Stromausfall mit politischer Brisanz Menem
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Stromausfall mit politischer Brisanz Menem
Sonnabend, 30. Nobember 2002 112. Jahrgang Nr. 31.383 Stromausfall mit politischer Brisanz 13 Millionen Menschen bei 36 Grad ohne Klimaanlage und Ventilator Am Sonntagnachmittag kam das Unheil. Durch die Explosion einer Unterverteilstation in Ezeiza wurde in fast der Hälfte der argentinischen Haushalte die Stromlieferung unterbrochen. Als Folge davon fiel in zahlreichen Stadtteilen von Buenos Aires auch die Wasserversorgung buchstäblich ins Wasser. Rund dreizehn Millionen Menschen in weiten Teilen des Landes wie etwa Bahía Blanca, Mar del Plata, Córdoba, La Pampa, Santa Fe und besonders in Buenos Aires und Groß-Buenos Aires mussten bei einer thermischen Sensation von 36 Grad vier Stunden lang leiden. Entsprechend stellten Klimaanlagen, Ventilatoren und Kühlschränke ihren Betrieb ein. Zudem konnten viele Menschen nicht das vorentscheidende Spiel um die FußballMeisterschaft zwischen den Clubs Independiente und Boca Juniors sehen. In der Hauptstadt fiel für 80 Prozent der Bürger der Strom aus. Die Stromverteiler bezeichnete den Ausfall als den „zweiten großen“ seit der Konzessionierung. Bei dem schwerwiegendsten Stromausfall im Februar 1999 wurden zwar nur einige hunderttausend Bewohner der Hauptstadt betroffen. Doch dauerte es damals elf Tage bis zur Behebung des Schadens. Diesmal war es eine Frage von Stunden, betraf aber 13 Millionen Menschen. Allein im Großraum Buenos Aires waren rund 3,7 Millionen Klienten von Edenor und Edesur betroffen. In La Plata und Umgebung fiel für 275.000 Klienten von Edelap der Strom aus. Schuld war laut Stromversorger eine Sicherung, die gerade einmal 5.000 Dollar kostet. Der Stromausfall hatte jedoch auch politische Folgen. Fast unmittelbar nach Ausfall von Klimaanlagen, Ventilatoren und Aufzügen begann in der Hauptstadt die Gerüchteküche auf Hochtouren zu laufen. Wie Umfragen ergaben, glaubten 52 Prozent der Befragten, der Stromausfall sei ein Druckmittel der Unternehmer, um die von ihnen geforderten Tarifsteigerungen durch-zusetzen. Ausgangspunkt dieses Verdachtes waren die Erklärungen der Unternehmen selbst, die seit Monaten versichert hatten, ohne Tariferhöhungen werde es Stromabschaltungen geben. Am Montag verlautete dazu von Unternehmerseite, in dem Maße, in dem derartiges im Zusammenhang mit Wartungs- und Erhaltungsproblemen passiert, sei es wahrscheinlich, dass in den näch- sten Monaten Engpässe in der Stromversorgung auftreten. Tatsächlich haben die Unternehmer immer wieder darauf hingewiesen, dass seit der Pesoabwertung nur die Mindestkosten gedeckt werden könnten, jedoch kaum die Erhaltungsarbeiten und Investitionen. „Die Leute glauben, dass der Stromausfall ein Druckmittel war, damit Präsident Eduardo Duhalde das Dekret über die Erhöhungen unterschreibt“, sagte am Montag ein ranghoher Funktionär in der Casa Rosada. „Wir glauben das nicht, aber unter diesen Voraussetzungen kann das Dekret nicht unterzeichnet werden, da dies den Eindruck erweckt, wir hätten einem solchen Druck stattgegeben“. Kabinettschef Alfredo Atanasof versicherte zudem, es sei „kein Tarifdekret unterwegs“. Menem-Provokateure unter der Lupe CCC-Chef D’Elía warnt vor Ausschreitungen am 20. Dezember / Regierung besorgt Zum Jahrestag des Rücktritts von Ex-Präsident Fer-nando de la Rúa drohen Argentinien erneute Ausschreitungen. Wie der Bezirkschef der Wahltermin gebilligt Buenos Aires (dpa/AT) - Das argentische Parlament hat die Verschiebung der Präsidentenwahl auf den 27. April 2003 endgültig gebilligt. Der Kongress verabschiedete in der Nacht auf Freitag in Buenos Aires ein entsprechendes Gesetz. Die Regierung von Präsident Eduardo Duhalde hatte den Wahltermin nach einem Abkommen mit der Mehrheit der Provinzgouverneure und der Fraktionschefs im Parlament um 28 Tage verschoben. Zunächst war der 30. März als Wahltermin vorgesehen gewesen. Eine eventuell nötige Stichwahl soll dem Abkommen zufolge am 18. Mai stattfinden. Die Übergabe der Präsidentschaft durch Duhalde ist weiterhin für den Feiertag am 25. Mai geplant. Duhalde war nach den Unruhen vom vergangenen Dezember und dem Rücktritt von Präsident Fernando de la Rúa zum Interims-Staatschef ernannt worden. Er sollte das Land nach einer Entscheidung des Parlaments eigentlich bis Dezember 2003 regieren, wenn die Amtszeit von de la Rúa ausgelaufen wäre. Um die Wahlen vorziehen zu können, billigte der Senat am Freitag eigens ein entsprechendes Gesetz. Demnach wird der neu gewählte Präsident die Monate bis Dezember als Interims-Staatschef regieren müssen, erst dann beginnt die offizielle Amtszeit. Duhalde hatte sich für möglichst baldige Wahlen eingesetzt, um die schwere Finanzkrise zu entschärfen. Der Internationale Währungsfods (IWF) hatte auf eine zügige Umsetzung des vor zwei Wochen mit den Provinzgouverneuren unterzeichneten Abkommens gedrängt. Duhalde Rücktrittsantrag für den 25. Mai wurde vom Parlament mit 176 Stimmen gebilligt, darunter auch den Gefolgsleuten von ExPräsident Carlos Menem. Um an diesem Wochenende pünktlich in die Sommerpause gehen zu können, verabschiedete der Senat parallel zum Wahlchronogramm binnen 90 Minuten weitere 600 Gesetze. Klassenkämpferischen Strömung (CCC) für die Vorstadt La Matanza, Luis D’Elía, am Freitag erklärte, hätten Demonstranten in dem Bezirk bereits mehrfach Plünderungen für den 20. Dezember angekündigt. Dabei soll es sich um gewaltbereite Anhänger des ehemaligen Präsidenten Carlos Menem handeln. D’Elía kündigte eine Anzeige gegen die Provokateure an. Die Regierung von Übergangspräsident Eduardo Duhalde zeigte sich besorgt über die Hinweise.De la Rúa war im vergangenen Dezember vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise inmitten eines Chaos aus Plünderungen, Demonstrationen und Polizeirepression zurückgetreten. Landesweit starben damals mindestens 27 Menschen. Am Vortag des 20. Dezember 2001 sollen peronistische Strömungen Demonstranten mit dem Auftrag auf die Straße geschickt haben, Geschäfte entlang der Avenida Corrientes in Buenos Aires zu plündern. Auch in anderen Landesteilen waren zahlreiche Supermärkte gestürmt worden. „Verbrecherische Elemente bedrohen die Händler“, sagte D’Elía am Freitag gegenüber der Presse. Geschäftsleute im Zentrum von La Matanza seien von den „Provokateuren“ aufgefordert worden, zu kollaborieren und im Vorfeld des 20. Dezember freiwillig Waren abzuliefern. Bei Weigerung hätten die Menem-Anhänger Plünderungen für den Jahrestag des de la Rúa-Rücktritts angedroht. Zugleich beschuldigte der CCC-Chef ExPräsident Menem, angesichts eines „Klimas der Instabilität und schlechten Laune“ Arbeitslose im Großraum Buenos Aires für seine Zwecke zu missbrauchen. In Regierungskreisen zeigte man sich besorgt über die zunehmenden Hinweise auf bevorstehende Plünderungen. „Wir werden die Augen davor nicht verschließen“, sagte Kabinettschef Alfredo Atanasof am Freitag. Sicherheitskräfte gingen den Informationen bereits nach. Zugleich warnte Atanasof Demonstranten und Autonome jeglicher Couleur davor, „den sozialen Frieden auf’s Spiel zu setzen“. Seit langem hat die CCC sowie weitere Straßenblockierer-Verbände eine Demonstration vor der Casa Rosada angekündigt. Atanasof erinnerte zugleich daran, dass vor einem Jahr „nicht nur Geschäfte geplündert wurden, sondern auch Menschen zu Tode kamen“. Sonnabend, 30. Nobember 2002 2 ARGENTINISCHES TAGEBLATT Vorkandidaten wählen Transparenz Carrió, Terragno, de la Sota legen Vermögen offen Wie immer in Vorwahlzeiten steht auch diesmal die Tranzparenz hinsichtlich des Vermögens der Politiker zur Debatte. Im vorliegenden Fall sind es Einkommen und Ausgaben der Vorkandidaten für die Präsidentschaft. Acht von 15 Kandidaten akzeptierten bereits die Veröffentlichung ihrer beeideten Vermögenserklärungen. An der Spitze stehen jene mit den zahlenmäßig stärksten Wahlpräferenzen. Die Vorkandidaten übermitteln bei dem Prozedere ihre Vermögenserklärungen an die regierungsunabhängige Organisation „Poder Ciudadano“ (Bürgerkraft), wo jeder Bürger Einsicht in die Unterlagen nehmen kann. Die Vermögenserklärungen ermöglichen einen Vergleich mit später abgegebenen. „Poder Ciudadano“ obliegt die Kontrolle der Stichhaltigkeit der jeweiligen Angaben. Ein eventueller ungerechtfertigter Vermögenszuwachs ist so unschwer festzustellen. Die Informationen sind im Internet unter „www.poderciudadano.org“ einzusehen, enthalten einen Lebenslauf der Kandidaten und informieren darüber, ob etwa gegen die Bewerber Justizverfahren anhängig sind. Beispielhaft sich dort auch die Vermögenserklärungen der drei Präsidentschaftsvorkandidaten mit den meisten Wahlpräferenzen, Elisa Carrió, Rodolfo Terragno und José Manuel de la Sota einzusehen. Carrió, in Resistencia im Chaco geboren, schloss ihre Anwaltskanzlei, eine der Grössten der Provinz, 1996, und lebt seitdem von ihren Einkünften als Abgeordnete, die brutto 7.608 Pesos ausmachen. Dazu bezieht Carrió 1.500 Pesos Alimente von ihrem geschiedenen Mann. Sie besitzt eine Wohnung (70.000 Pesos), ein Grundstück in Corrientes (5.000 Pesos) sowie eine Friedhofsparzelle im Chaco (4.000 Pesos), zudem zahlreiche Kunstgegenstände. Terragno, 1943 in Buenos Aires geboren, war Präsident einer Chemiefirma und hatte ebenfalls ein Anwaltsbüro. Er war Herausgeber einer Zeitschrift und begann seine politische Karriere als Minister für öffentliche Bauten in der Regierung Alfonsín und war danach Abgeordneter und Kabinettschef in der Regierung Fernando de la Rúas. Heute ist Terragno Senator. Sein Gehalt geht an gemeinnützige Organisationen. Er besitzt ein Haus (270.000 Pesos), ein Büro in der Innenstadt (30.000 Pesos), eine Wohnung (86.000 Pesos) und eine weitere (90.000 Pesos), Land in Chubut (87.500 Pesos), zwei Autos (16.000 Pesos) und Aktien (290.000 Pesos) - alles Familien- eigentum. Terragno hat weitere Einkünfte aus Dozenten- und Profes-sorentätigkeiten. De la Sota, 1949 in Córdoba geboren, ist ebenfalls Jurist, war als Firmenberater tätig und betrieb danach ein Anwaltsbüro. Er besitzt ein Haus in Villa Carlos Paz, einen 50-Prozentanteil an einer Wohnung in San Juan und ein Landhaus mit 15,4 Hektar Grund. Zusammen mit seiner Frau Olga Riutort hat der Gouverneur von Córdoba zwei Fahrzeuge, ein Segelboot sowie Kunstgegenstände im Wert von 148.366 Pesos. De la Sota verfügt außerdem über ein Bankkonto mit 150.000 Pesos. Sein Einkommen beziffert er mit 7.005 Pesos Gehalt als Gouverneur, dass er