Freiheitslieder zur 1848er Revolution
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Freiheitslieder zur 1848er Revolution
Freiheitslieder zur 1848er Revolution Heckerlied 1. Wenn die Leute fragen: „Lebt der Hecker noch?“, Könnt ihr ihnen sagen: „Ja, er lebet noch! Er hängt an keinem Baume, er hängt an keinem Strick, er hängt an seinem Traume der freien Republik!“ 3. Schmiert die Guillotine mit Tyrannenfett, Reißt die Konkubine aus des Pfaffen Bett! Ja, dreiunddreißig Jahre währt die Sauerei! Wir sind keine Knechte, wir sind alle frei! 2. An den Darm der Pfaffen hängt den Edelmann. Laßt ihn dran erschlaffen, hängt ihn auf und dran. Ja dreiunddreißig Jahre währt die Sauerei! Wir sind keine Knechte, wir sind alle frei! 4. Fürstenblut muß fließen, fließen stiefeldick! Und daraus ersprießt die freie Republik. Hunderttausend Jahre währt die Knechtschaft schon. Nieder mit den Hunden von der Reaktion! Unter dem Einfluss des Gedankengutes der Französischen Revolution riefen im Jahre 1848 in Baden, zum ersten Male in der deutschen Geschichte, die Demokraten, unter der Führung von Friedrich Hecker und Gustav von Struve, die Revolution aus. Dieses Lied wurde nach der Vorlage eines älteren, weit verbreiteten Liedes von Studenten auf den Revolutionär Hecker umgedichtet und ist heute das bekannteste der zahlreichen Lieder auf die Symbolfigur des badischen Aufstandes Friedrich Hecker, der allein aufgrund seines Aussehens und seiner Redegewandtheit eine schon fast legendäre Popularität genoss. (T.+M.: Trad., Arr: Franz Schüssele) Hat alles nicht das Volk getan? Wer hat das dürre Land getränkt und Gräben hingeleitet? Wer hat der Flüsse Lauf gelenkt und Straßen ausgebreitet? Wer hat die Brücken aufgebaut, getrocknet die Moräste? Wem sind die Gärten anvertraut, die Gärten der Paläste? Hat alles nicht das Volk getan, oh Fürst und Fürstenknechte? Ihr Müßiggänger saget an, beweiset eure Rechte! Habt ihr den Pflug hervorgebracht, der unsern Fleiß ernähret? Hat eure Hand das Schwert gemacht, das unsre Faust bewehret? Die Gedanken sind frei 1. Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten. Sie fliehen vorbei, wie nächtliche Schatten. Kein Mensch kann sie wissen, kein Kerker einschließen, es bleibet dabei: Die Gedanken sind frei! 2. Ich denke, was ich will und was mich erquicket, doch alles in der Still und wie es sich schicket. Mein Wunsch und Begehren kann niemand verwehren, es bleibet dabei: Die Gedanken sind frei! 3. Und sperrt man mich ein, in finsteren Kerker, das alles sind rein vergebliche Werke. Denn meine Gedanken zerreißen die Schranken und Mauern entzwei! Die Gedanken sind frei! 4. Drum will ich auf immer den Sorgen entsagen und will mich auch nimmer mit Grillen mehr plagen. Man kann ja im Herzen stets lachen und scherzen und denken dabei: Die Gedanken sind frei! Das Lied war schon vor 1800 erstmalig in der Schweiz abgedruckt. Es hat sich über alle Zeiten im Volk stets lebendig erhalten und bewahrte gerade in Perioden der Unterdrückung stets seine aktuelle Bedeutung. La Marseillaise Die 1792 entstandene und in Straßburg erstmalig gesungene Hymne der französischen Revolution hatte für die deutsche demokratische Bewegung starken Symbolcharakter. 