Cristina kandidiert - Argentinisches Tageblatt
Transcription
Cristina kandidiert - Argentinisches Tageblatt
Sonnabend, 25. Juni 2011 122. Jahrgang Nr. 31.829 Cristina kandidiert Präsidentin verkündete am Dienstag ihre Entscheidung Buenos Aires (mc/dpa) Cristina erklärte: „Mei– Lange, lange hatte sie es ne Verpflichtung ist unwispannend gemacht. Erst derrufbar - nicht nur wegen am Dienstag, vier Tage vor seines (Néstor Kirchners, Ablauf der Meldefrist, gab Anm. d. Red.) VermächtCristina Fernández de nisses, sondern vor allem Kirchner das bekannt, woauch wegen der Jugend, rauf ihre Anhänger seit die so sehr auf dieses neu Monaten warteten und gestaltete Land hofft.“ In hofften: Sie will erneut für diesem Zusammenhang das Amt des Staatsoberdefinierte die 58-jährige hauptes kandidieren. „Wir Präsidentin ihre Rolle als werden uns erneut der „Brücke“ zwischen den Stimme des Volkes steljungen und den älteren Gelen“, sagte sie in einer nerationen. emotionalen TV-AnspraOffen ließ Kirchner che bei einer Veranstaltung noch, wen sie als Vizekanin der Casa Rosada, bei der didat aufbieten will. Wie Foto: Presidencia es vordergründig um die eingangs erwähnt läuft Vorstellung des Programheute die Frist ab. Für Cristina verkündet ihre Kandidatur. mes „Fernsehen für alle“ 18.30 Uhr hat die Staatsging. chefin die Spitzen ihrer Partei in die Präsidentenresidenz Olivos geIhrer Hinhaltetaktik zum Trotz habe sie bereits am 28. Oktober laden... vorigen Jahres, also jener Tag, an dem ihr verstorbener Gatte Néstor Kirchner öffentlich aufgebahrt wurde, beschlossen, noch einmal in die Wahlen zu ziehen. Die anfeuernden Sprechchöre Tausender, die Buenos Aires (dpa) - Die Vulkanasche aus Chile hat auch in Cristina seinerzeit zum Weitermachen aufforderten („Fuerza Cristider vorigen Woche weiter für Ärger gesorgt. In der Wintersportna“), hätten sie bewegt, eine entsprechende Entscheidung zu treffen, region im Südwesten Argentiniens versuchten die Menschen alerläuterte Kirchner: „Ich wusste immer, was ich zu tun hatte.“ les, um trotz der Asche den Start in die Tourismussaison zu siDie rund 500 Gäste, die im Präsidentenpalast anwesend waren, chern. Im Ferienort Villa La Angostura verbesserte sich zwar die quittierten die Ankündigung Cristinas mit stehenden Ovationen. Die Strom- und Wasserversorgung. Dennoch galt in dem Ort in PataSpannung, die sich während der letzten Wochen und Monate aufgegonien weiter die „höchste Alarmstufe“. Besonders die Provinbaut hatte, löste sich. Endlich herrschte Klarheit, mit wem die Perozen Neuquén, Río Negro und Chubut sind vom Ascheregen benisten bei den „offenen Internwahlen“ am 14. August und anschlietroffen. Im Urlaubsort Bariloche bleibt der Flughafen nach einer ßend bei den allgemeinen Wahlen am 23. Oktober antreten werden. Entscheidung der Behörden geschlossen, vermutlich sogar bis Juli. Ascheregen bereitet weiter Ärger Inhalt Zum Tag der Fahne Argentinien ...................................................................... 2 Gerüstet für Copa Sport ................................................................................ 6 Wrack der Karnak Ausflüge & Reisen ........................................................... 7 Ohne Kapitalmarkt Wirtschaftsübersicht ...................................................... 15 Die Straßen sind aschebedeckt, aber befahrbar. Der LKW-Verkehr wurde allerdings eingeschränkt. Das Touristenstädchen Villa La Angostura haben nach lokalen Medienberichten tausende Bewohner verlassen. Diejenigen, die bleiben, gehen oft nur mit Schutzmasken vor die Tür. Die Asche kann nach Einschätzung von Biologen krebserregende Substanzen enthalten. „Die Asche ist nicht unschädlich, deshalb muss man die Inhalierung auf ein Minimum reduzieren“, sagte der Biologe und Direktor der Umweltschutzstiftung FUNAM, Raúl Montenegro, der dpa. Zunächst hatte es noch geheißen, es bestehe keine Gefahr für die Gesundheit. Auch der wirtschaftliche Schaden dürfte beträchtlich sein. Allein die beiden Orte Bariloche und Villa La Angostura rechnen mit 600 Millionen Pesos Ausfall. Seite 2 Sonnabend, 25. Juni 2011 “Politik, die Belgrano wollte” Präsidentin hält Wahlkampfrede zum Tag der Nationalfahne Buenos Aires (AT/mc) – Militärparade und markige Worte. Doch das, worauf die rund 30.000 Anwesenden bei der Kundgebung zum Tag der Nationalfahne in Rosario gewartet hatten, blieb (noch) aus: Eine klare Aussage von Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner, ob sie erneut für das höchste Amt kandidieren wird. Dies tat die Staatschefin dann erst am Folgetag in der Casa Rosada (siehe Text oben). Nichtsdestotrotz hielt Cristina nahe dem monumentalen Fahnendenkmal eine engagierte Rede, als ob sie sich bereits mitten im Wahlkampf befände. Dabei pries sie vor allem das “Regierungsmodell”, das sie und ihr verstorbener Gatte, der Ex-Präsident Néstor Kirchner, seit 2003 auf den Weg gebracht haben: “Wir haben unvorstellbare Fortschritte erreicht und eine Schuldenlast neu gestaltet, die als unabtragbar und ewig galt.” Dies sei nicht auf “Magie” zurückzuführen, sondern sei vielmehr Frucht politischer Entscheidungen, meinte Cristina. Ihren Anhängern rief sie zu, man müsse über den “Beleidigungen” der politischen Gegner stehen. “Auf dass niemand uns davonabbringe, die Umgestaltung des Landes voranzutreiben”, so die Präsidentin. Dabei sieht sie sich ganz in der Nachfolge und im Geiste Manuel Belgranos, des Schöpfers der argentinischen Nationalfahne: “Wir erfüllen den Traum von Belgrano. Wir machen die Politik, die er wollte“, wähnt sich Cristina im Einklang mit dem Nationalhelden des frühen 19. Jahrhunderts. Seinerzeit sei der Kampf um nationale Freiheit das große Ziel gewesen. Heute sei die Gleichheit das Ideal, für das es zu kämpfen gelte. Foto: Presidencia Cristina vor dem monumentalen Fahnendenkmal in Rosario. Bei der traditionellen Veranstaltung in Rosario waren die peronistischen Anhänger der Präsidentin in der Überzahl. Einige Pfiffe gab es hingegen für den sozialistischen Santa Fe-Gouverneur Hermes Binner, der kürzlich seine Präsidentschaftskandidatur bekannt gegeben hatte. Auf der Ehrentribüne neben Cristina stehend, verzichtete er auf eine eigene Rede. Die Präsidentin hatte freies Feld. WOCHENÜBERSICHT Cristina klar vorne Geht es nach einer Umfrage, die in der als regierungsnah geltenden Tageszeitung „Página 12“ veröffentlicht wurde, dürften die Wahlen am 23. Oktober einigermaßen langweilig werden. Zu groß ist der Vorsprung, den die amtierende Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner vor ihren Herausforderern hat. Gemäß der Erhebung, die der Meinungsforscher OPSM in der für den Wahlausgang wichtigen Provinz Buenos Aires gemacht hat, kommt die Amtsinhaberin auf 48,6 Prozent der Stimmen. Weit abgeschlagen der Zweitplatzierte: Ricardo Alfonsín (UCR) kommt in dem Gliedstaat, in dem vier Zehntel aller argentinischer Wähler leben, auf gerade einmal 11,8 Prozent. Noch weniger Chancen haben die untereinander zerstrittenen peronistischen Abtrünnigen Eduardo Duhalde (7,7 %) und Alberto Rodríguez Saá (5,5 %), der Sozialist Hermes Binner (6,8 %), Elisa Carrió von der Bürgerlichen Koalition (4,7 %) und der Linksaußen Jorge Altamira (0,9 %). Folgt man der Umfrage, dürfte auch der Kampf um das Gouverneursamt in der Provinz Buenos Aires eine einseitige Angelegenheit werden. Hier führt Amtsinhaber Daniel Scioli, wie Cristina Peronist, klar mit 45,6 Prozent vor seinem ärgsten Rivalen, dem abtrünnigen Peronisten Francisco De Narváez (15,5%). Ausschreitungen Gummigeschosse knallten, Steine flogen, Knüppel gingen auf Demonstranten nieder. Dies war das gewalttätige Szenario, das sich am Sonntag anlässig der Einweihung einer Entlastungsstraße im Buenos Aires-Vorort Vicente López abspielte. Bilanz des Polizeieinsatzes gegen rund 40 protestierende Anwohner: Sieben Leichtverletzte und drei (vorübergehende) Festnahmen. Streitobjekt war die zweieinhalb Kilometer lange neue Küstenallee (Vial Costero), durch die der Verkehr auf der „Avenida Libertador“ - der wichtigen Ein- und Ausfahrtsstrecke in die Hauptstadt - entlastet werden soll. Der Abschnitt der neuen Straße, zu dessen Einweihung Provinzgouverneur Daniel Scioli kurz vor Ort war, beginnt nahe der Grenze zwischen Vicente López und der Hauptstadt und führt bis nach Olivos. Die Allee verläuft parallel zur „Libertador“ entlang der Küste. Es ist lediglich eine Höchstgeschwindigkeit von 40 Stundenkilometern vorgesehen, an Wochenenden und Feiertagen soll der Verkehr für Fahrzeuge gesperrt sein. Trotz dieser belastungsmindernden Maßnahmen ist der Widerstand der Anwohner groß, da die Asphalttrasse durch ein Grüngebiet führt. Demo der „Empörten“ War dies der Auftakt für eine größere Protestbewegung nach spanischem Vorbild? Am Sonntag versammelten sich in Buenos Aires erstmals rund 50 „Empörte“ („Indignados“), um mit einem Demonstrationszug von der spanischen Botschaft zur Plaza de Mayo eine gerechtere Weltordnung einzufordern. Zu hören waren Slogans wie „Sie nennen es Demokratie, aber es ist keine“ oder „Wir sind keine Verfügungsmasse in den Händen der Banker“. Die hiesige Gruppe, die sich aus Argentiniern und Spaniern zusammensetzt, hat die spanische Protestbewegungs zum Vorbild, die vor dem Hintergrund von Finanz- und Wirtschaftskrise Hunderttausende auf der Iberischen Halbinsel mobilisiert. Der Anspruch ist aber global: „Es geht nicht nur um Spanien, sondern um die ganze Welt. Wie wollen Lösungen finden“, war von den jugendlichen Demonstranten in Buenos Aires zu hören. Schmuck von Evita? Schmuck im Wert von sechs Millionen Euro, der angeblich Evita Perón gehörte, ist in einem Mailänder Hotel entdeckt worden. Wie (Fortsetzung auf Seite 3) Seite 3 Sonnabend, 25. Juni 2011 WOCHENÜBERSICHT (Fortsetzung von Seite 2) italienische Medien am Mittwoch berichteten, fanden Carabinieri den Schatz in enger Zusammenarbeit mit der spanischen Polizei. Die Juwelen seien 2009 aus einem Schmuckgeschäft in Valencia geraubt worden. Eine Bande habe damals bei einem Überfall Schmuckstücke im Wert von 10 Millionen Euro in ihren Besitz gebracht. Einer aus der Bande sei am Mittwoch in Mailand festgenommen worden, hieß es. Evita Perón (1919-1952), Gattin des argentinischen Präsidenten Juan Domingo Perón (1895-1974), ist bis heute eine der schillerndsten Figuren der Geschichte Argentiniens. Umstrukturierung In den südlichen Zonen der Hauptstadt steht offenbar eine einschnei- D dende Änderung der Polizeistruktur bevor. Wie die Tageszeitung „Clarín“ berichtet, planet Sicherheitsministerin Nilda Garré, acht besonders problematische Polizeireviere in die Hände von Küstenwache (Prefectura) und kasernierter Polizei (Gendarmería) zu geben. Erwähnte Sicherheitsbehörden sollen angeblich mit rund 1000 Mann in den ärmeren Bezirken entlang des Riachuelo für Ordnung sorgen. Das Vorhaben wäre ein weiterer herber Schlag gegen die bislang federführende Bundespolizei, der kürzlich auch schon die Kompetenz für die Ausstellung von Pässen entzogen wurde. Auch berichtet der „Clarín“ über die Absicht, eine „zivile“ Person an die Spitze der Bundespolizei zu setzen. Als Favorit für diesen Posten wird der Rechtsanwalt Gustavo Palmieri gehandelt. Er ist derzeit als Staatssekretär für Mitarbeiterbelange in