- Die Beauftragte der Bundesregierung für

Transcription

- Die Beauftragte der Bundesregierung für
Demografischer Wandel und Entwicklung
des Immobilienmarkts in peripheren ländlichen
Regionen Ostdeutschlands
Kurzfassung
m Auftrag des Bundesministeriums des Innern, Referat G III 7
Auftragnehmer
F+B Forschung und Beratung
für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH
Adenauerallee 28
20097 Hamburg
Bearbeiter
Dr. Bernd Leutner
Dr. Volker Reimann
Julian Wartenberg
Timo Dittmers
Stefan Fritsche
Hamburg, April 2011
1.
Ziele und Untersuchungsansatz
Deutschlands Städte und Regionen sehen sich in der Folge des demografischen
Wandels tiefgreifenden Veränderungen und schwerwiegenden Herausforderungen
gegenüber. Dabei sind die neuen Bundesländer in besonderer Weise betroffen:
Bedingt durch den Geburtenrückgang bereits seit der Wende, durch Abwanderung
und altersstrukturelle Veränderungen ist hier gegenüber den meisten anderen Regionen der Bundesrepublik ein deutlich beschleunigter Wandel zu beobachten.
Diese demografischen Veränderungen haben in den neuen Bundesländern erwartungsgemäß erhebliche Auswirkungen auf die Immobilienmärkte. Seit längerem
bekannt, in seinem Ausmaß aber oftmals unterschätzt ist insbesondere der deutliche Preisverfall.
Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich die vorliegende Untersuchung mit der
Frage, welche regionalwirtschaftlichen Auswirkungen nachhaltig sinkende Preise
von Wohnimmobilien für die Einkommens- und Vermögungspositionen der betroffenen privaten Haushalte, die Immobilienfinanzierung und die Finanzsituation der
Kommunen haben.
Die Untersuchung greift als wichtiges Segment des Immobilienmarktes in den Neuen Bundesländern die Eigenheime heraus und setzt den Schwerpunkt bei der Entwicklung in den peripheren ländlichen Regionen, weil diese von den Wechselwirkungen zwischen demografischem Wandel und Immobilienmarktschwäche am
stärksten betroffen sind.
Doppelter Fokus:
periphere ländliche
Regionen und Eigenheimmarkt
Methodisch bedient sich die Untersuchung vor allem folgender Instrumente:
Durchsicht und vergleichende Auswertung aktueller Veröffentlichungen und
Materialien,
Analyse der demografischen Entwicklung in den ländlichen Regionen Ostdeutschlands,
Analysen der Markt- und Preisentwicklung in den ländlichen Regionen Ostdeutschlands auf der Grundlage aktueller Daten und Analyseergebnisse des
F+B-Monitorings.
2.
Demografischer Wandel und Immobilienmarktentwicklung in ländlichen peripheren Räumen
Um die Ergebnisse zu vertiefen und zu konkretisieren, wurden in Fallstudien zusätzlich pro Bundesland je eine Kommune näher untersucht, die die spezifische
Ausgangslage in den peripheren ländlichen Regionen Ostdeutschlands in besonderer Weise repräsentieren. Abschließend werden aus den vorgelegten empirischen
Befunde und Folgenabschätzungen Handlungsempfehlungen für Politik und Verwaltung abgeleitet.
Fünf Fallstudien
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Die demografische Entwicklung der Neuen Bundesländer insgesamt ist durch einen
anhaltenden Rückgang der Bevölkerung gekennzeichnet. Die Ursachen für diesen
Rückgang sind zum einen das niedrige Geburtenniveau und der damit verbundene
kontinuierliche Sterbefallüberschuss und zum anderen die – vor allem zu Beginn
der 1990er Jahre hohen – Abwanderungsverluste. Nachdem der Bevölkerungsrückgang der Neuen Bundesländer sich in der ersten Hälfte der 1990er Jahre deutlich abgeschwächt hatte, nahm er bis Anfang des neuen Jahrtausends wieder leicht
zu und liegt in den letzten Jahren relativ konstant bei einem Minus von etwa knapp
100.000 Einwohnern pro Jahr. In der Folge nimmt – im Unterschied zu Westdeutschland – auch die Zahl der Haushalte in den Neuen Bundesländern kontinuierlich ab.
Anhaltender Bevölkerungsrückgang in den
Neuen Ländern...