aber derzeit wegen der Freistellung für die Wahlkampagne nicht beziehe. Aus dem Verkauf von Aktien kommen weitere 103.730 Pesos hinzu. UCR-Zersplitterung Das Regierungsdebakel der Allianz der UCR und des Frepaso vor Jahresfrist bewirkte verheerende Konsequenzen für die Mehrheits-partei der damaligen Koalition. Die Allianz zerfiel nach der Demission des radikalen Präsidenten Fernando de la Rúa am 20. Dezember 2001, indem die Parteienkoalition, die auf das Kürzel Frepaso hörte, auseinanderging und ihre Allianz mit der UCR verschwand. Geblieben sind einige Provinzgouverneure der UCR, der Regierungschef der Stadt Buenos Aires des Frepaso und zahlreiche Bürgermeister sowie Parlamentarier beider Parteien. Die Radikale Bürgerunion UCR („Unión Cívica Radical“), gegründet 1891, ist die älteste landesweite Volkspartei Argentiniens. Sie zerfällt derweil in Einzelteile als Folge des Austritts namhafter Parteipolitiker. Ricardo López Murphy, Parteiradikaler und nacheinander Verteidigungs- sowie Wirtschaftsminister de la Rúas, trat aus der UCR aus und bildete eine eigene Partei in Allianz mit mehreren Provinz- und regionalen Parteien. Ihm werden sicherlich zahllose Parteiradikale mit der Stimme folgen, die nicht mit der Parteiführung einig gehen, seit sie von Expräsident Raúl Alfonsín direkt oder wie jetzt indirekt geleitet wird. Die Parteiradikale Elisa „Lilita“ Carrió, Nationaldeputierte aus Chaco, gründete ebenfalls eine neue Partei, die auf das Kürzel ARI (neuerdings als Partei PARI) hört und Allianzen mit Sozialisten, Exjustizialisten und anderen Abtrünnigen des Frepaso eingegangen ist, um sich als das Gegenstück zu den Landespolitikern für die kommenden Wahlen vorzustellen. Inzwischen hat sie sich mit den Sozialisten verfeindet, so dass ihre Allianz bereits brüchig geworden ist. Sie zieht auf jeden Fall viele Stimmen der Parteiradikalen an sich, die im linken Lager beheimatet sind. Der mehrmalige Bürgermeister von San Isidro, Melchor Posse, mit de la Rúa vorübergehend Verwalter der Sozialstelle Anses, hat sich mit dem justizialistischen Anwärter auf die Präsidentschaftskandidatur Adolfo Rodríguez Saá als Formelpartner bereit gestellt. Posse kehrte 1958 mit Frondizi der Partei den Rücken und kam nachher zum UCR-Stamm heim. Ihm folgen sicherlich ebenfalls zahlreiche Parteistimmen, die möglicherweise Mühe haben werden, ihre Dezennien alte Gegnerschaft zum Peronismus zu überwinden. Auch Horacio Massaccessi, Exgouverneur von Río Negro und 1995 gescheiterter Präsidentschaftskandidat, hat mit Rodríguez Saá angebandelt. Mehrere andere weniger prominente Radikale suchen unterdessen ihr politisches Heil ebenfalls ausserhalb der Partei. Die UCR beharrt unterdessen auf ihrer Tradition und bereitet sich aufdie kommenden Wahlen vor. Traditionell wurden die Spitzenkandidaten durch den Parteivorstand („Comité nacional“) und den Parteitag („Convención nacional“) ernannt. Jetzt bereitet sich die Partei auf offene Internwahlen vor, die am 15. Dezember die Präsidentschaftsformel aufstellen sollen. Für diese Wahlen haben sich bereits drei Formeln vorgestellt. Rodolfo Terragno, seines Zeichens politischer Journalist, Bautenminister unter Alfonsín und Kabinettschef unter de la Rúa, zieht mit dem Bürgermeister von Bahía Blanca, Jaime Linares, in den Wahlkampf. Terragno entstammt der damaligen Abzweigung der UCR unter Präsident Frondizi (1958-1962), dessen entwicklungsfreudige Ideen er vertritt. In der Partei selber geniesst Terragno geringe Unterstützung, darf aber mit Anklang bei Wechselwählern rechnen, die ihm seine konsequente Kritik der Konvertibilität Cavallos honorieren. Linares ist als Bürgermeister angesehen, weil er die Hafenstadt Bahía Blanca ordentlich verwaltet. Gegen Terragno tritt Senator Leopoldo Moreau aus San Isidro, Provinz Buenos Aires, mit Senator Mario Losada aus Misiones an. Moreau ist gestandener Berufspolitiker, der seine Laufbahn als Journalist begann und seit 1983 im Kongress als Deputierter und gegenwärtig als Senator für die Minderheit in seiner Heimatprovinz absolviert hat. Er ist treuer Anhänger des Expräsidenten Alfonsín, der sich bereits öffentlich für ihn eingesetzt hat. Bei Wechselwählern dürfte Moreau kaum gut ankommen. Losada hat ebenfalls eine Laufbahn als Berufspolitiker im Kongress hinter sich gelegt und war auch vorübergehend Vorsitzender des Parteivorstands, als Alfonsín laut Statuten nicht kandidieren durfte. Als Dritter im Kandidatenbund stellt sich Osvaldo Alvarez Guerrero aus Río Negro mit Gustavo Callejas aus der Bundeshauptstadt vor. Alvarez Guerrero war Gouverneur seiner Heimatprovinz ohne nationale Resonanz. Callejas war Unterstaatssekretär für Brennstoffe mit Alfonsín. Beide stehen für staatsinterventionistische Postulate ein. Bei zersplitterter Allianz UCR-Frepaso und mehreren Kandidaten anderer Parteien für die kommenden Wahlen hat die UCR-Formel keine Chance, die Wahlen zu gewinnen. Laut bisherigen Umfragen geniessen die Kandidaten je weniger als ein Prozent der Stimmen. Die Partei darf nach dem letzten Regierungsdebakel nur hoffen, eine Überlebensstrategie einzuschlagen, bis bessere politische Zeiten kommen mögen. Schon 1995 bei Menems Wiederwahl schwanden die Stimmen für die UCR-Kandidaten auf Platz drei nach Menem und Bordón. Regierungsdebakel stellen ein deutlich schlechtes Omen für die Kandidaten der Partei dar, die die politische Verantwortung am Debakel trägt. 3 ARGENTINISCHES TAGEBLATT Sonnabend, 30. Nobember 2002 WOCHENÜBERSICHT Besuch Lulas Der gewählte brasilianische Preäsident Luiz Inácio Lula da Silva wird am Montag zu einem Kurzbesuch in Buenos Aires erwartet. Der brasilianische Gast will sich mit Präsident Eduardo Duhalde zu einer Aussprache in Olivos treffen. Außenminister Carlos Ruckauf kündete den Besuch auf einer Pressekonferenz in der Casa Rosada an und lobte Lulas Ankündigungen, den Mercosur neu beleben zu wollen: „Die Türen der Welt könnten sich für den Mercosur Dank der Priorität, die der gewählte brasilianische Präsident der Zollunion des Südens beimisst, öffnen.“ Bürgerpessimismus Im Gegesatz zu dem von Präsident Eduardo Duhalde zur Schau getragenen Optimismus, wonach die Rezession praktisch zu Ende ist, glaubt die Mehrheit der Bürger nicht an den Beginn einer Neubelebung der argentinischen Wirtschaft. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes CEOP hat jetzt ergeben, dass 72 Prozent der Befragten nicht an ein Anspringen der Wirtschaft glaubt. Am skeptischsten sind Frauen zwischen 35 und 49 Jahren, insbesondere die der unteren Schichten. Marín-Kritik Der Gouverneur der Provinz La Pampa, Rubén Marín, hat die Regierung von Präsident Eduardo Duhalde aufgefordert, sich „dem Regieren zu widmen“. Sie solle sich nicht mit dem „Festsetzen von Fristen und anderen Dingen, die nicht Sache der Regierung sind“ aufhalten. In Erklärungen gegenüber dem Radiosender FM Aspen sprach sich der Gefolgsmann von Carlos Menem auch gegen eine Änderung des Datums 19. Januar für die Indernwahlen aus. Kirchner-Versprechen Der Gouverneur der Provinz Santa Cruz, Néstor Kirchner, hat am Dienstag versichert, Santa Cruz werde Rentnern und Provinzangestellten noch vor Jahresende ihre Dezembergehälter und den Aguinaldo (halbes 13. Gehalt) bezahlen. Die Zahlung werde zudem eine „Prämie in Anerkennung der im Jahre 2002 von den Bürgern geleisteten Anstrengungen“ enthalten. Bullrich-Murphy Die Präsidentschaftskandidatin für die „Unión por Todos!“ (Vereinigung für Alle), Patricia Bullrich, hat sich von Ricardo López Randglossen Ein überraschender Rücktritt des mit nahezu 70 Prozent der Stimmen gewählten Gouverneurs Carlos Díaz von Santiago del Estero nach nur 23tägiger Amtszeit enthüllte einen Machtkampf im regierenden Justizialismus, wie er selten vorkommt. Seit einem halben Jahrhundert dominiert der fünfmalige Gouverneur und mehrmalige Senator Carlos Juárez die politische Szene seiner Heimatprovinz, die er im Amt sorgfältig verwaltet hat, ohne Falschgeld wie die meisten seiner Kollegen auszugeben. Seine Gattin Mercedes „Nina“ Aragonés beherrscht die peronistischen Frauenbewegung und wurde als Vizegouverneurin gewählt, leistete aber angeblich aus Gesundheitsgründen keinen Amtseid, so dass der Parlamentspräsident Darío Moreno die Nachfolge von Díaz antrat und möglicherweise Neuwahlen einberuft. Offenbar hat sich Díaz nicht zum politischen Wohlgefallen von Juárez verhalten, der Präsident Duhalde unterstützt, wogegen Díaz Sympathien für dessen Widersacher Menem nachgesagt werden und die Konsequenzen ziehen musste. Nach geschlagenen vierzig Tagen haben die Studentenaktivisten der Fakultät für Sozialwissenschaften den Sitzungssaal im Rektorat der Universität von Buenos Aires geräumt. Über siebzig Prozent der befragten Studenten empfahlen die Räumung, nachdem die Öffentlichkeit durch das Schauspiel im Rektorat schockiert wurde. Die Aktivisten wurden beim Ping-Pong-Spiel auf dem Sitzungstisch des Universitätsrats photographiert und ein anderes Mal griffen sie den Rektor Jaim Etcheverry tätlich an, als er durch eine Seitentür entfloh. Nach der Räumung muss der Universitätsrat entscheiden, ob er die gewalttätigen Aktivisten laut Reglement bestraft oder weiter zusieht, als ob nichts passiert wäre, damit demnächst neue Gewalttätigkeiten ausbrechen. Die Besetzung des Sitzungssaales erreichte ihr Ziel nicht, ein neues Fakultätsgebäude mit Staatsgeldern einzurichten. Murphy differenziert. Auf einer Wahlkampfreise in Tierra del Fuego versicherte Bullrich, sie sei „nicht von der Rechten, sondern im Begriff, eine Volkspartei aufzubauen“. López Murphy forderte unterdessen für die Präsidentschaftswahlen im April 2003 ein elektronisches Stimmabgabesystem. Dieses sei „vertrauenswürdiger“ als die bisherigen Wahlzettel. Politische Leibwächter Der Peronist Jorge Obeid hat am Montag erklärt, „unumgängliche Verpflichtung aller Bürger von Santa Fe“ sei es, Gouverneur Carlos Reutemann zu schützen. Obeid hob in diesem Zusammenhang hervor, Reutemann sei „die große Reserve des Peronismus und der zukünftige Präsidentschaftskandidat der Nation“. storben. Damit erhöhte sich die Zahl der unlängst verhungerten Kinder auf 13. Zudem wurde bekannt, dass rund 30 Prozent der Kindesmütter in Tucumámn zwischen 12 und 18 Jahre alt und selbst unterernährt ist. Miranda im Fadenkreuz Der Gouverneur der Provinz Tucumán, Julio Miranda, soll über seinen Rücktritt nachdenken. Wie lokale Medien berichteten, hatte zuvor der Untersuchungsrichter Víctor Pérez bei der Provinzlegislative die Amtsenthebung mittels