der Bundespolizei tätig. (AT/mc/dpa) Kandidatin Cristina ie Öffentlichkeit hatte die Kandidatur der Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner für eine zweite Amtsperiode in Folge längst vorweg genommen, unbeschadet zahlreicher Gerüchte über ihren Gesundheitszustand, laut denen sie verzichten würde. Schließlich wählte sie eine Zeremonie im Regierungspalast, die sich auf die landesweite Erweiterung der Ausstrahlung von Fernsehstationen bezog, um ihre Kandidatur formell anzukündigen. Eigentlich war das Teatro Argentino in La Plata hierfür geplant, wo sie vor vier Jahren ihre damalige Kandidatur angekündigt hatte, aber in Erinnerung an ihren verstorbenen Gatten Néstor Kirchner wählte sie dieses Mal ein Saal des Regierungsgebäudes, wo der Leichnam ihres Gatten am 28. Oktober 2010 verabschiedet worden war. Die Ankündigung nur fünf knappe Tage vor dem Schlusstermin für die Anmeldung von Kandidaturen beim nationalen Wahlgericht war gespickt mit Emotionen, Trauer und Erinnerungen. Sie habe immer gewusst, was zu tun sei, behauptete die Präsidentin, um sich abermals dem Willen des Wahlvolkes zu unterwerfen, wie sie es seit einem Vierteljahrhundert jedes Mal getan habe, zuerst als Deputierte in Santa Cruz, dann als nationale Deputierte und Senatorin und zuletzt als Präsidentin, am 14. August und 23. Oktober zum zweiten Mal. Eine Erklärung, weshalb die Präsidentin so lange mit der Ankündigung gewartet hat, wurde nicht mitgeteilt. Jedenfalls gelang es Cristina Kirchner mit der Verzögerung, die Spannung in der Öffentlichkeit zu fördern und allerlei Gerüchten Nahrung zu geben. Formell geht es jetzt darum, dass die Justizialistische Partei mit ihren Alliierten die Kandidatur der Präsidentin beim Wahlgericht anmeldet. Mit dieser Prozedur werden sich insgesamt acht Kandidaten von Parteien und Wahlallianzen den Wählern stellen. Außer Cristina Kirchner melden sich Ricardo Alfonsín für die UCR und Alliierte, Eduardo Duhalde für Unión Popular und Dutzende kleiner Parteien, Hermes Binner für die Sozialistische Partei und Alliierte, Elisa Carrió für die Bürgerliche Koalition ohne Alliierte, Alberto Rodríguez Saá für seine Hauspartei und Alliierte und als „ferner liefen“ Alicia Argumeda des sogenannten Projektes Süden von Fernando „Pino“ Solanas sowie Jorge Altamira (mit bürgerlichen Namen Hugo Wermus) für mehrere extrem links angesiedelte Parteien. Die obligatorischen, allgemeinen und offenen Vorwahlen, hierzulande genannt „primarias“, vom 14. August, sollten in jeder Partei einen Kandidaten küren. Die Parteien haben diese Auswahl vorher erledigt. Keine Partei tritt mit mehr als einem Kandidaten an. Insofern werden sich diese Vorwahlen als eine Art erste Wahlrunde herausstellen, die die Stimmen der acht Kandidaten zählen werden. In den nachfolgenden Wochen bis zum 23. Oktober werden sicherlich viele Wähler der Opposition die Entscheidung treffen, für den Oppositionskandidaten zu stimmen, der in den Vorwahlen die meisten Stimmen erhalten hat, möglicherweise Alfonsín oder Duhalde. Ob die Präsidentin in der Vorwahl die Mindestgrenze von 40 Prozent und zehn Prozentpunkte Vorsprung vor dem nächstgewählten Kandidaten erreicht, bleibt derweil abzuwarten. Bisherige Umfragen schwanken gewaltig von 33 bis fast 50 Prozent. Sie erscheinen keinesfalls aussagekräftig. Die allgemeinen Vorwahlen werden die Umfragen über die Absichten der Wähler ersetzen, die sich bestenfalls auf wenige tausend Antworten auf die Frage nach der Kandidatenwahl beschränken und auf 27 Millionen wahlberechtigte Bürger/innen hochgerechnet werden. Die Vorwahlen umfassen hingegen die echten Stimmen. Danach folgt formell der Wahlkampf, der die Ergebisse der Vorwahlen gegebenenfalls ändert, sollte es zur erwarteten Polarisierung zwischen der Präsidentin als sicherlich erste Minderheit und dem nachfolgenden Gegner kommen. Die Regierung wird jetzt bis zum 14. August alle möglichen Propagandamittel einsetzen, die ihr zur Verfügung stehen, um unschlüssige Wähler zu beeinflussen. Das Wahlergebnis wird erfahrungsgemäß von den unabhängigen Wähler/innen entscheidend bestimmt werden, die keiner Partei angehören. Das sind mehr als 20 Millionen wahlberechtigte Bürger/innen von insgesamt über 27 Millionen, die zum ersten Mal nicht getrennt wie bisher ihre Stimmen abgeben werden. Die Wahlbeteiligung dürfte relativ hoch ausfallen, möglicherweise nahe bei 80 Prozent, nachdem die Nation mehrere Monate Wahlpropaganda über sich ergehen lassen wird. Präsidentenwahlen pflegen unschlüssige Menschen eher zu motivieren, zu den Urnen zu schreiten, als Parlaments- oder Gemeindewahlen, zumal gleichzeitig auch Gouverneure und Bürgermeister gewählt werden. Präsidentin Cristina wirbt stets für ihr Modell, das sie als Wirtschaftswachstum mit sozialer Eingliederung umschreibt, wobei die obwaltende Inflation, weltweit eine der höchsten, peinlich von der Regierung verschwiegen wird, ebenso wie die Eingriffe in die Privatsphäre, die Verfolgrung nicht genehmer Unternehmen und Medien und die Gängelung der Presse, die sich glücklicherweise erfolgreich wehrt und behauptet. Das letzte Wort über diese politischen Gegensätze bleibt der Wählerschaft in den bevorstehenden zwei Wahlgängen vom 14. August und 23. Oktober, gegebenenfalls auch der Stichwahl am 30. November, vorbehalten. Seite 4 Sonnabend, 25. Juni 2011 Schuld und Schulden S Von Stefan Kuhn pezifisch griechisch ist das Problem nicht. Da verschuldet sich ein Land heillos, gelangt an die Grenze der Zahlungsunfähigkeit, und Schuld haben die Anderen. In Argentinien waren das vor zehn Jahren der Internationale Währungsfonds und die Weltbank, in Griechenland die „Euro-Nazis“ Deutschland und Frankreich. Vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel ist ein beliebtes Feindbild. 80 Prozent der Griechen finden die Deutsche unsympathisch. Das ist schon erstaunlich, denn Deutschland steuert den Löwenanteil zum Euro-Rettungsfonds bei, aus dem die Milliarden für das klamme Land im Südwesten der EU kommen. 110 Milliarden Euro hat die Europäische Union bereits überwiesen. In den nächsten Tagen wird es noch einmal soviel sein, wenn das griechische Parlament dem geforderten Sparund Privatisierungsprogramm zustimmt. Deutschland trägt den Hauptteil der Bürgschaften. Natürlich ist nie sonderlich populär, wenn eine Regierung eisern sparen muss, schon gar nicht, wenn dieser Druck von außen kommt. Auf der anderen Seite können die Regierungen der Geberländer ihren Wählern schlecht vermitteln, dass diese für die Misswirtschaft von anderen Staaten bezahlen sollen. Dennoch hätte Merkel nach Meinung vieler deutscher Altpolitiker, darunter Helmut Schmidt und Joschka Fischer, genau das tun müssen: Den Deutschen sagen, dass es keine Alternative zu den Griechenland-Hilfen gibt. Ein Staatsbankrott des Landes könnte Deutschland demnach wesentlich mehr kosten, weil dadurch deutsche Banken in Mitleidenschaft gezogen würden. Dies dürfte auch bei einem Ausstieg Griechenlands aus der Währungs-union geschehen. Eine Wiedereinführung der Drachme würde zu deren Abwertung und dem Staatsbankrott führen, weil sich die Auslandsschulden dadurch vervielfachen und nicht mehr bedient werden können. Nicht nur das, die Zinsen im Inland würden in die Höhe schnellen und die Wirtschaft lähmen. Merkel war sicher klar, dass es zu der erneuten Hilfe keine Alternativen gibt. Dass sie diese Hilfe innenpolitisch und innerparteilich laut mit harten Bedingungen verknüpft, muss man ihr nachsehen. Für die Kanzlerin wäre es prekärer, wenn ihre Beliebtheitswerte in Deutschland sinken würden als in Griechenland. In anderen, wirtschaftlich gesünderen EU-Ländern wie etwa Finnland kann man mit GriechenBashing Wahlen gewinnen. Wesentlich schlimmer ist die Haltung der griechischen Opposition. Die sozialistische Regierung unter Giorgos Andrea Papandreou weiß, dass das Spar- und Privatisierungsprogramm unumgänglich ist. Die konservative Opposition unter Antonis Samaras sperrt sich. Samaras heizt die Proteste an, verspricht Steuersenkungen, mit denen er die Wirtschaft ankurbeln will. Das bringt ihm gute Umfragewerte, seinem Land dagegen droht der Ruin. Dabei war seine Partei für das finanzielle Desaster mitverantwortlich. Die Nea Demokratia regierte von 2004 bis 2009 und wurde wegen der Wirtschaftskrise abgewählt. Papandreou übernahm die Regierung bei einem Haushaltsdefizit von 12,5 Prozent des BIP. Vermutlich spekuliert Samaras darauf, dass die Banken Griechenland aus eigenem Interesse nicht hängen lassen, ganz sicher aber spekuliert er auf einen Sieg bei Neuwahlen. Die würden unvermeidlich kommen, sollte Papandreous Sparprogramm nächste Woche im Parlament scheitern. Dann scheitert allerdings auch das Hilfsprogramm von EU und IWF. Was bleibt, sind rund 350 Milliarden Euro Schulden, das entspricht etwa 160 Prozent der griechischen Wirtschaftsleistung. Randglossen Z D D W ur Feier des Tages der Fahne in Rosario bekannte sich Prä sidentin Cristina Kirchner zu Manuel Belgrano, dem Begründer der traditionellen himmelblau-weißen Fahne, als ihren beliebtesten Vaterlandsheld (frei vom spanischen „prócer“ übersetzt), womit sie General José de San Martín als Befreier vom spanischen Joch unterschwellig auf den zweiten Platz degradierte. Belgrano hat nicht nur die Fahne geschaffen, er war auch, obwohl von Beruf Jurist und Wirtschaftler, General in entscheidenden Schlachten. Über seine Zeit vor zweihundert Jahren hinaus, vertrat Belgrano deutlich liberales Gedankengut im Gegensatz zum obwaltenden staatlichen Dirigismus der Monarchie, ganz im Gegensatz zum Kirchner-Modell, wie es die Präsidentin laufend vertritt. er Spaltpilz politischer Parteien hat abermals gesiegt. Die po litische Allianz der Sozialisten unter dem Präsidentschaftskandidaten Hermes Binner und dem sogenannten Projekt Süden des Filmemachers Fernando „Pino“ Solanas ist schließlich geplatzt, wie es in der Szene linkslastiger Parteien in Argentinien seit Jahrzehnten üblich ist. Projekt Süden wird die weitgehend unbekannte Alicia Argumeda als Präsidentschaftskandidatin einschreiben, anstatt mit Binner gemeinsame Sache zu machen. Was sich Solanas und Genossen davon versprechen, ist nur ihnen bekannt. Binner muss auf Stimmen verzichten, die ohnehin nur Kandidaten unterstützen, die nicht die geringsten Chancen eines Wahlsieges verheißen. Argumeda ist somit die achte Kandidatin, die im Rennen für den 14. August und den 23. Oktober steht. ie Kritiker tun ihr da Unrecht. Natürlich ist Silvana KochMehrin der Doktortitel aberkannt worden, weil sie bei ihrer Dissertation mangelhaft wissenschaftlich gearbeitet hat. Dass sie jetzt in den Forschungsausschuss des EU-Parlaments wechselt, muss deswegen aber noch lange keine politische Instinktlosigkeit sein. Man kann es mit gutem Willen auch als Fortbildungsmaßnahme betrachten. Die FDP-Politikerin sollte den neuen Job allerdings ernster nehmen als ihre Tätigkeit im Haushaltsausschuss. Dort glänzte sie vor allem durch ihre hohe Abwesenheitsrate. Wer zuviele Seminare verpasst, verliert bald den Anschluss. Zumindest das sollte aus ihrer Unizeit noch haften geblieben sein. enn Ilan Grapel ein Spion ist, dann einer der größten überhaupt oder der größte Trottel. Der in Ägypten verhaftete israelischUS-amerikanische