In den peripheren ländlichen Räumen der Neuen Bundesländer ist der Rückgang
der Bevölkerung noch deutlich stärker ausgeprägt: Diese Regionen verloren allein
zwischen 2000 und 2008 ca. 9 bis 10 % ihrer Einwohner, während es im Durchschnitt der Neuen Länder nur knapp 6 % waren (Abb. 1). In den fünf Beispielgemeinden belief sich der Bevölkerungsrückgang im gleichen Betrachtungszeitraum
sogar auf 15 bis 20 %.
... insbesondere in
den peripheren ländlichen Räumen
Die Abwanderung aus den Neuen Ländern ist dabei sehr selektiv. Grob vereinfachend lässt sich sagen, dass es vor allem die Jüngeren, die Frauen und die Höherqualifizierten sind, die dem Ländlichen Raum den Rücken kehren. Das Ergebnis
sind tiefgreifende demografisch-soziologische Disproportionen wie Überalterung,
partielles Frauendefizit und Überhäufigkeit Geringqualifizierter. Parallel dazu weisen die Haushalte in den peripheren ländlichen Räumen der Neuen Bundesländer
vergleichsweise niedrigere Einkommen und einen geringeren Einkommensanstieg
auf.
Vor allem die Jüngeren, die Frauen und
die Höherqualifizierten
wandern ab
Die Folgen der demografischen Entwicklung für die Immobilienmärkte sind offensichtlich: Rückgang der Wohnungsnachfrage und des Potenzials zur Wohneigentumsentwicklung, sinkender Neubaubedarf, vermehrte Wohnungsfreisetzungen im
Generationenübergang und zunehmende Wohnungsleerstände.
Auf der Angebotsseite verzeichnen die Neuen Länder ein niedriges und stark rückläufiges Niveau der Wohnungsbautätigkeit. Hier erreicht das Neubauvolumen bei
Ein- und Zweifamilienhäusern 2008 nur noch ein Viertel des Volumens des Jahres
2000, mit teilweise deutlichen Unterschieden zwischen den einzelnen Bundesländern. Während in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern noch ein Drittel des
Neubauvolumens von 2000 erreicht wird, ist es in Sachsen-Anhalt nur noch knapp
ein Fünftel.
Niedriges und stark
rückläufiges Niveau
der Wohnungsbautätigkeit
Parallel zu dieser rückläufigen Entwicklung der Wohnungsnachfrage und des Wohnungsangebots zeigt sich in den Neuen Bundesländern nach 2000 eine ebenfalls
stark rückläufige Entwicklung bei den Preisen von Eigenheimen, wobei der Abwärtstrend seit 2006 allerdings seinen Boden gefunden zu haben scheint.
Stark rückläufige
Eigenheimpreise
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Dieses Entwicklungsmuster gilt im besonderen Maße für die peripheren ländlichen
Räumen, mit Preisrückgängen zwischen den Jahren 2000 und 2010 von durchschnittlich bis zu 20 % (Abb. 2).
Abb. 1: Bevölkerungsentwicklung in peripheren und sehr
peripheren Gemeinden in den Neuen Bundesländern
2002-2008
Abb. 2: Preisentwicklung von Eigenheimen in peripheren und
sehr peripheren Gemeinden in den Neuen Bundesländern
2002-2010
Quelle: Regio-Stat 2010, F+B GmbH 2011
3.
Folgen der Marktentwicklung für private Haushalte
Eine der zentralen Fragestellungen der vorliegenden Untersuchung ist, welche
Auswirkungen die Marktentwicklung bei Eigenheimen im peripheren ländlichen
Raum für private Haushalte hat, sowohl in Hinblick auf die Eigentumsbildung und
die Vermögenssituation als auch hinsichtlich der Marktdynamik und des Investitionsverhaltens von Bestandshaltern.
Die im Rahmen dieser Untersuchung durchgeführten Fallstudien weisen auf Besonderheiten im Kaufverhalten bei Einfamilienhäusern in den Neuen Ländern hin:
Zwar werden auch im Bundesdurchschnitt beim Erwerb einer Wohnimmobilie Bestandsobjekte mittlerweile gegenüber den Neubauobjekten mehrheitlich bevorzugt
Bestandsobjekte dominieren im ländlichen
Raum den Eigenheimmarkt
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– in den peripheren ländlichen Räumen der Neuen Bundesländer haben die Bestandsobjekte inzwischen aber eine absolut dominierende Bedeutung. In den betrachteten Regionen lag der Anteil der Bestandsimmobilien an allen Transaktionen
je nach Landkreis zwischen 2000 und 2009 jeweils deutlich über 90 %. Der Erwerb eines Neubauobjekts stellt in diesen Regionen somit nur noch einen Ausnahmefall dar, auch wenn vielfach das Bestandsangebot aufgrund von erheblichen Qualitätsmängeln (baualtersbedingte Grundrisse, Ausstattungs- und Instandhaltungsdefizite) nicht mehr den heutigen Nachfrageanforderungen entspricht.