eines politischen Prozesses beantragt. Der Antrag des Richters erfolgt vor dem Hintergrund der politischen Schwäche Mirandas. Pérez untersucht derzeit Bestechungsgeldzahlungen an 27 Provinzparlamentarier. Notstand in Tucumán Die am Montag im Zusammenhang mit der Operation „Rescate“ (Rettung) in der Provinzhauptstadt Tucumán eingetroffenen Beamten der Nationalregierung sehen sich einer hochbrisanten sozialen Situation gegenüber. Insgesamt 434.000 Menschen der 1,34 Millionen Bürger der Provinz leben unter der Armutsgrenze. Neuesten Daten zufolge sind rund 12.000 Kinder zum Teil hochgradig unterernährt. Erneut Hungertod Während sich „First Lady“ Hilda „Chiche“ González de Duhalde in der Provinz Tucumán über Nahrungsmittelprogramme der Regierung informierte, sind am Mittwoch und Donnerstag erneut zwei Babys an Unterernährung ge- Schulgesetz Der Senat hat am Donnerstag einstimmig einer Gesetzesvorlage zugestimmt, die pro Schuljahr ein Minimum von 180 Schultagen vorsieht. Politisches Asyl Der von Uruguay an Argentinien ausgelieferte Jesús María Lariz Iriondo, der unter dem dringenden Verdacht steht, ein durch Interpol gesuchter ETA-Terrorist zu sein, hat in Buenos Aires um politisches Asyl gebeten. Bei seiner ersten Einvernahme durch Bundesrichterin María Servini de Cubría erklärte Lariz Iriondo, er sei en „politisch Verfolgter“ und er wolle nicht an Spanien ausgeliefert werden. Polit-Posse in Santiago del Estero Der Rücktritt des ehemaligen Schützlings des Altcaudillos Carlos Juárez in Santiago del Estero, Gouverneur Carlos Díaz, ist am Dienstag mit überwältigender Mehrheit von der Provinzlegislative angenommen worden - trotz der Einwände des Radikalismus. Zudem wurde in einer Blitzentscheidung ohne Debatte die gewählte Vizegouverneurin ermächtigt, ihren Amtsantritt aus Gesundheitsgründen um weitere 30 Tage zu verschieben. Die 35 Abgeordneten der Provinzlegislative mit 50 Mitgliedern folgten damit den Wünschen von Juárez und dessen Gattin Mercedes „Nina“ Aragonés. Die Sitzung war gekennzeichnet durch lautstarke Auseinandersetzungen. Die Radikalen forderten Aufklärung, auf welche „Demütigungen“ sich Díaz in seinem Rücktrittsgesuch bezogen habe. Der UCR-Fraktionschef Eduardo Abadovich forderte zudem Informationen über die „Ränke“ hinter den Kulissen und erinnerte daran, dass Díaz vor 23 Tagen bei seiner Amtsübernahme von den Peronisten noch „in den Himmel gelobt“ worden sei. Außerdem forderte Abadovich, über eine vermeintliche Krankheit der gewählten Vizegouverneurin aufgeklärt zu werden. Sonnabend, 30. Nobember 2002 4 ARGENTINISCHES TAGEBLATT AUSFLÜGE UND REISEN AUTO UND MOTOR Neuer Nationalpark Monte León Nostalgierennen Recoleta - Tigre Vor kurzem wurde an der südatlantischen Küste, Provinz Santa Cruz, ein neuer Nationalpark geschaffen. Monte León, früher eine private Estancia, trägt diesen Namen, weil ein flacher Berg, aus einem gewissen Blickwinkel betrachtet, wie ein ruhender Puma (hier zu Lande „león“) aussieht. Diese ehemalige Schaffarm liegt etwa 200 Kilometer nördlich von Río Gallegos und 45 Kilometer südlich von Comandante Luis Piedrabuena. Hier soll eine sehr artenreiche Fauna und Flora, einzigartig in ihrer Zusammensetzung, beschützt werden. Die Organisation, die sich darum besondere Verdienste erworben hat, ist die Vida Silvestre Argentina-Stiftung (FVSA). Sie hat das 62.000 Hektar grosse Areal mit einem 40 Kilometer langen Küstenstreifen bisher treuhänderisch verwaltet und nun der Administración de Parques Nacionales (APN) übereignet. Viel ausführlicher und eindringlicher, als es hier in wenigen Zeilen getan werden könnte, wird das Naturschutzreservat in der jüngsten Ausgabe (Nummer 82) der Zeitschrift Vida Silvestre in Wort und Bild beschrieben. Deshalb ist es für Interessenten angebracht, nicht nur diese Publikation zu erwerben, sondern den Verein zu unterstützen, indem man Mitglied wird. Die neueste Nummer, farbig illustriert und fachmännisch redigiert, enthält neben Details über Monte León auch Beiträge über die Seelöwen im Hafen von Mar del Plata, der Schwertwal (Orca) des in Auflösung befindlichen Aquaparks von Mar del Plata, Erinnerungen an archäologische Ausgrabungen in der Cueva de las Manos von Carlos Gradin und einen Überblick der argentinischen Wasservögel. Die Büros von Vida Silvestre befinden sich in der Defensa 251, 6. Stock, Fernruf 4331-3631. Info im Internet www.parquesnacionales.gov.ar. Der Mann im Overall muss mehrmals kurbeln, bis der kalte Motor endlich kommt. Die vier Zylinder, jeder von rund einem Liter Hubraum, beginnen zu blubbern. Es ist Sonntagvormittag, der 27. Oktober, in der Avenida Quintana zwischen Callao und Junín, und in weDer AT-Motorredakteur als Beifahrer nigen Minuten auf dem 1912er Mercedes. beginnt das sechste Schnauferlrennen Recoleta - Tigre. An derselben Stelle wurde fast ein Jahrhundert zuvor, am 6. Dezember 1906, das erste Strassenrennen Südamerikas gestartet, auf Erdstrassen entlang der heutigen Avenida del Libertador und den Camino del Bajo bis zum damals noch existierenden Tigre Hotel. Gewonnen wurde seinerzeit das Rennen von Miguel A. Marín auf De Dietrich gefolgt von Daniel Mackinlay auf Spyker. Wer von den beiden wirklich Erster wurde, darüber wird noch immer diskutiert, denn die Zeitnahme funktioniert damals noch nicht so perfekt wie heutzutage. Der silberne Siegespokal wurde jedenfalls Marín zugesprochen, der vermutlich schon deshalb der Schnellste gewesen sein dürfte, weil er laut einer Zeitungschronik auf der Hin- und der Rückfahrt fünf Hunde ins Jenseits beförderte. Knapp 40 Autoveteranen sind angetreten, die Besatzungen in zeitgenössischen Aufzügen, um die historische, rund 28 Kilometer lange Strekke, heute fast durchgehend auf Asphalt, kurz aber auch (in San Isidro) über Kopfsteinpflaster, wieder abzufahren. Im Vergaser unseres Mercedes Modell 1912 mit Kettenantrieb, von seinem Besitzer Alberto Lichtenstein gefahren, scheint sich ein Wassertröpfchen eingenistet zu haben, denn im Leerlauf stottert der Motor. Also müssen wir schnell fahren, 70, 80, vielleicht sogar 90. Fast als letzte startend, kommen wir in Tigre als Dritte an. Da der Beifahrersitz sehr schmal ist und auch keinerlei Haltegriffe vorhanden sind, muss der Motorredakteur sich an den schmalen Wulst der Sitzlehne klammern. Und damit der Fahrtwind (kein Verdeck, keine Windschutzscheibe) mir die Schirmmütze nicht wegweht, muss ich sie ganz verwegen verkehrt aufsetzen. Da Sonntagvormittag, erlaubt sich Alberto, an einigen Ampeln ohne Halt durchzufahren. Die Strassen säumen begeisterte MenFußball schen und winken den Schnauferln Copa Sudamericana und ihren Besatzungen zu. Nach Finale, Hinspiel knapp 35 Minuten (inklusive zwei Atlético Nacional (Kol) - San LoStempelkontrollen) sind wir am renzo 0:4. Rückspiel am 11.12. Ziel - zweifellos schneller, als Torneo Apertura wenn man wochentags mit einem 18. Spieltag: Independiente normalen, modernen Auto auf dieBoca Juniors 1:1, River Plate - Olser Strecke von Recoleta nach Tigimpo BB 2:1, Chacarita - Racing re fahren würde. Neueröffnung Correntoso Praktisch das älteste Hotel in der viel gerühmten „argentinischen Schweiz“, ist das Correntoso am Nordufer des Nahuel Huapi. Es wurde schon 1910 gebaut, um die Nachfrage der aus aller Welt herbeiströmenden Sportangler zu befriedigen, die im Correntoso - mit 800 Meter der kürzeste Flusslauf Argentiniens - Forellen und Lachse fischten. Nunmehr generalrenoviert, werden die ersten l5, neu eingerichteten Zimmer nebst sechs Suiten im Dezember dem Betrieb übergeben, Sonderangebote winken. Auskunft: www.correntoso.com sowie E-Mail [email protected]. Luftfahrtneuigkeiten TAM Mercosur wird in den Sommermonaten Mar del Plata mit Asunción del Paraguay, Santa Cruz de la Sierra, Cochabamba und Sao Paulo non stop verbinden. United Airlines bietet Direktflüge von Ezeiza nach Washington. Die internationalen Flughafengebühren sollen für argentinische Fluggäste um 30 Prozent (in Dollarwerten) gesenkt werden. Marlú Espíndola tot Buenos Aires (AT) - Der argentinische Boxer Daniel Espíndola ist tot. Der 25-Jährige starb am Sonntag auf der Intensivstation eines Krankenhauses in der Provinzhauptstadt Catamarca, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Espíndola war am vorvergangenen Freitag im Anschluss an einen Kampf in Catamarca gegen Fabio Oliva noch im Ring bewusstlos zusammen gebrochen und später ins Koma gefallen. Der Boxer aus Missiones hatte in dem 10-RundenKampf schwere Kopftreffer einstecken müssen, die ein Blutgerinsel im Gehirn verursachten. Seit Beginn der Aufzeichnungen vor 110 Jahren verzeichnet der argentinische Boxsport damit 18 Todesopfer, das zweite in diesem Jahr. Im Juli war der aus Salta stammende Boxer Hugo Guzmán nach harten Kopftreffern seines Gegners César Romero gestorben. Der erste Boxer, der in einem argentinischen Ring sein Leben ließ, war 1924 Luis Taki. Dem Sohn japanischer Einwanderer wurden bei dem Kampf in Gualeguaychú (Entre Ríos) die Wucht der Schläge Francisco Giuppones zum Verhängnis. TABELLEN Club 0:3, Talleres - San Lorenzo 1:1, Huracán - Gimnasia LP 0:0, Estudiantes - Vélez 1:2, Rosario Central - Banfield 1:0, Nueva Chicago - Unión 2:2, Colón Newell’s 3:1, Arsenal - Lanús 2:2. Tabellenspitze: 1. Indepeandiente 40 Punkte, 2. Boca 37, 3. River 33. KAUFEN VERSCH. COMPRAS VARIAS IVES Compra adornos, cristalería, porcelanas, antigüedades, muebles, objetos varios, 4791-4287. Sonnabend, 30. Nobember 2002 5 ARGENTINISCHES TAGEBLATT Argentiniens sieben Weltwunder Natur- und Kulturdenkmäler auf der Unesco-Liste des Welterbes Von Lucía Alfonso Ein Reiseland mit vielen Reichtümern, verschiedenen Kulturen und unzähligen Naturschätzen. Unterschiedliche wunderbare Landschaften breiten sich auf dem argentinischen Staatsgebiet aus. Zauber, Geheimnisse, Geschichte und Schönheit verstecken sich in jeder Ecke Argentiniens. Sieben der schönsten Natur- und Kulturdenkmäler sind auf der Unesco-Liste des Welterbes. Die UNESCO (Organisation der Vereinten Nationen für Bildung und Erziehung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation) hat sich dem Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt verschrieben. „Kulturerbe“ sind Monumente, Gebäude und Orte, die historischen, ästhetischen, archäologischen, wissenschaftlichen, ethnologischen und anthropologischen Wert haben. Unter „Naturerbe“ fallen physikalische, biologische und ausserordentliche Formationen; Habitats von Flora und Fauna, die vom Aussterben bedroht sind, und alle Gebiete, die