Student hat sich nämlich so tölpelhaft verhalten, dass man von einer nahezu perfekten Tarnung ausgehen könnte. Er gab sich als Moslem aus, las im Café auf seinem Laptop israelische Webseiten, stellte Fotos von sich auf seine Facebookseite, die ihn auf einem Krankenhausbett nach seiner Verwundung im Libanonkrieg zeigen. Er plauderte mit regimekritischen Demonstranten und ging in Moscheen. Inzwischen hat die ägyptische Facebook-Gemeinde ihm eine eigene Webseite gewidmet: „Der dumme israelische Spion“. Die sozialen Netzwerker liegen wohl näher an der Wahrheit als die ägyptische Polizei. Israel sollte Grapels Auslieferung beantragen, um ihn vor Gericht zu stellen. Wegen Rufschädigung des Mossad. Seite 5 Sonnabend, 25. Juni 2011 Straßenschlachten nach erstem River-Plate-Abstieg Buenos Aires (dpa) - Steine aufs Spielfeld, abgefackelte Autos und geplünderte Geschäfte: Nach dem ersten Abstieg des argentinischen Fußball-Rekordmeisters River Plate in seiner 110-jährigen Geschichte brachen in Buenos Aires alle Dämme. Bei stundenlangen Straßenschlachten zwischen Randalierern und der Polizei gab es am Sonntag (Ortszeit) mehr als 70 Verletzte - darunter 33 Ordnungshüter - und 50 Festnahmen. Zwei Polizisten erlitten Schädelbrüche, ein Schwerverletzter musste mit dem Hubschrauber vom Trainingsplatz des Stadions abgeholt werden.Im Stadion selbst waren zuvor bereits Steine geflogen. Das 1:1 im Relegations-Rückspiel gegen den Zweitligisten Belgrano reichte für River Plate nicht zum Klassenerhalt. Das Hinspiel in Córdoba hatte der Traditionsclub 0:2 verloren. Damit spielt der 33-malige Champion in der kommenden Saison nicht mehr im FußballOberhaus.Nach dem Abpfiff verweigerte Clubpräsident Daniel Passarella den von Fans geforderten Rücktritt. „Mich bekommen sie nur tot hier weg“, sagte der Kapitän der argentinischen Weltmeister-Mannschaft von 1978 in dramatischem Tonfall. Im RiverPlate-Stadion hatte er einst den WM-Triumph bejubelt, nun erlebte Passarella dort den bitteren Gang in die Zweitklassigkeit. Im Volksmund werden die Clubchefs von River Plate abwertend „Millionäre“ genannt, ihnen wird Dekadenz, Realitätsferne und Misswirtschaft vorgeworfen. Die Strukturen in dem Verein gelten als verkrustet.In der Liga war River Plate zwar Neunter geworden, allerdings wird in Argentinien der Abstieg über die Gesamt-Punktzahl der vergangenen drei Spielzeiten entschieden. Da das Team in den zwei Jahren zuvor ganz schlecht abgeschnitten hatte, musste es in die Relegation.Die entscheidende Partie fing zwar gut an für River Plate: Mariano Pavone erzielte vor 60 000 Zuschauern bereits in der fünften Minute die Führung für die Hausherren. Doch Guillermo Farré sorgte in der 61. Minute für den Ausgleich. Als dann auch noch Pavone einen Elfmeter verschoss, war das Schicksal von River Plate besiegelt.Die Hoffnung einiger Anhänger verwandelte sich in Wut: Es flogen erste Steine auf das Spielfeld, der Schiedsrichter pfiff das Spiel schon in der 89. Minute ab. Rund um das Stadion versuchten 2000 Polizisten vergeblich, das Chaos zu verhindern. Autos gingen in Flammen auf, und noch zehn Blocks vom Stadion entfernt wurden Geschäfte geplündert.In und um die Arena zerstörten Hooligans unter anderem den Wagen eines Fernsehsenders. Die rund 3500 Fans des Aufsteigers Belgrano konnten aus Sicherheitsgründen erst drei Stunden nach Spielende aus dem Stadion gelassen werden, um sich auf die 700 Kilometer lange Rückfahrt nach Córdoba zu machen.Häme und Spott gab es von Fans des Lokalrivalen Boca Juniors - sie planten nach dem RiverAbstieg in Buenos Aires eine feierliche „Abstiegs-Prozession“. Aber auch ihr Team gibt ihnen derzeit wenig Grund zur Freude: Der einstige Club von Idol Diego Maradona wurde in der abgelaufenen Saison nur Siebter. Sport in Kürze Fußball Santos triumpiert São Paulo - Der FC Santos hat den alten Ruhm aus Pelés Tagen neu belebt. Der Fußball-Club siegte erstmals seit 1962 und 1963 wieder bei der Copa Libertadores. Die Mannschaft um Brasiliens Jungstar Neymar besiegte Peñarol Montevideo (Uruguay) am Mittwochabend im Pacaembu-Stadion in São Paulo verdient mit 2:1 (0:0). Das Hinspiel war 0:0 ausgegangen. Der Santos-Triumph wurde nach dem Abpfiff getrübt, als es auf dem Spielfeld zu hässlichen Szenen kam. Spieler aus beiden Lagern gingen brutal aufeinander los. Hockey Turniersieg für Leonas Berlin - Die deutsche Hockey-Na-tionalmannschaft der Damen hat den Gesamtsieg beim Vier-Länder-Turnier in Berlin verpasst. Im dritten und letzten Spiel verlor die Auswahl des Deutschen Hockey-Bundes (DHB) am Sonntag mit 0:2 (0:0) gegen Welt- meister Argentinien. Die Tore für die „Leonas“ erzielten Carla Rebecchi (53. Minute) und Delfina Merino (61.). Die Argentinierinnen sicherten sich durch den Erfolg den Turniersieg. Deutschland beendete das Turnier als Zweiter. Fußball vor 25 Jahren Diego schrieb Geschichte Buenos Aires - Am vorigen Mittwoch (22. Juni) jährte sich das legendäre WM-Viertelfinale zwischen England und Argentinien zum 25. Mal. Es war das Spiel, bei dem Die-go Maradona zwei Tore für die Geschichte machte. Sie hätten unterschiedlicher kaum sein können: Das erste durch ein klares Handspiel, was später als die “Hand Gottes” bekannt wurde. Hätte Schiri Kacem Bennaceur aus Tunesien die Situation richtig erkannt, hätte Maradona deswegen eigentlich mit Roter Karte vom Platz müssen. Stattdessen kam es anders: Nur vier Minuten später sorgte die Nummer zehn der Argentinier mit einem Alleingang fast über das gesamte Spielfeld zum 2:0 für die Vorentscheidung der Partie und machte sich selbst unsterblich. (dpa/mc) Seite 6 Sonnabend, 25. Juni 2011 Gerüstet für Copa Buenos Aires (dpa) - Elf Tage vor Beginn der Copa América im eigenen Land hat Argentiniens Fußball-Nationalmannschaft eine gelungene Generalprobe gefeiert. Das Team um den überragenden Weltstar Lionel Messi bezwang am Montagabend in Buenos Aires Albanien ungefährdet mit 4:0 (2:0). Ezequiel Lavezzi (6.), Messi (43.) sowie die eingewechselten Sergio Agüero (75.) und Carlos Tevez (90.) trafen für die Gastgeber, die neben Brasilien als Topfavorit in die Südamerika-Meisterschaft gehen. Argentiniens Coach Sergio Batista scheint sich vor dem Eröffnungsspiel am kommenden Freitag in La Plata gegen Bolivien (21.45 Uhr) vor allem im Angriff noch nicht auf eine personelle Lösung festgelegt zu haben. Die Stürmerstars Tevez, Agüero und Real Madrids Gonzalo Higuain saßen gegen Albanien zunächst nur auf der Bank. „Ich habe mich noch nicht entschieden. Jeder weiß, dass sie hart arbeiten und sich zeigen müssen“, erklärte Batista, der offen lässt, ob er beim Turnier mit Tevez oder Angel di Maria im Sturm spielen will. Argentiniens Hoffnungen ruhen einmal mehr auf Messi. Mit einem Tor und drei Vorlagen war der Feingeist des FC Barcelona einmal mehr der Mann des Abends. „Messi war sehr stark. Das gibt mir ein gutes Gefühl. Er hat das Spiel kontrolliert und scheint sich auf dem Platz sehr wohlgefühlt zu haben. Das freut mich für ihn“, so Batista. Fußball - Torneo Clausura 2011 Relegationsspiele Mittwoch 22.6.: Belgrano (Córdoba) - River: 2-0 und Huracán - Gimnasia (La Plata): 0-2. Sonntag 26.6.: River - Belgrano (Córdoba): 1-1 und San Martin (San Juan) - Gimnasia (La Plata): 1-0. Donnerstag 30.6.: Gimnasia (La Plata) - San Martín (San Juan). Abstieg Olimpo: direkter Abstieg. Huracán: direkter Abstieg. River: spielte und verlor Relegationsspiel gegen Belgrano (Córdoba). Gimnasia: spielt Relegation gegen San Martín (San Juan). Aufstieg Atlético de Rafaela (Santa Fé): direkter Aufstieg. Unión de Santa Fé: direkter Aufstieg. Belgrano (Córdoba): spielte und gewann Relegationsspiel gegen River. San Martín (San Juan): spielt Relegation gegen Gimnasia (La Plata). Torschützen T. Gutierrez (Racing) ............................................ 11 z J. Cámpora (Huracán) .......................................... 11 z D. Stracqualursi (Tigre) ........................................ 10 z M. Óbolo (Arsenal) ................................................ 9 z E. Fuertes (Colón) .................................................. 9 z D. Valeri (Lanús) .................................................... 8 z D. Ramirez (Vélez) ................................................ 8 z S. Romero (Lanús) ................................................. 8 z S. Silva (Vélez) ...................................................... 7 z F. Parra (Independiente) ......................................... 7 z N. Barreriro (Olimpo) ............................................ 6 z M. Palermo (Boca) ................................................. 6 z F. Ferreyra (Banfield) ............................................. 6 z L. López (Arsenal) ................................................. 5 z M. Rolle (Olimpo) .................................................. 6 z J. Achucarro (Banfield) .......................................... 6 z A. Navarro (Godoy Cruz) ....................................... 6 z Tabelle Pl. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Verein Pkte. Sp. G. U. V. Tore Diff. Vélez (Meister) .......... 39 ..... 19 .. 12 ..... 3 ..... 4 ...... 36:17 ..... +19 Lanús ......................... 35 ..... 19 .. 10 ..... 5 ..... 4 ...... 29:16 ..... +13 Godoy Cruz (Mdza.) . 34 ..... 19 .. 10 ..... 4 ..... 5 ...... 33:28 ....... +5 Olimpo (BB) .............. 30 ..... 19 .... 8 ..... 6 ..... 5 ...... 28:23 ....... +5 Argentinos ................. 30 ..... 19 .... 7 ..... 9 ..... 3 ...... 16:11 ....... +5 Independiente ............ 29 ..... 19 .... 7 ..... 8 ..... 4 ...... 30:20 ..... +10 Boca .......................... 28 ..... 19 .... 7 ..... 7 ..... 5 ...... 24:22 ....... +2 Banfield .................... 27 ..... 19 .... 7 ..... 6 ..... 6 ...... 24:24 ..........0 River .......................... 26 ..... 19 .... 6 ..... 8 ..... 5 ...... 15:15 ..........0 Arsenal ...................... 25 ..... 19 .... 6 ..... 7 ..... 6 ...... 25:22 ....... +3 Tigre .......................... 25 ..... 19 .... 6 ..... 7 ..... 6 ...... 25:26 ........ -1 All Boys .................... 25 ..... 19 .... 7 ..... 4 ..... 8 ...... 14:19 ........ -5 Estudiantes ................ 24 ..... 19 .... 6 ..... 6 ..... 7 ...... 18:19 ........ -1 San Lorenzo .............. 23 ..... 19 .... 5 ..... 8 ..... 6 ...... 19:17 ....... +2 Racing ....................... 23 ..... 19 .... 7 ..... 2 ... 10 ...... 25:26 ........ -1 Colón de Santa Fe ..... 21 ..... 19 .... 6 ..... 3 ... 10 ...... 20:27 ........ -7 Quilmes ..................... 20 ..... 19 .... 5 ..... 5 ..... 9 ...... 24:27 ........ -3 Gimnasia ................... 18 ..... 19 .... 3 ..... 9 ..... 7 ...... 19:25 ........ -6 Newell`s .................... 16 ..... 19 .... 4 ..... 4 ... 11 ...... 16:32 ...... -16 Huracán ..................... 14 ..... 19 .... 3 ..... 5 ... 11 ...... 18:42 ...... -24 Copa Sudamericana 2011 Verein Pkte. Spiele. Tor Diff. Vélez ...................................................... 82 ................ 38 ............. +43 Estudiantes ............................................. 69 ................ 38 ............. +23 Godoy Cruz ............................................ 63 ................ 38 ............. +11 Lanús ..................................................... 