Verhärtung? Zerrung? Riss?
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Verhärtung? Zerrung? Riss?
Muskelverletzungen SPORTMEDIZIN Muskelverletzungen Muskeln sind gefährdet Ohne Muskeln könnten wir uns nicht bewegen. Sie sind ‘angemessen’ über den ganzen Körper verteilt – kein Wunder, dass Muskelverletzungen zu den häufigsten Verletzungen bei zweikampf- und bewegungsintensiven Sportarten gehören. Verhärtung? Zerrung? Riss? Ursachen, Symptome und Maßnahmen bei fußballtypischen Muskelverletzungen Die Ursachen erforschen Bei den nachfolgend beschriebenen Muskelproblematiken sollte stets umgehend die Ursache erforscht und möglichst behoben werden. Darüber hinaus ist dringend eine differentialdiagnostische Abklärung der Symptome, z. B. über eine Untersuchung des Blutbildes, zu empfehlen. Dies ist in jedem Fall unbedingt erforderlich, wenn die Beschwerden trotz Behebung der vermeintlichen Ursachen häufig wiederkehren. Auch eine zahnmedizinische, evtl. sogar eine Kiefergelenksdiagnostik sollte bei der weiterführenden Untersuchung nicht fehlen. Entzündungsherde in anderen Bereichen des Körpers verändern das Blutbild und somit die Leistungsfähigkeit der Muskulatur. Nach der Erstbehandlung zum Spezialisten! Die Unterscheidung der einzelnen Verletzungen bedingt sehr viel ‘Felderfahrung’ und ist für den Spieler und den Betreuer nicht einfach. Die Entscheidung, das Spiel bzw. Training abzubrechen oder weiterzuspielen, ergibt sich in den meisten Fällen aus der Symptomatik selbst. Da die erste Maßnahme nach dem Abbruch der Teilnahme an Spiel- oder Training stets Eistherapie und Kompression sind, hat der Trainer oder Betreuer anschließend ausreichend Zeit, um sich in Ruhe nach dem subjektiven Empfinden des Spielers zu erkundigen und sich dadurch ein präziseres Bild zu machen. Auf dieser Grundlage können dann weiterführende Maßnahmen geplant und eingeleitet werden. Im Zweifelsfall sollte jedoch sofort ein Notdienst oder aber am nächsten Tag ein Sportmediziner aufgesucht werden, der die Verletzung endgültig diagnostizieren und einen geeigneten Therapieplan erstellen kann. 22 fußballtraining 3/2003 Nicht jeder Trainer ist in der glücklichen Lage, mit einem Masseur, Physiotherapeuten oder Arzt zusammenarbeiten zu können. Das ändert allerdings nichts daran, dass im Amateurbereich und im Profifußball die Verletzungen identisch und allenfalls in ihrer Häufigkeit anders gewichtet sind. Profifußballer erfahren in der Regel eine intensivere medizinische und physiotherapeutische Betreuung. Viele (nicht alle!) haben gelernt, ihren Körper und ihre Muskulatur als wichtigstes Arbeitsgerät selbstständig zu pflegen bzw. fachmännisch ‘warten’ zu lassen. Michael Birkners, seit 2000 Physiotherapeut Muskelverletzungen müssen nicht zur sofortigen Auswechslung führen, doch ihre Ursachen sind zu erforschen C Bongarts beim FC Schalke 04, erläutert im zweiten Teil unserer Erste-Hilfe-Serie, wie Muskelverletzungen entstehen, wie man sie erkennen kann und welche Sofort- und weiterführenden Maßnahmen bei welchen Verletzungen einzuleiten sind. Erste Hilfe tragen kann – und davon ist wohl auszugehen –, bemühen Sie sich um einen Therapeuten, der ein- bis zweimal wöchentlich kommen kann. Fragen Sie einen Ihnen bekannter Masseur, Physiotherapeuten oder Arzt. Er kennt sicher Kollegen oder Kolleginnen, die gern in einem Verein arbeiten möchten oder einen Einstieg in die Sportphysiotherapie suchen. Ist dies nicht möglich, sollte jeder Betreuer oder