unobserved components modell
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Empirische Wirtschaftsforschung Prof. Dr. Bernd Süßmuth Universität Leipzig Institut für Empirische Wirtschaftsforschung Volkswirtschaftslehre, insbesondere Ökonometrie 9.6. Zeitreihen und Zeitreihenmodelle Prinzipielle Unterscheidung: (i) reine Zeitreihenmodelle (univariat): • ohne Einbeziehung erklärender Variablen • Erklärung der Dynamik aus der Reihe selbst kann eingesetzt werden, um die Konjunkturkomponente eines Unobserved Components Model abzubilden geeignet für kurzfristige Vorhersagen 21.06.2010 Empirische Wirtschaftsforschung · Prof. Dr. Bernd Süßmuth 2 9.6. Zeitreihen und Zeitreihenmodelle (ii) Strukturelle Zeitreihenmodelle (bi- oder multivariat): • Einbeziehung erklärender Variablen • Erklärung der Dynamik auch aus anderen Reihen als der zu untersuchenden Reihe selbst kann eingesetzt werden, um ökonomische Theorien auf Basis dynamischer Schätzungen zu überprüfen geeignet für langfristige Vorhersagen 21.06.2010 Empirische Wirtschaftsforschung · Prof. Dr. Bernd Süßmuth 3 9.6.1. ARIMA-Modelle (Der Box-Jenkins-Ansatz) • 1970: George E.P. Box und Gwilym M. Jenkins • Methodisches Konzept für reine Zeitreihenmodelle (i) Bestandteile eines ARIMA(p,d,q)-Modells: yt = Φ1 yt −1 + + Φ p yt − p + δ + ε t − θ1ε t −1 − − θ qε t −q AR −Teil MA−Teil 1. Integrierte Prozesse I(d) 2. Autoregressive Prozesse AR(p) 3. Moving-Average-Prozesse MA(q) 21.06.2010 Empirische Wirtschaftsforschung · Prof. Dr. Bernd Süßmuth 4 9.6.1. ARIMA-Modelle (Der Box-Jenkins-Ansatz) 1. Integrierte I(d)-Prozesse Eine Zeitreihe ist integriert der Ordnung d bzw. I(d), wenn sie d-mal differenziert werden muss, um stationär zu werden. Ein ARIMA(1,0,0)-Prozess yt = δ + Φyt −1 + ε t ist stationär bzw. ein I(0)-Prozess, wenn Φ < 1 . yt yt −1 + ε t ist ein I(1)-Prozess, da Ein Random Walk = wt = ∆1 yt = ε t ; wt als Reihe der ersten Diff. von yt ist stationär. 21.06.2010 Empirische Wirtschaftsforschung · Prof. Dr. Bernd Süßmuth 5 9.6.1. ARIMA-Modelle (Der Box-Jenkins-Ansatz) Allgemein: Wenn yt I(d) ist, ist wt = ∆ d yt stationär. Liegt umgekehrt eine differenzierte Reihe wt vor, können wir durch d-maliges Aufsummieren zurück zu yt gelangen: yt = y0 + ∑ d wt mit ∑ = ∆ −1 und ∑ 2 = ∑∑ wt Dazu müssen wir über den Anfangswert y0 verfügen. Für d=1, d.h. wt = ∆yt , ergibt sich damit: 21.06.2010 y= y0 + ∑ wt t Empirische Wirtschaftsforschung · Prof. Dr. Bernd Süßmuth 6 9.6.1. ARIMA-Modelle (Der Box-Jenkins-Ansatz) Numerisches Beispiel eines I(1)-Prozesses: wt = ∆yt t yt 0 2 1 8 6 2 4 -4 3 7 3 4 9 2 y4 = y0 + ∑w t 4 ∑w t =7 = 2 + 7 = 9. 