Rhetorische Stilmittel - Karolinen

Transcription

Rhetorische Stilmittel - Karolinen
Rhetorische Stilmittel
Alliteration (Stabreim): Wiederholung des gleichen Anlauts in aufeinander folgenden Wörtern (im Deutschen nur in betonten Silben):
 dt.: Milch macht müde Männer munter (Werbung); Götter, Gräber und Gelehrte (Buchtitel); Titel, Thesen, Temperamente (Fernsehsendung); Du hast der Götter Gunst erfahren (Schiller).
 lat.: rem, regem, regimen, regionem, religionem conserva Bavaris, Virgo Maria, tuis! (Balde); Gallia securibus subiecta perpetua premitur servitute. (Caesar, b.g. VII 77, 16)
Anapher: Wiederholung des gleichen Wortes oder der gleichen Wortgruppe am Anfang von Sätzen oder
Texteinheiten:
 dt.: Ich will dich lieben, meine Stärke, ich will dich lieben, meine Zier, ich will dich lieben mit dem Werke und immerwährender Begier. Ich will dich lieben, schönstes Licht, bis mir das Herze bricht (A. Silesius). Das Wasser rauscht, das Wasser schwoll ... (Goethe).
 lat.: Omnem nobilitatem, omnem senatum, omnem equitatum amiserunt. (Caesar, b.g. I 31, 6)
Antithese: Gegenüberstellung gegensätzlicher Begriffe oder Gedanken:
 dt.: Denn wo das Strenge mit dem Zarten, / wo Starkes sich und Mildes paarten, / da gibt es einen guten
Klang. / drum prüfe, wer sich ewig bindet, / ob sich das Herz zum Herzen findet! / Der Wahn ist kurz, die
Reu ist lang (Fr. Schiller, Die Glocke)
 lat.: Obsides accipere, non dare consueverunt. (Caesar, b.g. I 14, 7)
Asyndeton: Unverbundene Reihung von Wörtern, Satzgliedern oder Sätzen:
 dt.: Alles rennet, rettet, flüchtet. (Schiller)
 lat.: Omnes lingua, institutis, legibus inter se differunt. (Caesar, b.g. I 1, 2)
Chiasmus: Überkreuzstellung einander entsprechender Wörter oder Wortgruppen, benannt nach dem griechischen Buchstaben X (= Chi):
 dt.: Eng ist die Welt und das Gehirn ist weit (Schiller, »Wallenstein«);
 lat.:
Viget aetas
animus valet. (Sallust, Cat. 20,10: Frisch ist unser Alter, unser Herz ist stark.)
Ellipse: Auslassung eines leicht ergänzbaren Wortes (Im Lateinischen zumeist des Infinitivs esse bei Infinitiv Perfekt Passiv oder Infinitiv Futur oder Gerundiv oder Formen von esse):
 dt.: Ende gut, alles gut.
 lat.: Memoria tenebat consulem occisum (esse). (Caesar, b.g. I 7, 4)
Se illis regna conciliaturum (esse) confirmat. (Caesar, b.g. I 3, 7)
Caesar non exspectandum (esse) sibi statuit. (Caesar, b.g. I 11, 6)
Epanalepse (Geminatio): Wiederholung eines Einzelwortes (Iteratio) oder einer Wortgruppe (Repetitio) oft
am Satzanfang, unmittelbar oder nach Zwischenschaltung anderer Wörter / Satzteile
 dt.: Nein, nein und nochmals nein. – Backe, backe Kuchen... – Lass sausen durch den Hagedorn, lass sausen, Kind, lass sausen (Bürger, Lenore). – Hilf, Gott, hilf (ebda.)
 lat.: Crux, crux, inquam! Das Kreuz, das Kreuz, sage ich. (Cicero, In Verrem 2,5,162)
Eine Sonderform der Geminatio stellt die Anadiplosis dar: Das letzte Wort bzw. die letzte Wortgruppe eines
Satzes / Verses wird zu Beginn des nächsten Satzes / Verses wiederholt
 Fern im Süd das schöne Spanien, / Spanien ist mein Heimatland (E. Geibel, Der Zigeunerknabe)
 Spectatum veniunt, veniunt spectentur ut ipsae (Ovid, ars 1,99)
Hendiadyoin: Aufspaltung einer Vorstellung in zwei Wörter:
 dt.: bitten und flehen, Hauen und Stechen, Saft und Kraft
 lat.: A cultu atque humanitate (Zivilisation) provinciae longissime absunt. (Caesar, b.g. I 1, 3); das Hendiadyoin kann bei der Übersetzung oft mit einem Wort wiedergegeben werden.