ästhetischen, wissenschaftlichen Wert haben. (http://whc.unesco.org/nwhc/pages, www.turismo.gov.ar) Tierparadies Península Valdés Die Península de Valdés liegt im Osten von Chubut (Patagonien) nur 17 km, von Puerto Madryn (Flughafen) entfernt, an der Atlantik-Küste und ist mit dem Festland durch den Isthmus von Ameghino verbunden. Die Halbinsel gehört seit 1999 zur Unesco-Liste des Weltkulturerbes. Mit 360.000 Hektar gilt die Valdés-Halbinsel als das Gebiet mit der grössten Seefauna-Konzentration des Landes und eines der interessantesten Tierreservate der Welt überhaupt. Die Artenvielfalt ist fazinierend: Man sieht Seeelefanten, Seehunde, Guanacos, Ñandus (südamerikanischer Strauss) sowie typische Fische und Vögel. Am Winteranfang im Juni beginnt in Golfo Nuevo und Golfo San José eines der schönsten Naturschauspiele überhaupt. Unzählige Wale kommen in die Küstenregion, um ihre Jungen zur Welt zu bringen. Manchmal, wenn sie spielen, sieht man ihre Schwanzflossen aus dem Wasser winken. In September kommen ungefähr 600 Wale an die Küste. Rund 80 Kilometer von Puerto Madryn entfernt liegt das Centro de Interpretación Carlos Ameghino, das über die Naturwunder der Halbinsel aufklärt. Ein Museum informiert weiter über den Ort. (www.enpeninsulavaldes.com) Geheimnisvolle Wüste - Talampaya Der Naturpark Ischigualasto, in der Inka-Sprache Ketschua „dort, wo der Mond ruht“, liegt im Nord- westen der Provinz von San Juan. Er gehört seit 2000 zum Weltkulturerbe. Vor Millionen Jahren war die Region von Wasser bedeckt und besaß eine üppige Vegetation. Heutzutage ist das wüstenartige Klima eine ihrer charakteristischen Eigenschaften. Ischigualasto ist auch als „Valle de la Luna“ (Tal des Mondes) bekannt. Es umfasst 60.000 Hektar und ist eine der wichtigsten paläontologischen Ausgrabungsstätten der Welt. Die Vielfalt von Farben, Formen, Schatten und Licht macht einen Besuch des Naturparks zu einem unvergesslichen Erlebnis. Die bizarren Felsformationen sind Produkte der Wind-Erosion. Die Felsen geben auch Zeugnisse über frühes kulturelles Leben in der Region preis. Zeichnungen und Zeichen sowie verschiedene aus Stein gemachte Elemente zeugen von einer frühen Besie-delung. Der rötliche Cañon in Talampaya ist eines der schönsten Naturwunder Argentiniens. Wind und Wasser haben die Felswände der Schlucht des Talampaya-Flusses erodiert und ihnen seltsame Formen gegeben. Die verschiedenen Gestalten sind unter phantasievollen Namen bekannt: „Der Heilige König“, „die Katedrale“, „die Türme“, „die fliegende Untertasse“ und „der Mönch“ unter anderen. Die Seitenwände sind 143 Meter hoch und liegen an der engsten Stelle nur 80 Meter auseinander. (www.ischigualasto.com) Iguazú - Subtropisches Paradies Im Nordosten Argentiniens, in Ischigualasto - „Dort, wo der Mond ruht“ der Provinz Misiones an der Grenze zu Brasilien und Paraguay, liegt der 1934 gegründete Nationalpark Iguazú. Die etwa 70.000 Quadratkilometer umfassende Region, ist durch ihre subtropische Vielfalt bekannt. Der feuchte Regenwald ist Habitat für eine reichhaltige Fauna und Flora. Es wachsen Begonien, Orchideen, Farne und Palmen. Man findet Tukane, Papageien, Amphibien, Reptilien, Raubtiere, unzählige Schmetterlinge und Affen. Der Natur-Park beschützt die weltbekannten Iguazú-Wasserfälle. Die Fälle wurden 1541 vom spanischen Kolonisten Alvar Nuñez Cabeza de Vaca entdeckt. „Iguazú“ bedeutet auf Guaraní „das grosse Wasser“, und gross ist das Wasser in der Tat. Es umfasst, je nach Wassermenge, mehrere hundert einzelne Wasser-fälle. Der Natur-Park Iguazú bietet eine Vielzahl an touristischen Aktivitäten. In Safaris, Tages- und Nachtwanderungen in den Dschungel, Reitausflügen kann man sich in dieses subtropische Paradies einschmiegen. Aber egal, was man unternimmt, das Tosen der Garganta del Diablo, des „Teufelsschlund“ genannten grössten Wasserfalls, der aufsteigende Dampf und der Regebogen, der entsteht, wenn die Gischt mit den Sonnenstrahlen in Kontakt kommt, bleiben unvergesslich. Die Provinz Misiones hat ihren Namen von den Jesuiten-Missionen, die bei der Missionierung der Guaraní-Indianer entstanden sind. Einige Reste dieser festungsartigen Landgüter findet man noch. So auch die Ruine von San Ignacio, die Teil des Natur-Parks ist. Der Natur-Park und die Ruine wurden 1984 zum Kulturerbe der Menschheit erklärt. (www.cataratasdeliguazu.net) Cueva de las Manos Höhlenmalerei In der Provinz Santa Cruz findet man die Cueva de las Manos, eine Höhle mit Felsbildern, die vor 9300 Jahren entstanden sind. Wenn man das enge Tal des Río Pinturas und die Höhle besucht, kann man etwas vom Geist der Ureinwohner Patagoniens verstehen. Ausser den 729 Händen an den Felswänden, findet man verschiedene Zeichnungen, in denen man Menschen sowie Tiere erkennen kann. Wie auch bei Höhlenmalereien in Europa steht die Jagd im Mittelpunkt der Darstellungen. Dennoch dominieren die Hände, ihre Symbolkraft und schlichte Schönheit sind einzigartig. Ein Besuch lohnt sich aber nicht nur „künstlerisch“, das Naturerlebnis ist einmalig: der Fluss, die Pflanzen, die Früchte, die Kondore am Himmel machen daraus einen geheimnisvollen Ort. Wenn man sich hier einfühl, kann man das Leben der verschwundenen Kultur fast nachvollziehen. 1999 wurde die Cueva de las Manos wegen ihrer archäologischen Bedeutung zum Kulturerbe der Menschheit erklärt. (www.ruta0.com) Los Glaciares - Eisiges Naturwunder Der Naturpark Los Glaciares, 386 Kilometer von der Stadt Comodoro Rivadavia (Flughafen) entfernt, wurde 1937 gegründet, um den riesigen Gletscher zu schützen. Die Stadt Calafate besitzt Sonnabend, 30. Nobember 2002 die wichtigste touristische Infrastruktur der Region. Von dort aus erreicht man den Gletscher per Schiff. Das Kontinentaleis und die schneebedeckten Berge der Anden geben ein einzigartiges Landschaftsbild. Im Lago Argentino, zwischen dem Brazo Rico und dem Canal de los Témpanos, findet man den bekanntesten und beeindrukkendsten der Eisfelsen, den Perito Moreno. Seine bläulich gefärbte Frontseite erhebt sich 60 Meter über den Meeresspiegel. Wenn der Gletscher „kalbt“, lärmend Eisstücke abfallen, entsteht ein Schauspiel, das man kaum mit Worten beschreiben kann. Der Moreno ist der einzige Gletscher, der immer noch wächst, ungefähr 100 Meter pro Jahr. Der Naturpark rund um die Gletscher schützt auch verschiedenene Arten patagonischer Bäume, wie Coihue, Guindo und Ñire. Pumas, rote Füchse und Huemuls (patagonische Hirsche), charakteristische Vertreter der südpatagonischen Fauna, findet man ebenfalls. Wegen seiner ausserordentlichen landschaftlichen und 6 ARGENTINISCHES TAGEBLATT Ruine von San Ignacio - Reste der Jesuiten-Missionen. natürlichen Eigenschaften, wurde der Naturpark 1981 in die UnescoListe aufgenommen. (www.losglaciares.com) Estanzias von Córdoba - Spuren der Jesuiten Die vom Spanier Ignatius von Loyola gegründete „Gesellschaft Jesu“ spielte im 17. und 18. Jahrhundert eine grosse Rolle in Argentinien. Es entstand die Provincia Jesuítica del Paraguay. Die Jesuiten missionierten die indianische Urbevölkerung auf sanfte Weise und bauten wirtschaftllich florierende Modellbetriebe auf. Ausser in Misiones waren die Je- suiten auch in der Region des heutigen Córdoba aktiv. Die Companía de Jesús baute Schulen auf. Jede Schule hatte selbst zu ihrer wirtschaftlichen Erhaltung beizutragen. Um die Schulen entstanden Landwirtschaftsbetriebe, Mühlen und Betriebe zur Weiterverabeitung landwirtschaftlicher Güter. Einige dieser Estanzien sind noch erhalten: Santa Catalina, Jesús María und Alta Gracia in der Provinz Córdoba. Man kann sie heute besichtigen. Die Tradition wird dort immer noch hochgehalten. Die Estanzien und der „jesuitische Häuserblock“ in der Provinzhauptstadt Córdoba wurden im Jahr 2000 zum Weltkulturerbe erklärt. Der Häuserblock besteht aus den traditionsreichen Gebäuden des Colegio Nacional Monserrat, der Universidad Nacional de Córdoba, der jesuitischen Bibliothek und der Ordens-Kirche. (www.estanciasjesuiticas.org, www.argentinaxplora.com/news/ patrim/patrim.htm) Künstler, TV-Moderator und Mäzen Federico Klemm gestorben Am Mittwoch ist der 1942 in der ehemaligen Tschechoslowakei (Böhmen) als Kind deutscher Eltern geborene Federico Jorge Klemm gestorben. Er war in Argentinien als Künstler, TV-Moderator einer Sendung über Kunst und Leiter einer Stiftung, die seinen Namen trägt, bekannt und berühmt. Die „Fundación Federico Jorge Klemm“ wurde 1995 gegründet, sie ging aus der Kunstgalerie hervor, die Federico Klemm zuvor betrieben hatte. Die Stiftung beherbergt Klemms exquisite Sammlung moderner Kunst, zu der Werke von Pablo Picasso, Dalí, Joseph Beuys, Robert Mapplethorpe, Christo, etc. gehören, sie wurde der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In einem der Räume befindet sich auch eine Ausstellung mit einem Ausschnitt aus Klemms eigenem, visionären Werk, über das verschiedene Bücher veröffentlicht worden sind. Mit seiner Stiftung verschrieb sich Klemm der Förderung junger Talente, indem er unbekannte Künstler gemeinsam mit renommierten Meistern ausstellte. Klemm war eine schillernde Persönlichkeit des öffentlichen Lebens in Argentinien und hinterlässt eine große Lücke. Er liebte es, ausgefallene Kleidung zu tragen (u.a. Kostüme des von ihm verehrten Tänzers Rudolf Nurejev, die er ersteigert hatte) und fühlte sich wohl im Rum- mel und grellen Licht der Medien. Seine TV-Sendung „El Ban-quete Telemático“ präsentierte er in einem bewusst gewählten übersteigerten Stil, um so ein Publikum zu fesseln und für Kunst zu interessieren, das sonst keine Annäherung an die Kunst finden würde - und er hatte Erfolg mit dem von ihm und dem Kritiker Charly Espartaco erdachten Programm. Klemm, der sich seit seinem 14. Lebensjahr der bildenden Kunst widmete (in den 60-er Jahren war er im berühmten Di Tella-Institut aktiv), und auch als Opernsänger und Schauspieler ausgebildet war, lag vor seinem Tod 40 Tage lang auf der Intensivstation des Deutschen Hospitals. Er erlag einer Lungenentzündung. Am Donnerstag wurde er auf dem Deutschen Friedhof beigesetzt. SF ARGENTINISCHE WIRTSCHAFT Der frei benannte Dollarkurs betrug Freitag nachmittags $ 3,66. Die Terminkurse betrugen zum 31.12. $ 3.66, zm 31.1. $3,75, zum 28.2. $ 3,83 und zum 31.3. $ 3,90. *** Der Mervalindex stieg in der Berichtswoche zum Donnerstag um 1% auf 491,99, der Burcapindex um 1,4% auf 1.646,46 und der Börsenindex fiel um 0,3% auf 24.991,11. *** Der durchschnittliche Rindfleischpreis (kg Lebendgewicht in Liniers) stieg in der Berichtswoche