Ursächlich für die eindeutige Bevorzugung von Bestandsobjekten sind natürlich
vor allem deren Preisvorteile. Vor dem Hintergrund der ungünstigen Einkommensverhältnisse erleichtern die in den peripheren ländlichen Räumen überdurchschnittlich stark gesunkenen Hauspreise den Erwerb selbst genutzten Wohneigentums. Hauspreise für Bestandsobjekte in einer Größenordnung von häufig 60.000
bis 80.000 Euro für eine durchschnittliche Immobilie (freistehendes Einfamilienhaus, ca. 100 m² Wohnfläche) ermöglichen hier überhaupt erst die Bildung von
Wohneigentum.
Angesichts stark rückläufiger Immobilienpreise stellt sich allerdings in den peripheren ländlichen Räumen die Frage, welche Folgen damit für die Eigentümer (selbstgenutzter) Immobilien verbunden sind, insbesondere im Hinblick auf die
Altersvorsorge, denn die selbstgenutzte Immobilie dient nicht nur der Realisierung
der eigenen Wohnwünsche, sondern auch der privaten Absicherung im Rentenalter.
Zu Problemen kommt es dann, wenn die Wohnimmobilie veräußert werden soll,
z. B. bei einer Veränderung der Haushaltssituation (Scheidung), weil sich der Eigentümer aus Altersgründen von seinem Haus und den damit verbundenen Belastungen trennen will, weil im Todesfalle des ursprüngliche Eigentümers die Erben
keine eigene Verwendung für das Haus haben oder bei Wegzug des Eigentümers
aus arbeitsplatzbedingten Gründen. In diesen Fällen führen die in den peripheren
ländlichen Räumen stark rückläufigen Immobilienpreise zu einem deutlichen Wertverlust und finanziellen Einbußen der Eigentümer.
4.
Deutliche Wertverluste
und finanzielle Einbußen der Eigentümer bei
Veräußerung der Immobilie
Immobilienpreise und Immobilienfinanzierung
Wenn die Wohnungsnachfrage zurückgeht und sich die Immobilienpreise verringern, ist davon auch die Immobilienfinanzierung durch Banken, Bausparkassen
und Lebensversicherungen betroffen, und zwar bei Neubauten und Bestandskäufen ebenso wie bei Immobilien, die als Sicherheiten für früher gewährte Darlehen
dienen. In Regionen mit weit überdurchschnittlichen Preisrückgängen können sich
Finanzierungsprobleme in besonderem Ausmaß ergeben.
Finanzierungsprobleme
In Regionen mit weit
überdurchschnittlichen
Preisrückgängen möglich
Im Ergebnis einiger explorativer Expertengespräche, die im Rahmen des Projekts
durchgeführt wurden, lässt sich feststellen, dass die Finanzierungsinstitute das
Neugeschäft in diesen Regionen fortführen – allerdings mit Modifikationen, die der
gebotenen Risikovorsorge bei der Kreditvergabe entsprechen. Zugleich treffen sie
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Maßnahmen, um bei Bestandskrediten auf die Reduzierung der Sicherheiten in
der Folge des Preisrückgangs zu reagieren. Dazu gehört – bei notleidenden Krediten – ggf. auch der Einsatz des Instruments der Zwangsversteigerung.
Grundsätzlich sind in den neuen Bundesländern als Finanzierer im Neugeschäft
alle Institutsgruppen engagiert, seien es die Privatbanken und die
genossenschaftlichen Banken, die Sparkassen und die Lebensversicherungen.
Außerhalb der großen Städte und deren Umland-Wohnungsmärkten sind es vor
allem die örtlichen Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken, die für die
Kreditversorgung im Bereich der Eigenheimfinanzierung aktiv sind, einzelne
Großbanken mit ihren Tochterunternehmen und die großen Lebensversicherer.