1. Allons enfants de la Patrie. Auf, Kinder des Vaterlands! Le jour de gloire est arrivé! Der Tag des Ruhms ist da. Contre nous de la tyrannie, Gegen uns wurde der Tyrannei L’étendard sanglant est levé, (2x) Blutiges Banner erhoben. (2 x) Entendez-vous dans les campagnes Hört Ihr auf den Feldern Mugir ces féroces soldats? die grausamen Krieger brüllen? Ils viennent jusque dans vos bras Sie kommen bis in Eure Arme, Egorger vos fils, vos compagnes. Eure Söhne, Eure Ehefrauen zu erwürgen! (T.+M.: Claude Joseph Rouget de Lisle (1760-1836)) Fürsten zum Land hinaus 1. Fürsten, zum Land hinaus, jetzt kommt der Völkerschmaus! Lustig juchheia, lustig juchheia Lustig juchheia, lustig juchhei! 5. Metternich, marsch mit dir, Rothschild und Staatspapier! 6. Dem deutschen Bundestag werft faule Eier nach! 2. Erst schubt den Kaiser Franz, dann den im Siegerkranz! 7. Fußvolk und Reisige, schlagt alle Dreißige! 3. Wilhelm liebt Bürgermord, mit ihm aus Preußen fort! 8. Nun ist Im Lande Raum; pflanzet den Freiheitsbaum! 4. Ad‘ hg Hannoverland, du wirst zur Affenschand! Das Lied stammt aus der Vormärzzeit und ist wahrscheinlich kurz vor dem Hambacher Fest von 1832 entstanden und wurde dort gesungen. Der Verfasser ist unbekannt, man weiß nur, dass im Kreise der damaligen Radikalen immer mehr Strophen hinzuerfunden wurden. Wegen der scharfen Verfolgung durch das Metternich-System erschien das Lied sehr selten im Druck. Einzelne Strophen sollen auch auf die Melodie der damaligen Kaiserhymne “Heil dir im Siegerkranz“ gesungen worden sein. (T.+M.: Trad., Arr.: Franz Schüssele) Amerika Lied 1. Jetzt Ist die Zeit und Stunde da, allwo wir ziehen nach Amerika; der Wagen steht schon vor der Tür, mit Weib und Kindern ziehen wir. 2. Amerika, du schönes Land! Das ist der ganzen Welt bekannt da wachst der Klee drei Ellen hoch, da gibt es Brot und Fleisch genug. 3. Ihr Freunde alle, wohlbekannt! Reicht uns zum letzten Mal die Hand. Wir sehen uns nun nimmermehr, ihr Freunde, weinet nicht so sehr! (T.+M.: Trad., Arr: Schüssele) Mitte des vorigen Jahrhunderts setzte in Deutschland eine riesige Auswanderungswelle— vor allem nach Amerika — ein. Ein sprunghafter Bevölkerungsanstieg (um 50%), Missernten, Hungersnöte und niedrigste Löhne— ein Bergbauarbeiter hatte etwa den Tagesverdienst von einem Laib Brot!— trieben etwa 90000 Badener um diese Zeit aus der Heimat, um in der “Neuen Welt“ ihr Glück zu suchen. Fürstenjagt 1. Hallo! Zum wilden Jagen auf jedes Kronentier. Seht, es beginnt zu tagen im ganzen Jagdrevier. Herab, du treue Büchse von stiller Hüttenwand! Zum Schuß auf Fürstenfüchse im großen Vaterland! 4. Was saust von hohen Bergen? Was braust durch‘s tiefe Tal? Das gilt den Fürstenschergen beim Völkertränenmal! Heraus! Ihr Menschenwürger! In‘s weite Jagdrevier! Wild jagen freie Bürger heut‘ jedes Kronentier! 2. Heraus, ihr scharfen Klingen aus engem Eisenschrein! Bald sollt ihr lustig springen im männlichen Verein! Die Freiheitsmaid, so minnig, lad‘t euch so dringend ein: Zu Freuden, rein und innig, aus stillem Kämmerlein. 5. Hui Sau! Mit straffen Borsten, von Polenblut so rot! Dich jagt in freien Forsten der wilde Jäger tot. Ho! Ho! So! So‘. Verende, du fürstliches Gewild! Den Fang gibt dir behende der Jäger kühn und wild! 3. Schämt euch, ihr Millionen, die ihr euch Menschen nennt, und unter‘m Joch der Kronen zur Knechtschaft euch bekennt! 