Humane Papillomaviren HPV
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Humane Papillomaviren HPV
Laborgemeinschaft Institut für medizinische & molekulare Diagnostik AG. Zürich Info Humane Papillomaviren HPV 1. Bedeutung Papillomaviren sind eine heterogene Gattung doppelsträngiger DNA Viren, die mit dem Genus Polyomavirus der Familie der Papovaviridae angehören. Durch sie verursachte klinische Erscheinungsformen sind schon in der griechischen Literatur der Antike beschrieben und bereits Mitte des 19. Jahrhunderts äusserte ein italienischer Arzt die Beobachtung, dass Nonnen praktisch nie an einem Gebärmutterkarzinom erkrankten. Er folgerte daraus, durch den Geschlechtsverkehr könnte ein krebserregendes Agens übertragen werden. Heute ist die kausale Rolle von HPV bei der Entstehung des Zervixkarzinoms und anderer bösartiger Geschwülste im Genitalbereich, auch beim Mann, über jeden Zweifel erhaben [1,2,3,4]. Es mehren sich die Hinweise, dass HPV auch mitbeteiligt sind an malignen Tumoren der Haut [5] sowie der Schleimhaut im Hals-Kopf-Bereich [6,7]. Eine der ersten Krankheiten überhaupt, bei der erkannt wurde, dass eine Virusinfektion beim Menschen zu maligner Entartung führen kann, ist die Epidermodysplasia verruci-formis (EV), eine seltene, vererbte Dermatose. Die Patienten sind meist schon als Kinder - am ganzen Körper übersät mit Warzen, die sich oft nach Jahren zu Plattenepithelkarzinomen entwickeln. In diesen Läsionen wurde eine Vielzahl verschiedener HPV Typen nachgewiesen, die als EV-HPV in eine spezielle Gruppe zusammengefasst wurden. Wie man heute weiss, sind diese nicht auf EV Patienten begrenzt, sondern weit verbreitet und werden vor allem auch bei Organtransplantierten gefunden [8,9]. Den entscheidenden Durchbruch erlebte die HPV-Forschung erst durch die Entwicklung molekularbiologischer Techniken, vor allem der PCR, da die Viren in vitro nicht vermehrt werden können [10]. Sie infizieren proliferierende epitheliale Zellen (Basalzellen) und exprimieren schrittweise unterschiedliche Gene, abhängig vom Differenzierungsgrad der Wirtszelle: die "early" Gene E1-E7 kodieren vor allem für regulatorische Proteine, die bei der Virusvermehrung eine wichtige Funktion haben, die "late" Gene L1 und L2 für Kapsidproteine. Reife Viruspartikel finden sich nur in terminal differenzierten Plattenepithelzellen. In den meisten Fällen verläuft die Infektion unbemerkt. In einem kleinen Prozentsatz nur kommt es zur klinischen Manifestation, wobei Art und Lokalisation der Läsion häufig vom infizierenden HPV Typ bestimmt wird. Die Einteilung in Typen mit niedrigem (low risk) und hohem Risiko (high risk) trägt dem unterschiedlichen onkogenen Potenzial Rechnung [11,12,13]. Momentan sind über 100 Typen bekannt, wovon 80 im HPV Referenzzentrum für humanpathogene Papillomaviren am Deutschen Krebsforschungszentrum DKFZ in Heidelberg vollständig charakterisiert wurden und in Form klonierter DNA vorliegen [14]. HPV verursachen Tumore, die zum grössten Teil gutartig sind (Warzen, Kondylome, Papillome), aber auch transitorische, prämaligne Läsionen (Dysplasien). Die meisten Infektionen werden vom immunkompetenten Wirt durch Elimination des Virus überwunden und heilen ohne Residuen ab. Etwa 10-20% persistieren. Die Persistenz hochriskanter HPV Typen ist die Voraussetzung für eine Progression in Richtung Malignität. Bei Karzinomen ist die HPV DNA ins Genom der Wirtszelle integriert, in präkanzerösen Läsionen liegt sie extrachromosomal im Zellkern. Bei onkogenen HPV Typen wurden virale Gene (E6/E7) nachgewiesen, die die Wirtszelle immortalisieren. Es liess sich zeigen, dass die von diesen Genen codierten Virusproteine mit Tumor-suppressor Genen der Wirtszelle interagieren und deren normale Funktion beeinträchtigen, u.a. die