Trainer mit den Grundlagen der Erstmaßnahmen vertraut sein. Die notwendige Basis stellt das in ft 2/2003 vorgestellte Erste-Hilfe-Set mit Grundausstattung und die Eisapplikation dar. Von Michael Birkners Ziele und Aufgaben der Ersten Hilfe im Fußball Die Zielsetzungen bei der Erstversorgung sind natürlich im Profi- wie im Amateurund Jugendbereich dieselben: die Schmerzen zu lindern bzw. sogar zu nehmen, die Regeneration und Rehabilitation einzuleiten, die unmittelbar nach der Verletzung beginnt die möglichst schnelle Rückführung des Spielers in den laufenden Spielbetrieb zu ermöglichen. Jede falsche und zeitverzögerte Maßnahme wirkt sich negativ auf die Symptomatik aus und verlängert den Heilungsprozess. Die genannten Gründe erfordern natürlich, dass Trainer oder Betreuer höhere fach- bzw. sportartspezifische Kenntnisse aufweisen, als bei einem ‘normalen’ Erste-Hilfe-Kurs vermittelt werden! SPORTMEDIZIN Lesetipp Bei den meisten Verletzungen – soweit es nicht offene Wunden sind – ist die Eistherapie die erste Maßnahme Mehr zum Thema Muskeln und Muskelverletzungen finden Sie in: C Heimken Optimal ist die Verpflichtung eines Physiotherapeuten, der ständig anwesend ist. Falls Ihr Verein diese finanzielle Belastung nicht Dieter Ehrich/Reinhard Gebel: Therapie und Aufbautraining nach Sportverletzungen, Münster: Philippka, 2000 MUSKELVERLETZUNGEN: Ursachen, Symptome, Maßnahmen Muskelkater Ursachen Der Muskelkater, der noch vor 15 bis 20 Jahren als Qualitätsmerkmal einer optimalen Trainingsintensität galt, ist eine mikroskopisch sichtbare Verletzung des Muskelgewebes, die nicht unterschätzt werden darf. Eine Erstversorgung im klassischen Sinne gibt es nicht, wohl aber sinnvolle Maßnahmen, um die Regeneration der Muskulatur zu unterstützen. Das ist auch erforderlich, da der Muskelkater Ursache für schwerere, durch die beeinträchtigte Koordinationsfähigkeit begünstigte, Folgeverletzungen sein kann. Symptomatik Überlastung durch zu hohen Trainingsreiz oder ungewohnte Muskelarbeit, z. B. Bergab- bzw. Bergaufläufe Infekte Elektrolytverlust durch Schwitzen Mangelnde Flüssigkeitsaufnahme Muskelschmerzen bei Druck und Bewegungen. Stoffwechselanregung jeder Art vorsichtige Streichmassagen geringe Belastungen (z. B. langsames Schwimmen oder ‘lockeres’ Radfahren auf dem Ergometer) Bäder Infekte medizinisch behandeln lassen Ernährungsverhalten ändern Trinkverhalten vor und während der Belastung ändern Maßnahmen betroffene Strukturen sofort schonen Sauna SPORTMEDIZIN Erste Hilfe Muskelverletzungen MUSKELVERLETZUNGEN: Ursachen, Symptome, Maßnahmen Muskelprellung Muskelkrampf Bewegungsunfähigkeit Zerrung oder Faserriss? Die Muskelprellung, vor allem der ‘Pferdekuss’, ist wohl bei allen Kontaktsportarten die häufigste Muskelverletzung. Sie ist durch den entstehenden und schnell fortschreitenden Bluterguss sehr schmerzhaft. Die Muskelprellung bedarf unbedingt der raschen Behandlung, um mögliche Folgeschäden, z. B. eine Verknöcherung des Ergusses, die wiederum eine anschließende Operation erfordern kann, zu vermeiden. Der Muskelkrampf kündigt sich dem Spieler – anders als die Zerrung – oft schon an, um dann bei einem Antritt, einer Drehung oder einem Schuss aufzutreten. Häufig sind diese Szenen gegen Spielende oder in der Spielverlängerung zu beobachten. Maßnahmen Symptome Hier muss ein altes Missverständnis ausgeräumt werden: Die Muskelzerrung ist kein kleiner Muskelfaserriss! Sie ist lediglich eine durch einen hohen Anstieg der