0! Fühlt die Menschenwürde, Die die Natur euch gab, und werft die schwere Bürde mit starken Armen ab! 6. Das Schwarz der Knechtschaft schwindet in Kampfes blutigem Rot! Der Freiheit Gold verkündet das Ende aller Not. Zielt gut, haut scharf, ihr Treuen! Du Büchse und du Schwert. Das wird die Nachwelt freuen am freien eigenen Herd. (T.: “Kölner der Saure“, vor 1840, M.: “Auf auf zum fröhlichen Jagen“ Arr.: Franz Schüssele) Lied auf Robert Blum 1. Was zieht dort zur Brigittenau im blutigen Morgenrot? Das sind die kroatischen Jäger, sie führen den Fahnenträger der Freiheit hin zum Tod. 5. Er schlingt sich selbst die Binde wohl um der Augen Licht: Oh du Deutschland, für das ich gestritten, für das ich im Leben gelitten, verlaß die Freiheit nicht! 2. Sie haben ihn gefangen trotz Recht und Reichsgesetz, es hat ihm das Urteil gesprochen, es hat ihm den Stab gebrochen der Mörder Windischgrätz. 6. Es krachen die Gewehre, im Blute liegt der Held: Es haben die Büchsen der Jäger der Freiheit Fahnenträger, den Robert Blum gefällt. 3. Zum Richtplatz sie ihn führen, ihn schreckt nicht Tod noch Grab; Doch als er denkt der Lieben, die ihm daheim sind geblieben, fällt still eine Träne herab. 7. Der Fähnrich ist erschlagen, Es fiel der Robert Blum. Auf Brüder, die Fahne zu retten der Freiheit aus Banden und Ketten zu Deutschlands Eigentum! 4. Die Träne für Weib und Kinder entehret keinen Mann. Lebet wohl! Jetzt gilt es zu sterben, für die Freiheit Herzen zu werben. Ihr Jäger, wohlauf, schlagt an! (Nach: Allgemeines Deutsches Kommersbuch, Jahr 1919) Robert Blum ist neben Friedrich Hecker wohl „der volkstümlichste Vertreter der deutschen Volksbewegung in den 40er Jahren“, wie Wilhelm Liebknecht in seinem Buch „Robert Blum und seine Zeit“, erschienen im Jahre 1888 in Nürnberg, schreibt. Robert Blum, 1807 als Sohn eines Fassbinders in Köln geboren, war als Vertreter der linken Republikaner Vizepräsident des Frankfurter Vorparlaments und unbestrittener Führer der Linken der Nationalversammlung. Am 6. Oktober 1848 brach in Wien eine Volkserhebung gegen den berüchtigten Oberbefehlshaber der kaiserlichen Truppen Jellatschich aus. Ein Teil der Truppen lief zum Volk über. Die Frankfurter Linke entsandte eine Deputation aus vier Abgeordneten — zu denen Robert Blum auf eigenen dringenden Wunsch gehörte — zur Wiener Oktoberrevolution. Robert Blum wird in Wien zum Hauptmann des aus Nationalgardisten, Studenten und Arbeitern bestehenden „Elitecorps“ gewählt. Am 1. November 1848 wird der Aufstand von den kaiserlichen Truppen unter General Windischgrätz niedergeschlagen, und Robert Blum wird am 4. November verhaftet, da er es im Vertrauen auf seine Unverletzlichkeit als Parlamentarier abgelehnt hatte zu fliehen. Robert Blum wird von einem Standgericht am 8. November abends verhört und danach, schon in Abwesenheit, zum Tode verurteilt. Am 9. November, morgens um 5 Uhr, wird er in der Brigittenau, vor den Toren Wiens, hingerichtet. In unzähligen Trauerfeiern, Zeitungsartikeln, Broschüren und einer Flut von Flugblättern und Liedern schaf f te sich die Empörung der demokratischen Kräf te Luf t. Mein Deutschland strecke die Glieder 1. Mein Deutschland strecke die Glieder ins alte Bett, so warm und weich, Die Augen fallen dir nieder, du schläfriges deutsches Reich. 5. Deutschland nimmt nur die Hüte den Königen ab, das genügt ihm schon; der Deutsche macht in Güte die Revolution. 2. Hast lange geschrien dich heiser nun schenk dir Gott die ewige Ruh! Dich spitzt ein deutscher Kaiser pyramidalisch zu. 6. Die Professoren reißen nicht Altar noch Thron uns ein auch ist der Stein der Weisen kein deutscher Pflasterstein. 