Bezüglich der Kreditkonditionen im Neugeschäft zeigen sich in den peripheren
ländlichen Gebieten Ostdeutschlands deutliche Besonderheiten: Die Beleihungsausläufe sind relativ höher als in den alten Bundesländern, es werden also anteilig
zum Wert des Objektes höhere Finanzierungen ausgelegt. Da andererseits die
Objektwerte aber erheblich niedriger sind als in den westlichen Bundesländern,
belaufen sich die Finanzierungen auf deutlich niedrigere Beträge. Dabei werden
Zinssätze verlangt, die in der Regel um 0,5 bis 1,0 % oberhalb von Eckangeboten
in anderen Regionen bei sehr guter Bonität der Kreditnehmer liegen. Zusätzlich ist
festzustellen, dass angesichts verringerter Eigenkapitalbereitstellung eine Reihe
von Finanzierungen selbst bei durchschnittlicher Bonität nicht umsetzbar sind.
Insgesamt gesehen können aber auch außerhalb des Einzugsbereichs großer
Städte bei ausreichender Bonität Kauf und Neubauprojekte ohne Probleme finanziert werden.
Besondere Kreditkonditionen im Neugeschäft
in peripheren ländlichen Regionen
Bei der Bewirtschaftung des Kreditbestandes geht es für die Finanzierungsinstitute grundsätzlich darum, eine fristgerechte Bedienung der Annuitätendarlehen für
Zinsen und Tilgung sicherzustellen. Gleichzeitig ist die Werthaltigkeit der Sicherheiten periodisch zu überprüfen. Dazu hat das Kreditwesengesetz klare Vorgaben
definiert, die von den regional aktiven Kreditinstituten mit unterschiedlichen Instrumenten umgesetzt werden. Insbesondere setzen sie Verfahren ein, um die
Bewertung der Sicherheiten solcher Objekte zu überprüfen, bei denen sich die
Marktwerte in den letzten drei Jahren um mehr als 20 % verringert haben. Hier
wird dann eine besondere Risikovorsorge für mögliche Kreditausfälle getroffen. So
kann es erforderlich sein, dass weitere ergänzende Sicherheiten angefordert werden. Dies kann mittelfristig insbesondere in den hier betrachteten Landesteilen zu
einer Belastung von Immobilieneigentümern führen.
Belastungen von Immobilieneigentümern
durch Risikovorsorge
der Banken für mögliche Kreditausfälle
möglich
5.
Immobilienmarktentwicklung und kommunale
Finanzen
Der demografische Wandel beeinflusst in hohem Maße die öffentlichen Haushalte.
Wenn auch die Wirkungszusammenhänge komplex und noch nicht vollständig
erforscht sind, so werden doch überwiegend negative Auswirkungen auf die
öffentlichen und insbesondere die kommunalen Finanzen gesehen. Dabei ist zu
erwarten, dass die Kommunen in den peripheren Gebieten Ostdeutschlands von
den Konsequenzen des demografischen Wandels – Bevölkerungsverluste und
Demografische Wandel
beeinflusst in hohem
Maße die öffentlichen
Haushalte
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altersstrukturelle Veränderungen (rückläufige Kinderzahlen, steigenden Anzahl
älterer Menschen) sowie rückläufige Beschäftigtenzahlen – stärker betroffen sein
werden als Bund und Länder. Dies betrifft sowohl die Einnahmen als auch die
Ausgaben der Kommunen.
Die Höhe der Einnahmen einer Kommune wird grundsätzlich bestimmt durch die
Höhe des lokalen Steueraufkommens, des Kommunalanteils an der Einkommensteuer sowie die Zuweisungen aus den kommunalen Finanzausgleichssystemen.
Wichtige kommunale Einnahmen sind dabei insbesondere die Gewerbesteuer
und die Grundsteuer.
Derzeit sind insbesondere die Höhe des Kommunalanteils an der Einkommensteuer und die Zuweisungen im kommunalen Finanzausgleich an die Einwohnerentwicklung gekoppelt. Im Gegensatz dazu hängt die Höhe der Gewerbesteuer im
Wesentlichen von der wirtschaftlichen Entwicklung ab. Auch die Grundsteuer, die
auf bebaute und bebaubare Grundstücke und Gebäude innerhalb einer Kommune
erhoben wird, unabhängig vom Wohnsitz oder den wirtschaftlichen Verhältnissen
des Besitzers, ist weitgehend demografieunabhängig. Im Ergebnis erhalten die
Kommunen bei sinkender Einwohnerzahl dadurch absolut weniger Einnahmen
aus Steuern und Finanzzuweisungen, ohne dass sich die Höhe der Pro-KopfEinnahmen wesentlich verändern muss. Was allerdings die Kommunen vor die
Notwendigkeit stellt, das Volumen ihrer Gesamtausgaben entsprechend anzupassen.
