch all` diese ungeheuren Erfolge hätten nicht erzielt werden können, wenn nicht jeder einzelne unserer Feldgrauen seinen Teil dazu beigetragen hätte, indem er immer wieder neue Opfer und Härten auf sich genommen hat. Auch wir in der Heimat müssen verstehen, all` dass die das auf geniale uns nehmen, Führung wir vorerst wisse den und äusseren Bestand des Reiches und Volkes sichert und dann auch wieder den Privatwünschen Rechnung tragen wird, welche in unserer Gemeindedahin lauten, dass wir bald mit unseren Bauvorhaben beginnen dürfen. Also darum liebe Soldaten, seid wie in so manchen anderen Dingen auch in diesem Belange geduldig, wir werden es , sobald es eben möglich ist, schon schaffen. Heil Hitler ! Euer Bürgermeister36 36 Pinzgauer Bezirksarchiv, Heimatbrief vom 31.8.1940 33 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 4 Widerstand und Verfolgung 4.1 Die Kirche Widerstand und Anpassung an das NS-System ist im Land Salzburg eng miteinander verbunden. Die Führung der Amtskirche in Salzburg weiß nicht wirklich, wie mit dem neuen politischen System umgegangen werden soll. Der Druck des NS-Systems ist enorm. Beim Einmarsch der Nationalsozialisten im März 1938 stürmen SA-Leute das Erzbischöfliche Palais in Salzburg. Im gesamten Bundesland kommt es zu Übergriffen auf kirchliche Einrichtungen: Kruzifixe werden aus den Klassenzimmern entfernt, Klöster und katholische Schulen geschlossen, Mönche misshandelt, die Religionsausübung gestört. Der Gruß in den Schulen heißt ab nun „Heil Hitler“ statt „Grüß Gott“. Auch Bruck ist davon betroffen.37 Die private, katholische Mädchenschule in Bruck wird bereits am 27. August 1938 geschlossen, Schwester Iphigenia Steingruber in Pension geschickt, und ihre Kolleginnen mit einer geringen Abfertigung nach Hause entlassen. Die Begründung der Nationalsozialisten: Ab dem kommenden Schuljahr „müsse das Schulwesen einheitlich im nationalsozialistischen Geiste ausgerichtet werden und das werde durch Ordensschwestern nicht gewährleistet.“38 Am 11. März 1941 wird Pater Anton Weißenbacher vom Franziskanerkloster verboten, Konfessionsunterricht zu erteilen. Auch der Ortspfarrer Josef Lugsteiner erhält Unterrichtsverbot und darf keine Kinder mehr unterrichten.39 4.2 Deserteure und ihre Familien Die Topografie des Pinzgaus bietet Männern, die genug vom Krieg haben, gute Bedingungen sich zu verstecken und damit dem Dienst an der Front zu entgehen. 37 Vgl. Rudolf Leo: Pinzgau unterm Hakenkreuz, Salzburg 2013, S 87 Max Effenberger: Brucker Heimatbuch, S 103 39 Vgl. Max Effenberger: Brucker Heimatbuch, S 79 38 34 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Sie verstecken sich in Höhlen, Almhütten oder finden Schutz bei abgelegenen Bergbauernhöfen. 4.2.1 Das Beispiel Josef Linsinger (jun.) Am 13. November 1940 vernimmt Gendarmerie-Kreisführer Josef Hohenwartner im Amtsgericht Zell am See den inhaftierten Josef Linsinger (sen.) neuerlich. Er möchte wissen, wo sich Linsingers Sohn, der den Wehrdienst verweigert, versteckt hält. Unter Zwang gesteht der Vater, dass sich sein fahnenflüchtiger Sohn Josef (jun) im Raum Saalfelden bei einer Familie Wieser aufhält. Der 25jährige Josef Linsinger aus Zell am See wird am Freitag, den 29. November 1940 um ca. 11 Uhr 30, auf der Großglocknerstraße bei Bruck von einer Gendarmeriestreife angehalten. Die Gendarmen eröffnen sofort bei der Festnahme das Feuer und verletzen Linsinger durch zwei Schüsse in den Oberschenkel. Sprengelarzt Dr. Winkler leistet erste ärztliche Hilfe. Linsinger – so die Gendarmerie – stirbt beim Transport in das Krankenhaus Schwarzach. Im Akt finden sich auch Unterlagen über Peter Mitteregger aus Bachwinkl, der von August bis Oktober 1939 mit Linsinger zusammen ist. Der Vater Josef Linsinger sen. wird im November 1940 wegen Wehrkraftzersetzung zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt.40 Zeitzeugin Susanne Pinn: …Er hätte einrücken müssen und hat sich auf einer Alm versteckt, sein Vater war Jäger und hat ihm immer Essen gebracht. Dann ist man ihm draufgekommen, er ist mit dem Fahrrad Richtung Bruck geflüchtet. Die Gendarmerie von Fusch hat die Kollegen in Bruck aber bereits informiert. Mein Vater kam am Abend ganz empört nach Hause und hat erzählt, in Bruck draußen haben sie sogar noch geprotzt, dass sie ihn vom Fahrrad geschossen haben. Das ganze muss so in der Gegend vor oder nach der Brücke passiert sein. (…) Sein Vater, der Jäger, ist dann ins KZ gekommen. Nach dem Krieg ist er wieder nach Hause gekommen… 41 4.2.2 Das Beispiel Elisabeth Lechner, verh. Oblasser Die Bergbauerntochter zu Hochegg in St. Georgen, Elisabeth Lechner, geb. 31.5.1908, heiratet 1936 Johann Oblasser, geb. 26.12.1902, Bergbauer des 40 41 Widerstand und Verfolgung in Salzburg 1934-1945 Bd. 1 S 569, 570, 626 und DÖW E 18.666 Zeitzeugininterview Susanne Pinn, 10.2.2014, 35 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Vorderbrandstätthofs in Taxenbach. Das Ehepaar versteckt und versorgt während der letzten Kriegsjahre die Deserteure Karl Rupitsch (vulgo Karl Paus), Peter Ottino, Franz Unterkirchner, Georg Kößner und Richard Pfeiffenberger. Im Juni 1944 kommt es in der Region zu einer groß angelegten Razzia von Männern der Waffen-SS. Mehrere Menschen werden im Zuge dieser Fahndung getötet, zahlreiche Familienangehörige in Konzentrationslager eingeliefert. Peter Ottino wird bei seiner Festnahme erschossen. Karl Rupitsch wird am 28. Oktober 1944 im Konzentrationslager Mauthausen hingerichtet.42 Franz Unterkirchner kann sich bis Kriegsende verstecken, Richard Pfeiffenberger wird am 13. September 1944 vom Feldkriegsgericht zum Tode verurteilt, seine Strafe wird allerdings in 15 Jahre Zuchthaus umgewandelt. Er wird einer Feldstrafgefangenenabteilung zugeteilt und stirbt an der Front. Georg Kößner wird am 30. Oktober 1944 zum Tode verurteilt und am 8. März 1945, wenige Wochen vor Kriegsende, auf dem Schießplatz Salzburg-Glanegg hingerichtet.43 Auch Johann Oblasser wird in das KZ Dachau eingeliefert und später ins KZ Buchenwald überstellt. Nur der Einsatz des Sprengelarztes Siegfried Schernthaner kann die Verhaftung der Bäuerin durch die Gestapo verhindern. Sie muss ihre vier Kinder während der kommenden Monate alleine aufziehen, wird von fanatischen Nachbarn beschimpft und bedroht. Johann Oblasser gelingt 1945 die Flucht bei einem der berüchtigten Todesmärsche und kommt – schwer traumatisiert – im Juni 1945 wieder nach Hause.44 4.3 Die Eisenbahner Während des Nationalsozialismus im Pinzgau zählen die Salzburger Eisenbahner zur größten Widerstandsgruppe. Sie sind gewerkschaftlich sehr gut organisiert und eine wesentliche Stütze im Kampf gegen die Nationalsozialisten. Die Eisenbahner haben rechtzeitig Vorkehrungen getroffen und begonnen, ihre illegalen Gruppen in kleine, überschaubare Gruppen mit drei, höchstens fünf 42 Vgl. Rudolf Leo: Der Pinzgau unterm Hakenkreuz, Otto Müller Verlag, Salzburg 2013 S 105 Vgl. Widerstand und Verfolgung in Salzburg, Bd. 2, S 540 und 624; siehe auch Michael Mooslechner: Wehrmachtsdeserteure auf Salzburger Almen. http://www.schlossgoldegg.at/fileadmin/schlossgoldegg/design/images/2juli1944/Wehrmachtsde serteure_auf_Salzburger_Almen__M.Mooslechner.pdf 44 Vgl. Chronik: „Vom Vorderbrandstätthof und dem Schicksal des Bergbauern Johann Oblasser, Lieselotte von Eltz-Hoffmann, Salzburg 2004 43 36 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Parteifreunden zu organisieren.45 Sowohl SozialistInnen als auch KommunistInnen leisten aktiven Widerstand. Die Eisenbahn ist für die organisierte Fluchthilfe und für die Verteilung illegaler Güter notwendig. Im Raum Zell am See sind Eisenbahner aktiv. Im Frühjahr 1942 startet die Gestapo eine groß angelegte Verhaftungswelle im Land Salzburg. Im Februar und März 1942 werden im Pinzgau mehrere Personen aus politischen Gründen festgenommen. Unter ihnen befinden sich auch die Eisenbahner Leopold Lösch (geb. 3. Jänner 1897) und Hermann Dünser (geb. 1. März 1903). Beide werden, wie alle anderen Inhaftierten, am 14. Oktober 1942 vom Oberlandesgericht Wien zu hohen Zuchthausstrafen verurteilt. Leopold Lötsch erhält acht Jahre Zuchthaus, Hermann Dünser wird zu sieben Jahren verurteilt. Beide werden im Juli 1943 einer Strafeinheit überstellt und in Frankreich zur Zwangsarbeit eingesetzt. 46 Josef Kaut nennt rund 300 SozialistInnen, die längere Zeit in Haft waren, und spricht von 47 Todesurteilen, „von denen vierzig vollstreckt worden sind“. 47 Auch Maria Szecini und Karl Stadler gehen davon aus, dass die Zahl der Todesopfer dieser sozialistischen Widerstandsgruppe in Salzburg zwischen 40 und 45 liegt. 48 Zu den letzten Opfern aus dieser Berufsgruppe gehört der 45jährige Reichsbahninspektor Nikolaus Schwarz aus Bruck. Er wird am 3. Dezember 1943 vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Schwarz, so der Vorwurf, habe im April 1943 einen staatsfeindlichen Aufruf verfasst und diesen in die Hände französischer Kriegsgefangener kommen lassen. Er wird deshalb wegen landesverräterischer Begünstigung des Feindes zum Tode und zu lebenslangem Ehrverlust verurteilt.49 Eine exakte Opferzahl der Eisenbahner im Land Salzburg ist nicht verfügbar, da zahlreiche Aktivisten von der Gestapo ohne Gerichtsverfahren inhaftiert und ermordet werden. Eine Gedenktafel am Hauptbahnhof in Salzburg erinnert an 28 45 Vgl. Josef Kaut: „Der steinige Weg“, Geschichte der sozialistischen Bewegung im Lande Salzburg, Wien 1961 S 145 46 SLA, HB Akte, Karton 103; HB 450-452, 1942 und Vgl. Widerstand und Verfolgung in Salzburg 1934-1945, Bd. 1, S 398 und 617; DÖW 8632 47 Josef Kaut: „Der steinige Weg“, Geschichte der sozialistischen Bewegung im Lande Salzburg, Wien 1961 S 147 48 Vgl. Maria Szecsi, Karl Stadler: Das einsame Gewissen. Die NS-Justiz in Österreich und ihre Opfer, Wien - München, 1962 S 64 49 Vgl. Widerstand und Verfolgung in Salzburg 1934-1945, Bd. 2, S 396 und DÖW 19.793/173 37 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Eisenbahner aus dem Bundesland, die von den Nationalsozialisten ermordet worden sind: „Dem steten Gedenken unserer Kameraden aus dem Land Salzburg, welche für ihre Idee und Überzeugung im Kampfe gegen den Faschismus in den Jahren 1938-1945 ihr Leben lassen mussten.“50 4.3.1 Das Beispiel Nikolaus Schwarz Nikolaus Schwarz wird am 28. Februar 1898 in Fließ in Tirol geboren. 1922 tritt Schwarz in den Dienst der österreichischen Bundesbahn. 1939 wird er zum technischen Reichsbahninspektor befördert und nach Bruck versetzt. Bereits in Bruck fällt dem NS-Regime die kritische Haltung des Reichsbahninspektors auf; 1943 wird Schwarz deshalb nach Salzburg strafversetzt. Dort lernt Schwarz einen Mann namens Bariniak kennen, der laut Anklageschrift „ein französischer Kriegsgefangener polnischen Volkstums“ ist. Ihn ersucht Schwarz, den Entwurf eines Schreibens ins Französische zu übersetzen. Der Entwurf des Schreibens wird im April 1943 von einem Kriminalbeamten im Zuge einer Hausdurchsuchung bei einem Freund Baraniaks gefunden. Der Text ist offensichtlich an befreundete französische Kriegsgefangene in Bruck gerichtet: „Kameraden! Wie Ihr, so sind auch wir Österreicher in das Unglück gestürzt worden durch die Nazi- und Hitlerbanditen. Daß wir uns in Gedanken einig sind, weiß ich wie ihr, nur haben mich die Banditen schon wieder zum zweiten Mal strafweise versetzt. Ich bin gegenwärtig in Salzburg und warte auf die Stunde der Abrechnung mit den Banditen und wenn es sich ausgeht, werde ich mit dem ersten Zug zu meiner Kompanie und zu euch nach Bruck kommen. Haltet Euch derzeit nur an den Bäcker, wir stehen ständig in Verbindung. Der Sammelplatz ist vor dem Bahnhof, denn das erste ist, was wir besetzen, die Post und Bahnhof wegen dem Telefon. Um Waffen für Euch werden wir 50 Vgl. Josef Kaut: „Der steinige Weg“, Geschichte der sozialistischen Bewegung im Lande Salzburg, Wien 1961 S 147, 161 38 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 schon sorgen. Das Sammelzeichen ist in der Nacht drei Schüsse vor Eurer Baracke, oder mündlich, denn wir werden vorher die Banditen einzeln überfallen, damit wir genug Waffen bekommen für Euch. Also Sammelplatz für Euch vor dem Bahnhof, Samstag und Sonntag komme ich bereits immer. Euer Freund und Kamerad der Einigkeit“51 In der Gendarmeriechronik der Gemeinde Bruck ist am 6. April 1943 die Verhaftung des Eisenbahners vermerkt: „…Nikolaus Schwarz, wurde wegen staatsfeindlicher Betätigung mit franz. Kriegsgefangenen von der Staatspolizei in Salzburg verhaftet.“52 Am 3. Dezember 1943 kommt es zur Verhandlung vor dem Volksgerichtshof. Der 45jährige Nikolaus Schwarz wird wegen „Hochverrats“ und „Feindbegünstigung“ angeklagt und zum Tode sowie zu lebenslangem Ehrverlust verurteilt. 53 Anmerkung der Gendarmerie in Bruck: „der Hingerichtete war verheiratet und hatte 4 Kinder im Alter von 1 - 16 Jahren“.54 4.4 Denunziation Das NS-System ist auf Hinweise von Freunden, Bekannten, Nachbarn oder der eigenen Familie angewiesen. Gestapo, Polizei und Gendarmerie haben zu wenig Personal um eine lückenlose Überwachung durchzuführen. Vor allem im ländlichen Raum muss sich das NS-System auf die Information der unmittelbaren Nachbarn und NS-FunktionärInnen verlassen. 4.4.1 Das Beispiel Anton Höller Der 35jährige Fabriksarbeiter Anton Höller aus Bruck kritisiert im Sommer 1939 die Arbeitsbedingungen seiner Arbeitsstelle bei den Aluminiumwerken in Lend. 51 Aus der Anklageschrift gegen Schwarz zitiert, DÖW 19.793/173 Gendarmeriechronik Bruck, 6.4.1943 53 DÖW 19.793/173 54 Gendarmeriechronik Bruck, 6.4.1943 52 39 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Zitat: „Da hier ist es schon über Dachau“. Blockobmann Matthias Bubendorfer meldet die Kritik Höllers der Gendarmerie in Lend. Wegen „Aufwiegelung“ wird Höller dafür vom 28. Juli bis 25. August 1939 im Amtsgericht Zell am See inhaftiert.55 Am 6. Juli 1943 steht Anton Höller erneut vor Gericht. Höller wird vom Oberlandesgericht Wien wegen „Hochverrats“ zu drei Jahren Zuchthaus und drei Jahren Ehrverlust verurteilt. Der Angeklagte, so das Oberlandesgericht, „hat in der Zeit vom Ende März bis Ende Mai 1941 in Lend an Albert Salzmann für die Rote Hilfe Beiträge in der Höhe von 3 RM geleistet. Er hat hiedurch den kommunistischen Hochverrat vorbereitet.56 4.4.2 Das Beispiel Johann Seeber Der 38jährige Hilfsarbeiter Johann Seeber aus Gries im Pinzgau wird am 22. April 1940 von der Gendarmerie Bruck wegen „Hausierens und Heimtücke“ verhaftet. Auszug aus dem Gendarmeriebericht: Johann Seeber, welcher am 6.4.1940 bei den Bergbauern in St. Georgen i.Pzg. unbefugt mit Schuhriemen hausierte, äußerte sich an diesem Tage zu dem in Steinach Nr. 6 ansässigen Bauern Ägyd Sulzenberger, wie folgt: „Die Illegalen sind überhaupt nicht an der Front, diese müssen zu Hause auf die Leute aufpassen. Die Alten, die den Krieg schon mitgemacht haben, werden wohl keine Freude daran haben und auch ungern hinausgehen. Die SS. ist auch nur hinter der Front und nur zu dem Zwecke eingesetzt, um dort die militärischen Truppen, falls diese versagen oder sonst nicht vorgehen wollen, hineinzutreiben. England hat leicht Krieg führen, die haben genug Geld aber bei uns muß dieses Geld mehr oder weniger vom Volk herausgepreßt werden.“57 55 DÖW 15.991 DÖW 8.633 57 DÖW 16.011 56 40 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Seeber wird wegen „Vergehens nach dem Heimtückegesetz“ in das Amtsgericht Taxenbach eingeliefert. Über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Ägyd Sulzenbacher, dem Seeber einige Eier geschenkt hat, wird „wegen Verkaufs von bezugsscheinpflichtigen Lebensmitteln (Eiern)“ beim Landrat in Zell am See angezeigt.58 4.4.3 Das Beispiel Rosa Holzner Rosa Holzner lebt in Fusch; der aus Südtirol stammenden 41jährigen Hausbesorgerin wird eine kritische Bemerkung in Bruck über die Reichsregierung zum Verhängnis. Gegenüber der Reiterbäuerin Barbara Rattensberger äußert sie sich am 28. September 1939: „Es schaut für uns (Kriegslage) nicht gut aus, dem Hitler haben sie das Meer gesperrt, es kann nichts mehr zu uns her, es wurde Baumwolle uns schon ein abgefangen, Schiff es mit sind vielen mehrere Tausend Schiffe Tonnen und Unterseeboote versenkt worden, wir haben schon 150.000 Tote und sind uns uns schon 400 Flugzeuge abgeschossen worden.