3. Oh Freiheit, die wir meinen, o deutscher Kaiser, sei gegrüßt! Wir haben auch nicht einen Zaunkönig eingebüßt. 7. Die Fragen sind erledigt, Die Pfaffen machen bim bam bum; den Armen wird gepredigt das Evangelium. 4. Sie sind uns alle verblieben. Und als nach dem Sturm wir gezählt die Häupter unserer Lieben, kein einziges hat gefehlt. 8. Fünfhundert Narrenschellen zu Frankfurt spielen die Melodie; das Schiff streicht durch die Wellen der deutschen Phantasie. (T: Georg Herwegh, M: „Es war ein König in Thule“ Karl Friedrich Zelter, 1812, Arr: Franz Schüssele) Bei einer Pfeif Tabak 1. Bei einer Pfeif bei einer Pfeif Tabak, bei einer guten Pfeif Tabak und einem Glase Bier politisieren wir. Juja, juja, ja glücklich ist fürwahr ein Staat, der Solche Bürger hat. 2. Da wird auch viel erzählt, da wird auch viel erzählt, ja viel und mancherlei erzählt, gestritten und gelacht und mancher Witz gemacht. Juja, juja, ja glücklich ist fürwahr ein Staat, der solche Bürger hat. 3. Da stoßen wir auch an, da stoßen wir auch dann wohl auf die Freiheit Deutschlands an, denn uns ‘re Polizei ist fröhlich mit dabei. Juja, juja, ja glücklich ist fürwahr ein Staat, der solche Bürger hat. 4. Doch wenn die Stunde schlägt, doch wenn die Stunde schlägt, doch wenn die Bürgerstunde schlägt, dreh‘n wir die Lampen aus und geh‘n ganz still nach Haus. (T: August Heinrich von Fallersleben M: „Ein Jäger aus Kurpfalz“ Arr: Franz Schüssele) Parlamentarier Lied 1. Zu Frankfurt an dem Main die Wäsche wird nicht rein; sie bürsten und sie bürsten, die Fürsten bleiben Fürsten, die Mohren bleiben Mohren trotz aller Professoren: 3. Im Pi-pa-po, im Pi-pa-po, im Pa-pa-pa-pa-pa-pa Parlament. Das Reden nimmt kein End! 2. Zu Frankfurt an dem Main ist alles Trug und Schein: Ganz Deutschland bleibt zersplittert, das Kapitol erzittert. Umringt von Feindeslagern die Gänse gi ga gagern: Im Pi-pa-po, im Pi-pa-po, im Pa-pa-pa-pa-pa-pa Parlament. Das Reden nimmt kein End! Zu Frankfurt an dem Main sucht man der Weisen Stein. Sie sind gar sehr in Nöten: Moses und die Propheten, Präsident und Sekretäre, wie er zu finden wäre: 4. Zu Frankfurt an dem Main so schlag der Teufel drein! Es steht die Welt in Flammen, sie schwatzen noch zusammen. Wie lange soll das dauern? Dem König Schach, Ihr Bauern! Im Pi-pa-po, im Pi-pa-po, im Pa-pa-pa-pa-pa-pa Parlament. Das Reden nimmt kein End! 5. Im Pi-pa-po, im Pi-pa-po, im Pa-pa-pa-pa-pa-pa Parlament. So Volk, mach ihm ein End! (T.: Georg Herwegh, Textbearbeitung: Franz Schüssele, M.: Franz Schüssele nach einer volkstüml. Melodie, Arr.: Franz Schüssele) Frisch auf mein Volk 1. Frisch auf mein Volk mit Trommelschlag im Zorneswetterschein. 0 wag es doch nur einen Tag, nur einen frei zu sein. Und ob der Sieg vor Sternenlicht dem Feinde schon gehört: Nur einen Tag, es rechnet nicht ein Herz, das sich empört. 3. Oh wart in deiner tiefen Not auf keinen Ehebund; wer liebt, der gehet in den Tod für eine Schäferstund: Und wer die Ketten knirschend trug, dem ist das Sterben Lust: Für einen freien Atemzug aus unterdrückter Brust. 2. Wach auf! Wach auf! Die Morgenluft schlägt mahnend an dein Ohr. Aus deiner tauseridjähr‘gen Gruft empor, mein Volk, empor! Laß kommen, was da kommen mag: Blitz auf, ein Wetterschein! Und wag‘s und wär‘s nur einen Tag, ein freies Volk zu sein! 4. Oh tilg nur einen Augenblick aus deiner Sklaverei und zeig dem grollenden Geschick, daß sie nicht ewig sei; erwach aus deinem bösen Traum: Reif ist, die du gesucht, und schüttle nicht zu spät vom Baum, wenn sie gefault die Frucht. (T.: Georg Herwegh, M.