1 21.06.2010 Empirische Wirtschaftsforschung · Prof. Dr. Bernd Süßmuth 7 9.6.1. ARIMA-Modelle (Der Box-Jenkins-Ansatz) In der Makroökonomik gehören integrierte bzw. I(1)-Zeitreihen meist zu Bestandsgrößen, die einen kumulativen Effekt messen (im Gegensatz zu Flussgrößen): Eine Reihe der Netto-Lagerinvestionen (Zu- und Abgänge vom Lager) verläuft eher zeitkonstant bzw. weniger trendbehaftet als eine Reihe der Lagerbestände. Wenn kein Anhaltspunkt aus der Theorie über die Ordnung d eines I(d)-Prozesses: Analyse der Autokorrelationsfunktion. 21.06.2010 Empirische Wirtschaftsforschung · Prof. Dr. Bernd Süßmuth 8 9.6.1. ARIMA-Modelle (Der Box-Jenkins-Ansatz) 2. Autoregressive AR(p)-Prozesse y t = φ1 y t −1 + + φ p y t − p + δ + ε t Die Reihe yt hängt von ihren eigenen Vergangenheitsbeobachtungen ab, die p Perioden zurückliegen können. Die geschätzten Koeffizienten φ1 , φ p geben somit an, wie stark die Werte einer Reihe von ihren vergangen Werten abhängen. 21.06.2010 Empirische Wirtschaftsforschung · Prof. Dr. Bernd Süßmuth 9 9.6.1. ARIMA-Modelle (Der Box-Jenkins-Ansatz) Erstes Charakteristikum stationärer AR(p)-Prozesse: Zeitinvariater Erwartungswert E ( y t ) = E ( y t −1 ) = E ( y t − p ) = µ Sofern φ1 + φ 2 + + φ p < 1, gilt für einen AR(p)-Prozess: φ p E ( yt − p ) + E (δ ) + E (ε t ) E ( y= φ1E ( yt −1 ) + φ2 E ( yt −2 ) + t) + φpµ + δ µ = φ1µ + φ2 µ + µ= δ φp 1 − φ1 − φ2 − 21.06.2010 Empirische Wirtschaftsforschung · Prof. Dr. Bernd Süßmuth 10 9.6.1. ARIMA-Modelle (Der Box-Jenkins-Ansatz) Ein AR(1)-Prozess ist stationär, wenn φ1 < 1 : φ1 yt −1 + δ + ε t ⇒ = µ y= t Für φ1 δ 1 − φ1 und δ 2 : 0,5 = y t = 2 + 0.5 y t −1 2 + εt ⇒ µ = = 4. 1 − 0.5 Beachte: Ein Random Walk (mit / ohne Drift) ist zwar ein AR(1)-Prozess, jedoch nicht stationär! 21.06.2010 Empirische Wirtschaftsforschung · Prof. Dr. Bernd Süßmuth 11 9.6.1. ARIMA-Modelle (Der Box-Jenkins-Ansatz) Zweites Charakteristikum stationärer AR(p)-Prozesse: Fester Zusammenhang von Varianz und Kovarianz Für einen stationären AR(1)-Prozess mit δ = 0 gilt 2 2 ) γ= ( ) ( ) = φ + ε Var ( yt= E y E y t t 0 1 t −1 γ 0 = E (φ12 y 2t −1 + 2φ1 yt −1ε t + ε t2 ) = φ12γ 0 + σ ε2 . σ ε2 Varianz: γ 0 = 1 − φ12 21.06.2010 ; Kovarianz zum Lag k: γ k = φ1k γ 0 Empirische Wirtschaftsforschung · Prof. Dr. Bernd Süßmuth 12 9.6.1. ARIMA-Modelle (Der Box-Jenkins-Ansatz) Drittes Charakteristikum stationärer AR(p)-Prozesse: Rasch abfallende Autokorrelationsfunktion Für einen stationären AR(1)-Prozess gilt γ k φ1k γ 0 γ0 k ρ φ = = = ρ= = 1 und allgemein k 1 . 0 γ0 γ0 γ0 Aufgrund der Stationarität fällt ρ k mit steigendem k ab. 21.06.2010 Empirische Wirtschaftsforschung · Prof. Dr. Bernd Süßmuth 13 9.6.1. ARIMA-Modelle (Der Box-Jenkins-Ansatz) 26 1 24 22 20 18 16 14 12 10 t Typische Realisierung eines AR(1)-Prozesses 2 = 20 1 − 0,9 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 k Zugehörige Autokorrelationsfunktion y t = 0,9 y t −1 + 2 + ε t , µ= 21.06.2010 Empirische Wirtschaftsforschung · Prof. Dr. Bernd Süßmuth 2 = ρ1 0,9,= ρ 2 0,9 = 0,81,... 