um 1,1% auf $ 1,9448. *** Die Gold-, Devisen- und Anla- genreserven der ZB betrugen am 25.11.02 U$S 9,91 Mrd., der Banknotenumlauf $ 15,79 Mrd. Eine Woche zuvor waren es U$S 9,82 Mrd. bzw. $ 15,90 Mrd., einen Monat zuvor U$S 9,75 Mrd. bzw. $ 15,12 Mrd. und ein Jahr zuvor $ 17,412 Mrd. bzw. $ 10,17 Mrd. *** Der lange angekündigte San Luis, der Geldersatz-Bond der gleichnamigen Provinz, ist in Umlauf. Er ist durch einen Währungskorb aus augentinischen und chilenischen Pesos, brasilianischen Real, Euro und Dollar kursgesichert, wird in 2,5,10 und 50 Pesoscheinen ausgegeben und kann für die Zahlung von Stromrech- Sonnabend, 30. Nobember 2002 nungen sowie Steuern, Gebühren und Beiträge, an die Provinz verwendet werden. *** Die Bicebank (Banco de Inversión y Comercio) hat der Wertschriftenkommission und der Börse ihr „Globales Finanztreuhandprogramm für den Aussenhandel“ von U$S 500 Mio. vorgelegt. Mit einer ersten U$S 30 Mio. Tranche von „Exporta Argentina“ Bonds, der bedeutendsten argentinischen Auflage seit dem Default, sollen auf dem Kapitalmarkt Mittel für die Finanzierung von Aussenhandelsgeschäften argentinischer Unternehmen aufgenommen werden, denen Kredite von bis zu U$S 5 Mio. gewährt werden sollen. *** Zu der Wiederaufnahme chilenischer Fleischeinfuhren aus Argentinien verlautete, dass die ersten Lkw mit argentinischem Rindfleisch zwischen dem 15. und 20. Dezember erwartet werden. Argentinien könnte bis zu 60% der chilenischen Fleischeinfuhren für rd. U$S 200 Mio. im kommenden Jahr bestreiten, vorausgesetzt, dass es sich gegen die Konkurrenz Brasiliens durchsetzt. *** Der Umlauf der Patacon Ersatzgeld-Provinzbonds von Buenos Aires ist nach Rücknahme der ASerie deselben erstmals geringer geworden. Seit Juli wurden die ausgegebenen $ 615 Mio. bis auf $ 77 Mio. zurückgekauft. Auch in Córdoba konnte der Lecop-Bondsumlauf verringert werden. *** Die Felfort-Schokoladefabrik wird in ihrem Werk in Buenos Aires Stadt 2003/05 U$S 5,5 Mio. in die Produktionserweiterung investieren. Die Belegschaft soll von 400 auf 480 erhöht werden. *** Die Zahl der eingetragenen Arbeitnehmer in Unternehmen mit 10 und mehr Mitarbeitern hat im September, nach Ermittlungen des Arbeitsamtes, leicht zugenommen. Im Raum Gross Buenos Aires wurde zum ersten Mal in 16 Monaten eine Zunahme, 0,3%, verzeichnet. Gross Rosario ergab sogar +0,5%. Hingegen wurde in Gross Cór-doba und Gross Mendoza je 0,2% Abnahme ermittelt. Für das kommende Quartal rechnen 85% der Unternehmen mit dem gleichen Beschäftigtenstand. *** Das Amt für Öffentiche Einnahmen (AFIP) rechnet für November im Vorjahresvergleich mit um rd. 40% höheren Steuereinnahmen. Statt $ 3,47 Mrd. sollen $ 4,85 erwirtschaftet werden. *** Die privaten AFJP Rentenkassen haben Schuldscheine der Treuhandgesellschaft zur Finanzierung der Landwirtschaft für U$S 6,1 Mio. gezeichnet. In der Vorwoche wurden aus Einlagen der Beitragspflichtigen bereits U$S 12,5 Mio. für ErdölausfuhrFinanzierungen verpflichtet. Die Treuhand für die Erdölausfuhren wurde von 7 ARGENTINISCHES TAGEBLATT der Deutschen Bank, die für die Landwirtschaft von der HSBC Bank geschaffen. Weitere diesbezügliche Projekte für insgesamt U$S 30 Mio. befinden sich noch in Arbeit. Das System gestattet, den Devisenwert der Einlagen zu erhalten und bei der Deutschen Bank eine Jahresrendite von 5,5%, bei der HSBC von 7% zu erwirtschaften. Die AFJP Rentenkassen verwalten rd. $ 38 Mrd. von 9 Mio. Mitgliedern. Über 76% der Beiträge wurden zwangsweise in Staatspapieren angelegt, die dann zu $ 1,40 pro Dollar pesifiziert wurden, worüber die AFJP den Rechtsweg beschreiten werden. *** Das Inarss (Instituto Nacional de Seguridad Social) gab bekannt, dass dem argentinischen Sozialsystem über $ 10,18 Mrd. durch Schwarzarbeit und andere Nichterfüllungen der Beitragspflichten vorenthalten bleiben. An erster Stelle des Hinterzieherliste stehen Hausangestellte mit 92,7% Schwarzarbeit und das Baugewerbe mit 74,6%. Dem Statistikamt Indec zufolge werden für 4,35 Mio. Arbeitnehmer keine Sozialbeiträge geleistet. Monatlich werden an Arbeitnehmerbeiträgen $ 482 Mio. hinterzogen, von Selbstständigen für $ 327 Mio. *** Im Oktober wurden um 5,1% mehr Neubauten-Bewilligungen gewährt als im gleichen Vorjahresmonat. Wie das Statistikamt Indec bekanntgab, wird damit eine seit Juni 01 rückläufige Tendenz unterbrochen. In 42 im ganzen Land ermittelten Gemeindebezirken betrug die Zunahme gegenüber September 20,4%. Der IsacIndex für das Baugewerbe ergab für Oktober um 4,6% mehr als im Vormonat und um 13,1% weniger als im Vorjahresoktober. Im Juli hatte der Vorjahresvergleich noch -37% ergeben. Für die ersten 10 Monate ergab der Vorjahresvergleich -32,8%. Die Zunahmen seien vorwiegend auf kleine Vorhaben zurückzuführen, für die im Einzelhandel eingekauft wird, während bei grösseren Vorhaben kaum eine Besserung verzeichnet wurde. *** Der provinzeigene Wasserverund -entsorger Aguas Bonaerenses wird die Versorgung säumiger Abnehmer von Handel und Industrie unterbrechen. Wie amtlich mitgeteilt wurde, betrifft die Massnahme Kunden, die mehr als $ 5 Mio. schulden. *** In Moratorien Eingetragene, die bis November mehr als 2 aufeinenderfolgende Raten nicht bezahlt haben, können die Lage bis zum 20.12. in Ordnung bringen. Der AFIP-Beschluss Nr. 1.377 bietet die Möglichkeit für Säumige der Steuer- und Sozialwerkmoratorien sowie des sogenannten Minimoratoriums. Es sei die letzte Glegenheit, da durch das neue Gesetz Moratorien nur mehr vom Parlament verfügt werden können. *** Das INTI (Instituto Nacional de Tecnología Industrial) hat ein Messund Wägungssystem ausgearbeitet, Wohnungsbau mit Boden 2012 Mittels Beschluss Nr. 670 (Amtsblatt vom 26.11.02) gibt die Wirtschaftsführung Anweisungen für den Einsatz von 2012 Boden-Bonds zum Bau von Wohnungen. Gleichzeitig wurde das Amt für Wohnungsbauvorhaben mit Bonds laut Dekret Nr. 905/02 geschaffen. Mit dem Gegenwert von $ 300 Mio. sollen zu gleichen Teilen Einzelwohnungen und Wohnungsgruppen errichtet werden. Die Bonds werden vom Staat zu $ 1,40 plus CER-Indexierung pro Dollar Nennwert entgegen genommen. Das Schatzamt ist beauftragt, die Annahmetermine festzulegen und den technischen Preis der Bodenbonds täglich bekannt zu geben. Die Bondsfinanzierng schliesst zu beginnende Neubauten ein, sowie die Fertigstellung begonnener Vorhaben, vorausgesetzt dass es sich um Wohnungsbauten handelt und der bereits fertiggestellte Teil, ohne Einbeziehung des Grundstückwertes, nicht grösser als 30% des endgültigen Baues ist. Auf keinen Fall darf die Qualität des Baues, die bedeckte Fläche oder andere Eigenschaften der Wohnung geringer sein, als die in dem jeweiligen Baugebieten mit Fonavi-Mitteln hergestellten Wohngelegenheiten. Den Vorschriften gemäss müssen die Interessenten die Bonds innerhalb von sieben Bankarbeitstagen nach der Annahme ihres Angebotes der Wirtschaftsführung übertragen. Sie erhalten dafür die Bestätigung, dass dieselben auf dem Schatzamtkonto bei der ZB hinterlegt worden sind. Dem Amt für Wohnungsbauvorhaben mit Bonds obliegt es, die Mindestanforderungen für die Annahme eingereichter Vorhaben feastzulegen und sie innerhalb von 45 aufeinanderfolgenden Tagen zu überprüfen. durch das Machenschaften bei Einund Ausfuhren ein Riegel vorgeschoben werden soll. Das System gestattet, lose Mengen zu messen, Produkte zu identifizieren und die Informatikdaten aufzunehmen und weiter zu leiten. Das System für den Aussenhandel mit unverpackten Waren kann an allen Stellen des Landes eingerichtet werden, an denen feste, flüssige oder gasförmige Waren ohne Einzelverpackung ein- oder ausgeführt werden. *** Finning International, wichtigster Caterpillar-Vertriebsagent in Kanada, Grossbritannien und Chile, hat 100% von Macrosa del Plata, Gecomsa und Matreq, den Caterpillar-Vertretern in Argentinien, Uruguay und Bolivien, für U$S 64,7 Mio. übernommen. Für die Hälfte des Betrages werden Aktien vergeben, für die andere Schulden übernommen. Finning mit Stammsitz in Vancouver notiert an der Börse von Toronto und hat im Vorjahr U$S 2,03 Mrsd. umgesetztt. *** Die Banken ausländischen Kapitals Rio, Boston und Francés haben vereinbart, in 15 Städten mit weniger als 100.000 Einwohneren in 8 Provinzen einen gegenseitigen Kundentausch vorzunehmen, so dass je eine Bankfiliale verbleibt. Damit soll ihre Präsenz in Ortschaften, deren Umsätze nicht mehr als eine Niederlassung rechtfertigen, eingeschränkt werden. *** Ledesma SA investiert unmittelbar U$S 40 Mio. in die Kapazitätserhöhung von 75.000 auf 90.000 Jato in ihrer Papierfabrik in Jujuy. Es ist die 2. ihrer 5 Erweiterungsetappen mit insgesamt U$S 100 Mio. Investition und 120.000 Jato Endziel. Die Investition schliesst 2 Zelluloseöfen für U$S 20 Mio. und wesentliche Verbesserungen des Maschinenparks ein. *** Die spanische Codorniu Weinkellerei, die bisher alle ihre als Cavas bekannten Schaumweine aus Europa brachte, beginnt ihre Herstellung in Mendoza. Ihre Konkurrentin Freixenet gab beinahe gleichzeitig Investitionen von E 2 bis 3 Mio. in die Winzerei in Argentinien bekannt. Die Schaumweine werden mit europäischen Reben und Methoden hergestellt, dürfen jedoch die Frankreich und Spanien vorbehaltenen Namen Champagne und Cava nicht tragen. In Argentinien werden sie indessen weiter als champagne oder champán bezeichnet *** Rd. 20.000 Pkw die bis Jahresende nicht abgesetzt werden können, dürfen als Baujahr 2003 veräussert werden, wie das Staatssekretariat für Industrie, Handel und Bergbau auf Ansuchen der Industriekammern verfügt hat. Die Massnahme bezieht sich auf alle fabrikneuen Kfz, die ab dem 1.4.01 hergestellt wurden. Bei Importwagen gilt die Zollabfertigung ab dem 1.4.01. *** Die Deutsche Bank hat als 3. Finanzinstitut die Lastenhefte erworben, um Finanzberater Argentiniens für die Schuldumstrukturierung zu werden. Die anderen Banken sind ING und die Bank of America. Die Frist läuft am 9.12.02 ab. *** Die argentinischen Niederlassungen der Citigroup, FleetBoston und HSBC in Miami wurden angeklagt, ungerechtfertigt Einlagen ihrer Kunden in Argentinien einbehalten zu haben. Dabei werden mindestens U$S 60 Mio. Schadenersatz gefordert. Es ist die erste Klage in den USA gegen die argentinische Absatzrückgang bei Supermärkten Im Oktober ist der Gesamtabsatz der Supermarktketten im Vergleich zum selben Vorjahresmonat um 31,6% geringer gewesen. Wie das Statistikamt Indec bekanntgab, ist seit Juni ein stetiger Rückgang der Absätze der Supermärkte zu verzeichnen. Im Vormonatsvergleich