+Arr.: Franz Schüssele) Neben Ferdinand Freiligrath und Heinrich Heine wurde der heute etwas in Vergessenheit geratene Georg Herwegh zu einem der bedeutendsten Dichter der Revolution. In dem Kerker saß 1. In dem Kerker saßen Zu Frankfurt an dem Main Schon seit vielen Jahren Sechs Studenten drein, Die für die Freiheit fochten Und für das Bürgerglück Und für die Menschenrechte Der freien Republik. 3. Und am andern Morgen Hört man den Alarm. Oh, es war entsetzlich Der Soldatenschwarm! Sie suchten auf und nieder, Sie suchten hin und her, Sie suchten sechs Studenten Und fanden sie nicht mehr. 2. Und der Kerkermeister Sprach es täglich aus: Sie, Herr Bürgermeister, Es reißt mir keiner aus. Aber doch sind sie verschwunden Abends aus dem Turm, Um die zwölfte Stunde, Bei dem großen Sturm. 4. Doch sie kamen wieder Mit Schwertern in der Hand. Auf, ihr deutschen Brüder, Jetzt geht‘s fürs Vaterland. Jetzt geht‘s für Menschenrechte Und für das Bürgerglück. Wir sind doch keine Knechte Hoch die Republik! T.+M.: Trad., Arr: Franz Schüssele Badisches Wiegenlied 1. Schlaf, mein Kind, schlaf leis, dort draußen geht der Preuß! Deinen Vater hat er umgebracht, deine Mutter hat er arm gemacht, und wer nicht schläft in guter Ruh, dem drückt der Preuß die Augen zu. Schlaf, mein Kind, schlaf leis, dort draußen geht der Preuß! 3. Schlaf, mein Kind, schlaf leis, dort draußen geht der Preuß! Zu Rastatt auf der Schanz, da spielt er auf zum Tanz, da spielt er auf mit Pulver und Blei, so macht er alle Badener frei. Schlaf, mein Kind, schlaf leis, dort draußen geht der Preuß! 2. Schlaf, mein Kind, schlaf leis, dort draußen geht der Preuß! Der Preuß hat eine blut‘ge Hand, die streckt er übers bad‘sche Land, wir alle müssen stille sein, als wie dein Vater unterm Stein Schlaf, mein Kind, schlaf leis, dort draußen geht der Preuß! 4. Schlaf, mein Kind, schlaf leis, dort draußen geht der Preuß! Gott aber weiß, wie lang er geht; bis daß die Freiheit aufersteht! Und wo dein Vater liegt, mein Schatz, da hat noch mancher Preuße Platz! Schrei, mein Kindlein, schrei‘s: Dort draußen liegt der Preuß! Die Bevölkerung Süddeutschlands hasste die Preußen. Preußtum bedeutete für sie Knebelung der Demokratie, Militarismus und Terror. Wer sich damals als Demokrat verstand, war antipreußisch. Guckkastenlied vom großen Henker Seht, da steht der große Hecker, eine Feder auf dem Hut, seht, da steht der Volkserwecker, lechzend nach Tyrannenblut! Wasserstiefel, dicke Sohlen, Säbel trägt er und Pistolen, und zum Peter sagte er: „Peter, sei du Statthalter!“ Und als Gagern war gefallen, fing man leider auf dem Rhein zur Bekümmernis uns allen, unsern edlen Struwel ein. Man tat ihn in Eisen legen, aber von des Heckers wegen ließ der Oberamtmann Schey den Gefang‘nen wieder frei. „Peter“, sprach er, „du regiere Konstanz und den Bodensee, ich zieh‘ aus und kommandiere unsre tapfere Armee. Mit Polacken und Franzosen wird der Herwegh zu mir stoßen, und der stirbt lebendig eh‘r, als daß er ein Hundsfott wär.“ Kaiser, Weißhaar, Struwel, Peter, alle trieb man allbereits gleichsam als wie Übeltäter in die schöne, freie Schweiz. Doch der Peter, der kam wieder, legt die Statthalterschaft nieder, „Denn“, sprach er, „ich werde alt und verlier‘ sonst mein Gehalt.