Ödeme und Lymphdrainage
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Ödeme und Lymphdrainage
Ulrich Herpertz 5. Auflage Ödeme und Lymphdrainage Diagnose und Therapie Lehrbuch der Ödematologie Ulrich Herpertz Ödeme und Lymphdrainage 5. Auflage This page intentionally left blank Ulrich Herpertz Ödeme und Lymphdrainage Diagnose und Therapie Lehrbuch der Ödematologie 5., überarbeitete Auflage Mit 424 Abbildungen und 36 Tabellen Dr. med. Ulrich Herpertz Facharzt für Innere Medizin Dr.-Schuhwerk-Straße 16 79837 St. Blasien E-Mail: [email protected] Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de ab rufbar. Besonderer Hinweis: Die Medizin unterliegt einem fortwährenden Entwicklungsprozess, sodass alle Angaben, insbesondere zu diagnostischen und therapeu tischen Verfahren, immer nur dem Wissensstand zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches entsprechen können. Hinsichtlich der angegebenen Empfehlungen zur Therapie und der Auswahl sowie Dosierung von Medikamenten wurde die größtmögliche Sorgfalt beachtet. Gleichwohl werden die Benutzer aufgefordert, die Beipackzettel und Fachinformationen der Hersteller zur Kontrolle heranzuziehen und im Zweifelsfall einen Spezialisten zu konsultieren. Fragliche Unstimmigkeiten sollten bitte im allgemeinen Interesse dem Verlag mitgeteilt werden. Der Benutzer selbst bleibt verantwortlich für jede diagnostische oder therapeutische Applikation, Medikation und Dosierung. In diesem Buch sind eingetragene Warenzeichen (geschützte Warennamen) nicht besonders kenntlich gemacht. Es kann also aus dem F ehlen eines entsprechenden Hinweises nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt. Das Werk mit allen seinen Teilen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert werden. © 2003, 2004, 2006, 2010, 2014 by Schattauer GmbH, Hölderlinstraße 3, 70174 Stuttgart, Germany E-Mail: [email protected] Internet: www.schattauer.de Printed in Germany Lektorat: Dipl.-Chem. Claudia Ganter Satz: Fotosatz Buck, Zweikirchener Straße 7, 84036 Kumhausen/Hachelstuhl Druck und Einband: Mayr Miesbach GmbH, Druck · Medien · Verlag, Am Windfeld 15, 83714 Miesbach Auch als eBook erhältlich: ISBN 978-3-7945-6743-0 ISBN 978-3-7945-2912-4 Vorwort zur 5. Auflage Das große Interesse an der Lymphologie – dem wichtigsten Teilgebiet der Ödematologie –, den Ödemkrankheiten und der Manuellen Lymphdrainage sowie die Verwendung dieses Buches in vielen Lymphdrainage-Schulen machten die 5. Auflage erforderlich. Das bewährte Buchkonzept blieb unverändert, es wurden jedoch zahlreiche Ergänzungen eingefügt und Überarbeitungen vorgenommen. Außerdem besticht diese Auflage durch ein modernes Layout. Erstmals wird der Begriff „Ödematologie“ im Untertitel des Buches erwähnt. Bedanken möchte ich mich wiederum bei Frau Claudia Ganter, meiner Lektorin vom Schattauer Verlag, für die vielen Anregungen und die angenehme Zusammenarbeit. St. Blasien, im August 2013 Ulrich Herpertz Vorwort zur 1. Auflage Die moderne Lymphologie begann 1952 mit der ersten Durchführung einer direkten Lymphographie durch John B. Kinmonth und entwickelte sich besonders seit 1973 mit Einführung der „Physikalischen Ödemtherapie“ durch Johannes Asdonk in die naturwissenschaftliche Medizin. Diese „Physikalische Ödemtherapie“ oder „Physikalische Entstauung“, Kombination aus Manueller Lymphdrainage nach Emil Vodder, Ödemgriffen und Kompressionsbehandlung, erwies sich als geeignet, medikamentös nicht behandelbare Ödeme zu therapieren. Das wichtigste Ödem dieser Gruppe, das Lymphödem, gab diesem Teilgebiet der Medizin den Namen. Genau genommen ist die Lymphologie eine Lymphangiologie und somit ein Untergebiet der Angiologie. Der Lymphologe beschäftigt sich bevorzugt mit Erkrankungen des Lymphgefäßsystems. Erkrankungen der Lymphknoten sind dagegen die Domäne der Onkologen und Pathologen. Der Ausdruck „Lymphologe“ ist bisher keine anerkannte und geschützte