63 ................ 38 ............... +8 Arsenal ................................................... 57 ................ 38 ............... +6 River Plate* ........................................................................... 57 ................ 38 ............... +5 Argentinos ............................................. 54 ................ 38 ............... +6 Boca ....................................................... 53 ................ 37 ............... +2 Racing .................................................... 52 ................ 38 ............... +6 All Boys ................................................. 51 ................ 38 ................ -4 z Qualifiziert * Abstieg Seite 7 Sonnabend, 25. Juni 2011 Ausflüge und Reisen Das vergessene deutsche Schiffswrack von Mar de Ajó Es sollte der Auftakt der regulären deutschen Paketschifffahrt in die Südsee werden. Zwar noch nicht durch den Panamakanal, der noch mehr als drei Jahrzehnte entfernt war, sondern rund um Kap Hoorn, aber immerhin mit Dampfschiffen, die einen regelmäßigeren Betrieb versprachen als die bis dahin gängigen Windjammer. Günstig war auch der Zeitpunkt für die Inbetriebnahme der Linie, nämlich Oktober 1872, also anderthalb Jahre nach Beendigung des preußisch-französischen Krieges und zum Beginn des anschließenden wirtschaftlichen Industrie-Aufschwungs in Deutschland. Der von Bug zum Steven 78 Meter messende, Karnak getaufte, in England vom Stapel gelaufene Dampfer wurde von der Hamburger Kosmos-Reederei betrieben und sollte den monatlichen Verkehr zu den südamerikanischen Pazifikhäfen aufnehmen. Es wurde eine Geschichte mit einem geradezu vorhersehbaren Ende, denn gar zu viele Vorkommnisse bildeten das Menetekel an der Wand. Schon kurze Zeit nach Aufnahme der Aktivität, Januar 1873, lief die Karnak bei Punta Arenas auf Grund. Zum Glück gestatteten es die hohen Tiden, das Schiff rasch wieder flott zu machen, obwohl es schwer beladen war, nämlich mit chilenischem Kupfer für Deutschland. Kurze Zeit später lief die Karnak erneut auf ein Kliff in der Magellanstraße, wurde gerettet und zur Reparatur nach Montevideo gebracht. Kaum war sie wieder in Dienst gestellt, ereignete sich ein neues Missgeschick mit diesmal unabänderlichem Ausgang. Südlich des Cabo San Antonio wurde der Dampfer wahrscheinlich von einer Sudestada ans Ufer getrieben und lief weitgehend unbeschädigt auf dem flachen, sandigen Strand auf. Neben Fracht beförderte die Karnak auch Passagiere, unter denen sich Namen wie Hauschild, Wunderlich, Tenesis und Trautmann befanden, auf der Brücke stand Kapitän C. A. E. Carlssen. Mit einem Geländewagen gelangt man bis ans Wrack. Es war der 23. Januar 1877. Das Schiff hatte gewissermaßen mit seinem Bug den Kontinent auf die Hörner genommen und war kaum beschädigt, lag aber fast zur Gänze auf dem Trockenen. Durch ein verhältnismäßig kleines Leck waren acht Fuß Wasser in die Laderäume gedrungen, doch man rechnete damit, den Havaristen bei großer Flut wieder klar bekommen zu können. Nur leider gibt es an dieser Küste keine hohen Fluten. Die Karnak lag - und liegt- auf einem damals der Familie Cobo gehörenden Gelände, Banco Médano genannt. Das Unglück ereignete sich wie in jener Zeit nicht unüblich durch einen groben Navigationsfehler und mangelhafte Seekarten: Käpt’n Carlssen rechnete, sich mehr südlich und weiter draußen auf offener See zu befinden, und auch die halbbis viertelstündigen Tiefenmessungen mit dem Handlot ergaben noch genügend Tiefe, bis in der Dunkelheit plötzlich die Brandung vor dem Bug auftauchte. Eine Bergung erwies sich trotz wiederholter Bemühungen als unmöglich. Ein Teil der Ladung wurde gelöscht, Aufbauten usw. geborgen, als Rest blieben die Maschinen und der Schiffskörper bis heute vor Ort liegen. Dieser befindet sich haargenau 40 Linearkilometer nordöstlich von Mar del Plata und ebensoviele südwestlich von Villa Gesell auf der Höhe der Nordspitze der Laguna Mar Chiquita. Die Playa Querandí und der Faro Querandí liegen 14.000 Meter nordöstlich des Wracks. Der Leuchtturm ist zwar 54 Meter hoch und von weitem zu sehen, wurde jedoch erst 1922 errichtet, nachdem es an dem Küstenstreifen viele weitere Schiffbrüche gegeben hatte. Straßen, selbst Wege, führen keine hin, man muss schon einen tüchtigen Geländewagen haben, um bis zur Karnak zu gelangen. Ein heutzutage nicht alltägliches Abenteuer. Marlú Überreste der Maschine, hier der genietete Dampfkessel. Sonnabend, 25. Juni 2011 Seite 8 “Wie traurig, wenn ein Freund von uns geht” Deutsche Gemeinschaft verabschiedet Kulturreferentin Finckenstein Buenos Aires (AT/SF) Es gab Blumen, eine AnAm vergangenen Samstagstecknadel und sogar ein nachmittag nahm die deutGedichtchen, mit dem Rusche Gemeinschaft von dolf Hepe zum Ausdruck Gräfin Donata Finckenbrachte, wie traurig es sei, stein, der Kulturreferentin von guten Freunden Abder Deutschen Botschaft in schied zu nehmen. Und Buenos Aires, Abschied. dann noch ein Geschenk, Um zu dem lockeren Tref“das eine Umarmung von fen mit Kaffee und Kuchen uns allen symbolisieren im Kulturzentrum Olivos soll”. Gräfin Finckenstein des Neuen Deutschen Turnbedankte sich und sagte, sie vereins (NDT) zu kommen, sei wirklich gerührt. “Es scheuten zahlreiche Vertrewar schön, mit Ihnen allen ter der Gemeinschaften, zusammenzuarbeiten”, sagSchulen, Kirchen, Sportverte sie, sie habe das sehr eine, Heime etc. weder gerne getan. Dann spendeWind noch Wetter, noch te sie großes Lob an die Anhielt sie der Beginn des lanwesenden, sie fände es “Ich bin dankbar, wenn ich einen kleinen Teil beitragen konnte”, gen Wochenendes davon großartig, wie alle durchsagte die Kulturreferentin bescheiden. ab, mit ihrer Anwesenheit hielten und zusammenhielihrer Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen für alles, was die Kulturre- ten, “wie Sie es schaffen, Traditionen zu bewahren und wie Sie trotzferentin für die deutsche Gemeinschaft in Argentinien getan hat. dem zu modernen Argentiniern geworden sind”. “Ich bin dankbar, Nach drei Jahren in Buenos Aires geht Frau Finckenstein nach wenn ich einen kleinen Teil dazu beitragen konnte”, sagte sie beMadrid, um in der dortigen Deutschen Botschaft ihren neuen Posten scheiden und packte ihr Geschenk - ein schönes Schultertuch aus, anzutreten. das tatsächlich eine symbolische Umarmung der Anwesenden war. Nachdem sich alle eingefunden hatten, wurde zunächst ein GrupAnschließend wurde Kaffee und Tee serviert und jeder konnte penfoto gemacht, dann nahm die Gesellschaft auf Aufforderung Ru- sich an einem reichhaltigen, ausgezeichneten Kuchenbuffet bediedolf Hepes, des Vize-Vorsitzenden des Dachverbands der deutschen nen. Die Anwesenden blieben noch lange bei angeregter UnterhalGemeinschaften FAAG, an mehreren Tischen Platz. “Der sportliche tung zusammen. Teil ist jetzt vorüber”, scherzte Hepe, “jetzt kann - nach dem offiziUm einige der zahlreichen Anwesenden zu nennen: Für den Dachellen - der gemütliche Teil des Nachmittags beginnen.” verband (Rudolf Hepe, Siegfried Wolfsteller); Kultur (Richard KarHepe und Willy Saervold vom DAKSV/NDT sprachen ihren Dank mann); Geselligkeit (Roberto Bauer, Claudio Gaebler); Kontakt zur im Namen der Gemeinschaften aus, Hermann Lehrke, Vorsitzender argentinischen Gemeinschaft (Paula Chiozza); Schulen und Kultur des Deutschen Schulvereins Quilmes und Vize-Vorstand der Arbeits- (Silvia Dittler, Alfred Kemmling, Hermann Lehrke, Hermann Mülgemeinschaft Deutscher Schulen, betonte den besonderen Einsatz ler, Ernesto Rehmann, Joachim Reinke); Glaubensgemeinschaften Donata Finckensteins für die deutschen Schulen in Argentinien. “Un- (Pater Paul Denninger, Elena Hihn); Tradition und Brauchtum (Masere Pflicht ist es, die deutsche Kultur an die Jugend weiterzutra- ria Weiner, Juan Carlos Scheigel Huck); Sport (Adela Spaeth, Cargen”, die Botschaft und als ihre Vertreterin Donata Finckenstein, sei los Hoecht); Turnen (Carlos Koll, Carlos Krapf, Willy Saervold); immer “mit Rat und Tat” dabeigewesen, so Lehrke. soziale Einrichtungen (Joachim Hildebrand, Herbert Schulz). Eine Sache ist klar; nicht nur wegen der großen Unterstützung, die sie allen Institutionen zukommen ließ, wird man Kulturreferentin Donata Finck von Finckenstein vermissen. Auch wegen ihrer sympathischen Art. Seite 9 Sonnabend, 25. Juni 2011 Unterschiedliche Theatererlebnisse Sorins “22h13” und Robines “La ferme des concombres” Von Charlotte Dötig Buenos Aires (AT) - Zwei Franzosen im Auftrag der Komik haben sich in der letzten Woche für unterhaltsame Abende eingesetzt. Die Idee war dieselbe und der Erfolg der gleiche, und doch hätten zwei Alleinunterhalter verschiedener nicht sein können. Der Eine groß, der Andere klein, der Eine jünger, der Andere älter, der Eine auf einer mit Krempel überfüllten Bühne und der Andere auf einem leeren Schauplatz, der nur durch einen kleinen Sandhügel markiert war. Doch sieht man über diese Trivialitäten hinweg, ist es der Inhalt und die intellektuelle, aber auch emotionale Interpretation von Theater, die die beiden unterscheidet. Während der Eine es auf die künstlerische Spitze treibt, in dem er das gewollt provozierte Lachen im Hals ersticken lässt, reißt der Andere das Publikum in eine andere Welt und zieht es auf diese Weise in seinen Bann. “22h13” war das erste der beiden Stücke, das im Rahmen der internationalen Spielzeit im San Martín-Theater gezeigt wurde. Es ist ein Werk von Pierrick Sorin, gespielt von Nicolás Sansier. Darge- Technische Perfektion: “22h13” des Videokünstlers Pierrick Sorin. stellt wird der Alltag eines Künstlers, der versucht, in seinem chaotischen Atelier Ordnung zu schaffen. Immer wieder wird er jedoch fen soll und der sich zwischen unaushaltbarem Tatendrang und absolutem Stillstand im Kreis dreht, scheint dem Wahnsinn in die Arme unterbrochen. So beginnt er Ideen für ein neues Werk zu entwickeln, trifft Leu- zu laufen. Patrick Robine hingegen nahm die Zuschauer in seinem Stück te, träumt, grübelt, spricht mit sich selbst und redet mit anderen, immer “La ferme des concombres (La granja de los pepinos)” auf eine Reiauf der Suche nach einer neuen Form, sich auszudrücken, etwas zu schaffen, das nicht nur die bloße Hülle eines Kunstwerks ist. Ein se mit durch die Wüste. Ein Abenteuer, das man erlebt haben sollte, Balanceakt zwischen zwei Abgründen, zwischen Genialität und mit Menschen, die man persönlich kennengelernt haben muss. Mit Wahnsinn. Das technisch wirklich aufwendige Stück mit drei Lein- einem Feuer im Koffer und in seinem beigen Anzug, führt er die wänden, Kameras noch auf der Bühne, Nahaufnahmen, die riesig Zuschauer ins Unbekannte, macht sie vertraut mit Menschen, die auf auf die Leinwände übertragen werden, Videoaufzeichnungen, die es einmal gar nicht mehr fremd erscheinen. Tiere werden einem vorgemöglich machen, dass sich der Künstler auf der Leiwnand mit ande- führt, die so echt wirken, dass man sie anfassen möchte. Er baut nicht nur Luftschlösser, sondern ganze Landschaften ins Nichts. ren Menschen trifft, ist überwältigend. Er kreiert eine ganz fremde, surreale Welt, und jeder, der sich ein Die anderen Persönlichkeiten, denen er begegnet, sind ebenfalls von Sansier gespielt, was zur Folge hat, dass der Zuschauer ab und bisschen darauf