Rhetorische Mittel
1/ 2
© M. Bothe
Homoioteleuton: Gleichklang der Wortenden aufeinenanderfolgender Wörter oder Wortgruppen, (im Deutschen oft als Binnenreim bzw. als Hendiadyoin, bisweilen auch als Alliteration):
 dt.: mit Sack und Pack; mit Singen und Klingen und Tanzen und Springen ; Gloria, Viktoria widewidewitt juchheirassa (Fahrtenlied)
 lat.: homo sine re, sine fide, sine spe, sine sede (Cicero, pro Caelio 78); corpus inventum integrum illaesum opertumque (Plinius d. Jüngere, Brief VI,16); plenus venter non studet libenter
Hyperbaton: Trennung syntaktisch zusammengehörender Wörter, bes. Substantiv und Attribut; im Deutschen auch Abweichung von der üblichen Wortstellung:
 dt.: Städte baute er mächtige
 lat.: Aliud iter habent nullum. (Caesar, b.g. I 7, 3);
Klimax: (oft dreigliedrige) nach Inhalt, Intensität und auch Umfang stufenweise steigernde Folge von Wörtern, Satzteilen oder Sätzen.
Eine Form der Klimax ist die Gradation (lat. gradatio ‘Steigerung’). Bei ihr handelt es sich um eine durch
Hinzufügung gebildete rhetor. (Wort-)Figur, bei der eine stufenweise Steigerung stattfindet nach dem Muster
a ...b / b ...c / c ...d. Beispiel: Dem Africanus erwarb seine Tätigkeit Tugend, seine Tugend Ruhm, sein Ruhm
Nebenbuhler.
In den meisten Fällen ist das zweite oder dritte bzw. das letzte Glied der Steigerung nicht nur der Bedeutung
nach das gewichtigere, sondern auch der Silbenzahl oder dem Umfang nach das größere:
 dt.: „Das große Karthago führte drei Kriege. Es war noch mächtig nach dem ersten, noch bewohnbar nach
dem zweiten. Es war nicht mehr auffindbar nach dem dritten“ (B. Brecht)
 lat.: Hominem esse barbarum, iracundium, temerarium (Caesar, b.g. I 17, 3)
Litotes: Umschreibung einer Aussage durch Verneinung des Gegenteils:
 dt.: nicht wenig (= sehr viel); nicht gerade einer der Klügsten
 (Caesar dixit) se ... iniurias non neglecturum (esse). (Caesar, b.g. I 35, 4)
Metapher: Übertragung eines Wortes bzw. Ausdrucks als Symbol oder als Vergleich in einen anderen Bereich; dabei ist das Bild, ein typisches Merkmal oder eine wesentliche Eigenschaft des Wortes von Interesse:
 dt.: pechschwarzes Haar, Knollennase, Schneckentempo, Liebesglut, Buchrücken, Tischbein
 faex (Abschaum) civitatis, fulmina (Blitze, Blitzschläge) fortunae
Metonymie: Ersatz eines Wortes durch ein anderes in einem inhaltlichen Zusammenhang stehendes, besonders Stoff statt Produkt, Ursache statt Wirkung, Teil statt des Ganzen (pars pro toto) bzw. das Ganze statt des
Teils (=Synekdoché), Gefäß statt Inhalt etc.:
 dt.: unter unserem Dach (= Haus), Dieselmotor, eine gute Traube (=Wein)
 cedant arma togae (Cic, de off. 1,77); pinus ~ Schiff, aquae ~ Meer; Bacchus ~ Wein; Venus ~ Liebe
Polyptoton: Wiederholung desselben Wortes (Verb, Nomen) in verschiedenen Flexionsformen innerhalb
desselben Satzes bzw. derselben Periode oder innerhalb zusammenhängender Verse:
 dt.: Buch der Bücher; Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf; „Werwolf, Weswolfs, Wemwolf ...“
(Morgenstern); „Wer nicht will, der wird gewollt“ (E. Strittmatter)
 Homo homini lupus. (Plautus, Asinaria 495).
Parallelismus: gleiche Anordnung von einander entsprechenden Wörtern oder Wortfolgen:
 dt.: „Als ich noch Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte ich wie ein Kind, urteilte ich wie ein Kind“
(1. Kor 13,11)
 Militibus simul et de navibus desiliendum et in fluctibus consistendum et cum hostibus erat pugnandum.
(Caesar, b.g. IV 24, 2 f.)
Trikolon: dreigliedriger Ausdruck (vergl. Klimax, Parallelismus, Asyndeton):
 dt.: heute back ich, morgen brau ich, übermorgen hole ich der Königin ihr Kind
 Hi omnes lingua, institutis, legibus inter se differunt (Caesar, b.g. I 1, 2 f.)
Rhetorische Mittel
2/2
© M. Bothe