Bezeichnung und daher ohne festgelegte Weiterbildungsrichtlinien, was das Gebiet der Lymphologie sowohl für Ärzte als auch für Patienten undurchschau- bar macht. Meist beschäftigen sich Internis ten, Chirurgen, Gynäkologen, Radiologen oder Dermatologen mit der Lymphologie, da sie fachübergreifend besonders diese Teilgebiete der Medizin betrifft, gelegentlich aber auch alle anderen Fachrichtungen berührt. Heute beschränkt sich allerdings die Lymphologie nicht allein auf die Lymphödeme, sondern befasst sich mit allen Ödemkrankheiten, die mit der „Physikalischen Ödemtherapie“ oder umgangssprachlich „Manuellen Lymphdrainage“ behandelbar sind. Notwendig ist aber auch die Kenntnis der übrigen Ödemformen, die meist einer medikamentösen Therapie bedürfen. Deshalb ist die Lymphologie in Wirklichkeit nur ein Teilgebiet der Ödematologie, der Lehre von den Ödemkrankheiten, und der sich damit beschäftigende Arzt würde besser als „Ödematologe“ bezeichnet. Ziel dieses Buches ist es, die verschiedenen Ödeme, ihre pathophysiologischen Ursachen und ihre Therapie darzustellen, wobei der Schwerpunkt jedoch auf den physikalisch behandelbaren Ödemen liegt. St. Blasien, im Januar 2003 Ulrich Herpertz Inhalt IGrundlagen 1 Anatomie des Lymphsystems . . . 3 2 Physiologie des Interstitiums, des Lymphsystems und der Lymphe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 3 Pathophysiologie der Ödeme und des Lymphsystems . . . . . . . . 52 4Untersuchungsmethoden bei Ödemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 5 Ödemmessung, Ödemgrade, Ödemdokumentation . . . . . . . . . . 70 6 Systematik der Ödeme und der Ödemtherapien . . . . . . . . . . . 78 IIKrankheitsbilder 7Lymphödem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 8Phlebödem 9Lipödem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 18Pathologisches Schwangerschaftsödem . . . . . . . 247 19Proteinmangelödem . . . . . . . . . . . 249 10 Orthostatisches Ödem . . . . . . . . . . 216 20 Ödem bei Nierenerkrankungen . . . . . . . . . . 252 11 Idiopathisches Ödem . . . . . . . . . . . 218 21 Kardiogenes Ödem . . . . . . . . . . . . 256 12 Diuretika-induziertes Ödem . . . . 222 22Adipositasödem . . . . . . . . . . . . . . 261 13 Traumatisches Ödem . . . . . . . . . . 225 23 Allergisches Ödem . . . . . . . . . . . . 263 14 Vasovegetatives Ödem . . . . . . . . 228 24 Toxisches Ödem . . . . . . . . . . . . . . . 265 15Lähmungsödem . . . . . . . . . . . . . . . 234 25 Endokrines Ödem . . . . . . . . . . . . . 267 16 Ischämisches Ödem . . . . . . . . . . . 236 26Medikamentös-bedingtes Ödem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 17 Entzündliches Ödem . . . . . . . . . . . 241 Inhalt 27 Diätetisch-bedingtes Ödem . . . . 273 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 28Angioödem 29Höhenödem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 30Nichtödematöse Gewebsverdickungen . . . . . . . . . . 279 31„Ödemneurose“ . . . . . . . . . . . . . . 284 IIITherapie 32 Geschichte der Physikalischen Ödemtherapie . . . . . . . . . . . . . . . . 287 35 Ergänzende Therapie maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 33 Manuelle Lymphdrainage therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 36 Ambulante und stationäre lymphologische Behandlung . . . . 351 34Kompressionstherapie . . . . . . . . . 307 IVAnhang 37ICD-10-Verschlüsselung der Ödemkrankheiten . . . . . . . . . . 357 38 Sozialmedizinische Beurteilung von Ödemkrankheiten . . . . . . . . . 362 39Qualitätssicherung in der Lymphologie . . . . . . . . . . . . 366 40Weiterbildungsrichtlinien in Manueller Lymphdrainage . . . 369 41 Ödemmerkblätter . . . . . . . . . . . . . . 376 42 Adressen lymphologischer Institutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 Abbildungsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 This page intentionally left blank I Grundlagen This page intentionally left blank 1 1.1 Anatomie des Lymphsystems Allgemeine Anatomie . . . . . . . 