war der Absatz um 2% geringer. Die Flaute auf den Supermärkten hält bereits seit 21 Monaten an. Die Supermärkte haben im Oktober $ 1,31 Mrd. umgesetzt. Mit der Inflation von 40% haben sie in den ersten 10 Monaten um 8,3% mehr umgesetzt als im gleichen Vorjahreszeitraum, der mengenmässige Absatz war jedoch um 25,6% geringer. Das Statistikamt führt den ständigen Absatzrückgang bei den Supermärkten auf den Übergang der Kundschaft auf die herkömmlichen Lebensmittelgeschäfte in ihren Wohnbezirken zurück. In diesen Geschäften liegt das gewohnte Notizbuch auf, in dem die Käufe an Zahlungs Statt eingetragen und, wenn Bargeld vorhanden ist, beglichen werden. Ausserdem sei die Preisspanne zugunsten der Supermärkte geringer geworden. Shopping-Center Bei den weniger vom Inlandsbedarf als vom Fremdenverkehr abhängigen Shoppings wurde im Oktober für $ 155,1 Mio. verkauft. Das war umsatzmässig um 19% mehr als im Vormonat und um 31% mehr als im Vorjahresoktober. Doch trotz der Geldentwertung liegt der Umsatz der ersten 10 Monate um 4,2% unter dem des Vorjahres-Vergleichszeitraumes. Die Absätze waren, den Angaben des Statistikamtes zufolge, gegenüber dem Vorjahresoktober um 14,9%, geringer. Gegenüber dem Vormonat hingegen, verzeichneten sie im dritten Monat in Folge, eine durch den entwerteten Peso stark vom Fremdenverkehr bedingte Zunahme, diesmal von 1,7%. Depositeneinfrierung. *** Den Bankbilanzen zum 30.6. kann entnommen werden, dass die Finanzinstitute angesichts der neuen Wirtschaftslage ihre Betriebskosten um beinahe 40% verringert haben. Bei den privaten Banken wurden die Kosten besonders durch die Schliessung von Filialen und Beamtenabbau verringert. Gehälter und ihre Zusatzkosten machen 50% bis 60% der Bankspesen aus. Bei den offiziellen Banken wurden vorwiegend Verwaltungsspesen gedrosselt. Die Zunahme ihrer Depositen um 10% seit Dezember 01 hat den Banken Nación und Ciudad sogar gestattet, in den letzten Monaten 15 neue Filialen zu eröffnen. *** Obwohl Bodenbonds seit dem 25.9.02 an der Börse und dem Elektronischen Wertschriftenmarkt gehandelt werden können, ist das nur mit 20% davon möglich. Von den knapp 12 Mrd. die ausgegeben wurden, sind nur 2,41 Mrd. auf Namen von Kontoinhabern hinterlegt. Die Banken, die etwa 8 Mrd. erhalten haben, können über sie noch nicht verfügen. Der Bondswert von $ 170 wird als durch die Einsatzmöglichkeiten überhöht angesehen. Die Möglichkeit, mit ihen Kfz zu erwerben, hat ihre Notierung um 12% erhöht. Der Nennwert von $ 1,40 steigt durch den CER-Index auf $ 1,97, so dass hier ein etwa 10%iger Gewinn entsteht. *** Der CVS-Index (Coeficiente de Variación Salarial), mit dem pesifizierte Bankschulden berichtigt werden sollen, wird, wenn er zur Anwendung kommt, weniger als 5% betragen. Dieser Index wird bei Hypothekenkrediten, bei Krediten für 8 ARGENTINISCHES TAGEBLATT Sonnabend, 30. Nobember 2002 ständig besetzte einzige Eigenwohnungen, Pfandkrediten bis zu $ 30.000 und Personalkrediten bis zu $ 12.000 angewendet, d.h. für alle Kreditschulden die von der CER-Indexierung ausgenommen wurden. *** Die Bice-Bank (Banco de Inversión y Comercio Exterior) bietet eine neue Kreditlinie von U$S 100 Mio. an. Sie soll vorwiegend der Ausfuhrfinanzierung von Regionalwirtschaften dienen. Die Vorfinanzierungen sollen Ausfuhren von Honig, Pflanzenölen, Geflügel und technischen Erzeugnissen fördern. *** Der Senat hat überraschend die Gesetzesvorlage über CER-Indexierungen geändert, die nun von den Abgeordneten bestätigt werden muss. Dollarkredite, die Provinzen zur Wohnbaufinanzierung aufgenommen haben, werden nicht CER-indexiert. Personen, die die Kredite über Banken, Genossenschaften oder gemeinnützige Körperschaften für die eigene Einzelwohnung aufgenommen haben, zahlen die Indexierung für die Pesifizierung nicht, wenn die Wohnungshypothek U$S 250.000 nicht übersteigt. Desgleichen bei Pfandkrediten bis U$S 30.000 oder Personalkrediten bis U$S 12.000. *** Der Senat hat einen Bundesrat der Verbraucher und Benützer geschaffen, der weitgehende Ermächtigungen zum Schutz der Rechte der Bevölkerung haben soll. Er wird dem Produktionsministerium unterstellt. Zu seinen Aufgaben gehört der „Eingriff in Notstandslagen durch Preise, Versorgung oder andere aussergewöhnliche Situationen“. *** Die Dollarwerte von Immobilien Das Gerichtsverfahren über ein Informatiksystem des Steueramtes Die Bundeskammer hat die Prozessierung des ehemaligen Vorstehenden des Steueramtes (DGI), Ricardo Cossio, sowie des damaligen IBM-Präsidenten Ricardo Martorana u.a. ehemaliger IBM-Beamten verfügt. Es handelt sich um einen alten Prozess, der am 29.5.96 durch eine Klage der damaligen Deputierten des linkslastigen Frepaso, Carlos „Chacho“ Alvarez, Horacio Viqueira y Alfredo Bravo eingeleitet worden war, die sich auf den Vertrag des Steueramtes mit IBM und Banelco bezog, durch den diese ein Informatiksystem einführten und vier Jahre lang betrieben, durch das die Einzahlungen auf das Konto des Steueramtes an das Amt selber, sowie an die ANSeS, die privaten Rentenkassen und die Sozialwerke der Gewerkschaften vollzogen wurden. Das System funktionierte reibungslos. Dies war notwendig, nachdem Cavallo 1994 verfügt hatte, dass das Steueramt für all diese Zahlungen verantwortlich sei. Die Klage bezieht sich nur darauf, dass der Betrag von U$S 521 Mio. angeblich zu hoch sei, ohne dies zu begründen. Cossio konnten in seiner Verteidigung nachweisen, dass der Betrag, umgerechnet auf den Prozensatz der Beträge, um die es dabei geht, während der vier Jahre Vertragsdauer im Vergleich zu ähnlichen Fällen niedrig war. Das ganze System wurde 1998 vom Steueramt übernommen und funktioniert seither mangelhaft. Das Gerichtsverfahren umfasst inzwischen über 7.000 Seiten und ist für die Richter, die von Informatik nichts verstehen, schwer verständlich, so dass sie sich ihrer Verantortung entledigen und das Verfahren weiterführen, statt ein Urteil zu fällen. Dass die Prozessierung nach sechs ein halb Jahren erfolgt, ist an sich schon eine Unregelmässigkeit des Prozesses. Die schlimme Konsequenz dieses Gerichtsverfahrens ist, dass die Beamten, die Informatiksysteme verpflichten müssen, gehemmt werden, so dass der Staat weiterhim im Rückstand auf diesem Gebiet bleiben wird, wobei die Verpflichtung von Informatikprogrammen, die von Privatunternehmen durchgeführt werden, ein wesentlicher Beitrag zur Rationalisierung und Effizienzgewinnung des Staates ist. Wenn der Staat die Informatik in eigener Regie vorantreibt, scheitert er, weil in der Regel die falschen Anlagen gekauft wurden und der Staat die Gehälter, die für Informatikspezialisten am Platz, gelten, nicht entfernt bezahlen kann. Somit verfplichtet der Staat dann Lehrlinge und Abfallpersonal. Das „Outsourcing“ der Informatik, so dass ein Privatunternehmen die Anlagen („hardware“), die Systeme („software“) bereitstellt, das System betreibt und dem Staat das Ergebnis liefert, ist die einzig vernünftige Lösung. Aber der Beamte, der diese Entscheidung trifft, riskiert einen langwierigen Prozess, dessen Ausgang wegen der Ignoranz der Richter stark zufallsbedingt ist, wobei er für die Anwaltskosten selber aufkommen muss. Der argentinische Staat ist bei Informatik stark im Rückstand. im Raum Gross Buenos Aires fallen weiter. Obwohl der Immobilienhandel vor einem Monat festgestellt hat, dass die Preise die Talsohle erreicht haben, gingen sie zwischen August und November um weitere 2,5% und damit in einem Jahr um 52,31% zurück. Die Daten wurden von Tasaciones Argentinias, einer Firma von Branchemitgliedern, ermittelt. *** Der Wirtschaftsminister hat in Berlin die Strom- und Gaspreiserhöhungen ab nächster Woche bestätigt. Auch Ferngespräche würden teurer werden. Das Dekret sei bereits unterschrieben. Gas wird um 7% teurer, Strom um 9% und Telefongebühren um 12%. Die Erhöhungen würden in einigen Fällen in Kraft treten und in anderen Null betragen. *** Die ZB hat die Pflichtreserven der Banken vereinheitlicht. Bisher galten für eingefrorene Fristeinlagen 40% und 5% bis 9% für frei verfügba- re. Nun gelten für alle 26%. Die Umstellung hat in den Monaten Dezember/Januar zu erfolgen. Für Banken, die ihre Rückstellungen erhöhen müssen, werden eigene Zeitpläne ausgearbeitet. *** Der Gouverneur der Provinz Buenos Aires gab bekannt, dass er zum Jahresende mit einem um $ 1,55 Mrd. geringerem Defizit als dem von seinem Vorgänger Ruckauf erhaltenen abschliessen wird. Er habe die Provinz mit einem Defizit von $ 3,05 Mrd. übernommen. Hauptgrund der Defizitverringerung sei die Verbesserung der Steuereintreibung der Provinz um über 30% gewesen. *** Die Steuereingänge werden im November mit $ 5 Mrd. Rekord und im Vorjahresvergleich um 44% grösser. Ursache sei die Erhöhung der Gewinnsteuer-Einnahmen, die über $ 1 Mrd. eingebracht haben sollen. Das Verbot der Inflatinsanpassung in den Unternehmensbilanzen hat die Steuer- ARGENTINISCHES TAGEBLATT Sonnabend, 30. Nobember 2002 behörde begünstigt, da im November die Frist für die Vorlage der Bilanzen zum 30.6.02 abläuft. Im 1. Halbjahr musste für die 30,4%ige Preiserhöhungen die volle Gewinnsteuer entrichtet werden. *** Nach seinen Besprechungen mit den europäischen Mitgliedern der G7 erwartet Wirtschaftsminister Lavagna, noch in diesem Jahr das Abkommen mit dem IWF zu unterzeichnen. Nach Frankreich, Deutschland und Italien verhandelt der Minister mit Spanien, dem einziger dieser Staaten ohne Sitz im IWF-Vorstand. In Rom erhielt der Minister Zusagen, aber auch Beschwerden über die Lage italienischer Sparer, die in argentinischen Bonds angelegt haben, die nun von dem Default betroffen ssind. *** Der Regierung liegt der Entwurf eines Notstandsdekretes zur Unterzeichnung vor, das Schuldnern des Finanzsystems durch 90 Tage gestatten soll, Verpflichtungen mit Bodenund Cedro-Bonds nachzukommen. Diese Bonds wurden Inhabern umprogrammierter Bankeinlagen übergeben. Andere Staatspapiere sollen nicht zugelassen werden, da sie durch das Default unter ihrem Nennwert notieren. Das neue Dekret soll den Paragraphen 20 des Dekretes Nr. 902/02 ersetzen, der Banken verpflichtete, Bodenbonds für alle Arten von Zahlungen entgegen zu nehmen, der jedoch von der ZB nie reglementiert wurde. Nun müssten die Banken Boden 2012 in Dollar, Boden 2007 in Pesos und Boden 2005 in Dollar ohne Einschränkung des Betrages entgegennehmen. *** Regierung und Parlament arbeiten an Lösungen für Schulden, die vor der Abtwertung gemacht wurden. Es gehe um mit der einzigen, vesteigerungsfähigen Eigenwohnung garantierte und nun übefällige Schulden an Nichtbanken und um CER-indexierte Hypotheken-, Pfand- oder Personalkredite. Bei Hypothekenschulden einziger Eigenwohnungen ordnet ein Dekret vor jeder Versteigerung ein gerichtliches Schlichtungsverfahren an. Innerhalb von 30 Arbeitstagen, praktisch 2 Monaten, müssen sich die Teile eingen. Die Entscheidung des Richters ist dabei unberufbar. So kann der Richter entscheiden, dass dem Inhaber von den Versteigerungserlös Geld verbleiben muss, damit er sich eine andere Wohung kaufen kann. *** Die Internetsurfer haben in Argentinien 02 um 15% auf 4 Mio. zugenommen, wie die Beraterfirma Carrier & Asoc. bekanntgab. Damit betrage die Anschlussquote 11,1%, doppelt soviel wie vor 3 Jahren. Den grössten Zuwachs hatten Publikumsdiensten wie Ciberkaffees usw. Gratisdienste, an erster Stelle Fullzero, AlternativaGratis und Uyuyuy haben ihre Anschlüsse verdoppelt und verzeichnen nun 30% aller Anschlusszeiten. 