einlässt, darf eintreten, durch die Wüste sich schlepan den Eindruck bekommt, dass der Künstler paranoid sei. Der immer pen und übers Wasser fahren. Robine erfindet und verwandelt sich verzweifelter Suchende, der nicht weiß, welche Entscheidung er tref- selbst in jedem Augenblick von neuem, ohne dabei Verwirrung zu stiften. Ist er in einem Moment noch ein schnaubendes Kamel, so ist er im nächsten schon der mit tiefer Stimme sich Gehör verschaffende Vater. So ist letzteres ein abenteuerlicher Ritt durch die Wüste, der auf keiner Ebene mit dem wüsten Ritt durchs Abenteuer des Künstlers, der sich im Chaos zu verlieren scheint, vergleichbar ist. Es sind zwei sehr unterschiedliche Sensationen, herausragend in ihrer Einzigartigkeit, deren Schnittpunkt allein die Sprache ist. Körperarbeit: Allroundgenie Patrick Robine. Seite 10 Sonnabend, 25. Juni 2011 Genreübergreifende Kunst Kirsten Mosels “Nuevos Cutouts” in der Deutschen Botschaft Kirsten Mosel beschäftigt sich seit über einem Jahrzehnt mit Cut- den sie schon seit Jahren gegen den Pinsel eingetauscht hat. Beim outs. Sie schneidet Formen und Linien aus und klebt sie direkt auf genauen Ansehen der Bilder wird klar, dass die Künstlerin - die sich Wände oder auf Bildträger. Zu ihrer Kunst gehören die plane Fläche zuvor viele Jahre mit Malerei beschäftigte - alle Formen und Linien und die Linie, genaue Grenzen und ein erzähleriaus der Hand schneidet. Dadurch entstehen kleine scher Kick: ihre Formensprache changiert zwischen Unregelmäßigkeiten, die den großen einfachen ForAbstraktion und Narration. men über die handgemachte Kontur Leben gibt. Die Für die Deutsche Botschaft Buenos Aires entwiSchneide-Bilder von Kirsten Mosel sind eine Reckelte die Künstlerin einen Bilderzyklus, der sich flexion über Grenzen und genreübergreifend Zeichum das Thema “Zwei” dreht. Zwei Augen, zwei nung, Malerei oder Interventionen im Raum. Klammern, zwei Bäume. Zwei Linien, zwei KreiKirsten Mosel wurde 1962 in Braunschweig gesel, zwei Lineamente. Die Bilder kreisen um das Phäboren und lebt und arbeitet seit 2010 in Buenos Ainomen des Doppels: in der Symmetrie eines Körres. Ihr Kunststudium absolvierte sie an der Hochpers, in der Funktion von Geräten, im Zusammenschule für Bildende Künste Braunschweig. Ihre stoß von abstrakten Farb-Formen. Es gibt Bezüge Werke waren u.a. 1998 auf der Art Cologne, 2004 zur Natur, zum Menschen, zu Farbräumen. Die Bilauf der Biennale Dakar, 2005 auf der Arco Madrid der sind einfach, einfache Formen, wenige Eingrifund der Art Fair Shanghai zu sehen. Für ihre künstfe, etwas hinzufügen, etwas aussparen. lerische und Kunstvermittlungs-Arbeit erhielt KirsWas bedeutet das Schneiden für diese Bilder? Der ten Mosel zahlreiche Stipendien und Preise. Schnitt vollzieht klare Trennungen bzw. Grenzen Die Ausstellung “Nuevos Cutouts” ist bis zum 4. zwischen Figur und Grund, die Formen sind eindeuAugust im Konsulat der Deutschen Botschaft, Viltig in ihrer Mehrdeutigkeit. lanueva 1055, von Montag bis Donnerstag von 9 Aus der Serie “Nuevos CutDer Cut in der Kunst ist spätestens seit den Schebis 17.30 Uhr und freitags von 9 bis 12 Uhr öffent2011. 90 x 60 cm, Folie renschnitten von Philipp Otto Runge bekannt und outs”, lich zugänglich. auf Aludibond (Detail). hat seit zwei Jahrhunderten immer wieder Künstler Parallel zur Ausstellung in der Deutschen Botzur Beschäftigung mit dem Schnitt als künstlerischer Untersuchungs- schaft zeigt Kirsten Mosel eine Linien-Intervention in der USAL methode angeregt. (Universidad del Salvador), Marcelo T. de Alvear 1337. Was für Runge die Schere war, ist für Kirsten Mosel der Cutter, (Informationen auf der Webseite www.kirstenmosel.de) “Carmina Burana” im San Martín-Theater Am Donnerstag, dem 30. Juni, um 14 Uhr, wird im Martín Coronado-Saal des San Martín-Theaters (Av. Corrientes 1530) Carl Orffs “Camina Burana” wieder aufgenommen. Das von Mauricio Wainrot geleitete Tanzensemble “Ballet Contemporáneo” zeigt acht Aufführungen des beliebten Werks, dessen Choreografie vom BallettChef persönlich stammt. Die Beleuchtung schuf Eli Sirlin, für die Kostümierung zeichnete Carlos Gallardo verantwortlich. Ebenfalls auf dem Programm steht das Tanzstück “Alina”, auch eine Kreation von Wainrot, nach Musik von Arvo Pärt, mit Licht von Sirlin und Kostümen von Gallardo. Die Matinee-Vorstellungen am Donnerstag (30.6. und 7.7.) kosten ermäßigt jeweils 13 Pesos, für die Aufführungen am 1., 2., 5., 6. und 8. Juli um 20.30 Uhr und 3. Juli um 17 Uhr erhält man Eintrittskarten zu 45 bzw. 30 Pesos. Die Gesamtdauer der Vorstellung beträgt 70 Minuten. 4. Festival “Ciudad Emergente” im Centro Cultural Recoleta Von Charlotte Dötig Buenos Aires (AT) - Die Leute schoben sich durch die Gänge, in ten bewunderten jedoch nur den Ausstellungsräumen tummelten sie sich vor den Bildern und be- staunend die Sprühkunst und wunderten mit großen Augen die Mode. Das Festival “Ciudad Emer- verzichteten darauf, auch nur zu gente” im Centro Cultural Recoleta war eine kleine kulturelle Explo- versuchen, ein konkurrenzfähision, angefeuert von der Musik argentinischer Rockbands und spani- ges oder nur annähernd so guscher Bekanntheiten, wie “Love of Lesbians”. Bis zur letzten Minuten tes Abstrakt an die Wand zu am Montagabend pilgerten hauptsächlich Jugendliche zu dem Spekta- bringen, mit dem man sich nekel, und nicht mal die Kälte konnte sie davon abhalten, bis zum Ein- ben den anderen hätte sehen lasbruch der Nacht auf der Terrasse zu stehen und zum Beat der Taktstö- sen können. cke und zur Melodie geträllerter Liebeserklärungen zu tanzen. Es war ein Ausflug in die Nur vereinzelt zogen sich Einige in die Leseecken zurück, eher abwechslungsreiche Welt der schaute man sich Filme an oder ließ sich von der visuellen Darstellung Künste, bei dem man sehen Elektronischer Musik in eine andere fantastische Welt tragen. Stun- konnte, auf welch unterschiedAuftritt der Tourettes. denlang konnte man so da sitzen, sich träumerisch von den Bildern, liche und doch gekonnte Weise die rhythmisch voneinander abgehoben waren, der Realität entziehen. sich vor allem junge Menschen versuchen auszudrücken. Mit BegeisWer sich lieber aktiv am Geschehen beteiligen wollte, konnte sich auf terung und Spaß wurden die Menschenmengen angelockt und mit auseiner der riesigen Außenwände mit Sprühfarbe verewigen. Die meis- drucksstarker Kunst belohnt. Seite 11 Sonnabend, 25. Juni 2011 LATEINAMERIKANISCHE WIRTSCHAFT Chile und Vietnam werden ein Freihandelsvertrag im Rahmen des wirtschaftlichen Asien-Pazifik Kooperationsforums unterschreiben, berichtet die Regierung von Vietnam. Das Gipfeltreffen findet im nächsten November in Hawaii statt. *** Die Ratingagentur Moody’s erhöhte die Kreditwürdigkeit Brasiliens von „Baa3“ auf „Baa2“, und unterstrich die Vorsicht seiner Wirtschaftspolitik sowie dessen Glaubwürdigkeit im Kampf gegen die Verschuldung. *** Der weltweit führende Versandhändler Otto hat noch für dieses Jahr den Markteintritt in Brasilien geplant, teilte Otto-Chef Hans-Otto Schrader am Mittwoch in Hamburg mit. Zunächst sei ein Gemeinschaftsunternehmen in den Bereichen Mode und Lifestyle mit einem bereits in Brasilien etablierten Unternehmen vorgesehen. In fünf Jahren wolle Otto in der siebtgrößten Volkswirtschaft der Welt einen Umsatz von rund 500 Mio. u$s erreichen. (dpa) *** Die Arbeitslosigkeitsrate blieb im Mai in Brasilien stabil bei 6,4%, berichtet das Statistische Amt IBGE. Das liegt in Braslien nahe an der Vollbeschäftigung, wobei dabei schon ein gewisser Inflationsdruck auftritt. *** Das britische Unternehmen Rolls Royce investiert u$s 60 Mio. in Rio de Janeiro, um eine Turbinenfabrik für Erdölplattformen zu bauen. Die Turbinen werden in Zukunft für die Erschliessung der riesigen Vorkommen gebraucht, die zum Teil 3.000 Meter und mehr unter dem Atlantik von Petrobras entdeckt worden sind. *** Der drittgrößte Flugzeughersteller der Welt, der brasilianische Embraer, hat bisher insgesamt mehr als 1000 Bestellungen und 750 Kaufabsichtserklärungen für seine Jets der E-Klasse erhalten, betonte in Paris der Embraer-Chef Paolo Cesar de Souza e Silva. Diese Maschinen bieten zwischen 70 und 120 Passagieren Platz. (dpa) *** ARGENTINISCHE WIRTSCHAFT Der Dollarkurs schloss am Donnerstag ohne Änderung gegenüber der Vorwoche bei $ 4,13, und lag somit um 2,99% über Ende Dezember 2010. Die ZB-Reserven erreichten u$s 52,24 Mrd., gegen u$s 52,15 Mrd. in der Vorwoche. Der schwarze Kurs lag bei $ 4,34. Der Rofex-Terminkurs lag zum 30.9.11 bei $ 4,198, zum 30.12.11 bei $ 4,321, zum 31.3.12 bei $ 4,4520, und zum 30.6.12 bei $ 4,590. Der Terminkurs per Ende Juni 2012 lag um 11,70% über dem Tageskurs. *** Der Merval-Aktienindex der Börse von Buenos Aires schloss am Donnerstag um 2,44% über der Vorwoche, lag dabei um 5,95% unter Ende 2010. *** Die Staatspapiere standen in einer Woche zum Donnerstag vorwiegend unter Baissedruck. Par-Bonds in Pesos gingen gegenüber der Vorwoche um 2,25% zurück (-21,23% gegen Ende 2010), Discount-Bonds in Pesos fielen um 1,70% (bzw.-15,87%), Boden 2014 fielen um 0,31% (+2,67%), Boden 2012 blieben unverändert (bzw. +2,08%) und Boden 2013 stiegen um 0,21% (bzw. +2,42%). *** Der Notenumlauf betrug zum 10.6.11 $ 136,87 Mrd., 1,91% über der Vorwoche und 9,90% über Ende 2010. Girodepositen betrugen $ 129,92 Mrd., 2,82% über der Vorwoche und 10,25% über Ende 2010, und Spardepositen machten $ 65,12 Mrd. aus, 6,06% unter der Vorwoche und 5,46% über Ende 2010. *** Die gesamten Pesodepositen des Bankensystems lagen zum 10.6.11 mit $ 380,16 Mrd. um 0,18% über der Vorwoche und um 18,99% über Ende Dezember. Fristdepositen lagen mit $ 168,75 Mrd. um 6,06% unter der Vorwoche und um 5,46% über Ende Dezember. *** Gold wurde in Buenos Aires (Banco Ciudad) letzte Woche bei 18 Karat zu $ 132,20 pro Gramm gehandelt (Vorwoche: $ 132,42) und bei 24 Karat zu $ 200,12 ($ 200,60). *** Die Finanzen des Nationalstaates weisen im Mai einen echten („finanziellen“) Überschuss von $ 1,90 Mrd. aus, 26% unter dem Vorjahr. Der primäre Überschuss (ohne Zinsen zu berücksichtigen) lag bei $ 3,14 Mrd., 4% über dem Vorjahr. In 5 Monaten lag der echte Überschuss bei $ 1,14 Mrd., der primäre bei $ 9,96 Mrd. Die laufenden Einnahmen (Steuereinnahmen plus Abhebung des ZB-Gewinnes und Zu- wendungen der ANSeS) lagen im Mai mit $ 37,08 Mrd. um 31,3% über dem Vorjahr. Die Gesamtausgaben stiegen um 34,5% auf $ 35,19 Mrd., aber die primären Ausgaben (ohne Zinsen) lagen um 40% über dem Vorjahr. *** Die Exporte lagen im Mai um 24% über dem gleichen Vorjahresmonat, wobei Industrieprodukte auf landwirtschaftlicher Basis (vornehmlich Sojaöl und –mehl) eine Zunahme von 44% verzeichnen, primäre Produkte eine von nur 12% und reine Industrieprodukte eine von 31%. Die Importe lagen um 39% über dem Vorjahr, und der positive Saldo sank um 13%. Der Import von Brenn- und Schmierstoffen lag um 61% über dem Vorjahr, und die Exporte gingen bei diesen Produkten um 33% zurück. *** Die Nachfrage nach Zeitarbeitern ist 2010 um 16,4% gestiegen, teilte der Verband argentinischer Zeitarbeitsunternehmen FAETT mit. Danach sind monatlich 89.102 Personen über diese Firmen eingestellt worden. Mit 55,4 % der Anstellungen seien die Handwerker am häufigsten gesucht. Nur 19% der