“59 Die Reiterbäuerin meldet den Vorfall umgehend der Gendarmerie, umfangreiche Ermittlungen werden eingeleitet. Am 4. Oktober wird Frau Holzer von der Gestapo festgenommen. Am 23. November 1939 findet eine Sondergerichtsverhandlung in Salzburg statt. Rosa Holzner wird nach dem „Heimtückegesetz“ angeklagt. Über das Urteil und das weitere Schicksal ist in den einschlägigen Archiven leider nichts mehr zu finden.60 4.4.4 Arbeiter der Firma Redlich & Berger Ein Gespräch im März 1941 unter Arbeitskollegen bringt auch drei Arbeiter der Firma Redlich & Berger in Bruck vor Gericht. Vor Arbeitsbeginn äußern sich die Arbeiter kritisch gegenüber dem Regime. Mehrere Kollegen denunzieren den 52jährigen Josef Oberlader, den 52jährigen Johann Zaisberger und den 58 DÖW 16.011 DÖW 16.036 60 DÖW 20.491/75 59 41 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 48jährigen Josef Herzog bei den Behörden. Am 10. Februar 1942 kommt es im Oberlandesgericht Wien zu einem Prozess wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ gegen die drei Arbeiter aus Bruck. Josef Oberlader wird zu vier Jahren, Johann Zaisberger zu drei Jahren und Josef Herzog zu einem Jahr und neun Monaten Zuchthaus verurteilt. Johann Zaisberger verbüßt seine dreijährige Haftstrafe im Zuchthaus Amberg und wird anschließend, im August 1944, in das Konzentrationslager Dachau eingeliefert, wo er bis zur Befreiung interniert ist.61 Nach dem Krieg kommt es zu zahlreichen Prozessen vor dem Volksgericht in Linz wegen Denunziation im NS-Staat. Auch Bruckerinnen und Brucker sind davon betroffen. 4.4.5 Das Beispiel Anton Werber Der 64jährige Fürsorgebeamte und Altbürgermeister von Zell am See, Anton Werber, ist im Frühjahr 1945 dienstlich in Bruck unterwegs. Dabei wird er von Josefa Schobersteiner, geb. 2.1.1895, angesprochen und in eine Diskussion über den Kriegsverlauf verwickelt. Werber tröstet sie und sagt, „dass das nicht mehr lange dauern wird, weil der Krieg seinem Ende zugeht und sowieso schon verloren sei.“62 Josefa Schobersteiner, Mitglied der NSDAP und Blockleiterin der Deutschen Arbeitsfront, meldet die Äußerung Werbers an die Leitung der Partei. Werber wird am 29. April 1945, Stunden vor dem Selbstmord Hitlers, von SS und Gendarmerie verhaftet und der Gestapo übergeben. Die Hinrichtung Werbers wird noch für denselben Tag angeordnet. Mit der offensichtlichen Unterstützung des Gestapobeamten Fötschl gelingt Werber die Flucht nach Salzburg.63 Am 2. April 1946 wird gegen Josefa Schobersteiner vom Landesgericht Linz als Volksgericht ein Verfahren wegen Denunziation eingeleitet. Tathergang laut Gendarmerie: "Josefa Schobersteiner hat im Februar oder März 1945 den Leiter des Fürsorgeamtes in Zell am See Anton Werber, 61 DÖW 8.199 und 18.833 OÖLA, LG Linz, Vg 8 Vr 1249/46, Vernehmungsniederschrift Anton Werber, S 3 63 OÖLA, LG Linz, Vg 8 Vr 1249/46, Vernehmungsniederschrift Anton Werber, S 3 ff 62 42 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 wohnhaft in Zell am See, Brückengasse 112, wegen politischer Äußerungen im Wege der Kreisfrauenschaftsleiterin Grießenauer in Zell am See zur Anzeige gebracht, worauf gegen denselben von der Gestapo ein Verfahren eingeleitet wurde und Werber lt. seinen eigenen, beigegeschlossenen niederschriftlichen Angaben, noch am 29.4.1945 hätte liquidiert werden sollen, welchen Verfahren er sich noch im letzten Moment durch Flucht entziehen konnte."64 Josefa Schobersteiner wird am 1. Oktober 1946 zu sechs Monaten Kerker und dem Ersatz der Kosten für das Verfahren verurteilt.65 4.4.6 Das Beispiel Anna und Franz Renner Die 37jährige Hausfrau Anna Renner, geb. Hutter, in Fusch, ist im Mai 1943 bei Näharbeiten in der Werkstatt von Marianne Grabmayer, als ein ihr damals unbekannter Mann eintritt. Sie kommen ins Gespräch und Anna Renner erklärt: "Es ist höchste Zeit, mit dem Krieg aufzuhören. Das wäre nicht so schlimm, wenn die Russen reinkämen, denn die Russen und Kommissare sind auch Menschen. Den bei uns befindlichen Russen und Ukrainern geht es ja auch nicht gut. Wenn der Krieg verloren wird, kommt im übrigen Otto von Habsburg wieder und dann geht es uns wieder gut. Die Großköpfigen sind alle gleich und der Führer ist nicht besser als Stalin und das alles ist nur Propaganda. Das war auch nicht notwendig, daß wir mit den Juden so umgegangen sind."66 Ihr Gesprächspartner ist Alfred Maier, geb. 9.10.1920, in Saalfelden, wohnhaft in Fusch, NSDAP Mitglied und Mitglied der SA. Er meldet den Vorfall mündlich und schriftlich dem damaligen Ortsgruppenleiter Josef Frauscher67. Frau Renner wird am 28.1.1944 deshalb wegen "Vergehens gegen das Heimtückegesetz" zu einer 64 OÖLA, LG Linz, Vg 8 Vr 1249/46, Anzeige der Gendarmerie Bruck an die Staatsanwaltschaft OÖLA, LG Linz, Akt Vg 8 Vr 1249/46, Urteil des Landesgerichtes Linz als Volksgericht, 1.10.1946 66 OÖLA, LG Linz, Vg 8 Vr 2852/47, Haftbefehl Sondergericht LG Salzburg, 12.1.1944 67 Der stellvertretende Ortsgruppenleiter Josef Frauscher ist in den Jahren 1942 und 1943 offiziell Ortgruppenleiter in Bruck. 65 43 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 16 monatigen Zuchthausstrafe verurteilt. Bei dieser Verhandlung wird ihr auch das Verhalten ihres Mannes, der 1941 zu einem Jahr Zuchthaus verurteilt wurde, als erschwerend angelastet. Auch Franz Renner habe sich damals kritisch gegenüber dem Regime geäußert.68 Im Mai 1948 kommt es zur Anklage in der „Strafsache gegen Alfred Maier, geb. 9.10.1920, in Saalfelden, wohnhaft in Fusch, Hilfsarbeiter und Josef Frauscher, geb. 12.9.1906, in Grödig wohnhaft in Bruck, Elektriker.“ Alfred Maier und der stellvertretende Ortsgruppenleiter Josef Frauscher werden wegen Denunziation von Frau Renner von der Staatsanwaltschaft am 20. Mai 1948 angeklagt. Josef Frauscher, NSDAP Mitglied seit 1931, Ortsgruppenleiter in Bruck, und Mitglied der SA wird ebenfalls wegen Hochverrats angeklagt. Alfred Maier wird vom Volksgericht Linz wegen Denunziation zu dreieinhalb Monaten, Josef Frauscher wegen Hochverrats zu 14 Monaten Kerker verurteilt. Vom Vorwurf der Denunziation wird Frauscher freigesprochen.69 5 Caritas Anstalt St. Anton Im August 1921 kauft der Caritasverband das so genannte „Traunergut“ in Hundsdorf. Das Gut liegt unmittelbar neben dem Franziskanerkloster. 1922, ein Jahr später, wird am Gut eine „Anstalt für schwachsinnige Kinder“ gegründet. Die Kinder werden von den „Vöcklabrucker Schulschwestern“ betreut.70 Die Nachfrage nach Heimplätzen ist nach dem ersten Weltkrieg, der große wirtschaftliche Probleme, Hunger und Elend nach sich zieht, sehr groß; die Zimmer sind ab Herbst 1923 überfüllt: 45 Zöglinge werden von 10 Schwestern betreut. Weiters leben sieben Obdachlose der Gemeinde Bruck und 18 Angestellte in der Anstalt.71 68 OLG, LG Linz, Vg 8 Vr 2852/47, Vernehmungsniederschrift Renner, Gendarmerie Bruck, 6.6.1946 69 OLG, LG Linz, Vg 8 Vr 2852/47, Urteil 20.5.1948 70 Vgl. Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“ S 6 ff 71 Vgl. Inghwio aus Schmitten: http://bidok.uibk.ac.at/library/schmittenschwachsinnig.html#idp9934960 44 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 5.1 Philipp Bouhler und das „NS-Euthanasieprogramms – T4“. Im Gefolge von Hermann Göring befindet sich im Mai 1945 auch das Ehepaar Philipp und Josephine Bouhler im Pinzgau. SS-Obergruppenführer Philipp Bouhler, Beauftragter des nationalsozialistischen Euthanasieprogrammes, geb. 11. September 1899 in München, tritt bereits 1922 der NSDAP und am 20. April 1933 der SS bei. 72 1934 wird Bouhler zum Polizeipräsidenten in München ernannt. Dieses Amt tritt er nie an, da er von Adolf Hitler persönlich nach Berlin bestellt wird, um die Leitung einer neuen „Kanzlei des Führers“ zu übernehmen. Bouhler gilt als Bürokrat und ehrgeiziger Parteigenosse. Anfang 1939, wenden sich die Eltern eines schwer behinderten Babys an die Kanzlei des Führers und bitten um den Gnadentod für das Baby. Dieser Fall bildet eine der Grundlagen des so genannten „NS-Euthanasieprogramms – T4“. Die Zentrale wird aus Tarnungsgründen von der Kanzlei des Führers getrennt. Hitler will damit nicht persönlich in Verbindung gebracht werden. Die Zentrale arbeitet seit 1940 in Berlin-Charlottenburg, Tiergartenstraße 4 und erhält die Kurzbezeichnung „T4“. Da Hitler die Angelegenheit geheim halten will, kommt die übliche Form der Bevollmächtigung durch einen Führer-Erlass oder ein Gesetz nicht in Frage. Ende Oktober 1939 unterschreibt Hitler auf privatem Briefpapier einen auf 1. September 1939 zurückdatieren Geheimbefehl: „Reichsleiter Bouhler und Verantwortung beauftragt, Dr. die med. Brandt Befugnisse sind unter namentlich zu bestimmender Ärzte so zu erweitern, daß nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranker bei kritischer Beurteilung ihres Krankheitszustandes der Gnadentod gewährt werden kann.“ 73 In den Jahren 1941 und 1942 werden in diesem Programm rund 70.000 geistig und körperlich behinderte Menschen ermordet. Im Mai 1945 werden Bouhler und seine Frau gemeinsam mit Hermann Göring von amerikanischen Soldaten festgenommen und in das Schloss Fischhorn gebracht. Beim Transport in das 72 73 Vgl. http://verwaltungshandbuch.bayerische-landesbibliothek-online.de/bouhler-philipp Vgl. Jeremy Noakes: „Philipp Bouhler und die Kanzlei des Führers der NSDAP“, In: Dieter Rebentisch, Karl Teppe (Hg.): Verwaltung contra Menschenführung im Staat Hitlers, Studien zum politisch-administrativen System, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1986 S 208-237 45 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Internierungslager Dachau, am 19. Mai 1945, begeht Philipp Bouhler Selbstmord mit einer Zyankalikapsel.74 Josephine Bouhler wählt Wochen später den Freitod im Schloss Fischhorn. Sie stürzt sich aus dem Fenster des Schlosses. Gendarmeriebericht vom 3. Juni 1945 „Selbstmord der 32 jährigen Josefine Bouhler, Gattin des gefangenen (?) Reichsleiter Phillip Bouhler durch Sprung (…) im IV Fenster…“ Stockwerks des Schlosses Fischhorn gelegenen 75 5.2 „Euthanasieopfer“ aus St. Anton Die Caritas Anstalt St. Anton in Bruck beherbergt beim „Anschluss“ 1938 rund 40 „Hilfsschüler“ und rund 35 Arbeitszöglinge, die geistig und teilweise auch körperlich beeinträchtigt sind. Hitlers Geheimbefehl trifft auch BewohnerInnen der Caritas Anstalt St. Anton. Christina Nöbauer: „Die von der Caritas geführte Anstalt und ihre BewohnerInnen gerieten nach dem ‚Anschluss‘ Österreichs bald ins Visier der nationalsozialistischen ‚Ausmerzungs‘- und Tötungsmaschinerie. Beamte des Regimes unterzogen die Anstalt während der NS-Zeit mehrfach einer Visitation. Wahrscheinlich im ersten Halbjahr 1940 – der genaue Zeitpunkt ist nicht bekannt – mussten, wie in anderen Anstalten auch, in der CA St. Anton für alle BewohnerInnen Meldebögen ausgefüllt werden, die die Basis für die Selektion bildeten. Mindestens 45 ehemalige BewohnerInnen der Caritasanstalt St. Anton verloren in der Zeit des Nationalsozialismus durch die „Euthanasie“ ihr Leben. Sechs der insgesamt 45 Opfer waren im Juni 1940 in St. Anton untergebracht und wurden gemeinsam von St. Anton in die Landesheilanstalt Niedernhart in Linz gebracht. Dort starben zwei und in Hartheim die anderen vier 7474 75 Vgl. http://verwaltungshandbuch.bayerische-landesbibliothek-online.de/bouhler-philipp Gendarmeriechronik Bruck, 3.6.1945 46 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 aus dieser Gruppe. Sie waren die ersten Opfer, die auf Salzburger Boden abtransportiert wurden. Die anderen 38 von insgesamt 45 Opfern hatten vor Juni 1940 kürzer oder länger in St. Anton verbracht und lebten zur Zeit ihrer Deportation nicht mehr in St. Anton, sondern in anderen Anstalten oder bei ihren Eltern. Zwei von diesen 38 Opfern kamen Rahmen in der der Kinderfachabteilung ‚Kinder-Euthanasie‘ ‚Am zu Spiegelgrund‘ Tode, drei in 76 im der Landesheilanstalt Niedernhart. Alle anderen starben in der Vernichtungsanstalt Hartheim. (…) Mindestens eine Bewohnerin wurde auf Grund eines Beschlusses des Salzburg‘ ‚Amts- als zwangssterilisiert, diesbezügliche Verfahren mit Erbgesundheitsgericht bei einem einer weiteren derzeit das unbekannten Ergebnis durchgeführt.“77 5.3 Deportation im Juni 1940 Anfang Mai 1940 werden in der Tötungsanstalt Hartheim in Oberösterreich die ersten Opfer ermordet; ein Monat später, im Juni 1940, erfolgt die Deportation der Kinder aus der Caritas Anstalt St. Anton. Christina Nöbauer hat in ihrer Dokumentation das Schicksal der Opfer in St. Anton recherchiert:78 - Franz Födinger, geb. 12. Juli 1920 in Schörfling am Attersee (OÖ), kommt 1926 im Alter von sechs Jahren nach St. Anton, wo er bis zur Deportation 1940 lebt. Er wird in Hartheim ermordet. - Anna Hochleitner, geb. 25. Oktober 1910 in Ort im Innkreis (OÖ), kommt 1923 im Alter von 13 Jahren nach St. Anton, wo sie bis zur Deportation 1940 lebt. Sie wird in Hartheim ermordet. 76 Psychiatrische Anstalt „Am Steinhof“ in Wien Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“ S 58 ff 78 Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“ S 18 ff 77 47 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 - Hermann Leidlmeier (Leidlmair?), geb. 27. Mai 1929 in Wels (OÖ), kommt 1935 im Alter von sechs Jahren nach St. Anton, wo er bis zur Deportation 1940 lebt. Er wird in Hartheim ermordet. - Emma Reithmeier, geb. 27. Februar 1925 in Uttendorf (OÖ), kommt 1938 im Alter von 13 Jahren nach St. Anton, wo sie bis zur Deportation 1940 lebt. Sie wird in Hartheim ermordet. - Alois Wiesmaier (Wiesmayr?), geb. 2. Dezember 1911 in Wernstein (OÖ), kommt 1927 im Alter von 16 Jahren nach St. Anton, wo er bis zur Deportation 1940 lebt. Er stirbt in Niedernhart und ist vermutlich ein Opfer der „NS-Euthanasie“. - Theresia Winklbauer, geb. 7. Jänner 1923 in St. Marienkirchen (OÖ), kommt 1931 im Alter von achteinhalb Jahren nach St. Anton, wo sie bis zur Deportation 1940 lebt. Sie stirbt wenige Tage später in Niedernhart. Auch sie ist vermutlich ein Opfer der „NS-Euthanasie“.79 5.4 Deportation im Mai 1941 Unmittelbar nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 wird das vom Orden der „Barmherzigen Schwestern“ Nationalsozialisten aufgelöst. geleitete Die „Konradinum dort Eugendorf“ untergebrachten von den behinderten und pflegebedürftigen Kinder werden in den Anstalten Mariathal bei Kramsach (Tirol), Schloss Schernberg in St. Veit im Pongau und die Caritas Anstalt St. Anton in Bruck untergebracht.80 Am 25. Mai 1941 werden auch sie mit zwei Autobussen nach Hartheim deportiert und dort ermordet: - Leonhard Hollaus, geb. 4. Juni 1924 in Piesendorf, Bezirk Zell am See - Wilhelm Höpfinger, geb. 19. Jänner 1933 in der Stadt Salzburg - Georg Michael Schwaighofer, geb. 11. Februar 1928 in Hallwang, Bezirk Salzburg 79 80 - Johann Seeber, geb. 7. Mai 1929 in St. Veit im Pongau - Franziska Speckinger, geb. 1916 in der Stadt Salzburg - Katharina Wagner, geb. 1901 in der Stadt Salzburg - Siegfried Walcher, geb. 7. April in Westendorf, Tirol Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“ S 18 ff Vgl. Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“ S 20 48 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 - Franz Zopf, geb. 5. November 1931 in Straßwalchen, Bezirk Salzburg 81 Im selben Transport sind auch ehemaligen BewohnerInnen der Caritas Anstalt St. Anton. Diese BewohnerInnen sind seit 1939 im Kloster Mariathal bei Kramsach untergebracht. Am 25. Mai 1941 werden auch sie nach Hartheim deportiert und ermordet: - Hermann Auer, geb. 20. November 1920 in Au, Gemeinde St. Martin bei Lofer, Bezirk Zell am See - Otto Haidler, geb. 2. Juli 1924 - Rudolf Orthner, geb. 28. Jänner 1920 in der Stadt Salzburg - Albert Rangetiner, geb. 14. Juni 1934 in Bramberg am Wildkogel, Bezirk Zell am See - Mathias Rottensteiner, geb. 3. September 1923 in Tamsweg, Bezirk Lungau - Rupert Zanelli, geb. 14. September 1923 in Mühlegg, Salzburg82 5.5 Das Schicksal ehemaliger BewohnerInnen der Caritas Anstalt Ehemalige BewohnerInnen der Caritas Anstalt, die vor der ersten Deportation im Juni 1940, aus St. Anton zu ihren Eltern entlassen oder in anderen Anstalten untergebracht sind, werden ebenso nach Hartheim bzw. Niedernhart gebracht und ermordet. Es sind dies: Peter Altmann (geb. 16. März 1913 in Maishofen), Richard Aspöck (geb. 14. Juni 1919 in Salzburg), Johann Böckl (geb. 5. April 1921 in St. Gilgen), Herta Maria Buchmair (geb. 5. Oktober 1924 in Landeck), Peter Buchner (geb. 24. Jänner 1915 in Kaprun), Maria Egger (geb. 20. März 1908 in Innsbruck), Johann Haunschmied (geb. 16. Mai 1914 in Freistadt), Josef Hoch (geb. 2. März 1921 in Liefering), Therese Klammer (geb. 5. Juni 1914 in Wien), Peter Kocher (geb. 27. Juni [Juli?] 1917), Erich Meglitsch (geb. 26. April 1919 in St. Margarethen Stmk.), Franz Neudorfer (geb. 30. Juni 1911 in Attnang Puchheim), Gertraud Oberreiter (geb. 11. Juni 1924 in St. Johann im Pongau), Maria Oppeneiger (geb. 24. Juni 1921 in Böckstein bei Bad Gastein), Ingeborg Ortner (geb. 1. März 1925 in Salzburg) Ursula Ortner (geb. 2. April 1913 in Flachau im Pongau), Josef Prentner (geb. 29. Mai 1924 in Pichl bei Windischgarsten), Michael 81 82 Vgl. Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“ S 20 ff Vgl. Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“ S 22 ff 49 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Scharfetter (geb. 25. September 1919 in Muhr Bezirk Tamsweg), Heinrich Schauer (geb. 12. Juli 1927 in Vöcklabruck OÖ), Hildegard Schmalnauer (geb. 26. Juni 1916 in Strobl, Salzburg), Mathilde Traunwieser (geb. 14. Dezember 1924 in Neumarkt am Hausruck), Aloisia Wallmann (geb. 16. Juni 1912 in Gnigl, Salzburg).83 5.6 „Kinder-Euthanasie“ am Wiener „Spiegelgrund“ Die Kinderfachabteilung „Am Spiegelgrund“ befindet sich im Gelände der „Heilund Pflegeanstalt Am Steinhof“ auf der Baumgartnerhöhe im 14. Wiener Gemeindebezirk. Dort werden in der Zeit des Nationalsozialismus an die 800 Kinder im Alter von null bis 18 Jahren mit angeblicher körperlicher oder geistiger Behinderung ermordet. Nachweislich 14 der Opfer stammen aus Salzburg. Unter dem verharmlosenden Begriff der "Euthanasie" (griechisch für "schöner Tod") töten ÄrztInnen all jene Kinder, die von ihnen als "bildungsunfähig" und "Dauerkosten" verursachend eingestuft werden oder interessantes medizinisches Material für die Gehirnforschung abgaben. 84 Zwei namentlich bekannte Bewohnerinnen der Caritas Anstalt St. Anton werden „Am Spiegelgrund ermordet: - Gertrude Siebinger wird am 10. Februar 1925 in Langenlois (NÖ) geboren. Das damals 10jährige Mädchen ist vom 10. Dezember 1934 bis 28. Juni 1936 in der Caritas Anstalt St. Anton untergebracht und besucht dort die Hilfsschule. Im Oktober 1941 wird Gertrude Siebinger in Steinhof aufgenommen. Die Aufnahmeuntersuchung führt Dr. Heinrich Gross durch. Am 17. März 1942 stirbt Gertrude Siebinger im Alter von 17 Jahren.85 - Christine Pfeffer wird am 28. Dezember 1930 in Fusch an der Großglocknerstraße geboren. Das damals 5jährige Mädchen ist vom 1. September 1935 bis 23. Juli 1936 in der Caritas Anstalt St. Anton untergebracht. Nach verschieden Aufenthalten bei ihren Eltern und der Landesnervenklinik Salzburg wird Christine Pfeffer im Frühjahr 1943 in 83 Vgl. Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“ S 24 ff Vgl. https://www.wien.gv.at/kultur/archiv/geschichte/spiegelgrund/ und Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“ S 34 85 Vgl. Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“ S 33 ff 84 50 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Steinhof aufgenommen. Am 16. Juni 1943 stirbt Christine Pfeffer im Alter von 12 Jahren.86 5.7 Zwangssterilisierung von „erbkranken Anstaltsinsassen“ Bis heute ist wissenschaftlich unklar, wie viele Menschen im Bundesland Salzburg Opfer der Zwangssterilisierung durch die Nationalsozialisten geworden sind. Christina Nöbauer konnte zumindest einen Fall in der Caritas Anstalt St. Anton dokumentieren: Elisabeth Hemetsberger wird am 16. August 1914 in Linz geboren. Die aus ärmlichen Verhältnissen stammende Elisabeth Hemetsberger durchwandert mehrere Pflegeplätze und wird schließlich als Fünfzehnjährige in der Caritas Anstalt St. Anton aufgenommen. Am 15. Mai 1943 teilt der Amtsarzt in Zell am See der Leitung der Caritas mit, dass „eine Aufschiebung der Unfruchtbarmachung nicht zugelassen wird.“ 87 Die 19jährige Elisabeth Hemetsberger wird trotz der Versuche der Verantwortlichen in der Caritas Anstalt die Zwangssterilisation zu verhindern oder diese wenigstens aufzuschieben, im Sommer 1943 im Landeskrankenhaus Salzburg zwangssterilisiert. 88 Christina Nöbauer geht davon aus, dass dies kein Einzelfall ist. Zwischen 1942 und 1943 ordnet der Betreiber der Zwangssterilisationen, Amtsarzt Dr. Josef Zillner in Zell am See, drei Transporte mit BewohnerInnen der Caritasanstalt St. Anton in die Landesheilanstalt Salzburg-Lehen an.89 6 Zwangsarbeit in der Region In den Kriegsjahren lässt sich die Versorgung mit Lebensmitteln nur mehr mit dem Einsatz von ZwangsarbeiterInnen in der Landwirtschaft aufrechterhalten, da die Bauern und deren Söhne an der Front sind. Das Ortsbild in der Region ist in diesen Jahren geprägt von zahlreichen Kriegsgefangenen und ZwangsarbeiterInnen, die in endlosen Märschen in der Region hin- und hergeschoben werden. In der Landwirtschaft werden vor allem polnische ZwangsarbeiterInnen eingesetzt. Aber auch französische und englische 86 Vgl. Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“ S 34 Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“ S 51 88 Vgl. Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“ S 43 ff 89 Vgl. Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“ S 56 ff 87 51 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Kriegsgefangene, die beispielsweise in der Caritasanstalt zum Einsatz kamen, werden zur Landarbeit gezwungen.90 ZwangsarbeiterInnen werden allerdings auch für wirtschaftliche Projekte eingesetzt: 1941 wird mit dem Bau der Schleppbahn zwischen Bruck und Kaprun begonnen; sie ist für die Errichtung des Kraftwerkes Kaprun notwendig. Für den Streckenbau werden vor allem französische Kriegsgefangene herangezogen.91 Zwischen 1940 und 1942 wird der Güterweg St. Georgen, die Verbindungsstraße von der Salzachtal Bundesstraße nach St. Georgen, von französischen Kriegsgefangenen errichtet.92 In Judendorf sind rund 20 russische Kriegsgefangene im Einsatz, sie müssen unter Tage im Magnesitwerk arbeiten. 93 Im September 1944 werden 150 Häftlinge aus dem Konzentrationslager Dachau für das von der Waffen-SS verwaltete Schloss Fischhorn in die Region gebracht und werden gezwungen, Bauarbeiten in den Wirtschaftsgebäuden zu verrichten. Ebenso werden 17 Häftlinge aus dem Konzentrationsaußenlager Hallein „Deislsteinbruch“, laut Zeitzeugin Agnes Primocic, für den Bau eines Luftschutzbunkers in der Region herangezogen. Die Häftlinge sind im fünf Kilometer entfernten Aufhausen in Holzbaracken untergebracht und müssen den täglichen Marsch zum Schloss und wieder zurück zu Fuß antreten.94 ZeitzeugInnen erinnern sich: Zeitzeugin Susanne Pinn: …Zwangsarbeiter, vor allem Polen und Ukrainer waren bei den Bauern eingesetzt. (…) Ist es ein guter Bauer gewesen, haben es die Gefangenen auch gut gehabt und ist es ein schlechter Bauer gewesen, dann ist es allen schlecht gegangen… Auch bei der Schleppbahntrasse zwischen Bruck und Kaprun waren sie beschäftigt (…) Die Behandlung der Nationen war unterschiedlich… Jene Länder, die von den Deutschen besetzt waren, hatten es besser… Einige haben gesungen und waren lustig. (…) Das Gegenteil war: Jeden Tag, wenn wir in die Schule gingen, ist uns ein Trupp mit etwa 20 Russen von der Nachtschicht entgegengekommen. Der Trupp wurde von einem halbinvaliden, Einäugigen mit einem Gewehr bewacht. 95 Sie waren hinter Judendorf im Magnesitwerk eingesetzt. 90 Vgl. Max Effenberger: Brucker Heimatbuch, S 160 Vgl. Max Effenberger: Brucker Heimatbuch, S 511 92 Vgl. Max Effenberger: Brucker Heimatbuch, S 55 und Gendarmeriechronik Bruck, undatiert 1941 93 Zeitzeugeninterview Susanne Pinn, 10.2.2014, (Aufzeichnung beim Verfasser) 94 Vgl. Rainer Hochhold: Zell am See, Eine historische Zeitreise, S 333 ff 95 Für die Bewachung der Kriegsgefangenen wird aus Personalmangel bei der Gendarmerie eine so genannte „Landwacht“ eingeführt; sie untersteht direkt der Gendarmerie und besteht hauptsächlich aus wehruntauglichen Personen. 1942 sind in Bruck 5 Männer dafür abgestellt. (Gendarmeriechronik Bruck, 1.3.1942) 91 52 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Gewohnt haben sie in einem ganz alten, verfallenen Bauernhaus. Das Werk hat einem gewissen Plattner von Tirol gehört. Das Glück für die Russen war, dass der Obersteiger 96 früher mal in Russland war und Russisch gekonnt hat und immer für seine Arbeiter zu den Bauern Kartoffeln betteln gegangen ist. Er hat immer gesagt, er braucht etwas für „seine Leit“. So hat er sie genannt… 97 Zeitzeuge Matthias Katsch: …an einen ganz scharfen SS Oberscharführer aus Piesendorf, er war verwundet und hatte nur ein Auge, kann ich mich noch genau erinnern. Er war in der Limbergsperre in Kaprun eingesetzt, dort waren die Gefangenen untergebracht. Ich war da einmal beim Mittagessen, als ich gesehen habe, wie zwei Gefangene von ihm aus dem Kühlraum gebracht wurden. Wenn die Gefangenen etwas ausgefressen haben, hat man sie in den Kühlraum gesperrt. Ich weiß noch genau, ganz weiß und starr sind die Beiden gewesen… 98 Die Versorgung der Zwangsarbeiter mit ausreichenden Lebensmitteln ist offensichtlich nicht gegeben. Berichte der Gendarmerie dokumentieren die Zustände der Zeit in der Region. Zwangsarbeiter leiden unter Hunger und versuchen durch Einbrüche und Diebstähle von Lebensmitteln ihre Situation zu verbessern: Die Zwangsarbeiter versuchen sich auf eigene Faust zu ernähren. In der Nacht zum 20. Oktober 1944 beispielsweise wird in die Bäckerei Leeb eingebrochen und Brot entwendet. Als Täter werden zwei russische KZ-Häftlinge aus dem Arbeitslager Weißsee im Stubachtal ausgeforscht. Lisitsch 99 und Leonit Tscherkassow werden aufgegriffen und festgenommen.100 6.1 Großeinsatz nach einem Spanferkeldiebstahl Am 23. April 1943 werden beim Wimmbauern Johann Hutter zwei Spanferkel gestohlen. Der Verdacht fällt sofort auf vier russische Kriegsgefangene, die in der Nacht davor aus dem Lager Zeferet in Kaprun geflüchtet sind. Dabei handelt es sich um die vier sowjetischen Offiziere Sodko, Bjetni, Makuschin und Gutkow. Gendarmen aus Kaprun, Bruck, Fusch, Taxenbach und Lend durchkämmen die Gegend. Südlich von Bruck werden zwei russische Kriegsgefangene bei der 96 Steiger ist Aufsichtsperson im Bergbau Zeitzeugeninterview Susanne Pinn, 10.2.2014, 98 Zeitzeugeninterview Matthias Katsch 10.2.2014 99 Vorname in der Gendarmeriechronik unleserlich 100 Gendarmeriechronik Bruck, 23.10.1944 97 53 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Zubereitung der Ferkel ertappt. Einer der Gefangenen wird sofort erschossen, der zweite kann flüchten. Makuschin und Gutkow werden in Rauris festgenommen und am 9. Mai 1943 in das Konzentrationslager Dachau eingeliefert. Gutkow gelingt ein zweites Mal die Flucht.101 Der Gefangene Wefil (?) Bjetni, erschießt bei einem Einbruchsversuch den Gendarmen Johann Reinel in Thumersbach und flüchtet. Beim Ronachgut in Thumersbach wird er von einem einheimischen Fronturlauber erschlagen.102 6.2 Zivilcourage in der Gemeinde am Beispiel Maria Eder Nicht alle sehen der schlechten Behandlung der ZwangsarbeiterInnen tatenlos zu. Die 59jährige Bergbäuerin Maria Eder, Mutter von 13 Kindern, Trägerin des goldenen Ehrenkreuzes der deutschen Mutter, Mitglied des Deutschen Frauenwerks und Mitglied der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV), ist politisch unverdächtig. Sie zeigt Zivilcourage: Am 8. Jänner 1940 schreibt sie eine Postkarte an die „Salzburger Landeszeitung“. Das Schreiben der Bergbäuerin Eder gibt Einblick in die Lebenssituation der Gefangenen: „Ihren Zeitungsantrag weise ich zurück, verwende dafür das Geld zur Erleichterung des Loses der armen Gefangenen in Kaprun, die doch auch nichts dafür können, daß sie da sein müssen. Eine solche Behandlung ist eine Schande für uns Deutsche. Aller Mittel entblößt, ohne Socken und Handschuhe auf dem Bau arbeiten bei der Kälte und der Kost uneingemachtes Kraut und Wrukensuppe zum Mittagessen, wo doch immer geschrieben wird, daß es keine Not gibt im Lande.“103 Am 17. Jänner 1940 wird Maria Eder auf Grund der Postkarte von der Gestapo wegen „Vergehens nach dem Heimtückegesetz, bzw. Verbreitung falscher Gerüchte“ verhaftet und in das Amtsgericht Zell am See eingeliefert. 104 Frau Eder 101 Vgl. Christina Nöbauer: „NS-Zwangsarbeit in Kaprun“ S 234, In: „Kaprun im Wandel“, Redaktion: Waltraud Moser-Schmidl/ Hannes Wartbichler (Hg.) Gemeinde Kaprun 2013 102 Gendarmeriechronik Bruck 1.5.1943 103 DÖW 16.008, Postkarte von Maria Eder 104 Vgl. Widerstand und Verfolgung in Salzburg 1934-1945, Bd. 2, S 384 und DÖW 16.008 54 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 hat Glück. Sie trifft auf einen Gendarmen, der sie schließlich wieder nach Hause schickt. Auch der junge Schupferbauer hat Glück. Sein „Vergehen“ besteht aus Mitgefühl mit russischen Kriegsgefangenen; er schenkt ihnen eine Zigarette und wird dabei beobachtet. Eine Anzeige von Ing. Weissag vom 25. April 1942 beschäftigt deshalb Kreisleiter, Gendarmerie und Landrat: „Am 17.4.42 um 15:00 Uhr wurde der junge Schupferbauer, Bruck-Krössenbach, betroffen wie er drei bei der Schleppbahn eingesetzte Sowjet-Gefangene Zigaretten schenkte... (...) Allerstrengste Verwarnung wird empfohlen.“105 Die Angelegenheit wird mit einer strengen Verwarnung zu den Akten gelegt. 6.3 Das Beispiel Agnes Primocic „Nicht stillhalten, wenn Unrecht geschieht“ 106 , so lautet das Lebensmotto von Agnes Primocic. Ab 1944 werden im Schloss Fischhorn, einem Außenlager des Konzentrationslagers Dachau, rund 150 Häftlinge zu Bauarbeiten herangezogen (siehe auch Kapitel Fischhorn). Die Häftlingsbaracken befinden sich nicht direkt im Schloss, sondern im etwa fünf Kilometer entfernten Aufhausen. Mit den Häftlingen aus Dachau sind im Lager auch 17 Häftlinge des Halleiner KZ-Außenlagers „Deislsteinbruch“ untergebracht. Sie werden, so die Erinnerung von Frau Primocic, gezwungen einen Luftschutzbunker in Fischhorn zu errichten.107 Agnes Primocic, am 30. Jänner 1905 in Hallein geboren, ist Kommunalpolitikerin der KPÖ und Widerstandskämpferin. Sie rettet mehreren KZ Häftlingen das Leben und will auch den Häftlingen in Fischhorn helfen. Sie versucht, gemeinsam mit einer Freundin, den Häftlingen Kleider zukommen zu lassen. Primocic erinnert sich: 105 SLA, HB Akte, Karton 101; 1942 213,301-303,402-409 Michaela Zehetner (Hg.): Nicht stillhalten, wenn Unrecht geschieht. Die Lebenserinnerungen von Agnes Primocic; Salzburg 2004 107 Vgl. Rainer Hochhold: Zell am See, Eine historische Zeitreise, S 333 f 106 55 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 „Jedenfalls haben die Ziegleder Mali und ich zwei Koffer voller Bruck Kleider im zusammengebracht Pinzgau gebracht. hineingebracht haben, gewesen. ich Aber sind habe und Und im Bruck das Zug haben es war so. schon gekannt, hinein Als immer ich war nach wir es Kontrollen einmal am Glockner – und habe mir gedacht, das ist ohnehin so ein kleiner Bahnhof am Land draußen. Aber nichts – anders is es gewesen. Der Bahnhof war abgesperrt mit zwei Seilen und man konnte nicht außen herumgehen.“108 Agnes Primocic, Ehrenbürgerin von Hallein, stirbt im April 2007 im Alter von 102 Jahren in ihrer Geburtsstadt. 2005 wird sie für ihr Engagement mit dem Goldenen Verdienstkreuz des Landes Salzburg ausgezeichnet. 6.4 „Verbotener Umgang“ mit Kriegsgefangenen Jeder Umgang mit Kriegsgefangenen und osteuropäischen ZivilarbeiterInnen ist im NS-Staat verboten und wird strafrechtlich verfolgt. Die Durchsetzung dieser Regelung ist nur durch die Mitarbeit der Bevölkerung möglich. Denunziation und die Bereitschaft gegenseitiger Überwachung sind dafür Grundvoraussetzung. Der Kontakt zwischen der einheimischen Bevölkerung und AusländerInnen ist unerwünscht. Das beginnt bereits beim Geben von Trinkgeldern, Zigaretten oder Getränken. Das Verbot des sexuellen Kontaktes zwischen Deutschen und AusländerInnen betrifft alle Nationen, wird jedoch unterschiedlich geahndet. Bei Betroffenen etwa aus Holland, Frankreich, Norwegen etc. wird keine Strafverfolgung eingeleitet, sie werden den „germanischen Völkern“ zugeordnet. „Westlichen“ ZivilarbeiterInnen aus Italien, Frankreich, Ungarn, Spanien etc. ist der sexuelle Kontakt prinzipiell erlaubt. Für Polen oder sowjetische Kriegsgefangene bedeutet der sexuelle Umgang mit deutschen Frauen in der Regel die Todesstrafe für die Gefangenen.109 108 Michaela Zehetner: Nicht stillhalten, wenn Unrecht geschieht. S 57; zit. in: Rainer Hochhold: Zell am See, Eine historische Zeitreise, S 334 109 Vgl. Alois Nußbaumer: „Fremdarbeiter“ im Pinzgau, Salzburg/Wien 2011, S 108 56 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Zwischen 1941 und 1943 finden mehrere Sondergerichtsverhandlungen wegen „Verbrechens des verbotenen Umgangs mit Kriegsgefangenen“ am Landesgericht Salzburg statt. „Deutsche Frauen aus dem Pinzgau“, so die Anklageschrift, werden dabei zu Haftstrafen zwischen drei Monaten und drei Jahren verurteilt. Ihnen wird sexueller Kontakt mit Kriegsgefangenen vorgeworfen. 110 Im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes finden sich Unterlagen zu zahlreichen derartigen Prozessen in Salzburg. Als Beispiel sei hier das Schicksal von Anna W. angeführt: Am 25. Juni 1941 kommt es im Landesgericht Salzburg zur Hauptverhandlung gegen Anna W., aus Bruck, geb. am 21.7.1920 wegen Vergehens nach der Wehrkraftschutzverordnung. Ihr wird verbotener Umgang mit Kriegsgefangenen vorgeworfen. Auszug aus der Beilage des Verhandlungsprotokolls: „Die Angeklagte bekennt sich schuldig, mit dem französischen Kriegsgefangenen Henry Dunglas im Februar 1941 5-bis 6mal im Vorhaus des Gastwirtes Hirschenwirt in Bruck geschlechtlich verkehrt zu haben (...)