Regulation des Zellzyklus, was zu unkontrolliertem Zellwachstum und chromosomaler Instabilität führen kann [4,15]. Als Kofaktoren, die den Verlauf der Infektion ungünstig beeinflussen können, gelten geschwächte Immunabwehr (durch Organtransplantation, HIV Infektion, Medikamente) und genetische Prädisposition; für die genitalen Infekte Promiskuität, andere sexuell übertragene Krankheiten, Frau über 30jährig; für solche im Oropharynxbereich Nikotin- und Alkoholabusus, oraler Sex und für die Nicht-Melanom-Karzinome der Haut die Einwirkung von UV-Strahlen. Die Ausdehnung der Suche nach HPV in malignen Läsionen auf Körperregionen ausserhalb des Genitalbereichs, die Entdeckung neuer onkogener Typen, in Zukunft wahrscheinlich auch anogenitaler, machen eine Anpassung der Labordiagnostik unumgänglich. WebSite www.lg1.ch Konsilium All Content Copyright© LG1/IMD Okt. 2006/220304 1 2. Nachweismethoden Der Nachweis von HPV kann nur molekularbiologisch geführt werden. Die meist verwendete Methode ist die PCR, die über die Jahre vielfach modifiziert wurde. Die Mehrheit der beschriebenen PCR-Systeme basiert auf der Genregion L1 des HPV Genoms [10,16,17]. Das von IMD verwendete amplifiziert mit Hilfe von degenerierten consensus Primern 450 Nukleotide, wodurch alle bisher bekannten, aber auch neue HPV Typen erfasst werden. Das Amplifikat wird anschliessend durch Sequenzierung und Datenbankvergleich genotypisiert. Durch ein selektives Sequenzierungsverfahren sind auch Mischinfektionen für 13 der häufigsten anogenitalen Typen nachweisbar [10,18]. Eine Amplifikationkontrolle wird für jede Probe mitgeführt. Damit kann stark degradierte DNA (z.B. durch Fixationsmittel) erkannt und das Untersuchungsresultat u.U. in Frage gestellt werden. Für die Untersuchung von Proben ausserhalb des Anogenitalbereichs ist die PCR Methode der Wahl. Das auf dem Markt etablierte Digene Hybrid Capture System hat sich in vielen Händen über Jahre bewährt. Es ist aber auf die Erfassung der wichtigsten anogenitalen HPV Genotypen beschränkt und unterscheidet lediglich zwischen Gruppen von Typen mit hohem bzw. niedrigem Risiko, erlaubt also keine Aussage über den einzelnen Genotyp [12]. Problematisch ist, dass die Sonden teilweise kreuzreagieren [19, eigene Daten]. Da der Nachweis der Persistenz ein und desselben Hochrisiko-Typs bei einer genitalen Infektion für die Entwicklung der Läsion und demzufolge für die Überwachung der Patienten von ausschlaggebender Bedeutung ist, wird auch hierzulande zunehmend die HPV Genotypisierung in gynäkologischen Proben empfohlen resp. zur Diskussion gestellt [20], derweil sie andernorts bereits Routine ist [19]. 3. Therapie Eine spezifische antivirale Therapie steht nicht zur Verfügung. Die Zukunft liegt wahrscheinlich bei Impfstoffen gegen onkogene HPV Typen, an deren Entwicklung intensiv gearbeitet wird. 4. Untersuchungsmaterialien Folgende Proben sind für eine Untersuchung auf humane Papillomaviren geeignet: • Abstriche und Biopsien aus Genitalbereich (Zervix/Portio/Vagina/Vulva/Urethra/Penis) • Abstriche und Biopsien aus ORL Bereich (Mundhöhle, Tonsillen, Zunge, Larynx) • Hautbiopsien Der Versand von Abstrichen erfolgt im Digene Specimen Collection Kit oder im PCR Standard Transportmedium. Tupfer im Medium belassen! Biopsien nativ in sterilem Behälter, fixierte Biopsien tel quel. 5. Literatur [1] H. zur Hausen. Papovaviruses, p. 291-307. In: Topley & Wilson’s Microbiology and Microbial Infections, 9th edition. L. Collier, A. Balows, M. Sussmann (ed.). Arnold, London 1998. [2] F.X. Bosch, M.M. Manos, N. Munoz, M. Sherman, A.M. Jansen, J. Peto, M.H. Schiffman, K.V. Shah, International Biological Study on Cervical Cancer (IBSCC) study group. 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