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Palermo eröffnet ersten Mafia-freien Supermarkt
04.03.2008 | 12:18 | (DiePresse.com)
Nur Produkte von Kaufleuten, die kein Schutzgeld an die Mafia zahlen, gibt es im "Punto pizzo-free". In der sizilianischen Hauptstadt
zahlen 80 Prozent der Unternehmen Schutzgeld.
Begonnen hat alles vor vier Jahren mit einer Plakatserie: "Ein ganzes Volk, das Schutzgeld zahlt, ist ein Volk ohne Würde." Am Samstag eröffnet
in Palermo der erste Supermarkt "Punto pizzo-free" ("pizzo" heißt Schutzgeld). Verkauft werden ausschließlich Produkte von Kaufleuten, die sich
weigern, der sizilianischen Mafia "Cosa Nostra" Schutzgeld zu zahlen. 241 Kaufleute haben sich dem Komitee "Addiopizzo" (Schutzgeld Adieu)
angeschlossen, das den Supermarkt im Zentrum von Palermo geöffnet hat, berichtete die Tageszeitung "La Repubblica" am Dienstag.
"Wer bei uns kauft, soll wissen, dass er keineswegs indirekt die Cosa Nostra unterstützt. Es ist an der Zeit, dass man eine ökonomische
Verbraucherbewegung bildet, die nicht mehr die Mafia unterstützen will", sagte der der 29-jährige Kaufmann Fabio Messina, Initiator des
Projekts. "Ändere deine Konsumgewohnheiten gegen die Mafia", lautet der Slogan seines Verbands.
80 Prozent der Händler zahlt "il pizzo"
Die Staatsanwaltschaft sagt, dass in Palermo 80 Prozent der Händler oder Kaufmänner Schutzgeld an die Mafia zahlen. Der Kaufleuteverband
berichtet von ähnlichen Zahlen und beruft sich auf das Verzeichnis, das die Anfang November festgenommenen Mafiabosse Salvatore und Sandro
Lo Piccolo geführt hätten. Hunderte von Unternehmern, Händlern und Freiberuflichen seien aufgelistet, die monatlich oder jährlich "il pizzo" an
die Erpresser von der Cosa Nostra zahlten. Auch bekannte Läden und Bars im Zentrum der sizilianischen Metropole seien darunter.
Mafia-Felder für ökologischen Anbau
Jugendliche Arbeitslose haben kürzlich die Agrargenossenschaft "Placido Rizzotto Libera Terra" gegründet und bewirtschaften Felder, die früher
der Cosa Nostra gehört haben, bevor sie der Staat konfiszierte. Die Liegenschaften befinden sich rund um die sizilianischen Gemeinden Altofonte,
Camporeale, Corleone, Monreale, Piana degli Albanesi, Roccamena, San Cipirelllo und San Giuseppe Jato. Angebaut wird nicht nur Weizen,
sondern auch Wein, Öl, Honig und Melonen - alles kontrolliert ökologisch.
"Dieser Wein, dieses Öl, der Honig, die Melonen und die Pasta - sie sind mehr als nur Lebensmittel. Sie sind ein Zeichen gegen die Macht der
Mafia", erklärt Don Luigi Ciotti. Der Vorsitzende der Antimafia-Bewegung "Libera" kämpft bereits seit 1995 gegen jede Art von Mafia-Vereinigung.
Die Idee der Bebauung von Ex-Mafia-Feldern hat er zusammen mit dem Präfekten von Palermo ausgearbeitet, Renato Profili. Das Projekt
"Liberaterra" (freies Land), das die Konfiszierung und Verteilung aller Mafia-Güter vorsieht, fand schnell Anklang in der sizilianischen
Bevölkerung.
(APA/Red.)
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15/03/2008 8.35