“ Pflästerer und Schieferdecker, alles, niedrig sowie hoch, alles jauchzte unsrem Hecker, als er aus zum Kampfe zog. Handwerksburschen, Literaten, Schneider, Bauern, Advokaten, alles folgte rasch dem Zug, als er seine Trommel schlug. Hecker, sag‘, wo bist du Hecker? Legst die Hände in den Schoß? Auf nun, du Tyrannenschrecker, Jetzt geht es auf Freiburg los! Badner, Hessen und Nassauer Stehen dorten auf der Lauer. Doch wir kommen schon hinein, Denn neutral will Freiburg sein. Rumdidibum, so hört man‘s schlagen, Rumbidibum, Dumdumdumbum! Und bei Straf ließ Weißhaar sagen rings im ganzen Land herum: „Tut euch schnell zusammenraffen, gebt mir Mannschaft, Pferde, Waffen, oder ich bring‘ alles um!“ Rumbidibum, Dumdumdumbum! All‘ die schönen Stadtkanonen, großer Hecker, sie sind dein; und man ladet blaue Bohnen nebst Kartätschen schnell hinein. Langsdorf will rekognoszieren, läßt sich auf das Münster führen und guckt durch ein Perspektiv, ob es gut geht oder schief. Durch die Baar tat man jetzt wandern und hernach in‘s Wiesental, und daselbst stieß man bei Kandern auf Soldaten ohne Zahl. Edler Gagern, wackre Hessen, wollt ihr euch mit Hecker messen? Gagern, du kannst nicht zurück, Vivat hoch die Republik! Oben her vom Günterstale hinter Wald und Hecken vor kam im Sturm mit einem Male Sigels wildes, tapf‘res Korps. Aber unsre Hessenschützen ließen ihre Büchsen blitzen und das Korps zog sich zurück, aus war‘s mit der Republik! Gagern wollt‘ parlamentieren, doch das ist nicht Heckers Art. „Ich“, sprach er, „soll retirieren, ich mit meinem roten Bart? Ach, nun hört man Schüsse knallen, General Gagern sah man fallen und der tapf‘re Hinkeldey saß zu Pferde auch dabei. Denn hinein zu allen Toren stürmte jetzt das Militär, und die Freischar war verloren, trotz der tapf‘ren Gegenwehr. Alle, die sich blicken ließen, tat das Militär erschießen, auch der Langsdorf brannte durch und erobert war Freiburg. Doch nun kamen Herwegh‘s Scharen er und seine Frau kam nach, in der Chais‘ sind sie gefahren auf dem Weg nach Dossenbach. Doch zu ihrem großen Ärger sah man dort die Württemberger, Miller, dieser grobe Schwab‘, kam von einem Berg herab. Und Madam hieß ihn verkriechen sich in ihren treuen Schoß denn er konnt kein Pulver riechen, und es ging erschrecklich los. Schimmelpfennig war erstochen, manche Sense ward zerbrochen und erschossen mancher Mann, die ich all‘ nicht nennen kann. Heckers Geist und Schimmelpfennig machten da den Schwaben warm. Herwegh sah‘s, er fuhr einspännig, und es fuhr ihm in den Darm. Unter seinem Spitzenleder forcht‘ er sich vor‘m Donnerwetter. Heiß fiel es dem Herwegh bei, daß der Hinweg besser sei. Also ist‘s in Baden gangen, was nicht fiel und nicht entfloh, ward vorn Militär gefangen, liegt zu Bruchsal auf dem Stroh. Ich, ein Spielmann bei den Hessen, der kann Baden nicht vergessen, der den Feldzug mitgemacht, habe dieses Lied erdacht. „Ach, Madamchen“, tat er sagen, „Aus ist‘s mit der Republik! Sollt‘ ich Narr mein Leben wagen? Nein, für jetzt nur schnell zurück. Laß für meinen Kopf uns sorgen! Komm ich heut nicht, komm ich morgen; ach, wie kneipt‘s mich in den Leib, wende um, mein liebes Weib!“ (T.: Christian Gottfried Nadler, M.: Volksweise: „Weißt du, wie viele Sternlein stehn?