14 9.6.1. ARIMA-Modelle (Der Box-Jenkins-Ansatz) Ein AR(2)-Prozess y t = φ1 y t −1 + φ 2 y t − 2 + δ + ε t kann mit den sog. Yule-Walker-Gleichungen geschätzt werden: φ1 ρ= 1 1 − φ2 φ12 ρ= φ2 + 2 1 − φ2 ρ1 und ρ 2 werden (z.B. von EViews) aus der Stichprobe berechnet. Durch Einsetzen und Auflösen innerhalb der beiden Gleichungen werden die Koeffizienten φ1 und φ2 gewonnen. 21.06.2010 Empirische Wirtschaftsforschung · Prof. Dr. Bernd Süßmuth 15 9.6.1. ARIMA-Modelle (Der Box-Jenkins-Ansatz) 3. Moving-Average- MA(q)- Prozesse (gleitende Durchschnitte) y t = µ + ε t − θ 1ε t −1 − θ 2 ε t −1 − θ q ε t − q Gewichteter Durchschnitt von zufälligen Störtermen, die q Perioden zurückreichen. θ1 , θ 2 , θ q : Gewichte des MA, mit θ ≠ 0 jeweils. ε folgt einem White-Noise-Prozess mit E (ε ) = 0 , 2 Var (ε= ) σ= const und Cov(ε t , ε t ≠k= ) γ= 0 für k ≠ 0 ε k 21.06.2010 Empirische Wirtschaftsforschung · Prof. Dr. Bernd Süßmuth 16 9.6.1. ARIMA-Modelle (Der Box-Jenkins-Ansatz) MA-Prozesse sind stationär und haben – wie ein stationärer AR-Prozess – einen zeitunabhängigen Erwartungswert. Für einen MA(1)-Prozess y t = µ + ε t − θ 1ε t −1 gilt: a) Erwartungswert: E ( y t ) = µ b) Varianz: γ 0 = E ( yt − µ ) = E (ε t − θ1ε t −1 ) 2 2 = E (ε ) − 2 E (θ1ε tε t −1 ) + E (θ ε ) 2 2 2 1 t −1 ( =0 ) = σε +θ σε = σ ε (1 + θ ) 2 21.06.2010 2 1 2 2 2 1 Empirische Wirtschaftsforschung · Prof. Dr. Bernd Süßmuth 17 9.6.1. ARIMA-Modelle (Der Box-Jenkins-Ansatz) c) Kovarianz zum Lag k=1: γ 1 =E (( yt − µ )( yt −1 − µ )) E ((ε t − θ1ε t −1 )(ε t −1 − θ1ε t −2 )) = =E (ε tε t −1 ) − E (θ1ε 2t −1 ) − E (θ1ε tε t −2 ) − θ1ε t −1ε t −2 =( 0) =( 0)=( 0) = −θ1σ ε2 Kovarianz zu Lags >1: γ k = 0 21.06.2010 Empirische Wirtschaftsforschung · Prof. Dr. Bernd Süßmuth 18 9.6.1. ARIMA-Modelle (Der Box-Jenkins-Ansatz) d) Autokorrelationsfunktion −θ1σ ε2 −θ1 = γk 2 2 2 = ρ= + + σ θ θ (1 ) 1 ε k 1 1 γ0 0 für k=1 für k>1 Ein MA(1)-Prozess besitzt ein Gedächtnis von nur 1 Periode. Vorhersagen lassen sich also nur für 1 Periode in die Zukunft anstellen. 21.06.2010 Empirische Wirtschaftsforschung · Prof. Dr. Bernd Süßmuth 19 9.6.1. ARIMA-Modelle (Der Box-Jenkins-Ansatz) 1.0 6 0.8 4 0.6 2 0.4 0 -2 0.2 t 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 Typische Realisierung eines MA(1)-Prozesses y t = 2 + ε t + 0,8ε t −1 21.06.2010 0.0 1 2 3 4 k Zugehörige Autokorrelationsfunktion = ρ1 −θ 0,8 1 = ≈ 1 + θ 2 1 + 0,64 2 Empirische Wirtschaftsforschung · Prof. Dr. Bernd Süßmuth 20