Hierbei sind die Kommunen allerdings mit dem Problem der Ausgabenremanenz
konfrontiert. Dies bedeutet, dass bei einem Rückgang der Nachfrage nach einer
kommunalen Leistung die Ausgaben für das Aufrechterhalten der öffentlichen
Infrastruktur, sei es eine Schule, die Kläranlage oder die Kommunalverwaltung,
nicht im gleichen Maße gesenkt werden können, da eine Verringerung des Leistungsangebots bzw. ein Rückbau der Einrichtungen in der Regel nicht parallel
zum Bevölkerungsrückgang erfolgen kann. Mit der Folge, dass angesichts aufgabenspezifischer Fixkosten mit rückläufigen Einwohnerzahlen und sinkender Auslastung die Pro-Kopf-Aufwendungen für das Aufrechterhalten der öffentlichen Infrastruktur ansteigen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welchen Auswirkungen in ländlichen peripheren Räumen stark rückläufige Immobilienpreise
und eine insgesamt geringe Marktdynamik auf die Haushalte der Kommunen haben, sowohl hinsichtlich der Einnahmen als auch der Ausgaben.
Die fünf Fallstudien zeigen, dass die immobilienbezogenen Effekte auf der Einnahmen- und Ausgabenseite für die kommunalen Haushalte insgesamt nur von
untergeordneter Bedeutung sind. Das Grundsteueraufkommen ist weder von der
demografischen noch von der Immobilienmarktentwicklung abhängig, weitere
kommunale Einnahmequellen wie die Grunderwerbsteuer und Erschließungsbeiträge spielen angesichts einer schon seit längerem nur noch geringen Marktdynamik für die Kommunen im peripheren ländlichen Raums nur eine marginale
Rolle. Auf der Ausgabenseite hat es für die Kommunen ebenso nur begrenzte
finanzielle Auswirkungen, wenn Kommunen für wachsende Leerstände kommunaler Wohnungsbestände oder für Sicherungspflichten und „Rettungserwerbe“ kommunal bedeutsamer Objekte in Anspruch genommen werden.
Immobilienmarktbezogenen Effekte
spielen für kommunale
Haushalte nur eine
marginale Rolle
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6.
Handlungsempfehlungen für Politik und Verwaltung
Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zeigen, dass die Immobilienmarktentwicklung in einem komplexen Zusammenspiel mit dem demografischen
Wandel in peripheren ländlichen Räumen für die verschiedenen näher betrachteten Akteursgruppen – private Haushalte, Kommunen und Kreditinstitute – unterschiedliche und zum Teil tiefgreifende Auswirkungen hat.
Mit Blick auf die Immobilienfinanzierung erscheint es vor allem erforderlich, Vorsorge für den nicht auszuschließenden Fall zu treffen, dass die peripheren ländlichen Räume durch einen weiteren kontinuierlichen Verfall der Immobilienpreise
betroffen werden. Denkbar erscheint es beispielsweise, durch eine verbesserte
Immobilienmarktinformation Fehleinstufungen der örtlichen Marktlage zu vermeiden und mit besonderen Instrumenten (z. B. durch staatliche Bürgschaften oder
Nachrangdarlehen) die negativen Effekte auf die Wohnversorgung und die Vermögenssicherung in den Untersuchungsregionen zu begrenzen. Generell sollte
versucht werden, Beratungsinstanzen für Immobilieneigentümer aufzubauen, als
Teil einer Schuldnerberatung, um den Immobilienbesitz bei drohender Zwangsversteigerung grundsätzlich zu sichern. Gleichzeitig sollte das Instrument der
Zwangsversteigerung, welches sich in vielen Landesteilen zu einem „normalen
Verfahren“ der Immobilienvermarktung entwickelt hat, in Bezug auf Effizienzverbesserungen überprüft werden. Auf diesem Wege ließen sich hohe private und
volkswirtschaftliche Verluste vermeiden, die auftreten, wenn die Objekte über einen zu langen Zeitraum „im Zwang“ sind.
Aufgabe der Kommunen wird es verstärkt sein, die unterschiedlichen quantitativen, qualitativen und teilräumlichen Aspekte des demografischen Wandels im
Rahmen einer integrierten Stadtentwicklungsplanung zusammenzuführen und zu
einer konsistenten kommunalen Strategie zu verbinden, die mithilfe einer konsequenten Prioritätensetzung auch mit begrenzten kommunalen Ressourcen eine
zukunftsfähige und „demografiefeste“ Entwicklung der Kommune sicherstellt. Die
vielfach in den vergangenen Jahren entwickelten oder in Neuaufstellung befindlichen Stadtentwicklungskonzepte bilden hierfür bereits eine gute Grundlage. Diese
könnten durch strategisch ausgerichtete kommunale Fachkonzepte zum Wohnen
noch ergänzt werden.