“111 Sie wird von Georg Heinz, ihrem Lebensgefährten, bei der Polizei angezeigt. Die Frau wird am 25. Juni 1941 vom Landesgericht Salzburg zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt.112 Der Historiker Alois Nußbaumer hat in den Tauf- und Sterbebüchern allein in den Gemeinden Bruck, Saalfelden, Maishofen und Kaprun 163 Kinder von „osteuropäischen Frauen“ gefunden, die in den Jahren zwischen 1941 und 1946 geboren werden. 20 dieser Kinder sterben bereits in den ersten Lebensmonaten, 20 weitere innerhalb eines Jahres. Die überlebenden Kinder bleiben entweder bei ihren Müttern oder werden als Pflegekinder bei einheimischen Familien untergebracht.113 110 Vgl. Alois Nußbaumer: „Fremdarbeiter“ im Pinzgau, Salzburg/Wien 2011, S 111 Vgl. Widerstand und Verfolgung in Salzburg 1934-1945, Bd. 2, S 412 und DÖW 20.491/48 112 Widerstand und Verfolgung in Salzburg 1934-1945, Bd. 2, S 414 und S 617; siehe auch Salzburger Landeszeitung vom 28.6.1941, S 7 113 Vgl. Alois Nußbaumer: „Fremdarbeiter“ im Pinzgau, Salzburg/Wien 2011, S 131 und 134 111 57 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 6.5 Das Schicksal von Giuseppe Groppo Giuseppe Groppo wird am 24. Oktober 1926 in Mason, Provinz Vicenza, geboren.114 Als 1943 deutsche Truppen Norditalien besetzen flüchtet Groppo in den Untergrund. Der damals 16jährige kommt in Gefangenschaft und wird am 5. Juni 1944 als Zwangsarbeiter zum Kraftwerksbau nach Kaprun verschleppt. Im Juli 1944 versucht er, schlecht ausgerüstet, hungrig und erschöpft, über die Alpen in seine Heimat zu flüchten. Mit einem schlichten Leinensack und ungeeigneter Kleidung irrt er im Gebiet zwischen Imbachhorn und Roßkar in der Nähe der Wachtbergalm (Gemeindegebiet Fusch/Bruck) umher. Er unterschätzt die alpinen Gefahren und stirbt an den Folgen von Hunger und Kälte im Gebirge. Die damals 14jährige Susanne Pinn und ihre Freundin Anni Ullmer finden die Leiche im Juli 1944 bei der Suche nach Almrosen und verständigen die Gendarmerie. Der junge Italiener wird schließlich, "nach Freigabe durch die Behörde", wie es im Bericht der Gendarmerie heißt, direkt am Fundort beerdigt. Zeitzeugin Susanne Pinn erinnert sich: …Im Juli 1944 bin ich mit der Münchnerin Anni Almrosen pflücken gegangen. Dann sehe ich auf einmal Schuhe. Da sitzt wer. Dann hab ich der Ullmer Anni, ich war damals 14 Jahre, gerufen. Wir haben zuerst geglaubt es ist eine Frau, weil sie so lange schwarze Haare hatte, die aus Liebeskummer da sitzt. Dann hab ich beim Näherkommen gesehen, dass nur mehr Knochen in den Schuhen drinnen sind. Daneben lag ein Leinensack. Wir sind davongelaufen und zur Reiteralm hinunter und haben es einem Jäger gesagt. Dann haben wir es der Gendarmerie in Fusch gemeldet. Ich habe später erfahren, dass es ein 19jähriger Italiener war, der aus Kaprun geflüchtet ist. Er wird die alpine Gegend nicht gekannt haben und ist offenbar erfroren. Die Gendarmen haben dem Schosser 115 vom Bäcker Anderl fünf Mark gegeben und der hat ihn dann oben eingegraben. (…) Und mich hat oft das Gewissen gedrückt, dass ich mir gedacht habe, dass seine Leute nichts von ihm wissen. Ich glaub nicht, dass die Gendarmerie es hinuntergemeldet hat. Das war ganz sicher im Juli 1944, weil, wie wir nach Hause gekommen sind, das weiß ich noch, haben sie gesagt, dass auf den Hitler ein Attentat verübt wurde... 116 Gendarmeriebericht vom 25. Juli 1944, Gendarmerie Fusch: 114 Bezirksgericht Bassano del Grappa Schosser ist neben dem Hirter und dem Melcher ein Bediensteter auf einer Alm; er ist für die Sauberkeit der Alm verantwortlich 116 Zeitzeugeninterview Susanne Pinn, 10.2.2014 115 58 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 „wurde zwischen Imbachhorn u. Roßkar, ca. 400 m oberhalb der Wachtbergalmhütte ein männl. Skelett aufgefunden. Dieses ist nach Freigabe durch die Behörde an der Fundstelle beerdigt worden. Nach umfangreichen Ermittlungen wurde festgestellt, daß der aufgefundene Tote mit Giuseppe Groppo, 24.10.1926 in Mazen 117 (Schrift unleserlich Anm. RL) - Italien geb., ident ist. Er war als ital. H.A. in Kaprun beschäftigt und ist am 17.6.44 von seiner Imbachhorngebiet erlegen sein.“ dürfe Arbeitsstelle er abgestürzt u. geflüchtet. den Im Verletzungen 118 Sein Name ist im „Bergopfer-Verzeichnis“ der Gemeinde Fusch angeführt. Neben dem Musikpavillon des Ortes ist eine mehrteilige Metallplatte zu finden, die neben Giuseppe Groppo zahlreichen Bergopfern aus dem In- und Ausland gedenkt. „Groppo Giuseppe, Italien, abgest. [abgestürzt Anm. RL] 25.7.1944, Imbachhorn“ Nachtrag: Nach Recherchen in Pfarren, Archiven und Meldeämtern in Italien kann die Familie Groppo nach 70 Jahren über das Schicksal von Giuseppe Groppo im Februar 2014 informiert werden. Zwei seiner Brüder leben heute, nach Informationen der Gemeinde, in Italien bzw. Australien; drei Neffen leben in Italien. 1951 wird Giuseppe Groppo offiziell als vermisst gemeldet. Laut Auskunft der Familie Groppo im August 2014 wurde der älteste Bruder von Giuseppe, G. Battista Groppo, am 27. April 1945, wenige Tage vor dem Selbstmord Adolf Hitlers, von deutschen Soldaten beim Rückzug in der Nähe seines Hauses ermordet. 117 Richtig ist Mason. Nach Angabe des Meldeamtes in Mason (Italien), ist in Mason am 24.10.1926 ein Kind mit dem Namen Giuseppe Groppo zur Welt gekommen. Er wurde im Jahr 1951 von den Registern des Dorfes nach einer Volkszählung gestrichen und im Jahr 1952 als vermisst in Deutschland, nach Angaben eines Aktes des Bezirksgerichtes von Bassano del Grappa, deklariert. 118 Gendarmeriechronik, Fusch an der Großglocknerstraße, 25.7.1944 59 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 7 Schloss Fischhorn Bekannt ist Fischhorn vor allem durch Reichsmarschall Hermann Göring. Er wird am Dienstag, den 8. Mai 1945, von amerikanischen Soldaten festgenommen und nach Fischhorn gebracht. Das Anwesen am westlichen Ortsende von Bruck spielt eine wesentliche Rolle in den letzten Tagen der NS-Ära. Führende SS-Funktionäre sind dort anwesend, da es in den letzten Kriegsjahren als SS-Remonteamt119, eine SS-Reitschule, benutzt wird, bevor es die Amerikaner im Frühjahr 1945 als Quartier in Beschlag nehmen. Um das Schloss ranken sich zahlreiche Legenden, Mythen und Gerüchte. Vor allem die Suche nach dem Bernsteinzimmer 120 beschäftigt Schatzsucher, Kunsthistoriker und Journalisten seit Jahren; in diesem Zusammenhang wird in der Literatur auch der Pinzgau genannt. Der ehemalige Gendarmeriebeamte Herbert Gold geht davon aus, dass das Bernsteinzimmer in zwei Transporten von SS-Männern nach Fischhorn geliefert worden ist. Er beruft sich auf die Aussagen zweier Zeitzeuginnen im Schloss; wissenschaftliche Beweise dafür konnten bisher nicht erbracht werden.121 7.1 Familie Gildemeister In der Nacht des 21. September 1920 bricht im Schloss Fischhorn ein verheerender Brand aus, der das „Märchenschloss“, wie es in Bruck genannt wird, bis auf die unteren Stockwerke zerstört. Das Feuer vernichtet alle wertvollen Möbel sowie die Bibliothek des Schlosses. Henrique (Heinrich) E. Gildemeister erwirbt das völlig zerstörte Gebäude ein Jahr später, im Jahr 1921 (Kaufvertrag vom 4.VI.1921).122 Gildemeister, geb. 2.11.1880, ein wohlhabender peruanischer Staatsbürger, ist Botschafter Perus in Deutschland.123 Gildemeister verfügt über 119 Zuständige Behörde die den Pferdebestand für das deutsche Heer regelt Das Bernsteinzimmer, ein im Auftrag des ersten Preußenkönigs Friedrich I. gefertigter Raum mit Wandverkleidungen aus Bernsteinelementen, ist ursprünglich im Berliner Stadtschloss eingebaut. Im Jahr 1716 wird es vom preußischen König Friedrich Wilhelm I. an den russischen Zaren Peter den Großen verschenkt. Fast zwei Jahrhunderte lang befindet es sich im Katharinenpalast bei Sankt Petersburg. Ab 1942 ist es im Königsberger Schloss ausgestellt, seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist es verschollen. 121 Vgl. Herbert Gold: Das Bernsteinzimmer, Geheimtransporte in den Pinzgau, Eigenverlag 2004 122 SLA, Auszug aus dem Grundbuch (B Blatt) der KG Hundsdorf EZ 31, Schreiben vom 23.4.2007, Zahl 20004-3365/7-2007 123 Vgl. Max Effenberger: Brucker Heimatbuch, S 302, 304 120 60 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Besitzungen in Chile und Peru, sein Vermögen erwirtschaftet er aus dem Handel mit Salpeter, Reis und Baumwolle.124 Er erwirbt im selben Jahr auch das Schloss Kaprun. Den Bezug zum Pinzgau erhält der Unternehmer über den Handel von Pinzgauer Rinder, die er bereits in den frühen 1920er Jahre nach Peru exportiert.125 Das Schloss bleibt auch nach dem „Anschluss“ 1938 bis zum Jahr 1942 im Besitz Gildemeisters. Laut dem Brucker Lokalhistoriker, Bezirkshauptmann a.D., Max Effenberger sind die abgebrochenen diplomatischen Beziehungen zwischen Peru und Deutschland im Jahr 1942 die Ursache, für die Rückkehr Gildemeisters nach Peru. Im Jahr 1942 übersiedelt Gildemeister mit seiner Familie nach Lima, Peru. Nach dem Krieg, 1945, holt sich Gildemeister einen Architekten aus Bremen, der das Schloss in der ursprünglichen Form wieder renoviert. Das Anwesen und der Gutsbetrieb 126 werden von seinen beiden Töchtern weitergeführt. Gildemeister stirbt im Alter von 84 Jahren am 25. November 1964 in Lima.127 7.2 Fischhorn als Nebenlager des KZ Dachau Am 1. Mai 1943 wird die Liegenschaft Fischhorn vom Reichsführer SS, Heinrich Himmler, für die SS-Pferdezucht beschlagnahmt. 128 Diese „Zweckentfremdung“ wird in einem Schreiben der Kreiswirtschaftsberater vom 13. Juli 1943 kritisiert. In einem Brief von Kreiswirtschaftsberater Josef Faistauer an Gauleiter Scheel heißt es: „…Ich erachte es daher als Kreiswirtschaftsberater als meine Pflicht, auf die dadurch entstehenden Nachteile aufmerksam zu machen…“129 124 Österreichisches Staatsarchiv, Bericht der Gendarmerie in Zell am See, vom 5.9.1935, GZ 356.412 GD, St.B. 35 125 Vgl. Max Effenberger: Brucker Heimatbuch, S 303 126 Laut Effenberger umfasst der Gutsbetrieb Fischhorn verteilt auf die Gemeindegebiete Bruck, Fusch, Piesendorf und Kaprun 7790 Hektar. 127 Vgl. Max Effenberger: Brucker Heimatbuch, S 304, 305 128 Pinzgauer Bezirksarchiv, Schreiben Breitkopf an Bürgermeister von Zell am See, 16.2.1944 129 Pinzgauer Bezirksarchiv, Schreiben Faistauer an Scheel, 13. Juli 1943 61 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Faistauer will, dass Fischhorn landwirtschaftlich genutzt wird und der Besitz an die Landesbauernschaft übergeht. Er schlägt vor, den SS-Haflinger-Pferdehaltungshof nach Tirol zu verlegen. „…Oder nach Galizien wo ein ähnlich gleiches Pferd gezüchtet wird, das für Kriegszwecke sehr geeignet ist.“130 Das Ansinnen bleibt ohne Erfolg. Die SS bleibt auf dem Anwesen. 1944 versucht der Bürgermeister von Zell am See, das Anwesen für einen Friedhof für Kriegsgefangene und Ausländer zu erhalten. Auch er setzt sich nicht durch. In einem Schreiben von Max Breitkopf, Bevollmächtigter von Gildemeister in Berlin, wird dem Bürgermeister am 16. Februar 1944 mitgeteilt: „In Beantwortung des Schreibens vom 8.d.M. teile ich ergebenst mit, daß die Liegenschaft Fischhorn mit Wirkung vom 1. Mai 1943 vom Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei aufgrund der Bestimmungen des Reichsleistungsgesetzes für die Waffen SS beschlagnahmt und in Anspruch genommen worden ist. Mit Rücksicht hierauf bin ich nicht in der Lage, namens des Grundstückeigentümers, Se. Exzellenz Herrn H.E.Gildemeister, Ihrer Anfrage Inanspruchnahme nähertreten des Gutes zu können, Fischhorn alle da nach der anderweitigen Rechtsgeschäfte nach dem Reichsleitungsgesetz rechtsunwirksam sind. Heil Hitler!“131 Schloss Fischhorn dient in der Zeit vom 6. September 1944 bis zur Befreiung im Mai 1945 als Nebenlager des Konzentrationslagers Dachau. 50 männliche Häftlinge werden in einem ersten Transport am 9. September 1944 nach Fischhorn gebracht, am 18. September erfolgt der zweite Transport mit weiteren 100 männlichen Häftlingen. Diese 150 Häftlinge werden zur Renovierung des Schlosses, zum Bau der Pferdeställe für das SS-Remonteamt und zur 130 131 Pinzgauer Bezirksarchiv, Schreiben Faistauer an Scheel, 13. Juli 1943 Pinzgauer Bezirksarchiv, Schreiben Breitkopf an Bürgermeister von Zell am See, 16.2.1944 62 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 landwirtschaftlichen Arbeit herangezogen. 132 Im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes finden sich Dokumente zu einigen der in Fischhorn internierten Häftlinge: Im Schloss Fischhorn, dem KZ Außenlager Dachau, wurden unter anderen folgende Personen interniert: Gebert Julius Julius Gebert, geb. am 26. Juli 1911, in Gross Debschütz, „Schutzhäftling“, Zugangsdatum 25.11.1940 Außenlager Hallein, befreit in Fischhorn [DÖW 51.257] Hofmann Egon Egon Hofmann, geb. am 20. September 1914, in Mainz, „Polizeiliche Sicherheitsverwahrung“, Zugangsdatum 26.2.1942 Außenlager Hallein, befreit in Fischhorn [DÖW 51.257] Koch Karl Der Chauffeur Karl Koch, geb. am 4. November 1906 in Pölfing/Brunn (Steiermark) wird am 26.4.1941 als „Schutzhäftling“ in das Außenlager Neustift und Hallein eingeliefert. Befreit in Fischhorn. Gestorben am 26.9.1986 in Graz [DÖW 51.257 und Landauer: Lexikon der österr. Spanienkämpfer] Medvecek Johann Johann Medvecek, geb. am 23. Juli 1904 in Wecheiner (Jugoslawien) wird am 18.3.1942 in das Außenlager Hallein als „Schutzhäftling“ eingeliefert. Befreit in Fischhorn. [DÖW 51.257] Mrugacz Kasimir Kasimir Mrugacz, geb. am 25. Jänner 1915 in Bytomska (Polen), wird am 22.11.1941 als „Schutzhäftling“ in das Außenlager Hallein eingeliefert. Befreit in Fischhorn. [DÖW 51.257] Rettenbacher Alfred Der Geographiestudent Alfred Rettenbacher, geb. am 28. Februar 1913 in Innsbruck, wird am 4.11.1940 als „Schutzhäftling“ in Dachau eingeliefert. Einsatz im Außenlager Neustift und Hallein. Befreit in Fischhorn. Danach übt er den Beruf als Mittelschullehrer aus. [DÖW 51.257 und Landauer: Lexikon der österr. Spanienkämpfer] Schober Rupert Rupert Schober, am 14. August 1912 in Gmünd (Niederösterreich) geboren, wird im Mai 1941 in das Konzentrationslager Dachau eingeliefert; im Dezember 1944 wird Schober dem Kommando Fischhorn überstellt. Nach der Befreiung lebt Schober als Betriebsratsobmann bei Siemens und als Angestellter der OMV in Wien. [DÖW 20.000/ S 333 und DÖW 20.227a und DÖW 20.000/S333 und DÖW 20.100/10.562 und Landauer: Lexikon der österr. Spanienkämpfer] Slizankeiwicz Stefan Stefan Slizankeiwicz, am 18. Dezember 1920 in Bendzin (Polen) geboren, wird am 5.3.1943 als „Schutzhäftling“ in Flossenbürg 132 Vgl. Albert Knoll: „Fischhorn“, In: Wolfgang Benz, Barbara Distel, Der Ort des Terrors, Frühe Lager-Dachau-Emslandlager, München 2005, Bd.2, S 324-326, hier S 324 ff 63 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 eingeliefert. Über das Außenlager Hallein kommt er nach Fischhorn, wo er schließlich befreit wird. [DÖW 51.257] Staffenberger Johann Der Mechaniker Johann Staffenberger, am 16. Mai 1913 in Kematen (NÖ) geboren, wird als „Schutzhäftling“ am 2.5.1941 in das Konzentrationslager Dachau eingeliefert. Einsatz in den Außenlagern Neustift und Hallein. Befreit in Fischhorn. Nach der Befreiung Gemeinderat der KPÖ Amstetten. Gestorben am 30.6.2003. [DÖW 51.257 und Landauer: Lexikon der österr. Spanienkämpfer] Tichy Karl Der Schneider Karl Tichy, geb. am 2. März 1917 in Wien, wird am 3.7.1941 als „Schutzhäftling“ nach Dachau gebracht. Seine weiteren Stationen: Fleischfabrik Wülfert; Schloß Fusch; Hallein und Fischhorn, wo er schließlich befreit wird. [DÖW 51.257] Ulmerich Josef Josef Ulmerich, geb. am 16. September 1906 in Filsdorf (Luxemburg) wird am 10.10.1941 in das Außenlager Hallein eingeliefert. Befreit in Fischhorn [DÖW 51.257] York Franz (früher Sasek) Der Spanienkämpfer Franz York, am 12. April 1911 in Wien geboren, ist seit November 1941 Häftling im Konzentrationslager in Dachau. York kommt im März 1945 als Häftling von Dachau nach Fischhorn, wo ihm am 7. Mai 1945 die Flucht gelingt. 1945 bis 1946 Staatspolizist in Wien, danach Dolmetscher und Handelsvertreter. York stirbt am 10.2.1979 in Wien [DÖW 19187/6 DÖW 20.000/Y1 + Y2 und DÖW 19.186 und DÖW 19.187/1-6 und DÖW 20.227ª und DÖW 20.11/13.798 und Landauer: Lexikon der österr. Spanienkämpfer] Zipperer Ernst Ernst Zipperer, Kommunist, am 7. Juli 1912 in Wien geboren, wird am 22. Mai 1942 in Dachau eingeliefert; Zipperer wird bis zur Befreiung im Jahr 1945 im Schloss Fischhorn eingesetzt. [DÖW 20.000/Z 57 DÖW 8.126 und DÖW 20.000/E 161 und DÖW 20./000/Z 57 und DÖW 20.100/13.980 und DÖW 51.257 und Gestapo-Datei G 11108-1] 7.3 Die Familie Fegelein Schloss Fischhorn untersteht dem Kommando von SS-Gruppenführer Otto Hermann Fegelein, geb. am 30.10.1906. Er ist Generalleutnant der Waffen-SS, Verbindungsoffizier direkt zum Führerhauptquartier und Schwager von Eva Braun. 