26% surfen von öffentlichen Dienstleistern und 21% sind bei ihren Wohnungen an einen Gebührenfreidienst angeschlossen. *** Zum 3. Mal in diesem Jahr wechseln Aktienpakete des offenen Fernsehsenders Kanal 9 die Besitzer. F. Sokolowicz, Herausgeber der Zeitung Página 12, und B. Vijnovsky, dritter Partner von HFS Media, der zu Jahresmitte die Lizenz des Senders von Telefónica für U$S 12 Mio. plus U$S 20 Mio. Schuldenübernahme erworben hatte, treten ihre Anteile an D. Hadad, der nun 88% hält, ab. Die restlichen 12% gehören C. Belocopitt von der Swiss Medical Group. Angeblich wird Hadad 30% bis 38% seiner Anteile dem Atlántida Verlag abtreten. *** Das Staatssekretariat für Technik und Wissenschaft, das Amt für technische und wissenschftliche Erziehung Conicet, die Atomenergiekommission Cnea, das Conae und die Technologieagenturen Inti und Inta haben sich in einer Mitteilung für die Zusammenarbeit zwischen Argentinien und Australien für friedliche Kernenergieanwendungen ausgesprochen. Die staatliche Invap baut derzeit für Australien einen Atommeiler für medizinische und technische Forschungen. Die Experten versichern, dass es sich um den bedeutendsten Technologieexport in der Geschichte des Landes handle. Den Partnern sei untersagt, radioaktives Abfallmaterial zu verarbeiten und Australien müsse sich ergebende Materialen in seinem Hoheitsgebiet unterbringen. *** Die Columbia Bank hat den Zuschlag der Banco Edificadora de Olavarría, seine Aktiven, Vorzugspassiven wie Kontoeinlagen und Cedrobonds, mit 9 Filialen in der Intensive Parlamentstätigkeit im Dezember Die Regierung hat das Parlament zu ausserodentlichen Sitzungen, nach Ablauf der normalen Sitzungsperiode, ermächtigt. U.a. soll über eine Regierungsvorlage debattiert werden, mit der die unter dem Namen Schecksteuer bekannte Belastung aller Kontenbewegungen mit sechs Promille des jeweiligen Betrages um zwei Jahre verlängert werden soll. Auch der Haushaltsplan für das kommende Jahr soll während der aussergewöhnlichen Sitzungen behandelt werden. Es wird erwartet, dass das Abgeordnetenhaus die Vorlage erst am 17.12. in Angriff nehmen wird und dass sie der Senat knapp vor Weichnachten zur Weiterbehandlung erhalten kann. Ausserdem muss in dem vorgesehenen Zeitraum die Rückerstattung der den Beamten, Rentnern und Pensionären einbehaltenen 13% ihrer Bezüge beschlossen werden. Ein weiteres Diskussionsthema ist der, der Präsidentengattin persönlich nahestehende Landesweite Ernährungsplan, der im Parlament ebenfalls vor Jahresende seine endgültige Durchführungsform finden muss. Auch muss beschlossen werden, dass die Möglichkeit, Steuern mit Staatsschuldscheinen zu bezahlen, um 90 Tage verschoben wird. Das Gesetz über Indexierungen mit dem CER-Index (Coeficiente de Estabilización de Referencia) muss ebenfalls vor Ende der aussergewöhnlichen Sitzungen funktionstüchtig sein. Insgesamt hat die Regierung für die aussergewöhnlichen Sitzungen 22 Gesetzesvorlagen eingebracht. Darunter befinden sich Änderungen des Strafrechtes, wie Straferhöhungen bei Entführungen. Auch Förderungsgesetze wie der Fonds für die Produktionsentwicklung, die Förderung von Regionalentwicklungen, Arbeitsbeschaffungen und Mittel für kleine und mittelständische Betriebe warten auf positive Abstimmungsergebnisse. Provinz Buenos Aires, erhalten. Columbia hat sich verpflichtet, alle Arbeitsplätze zu den bisherigen Bedingungen zu erhalten. *** Die Regierung Italiens hat Argentinien die Schenkung von E 800.000 bestätigt. Damit soll die Sozialkrise in den provinzen Tucumán, San Juan und Jujuy gemildert werden. *** WIRTSCHAFTSÜBERSICHT „Corralito“-Aus Völlig überraschend verkündete Wirtschaftsminister Roberto Lavagna am vergangenen Wochenende, dass das Verbot, Bargeld für mehr als $ 500 je Woche von Girokonten der Banken (Kontokorrent und Sparkonten) abzuheben, ab 2. Dezember entfällt. Die Mitteilung erfolgte in einer Pressekonferenz im Wirtschaftsministeriun, ohne dass der Präsident der Zentralbank, Aldo Pignanelli, oder andere Vertreter der Notenbank dabei waren. Offenbar sind die persönlichen Beziehungen zwischen dem Minister und dem ZB-Chef nicht die besten. Die Zentralbank hatte schon vor Monaten die Abschaffung des im spanischen Jargon als „corralito“ (kleiner Hof) genannten Barabhebungsverbots empfohlen. Die Beamten des Internationalen Währungsfonds traten in Verhandlungen mit dem Minister und 9 seinen Mitarbeitern für die Rückkehr zur finanziellen Normalität ein, die ab kommenden Montag gilt. Das Verbot, Bargeld abzuheben, wurde vom damaligen Wirtschaftsminister Cavallo Ende November 2001 erlassen. Zeitgleich wurde die Devisenbewirtschaftung, Spanisch „control de cambios“, nach über einem Jahrzehnt freien Zahlungsverkehrs wieder eingeführt. Diese Transferkontrolle wirkte beim damals vorherrschenden Devisenabfluss gleich Kapitalflucht, ungleich schwerwiegender als das Verbot, Bargeld abzuheben. Nebenbei sollte dieses Verbot einen vermehrten Zahlungsverkehr über Girokonten mit entsprechender Zunahme der Depositen auf diesen Konten, genannt Bankarisierung, bewirken, indem mit Kredit- und Zahlkarten vermehrt Zahlungen elektronisch abgewik- kelt werden. Bei Zahlkarten wurde zudem eine 5prozentige Gutschrift der geleisteten Merhwertsteuer eingeführt. Anfangs bewirkte das Verbot, Bargeld abzuheben und statt dessen Zahlkarten einzusetzen, bürokratische Mühewaltungen, die zu Wutausbrüchen der Bevölkerung, insbesondere des zahlungskräftigen Mittelstandes, führten und auch mit dem spontanen Kochtopfklopfen, Spanisch genannt „cacelorazo“, zur Gewalt führte. Am 20. Dezember demissionierten Präsident de la Rúa und Wirtschaftsministger Cavallo, nachdem es Tote, Verwundete und Schaufensterbrüche, gefolgt von Diebstahl, gegeben hatte. Die Devisenbewirtschaftung gilt immer noch, wiewohl sie langsam aufgeweicht wird. Bei Importen, für die Zahlungsziele gelten, wurden die Kontrollen wie früher auf die Banken dezentralisiert. Einige Barzahlungen bei Maschinenimporten wurden dieser Tage wieder zugelassen. Dollarscheine dürfen mit Höchstbeträgen am Markt erworben werden. Transfers sind nur bis U$S 100.000 zugelassen. Der Schwarzmarkt erledigt freilich gegen eine Gebühr alle gewünschten Geldgeschäfte. Die Aufhebung des Verbotes, Bargeld abzuheben, begünstigt Kontokorrent- und Sparkassendepositen für $ 21,6 Mrd., weniger als ein Drittel sämtlicher Depo- Sonnabend, 30. Nobember 2002 siten von über $ 68 Mrd. Da diese Gelder vorwiegend für laufende Zahlungen eingesetzt werden, wird nicht befürchtet, dass sie nach der Freigabe umgehend in Dollarscheine umgewechselt werden, nachdem sie abgehoben worden sind. Das wird zumal bei Festgeldanlagen befürchtet, die reine Geldersparnisse sind und nicht den laufenden Geldgeschäften dienen. Minister Lavagna vertraut dem Sparpublikum, das seit mehreren Monaten wieder zu den Banken zurückgekehrt ist und Geld deponiert, anstatt gleichsam in Finanzpanik in Devisen zu flüchten wie weiland seit Anfang 2001 bis Mitte 2002. Die Zentralbank hat vor Monaten einen Leitzins in Gestalt eigener Wechsel eingeführt, deren Sätze fühlbar gefallen sind. Neuerdings haben einige Banken sogar Dollarwechsel der Zentralbank mit Negativzins erworben, um sich gegen mögliche Abwertungen schadlos zu halten, was so viel wie eine Kursprämie ist. Gegen Jahresende besteht jeweils eine gewisse Neigung, Bargeld zu halten, weil das halbe Monatsgehalt (Spanisch „aguinaldo“) ausbezahlt wird, Weihnachtseinkäufe getätigt werden und die Sommerferien finanziert werden müssen. Insofern stellt die Freigabe der Barabhebungen ein freundliches Weihnachts- bzw. Neujahresgeschenk dar, das Unannehmlichkeiten wie im Vorjahr verhindert. Die zwangsmässig induzierte „Bankarisierung“ im Vorjahr ARGENTINISCHES TAGEBLATT steht im Widerspruch zur Steuer auf Girokonten, genannt Schecksteuer, die automatisch von den Banken belastet wird, kaum dass eine Gutschrift oder eine Belastung auf Konto erfolgt. Diese Steuer wird vielfach umgangen, indem Schecks weiter gegeben werden, anstatt sie zu deponieren, und Barzahlungen vorgezogen werden, die nicht besteuert werden können. Wirtschaftspolitisch standen die „Bankarisierung“, lies Zahlkarten, und die Schecksteuer im Widerspruch. Beide Ziele kann man nicht gleichzeitig verwirklichen. Minister Lavagna hat mit der Aufhebung des Barabhebungsverbots anerkannt, dass die gewünschte „Bankarisierung“ nur freiwillig erfolgt, wenn sie als vorteilhaft empfunden wird. Barabhebungen sind künftig wieder zugelassen, auch wenn Schecks am Schalter in Bar einkassiert werden, was bisher verboten war. Zahllose Schwarzhändler, die nur mit Geldscheinen zahlen und kassieren, werden sich freilich freuen, dass ihnen künftig keine Hindernisse für die Abwicklung ihrer steuerhinterziehenden Geschäfte im Wege stehen. Die Regierung nähert sich mit dem „corralito“-Aus um einen gewichtigen Schritt der Normalisierung der Zahlungen. Ungleich schwieriger stellt sich freilich die Freigabe der in Dollar nominierten und vorerst eingefrorenen Festgelder. Die Rückdollarisierung der pesifizierten Depositen Die Meldung, dass Carlos Fayt, Mitglied des Obersten Gerichtshofes, sich für die Rückdollarisierung der ursprünglich in Dollar getätigten Depositen ausgesprochen hat, die dann zum Kurs von 1,40 in Pesos umgewandelt und gleichzeitig eingefroren und umgeschuldet wurden (also in Raten auf mehrere Jahre gezahlt werden sollten), schlug wie ein Blitz ein. Denn nun sind es fünf Richter, die diese Einstellung haben: der Präsident des Gerichtshofes, Julio Nazareno und die Richter Eduardo