Für eine zukunfts- und nachfrageorientierte Entwicklung der lokalen Immobilienmärkte werden dabei für die Kommunen u. a. folgende wohnungsmarktbezogene
Handlungsfelder von besonderer Bedeutung sein:
Innenentwicklung
Da der Wohnungsneubaubedarf aufgrund der rückläufigen Bevölkerungs- und
Haushaltsentwicklung in den ländlichen Räumen in Zukunft als sehr gering
einzuschätzen ist, wird es verstärkt darum gehen, vorhandene Flächenpotenziale innerhalb der bestehenden Siedlungsstrukturen zu nutzen.
Nachfragegerechte Bestandsanpassung und -entwicklung
Entsprechend der rückläufigen Wohnungsnachfrage wird die Anpassung der
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vorhandenen Wohnungsbestände an die künftige Nachfrage eine zentrale
Rolle einnehmen; dies gilt besonders in Hinblick auf die steigende Zahl älterer
Haushalte und deren Nachfrage nach altengerechtem Wohnraum. Angesichts
des hohen Anteils an Ein- und Zweifamilienhäusern im ländlichen Raum wird
es hierbei auch darum gehen, die Eigentümer bei der Instandhaltung und energetischen Modernisierung ihrer Häuser zu unterstützen (z. B. durch die Information über bestehende Fördermöglichkeiten und -programme).
Schaffung neuer nachfragegerechter Wohnungsangebote
Auf die quantitativen und qualitativen Veränderungen der Wohnungsnachfrage
ist mit einem entsprechend differenzierten Wohnungsangebot zu reagieren.
Dies wird zum Teil durch Bestandsanpassung möglich sein. Darüber hinaus
besteht jedoch auch ein Neubaubedarf von Qualitäten, die bislang unzureichend angeboten werden, wie z. B. altengerechte und generationenübergreifende Wohnformen (mit und ohne Betreuungsangeboten) oder familiengerechte Wohnungsangebote.
Verringerung des Wohnungsleerstands
Angesichts der rückläufigen Wohnungsnachfrage wird eine zentrale Herausforderung die Verringerung bzw. die Vermeidung weiteren Wohnungsleerstands sein. Ein wichtiges Instrument hierzu sind im Bereich des Mietwohnungsbaus mit der örtlichen Wohnungswirtschaft abgestimmte Rückbaukonzepte im Rahmen des Stadtumbau Ost und auf Grundlage eines Integrierten
Stadtentwicklungskonzepts.
Im Eigenheimbereich besteht ein möglicher Ansatz darin, in der Gemeinde
eine Informations- oder Kontaktbörse durchzuführen, deren Ziel es ist, über
leer stehende Immobilien zu informieren und Kontakte zu deren Eigentümern
zu vermitteln.
Förderung von Kooperation und Netzwerken
Eine weitere grundsätzliche Voraussetzung für die Bewältigung der künftigen
Aufgaben ist die Förderung von Kooperation und Netzwerken. Denn die Anforderungen und Herausforderungen des demografischen Wandels sind von
den Kommunen allein nicht zu bewältigen. Dies gilt insbesondere für die kleineren Städte und Gemeinden in den ländlichen Räumen, für die der anhaltende Bevölkerungsrückgang und die damit verbundenen Risiken, wie steigende
Leerstände oder eine weitere Infrastrukturausdünnung, eine existenzielle Dimension besitzen.
Abschließend ist aus Sicht der Städte und Gemeinden auf die Notwendigkeit einer
Reform der Kommunalfinanzen hinzuweisen. Angesichts der Mehrbelastungen,
mit denen die Kommunen konfrontiert sind, wird eine grundlegende Gemeindefinanzreform immer dringlicher. Gefordert wird vor allem gegenüber den Ländern
eine aufgabengerechte Finanzausstattung der Kommunen, die nicht so sehr an
die bloße Einwohnerzahl geknüpft ist, sondern die tatsächlichen Belastungen der
Kommunen, vor allem im sozialen Bereich, berücksichtigen. Gleiches gilt für die
zentralen Funktionen, wie sie von den Zentren im ländlichen Raum wahrgenommen werden.
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