133 Fegelein tritt am 15. Mai 1933 der Allgemeinen SS bei. 1936 wird Fegelein von Heinrich Himmler zum Kommandeur der SS-Hauptreitschule ernannt. Nach Kriegsbeginn wird er Kommandeur der SS-Totenkopf-Reiterstandarte und erhält im März 1940 den Rang eines SS-Obersturmbannführers. Seine Aufgabe ist der Kampf gegen Partisanen und Banden in Polen; unter Fegeleins Kommando 133 Vgl. Heike B. Görtemaker: Eva Braun: Leben mit Hitler, München, 4. Auflage, 2010 S 254 64 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 werden mehr als 40.000 Menschen getötet 134 . Nach mehreren Verwundungen wird Fegelein – inzwischen SS-Gruppenführer – am 21. Juni 1944 Verbindungsoffizier zwischen Himmler und Hitler im Führerhauptquartier. Im selben Monat heiratet er Gretl Braun, die Schwester von Eva Braun. Hermann Fegelein wird am 29. April 1945 auf Befehl Hitlers im Garten des Auswertigen Amtes in Berlin von einem Kommando der Waffen-SS hingerichtet.135 Die Eltern Fegeleins sowie führende SS-Funktionäre wohnen ab 1943 im Schloss.136 Hans Fegelein, Vater von Hermann Fegelein, geb. am 17.11.1876, ist Besitzer einer bekannten Reitschule in München. Die Söhne Hermann und Waldemar erzielen bei Reitturnieren zahlreiche Siege. Während des Krieges übersiedelt Hans Fegelein mit seiner Reitschule nach Bruck und führt sie in der Nähe des Schlosses Fischhorn weiter.137 Waldemar Fegelein, geb. am 9.1.1912, jüngerer Bruder von Hermann, ist Ausbildner in der SS-Hauptreitschule in München. Waldemar Fegelein wird am 9. Mai 1945 von amerikanischen Soldaten in Zell am See festgenommen.138 SS-Hauptsturmführer Franz Konrad ist Verwaltungsführer in Fischhorn – SSHauptsturmführer Erwin Haufler ist Leiter des SS-Remonteamtes. 139 Mehrere junge Frauen, vermutlich Zwangsarbeiterinnen aus dem Osten, sind im Schloss als „Hausmädchen“ beschäftigt.140 Knapp vor der Kapitulation werden zahlreiche Kunstgegenstände von Berchtesgaden auf Schloss Fischhorn gebracht. Darunter Möbel, Bilder, Koffer, Kisten und Privatgepäck von Adolf Hitler, Eva Braun, Joseph Goebbels, Heinrich Himmler und anderen NS-Größen.141 134 Vgl. Martin Cüppers: Wegbereiter der Shoa. Die Waffen-SS und die Judenvernichtung 19391945, Darmstadt 2011, 2. Auflage, S 203 135 Vgl. Mario Morgner: Verlorenes Weltwunder, Das Bernsteinzimmer, Norderstedt, 2011 S 133 ff 136 Vgl. Pinzgauer Bezirksarchiv, Einvernahme von SS-Rottenführer Franz Schuller, Nürnberg 11.12.1945 S 320 137 Vgl. Mario Morgner: Verlorenes Weltwunder, Das Bernsteinzimmer, Norderstedt, 2011 S 133 138 Vgl. Mario Morgner: Verlorenes Weltwunder, Das Bernsteinzimmer, Norderstedt, 2011 S 133 139 Vgl. Pinzgauer Bezirksarchiv, Einvernahme von unbekanntem SS-Funktionär, S 345 140 Vgl. Pinzgauer Bezirksarchiv, Einvernahme von SS-Rottenführer Franz Schuller, Nürnberg 11.12.1945 S 321 141 Vgl. Pinzgauer Bezirksarchiv, Einvernahme von SS-Hauptsturmführer Hans-Otto Mayer, Nürnberg 12.12.1945 S 318 65 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Während des Warschauer Aufstandes 1944 plündern SS-Soldaten im Beisein von SS-Gruppenführer Hermann Fegelein polnische Museen, Paläste und Häuser. Insgesamt werden 16 Eisenbahnwaggons, voll beladen mit Beutekunst, nach Fischhorn gebracht. Als die Amerikaner am 8. Mai 1945 Schloss Fischhorn übernehmen, sind lediglich zwölf Eisenbahnwaggons vorzufinden, die nach Warschau rücküberstellt werden. Der Rest wird durch die SS gestohlen oder von der einheimischen Bevölkerung geplündert. 481 Gemälde, 2.124 Grafiken, 81 Gobelins, 376 Kunstobjekte ohne nähere Bezeichnung, 46 Skulpturen, 313 Porzellangegenstände, 164 Möbelstücke, 17.000 Bücher, 2.584 Archivmappen und zahlreiche Orientteppiche werden von den amerikanischen Soldaten im Schloss und in den angrenzenden Baracken vorgefunden. 142 Die Gendarmeriechronik vom 5. Mai 1945 dokumentiert die Plünderungen dieser Tage: „Auf dem Gute Fischhorn (…) beginnt die Ausgabe von in vielen Baracken aufgespeicherten und aus vielen Ländern zusammengerafften Lebensmittel, Alkohol, Immobilien, Autos, Möbel etc. und artet dieser Vorgang später zu Plündereien aus. Zu diesem Zwecke treffen Leute mit Fahrzeugen aus dem ganzen Pinzgau ein.“143 Auch der Brucker Bezirkshauptmann a.D. Max Effenberger erinnert sich in seinem Brucker Heimatbuch an die Plünderungen der letzten Tage: „In den Räumen des Schlosses und in den neu aufgestellten Baracken - Truppenunterkünften und Lagerräume - wurden große Mengen sogenanntes Parteistellen, Privateigentum wertvolle Teppiche hoher und und höchster Kunstgegenstände, hauptsächlich aus den besetzten Ostgebieten, gelagert. Bei Kriegsende hat die SS mit der Ausgabe von Lebensmitteln und von anderen Gütern an die Bevölkerung begonnen. Es kam aber das Ende zu schnell, so daß nur ein Anfang gemacht werden konnte. Nach Abzug der Waffen-SS wurden diese aufgestapelten 142 143 Vgl. Mario Morgner: Verlorenes Weltwunder, Das Bernsteinzimmer, Norderstedt, 2011 S 132 Gendarmeriechronik Bruck, 5.5.1945 66 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Güter von Menschen, die aus verschiedenen Gebieten angereist kamen, mit Fahrzeugen weggeholt. Es ist besser, über diese ganzen bedauernswerten Vorfälle nichts mehr zu erwähnen, weil man sich eigentlich darüber aufrichtig schämen müßte.“144 Die Tage vor dem Einmarsch der Amerikaner verlaufen auf Schloss Fischhorn hektisch. Die SS-Funktionäre auf dem Schloss sind bestrebt, belastende Spuren zu vernichten. SS-Uniformen, Akten, persönliche Briefe Eva Brauns an Adolf Hitler und anderes Material werden oder sollen verbrannt werden. Aus den Vernehmungen führender SS-Funktionäre durch amerikanische Soldaten geht hervor, dass jedoch nicht alles, was zur Verbrennung bestimmt ist, auch wirklich vernichtet wird. SS-Hauptsturmführer Franz Konrad gibt im Zuge einer dreitägigen Vernehmung im Jänner 1946 in Zell am See zu, Wertsachen, die zur Verbrennung bestimmt sind, „an einen sicheren Ort“ nach Schladming zu seiner Mutter gebracht zu haben. Ob es sich dabei um mehrere LKW-Transporte handelt, wie es seine Kollegen aussagen, oder bloß um ein paar Koffer, wie er selber angibt, bleibt dabei offen.145 Im September 1945 wird der polnische Offizier Bohdan Tadeusz Urbanowicz von der polnischen Regierung nach Bruck entsandt. Sein offizieller Auftrag: „Erkennung, Inventarisierung und Sicherung von Kunstgegenständen, welche in das Deutsche Reich ausgeführt worden waren und sich gegenwärtig in der amerikanischen Zone auf dem Gebiet des Schlosses Fischhorn bei Salzburg befindet.“146 Seinen Eindruck bei der Ankunft in Schloss Fischhorn beschreibt Urbanowicz folgendermaßen: 144 Max Effenberger: Brucker Heimatbuch, S 304 f Vgl. Einvernahme von SS-Hauptsturmführer Franz Konrad, Zell am See, 6.7.8.1.1946 S 305 ff 146 Bhodan Tadeusz Urbanowicz: „Der Kampf um die Werte der Kultur. Warschau 1939-1945“ (S 337) zit. in: Walka o dobra kultury: Warszawa 1939 – 1945. Ksiega zbiorowa. Pod red Stanislawa Lorentza. (Warszawa:) Panstw. Inst. Wyd 1970 (Übersetzung Anna Ofner) 145 67 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 „Langsam fahren wir über die gewundene, dicht bewachsene Allee auf den Platz vor dem Schloss ein. Um uns herum ein Durcheinander Abfallhaufen aus verstreuten und Bergen von Kisten, Strohballen, rostigen Metallteilen. Oberleutnant Hartt hält den Wagen an und zieht aus einem Berg von Unrat ein großes bronzenes Reliquiar aus dem Nationalmuseum hervor. Wir betreten das Schloss, welches von den Offizieren der Rainbow Division besetzt ist, durch das Eingangstor. Der amerikanische Torwärter öffnet uns die Tür zum Parterre-Saal des Turmes. In der Dämmerung kann ich Berge von umgestürzten Büchern erkennen. Auf den Büchern verstreut liegen weiße Halbbüsten aus Marmor. Auf dem Festerbrett sehe ich Zigarettenstummel der Marke ‚Lucky Strike‘ und eine kleine Metallplatte. Weiß-blaues Email aus Limoges. Auf der Rückseite eine Inventarnummer aus Goluchow. Ich betrachte die Bücher, vergoldete Ledereinbände, Signaturen aus Wilanow (Bibliothek des Grafen Stanislaw Kostka Potocki). Auf den marmornen Halbbüsten (finde ich) Inventarstempel des Königschlosses in Warschau. Der Torwärter schließt die Tür hinter uns und Offiziere, wir welche gehen weiter mit Gemälden durch die und Wohnräume antiken der Möbeln ausstaffiert sind. Wir gehen weiter zur Baracke. Die heraus gestemmte Tür verwehrt niemandem den Eintritt. Es gibt keinen Türwärter. Im Inneren herrscht schreckliche Unordnung. Berge von Holzbrettern, zerbrochene Kisten, Stroh und zerknülltem Papier. Auf Schichten den Balken aufgestapelt. des Der Sparrendachs vom sind Gutshof Gemälde in herbeigeholte Deutsche (Österreicher)nimmt das oberste Gemälde von einem Stapel. Wir springen alle zurück, denn von dem Bild stürzen Wasserinnsale auf uns herunter. Es ist ein dekoratives Panneau. Der Österreicher nimmt nun das nächste Bild herunter. – ein Selbstbildnis, gemalt von Jan Matejka. Auf den Sparren des Daches entdecken wir die Altane gemalt von Aleksander Gierymski, die Störche gemalt von Jozef Chelmonski, ein mit einem Messer zerschnittenes Portrait der Stieftochter Henryk 68 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Radakowskis 147 . Aus dem Stroh lesen wir eine zerknittertes, aus dem Keilrahmen geschnittenes und grünlich verschimmeltes Bild auf – Gra w More, gemalt von Aleksander Gierymski148. Das war die Geschichte meines ersten zweistündigen Besuchs auf Fischhorn.149 Zeitzeugin Susanne Pinn: „…Die letzten Tage waren ein richtiges Chaos. Ich kann mich noch gut erinnern, dass der Melker Wastl Katsch im Auftrag von Fegelein mit zwei Rössern bei uns auf den Hof gekommen ist und die Sachen bei uns versteckt hat. Das waren alles Dinge aus dem Schloss: Likör, Schnaps, Fischdosen und Stoffe. Lauter feine Sachen. Ich habe mir aus dem Stoff, wie viele andere in der Gegend, ein Kleid nähen lassen. (…) Alle in der Region haben sie damals Sachen genommen. (…) Am Schluss ist dann noch ein SSler mit einem Rucksack gekommen und hat uns gefragt, ob er ihn bei uns verstecken kann…“ 150 Zeitzeuge Matthias Katsch: „Ich habe einiges erfahren, wie es nach dem Kriegsende war. Im Schloss Fischhorn waren ja die SS Leute. Dort wurden Baracken gebaut, wo das Beutegut aus dem Osten gelagert wurde. Nach Kriegsende wurde geplündert und gestohlen. Die Bauern sind mit Pferd und Wagen hingefahren und haben alles, was sie brauchen konnten, mitgenommen. Die Gemeinde hat auch große Ballen Stoff geholt, die an die Heimkehrer für Anzüge verteilt wurden. Ein Bauernschneider hat mir dann einen Anzug genäht, auf den ich sehr stolz war.“ 151 7.4 Böcklins „Kentaurenkampf“ Die amerikanischen Vernehmungsbeamten erfahren auch von einem LKW mit Ölgemälden, der von Berchtesgaden nach Fischhorn gebracht worden ist. Bei der Einvernahme eines unbekannten SS-Angehörigen gibt dieser an: 147 Original: Henryk Radakowski: Portret pasierbicy artysty, Leonii Bluhdorn, 1871 (engl.: Portrait oft the Artist’s Stepdaughter, Leonia Blühdorn, 1871) 148 Engl.: Aleksander Gierymski: Game of Morra, 1874 149 Bhodan Tadeusz Urbanowicz: „Der Kampf um die Werte der Kultur. Warschau 1939-1945“, S 338 (Übersetzung Anna Ofner) 150 Zeitzeugeninterview Susanne Pinn, 10.2.2014) 151 Schriftliche Aufzeichnungen Matthias Katsch und Zeitzeugeninterview 10.2.2014 69 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 „Von Sachen, die sonst aus Berchtesgaden nach Fischhorn gekommen sind, weiß ich nur von einem LKW mit Ölgemälden, der vom Berghof aus nach Fischhorn gekommen sein soll.“152 Am 8. September 1945 wird, so die „Pinzgauer und Pongauer Nachrichten“, ein gestohlenes Bild des Malers Arnold Böcklin im Wert von (damals) zwei Millionen Mark in Bruck an der Großglocknerstraße, nahe dem Schloss Fischhorn, gefunden. Das Bild stammt aus dem Jahr 1878: „Gestohlener Böcklin gefunden Schätzwert 2 Millionen Mark Zell am See, 6. September 1945. In Bruck a. Glocknerstraße wurde Böcklins Meisterwerk ‚Kentaurenkampf‘ aus dem Jahr 1878 aufgefunden. Das Bild war aus seinem Rahmen geschnitten und angeblich von einem SS-Mann vergraben worden. Die dadurch entstandenen Schäden dürften zu reparieren sein. Wer der letzte Besitzer war, ist im Augenblick noch unbekannt. Vor 30 Jahren war nach dem Katalog E. Meiner in Leipzig Eigentümer. Wer war der letzte rechtmäßige Besitzer? Das Gemälde, das nach einer Schätzung einen Wert von etwa 2 Millionen Mark besitzt, ist das letzte der drei gleichnamigen Bilder Böcklins. 1873 schuf er in München seinen ersten ‚Kentaurenkampf‘. Alle drei Motive sind von einer Wucht und Schönheit und verkörpern das Rasen der entfesselten Elementarmächte.“153 Das Bild ist nicht jenes, das heute im Kunstmuseum Basel ausgestellt ist. Ein Vergleich mit dem Foto in den Pinzgauer und Pongauer Nachrichten zeigt, dass es eine andere Ausführung des „Kentaurenkampfes“ von Böcklin ist. 7.5 Restitution polnischer Kulturgüter Im Frühjahr 1946 gelingt es dem polnischen Offizier Bhodan Tadeusz Urbanowicz, einen Erlass durch die amerikanischen Behörden zu bewirken, der den 152 153 Pinzgauer Bezirksarchiv, Einvernahme von unbekanntem SS-Funktionär, S 345 Pinzgauer und Pongauer Nachrichten, Nr. 5. Samstag 8. September 1945 70 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Einwohnern in Bruck und Umgebung vorschreibt, die geraubten Gegenstände innerhalb einer klar begrenzten Zeit zurückzugeben. Um den Erlass zu verdeutlichen, werden Militärstrafen angedroht, sollten nach Einhaltung der Rückgabefrist Gegenstände gefunden werden. Der Erlass führt dazu, dass Fuhrwerke, beladen mit Kunstgegenständen und Möbel aus dem Schloss, bei den Gemeindeämtern und Rathäusern vorfahren.154 Von den insgesamt 16 Waggons mit Raubgütern aus Polen können zwölf Waggons rückerstattet werden. Am 23. April 1946 verlässt ein Zug mit zwölf Waggons die Stadt Salzburg Richtung Warschau. Die Waggons sind randvoll beladen mit Büchern, Archivbeständen, antiken Möbel und Teppichen, polnischer und ausländischer Malerei, kleinformatigen Kunstgegenständen, wertvollem Porzellan, Waffen, Textilien sowie naturwissenschaftlichen Sammlungen. Am 24. April 1946 kommt der Transportzug in Warschau an. Das Gebiet, aus welchem die Restitutionsbestände stammen, sind Schloss Fischhorn und Umgebung (Zell am See, Taxenbach, Kaprun, Bruck u.a.) sowie das Salzburger Naturkundliche Museum (Haus der Natur). Geliefert werden:155 Bücher: Insgesamt 351 Kisten, ca. 17.000 Bände davon aus der Warschauer Nationalbibliothek: 56 Kisten aus der Warschauer Universitätsbibliothek: 211 Kisten, 5.000 Bände. Davon sehr viele Bücher aus dem 16. und 17. Jh. Darunter für die polnische Literaturgeschichte immens bedeutende Werke von Mikolaj Rej156und Jan Kochanowski157 und viele andere. 66 Alben mit Grafik; Original-Radierungen, Stichen und Lithographien, stammend aus einer Abteilung der Universitätsbibliothek (Grafikkabinett, gegründet im 18. Jh. durch den polnischen König und Kunstmäzen Stanislaw Poniatowski), wurden rückerstattet. 154 Vgl. Bhodan Tadeusz Urbanowicz: „Der Kampf um die Werte der Kultur. Warschau 19391945“ S 343 (Übersetzung Anna Ofner) 155 Bhodan Tadeusz Urbanowicz: „Der Kampf um die Werte der Kultur. Warschau 1939-1945“ S 378 (Übersetzung Anna Ofner) 156 Mikolaj Rej (auch Mikolaj Rey; geb.4.2.1505 in Zurawno bei Halicz; gest. zw. 8. 9. und 5.10.1569) war ein bedeutender polnischer Dichter, Poet, Politiker und Musiker der Renaissance des 16. Jh. (Anm.d.Ü.) 157 Jan Kochanowski (geb 1530 bei Radom; gest. 22.8. 1584 in Lublin) war einer der bedeutendsten polnischen Dichter des 16. Jh. (Anm. d. Ü.) 71 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Aus der Bibliothek im Palais Wilanow: 7.000 Bände und (aufgrund der großen Anzahl) eine noch nicht gezählte Sammlung von nicht gebundenen Original-Radierungen, Stichen usw. Aus der Bibliothek der Grafen Zamoyski (in Kozlowka): 2.500 Bände Aus der Bibliothek der Sammlung Krasinski: 1.500 Bände (davon 96 Alben, unter anderen mit Stichen von Daniel Chodowiecki) Aus der Bibliothek der Fürsten Czetwertynski: 550 Bände Aus der Bibliothek des Tadeusz Michalski: 200 Bände; v.a. Bücher mit Schwerpunkt Indologie, unter anderen Papyri, eine persische und zwei chinesische Handschriften. Es wurden auch Teile der Handschrift von Emir Tadz-el-Feher Rzewuski in arabischer und französischer Sprache wiedergefunden. Aus der Sammlung des Warschauer Nationalmuseums: 34 illuminierte Miniaturen Sowie: Handschriften der polnischen Nationaldichter aus der Epoche der Romantik: von Adam Mickiewicz „Grazyna“ und von Julius Slowacki „Genezis z Ducha“, „Balladyna“, „Beatrix Cenci“, „Zlota Czaszka“. Aus der Sammlung der Ossolinski- Nationalbibliothek Breslau (kurz: Ossolineum, Anm. d.