Stellen fielen auf Verwaltungsmitarbeiter. *** Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs im 1. Quartal 2011 gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um 9,9% und um 2,8% verglichen mit den letzten drei Monaten von 2010, gab das Statistische Amt (INDEC) bekannt. Die Bruttoinvestitionen lagen im 1. Quartal um 19,5% über dem Vorjahr, und erreichten 21,9% des BIP. Während die Erzeugung von Sachgütern im interanuellen Vergleich einen Anstieg um 10,6% verzeichnete, wuchsen die Dienstleistungen um 8,7%. Der private Konsum stieg im gleichen Zeitraum um 11,3% während der öffentliche Konsum sich um 9,9% erhöhte. Die Einfuhr von Gütern und Dienstleistungen wuchs im ersten Quartal 2011 um 20,4%, während der Export ein Plus von lediglich 7,1% verzeichnete. Die Industrieproduktion erreichte einen innerjährlichen Plus im 1. Quartal von 9,1%. *** Der Index der Industrieproduktion des INDEC, benannt EMI („Estimador Mensual Industrial“) lag im Mai um 9,1% über dem gleichen Vorjahresmonat und um 0,9% über April. Die ersten 5 Monate 2011 liegen somit um 9% über dem Vorjahr. *** Sonnabend, 25. Juni 2011 Das brasilianische Unternehmen Vale bestätigte die Absicht, in Bezirk Malargue in der Provinz Mendoza, Kali zu fördern, obwohl die Provinzregierung ein Förderungsstopp angeordnet hat. Die Firma sei bereit ein provinzielles Gesetz stärker als bislang zu respektieren und eine grössere Anzahl an Lieferanten aus Mendoza zu verpflichten. Das Gesetz hat keine legale Grundlage, und könnte somit vor Gericht beanstandet werden. Aber Vale will keinen Konflikt schaffen. *** Die Produktion von Luftkühlanlagen, Mikrowellengeräten, Handys und Monitoren hat sich in Feuerland in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2010 um 7 Mal erhöht, teilt das Industrieministerium mit. Darü-ber hinaus seien 17 Projekte für die Herstellung von Notebooks und Netbooks angekündigt worden. *** Der Hektarpreis für Agrarland um den Sojagürtel in den Provinzen Buenos Aires, Santa Fe und Córdoba ist im letzten Jahr um 20% in Dollar gestiegen, berichtet das Immobilienbüro L.J. Ramos. Im Kernbereich des Maisanbaus liegt der Hektarpreis zwischen u$s 13.000 und 17.000. Im Osten der Provinz Buenos Aires kostet ein Hektar zwischen u$s 6.000 und u$s 10.000. In der besten Viehzuchtregion in der Provinz Buenos Aires sei mit einem Hektarpreis zwischen u$s 2.500 und u$s 4.000 zu rechnen. An der Küste sowie um die Gebirge von Buenos Aires liegt der Preis zwischen u$s 6.000 und u$s 9.500 pro ha, rund um das reichste Weizengebiet um zwischen u$s 3.500 bis u$s 7.000. *** Um 16,9% ist im Jahr 2010 der Weizenexport wertmässig gestiegen, während der Betrag der von den Exporteuren gezahlten Gewinnsteuer um 99,6% höher als 2009 lag, berichtet die AFIP. Wenn man auch jene Firmen berücksichtigt, deren Bilanzen im Dezember 2010 abschliessen, dann hätte die Erhöhung bei der Gewinnsteuer um 286% gelegen. AFIP-Direktor Ricardo Echegaray sagte, dass im vergangenen Jahr vier dieser Exportfirmen keinen einzigen Cent an Gewinnsteuer gezaht hätten. *** Das Staatsunternehmen ADIF (Administración de Infraestructuras Ferroviarias) wird unmittelbar 200 Ausschreibungen durchführen, besonders um die Belgrano-Bahn zu modernisieren, die sich mit Frachtenbeförderung befasst, und den Norden und Nordwesten mit Buenos Aires verbindet. Bei der Schienenverlegung wurden in den letzten Jahren grosse Fortschritte erzielt, sagte der Leiter von ADIF Jose Villafañe. So sei man von täglich 30 Meter in 2009 auf aktuell täglich 300 Meter neue Gleisen übergegangen. Auch bei der Bahnlinie Buenos Aires-Mar del Plata (hauptsächlich Personenverkehr) soll investiert werden, damit Züge vom Typ Talgo eingesetzt werden können. Diese Bahnlinie wird, ebenfalls wie die Belgrano Linie, vom neu gegründeten Staatsunternehmens SOFSE betrieben. *** Der Gouverneur der Provinz Neuquen, Jorge Sapag, versicherte, dass die Verträge zum Bau des Wasserkraftwerks von Chihuido I in wenigen Tagen unterschriftsreif sein werde. Dabei handelt es sich um eine Kooperation zwischen der Nationalregierung und der Provinz. Die Bauten werden vorübergehend federführend in den Händen von Electroingenieria liegen, einer Firma aus Cordoba, die den Kirchners nahe liegt. Die Gesamtkosten wurden mit ungefähr u$s 1.500 Mrd. berechnet. Davon trägt die nationale Regierung u$s 500 Mio. Das Wasserkraftwerk wird eine Leistung von 640 Mw haben. Für den Bau werden bis zu 5000 Arbeitsplätze geschaffen. Der vorübergehende Unternehmensverband (UTE) wird den Bau durchführen und das Werk während 15 Jahren betreiben. Danach soll der Betrieb auf die Provinz Neuquén übertragen werden. *** Seite 12 Die peruanische Gruppe Alicorp hat 100% der Aktien von Italo Manera sowie Pastas Especiales übernommen. Die Firmen hatten 2010 einen Umsatz von u$s 35 Mio. und verfügen über zwei Prodduktionsstätten. Es handelt sich nach dem Kauf des Keksfabrikanten Okebon im Vorjahr um den zweiten Erwerb dieser Gruppe im Bereich der Lebensmittelindustrie. *** Die Getreidemühlen, die Geflügelzüchter sowie die Betreiber von feed-lots sollen schliesslich die längst fälligen Ausgleichszahlungen vom Staat erhalten. Diese Zahlungen wurden 2007 von der Regierung angeordnet und im Februar dieses Jahres unterbrochen, nachdem das dafür zuständige Amt, ONCCA, aufgelöst wurde. Die geschuldeten Ausgleichszahlungen erreichten insgesamt $10,58 Mrd. Auf Anweisung von Binnenhandelssekretär Moreno reichten die Getreidemühlen als erste die Anträge ein, doch wurde ihnen mitgeteilt, dass auf die geschuldete Summe ein Erlass von ca $ 2 Mrd. erfolgen werde. Die Geflügelzüchter sowie die Besitzer von feed-lots hoffen, die Ausgleichszahlungen in voller Höhe ausbezahlt zu bekommen. Der Staat schuldet den Geflügelzüchtern ca. $ 800 Mio und den feedlot-Besitzer ungefähr $ 300 Mio., teilte die argentinische Feedlotkammer mit. *** Der Verband argentinischer Traktorenhersteller (AFAT) weist darauf hin, dass der Verkauf dieser Landmaschinen im März stark, um 36,9%, im Vergleich zum Vormonat, zurückgegangen ist. Insgesamt verkauften Agco, John Deere und CNH im März 178 Traktoren, gegen 282 im Februar. Bei Mähdrescher ging der Verkauf innerhalb eines Monats um 25,9% zurück. Der Rückgang betrifft insbesondere die importierten Einheiten, da diese unter den Importbeschränkungen leiden. Die in Argentinien gefertigen Traktoren und Erntemaschinen hatten keine Einbussen zu verzeichnen. Doch 70% bis 75% der in Argentinien verkauften Traktoren und bis 80% der Mähdrescher werden importiert. *** Die Zentralbank (ZB) arbeitet an einem System, durch das den Banken eine Versicherung für Zinsschwankungen bereitgestellt werden kann. Damit soll es den Geldhäusern möglich sein, der Kundschaft festverzinsliche Kredite auf bis zu 5 Jahre Laufzeit für Investitionsfinanzierung zu gewähren. Das System soll angeblich folgendermassen funktionieren: die ZB setzt einen Zinssatz fest, der sich an den Badlar-Satz hält, der für Einlagen von über einer Million Pesos von den Geschäftsbanken in der Bundeshauptstadt und Umgebung im Durchschnitt bezahlt wird. Sollte dieser Zinssatz über dem vereinbarten Satz liegen, übernimmt die Zentralbank die Differenz. Im Gegensatz, wenn der Zinssatz zurückgeht, zahlen die Geschäftsbanken die Differenz an die ZB. Bisher lag der Badlar-Satz unter der internen Inflationsrate, gemessen an privaten Indices der Konsumentenpreise. Doch gelegentlich könnte dieser Zinssatz davonspringen, so dass die ZB dann einen Verlust auf sich nehmen müsste, angenommen, der festgesetzte Zinssatz für den Kreditnehmer liegt beim gegenwärtigen Badlar-Satz. *** Wie die ZB berichtet, stiegen im April die gesamten Bankkredite an Privatunternehmen um 4% gegenüber März, womit der interanuelle Zuwachs 45,1% erreichte. Zum ersten Mal steigen die Kredite für Unternehmen (Arbeitskapital und Investitionen) schneller als die Kredite für Konsumfinanzierung, und liegen jetzt um 7% höher. Gleichzeitig ging die Zahlungsverzugsrate auf 1,8% zurück. *** Die Regierung hat der Banco Nación angeordnet, den Rentnern Kredite für den Kauf von Computern bereit zu stellen. Diese Kredite haben eine maximale Laufzeit von 40 Monaten. Die Vereinbarung wurde zwischen Banco Nacion, Anses und Microsoft unterzeichnet. 2007 wurde die erste Vereinbarung dieser Art unterschrieben. Seitdem haben Rentner 150.000 Computer unter diesen Bedingungen erworben, erinnerte Anses. Seite 13 Sonnabend, 25. Juni 2011 *** Argentinien wird bis Jahresende wegen der Unterbrechung der Erdölförderung in der Provinz Santa Cruz, die einen Ausfall von 1,3 Mio. cbm Erdöl verursacht hat, landesweit 3,5% weniger Erdöl als 2010 gefördert haben. Der wirtschaftliche Schaden, den der Streik der Erdölarbeiter, sowie der Lehrerstreik, der auch mit einer Verhinderung der Erdölförderung begleitet wurde, herbeiführt, wird auf ca. u$s 720 Mio. geschätzt. Die Regierung hat den Konflikt einfach geschehen lassen, statt sofort einzugreifen. Die von der Lehrergewerkschaft verursachte Förderungsverhinderung stellt ohnehin ein Verbrechen dar, und die Erdölarbeiter haben die obligatorische Schlichtungspause, die viel zu spat verhängt wurde, nicht eingehalten. Sowohl die Erdölarbeiter wie die Lehrer der Provinz Santa Cruz sind die bestbezahlten im ganzen Land. *** Die Handelsangestellten erhalten eine Gehaltserhöhung von 30%, zu der noch Zulagen hinzukommen. Das Mindestgehalt geht von $ 3.001 auf $ 3.900. Die Erhöhung erfolgt in drei Stufen: 15% rückwirkend zum Mai, eine weitere Erhöhung um 8% im September und 7% im Dezember, so dass die Erhöhung im Durchschnitt der 12 Monate Laufzeit des Abkommens prozentual bei etwa 25% liegt. Die Kassierer von grösseren Einzelhandelsgeschäften erhalten einen festen Zusatz von $ 500. *** Am Mittwoch wurde in der Provinz Rio Negro, am Rio Colorado, das Wasserkraftwerk Salto Andersen mit einer Leistung von 52,5 MW in Betrieb genommen. Die Bauarbeiten wurden von der spanischen Gruppe Isolux Corsan durchgeführt. Geschäftsnachrichten Palmer Das Werk für Keramikblöcke Palmer investiert u$s 7 Mio. in die Erweiterung ihrer Fabrik in Córdoba um 40%. Mit der Hälfte dieses Betrages werden automatisierte Anlagen italienischer Herkunft für denTransport der Keramikteile gekauft. Weitere technische Massnahmen werden ergriffen, um die Produktion auf 56.000 t pro Monat zu steigern. Vossloh Dieser deutsche Hersteller von Schienenbefestigungs und Weichensystemen wurde von der Nationalverwaltung staatlicher Bahnen (ADIF) für die Instandhaltung von über 4000 Weichensystemen in den Bahnwerkstätten von La Plata verpflichtet. Dort sollen nach Beendigung der Modernisierungsarbeiten um die 150 Bahngeräte jährlich gebaut werden. Ausserdem soll Vosloh bei Schienprolifierungsarbeiten mitwirken, durch die alte Schienen erneuert werden, so dass die Züge schneller und ruhiger fahren können. J-tekt Automotive Der japanische Autoteilehersteller J-tekt Automotive investiert $ 108 Mio., um ein neues Werk in Escobar zu bauen. Diese Firma mit einer dreizehnjährigen Präsenz auf dem argentinischen Markt wird in Zukunft auf ihre Importe aus Brasilien und Europa verzichten können. Das neue Werk von 8.000 qm Fläche soll im Februar 2012 in Betrieb genommen werden und das dritte seiner Art