Moliné O’Connor, Guillermo López, Adolfo Vázquez und der besagte Fayt. Der neunte Richter, Gustavo Bossert, ist vor kurzem zurückgetreten, zwei weitere, nämlich Augusto Belluscio und Enrique Petracchi, haben sich in dieser Angelegenheit entschuldigt, weil sie selber eingefrorene Depositen haben, und Antonio Boggiano wünscht offensichtlich keinen Konlfikt mit der Regierung, nachdem diese ihn als Mitglied des internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag vorgeschlagen hat, ein Amt, das er seit langem anstrebt. Der Oberste Gerichtshof soll angeblich am 10. Dezember eine Sitzung abhalten und in dieser Frage ein Urteil fällen, das schon redigiert sein soll, wobei es mehrere Fassungen geben soll, über die die Richter jetzt verhandeln. Sofort gab es Kontakte zwischen Regierungsmitgliedern und Richtern des Obersten Gerichtshofes. ZB-Präsident Aldo Pignanelli erklärte im Senat, dass die Rückdollarisierung der ursprüng- lich fast U$S 60 Mrd., die pesifiziert, eingefroren und umgeschuldet wurden, eine Notenemission von etwa $ 80 Mrd. bedeuten und Hyperinflation mit sich bringen würde. Der Chefökonom der ZB, Alejandro Henke, wies darauf hin, dass der Kurs in diezem Fall auf $ 10 pro Dollar springen könnte. Indessen liegt der Fall nicht so tragisch. Es wird auf alle Fälle angenommen, dass die Rückdollarisierung nur die Saldi betrifft, die jetzt $ 16 Mrd. ausmachen, was bei Rückdollarisierung U$S 12,4 Mrd. ausmacht. Der Rest ist entweder in bar ausgezahlt worden, oder zur Zahlung von Steuern, Zeichnung von Boden-Bonds oder Tilgung von Schulden eingesetzt worden. Ebenfalls wurde ein Betrag von etwa $ 7 Mrd. schon auf Anweisung von Richtern ausgezahlt. Theoretisch müsste die Rückdollarisierung auch für die Kredite gelten. Dies erscheint jedoch faktisch nicht möglich, wobei in diesem Fall der Oberste Gerichsthof angeblich die Pesifizierung mit dem Hinweis begründen würde, dass es sich im Wesen um eine Subvention handelt, wobei der Staat eben berechtigt ist, sie zu erteilen. Als Grund dafür wird ein allgemeiner Notzustand angeführt, also eine generelle Pleite von Unternehmen, wenn sie ihre Schulden in Dollar oder im Gegenwert in Pesos zum freien Marktkurs zahlen müssen. Somit wird davon ausgegangen, dass der Staat für den Verlust aufkommt, der den Banken durch die Rückdollarisierung entsteht. Der reine Kursverlust betrüge somit $ 28,6 Mrd. Aber dabei muss man berücksichtigen, dass das Schatzamt ohnehin für die Differenz zwischen eins und $ 1,40 aufkommt, was $ 4,6 Mrd. ausmachen würde. Wenn man die CER-Indexierung hinzuzählt, für die angeblich die Schuldner der Banken aufkommen, und diese bei 40% einschätzt (nachdem es sich um eine hinausgeschobene Indexierung nach dem Index der Konsumentenpreise handelt), muss man noch einmal $ 6,4 Mrd. abziehen, was dann insgesamt $ 10 Mrd. ausmacht. Somit verbleiben $ 18,6 Mrd., die das Schatzamt zusätzlich belasten und die Staatschuld erhöhen. Ob gelegentlich auch bei diesen Titeln ein Schnitt erfolgt, wie er allgemein bei der Staatsschuld angenommen wird, sei dahingestellt. Für die Banken ist dies immerhin auch eine Sorge. Hier wird vorweggenommen, 10 dass dieser Betrag den Banken in Form von Staatspapieren übergeben wird, die laut Pignanelli auf 5 bis 10 Jahre laufen. Voraussichtlich wird von den Banken nicht gefordert werden, dass sie den vollen Betrag der Depositen in bar auszahlen. Das würde zum Zusammenbruch des Bankensystems führen, was ein Faktum von so grosser Bedeutung wäre, dass angenommen wird, dass der Oberste Gerichtshof den Banken entweder die Möglichkeit gibt, die Bonds weiterzugeben, oder eine Zahlung in Raten festsetzt. Es wird angenommen, dass geringere Beträge in bar ausgezahlt werden müssen. Rein juristisch hat die Pesifizierung überhaupt keine Grundlage. Es handelt sich um eine klare Verletzung des in der Verfassung verbrieften Eigentumsrechtes. Die Möglichkeit, Argumente für die Pesifizierung zu finden, wird noch dadurch gesperrt, dass der Kongress im Oktober ein Gesetz verabschiedet hat, das den Sparern eine Garantie für die Unantastbarkeit ihrer Depositen gewährt, also all das verbietet, was die Regierung auf diesem Gebiet getan hat. Das Gesetz wurde zwar Ende Dezember aufgehoben, aber nicht ausser Kraft gesetzt. Auf alle Fälle muss dies juristisch so ausgelegt werden, dass das Gesetz für diejenigen weiter gilt, die ihr Geld vorher deponiert hatten, da ihnen die Alternative, das Geld abzuheben, nicht geboten wurde, so dass ihnen neue ungünstigere Bedingungen nicht aufgezwungen werden können. Es ist gewiss positiv, wenn der Oberste Gerichtshof in einer prinzipiellen Frage, bei der es um das Eigentumsrecht geht, juristisch strikt urteilt und die Konfiskation der Regierung nicht gutheisst. Das ist eine gute Basis für einen Neubeginn des Finanzsystems. Ausserdem zeigt dies der ganzen Welt, dass Argentinien eine unabhängige Justiz hat. Am Platz wurde damit spekuliert, dass der Oberste Gerichtshof als Gegenleistung für die Aufhebung des politischen Prozesses der Regierung den Gefallen tun würde, die Pesifizierung gutzuheissen. Indessen liegt der Fall so, dass diese obersten Richter gerade deswegen der Regierung diesen Gefallen nicht tun können. Denn dann wären sie von vorne herein suspekt und es würde einen Skandal um dieses „Schmutzgeschäft“ geben. Dieser Oberste Gerichtshof hat stets ein grosses Verständnis für die politische Problematik ge- Sonnabend, 30. Nobember 2002 zeigt. Er ist sich bewusst, dass er gleichzeitig letzte Instanz bei Justizverfahren und eine der drei Staatsgewalten ist. In seiner ersten, formellen Funktion, muss er sich darauf beschränken, die Verfassung und die Gesetze so treu wie möglich anzuwenden; in seiner zweiten hingegen, muss er für die Wahrung der Interessen der Gesellschaft als Ganzes sorgen, also die sogenannte „Staatsraison“ berücksichtigen. Die Richter, um die es hier geht, von denen manche seit 1984 im Amt sind, andere seit 1989 und andere erst 1994 und auch später ernannt wurden, haben eine grosse Erfahrung gesammelt, um die Staatsproblematik zu begreifen. Sie wurden deshalb sehr kritisiert, wobei die Kritiker allgemein Staat und Regierung verwechseln. Es mag sein, dass einige Richter Menem gelegentlich Gefallen erwiesen haben, weshalb von der „automatischen Mehrheit“ und von einem „menemistischen Gerichtshof“ die Rede war. In der Regel hat der Oberste Gerichthof jedoch nicht die Menem-Regierung, sondern die Staatsinteressen verteidigt. Das hat er auch unter der De la Rua-Regierung getan. Es ist schwer zu verstehen, warum Präsident Duhalde die ko- ARGENTINISCHES TAGEBLATT lossale Dummeheit begangen hat, sich mit diesen Richtern zu verfeinden. Zunächst wollte er sie brutal hinausschmeissen, wozu er Radaubrüder verpflichtete, die Lärm vor dem Gerichtsgebäude in der Talcahuano und auch vor den Wohnungen der einzelnen Richter machten. Auch besteht der Verdacht, dass bestimmte Journalisten links-gelber Prägung bezahlt wurden, damit sie den Obersten Gerichtshof madig machen. Als Duhalde mit dieser Methode keinen Erfolg hatte, führte er einen politischen Prozess in die Wege, der schliesslich versandete und aufgehoben wurde, nachdem sich herausstellte, dass kein juristisch gültiger Grund dafür bestand. Die Richter dürfen nicht wegen des Inhalts ihrer Urteile angeklagt werden. Es müssen wirklich grobe Unregelmässigkeit festgestellt werden, was hier keineswegs der Fall war. Abgesehen davon, wäre die Absetzung dieser Richter und deren Ersetzung durch andere ein Pyrrussieg gewesen; denn dann hätte alle Welt dies dahingehend interpretiert, dass die Justiz dem Präsidenten hörig ist, womit das Ansehen Argentiniens noch tiefer gesunken wäre. Auch hätten bestimmte neue Richter, ohne Erfahrung auf diesem Ge- Das monetäre Programm für 2003 Änderungen in Mio. Pesos 1.Quart. 2.Quart. 3.Quart. 4.Quart. 2003 1. Monetäre Basis 11.373 13.384 11.835 10.158 46.750 a.Zentralregierung 300 300 300 300 1.200 b.ZB-Beiträge ans Finanzsystem 303 321 337 356 1.317 c.U$S-Ausfuhrerlöse 3.077 3.682 3.271 2.815 12.845 2. Geldbedarf 525 815 2.287 2.561 6.189 a.Geldumlauf -109 -605 398 1.492 1.176 b.Bankrücklagen 634 1.419 1.890 1.070 5.013 3. Finanzierungsbedarf (1-2) 10.848 12.569 9.548 7.596 40.561 a.Devisenerlöse 10.547 12.169 9.048 7.346 39.111 b.Lebac-Wechsel 300 400 500 250 1.450 Quelle: ZB biet, der Regierung grosse Sorgen bereitet, umso mehr, wenn sie davon ausgehen, dass ihre Vorgänger gerügt worden sind, weil sie der Staatsräson Vorrang gegeben haben. Hätte sich Duhalde mit dem Obersten Gerichtshof von Anfang an verständigt, so hätte er erreichen können, dass dieser ihm hilft, die komplexe Lage, die er geschaffen hat, zu glätten. Ein Urteil über die Pesifizierung im Februar oder März hätte viele Probleme vermieden und auch die Verhandlung mit dem IWF erleichtert. Das bedeutet nicht, dass das oberste Landesgericht dann die Pesifizierung gutgeheissen hätte, wohl aber die Auszahlung in Raten oder mit Staatspapieren, womit auch die unzähligen Prozesse von Sparern („amparos“) hinfällig geworden wären. Es wäre alles viel einfacher gewesen. Aber eben, warum soll man es einfach machen, wenn es auch kompliziert sein kann. Die Rückdollarisierung der Bankdepositen wird noch weitere Konsequenzen haben. Einmal müssen dann, mit den gleichen Argumenten, auch die Reserven der Lebens- und Ruhestandsversicherungsgesellschaften und die Rentenfonds, die von den soge- 11 nannten AFJP verwaltet werden, wieder dollarisiert werden, die zunächst in Staatspapiern in Dollar und dann in einem Dollarkredit an die Regierung angelegt worden waren. Dies wurde den Gesellschaften im Prinzip schon zugesagt, und ist auf alle Fälle unerlässlich für das Überleben der lokalen Gesellschaften, die sonst nicht mit den Firmen konkurrieren können, die Gesellschaften vertreten, die ihren Sitz im Ausland haben, so dass es sich um sogenannte „off shore- Verträge“ handelt. Diese sind zwar verboten, werden aber munter weiter getätigt. Schliesslich stellt sich auch die Frage bei privaten Dollarkrediten. In diesem Fall ist der Sparer mit dem Kreditgeber identisch. Wenn nun auch diese Ersparnisse rückdollarisiert werden, dann muss auch der Kredit wieder in Dollar ausgedruckt werden. Das würde jedoch die gleichen Probleme schaffen, wie wenn die Bankkredite wieder dollarisiert würden. Es ist nicht anzunehmen, dass der Staat hier mit Subventionen einspringt, einfach, weil dies seine Finanzkraft übersteigt. Es wird interessant sein, wie die Prozesse in diesen Fällen ausgehen.