Ü.): wertvolle Sammlungen von Briefen, Dichtungen und Notizen. Rückerstattet wurden auch die Noten eines verschollenen Konzertes von Karol Szymanowski. Archive: 65 Kisten, ca. 1.200 Bände davon 3 Kisten mit Pergamentschriften Antike Möbel: 154 Exponate v.a. aus dem 18. Jh., stammend aus den Palästen Lazienki und Belvedere: 46 Stück dem Königlichen Schloss in Warschau: 13 Stück dem Sitz des Ministerrates158: 26 Stück dem Museum der Stadt Warschau: 4 Stück dem Nationalmuseum: ein Klavier von Frederic Chopin Andere: 64 Stück Alle Möbel, viele davon aus dem 18. Jh., die in den bedeutendsten Palästen Warschaus, z.B. dem Königlichen Schloss und dem Palais Lazienki vor dem Krieg als repräsentative 158 Poln.: „Prezydium Rady Ministow“ (Anm. d. Ü.) 72 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Objekte gedient hatten, wurden in sehr schlechtem Zustand im Schloss Fischhorn aufgefunden. Sie waren zumeist stark beschädigt bzw. fehlten Teile der Möbel. Gemälde: 408 Stück davon stammten aus der Nationalen Kunstsammlung und dem Königlichen Schloss in Warschau: 29 Bilder aus den Palästen Lazienki und Belvedere: 65 Bilder aus der Sammlung Szucha J.T.: 17 Bilder aus der Sammlung Goluchow: 2 Bilder aus der Sammlung Zacheta: 6 Bilder (von der Plünderung der Sammlung Zacheta ist ein Foto erhalten) aus dem Nationalmuseum: 36 Bilder aus der Sammlung Rotwand: 5 Bilder aus dem Königlichen Schloss Wawel in Krakau: 1 Bild aus der Sammlung Krosnowski: 3 Bilder aus dem Museum der Stadt Warschau: 6 Bilder aus dem Museum der Gesellschaft der Freunde der Schönen Künste in Krakau159: 1 Bild aus der Sammlung Przezdziecki: 1 Bild aus dem Palast des Ministerrates: 1 Bild aus der Sammlung des Grafen Pninski: 1 Bild Andere (in diesem Artikel durch den Verfasser nicht aufgezählte Bilder, aber in den Inventarlisten auf Polnisch und Englisch erfasst): 234 Bilder Nur einige der großen Namen der polnischen und europäischen Kunst werden als Beispiele erwähnt: KünstlerIn Jozef Chelmonski Artur Grottger Jan Matejko 159 Jahr Marian 1875 1900 1860 Titel (Polnisch) Babie Lato Bociany Ucieczka Henryka Walezego z Polski 1892? Selbstbildnis 1885 Chmielnicki i Tuchaj – Bej pod Lwowem Titel (Englisch) Indian Summer Storks Escape of Henry of Valois Bohdan Chmielnicki and Tuhaj-Bej at Lviv Towarzystwo Przyjaciol Sztuk Pieknych w Krakowie (kurz TPSP), (Anm. d. Ü.) 73 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 1867 1879 1865 1873 Henryk Rodakowski 1871 Henrik Siemiradzki 1897 Pantaleon Szyndler 1882 Stanislaw Wyspianski Olga Boznanska (Jozef oder Antoni?, Anm. d. Ü.) Brodowski Wladyslaw Czachorski Julian Falat Juliusz Kossak Jacek Malczewski Aleksander Orlowski Jan Stanislawski Leon Wyczolkowski Wyrok na Matejke Sentencing Matejko to Death Portret zony Portait of Artist´s Wife Ociemnialy Wit Stwosz z Blind Wit Stwosz with His wnuczka Granddaughter Portret dr. Portrait of Tadeusz Orzechowskiego Oksza-Orzechowski Portret pasierbicy artysty, Portrait of the Artist´s Leonii Bluhdorn Stepdaughter, Leonia Blühdorn Dirce chrzescijanska Christian Dirce Portret Cypriana Norwida Portait of Cyprian Norwid Sw. Stanislaw, (?) St. Stanislaus (?) Sowie Malerei des 18. Jhs.: Marcello Bacciarelli, Canaletto, Josef Mathias Grassi, (Johann Baptis oder Franz Xaver, Anm.d.Ü.) von Lampi u.a. Auch französische Malerei aus verschiedenen Perioden, die Teil polnischer Sammlungen war, ist vorhanden, z.B. Diana de Poitiers (Schule von Fontainebleau), flämische Malerei (Schule von Rubens), holländische (Schule von Rembrandt) sowie deutsche und italienische Meister, die wichtigen Repräsentanten sind: Giuliano Bugiardini, Giovanni Pannini, Paris Bordone, Frans Snyders, Gustave Courbet. Teppiche: 68 Stück aus der Sammlung Goluchow (vor allem aus Flandern und Aubusson): 25 Gobelins aus der Sammlung Krosnowski: 1 Teppich 16 große orientalische Teppiche und 7 kleine wertvolle orientalische Teppiche Skulpturen aus Marmor und Bronze: 43 Stück 74 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 aus Repräsentationsgemächern. 13 Stück aus dem Nationalmuseum: 10 Stück aus dem Palais Lazienki: 3 Stück aus dem Palais Wilanow: 4 Stück Andere: 13 Stück Kleinere Kunstgegenstände: 4 Kisten, 250 Stück In einer Kiste waren besonders wertvolle Kunstgegenstände verpackt: goldene und vergoldete gotische (sakrale?) Kelche, silberne und vergoldete Reliquiare sowie Emaille aus Limoges, kleine Figuren und andere Gegenstände (ägyptische, chinesische und japanische Kunst aus Silber und Elfenbein). In den restlichen drei Kisten befanden sich v.a. archäologische Funde: griechische, etruskische und römische Funde aus China, Japan und Ägypten aus der Sammlung Goluchow. Porzellan: 275 Stück China und Delft (Krüge, Vasen, Teller und Schalen): 81 Stück Chinesische Teller mit Signaturen (Nanking, Peking, Sonore): 16 Stück Vasen aus Sevres, Worcester, Wien, Ginari: 19 Stück Tischporzellan: Giesche: 27 Stück Cmielow: 41 Stück Meisen: 18 Stück Sevres, Wien und Russland: 12 Stück Porzellan aus: Deutschland 18 Stück Tschechien: 32 Stück Luxemburg: 1 Stück Ohne Signaturen: 26 Stück Fayencen: 20 Stück Waffen: 2 Kisten, 97 Stück 75 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Säbel aus Polen, Türkei und Persien Waffen aus Japan, Java und Malaysia Uhren: 1 Kiste, 9 Uhren Textilien: 1 Kiste, 40 Stück Davon: bestickte Sluzker Gürtel160 aus der Sammlung Goluchow: 17 Stück Kirchliche und türkische Stickereien: 17 Stück Naturkundliche Sammlung: 4 Kisten Aus dem Naturkundlichen Museum in Salzburg („Haus der Natur“) zurückgebracht ins Naturkunde Museum in Warschau. Bücher: 47 Stück Abgüsse des Neandertaler-Schädels: 19 Stück Ausgestopfte Vögel: 148 Stück Ausgestopfte Tiere: Wildschwein: 1 Stück Wisent: 3 Stück 161 7.6 Limoges-Kreuz Im August 2007 wird – es ist dies bisher der letzte Fund – ein kostbares, rund 800 Jahre altes Limoges-Kreuz entdeckt. 2004 findet Lydia Gruber in Zell am See das vergoldete Kupferkreuz im Zuge einer Wohnungsauflösung in einem 160 Poln.: „pasy sluckie“: dekorative Schärpen, Gürtel (meist aus Seide mit Goldstickereien), welche v.a. im 17. und 18. Jh. Teil der Garderobe des polnischen Adels waren. Die heutige weißrussische Stadt Sluzk war damals für die Herstellung besonders wertvoller Gürtel bekannt. (Anm. d. Ü.) 161 Vgl. Bhodan Tadeusz Urbanowicz: „Der Kampf um die Werte der Kultur. Warschau 19391945“ S 378 (Übersetzung Anna Ofner) 76 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Sperrmüllcontainer. Drei Jahre später zeigt sie ihren Fund einem Nachbarn, der sie darauf aufmerksam macht, dass es sich um ein wertvolles Kunstwerk handelt. Der Kustos des Bergbaumuseums Leogang schaltet die Polizei ein: das Landeskriminalamt Salzburg nimmt Ermittlungen auf und mit Hilfe des Kunsthistorischen Museums wird die Herkunft recherchiert. Das Kreuz stammt aus dem Beutegut der Nationalsozialisten. Es befindet sich bis 1941 im Besitz der polnischen Adeligen Izabella Elzbieta von Czartoryski-Dzalinska. Neben anderen Kunstschätzen wird das Kreuz nach dem Warschauer Aufstand nach Österreich in das Schloss Fischhorn gebracht. Im Mai 2008 wird es der polnischen Adelsfamilie zurückgegeben.162 8 Die letzten Tage Am 30. April 1945, um 15:30 Uhr, begeht Adolf Hitler in Berlin Selbstmord. Die letzten Tage verlaufen im gesamten „Reich“ turbulent und chaotisch. In Bruck findet zwei Stunden später (hier ist zu dieser Stunde noch nichts vom Suizid Hitlers bekannt) eine Gemeinderatssitzung statt. In der Region Bruck sind tausende Flüchtlinge aus dem Osten Richtung Tirol unterwegs. Der diensthabende Gendarm in Bruck notiert: „Anzeichen eines Zusammenbruches machen sich immer deutlicher bemerkbar.“163 Bürgermeister Peter Lederer richtet ein Schreiben an seine Mitarbeiter. Es dokumentiert, was in diesen Stunden in Bruck vor sich geht: „Wenn ich Sie heute so kurzfristig zu dieser Aussprache zusammengerufen habe, so hat mich hiezu ausschließlich die gegenwärtige Lage hiezu veranlasst. Sie alle wissen genau so wie ich die schrecklichsten Kriegslage, aller bisher über den dagewesenen Ausgang Kriege dieses sind wir gewiss im Klaren, es dürfte wol nur eine Frage von Tagen, vielleicht auch nur Stunden sein, bis wir vor die Tatsache einer Katastophe von noch nicht vorstellbaren Ausmassen stehen. 162 Vgl. Mario Morgner: Verlorenes Weltwunder, Das Bernsteinzimmer, Books on Demand GmbH, Norderstedt, 2011 S 131 ff und ORF Salzburg, http://salzburg.orf.at/stories/275284/ 163 Gendarmeriechronik Bruck, 1.4.1945 77 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Es gilt gerade in diesen Stunden für uns in erster Linie klaren Blick und ruhig Blut zu bewahren und auf dem Posten auszuharren, bis wir durch neue Männer ersetzt werden. In dieser Eigenschaft haben wir jetzt die grösste Verantwortung zu tragen in Bezug auf alle sich auftürmenden Fragen welche unsere eigene Gemeinde berühren. (…) Die Gerüchte jagen sich nun gegenseitig, sie mögen richtig oder falsch sein, wir dürfen uns momentan nicht beirren lassen davon und uns die Aufgaben vor Augen halten, die uns noch zustehen, und uns zugleich verpflichten, bis zur letzten Stunde nichts zu unterlassen, was der Gemeinde jetzt und vielleicht auch für später nur von Vorteil sein kann. Wie Sie alle wissen, sind wir mit Flüchtlingen nicht nur voll, sondern darüberhinaus übervoll. Es gibt kein Haus mehr, wo nicht solche aufgenommen und untergebracht sind, ausserdem sind unsere grössten Häuser mit KLV-Lager 164 und Lazaretten besetzt, zudem hat der Zustrom von Flüchtlingen bis heute nicht ausgesetzt. Dass hiemit die Ernährungslage, welche schon zum Zerreissen angespannt ist, diesem Ansturm nicht mehr gewältigen kann, ist für uns alle eine Selbstverständlichkeit. Aus meiner geschäftlichen Praxis kann ich Ihnen abermals sagen, dass Bezugsscheine für Lebensmittel (von anderen Warengattungen sei schon gar keine Rede mehr) soviel wie fast nichts mehr beliefert werden können, so, dass wir schon in den nächsten Tagen ohne Zufuhren und Nachschub sein können. Es ergab treffen, sich daher welche die eine Lebensmittelgrundlage Notwendigkeit weitere hinanhält. eine Massnahme Beanspruchung Aber schon zu unserer allein mit Rücksicht darauf, dass der Ort zum springen mit Menschen vollgestopft ist, fand ich es demzufolge für notwendig, dass 164 Kinderlandverschickung, Anm. d.V. 78 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 neue weitere Aufnahmen, welche ohnedies nicht mehr möglich sind, auf Grund meiner am Freitag gegebenen Weisung gänzlich gesperrt. Es werden demzufolge für solche Flüchtlinge, welche jetzt noch zuwandern, in der Kartenstelle keine Karten mehr verabfolgt. Hiebei ist zu betonen, dass jede Marke, welche noch eingelöst wird, der hiesigen Bevölkerung entzogen wird. Ausserdem habe ich nach verfügt, dass weder Rücksprache Schlacht- mit noch dem Bauernführer Nutzvieh aus dem Gemeindebereich verkauft werden darf, weil ich überzeugt bin, dass früher oder später ein Eingriff in unsere Viehbestände, wenn eben andere Lebensmittel nicht mehr zur Verfügung stehen erforderlich sein wird. Was dabei ein Eingriff in die Viehbestände in der Versorgung mit Milch und Fett für den Ortsbereich bedeuten würde, brauche ich wol nicht gesondert zu erwähnen. Es wird auch unsere Aufgabe sein müssen, Verwüstungen und Zerstörungen welche keinen Zweck haben zu vermeiden. Wir dürfen uns insoweit noch glücklich schätzen, dass wir von Bombenangriffen verschont geblieben sind und es wird auch niemand unter uns sein, der noch das Bedürfnis hätte in letzter Minute durch einen sinnlos gewordenen Befehl etwas auzuführen, was nur zum grössten Schaden der Ganzen Gemeinde, wenn nicht zur gänzlichen Vernichtung derselben führen sollte. Halten wir uns vor Augen, dass all das Zerstörte wieder aufgebaut werden muss und dies kann stets nur auf Kosten der Algemeinheit erfolgen. Sie sehen aus meinen Ausführungen wie bitter ernst die Zeit an uns herangerückt ist und wir haben die Schlüssel um Bestand oder Verderb unserer Heimatgemeinde selbst in der Hand! Wir und nur wir allein haben zu entscheiden, es trifft uns eine Verantwortung, wie sie Männer einer Gemeinde noch vor, noch nach Verbundenheit mit uns zu unserem tragen haben Heimatort werden, lässt uns doch die in den 79 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 kritischesten Augenblicken die einzig mögliche und richtige Entscheidung treffen.165 Noch Tage nach den letzten Kampfhandlungen sind in Bruck Opfer zu beklagen: Der Soldat Albert Homberger (geb. 29. April 1911) stirbt am 10. Mai 1945; Ferdinand Fritsch (geb. 30. Oktober 1922) am 14. Mai 1945; Julius Flerko (geb. 21. Mai 1924) am 16. Mai 1945; Peter Posch (geb. 10. Jänner 1926) am 18. Mai 1945; Walter Reichmann (geb. 26. April 1922) am 23. Mai 1945; Ernst Gille (geb. 23. Mai 1905) am 27. Mai 1945; Josef Sedlmeier (geb. 29. September 1920) am 8. Juni 1945. Die Männer sind in Gräbern nebeneinander am Friedhof in Bruck begraben. Ein Einzelgrab hat der aus Kassel stammende Karl Heinz Schanze (geb. 5. September 1920), er stirbt am 30. Mai 1945, knapp vor seinem 25. Geburtstag. Die jungen Männer erliegen offenbar in einem der in Bruck gelegenen Lazarette 166, den Folgen ihrer Verletzungen. Am 27. Juli 1945 wird der Gendarmerieabteilungsleiter in Bruck, Oberstleutnant Simon Löcker, wegen seiner illegalen Partei- und SS-Zugehörigkeit vom Dienst enthoben und von seinen Kollegen festgenommen. Über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt.167 9 Nachwort Nach dem Zusammenbruch der NS-Herrschaft leben Opfer, MitläuferInnen und Täter Haus an Haus in enger Nachbarschaft. Gemeinsam teilen sie das Schweigen über die letzten Jahre. Eine Aufarbeitung findet unter diesen Voraussetzungen nicht statt. Die Kriegsheimkehrer müssen mit ihren traumatischen Erfahrungen alleine zurechtkommen. In der Ortschronik fehlt das Kapitel über die NS-Zeit; in den Schulen wird das Schweigen fortgesetzt: der Geschichtsunterricht endet noch Jahrzehnte später meist mit dem Jahr 1918. 165 Sitzungsprotokoll 2.3.1940 – 16.9.1946 S 80 f (Gemeinde Bruck); Text im Original mit Tipp- und Rechtschreibfehler übernommen. 166 Ab April 1945 werden in der Volksschule und im beschlagnahmten Gasthaus „Zur Post“ Lazarette eingerichtet. (Gendarmeriechronik Bruck, 8.4.1945) 167 Gendarmeriechronik Bruck, 27.7.1945 80 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Bruck nimmt in den Jahren zwischen 1930 und 1945, im Gegensatz zu anderen Gemeinden im Pinzgau, durch seine geografische Lage eine besondere Stellung ein: Der Bau der Großglocknerstraße bringt tausende Arbeitslose in die Region; durch die Einrichtung eines Außenlagers des Konzentrationslagers Dachau im Schloss Fischhorn werden KZ-Häftlinge nach Bruck deportiert; die Errichtung des Wasserkraftwerks bringt ZwangsarbeiterInnen nach Bruck. KZ-Häftlinge, Kriegsgefangene und ZwangsarbeiterInnen prägen in den Kriegsjahren das Bild der Gemeinde. Eines der grausamsten Ereignisse in der Geschichte der Gemeinde während der NS-Zeit beginnt im Behindertenheim St. Anton: mindestens 45 ehemalige BewohnerInnen der Caritas Anstalt St. Anton werden von den Nationalsozialisten ermordet. Das Leben der Behinderten, meist Kinder und Jugendliche, endet im Zuge der „NS-Euthanasie“ in den Tötungsanstalten Hartheim oder „Am Spiegelgrund“ in Wien. Auch hier wird über Jahrzehnte der Mantel des Schweigens gebreitet. Der politische Alltag beginnt. Am 25. November 1945 finden die ersten freien Wahlen für den Nationalrat und den Landtag statt. In Bruck einschließlich St. Georgen erhält die ÖVP 653 (53 Prozent), die SPÖ 535 (43 Prozent), die KPÖ 43 (4 Prozent) der Stimmen. Ehemalige Mitglieder der NSDAP sind von der Teilnahme ausgeschlossen. Die Gendarmerie notiert: „Der Wahltag verlief ruhig.“168 Die Bilanz der Gendarmerie Bruck am Jahresende 1945 lautet: „56 Verhaftungen, davon 35 politischer Natur, bzw. von ehemaligen Funktionären der NSDAP und Angehörigen der SS, 25 Gerichtsanzeigen, 6 Anzeigen wegen Verwaltungsübertretungen, 54 Strafverfügungen, 320 Erhebungsberichte für Gerichte und Verwaltungsbehörden, 168 45 Hausdurchsuchungen aus eigenem Gendarmeriechronik Bruck, 25.11.1945 81 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Antrieb. Insgesamt wurden über 1.000 Dienststücke erledigt und außerdem über 2.000 Identitätsausweise für die Bevölkerung ausgestellt.