in Lateinamerika werden. Das Unternehmen gab ebenfalls bekannt dass es die Herstellung von Getrieben vorantreiben werde, die Importe von bis auf $ 750 Mio. ersetzen. J-tekt ist Lieferant von Renault, Peugeot-Citroen und in Zukunft auch von Toyota sowie vier weitere PKW Hersteller. Jumbo Diese Supermarktkette des Cencosud-Konzerns eröffnete in Puerto Madero ihren achtzehnten Markt in Argentinien. Bei Jumbo Madero Harbour beträgt die Gesamtfläche 1336 qm. Der Supermarkt befindet sich im künftigen Einkaufszentrum Madero Harbour und beschäftigt insgesamt 85 Mitarbeiter. Hewlett Packard Der lokale Geschäftsführer von HP teilte der Industrieministerin Debora Giorgi mit, dass das Unternehmen in Tierra del Fuego eine Fabrik für Notebooks (tragbare Computer) errichten werde. Es ist das zweite Projekt dieser Art, nach dem Gemeinschaftsunternehmen der brasilianischen Positivo mit der lokalen BGH. Gemäss offiziellen Angaben haben jedoch schon 17 Unternehmen Projekte eingereicht, um insgesamt um die 7 Mio. Notebooks zu produzieren (bzw. zu montieren), von denen bisher 9 genehmigt wurden. Die Entschei- dung, in Tierra del Fuego zu produzieren, beruht einmal auf den steuerlichen Vorteilen, die die Regierung gewährt hat, und dann auf den Importhemmungen bei normalen Importen. HP beschäftigt in Argentinien schon 3.700 Personen und exportiert Dienstleistungen („Software“) für u$s 70 Mio. pro Jahr. Banco Patagonia Diese Bank beendete die Platzierung des Treuhandfonds Banco Piano XXI in Höhe von $ 69.387.415. Für den Koupon VDF A, mit einer Laufzeit von 4,82 Monaten, wurden $ 52,04 Mio. emittiert bei einem Satz von 13,15%. Der Koupon VDF B erreichte $ 10,41 Mio. bei einem Satz von 14,98% und einer Laufzeit von 11,21 Monaten. Ebenfalls wurden Anteilscheine für $ 6.94 Mio. untergebracht. Noble Die chinesische Firma Noble investiert u$s 50 Mio. im Bau eines Biodieselwerks in Timbúes, in der Nähe von Rosario, teilte am Mittwoch die Präsidentin Cristina Kirchner mit. Dort betreibt Noble bereits seit 2006 eine Fabrik für die Verarbeitung von Ölsaaten, vornehmlich Sojabohne. Sherwin Williams Diese Firma entwickelte nach einer Gesamtinvestition von u$s 6,5 Mio unter dem Namen Loxon Larga Duración, eine neue Produktlinie, die auch exportiert werden soll. Die Produkte heissen Loxon Larga Duración Anti-Manchas, Hidro-Repelente y Súper Elástico. Alle verfügen über die neu entwickelte Technologie der sogenannten „intelligente Partikeln“. Das Verfahren wurde im firmeneigenen Labor in Ciu-dadela, Provinz Buenos Aires, entwickelt. Der Präsident von Sherwin Williams für Argentinien und Uruguay, Alberto Benavídez, versicherte, dass seine Firma jetzt ganz oben im Markt von Hochleistungsfarben mitspielt. Saint Gobain Sekurit Dieses französische Unternehmen hat die Errichtung einer Fabrik für Windscheiben für Fahrzeuge nördlich der Bundeshauptstadt angekündigt, die eine Investition von E 25 Mio. darstellt und etwa eine Million Windscheiben pro Jahr erzeugen soll, von denen etwa 200.000 für den Export bestimmt sind. Die Firma ist auf diesem Markt weltweit führend, mit 40 Fabriken und einem Umsatz von E 1,6 Mrd. Grimoldi Dieses traditionelle Schuhunternehmen, mit Fabriken und zahlreichen Verkaufsstellen, hat 16,67% von Outdoors gekauft, womit sie das ganze Kapital besitzt. Dieses Unternehmen widmet sich der Fabrikation, dem Verkauf, dem Import und Export von Schuhen und Bekleidung. Seite 14 Sonnabend, 25. Juni 2011 Eckpunkte der Zahlungsbilanz im 1. Quartal 2011 z Die Leistungsbilanz wies ein Defizit von u$s 673 Mio. aus, gegen u$s 486 Mio. in der gleichen Vorjahresperiode. Dieses Defizit ergibt sich aus einem Überschuss der Handelsbilanz von u$s 2,46 Mrd. und einem negativen Saldo bei Frachten, Tourismus, Versicherungen, Zinsen, Gewinnen und Gebühren von netto u$s 3,13 Mrd., von denen u$s 510 auf Dienstleistungen (Frachten, Tourismus, Versicherungen u.a.) und der Rest auf Zahlung von Zinsen, Dividenden und Gewinne entfallen. z Die Überweisung von Gewinnen und Dividenden (hauptsächlich von lokalen Fili- alen an ihre Muttergesellschaften im Ausland) plus Zinsen betrugen u$s 2,5 Mrd., was hochgerechnet auf das ganze Jahr u$s 10 Mrd. ausmachen würde, gegen u$s 7,18 Mrd. im Jahr 2010. Diese finanziellen Überweisungen haben eine steigende Tendenz: 2007 waren es u$s 5,24 Mrd., 2008 u$s 6,09 Mrd und 2009 u$s 6,63 Mrd. z Die Kapitalbilanz (Kapitalüberweisungen in beiden Richtungen plus Kredite) ergab ein Saldo von u$s 153 Mio., das die Auslandsverschuldung (des Staates und der Privatwirtschaft) auf u$s 130,8 Mrd. angehoben hat. Der Saldo des nicht finanziellen Privatsektors ergab einen Überschuss von u$s 37 Mio., gegen ein Minus von u$s 1,04 Mrd. in der gleichen Vorjahresperiode. Dieser Saldo ergibt sich aus der Kapitalflucht plus Krediten an ausländische Unternehmen, auf der einen Seite, und direkten Auslandsinvestitionen und Krediten aus dem Ausland, auf der anderen. Doch dabei spielen auch Zahlungen eine Rolle, die sich bei unterfakturierten Importen ergeben, die statistisch nicht erfasst werden und in der Zahlungsbilanz als Kapitalflucht erscheinen. z 36 neue Hotels in Buenos Aires Das Tourismusamt der Stadt Buenos Aires hat mitgeteilt, dass bis Anfang 2013 36 neue Hotels in der Stadt Buenos Ares eingeweiht werden, 20 davon noch in diesem Jahr. Es handelt sich um Investitionen von insgesamt u$s 490 Mio. Es sind zum grössten Tel 4 und 5Sterne-Hotels, mit einem von 6 Sternen (das Mayan Resort), eine Kategorie, die es formell nicht gibt, die noch mehr Luxus bieten soll. Diese Hotels werden insgesamt 2.500 Zimmer haben, in denen bis zu 5.000 Gäste aufgenommen werden können. Die neuen Hotels konzentrieren sich in den Stadtvierteln Puerto Madero, Recoleta und Palermo, wobei eines, benannt „Boca Juniors“ auf der Tacuarí Höhe 200 errichtet wird, also im Stadtzentrum. Die Stadt zählt gegenwärtig 460 Hotels, die insgesamt 25.939 Zimmer haben. Die vorgesehene Zunahme beträgt 10%, was sehr viel ist, nachdem schon seit Jahren ein Hotelboom eingesetzt hat. Vor 40 Jahren hatte die Stadt Buenos Aires nur zwei 5-Sterne-Hotels, nämlich das Plaza und das Alvear. Als erstes kam das Sheraton in Retiro hinzu, und dann folgten andere, wie das Elevage und viele Jahre später das Hyatt (das später in Four Seasons umgetauft wurde, wobei die Marke Hyatt auf ein anderes neues Hotel überging), und dann Cesar Park, Intercontinental, Hilton, Sofitel u.a. Insgesamt sind es über ein Dutzend. Abgesehen von den Luxushotels entstanden auch viele 2 und 3-Sterne-Hotels, und auch Apart-Hotels. Der Hotelboom, der in den 90er Jahren mit grosser Wucht auftrat, und auch ab 2000 weiterging (ab 2008 wurden in der Stadt u$s 1,12 Mrd. in neuen Hotels investiert) erstreckt sich auf das ganze Land. Man frägt sich gelegentlich, woher so viele wohlhabende Touristen kommen, die u$s 200 bis u$s 400 (und gelegentlich noch mehr) für eine Übernachtung bezahlen können. Dieses weltweite Phänomen zeugt von einer neuen Weltkonstellation, in der es viel mehr sehr reiche Menschen gibt, die viel reisen. Viele suchen dabei neue Reiseziele, zu denen Buenos Aires gehört, nachdem sie schon sehr oft in den traditionellen waren. Die Zahl der einreisenden Touristen hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Hernan Lombardi, Kulturminister der Stadt und Vorsitzender des städtischen Tourismusamtes, der selber ein Hotel besitzt, wies darauf hin, dass die Zahl der Touristen, die die Bundeshauptstadt 2010 besuchten, davon 3 Mio. Ausländer, gegenüber 2009 um 17,2% auf 4,68 Mio. stieg. Zum Vergleich: in Madrid waren es 7,19 Mio. und in Barcelona 6,48 Mio. Ob die Touristen hinzugezählt wurden, die in Kreuzern kommen, für die am Hafen von Buenos Aires eine besondere Landestelle gebaut wurde, und für etwa zwei Tage die Stadt besuchen, wurde nicht geklärt. Diese schwimmenden Hotels haben in der Regel eine Kapazität von etwa 2.000 Passagieren, und jedes Jahr nimmt die Zahl der Kreuzer weiter zu. Die Touristen haben gemäss offiziellen Schätzungen 2010 insgesamt u$s 3,5 Mrd. in der Stadt ausgegeben, 38,20% mehr als 2009. Davon entfielen u$s 2,5 Mrd. auf ausländische Touristen. Diese Ausgaben stellen bei der Zahlungsbilanz Einnahmen dar, die im Wesen Exporten entsprechen. Von den Auslandstouristen entfielen 2010 874.747 auf Brasilien, 248.250 auf die USA, 220.477 auf Chile, 134.566 auf Spanien, 99.096 auf Italien, 79.600 auf Uruguay, 84.548 auf Peru, 83.271 auf Kolumbien, 74.357 auf Frankreich und 62.858 auf Deutschland. Es fällt auf, dass so viele Touristen aus südamerikanischen Ländern kamen. Doch die grossen Hotels wurden vorwiegend von Nordamerikanern und Europäern beansprucht. Seite 15 Sonnabend, 25. Juni 2011 WIRTSCHAFTSÜBERSICHT Der Staat braucht den freien Kapitalmarkt nicht Seit einiger Zeit kommt die Lesart auf, der argentinische Staat müsse bald wieder Wertpapiere auf dem internationalen Kapitalmarkt unterbringen, da Mittel für die Zahlung der Amortisation der Staatsschuld in Dollar fehlen. Es hiess zunächst, noch in diesem Jahr müssten Bonds oder andere Wertpapiere für u$s 6 Mrd. ausgegeben werden. Danach wurde dies auf 2012 verschoben, wobei von einem Fehlbetrag von u$s 7 Mrd. die Rede war. Halten wir zunächst fest, dass der Zugang zum internationalen Kapitalmarkt für Argentinien weiter gesperrt ist. Die Default-Überwindung, mit einem Schnitt von etwa zwei Dritteln der Staatsschuld und einem fortdauernden Betrug an den Gläubigern (durch gefälschte Indexierung bei den Pesobonds, die mit dem CER-Index berichtigt werden, der dem Index der Konsumentenpreise entspricht) und auch das Verhalten des Staates bei Prozessen, die vor dem Weltbankschiedsgericht und gewöhnlichen Gerichten in den USA u.a. Staaten ausgetragen werden, schliessen den Zugang zum Kapitalmarkt aus. Und auch wenn es gelingen würde, Ausnahmebedingungen für eine Bondsemission zu schaffen, so müsste Argentinien wohl 15% und mehr zahlen, was einen schwarzen Schatten auf das Land wirft und das angeschlagene Vertrauen noch mehr schwächt. Die argentinische Staatsschuld wird gegenwärtig offiziell mit 35% des BIP angegeben. Wenn man noch Schulden hinzufügt, die hier nicht berücksichtigt werden, so gelangt man bestenfalls auf 40%. Das ist für Argentinien durchaus tragbar, umso mehr als fast die Hälfte der Schuld innerstaatlich ist (Schatzamt gegenüber ZB, ANSeS, Banco Nación u.a. Staatsämtern). Aber die Möglichkeit, Geld auf dem freien Kapitalmarkt aufzunehmen, ist gegenwärtig ausgeschlossen, und das ist im Grunde gut so. Die Tatsache, dass sich viele Staaten, gewiss nicht nur der argentinische, leichtfertig gegenüber Banken und auch über den Kapitalmarkt gegenüber allerlei Anlegern verschulden konnten, hat ein böses Ende gehabt, oder wird es in einigen Fällen noch haben. Es war für viele eine teure Lehre. Das Ergebnis ist, dass die Staaten jetzt die Staatsfinanzen ernst nehmen müssen. Abgesehen davon braucht Argentinien dieses Geld nicht. Gewiss ist es möglich, dass zeitweilig Reserven eingesetzt werden müssen, so dass diese sinken. Aber dafür sind sie schliesslich da. Bei einem Reservenstand von über u$s 50 Mrd. ist es keine Tragödie, wenn sie um u$s 5 Mrd. oder sogar etwas mehr sinken. Der strukturelle Handelsbilanzüberschuss Argentinien weist