“ Arr.: Franz Schüssele) Sigel: Franz Sigel, Revolutionär. Anführer einer Kolonne der Freischärler. Später amerikani scher General Peter : Abgeordneter, Minister im badischen „Landesausschuss“, Revolutionär Herwegh: Revolutionär, Anführer einer Kolonne Hundsfott: Schuft (altes Wort aus dem 18. Jahrhundert) Weißhaar: Befehlshaber in Struves Gruppe, ehemal.. Postwirt Gagern: Friedrich von Gagern, Kommandant der badischen und hessischen Truppen Dr. Kaiser: Miller : von Miller, württembergischer General Hinkeldey: Offizier bei Gagern, hessischer Oberst Kartätschen: Struwel: Gustav von Struve, Freischarkommandant Langsdorf: Student, Revolutionär, bei Hecker dabei und in Freiburg Artilleriegeschoß (Hülse mit gehacktem Blei, Kugeln oder Nägeln gefüllt), das beim Schuss zerreißt und schreckliche Wunden verursacht. Schimmelpfennig: von Schimmelpfennig, ehemal. Preuß. Offi zier, Revolutionär, später amerikanischer Offizier badischer Republikaner Das Lied schildert aus der Sicht eines Bänkelsängers die Ereignisse der 48er Revolution im Rückblick. Der Sänger nimmt dabei die Position der spottenden politischen Restauration ein, was seinem Geschäft nur zuträglich sein konnte. Eine Schilderung aus der Sicht der Revolutionäre hätte öffentlich nicht auf geführt werden dürfen. Das Lied ist insofern interessant, als es eine Zusammenfassung der politischen Ereignisse aus einem ganz bestimmten historischen Blickwinkel gibt. Peter von Hagenbach 1. Wend wir aber heben an von Hagenbach, dem schampern man, wie es ist ihm ergangen: er lit zuo Brisach im tunne tief und ist siner söldnern gefangen! 4. Wend ir hörn, was Hagenbach sprach, do er den henker anes ach: „muoß ich die stein ufziechen? wer ich dri mil von diser stat: in Burgund so welt ich fliechen!“ 2. Hagenbach was ein böser lib, er hat betrogen meng bidermans wib, darzuo vil schön jungfrowen! daß er als wenig gotsforcht hat ghan, des mag sin arme sel wol truren! 5. Der eidgnoßn boten kamend dar, do er ir erste ward gewar, „ach got, nuon sehn ich wol, sind die us eidgenoßen komen, ach leider, daß ich sterben muoß und sol! 3. Er hat vil unglück gmacht im Land, das ist doch den von Thann ein schand, daß si s im hand vertragen, daß er so mengem burger guot den kopf hat abgeschlagen. Bombaratschi dara Bombaratschi dara! Bombaratschi dara! Bombaratschi! Bonibaratschi! Rewelutschion! 1. Bombsvalera! Wir brauchen keinen König mehr! Bombsvalera! Wir brauchen ihn nicht mehr! 2. Bumsfallera! Wir brauchen keine Offiziere mehr! Bumsfallera! Wir brauchen sie nicht mehr! Ça! Ça! Rewelutschion! (T.+M.: Trad., An.: Franz Schüssele) Unter dem Titel „Die Bauernmarseillaise von 1848“ sind der Text und die Melodie zusammen mit einem plattdeutschen Kommentar bezeugt: „.. (1848) köm mit eenenmal ook in eenigen Dörpern in de Hei un in‘n Wendland (in der Heide und in Hannoversch-Wendland) en ganz vertrackt Rebelenleed up. Keener wuß, woher dat kamen weer und wer dat toerst upbrocht har. Awer Awend för Awend grölen un brüllen de jungen Burssen da Deuwelsleed dör de düstern Straten...“ Trotz der Bezeichnung als Bauernmarseillaise wird dieses Lied nicht auf die Weise der französischen Marseillaise gesungen. Ein weiterer Beleg für das Absingen des Liedes ergibt sich aus einer satirischen Beschreibung des hannoverschen Schützenfestes von 1848. Eine militärische Variante: “Bumsfallera, wir brauchen keine Offiziere mehr“ sangen hannoversche Soldaten vom 3. leichten Bataillon (“Goslarer Jäger“) am 26. März 1849 anlässlich einer kleinen Meuterei. Dabei ging es darum, dass eine Reihe von Mannschaften sich weigerte, ein Dampfschiff zu