“169 Die juristische Aufarbeitung der NS-Zeit erfolgt im Landesgericht Linz, Volksgerichtssenat Salzburg. Drei Brucker NationalsozialistInnen werden 1946 und 1947 wegen Denunziation bzw. „Hochverrat“ angeklagt. Ein Nationalsozialisten wird zu dreieinhalb Monaten Haft verurteilt, ein weiterer zu 14 Monaten. Eine Nationalsozialistin wird zu sechs Monaten Haft verurteilt. Für Bruckerinnen und Brucker, wie für alle anderen im Land, geht es in der NSZeit um einen Grenzgang zwischen „Anständigkeit“ und der nackten Angst ums Überleben. Viele riskieren durch Menschlichkeit und humanitäres Verhalten inhaftiert oder im Konzentrationslager interniert zu werden. Andere erstarren in politischem Schweigen, enthalten sich jeglicher Meinung und äußern sich nicht – um sich und ihre Familien zu schützen. Einige werden „Mitläufer“ – andere laden Schuld auf sich, die sie ein Leben lang begleitet. Doch letztendlich gilt: „Am Ende war niemand dabei“. 10 Abkürzungsverzeichnis BM – Bürgermeister CA – Caritas Anstalt St. Anton CV – Cartellverband DÖW – Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes Gestapo – Geheime Staatspolizei KPÖ – Kommunistische Partei Österreichs KZ – Konzentrationslager LG – Landesgericht NSDAP – Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei OÖLA – Oberösterreichisches Landesarchiv 169 Gendarmeriechronik Bruck, „Diensterfolge im Jahr 1945“ 82 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 ÖVP – Österreichische Volkspartei SA – Sturmabteilung SAFE – Salzburger Aktiengesellschaft für Elektrizitätswirtschaft SLA – Salzburger Landesarchiv SPÖ – Sozialistische Partei Österreich SS – Schutzstaffel Vg – Volksgericht 11 Danksagung In alphabetischer Reihung: Aydt-Haßlinger, Sabine: Dolmetscherin (italienisch-deutsch) Burgschwaiger, Herbert: Bürgermeister Bruck Dorigato, Alessandra: Dolmetscherin (italienisch-deutsch) Hochwimmer, Karin: Vizebürgermeisterin Bruck Katsch, Matthias: Zeitzeuge Kuretsidis-Haider, Claudia: Dokumentationsarchiv des österr. Widerstandes Linhuber, Marlene: Übersetzung Kurrentschrift Neudorfer, Josef: Gemeinderat Bruck Nöbauer, Christina: Studie Caritas Anstalt St. Anton Ofner, Anna: Kulturhistorikerin, Dolmetscherin (polnisch) Pinn, Susanne: Zeitzeugin Prodinger, Peter: AI, Polizeiinspektion Bruck Scholz, Horst: Cav. Bezirksarchiv Zell am See Schwaiger, Alois: Bergbaumuseum Leogang Vogelreiter, Friedrich: Amtsleiter Gemeinde Bruck Zukunftsfonds der Republik Österreich 12 ZeitzeugInnen Die Informationen der Zeitzeugen müssen selbstverständlich quellenkritisch betrachtet werden. Die Informationen geben nur die persönliche Sicht und die subjektive Wahrnehmung des/der ZeitzeugIn wieder. Sowohl der Zeitfaktor 83 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 (inzwischen sind Jahrzehnte vergangen) als auch die Ausnahmesituation (Leben in einer Diktatur) in den Jahren des Nationalsozialismus müssen im Erzählten berücksichtigt werden. Die Interviews mit den ZeitzeugInnen wurden offen, ohne Fragebogen, durchgeführt. Die oft stundenlangen Erzählungen wurden auf Tonband aufgenommen und sofern notwendig, sprachlich gestrafft, bearbeitet und zusammengefasst. Originalzitate sind unter Anführungszeichen gesetzt. Matthias Katsch (sen.), geb. 1926 (Gespräch am 10.2.2014) Susanne Pinn, geb. 1930 (Gespräch am 11.2.2014) 13 Quellen 13.1 Gedruckte Quellen Cüppers, Martin: Wegbereiter der Shoa. Die Waffen-SS und die Judenvernichtung 1939-1945, primus Verlag, Darmstadt 2011, 2. Auflage Eltz-Hoffmann von Lieselotte: „Vom Vorderbrandstätthof und dem Schicksal des Bergbauern Johann Oblasser“, Eigenverlag, Salzburg 2004 Effenberger, Max: Brucker Heimatbuch; Aufzeichnungen zum Erinnern, Nachdenken und zum gegenseitigen Verstehen, (Hg.): Gemeinde Bruck an der Großglocknerstraße, undatiert (ca. 1980) Fuchs, Gernod: Die Salzburger Gendarmerie von der „Kampfzeit“ der NSDAP bis zur Entnazifizierung. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, 2003. S 273 - 336 Garscha, Winfried R.: Zur Kontrolle der Staatsausgaben in Zeiten des drohenden Staatsbankrotts. Streiflichter aus der Tätigkeit des Rechnungshofes vor und nach der Errichtung des „Ständestaates“. In: 250 Jahre – Der Rechnungshof. Unabhängig. Objektiv. Wirksam. Gestern – Heute – Morgen, Selbstverlag des Rechnungshofs, Wien 2011, S. 169-181 84 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Gold, Herbert: Das Bernsteinzimmer, Geheimtransporte in den Pinzgau, Eigenverlag 2004 Görtemaker, Heike B.: Eva Braun: Leben mit Hitler, C.H.Beck Verlag, 4. Auflage, München 2010 Hochhold, Rainer: Zell am See, Eine historische Zeitreise, (Hg.) Stadtgemeinde Zell am See, Zell am See 2013 Nöbauer, Christina: „NS-Zwangsarbeit in Kaprun“ S 234, In: „Kaprun im Wandel“, Redaktion: Waltraud Moser-Schmidl/ Hannes Wartbichler (Hg.) Gemeinde Kaprun 2013 Nöbauer, Christina: „Opfer der Zeit“. Über das Schicksal ehemaliger BewohnerInnen der Caritas Anstalt St. Anton in der Zeit des Nationalsozialismus. Eigenverlag, Zell am See 2014 Nußbaumer, Alois: „Fremdarbeiter“ im Pinzgau, Edition Tandem, Salzburg/Wien 2011 Landauer, Hans; Hackl, Erich: Lexikon der österreichischen Spanienkämpfer 1936-1939, 2. Erweiterte Auflage, Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft, Wien 2008 Leo, Rudolf: Der Pinzgau unterm Hakenkreuz, Otto Müller Verlag, Salzburg 2013 Morgner, Mario: Verlorenes Weltwunder, Das Bernsteinzimmer, Books on Demand GmbH, Norderstedt, 2011 Noakes, Jeremy: „Philipp Bouhler und die Kanzlei des Führers der NSDAP“, In: Dieter Rebentisch, Karl Teppe (Hg.): Verwaltung contra Menschenführung im Staat Hitlers, Studien zum politisch-administrativen System, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1986 S 208-237 85 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Pinzgauer und Pongauer Nachrichten, Nr. 5, Samstag, 8.9.1945 Salzburger Landeszeitung vom 28.6.1941 Szecsi, Maria; Stadler, Karl: Das einsame Gewissen. Die NS-Justiz in Österreich und ihre Opfer, Verlag Herold, Wien - München, 1962 S 64 Urbanowicz, Bhodan Tadeusz: „Der Kampf um die Werte der Kultur. Warschau 1939-1945“ In: Walka o dobra kultury: Warszawa 1939 – 1945. Ksiega zbiorowa. Pod red Stanislawa Lorentza. (Warszawa:) Panstw. Inst. Wyd 1970; (Übersetzung Anna Ofner, Kulturhistorikerin) Widerstand und Verfolgung in Salzburg 1934-1945, Band 1 und 2; (Hg.): Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes; Wien 1991 Zehetner, Michaela (Hg.): Nicht stillhalten, wenn Unrecht geschieht. Die Lebenserinnerungen von Agnes Primocic; Akzente Salzburg 2004 13.2 Internetquellen ORF Salzburg, http://salzburg.orf.at/stories/275284/ (Heruntergeladen 5.5.2008) DÖW Datenbank „politisch Verfolgte“, http://doew.at http://verwaltungshandbuch.bayerische-landesbibliothek-online.de/bouhler-philipp (Heruntergeladen 10.3.2014) Ingwio aus Schmitten, Caritas Anstalt St. Anton: http://bidok.uibk.ac.at/library/schmitten-schwachsinnig.html#idp9934960 (Heruntergeladen 13.8.2014) Spiegelgrund: https://www.wien.gv.at/kultur/archiv/geschichte/spiegelgrund/ (Heruntergeladen 19.8.2014) 86 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Kraftwerksbau Kaprun: http://www.salzburg.com/wiki/index.php/NS- Zwangsarbeit_am_Beispiel_Tauernkraftwerke_Kaprun (Heruntergeladen 2.9.2014) Michael Mooslechner: Wehrmachtsdeserteure auf Salzburger Almen. Die Gruppe um Karl Rupitsch in Goldegg und ihre Zerschlagung am 2. Juli 1944 http://www.schlossgoldegg.at/fileadmin/schlossgoldegg/design/images/2juli1944/ Wehrmachtsdeserteure_auf_Salzburger_Almen__M.Mooslechner.pdf (Heruntergeladen 22.8.2014) 13.3 Ungedruckte Quellen, Archivmaterial Auszug aus dem Grundbuch (B Blatt) der KG Hundsdorf EZ 31, Salzburger Landesarchiv, Schreiben vom 23.4.2007, Zahl 20004-3365/7-2007 Chronik des k.k. Gendarmeriepostens Bruck im Pinzgau; K.k. Landesgendarmeriekommando Nr. 11, Abteilung Salzburg Chronik des Gendarmeriepostens Fusch an der Großglocknerstraße Pinzgauer Bezirksarchiv, Horst Scholz, Dokumentation „Schloss- und Gut Fischhorn in der NS- und Nachkriegszeit“ Pinzgauer Bezirksarchiv: Einvernahme eines unbekannten SS Funktionärs, S 345 Einvernahme von SS-Rottenführer Franz Schuller, Nürnberg 11.12.1945, S 320 Einvernahme von SS-Hauptsturmführer Hans-Otto Mayer, Nürnberg 12.12.1945 S 318 Einvernahme von SS-Hauptsturmführer Franz Konrad, Zell am See, 6.7.8.1.1946 S 305 ff Einvernahme von SS-Rottenführer Franz Schuller, Nürnberg 11.12.1945 S 321 Pinzgauer Bezirksarchiv: Heimatbriefe vom 15.7.1940 und 31.8.1940 von NSOrtsgruppenleiter Otto Ploner an die Brucker Soldaten an der Front 87 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Schreiben von Frau Eder, DÖW 16.008 Sitzungsprotokolle des Gemeinderates der Gemeinde Bruck 1936-1939 und 19401946 Österreichisches Staatsarchiv, GZ 351.763 GD, St.B. 35 (Kopie bei Verf.) Österreichisches Staatsarchiv, GZ 356.412 GD, St.B. 35 (Kopie bei Verf.) Schreiben Breitkopf an Bürgermeister von Zell am See, 16.2.1944, Pinzgauer Bezirksarchiv (Kopie bei Verf.) Schreiben Faistauer an Scheel, 13. Juli 1943, Pinzgauer Bezirksarchiv (Kopie bei Verf.) Landesarchiv Salzburg: HB Akte, Karton 107; 004, 1943 Landesarchiv Salzburg: HB Akte, Karton 103; HB 450-452, 1942 Landesarchiv Salzburg: HB Akte, Karton 101; 1942 213,301-303,402-409 Landesarchiv Oberösterreich: LG Linz Vg 8 Vr 2852/47; gegen Josef Frauscher und Alfred Maier; Karton LG Sondergerichte VgVr 1947, Zl. 2841 - 2869, Nr. 257 Landesarchiv Oberösterreich: LG Linz Vg 8 Vr 1249/46; gegen Josefa Schobersteiner; Karton LG Sondergerichte VgVr 1946, Zl. 1238-1222, Nr. 26 88 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 14 Namensregister Nachname Vorname Status Information Altmann Peter „Euthanasie“ Der 10jährige Peter Altmann aus Maishofen, Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Aspöck Richard „Euthanasie“ Der 22jährige Richard Aspöck aus der Stadt Salzburg, Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Auer Hermann „Euthanasie“ Der 21jährige Hermann Auer aus St. Martin bei Lofer, Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Böckl Johann „Euthanasie“ Der 20jährige Johann Böckl aus St. Gilgen, Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Buchalka Ferdinand Politisch verfolgt Ferdinand Buchalka, geb. 17.6.1902 in Szekesfehevar (Ungarn) flüchtet 1938 von Österreich nach Spanien. Als Spanienkämpfer wird Buchalka vom 1.5.1941 bis 29.4.1945 im KZ Dachau interniert. Buchalka stirbt am 29.5.1990 in St. Georgen Pzg. [Landauer: Lexikon der österr. Spanienkämpfer] Buchmair Herta Maria „Euthanasie“ Die 16jährige Herta Maria Buchmair aus Landeck in Tirol, Bewohnerin der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1940 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Buchner Peter „Euthanasie“ Der 26jährige Peter Buchner aus Kaprun, Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Duxner Peter Deserteur Der Bauernsohn Peter Duxner, geb. 13.6.1915, wird am 3.9.1944 auf dem Anwesen seines Bruders in St. Georgen wegen „Fahnenflucht“ von der Gendarmerie festgenommen und einer Wehrmachtsstreife aus Saalfelden übergeben. [Gendarmeriechronik Bruck, 3.9.1944] Eder Maria Kritikerin Die Bergbäuerin Maria Eder, geb. 1883, in Pfarrwerfen, wohnhaft in Bruck, Mitglied des Deutschen Frauenwerkes und Trägerin des goldenen Ehrenkreuzes der deutschen Mütter, wird am 17. Jänner 1940 von der Gestapo verhaftet und in das Amtsgericht Zell am See überstellt. Der Grund: Frau 89 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Eder hat in einer Postkarte an die „Salzburger Landeszeitung“ die unerträglichen Zustände der Kriegsgefangenen in Kaprun angeprangert. [DÖW 16.008 und Widerstand und Verfolgung Bd. 2 S 384] Sie wird nach einigen Tagen Arrest von der Gendarmerie nach Hause entlassen. Egger Maria „Euthanasie“ Die 33jährige Maria Egger aus Innsbruck, Bewohnerin der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Etzer Anton „Euthanasie“ Anton Etzer, geb. 12.8.1872, St. Georgen/Pzg., wird am 17. April 1941 von der Landesheilanstalt SalzburgLehen in die Tötungsanstalt Hartheim überstellt. [Quelle: Transportliste Widerstand und Verfolgung Bd. 2 S 580 und National Archivs, Microcopy, T 1021 R 17, F 108 DÖW Film 123/3] Födinger Franz „Euthanasie“ Der 20jährige Franz Födinger aus Schörfling (OÖ), Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton wird 1940 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Frauscher Josef NS-Funktionär Der Elektriker Josef Frauscher, geb. 12.9.1906, SAMitglied, stellvertretender Ortsgruppenleiter und Ortsgruppenleiter (1942/43) der NSDAP in Bruck, wird am 20. Mai 1948 vom Volksgericht Linz, Außensenat Salzburg gemeinsam mit Alfred Maier wegen Hochverrats und Denunziation angeklagt. Das Gericht verurteilt Frauscher wegen Hochverrats zu 14 Monaten Kerker; vom Vorwurf der Denunziation wird er freigesprochen. [OÖLA, LG Linz, Vg 8 Vr 2852/47] Groppo Giuseppe Zwangsarbeiter Der 18jährige italienische Zwangsarbeiter flüchtet 1944 von seiner Arbeitsstätte im Kraftwerk Kaprun. Groppo stirbt an Hunger und Kälte im Juli 1944 in den Bergen Nähe Kapruns; sein Leichnam wird im Auftrag der Gendarmerie in der Nähe der Wachtbergalm begraben. [Chronik Gendarmerie Fusch 25.7.1944 und Zeitzeugeninterview Susanne Pinn] Haidler Otto „Euthanasie“ Otto Haidler, Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Haunschmied Johann Psychiatrie Der 29jährige Johann Haunschmied aus Freistadt, Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, stirbt 1943 in Niedernhart (Landesnervenklinik Wagner Jauregg, Linz). [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Hemetsberger Elisabeth Zwangs- Elisabeth Hemetsberger („Post-Liesl“), geb. 16.8.1914 90 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 sterilisation in Linz, wird 1929 in der Caritas Anstalt St. Anton aufgenommen. Am 23. Juni 1940 wird Elisabeth Hemetsberger, gemeinsam mit anderen oberösterreichischen Kindern und Jugendlichen, nach Niedernhart gebracht. Im Gegensatz zu den anderen, die in Niedernhart bzw. Hartheim ums Leben kommen, kommt sie – offenbar nach Intervention des ehemaligen Pflegeleiters Prälat Dr. Franz Fiala – wieder zurück in die Caritas Anstalt St. Anton. Am 15. Mai 1943 teilt der Amtsarzt in Zell am See, Dr. Zillner, der Caritasanstalt mit, dass „eine Aufschiebung der Unfruchtbarmachung nicht zugelassen wird“. Im Sommer 1943 wird Elisabeth Hemetsberger zwangssterilisiert. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Herzog Josef Kritiker Der Arbeiter Josef Oberlader, geb. 25.10.1889, aus Rosental wird gemeinsam mit seinen Kollegen Johann Zaisberger (im Akt auch Zeisberger), geb. 15.1.1889, aus Bruck und Josef Herzog, geb. 25.10.1893, ebenfalls aus Bruck verhaftet. Ihnen wird Hochverrat vorgeworfen. Die Arbeiter der Firma Redlich und Berger in Bruck haben sich während der Pause abfällig über das NS Regime geäußert. Die „staatsfeindlichen Gespräche“ brachten den Arbeitern mehrjährige Haftstrafen ein. Josef Oberlader wurde zu 4 Jahren Zuchthaus, Johann Zaisberger zu 3 Jahren Zuchthaus, Johann Herzog zu 1 Jahr Zuchthaus verurteilt. Gemeinsam mit den drei Angeklagten wird Peter Mösenlechner ebenfalls aus Bruck wegen „kommunistischer Mundpropaganda an der Arbeitsstelle“ festgenommen. [DÖW 8199; 18833 und Widerstand u V Bd.1 S 434 ff/619] Hoch Josef „Euthanasie“ Der 20jährige Josef Hoch aus Liefering (Sbg.), Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Hochleitner Anna „Euthanasie“ Die 30jährige Anna Hochleitner aus Ort im Innkreis (OÖ), Bewohnerin der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1940 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Hollaus Leonhard „Euthanasie“ Der 19jährige Leonhard Hollaus aus Piesendorf, Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] 91 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Höller Anton Politisch verfolgt Im Februar 1943 kommt es im Raum Pinzgau zu einer großen Verhaftungswelle kommunistischer Funktionäre. Neben dem Tischler Josef Scherleitner, geb. 1911, in Lend, werden am 13. Februar 1942 mehrere KPÖ Funktionäre festgenommen. Scherleitner wird am 28.10.1942 wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. Ein Gnadengesuch wird am 26. November 1942 abgelehnt. Am 30. April 1943 wird Scherleitner im Strafgefängnis München-Stadlheim hingerichtet [DÖW E19.793/3 und Widerstand und Verfolgung Bd. 1 S 401 ff]. Mit Scherleitner werden folgende Personen verhaftet: Albert Salzmann, Maishofen; Rupert Rindler, Taxenbach; Johann Kendlbacher, Taxenbach; Josef Riedlberger, Leogang; Anton Höller, Bruck; Leopold Lösch, Stall i. Mölltal/Ktn; Dünser Hermann, Ludesch Bludenz [DÖW 675 und 684 und 8.633 und 15.991 und 18.186] Holzner Rosa Kritikerin Die Hausbesorgerin Rosa Holzner, geb. 1.8.1898, äußert sich am 28. September 1939 kritisch gegen das NS-Regime. Sie wird von Barbara Rattenberger bei der Gendarmerie angezeigt. Tage später wird sie von der Gestapo festgenommen und „wegen Vergehen gegen das Heimtückegesetz“ vor ein Sondergericht in Salzburg gestellt. Über den Ausgang des Verfahrens ist nichts bekannt. [DÖW 16.036 und DÖW 20.941/75] Höpflinger Wilhelm „Euthanasie“ Der 8jährige Wilhelm Höpflinger aus der Stadt Salzburg, Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Hutter Josef Bürgermeister Brucks Bürgermeister Josef Hutter wird noch am Tag der Machtübernahme von seinem Amt enthoben. Die Nationalsozialisten ernennen am 13. März 1938 Anton Posch, der jedoch nur bis 7. Juni im Amt bleibt. Seine Nachfolge übernimmt bis zum Ende der NS-Zeit der Kaufmann Peter Lederer. [Max Effenberger: Brucker Heimatbuch, S 344 und DÖW 20./497/03] Kirchner Georg Lehrer Der Leiter der Landwirtschaftsschule, Georg Kirchner, wird wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ abberufen; der Betrieb der Bubenschule wird während der Kriegsjahre eingestellt. [Max Effenberger: Brucker Heimatbuch, S 116] Klammer Therese Psychiatrie Die 26jährige Therese Lammer aus Wien, Bewohnerin der Caritas Anstalt St. Anton, stirbt 1940 in Niedernhart 92 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 (Landesnervenklinik Wagner Jauregg, Linz). [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Kocher Peter „Euthanasie“ Der 24jährige Peter Kocher, vermutlich aus Bischofshofen, Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Kowalczky Alfreda Zwangsarbeit Die polnische Zwangsarbeiterin Alfreda Kowalczky wird vom Melker Peter Embacher verdächtigt, eine Brieftasche mit 180 RM gestohlen zu haben. Auch der Pferdeknecht Anton Prossegger belastet die Polin und gibt an, dass sie ihm bereits 1 (!) Zigarette gestohlen hat. Die Staatsanwaltschaft Salzburg stellt das Verfahren schließlich ein. Frau Kowalczky wird an ihren Arbeitsplatz zurückgeschickt. [Zwangsarbeit im Pinzgau, (Hg.): Historikerkommission S 345] Kronewitter Andreas Eisenbahner Briefe an seinen Sohn Wilhelm, der an der Ostfront stationiert ist, kosten dem Reichsbahnbeamten Andreas Kronewitter, aus Zell am See, geb.6.8.1894 in Bruck, das Leben. Der Inhalt der Briefe reicht für ein Verfahren wegen „Wehrkraftzersetzung“. Im Schreiben vom 14. August 1943 rät er zur Vorsicht: „…Schau nur zu, wenn gar nicht anders möglich, daß Du in größere Kommandos nach hinten kommst...