gegenwärtig einen strukturellen Überschuss bei der Handelsbilanz auf, der sich aus einer starken Zunahme der Produktion von Getreide, Ölsaaten und auch Bergbauprodukten (besonders Kupferkonzentrat und Gold) ergibt, die zu sehr hohen Preisen exportiert werden, die in vielen Fällen mehr als doppelt so hoch wie vor einigen Jahren liegen. Die internationale Konstellation, mit einem weiter andauernden Wachstum von China, Indien u.a Ländern, deutet auch für die kommenden Jahre auf eine hohe Nachfrage hin. Allein die Sojabohnenproduktion hat sich in 15 Jahren vervierfacht, und der Preis ist mehr als doppelt so hoch. Was die landwirtschaftliche Produktion betrifft, so sind die klimatischen Bedingungen weiter günstig, mit guter Bodenfeuchtigkeit während der bevorstehenden Saatperiode. Es müsste schon eine schlimme Dürre kommen, damit die Ernten stark zurückgehen. Ausserdem dehnt sich der technologische Fortschritt, der die argentinische Landwirtschaft grundsätzlich verändert hat, immer weiter aus, weil Landwirte, die dabei zurückgeblieben sind, ihre erfolgreichen Kollegen nachahmen. Die zahlreichen CREA-Gruppen, die sich um Erfahrungsaustausch kümmern, fördern diese Entwicklung ganz besonders. Ausserdem gibt es ununterbrochen neue technologische Fortschritte, die sich auf Samen und Chemikalien für die Landwirtschaft beziehen. Die diesjährige Gesamternte von Getreide und Ölsaat schliesst leicht unter den 100 Mio. t ab, und die kommenden dürften darüber liegen, sofern die Regierung bei ihren Bemühungen, dies zu verhindern, nicht erfolgreich ist. Experten meinen, Argentinien sei nicht so weit von 150 Mio. t entfernt. Auch der Bergbau schreitet ständig voran, angespornt durch die gegenwärtig anormal hohen Metallpreise. Der Goldpreis hat sich in wenigen Jahren verfünffacht und liegt nahe den u$s 1.500 pro Unze Feingold. Die Kosten der Goldförderung liegen in Argentinien um die u$s 300 pro Unze, eventuell u$s 400 bis u$s 500 bei Vorkommen mit geringem Goldgehalt, so dass ein hoher Gewinn für die Unternehmen entsteht, die das Gold fördern, wie auch für die Provinzstaaten (die 3% auf den Wert des geförderten Goldes erhalten, berechnet auf der Grundlage des Weltmarktpreises minus Transport u.a. Kosten, die ab Förderung entstehen) und für den Nationalstaat (der mit 35% am Gewinn beteiligt ist). Auch der Kupferpreis ist stark gestiegen und liegt etwa doppelt so hoch wie vor einigen Jahren. Schliesslich sind die Preise vom Lithium, Molibdän u.a. Metallen, die Argentinien auch zunehmend produziert, besonders stark gestiegen. Diese Marktkonstellation hat zu einem erhöhten Interesse für Bergbauinvestitionen geführt. Die Regierung handelt jedoch, wie wenn der Export nicht ausreichen würde, um den Importbedarf u.a. grenzüberschreitende Zahlungen zu decken, und führt konsequent eine Politik der Importsubstitution durch, deren Wirkung eine geringere Importzunahme ist, als sie normalerweise eintreten würde. Das erhöht die Wirkung der hohen Exporterlöse auf die Handelsbilanz. Bei der bestenden Handelsbilanzlage kann man am Sinn dieser Politik zweifeln. Zahlungsbilanz und Kapitalflucht Der Handelsbilanzüberschuss, der auch dieses und nächstes Jahr u$s 10 Mrd. übersteigen sollte, überträgt sich auf die Zahlungsbilanz. Die Leistungsbilanz weist ein negatives Saldo auf, wegen Frachten, Zinszahlungen, Gewinnüberweisungen, Gebühren für Technologie und Marken und auch Tourismus. Doch auf diesem Gebiet findet in den letzten Jahren ein Ausgleich durch den Einreisetourismus statt, der stark in Schwung gekommen ist und vom Bau einer Unmenge neuer Hotels begleitet wurde. Der Hotelbau dauert weiter an, so dass offfensichtlich mit noch mehr Touristen gerechnet wird. Das Problem der Zahlungsbilanz besteht schliesslich nur in der hohen Kapitalflucht, die gegenwärtig auf leicht über u$s 1 Mrd. pro Monat angegeben wird. Dabei handelt es sich zum Teil um echte Übertragung von Sparguthaben ins Ausland (oder in ausländische Geldscheine), zum Teil um Nichterneuerung von Auslandskrediten durch lokale Unternehmen und zum Teil um Zahlung von Differenzen, die wegen Unterfakturierung beim Import eintreten, aber von der ZB nicht als solche gebucht werden. Die ZB, die AFIP und jetzt auch das Amt für Verhinderung der Geldwäsche (UIF, Unidad de Información Financiera), bemühen sich, die Überweisungen, die eine echte Kapitalflucht darstellen, zu verhindern, sind dabei jedoch nicht besonders erfolgreich. Ein kapitalhungriges Land wie Argentinien sollte eine positive Kapitalbilanz haben, mit mehr Kapitalzufluss (direkte Investitionen und Kredite) als Kapitalflucht. Es sollte nicht so schwierig sein, dies herbeizuführen, umso mehr als in einer stark wachsenden Wirtschaft Sonnabend, 25. Juni 2011 wie die argentinische viele interessante Investitionsmöglichkeiten bestehen und ständig neue auftauchen. Dies hängt besonders mit der Rechtssicherheit zusammen, um die es unter den Kirchners schlecht bestellt ist. Mit einer anderen Regierung (Duhalde oder Alfonsín) könnte dies leicht behoben werden. Cristina Kirchner kann in dieser Beziehung hingegen nicht über ihren Schatten springen. Die bestehenden Finanzierungsmöglichkeiten Die lokalen Unternehmen sollten die Möglichkeit haben, Kredite (in Dollar) zu günstigeren Bedingungen aufnehmen können, als sie den Sparern bei normalen Anlagen im Ausland geboten werden, auch bei Berücksichtigung der Bank- oder Maklermarge. Die international Finanzwelt ist flüssig, umso mehr als die Banken jetzt vorsichtiger bei der Kreditgewährung geworden sind und Sicherheit vor Rentabilität stellen, so dass die Zinsen, die die Banken im Ausland für Depositen zahlen, niedrig sind, und auch die Investmentfonds, die früher viele Anleger anzogen, weil sie eine höhere Rentabilität in Aussicht stellten, jetzt ein gewisses Misstrauen verursachen. In diesem Sinn würde eine Ausweitung der Möglichkeiten der Banken, lokale Kredite in Dollar zu vergeben (z.B. für Finanzierung lokal erzeugter Kapitalgüter oder von Arbeitskapital von Exportbranchen) auch dazu führen, dass die Dollardepositen bei lokalen Banken zunehmen, weil die Banken dann höhere Zinsen zahlen könnten, und diese Mittel in Argentinien eingesetzt werden. Eventuell könnte somit Dollardepositen von Personen, die in Argentinien wohnhaft sind, in den USA und der EU auf solche bei argentinischen Banken übertragen werden. Gewiss wirkt hier noch das tiefe Misstrauen, das auf die Erinnerung an die Umwandlung von Dollardepositen in Pesos zum Kurs von eins zu eins, mit gleichzeitiger Depositeneinfrierung, zurückzuführen ist. Deshalb ist nicht an eine Dollarisierung der Depositen wie die der 90er Jahre zu denken, wohl aber an wesentlich höhere Dollardepositen, als der bescheidene Gesamtbetrag, der jetzt besteht. Immerhin sollte die Gefahr der Wiederholung jenes Wahnsinns bei der gegenwärtigen Zahlungsbilanzlage gebannt sein. Allerdings müsste auch die Möglichkeit gegeben werden, diese Depositen steuerlich zu schützen, sei es über eine Weisswaschung oder sonstwie. Der jüngste Impuls der Bekämpfung der Geldwäsche wirkt hier gegen die Interessen der argentinischen Wirtschaft. Es müsste eine Kompromisslösung gesucht werden; doch gerade das ist bei dieser Regierung nicht zu erwarten. Wenn es schliesslich zu einer Einigung mit dem Pariser Klub kommt, wie sie Wirtschaftsminister Boudou noch für dieses Jahr in Aussicht stellt, dann sollte Argentinien wieder weiche Kredite (auf 5 bis 12 Jahre, zu Zinsen zwischen 5% und 8%) für den Import von Kapitalgütern erhalten. Das wirkt sich dann auf die Kapitalbilanz aus. Auch der Staat kann Kredite dieser Art erhalten, für die Finanzierung von Kraftwerken und allerlei Kapitalgütern. Nach einem Jahrzehnt, während dem diese Kredite unterbrochen waren, kann man annehmen, dass der Nachholbedarf sich auswirkt. Abgesehen von diesen Krediten kann auch daran gedacht werden, schwarze Auslandsguthaben für die Finanzierung von Kapitalgüterimporten einzusetzen. Das gab es schon unter der peronistischen Regierung (1946-55) in Form von sogenanten „Importen ohne Deviseneinsatz“, was ein Euphemismus für die Verwendung schwarzer Auslandsdepositen war. Dabei wurden die finanziellen Mittel, die verwendet wurden, weiss-gewaschen. Es ist von einem pragma- Seite 16 tischen Standpunkt gewiss besser, Maschinen im Land zu haben, als Dollardepositen im Ausland. Argentinien hat auch die Möglichkeit, einen höheren Kreditbetrag von der Weltbank und der Interamerikanischen Entwicklungsbank (BID) zu erhalten. Man muss sich nur in diesem Sinn bemühen, mit vielen guten Projektstudien (für die private Consulting-Firmen verpflichtet werden müssen, da der Staat nicht in der Lage ist, sie durchzuführen), die diesen Banken dann erlauben, die Kreditanträge zu prüfen und kurzfristig zu erledigen. Auch dies würde gleichzeitig zur Zahlungbilanz beitragen. Die argentinische Regierung kann somit ohne Schwierigkeiten ihre Politik fortführen, die Amortisation der staatlichen Auslandsschulden mit ZB-Reserven zu zahlen und sie intern durch eine Verschuldung des Schatzamtes gegenüber der ZB zu ersetzen. In letzter Zeit entsprachen diese Amortisationen der Staatsschuld etwa dem Zahlungsbilanzüberschuss, so dass die Währungsreserven praktisch unverändert blieben. Und das dürfte auch in Zukunft, und auf längere Zeit hinaus, so sein. Die Gefahr der „holländischen Krankheit“ Die effektive Gefahr besteht eher in einem zu hohen Zahlungsbilanzüberschuss, der dann monetär nicht mehr mit Amortisation von staatlichen Dollarschulden und der Ausgaben von ZB-Wechseln ausgeglichen werden kann, da letzteres auch Grenzen hat. Denn dabei werden die Finanzierungsmöglichkeiten der Banken für die Privatwirtschaft eingeschränkt, und das wirkt gelegentlich rezessiv. Das Gespenst der „holländischen Krankheit“ ist in Argentinien stets präsent. Diese besteht in einem strukturellen Zahlungsbilanzüberschuss, der in anderen Ländern durch die Erdölhausse ausgelöst wurde und in Argentinien durch den stark erhöhten Erlös des Exportes von Getreide, Ölsaaten und Bergbauprodukten. Dieser Überschuss drückt auf den Wechselkurs und schafft Probleme für den Export im Allgemeinen und besonders für die Industrie, die dabei auch ihre Konkurrenzfähigkeit gegenüber importierten Produkten einbüsst. Das versucht die Regierung durch verschiedene Importhemmungen und Bindung bestimmter Importe an Exporte zu verhindern. Dies führt jedoch zu einem noch höheren Handelsbilanzüberschuss und einem grösseren Druck auf den Wechselkurs, verschärft also schliesslich die holländische Krankheit. Sollte trotz allem doch ein Zahlungsbilanzdefizit eintreten, so verbleibt schliesslich immer noch die Möglichkeit stärker abzuwerten und auf diese Weise den Import zu beschränken und den Export (und den Einreisetourismus) zu fördern. Wirtschaftsminister Boudou hat erklärt, dass weiter und auf längere Zeit nur wenig abgewertet werden soll. Die Wirtschaftswelt denkt offensichtlich auch so, was im anormal niedrigen Dollarterminkurs zum Ausdruck kommt, der eine jährliche Abwertung von etwa 11% vorwegnimmt, etwa halb so viel wie die interne Inflation. Dies widerspricht offen den Voraussagen über die Notwendigkweit des Zuganges des Staates zur Finanzierung über den freien Kapitalmarkt.