besteigen, das sie über die Elbe bringen sollte. Das Bataillon sollte nämlich, wie schon 1848, am Feldzug gegen Dänemark teilnehmen. Aus dem Vorjahr war den Soldaten aber die katastrophale Versorgungslage der Truppen noch in bester Erinnerung (schlechte Verpflegung, kein Ersatz für verschlissene Uniformen, Quartiere voller Ungeziefer). Sprüche und Verse aus der Revolutionszeit Geling, gelang, der Bott isch krank. Er lait im Feld un het kai Geld. Geling, gelang, der Bott isch krank. Er het e böser Zeh, Er gumpet in de Stube rum Un fangt e Hufe Fleh. Bott: Büttel (eigentlich Gerichtsbote)* Lait: liegt böser Zeh: eine wunde Zehe e Hufe Fleh: einen Haufen (eine Menge) Flöhe * Der Bott oder Büttel rief die amtlichen Bekanntmachungen im Dorfe aus. Sein Amtsinstrument, um auf sich aufmerksam zu machen, war die Schelle, mit der er Nachrichten „ausschellte“. Mit diesem Vers verspotteten die Kinder den Vertreter der Obrigkeit, der sie nur beim Spielen störte. Maikäfer flieg! Der Hecker isch im Krieg, der Hecker isch im Oberland d er Hecker isch im Unterland Maikäfer flieg! Hecker, Struve, Sigel, Blum! Kommt und bringt die Fürsten um! Maikäfer flieg! Der Hecker isch im Krieg, der Struve isch im Oberland und macht die Republik bekannt. Maikäfer flieg! Der Gagern, der sitzt drauße, Gagern: Oberkommandeur der Regierungstruppen Der Schmerling, der sitzt drinn, Schmerling: Vertreter der Republikaner Der Beckerat macht Flause, Beckerat: Vertreter der Republikaner Der Beucker hetts im Sinn. Beucker: Vertreter der Republikaner Doch Einer sitzt, ‘s isch schrecklich, Weiß Gott nit druß nit drinn, Des isch der Friedrich Hecker, Derf nit nach Frankfurt hin. Die Helden der Revolution waren im Bewusstsein der Bevölkerung so gegenwärtig, dass sie sogar in Verse und Sprüchlein der Kinder eindrangen. Katzenmusik „Heil dir im Siegeskranz“ Zu Anfang des 19. Jahrhunderts war öffentliche Kritik durch die Pressezensur verboten. Die „Katzenmusik“, das bewusste Falsch-Spielen, war ein Mittel, um den politischen Gegner zu provozieren. Ein gefundenes Fressen für das Abhalten von Katzenmusiken war die Preußische Nationalhymne nach der englischen Melodie „God save the Queen“ von Henry Carey 1743. Heil dir im Siegerkranz, Herrscher des Vaterlands! Heil, Kaiser dir! Fühl in des Thrones Glanz Die hohe Wonne ganz: Liebling des Volks zu sein! Heil, Kaiser dir! Ein Berliner Straßenvers aus dem Jahre 1835 lautet: Heil dir im Siegerkranz, heut bleibt keene Scheibe janz! Im badischen Oberkirch hieß es anno 1848: Heil dir im Siegerkranz, Hit blibt kein Schiib mehr ganz! Die Stadtkapelle Oberkirch wurde im Jahre 1810 gegründet. Durch erhalten gebliebene Rechnungsbelege sind jedoch schon Instrumentenkäufe aus dem Jahr 1790 bekannt. Während der Jahre 1848/49 haben sich auch Mitglieder der Stadtkapelle Oberkirch den Gedanken der Revolution angeschlossen und durch Katzenmusiken kräftig Luft abgelassen. Nach dem Sieg der politischen Restauration wurde daraufhin das Musizieren in der Stadtkapelle von 1849 bis 1871 verboten. Wir danken Herrn Franz Schüssele, Friesenheim, für die freundliche Genehmigung, die Lieder zur Revolution von 1848/49 zeigen zu dürfen. CD: D'Gälfiäßler: Die Gedanken sind frei. Freiheitslieder vom Mittelalter bis zur 1848er Revolution. Im Vertrieb von merkton, Baden-Baden. Zu beziehen bei: Gälfiäßler-Verlag, 77948 Friesenheim. Kontakt: http://www.alphorn-center.de/ , [email protected]