“ In einem zweiten Schreiben vom 17. August 1943 äußert sich Kronewitter kritisch über einen Nationalsozialisten in Zell am See und erwähnt einen Luftangriff auf Wiener Neustadt. Für das Gericht ist dies Grund genug, um „Wehrkraftzersetzung“ zu erkennen. Andreas Kronewitter wird in den letzten Kriegsmonaten am 21. November 1944 in Wien hingerichtet. [DÖW 19.793/96] Auch gegen den 20jährigen Sohn Wilhelm wird ein Verfahren wegen „Wehrkraftzersetzung“ eingeleitet. Er wird am 13. April 1944 von einem Feldkriegsgericht wegen „Zersetzung der Wehrkraft“ zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. [DÖW E 18.574 und DÖW 18.318 und DÖW 21.202 vgl. Widerstand und Verfolgung Bd. 1 S 267, 319 ff, 585, 611, 627] Lechner verh. Elisabeth Oblasser Johann Deserteurshilfe Die Bergbauerntochter zu Hochegg in St. Georgen, Elisabeth Lechner, geb. 31.5.1908 heiratet 1936 Johann Oblasser, geb. 26.12.1902, Bergbauer des Vorderbrandstätthofs in Taxenbach. Das Ehepaar versteckt und versorgt während der Kriegsjahre zwei 93 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Deserteure aus dem Raum Goldegg. Im Juni 1944 kommt es in der Region zu einer groß angelegten Razzia der SS. Mehrere Menschen werden dabei getötet, zahlreiche Familienangehörige in Konzentrationslager gebracht und hingerichtet. Auch Johann Oblasser wird in den KZs Dachau und Buchenwald interniert. Die Verhaftung Elisabeth Lechners durch die Gestapo wird vom Sprengelarzt Siegfried Schernthaner verhindert. Johann Oblasser gelingt 1945 die Flucht bei einem der berüchtigten Todesmärsche und kommt im Juni 1945 wieder nach Hause. [Chronik: „Vom Vorderbrandstätthof und dem Schicksal des Bergbauern Johann Oblasser, Eigenverlag, Salzburg 2004 und DÖW 18.467] Leidlmeier Hermann „Euthanasie“ Der 20jährige Hermann Leidlmeier aus Wels (OÖ), Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1940 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Linsinger jun. Josef Deserteur Aus dem Schreiben der Gendarmerie Bruck an die Kriminalpolizei betreffend Erschießung von Josef Linsinger jun. bei seiner Festnahme: Josef Linsinger, geb. 14.4.1915, in Zell am See, wird am Freitag, den 29. November 1940 um ca 11 Uhr 30 auf der Großglocknerstraße bei Bruck von einer Gendarmeriestreife angehalten. Linsinger wird wegen Fahnenflucht gesucht. Die Gendarmen eröffnen bei der Festnahme das Feuer und verletzen Linsinger mit zwei Schüssen in den Oberschenkel. Sprengelarzt Dr. Winkler leistet erste ärztliche Hilfe. Linsinger - so die Gendarmerie - stirbt beim Transport in das Krankenhaus Schwarzach. Im Akt finden sich auch Unterlagen über Peter Mitteregger aus Bachwinkl, der von August bis Oktober 1939 mit Linsinger zusammen ist. Der Vater Josef Linsinger sen. wird im November 1940 wegen Wehrkraftzersetzung zu 2 Jahren Zuchthaus verurteilt. [DÖW E 18.666 und Widerstand und Verfolgung Bd. 1 S 569, 570, 626 und DÖW 19.787/1-6] Machreich Josef Politisch verfolgt Der Gastwirt Josef Machreich, geb. 22.11.1882, Bruck, wohnhaft in Bischofshofen, wird am 1. September 1944 von der Gestapo in „Schutzhaft“ genommen. Machreich stirbt am 2.11.1944 im Konzentrationslager Flossenbürg. [DÖW Datenbank „politisch Verfolgte“, 94 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 www.doew.at] Maier Alfred NS-Funktionär (auch Mair) Der Hilfsarbeiter Alfred Maier, geb. 9.10.1920 in Fusch, SA-Mitglied, wird am 20.5.1945 gemeinsam mit Ortsgruppenleiter Josef Frauscher vom Volksgericht Linz, Außensenat Salzburg, wegen Denunziation angeklagt. Ihm wird vorgeworfen, die Kritikerin Anna Renner denunziert zu haben. Renner wurde dafür zu 16 Monaten Zuchthaus verurteilt. Alfred Maier wird zu dreieinhalb Monaten Kerker verurteilt. [OÖLA, LG Linz, Vg 8 Vr 2852/47] Meglitsch Erich „Euthanasie“ Der 22jährige Erich Meglitsch aus St. Marienkirchen (Stmk.), Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Mösenlechner Peter Kritiker Siehe Josef Herzog Neudorfer Franz „Euthanasie“ Der 30jährige Franz Neudorfer aus Attnang Puchheim (OÖ), Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Oberlader Josef Kritiker Siehe Josef Herzog [DÖW 8.199 und DÖW 18.464] Oberreiter Gertraud „Euthanasie“ Die 17jährige Gertraud Oberreiter, Bewohnerin der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Oppeneiger Maria „Euthanasie“ Die 20jährige Maria Oppeneiger aus Böckstein (Sbg.), Bewohnerin der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Orthner Rudolf „Euthanasie“ Der 21jährige Rudolf Orthner aus der Stadt Salzburg, Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Ortner Ingeborg „Euthanasie“ Die 16jährige Ingeborg Ortner aus der Stadt Salzburg, Bewohnerin der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Ortner Ursula „Euthanasie“ Die 28jährige Ursula Ortner aus Flachau, Bewohnerin der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Pfeffer Christine „Euthanasie“ Die 13jährige Christine Pfeffer aus Fusch, Bewohnerin der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1943 „Am Spielgrund“ (Pflegeanstalt „Am Steinhof“ in Wien) 95 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Prentner Josef Psychiatrie Der 17jährige Josef Prentner aus Pichl bei Windischgarsten (OÖ), Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, stirbt 1941 in Niedernhart (Landesnervenklink Wagner Jauregg, Linz). [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Raffetseder Gertraud Psychiatrie Gertraud Raffetseder, geb. am 4. Februar 1925 in Amstetten, wird am 27. Oktober 1934 in die Caritas Anstalt St. Anton eingeliefert. 1942 wird sie in die Landesheilanstalt Mauer-Öhling überstellt. [Quelle: Heft „Kinder der Anstalt – Einweisung/Entlassung; dort unter der lfd. Nr. 245 eingetragen] Laut Auskunft beim Niederösterreichischen Landesarchiv befindet sich Frau Raffetseder vom 30. September 1942 bis zu ihrem Tod am 10. Juni 1944 in der Heil- und Pflegeanstalt Mauer-Öhling. [Quelle: Christina Nöbauer] Rangetiner Albert „Euthanasie“ Der 7jährige Albert Rangetiner aus Bramberg am Wildkogel (Sbg), Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Reithmeier Emma „Euthanasie“ Die 17jährige Emma Reithmeier aus Uttendorf, Bewohnerin der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1940 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Renner Anna Kritikerin Anna Renner, geborene Hutter, geb. 8.4.1907 in Fusch, kritisiert im Mai 1943 das NS-Regime, den Krieg und den Umgang mit Juden und Jüdinnen. Sie wird von Alfred Maier (auch Mair), Mitglied der SA, beim Ortsgruppenleiter denunziert. Anna Renner wird am 28. Jänner 1944 zu 16 Monaten Haft verurteilt. [OÖLA, LG Linz, Vg 8 Vr 2852/47] Renner Franz Politisch verfolgt Der Ehemann von Anna Renner wird im Juni 1941 wegen „kommunistischer Tätigkeit“ zu einem Jahr Zuchthaus verurteilt. [OÖLA, LG Linz, Vg 8 Vr 2852/47] Rottensteiner Mathias „Euthanasie“ Der 18jährige Mathias Rottensteiner aus Tamsweg, Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Schachner Hermann Gendarm Der Brucker Gendarm Hermann Schachner, geb. 9.8.1909, ist seit 1931 am Posten Bruck bzw. Fusch. Die Gestapo beurteilt ihn als „Systemschwein, Kriechernatur, radikaler Gegner der NSDAP, hat 96 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Spionage getrieben gegen das Reich, dachaureif“. Er wird nach St. Gilgen strafversetzt. Von 1940 bis 1945 versieht er als Feldgendarm seinen Dienst an der Ostfront, wo er schließlich in russische Kriegsgefangenschaft gerät. Am 9. Juli 1949 kommt er, gesundheitlich schwer angeschlagen, wieder nach St. Gilgen. [Privatarchiv Gernod Fuchs] Scharfetter Michael „Euthanasie“ Der 22jährige Michael Scharfetter aus Muhr (Sbg.), Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Schauer Heinrich „Euthanasie“ Der 13jährige Heinrich Schauer aus Vöcklamarkt (OÖ), Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1940 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Schmalnauer Hildegard „Euthanasie“ Die 24jährige Hildegard Schmalnauer aus Strobl (OÖ), Bewohnerin der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1940 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Scharl Peter Politisch verfolgt Der Fabriksarbeiter Peter Scharl, geb. 4.6.1905, Palting-Perwang (OÖ), wohnhaft: Bruck, wird am 15. April 1941 von der Kriminalpolizei in das KZ Dachau eingeliefert. Begründung: „polizeiliche Sicherheitsverwahrung“. Scharl stirbt am 14. Jänner 1942 in Dachau. [DÖW Datenbank „politisch Verfolgte“, www.doew.at] Schobersteiner Josefa NS-Funktionärin Josefa Schobersteiner, geborene Spöttl, geb. 2.1.1895, wohnhaft in Bruck - NSDAP-Mitglied und Blockleiterin wird am 1. Oktober 1946 vom Landesgericht Linz als Volksgericht wegen Denunziation zu sechs Monaten Kerker verurteilt. Schobersteiner wird vorgeworfen, den Leiter der Fürsorge Zell am See Anton Werber, der im Frühjahr 1945 eine positive Bemerkung über das Ende des Krieges tätigt, beim Ortgruppenleiter angezeigt zu haben. [OÖL, LG Linz, Akt Vg 8 Vr 1249/46] Schwarz Nikolaus Eisenbahner Reichsbahninspektor Nikolaus Schwarz, geb. 1898, wird am 3. Dezember 1943 vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Schwarz, so der Vorwurf, hat im April 1943 eine staatsfeindliche Schrift verfasst und diese in die Hände französischer Kriegsgefangener kommen lassen. Er wird deshalb wegen landesverräterischer Begünstigung des Feindes zum Tode und zu lebenslangem Ehrverlust verurteilt. [DÖW 19.793/173 97 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 und Widerstand und Verfolgung Bd. 2, S 396] Schwaighofer Georg „Euthanasie“ Der 13jährige Georg Schwaighofer aus Hallwang (Sbg.), Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Seeber Johann Heimtückegesetz Der Hilfsarbeiter Johann Seeber, geb. am 5.4.1902 in Jochberg (Tirol), wohnhaft Gries im Pinzgau wird am 22. April 1940 von der Gendarmerie Bruck verhaftet. Er habe sich, so der Vorwurf, beim Bauern Ägyd Sulzenbacher abfällig über das NS-System geäußert. Er wird wegen „Vergehen nach dem Heimtückegesetz“ in das Amtsgericht Taxenbach eingeliefert. Über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt. [DÖW 16.011] Seeber Johann „Euthanasie“ Der 12jährige Johann Seeber aus St. Veit im Pongau (Sbg), Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Siebinger Gertrude „Euthanasie“ Die 17jährige Gertrude Siebinger, vermutlich aus Langenlois (NÖ), Bewohnerin der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1942 „Am Spiegelgrund“ (Pflegeanstalt „Am Steinhof“, Wien) ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Speckinger Franziska „Euthanasie“ Die 25jährige Franziska Speckinger aus der Stadt Salzburg, Bewohnerin der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Thurner Johann Lehrer Der Direktor der Volksschule Bruck, Johann Thurner, seit 1903 als Lehrer an der Schule tätig, wird gleich nach der Machtübernahme als „politisch unzuverlässig“ eingestuft und wird in den Ruhestand versetzt. Ihm folgt vorerst Rudolf Ueberreither, dann Elfriede Kasper (verh. Haslauer). [Max Effenberger: Brucker Heimatbuch, S 79 f] Traunwieser Mathilde Psychiatrie Die 15jährige Mathilde Traunwieser aus Neumarkt a.H., Bewohnerin der Caritas Anstalt St. Anton, stirbt 1942 in Niedernhart (Landesnervenklinik Wagner Jauregg, Linz). [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] W. Anna Verbotener Am 25. Juni 1941 kommt es im Landgericht Salzburg Umgang mit zur Hauptverhandlung gegen Anna W., geb. am Kriegsgef. 21.7.1920 in Bruck wegen Vergehens nach der Wehrkraftschutzverordnung. Ihr wird verbotener Umgang mit Kriegsgefangenen vorgeworfen. Sie wird 98 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 von Georg Heinz, ihrem Lebensgefährten, bei der Polizei angezeigt und wird zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. [DÖW 20.491/48] Wagner Katharina „Euthanasie“ Die 40jährige Katharina Wagner aus der Stadt Salzburg, Bewohnerin der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Walcher Siegfried „Euthanasie“ Siegried Walcher, geb. 8.4.1918 in Westendorf (Tirol), „zuletzt wohnhaft in der Caritasanstalt Bruck a.d.G.“, wird am 17. April 1941 von der Landesheilanstalt Salzburg-Lehen in die Tötungsanstalt Hartheim überstellt und ermordet. [Quelle: Widerstand und Verfolgung Bd. 2 S 581 und National Archivs, Microcopy, T 1021 R 17, F 108 DÖW Film 123/3; Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Wallmann Aloisia „Euthanasie“ Die 29jährige Aloisia Wallmann aus Gnigl (Sbg.), Bewohnerin der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Welley Franz Feuerwehr Franz Welley, langjähriger Kommandant der Feuerwehr St. Georgen, gilt als politisch unzuverlässig und wird unmittelbar nach dem „Anschluss“ vom Kaufmann Johann Pichler abgelöst. [Max Effenberger: Brucker Heimatbuch, S 394] Werber Anton Kritiker Anton Werber, geb. 4.9.1881, Leiter des Fürsorgeamtes Zell am See, ehemaliger Bürgermeister von Zell am See, äußert sich im Frühjahr 1945 während eines dienstlichen Aufenthaltes in Bruck gegenüber Josefa Schobersteiner, dass er froh sei, dass „der Krieg seinem Ende zugeht und sowieso schon verloren ist.“ Die NS-Funktionärin Josefa Schobersteiner zeigt Werber beim Ortsgruppenleiter an. Am 29. April 1945, wenige Stunden vor dem Selbstmord Adolf Hitlers, wird Werber von SS und Gendarmerie verhaftet und der Gestapo übergeben. Noch am selben Tag sollte Werber hingerichtet werden, kann allerdings durch die indirekte Hilfe eines Gestapobeamten flüchten und in Salzburg untertauchen. [OÖL, LG Linz, Akt Vg 8 Vr 1249/46] Wiesmaier Alois Psychiatrie Der 31jährige Alois Wiesmaier aus Wernstein (OÖ), Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, stirbt 1942 in Niedernhart (Landesnervenklinik Wagner Jauregg, Linz). [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] 99 Mag. Dr. Rudolf LEO - Bruck an der Großglocknerstraße 1938-1945 Winklbauer Theresia Psychiatrie Die 17jährige Theresia Winklbauer aus Engelszell (OÖ), Bewohnerin der Caritas Anstalt St. Anton, stirbt 1940 in Niedernhart (Landesnervenklinik Wagner Jauregg, Linz). [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Zaninelli Rupert „Euthanasie“ Der 18jährige Rupert Zaninelli aus Mühlegg, Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] Zaisberger Johann Kritiker Siehe Josef Herzog [DÖW 8.199 und DÖW 18.833] Zopf Franz „Euthanasie“ Der 10jährige Franz Zopf aus Straßwalchen, Bewohner der Caritas Anstalt St. Anton, wird 1941 in Hartheim ermordet. [Christina Nöbauer: „Opfer der Zeit“] 100