3 1.1.1Lymphgefäße . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Einteilung und Aufbau der Lymphgefäßabschnitte . . . . . 5 Lymphgefäßanastomosen . . . . . . 12 1.1.2Lymphknoten . . . . . . . . . . . . . . . . 12 1.2 Spezielle Anatomie . . . . . . . . . . 15 1.2.1 1.2.2 1.2.3 Lymphsystem von Hals und Kopf . 15 Lymphsystem der Arme . . . . . . . . 18 Lymphsystem der Brustwand und -organe . . . . . . . . 21 Lymphsystem der Bauch-, Becken- und Genitalorgane . . . . . 24 Lymphsystem der Beine . . . . . . . . 27 Lymphsystem der Haut . . . . . . . . . 30 1.2.4 1.2.5 1.2.6 1.1 Lunge kleiner Kreislauf oder Lungenkreislauf klavikulärer Venenwinkel Herz Venen Lymphknoten großer Kreislauf oder Körperkreislauf Blutkapillaren Allgemeine Anatomie Das Blutgefäßsystem der Arterien und Venen bildet einen vollständigen oder geschlossenen Kreislauf, der durch das Herz angetrieben wird. Beim Lymphgefäßsystem handelt es sich dagegen nur um einen Halbkreislauf, der im Bindegewebe blind beginnt und über die Lymphknotenvenen und zuletzt kurz vor dem Herzen in das Venensystem einmündet (Abb. 1-1). Die Lymphströmung wird besonders durch die Kontraktionen der Lymphangione (s. S. 47), aber auch durch Atmung und Muskeltätigkeit gefördert. Arterien Lymphgefäße interstitielles Bindegewebe Lymphkapillaren Abb. 1-1 Schema des Blut- und Lymphgefäßsystems sowie der Flüssigkeitsbewegung im Interstitium Zu den Aufgaben des Blutes gehört es, die Körperzellen mit Nährstoffen und Sauerstoff zu versorgen. Die Lymphe transportiert dagegen die makromolekularen Substanzen, meist Produkte des Zellstoffwechsels, aus dem Interstitium ab. 1 Anatomie des Lymphsystems blau: Abfluss zum rechten Venenwinkel weiß: Abfluss zum linken Venenwinkel 1 Tonsillen (Mandeln), das Knochenmark, das lymphatische Schleimhautgewebe sowie Milz und Thymus gerechnet werden. 2 1.1.1Lymphgefäße 3 4 rot: große lymphatische Wasserscheiden Abb. 1-2 Die beiden Lymphgefäßsysteme des Körpers und die großen lymphatischen Wasserscheiden Die einzelnen Körperzellen liegen eingebettet im lockeren oder interstitiellen Bindegewebe, auch Interstitium, Zwischengewebe oder lockeres Stützgewebe genannt. Der Flüssigkeitszufluss zum Interstitium geschieht vom linken Herzen über die Arterien, Arteriolen und arteriellen Kapillaren (Hochdrucksystem). Der Abfluss aus dem Interstitium zum rechten Herzen erfolgt über die Venen und über die Lymphgefäße (beides Niederdrucksysteme). Das Lymphgefäßsystem ist somit ein Nebenabfluss zum Venensystem mit ebenfalls herzwärts gerichteter Strömung. Die Lymphgefäße differenzieren sich in der frühen Embryonalphase unter dem Einfluss von VEGF (vascular endothelial growth factor) aus den Zellen der Urvenen, weshalb die wichtigsten Lymphgefäßbündel besonders an den Ex tremitäten direkt neben den Venen liegen. In die großen Lymphgefäße (Kollektoren) sind ein oder mehrere Lymphknoten eingeschaltet, durch die die Lymphe fließen muss. Zum Lymphsystem müssen aus immunologischen Gründen außer den Lymphgefäßen und Lymphknoten auch noch die Der Ausdruck „Lymphgefäße“ wurde von dem Dänen Thomas Bartholin(us) (1616– 1680) geprägt, der 1653 seine Arbeit über die „Vasa lymphatica“ veröffentlichte. Es gibt zwei unterschiedlich ausgedehnte Lymphgefäßsysteme im menschlichen Körper, von denen das größere die beiden unteren und den linken oberen Körperquadranten drainiert, was etwa 90 % der Lymphproduktion ausmacht. Das kleinere System entsorgt den rechten oberen Körperquadranten und transportiert somit die restlichen etwa 10 % der Lymphe (Abb. 1-2). Es gibt daher auch zwei Einmündungsstellen in das Venensystem, die herznah in den beiden Schlüsselbeingruben am Zusammenfluss von großer Kopf- und Armvene, dem sogenannten klavikulären Venenwinkel, liegen. Das Lymphgefäßsystem besteht aus Lymphkapillaren (Lymphbildung) und Lymphgefäßen (Lymphtransport). Der Ausdruck „Kapillare“ ist beim Lymphsystem eigentlich nicht korrekt, da diese nicht wie die Blutkapillaren aufgebaut sind. Sie werden daher besser als „initiale Lymphgefäße“ oder „initialer Lymphsinus“ bezeichnet. Dennoch wird fast ausschließlich der Begriff „Kapillare“ verwendet, da er sich eingebürgert hat. Ohne Lymphkapillaren sind alle Epithelien (auch das der Drüsenorgane und der Epidermis), das straffe Bindegewebe, das Rückenmark, das Gehirn sowie das sogenannte retikuloendotheliale System (RES), das die Milz, das Knochenmark und das lymphatische Gewebe einschließt, sowie Gewebe ohne Blutgefäße wie Knorpel, Nägel, Linse und Glaskörper. 1.1 Allgemeine Anatomie Tab. 1-1 Einteilung und Durchmesser der Lymphgefäßabschnitte Abschnitte Durchmesser Längenmaße Lymphkapillaren = initiale Lymphgefäße = Lymphsinus ca. ⁄20 mm 1 mm = 1 000 µm Präkollektoren ca. 1⁄5 – 1⁄10 mm 1 µm = 1 000 nm Kollektoren = Lymphsammelgefäße ca. ½ mm 1 nm = 10 Å Ductus thoracicus ca. 2–4 mm 1 Å = Ångström; nm = Nanometer; mm = Millimeter; µm = Mikrometer Einteilung und Aufbau der Lymphgefäßabschnitte Die Lymphgefäße werden in folgende Abschnitte eingeteilt (s. auch Tab. 1-1): • Lymphkapillaren = initiale Lymphgefäße • Präkollektoren • Kollektoren • Lymphstämme = Ductus thoracicus, Duc tus lymphaticus dexter Die Arterien sind durch ihre Pulsationen fühlbar und die oberflächlichen Venen als blaue Gefäße sichtbar. Dagegen sind Lymphgefäße normalerweise von außen nicht zu erkennen, da sie sehr dünn, der Inhalt klar und diese Gefäße somit durchsichtig wie Wasser sind. Nur unter besonderen Bedingungen sind Lymphgefäße zu sehen, z. B. als roter Streifen unter der Haut bei einer Lymphangitis. Nach subkutaner Injektion von Pa tentblau stellen sich die Lymphgefäße unter der Haut als blaue Streifen dar. Die mesenterialen Lymphgefäße können bei Bauchoperationen sichtbar sein, besonders wenn sie nach einer fettreichen Mahlzeit mit weißer (milchiger) Lymphe (Chylus) angefüllt sind. Ebenso ist bei Operationen im Brustkorb manchmal der Ductus thoracicus vor der Wirbelsäule sichtbar, und besonders gut bei Chylusfüllung. Lymphkapillaren – initiale Lymphgefäße Die Lymphkapillaren beginnen als fingerförmige oder meist schlingenförmige Röhrchen, die zum Interstitium hin verschlossen erscheinen. Lichtmikroskopisch sind sie 1 mm Abb. 1-3 Lymphkapillarnetz der Haut 50 µm (1 mm = 1000 µm) Blutkapillaren Lymphkapillare Erythrozyt Abb. 1-4 Größenvergleich von Blut- und Lymph kapillare 1 Anatomie des Lymphsystems schwer zu erkennen, da sie bei der Fixierung wegen ihrer Zartheit leicht zerstört werden und somit kaum sichtbar sind. Durch das membranständige Glykoprotein Podoplanin, das intensiv auch von Lymphendothelzellen exprimiert wird, steht allerdings ein Marker zur Darstellung von Lymphkapillaren zur Verfügung. Die Lymphsinus sind maschenartig als Kapillarnetz (Abb. 1-3) miteinander verbunden, wobei die Maschenweite ungefähr 0,5 mm beträgt. Die Lymphkapillaren haben keine Klappen wie die übrigen Lymphgefäße, sondern nur ins Lumen vorspringende Endothelfalten (Leis ten). Daher kann in den Lymphkapillaren die Flüssigkeit in unterschiedliche Richtungen fließen. Die Lymphkapillaren haben so zarte Wände, dass die Zellkerne der Endothelzellen mit 0,8 bis 1,4 µm deutlich ins Lumen hineinragen, wogegen die Blutkapillaren von innen fast völlig glatt sind. Die Lymphkapillarwände sind mit 0,1 bis 0,2 µm erheblich dünner als die der Blutkapillaren mit einer Wanddicke von 0,5 bis 1 µm (Abb. 1-4). Die Lymphkapillaren sind aber mit einem Korbfasernetz Aufsicht Ankerfasern Querschnitt Abb. 1-5 Ankerfäden der Lymphkapillaren b a Abb. 1-6 a Eichenblattartige Endothelzellen der Lymph kapillare b Elektronenmikroskopische Aufnahme der Endo thelzelle einer Lymphkapillare (Foto von Prof. A. Cas tenholz) c Detailaufnahme einer Überlappungszone mit Lymphpforten (Foto von Prof. A. Castenholz) c