Es gibt eine irische Sage Regenbogen betreffend. Man erzählt sich
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Es gibt eine irische Sage Regenbogen betreffend. Man erzählt sich
Erster Rundbrief - Mirjam Laubengaier - September 2013 – L´Arche Kilkenny Es gibt eine irische Sage Regenbogen betreffend. Man erzählt sich, dass am Ende des Regenbogens ein Schatz zu finden sei. Laut der Sage bildet der Regenbogen die Brücke zwischen der Menschenwelt und der Welt der Fabelwesen. Kobolde, die in Irland unter jeder Hecke und hinter jedem Stauch zu finden sind, sollen angeblich das Ende des Regenbogens als Versteck für ihre Schätze nutzen, da sie sehr geizig sind und sie vor den Menschen verborgen halten wollen. Was kann dieser Schatz sein und wie kann man ihn finden? Die Lösung scheint, den ganzen Weg entlang des Regenbogens zu beschreiten, um an sein Ende zu kommen. Vielleicht war das die Motivation, die mich getrieben hat, ins Ausland zu gehen, einen speziellen Schatz zu finden, einen der gut behütet wird, den man erst entdecken muss und der schwer zu erreichen ist und vielleicht weiß man zu Beginn des Weges noch nicht einmal, was der Schatz sein wird. Sich auf eine solche Reise zu begeben, heißt auch immer viel zurückzulassen, was nicht einfach ist, aber der Aufbruch und das Neue machen es einem leichter. Mein Weg hat mich zu der Arche in Kilkenny geführt. Archen sind Lebensgemeinschaften von Menschen mit und ohne geistige Behinderung. Der Grund dafür, dass ich das Dorf Callan im Südosten von Irland zu meinem einjährigen Wohnsitz gemacht habe, ist die Begleitung auf dem Weg durch die Zeit, die ich hier schon gefunden habe und hoffe weiter zu finden. Ich lebe zusammen mit drei „core members“, wie die Bewohner genannt werden, und zwei anderen Assistenten in einem der drei Arche-Häuser. Das Bestreben der von Jean Vanier gegründeten Community ist, vor allem ein zu Hause zu schaffen. Nicht nur für die core members, sondern auch für die Assistenten, die meistens ein Jahr oder länger in der Gemeinschaft verbringen. Die wichtigste Aufgabe der Assistentin oder des Assistenten ist es, eine Freundin oder ein Freund zu sein. Deshalb war es auch für mich ganz wichtig, erst einmal alle gut kennen zu lernen, was mir durch einen gemeinsamen Urlaub in Nordirland gleich zu Beginn meines Dienstes sehr erleichtert wurde. Durch das gegenseitige Vertrauen wird jeder Wegbegleiter des anderen und dadurch wird das Vorankommen eines jeden gesichert. Gemeinsame Unternehmungen und Ausflüge sind genauso Alltag wie Kochen, Putzen und Instandhaltung des Hauses. Das Schöne ist, dass es keinerlei fixierte Erwartungen gibt, sondern dass jeder mit dem aufgenommen wird, was er an Fähigkeiten und Interessen mitbringt. Dadurch entstehen eine Vielfalt und die Möglichkeit, viel vom jeweils anderen zu lernen. Entsendet wurde ich zu diesem Freiwilligendienst von einer Kooperation der „Kirchlichen Jugendarbeit Freiburg“ mit „Eirene“, die mich beide auch das Jahr über begleiten werden. Erster Rundbrief - Mirjam Laubengaier - September 2013 – L´Arche Kilkenny Bevor es endgültig losging, hat der Ausreisekurs von Eirene mir und einigen anderen Freiwilligen den Weg zu meinem Regebogen gewiesen und mich auf einige Etappen, die mich ereilen werden, aufmerksam gemacht. Eirene setzt sich international für Frieden ein und entsendet in diesem Zusammenhang sowohl Freiwillige, wie auch Fachkräfte in alle Welt. Wir wurden auf einige Farben aufmerksam gemacht, die wir vermutlich auf unseren Wegen entlang des Regenbogens durchschreiten werden und auch auf die Tatsache, dass nicht alle Farben hell sein werden. Doch an Herausforderungen kann man wachsen und das ist es, was der Weg bezwecken soll, denn ohne ihn würde man den Schatz am Ende nicht finden können. Schon in meiner ersten Zeit hier, die mir noch nicht viel Alltag geboten hat, da alles noch so neu ist und es immer so viel zu lernen gibt, habe ich einige Unterschiede bemerkt, die auf den ersten Blick nicht groß scheinen, an die man sich aber trotzdem erst einmal gewöhnen muss. Hier einige Impressionen: Ein ganz normaler Morgen. Bei strahlendem Sonnenschein mit Regenjacke in der Tasche führt der Weg an der Straße entlang. Ein erstes Auto kommt uns entgegen. Freundlich wird zum Gruß die Hand gehoben. Ja, es ist ein schöner Tag, wird wohl ein gut gelaunter Fahrer gewesen sein. Zweites Auto. Wieder ein Gruß. Jetzt könnte man schon anfangen sich zu wundern. Ja, wir sind hier auf dem Land, vielleicht ist das der Grund. Drittes Fahrzeug, wieder ein Gruß. Das geht so entlang des ganzen Weges. Willkommen in Irland County Kilkenny, hier wird jeder gegrüßt, zu jeder Zeit! Englisch ist die Sprache, die man in der Schule lernt. Nicht aber Englisch mit irischem Akzent. Wenn „haja“ „how are you“ bedeutet, dann ist man in Irland! Irland liegt in einer anderen Zeitzone als Deutschland. Auch die Uhren ticken hier anders. Man kann nicht sagen, dass hier alles viel gemächlicher geht, doch jeder nimmt sich seine Zeit. Eile ist keine Option und überhaupt kann man über alles am besten bei einer Tasse Tee plaudern. Kein Problem also, wenn jemand zu spät kommt. Vielleicht kommt es daher, dass ein „half four“ nicht unser „halb vier“ ist, sondern genau eine Stunde später. „Half four“ ist also „half past four“ und damit halb fünf. Und dann natürlich das Wetter. Irland ist „die grüne Insel“ und das ist dem Regen zu verdanken. Ehrlich gesagt habe ich davon noch gar nicht so viel mitbekommen. Klar, es regnet ab und zu, aber wo würde es das nicht? Das Besondere ist eher der schnelle Wechsel und der bringt die Regenbögen mit sich. Regenbögen durch Wechsel. Wechsel durch den Weg entlang des Regenbogens. Ich bin sehr gespannt, was das Jahr mir bringen wird! Und ich hoffe, dass ich einen Schatz am Ende des Regenbogens finden werde, den ich dann auch wieder mit nach Deutschland bringen kann, um ihn mit allen zu teilen, die mich unterstützen und mir wichtig sind! Mit den allerliebsten Grüßen aus dem regenbogenreichen Irland! Mirjam