Muskelspannung bedingte Funktionsstörung – beim Muskelfaserriss hingegen ist das Gewebe zerrissen und eine Einblutung eingetreten. Diese Verletzung ist jedoch nicht immer zu ertasten, was im Einzelfall die Unterscheidung zwischen Zerrung und Faserriss noch schwieriger macht. Der Muskelbündelriss und Muskelriss unterscheiden sich vom Faserriss durch das Ausmaß des verletzten Gewebes. Sie müssen in schweren Fällen durch einen operativen Eingriff behandelt werden. Schmerzen Extremes Spannungsgefühl Muskelzerrung Ursache stumpfe Gewalteinwirkung Symptome Schmerz Spannungsgefühl evtl. Bluterguss und Schwellung evtl. Wunde sofort dehnen oder dehnen lassen Flüssigkeitsverlust ausgleichen Muskelspannung senken (siehe Foto) Ursachen Neben den bereits genannten Ursachen spielt der Stoffwechsel eine große Rolle. Vielfach löst hoher Flüssigkeitsverlust und/oder zu geringe Flüssigkeitszufuhr Krämpfe aus. Der Mangel an wichtigen Mineralsalzen läßt keine funktionelle Muskelarbeit mehr zu. Ursache Siehe Muskelverhärtung Maßnahmen PECH-Regel (siehe ft 02/2003) Salbenverband ggf. Arzt oder Therapeut aufsuchen evtl. Wundversorgung Symptome Ähnlich wie bei einer Muskelverhärtung, allerdings empfindet der Spieler hier ein ‘Ziehen’. C Bongarts Maßnahmen Muskelverhärtung Auch die Muskelverhärtung ist oft verantwortlich für Folgeverletzungen, wenn nicht rechtzeitig die richtigen Maßnah- te Bodenverhältnisse sowie falsches, altes bzw. neues Schuhwerk Gelenkprobleme Wirbelsäulenprobleme Körperstatik (erworben oder angeboren) muskuläres Ungleichgewicht Infekte Zahn-/Kieferproblematik schlechter Trainingszustand schlechter Allgemeinzustand bzw. Allgemeinbefinden mangelhaftes bzw. falsches Aufwärmen Symptome Dehnungsübungen können die Muskelverhärtung beseitigen C Axel Heimken men eingeleitet werden. Durch die erhöhte Spannung, die der Spieler häufig als ‘steif’ oder ‘Zumachen’ des Muskels bezeichnet, verliert der Muskel an Elastizität. Die Gefahr von Zerrungen und Faserrissen erhöht sich extrem, da der Spieler vorerst – wenn auch mit Einschränkungen – weiter trainieren oder spielen kann. Ursachen Überlastung durch Training, ungewohn- 24 fußballtraining 3/2003 Spannungsgefühl einzelne druckempfindliche Stellen Maßnahmen betroffene Strukturen sofort schonen Ursache erforschen, evtl. einen Sportmediziner/Orthopäden und/oder Therapeuten konsultieren Therapie in Kooperation mit Arzt und/ oder Therapeut Dehnen bis zu einer Minute Muskelspannung senken mit durchblutungsfördernde Maßnahmen (Massagen, Sauna) vorsichtige Belastungsdosierung sorgfältiges Aufwärmprogramm evtl. neuen Trainingsplan erstellen Eisapplikation nach der PECH-Regel Ca. 3 bis 7 Tage spezielles Trainingsprogramm mit äußerst vorsichtigen Dehnungen und Laufeinheiten in Absprache mit dem Arzt/Therapeuten. Muskelfaserriss Ursachen Siehe Zerrung, nur ist die auslösende Bewegung bezüglich Ausmaß und Explosivität meist extremer (auch deshalb sind Sprintertypen besonders anfällig). Muskelermüdung mit daraus folgender Koordinationsstörung sowohl in dem Muskel selbst (intramuskulär) als auch zwischen den an der Bewegung beteiligten Muskeln (intermuskulär). Symptome Plötzlicher (‘Messer-’)Stich. Die Intensität kann unterschiedlich sein, sodass zunächst eine Zerrung vermutet wird. Die Anspannung des Muskels ist äußerst schmerzhaft. Maßnahmen Siehe Zerrung. Allerdings dauert die Rehabilitation deutlich länger, und die Wiedereingliederung ins Training muss noch sensibler gehandhabt werden.