Thesen zur Zukunft von „Stadt und Handel“

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Thesen zur Zukunft von „Stadt und Handel“
II. Nationaler
Städtebaukongress
10. bis 11. Mai 2004
Positionspapier des HDE zur Podiumsdiskussion „Stadt und Handel – Die Stadt mehr als ein Einkaufszentrum“
Thesen zur Zukunft von „Stadt und Handel“
1. Die Städte und Gemeinden sind die bevorzugten Standorte des Einzelhandels. Etwa drei Viertel der
Umsätze im deutschen Einzelhandel werden in den Zentren und Nebenzentren erzielt. Der Einzelhandel hat in den vergangenen 50 Jahren über 125 Mrd. Euro in die Städte investiert.
2. Städte sind Netzwerke, in denen viele unterschiedliche Interessengruppen und Handlungsträger
zusammenwirken. Die Zweck- und Handlungsgemeinschaft „Stadt und Handel“ gehört zu den
ältesten und nützlichsten Partnerschaften. Heute bedarf sie dringend einer Auffrischung. Die
Stadt braucht den Handel, mehr denn je! Ebenso die übrigen Akteure des Netzwerkes.
3. Gelitten hat die Partnerschaft nicht nur durch Nachfrageschwäche und die Abwanderung des
Handels in die Peripherie, sondern auch durch die Auszehrung der kommunalen Finanzen. Den
meisten Städten sind finanziell die Hände gebunden. Bereits die Bezahlung ihres Personals und der
gesetzlichen Sozialleistungen fällt ihnen schwer. Deshalb ist zu fordern, den Kommunen eine ihren
Aufgaben und Pflichten entsprechende Finanzkraft zur Verfügung zu stellen und ihnen stärker als
bisher die Verantwortung darüber zu überlassen, für welche Aufgaben sie ihre Finanzmittel einsetzen wollen.
4. Städte mit geringer Zentralität stellen einen Sonderfall dar. Dort wie auch in den Stadtteilzentren
und Nebenlagen größerer Städte sind die Verfallserscheinungen des innerstädtischen Einzelhandels
meist bereits für jeden sichtbar. Die neuen Mittelpunkte des Einzelhandels liegen nicht mehr mitten
in der Stadt, sondern in den Gewerbegebieten am Stadtrand. Dieser Prozess ist auch mittelfristig
nicht umkehrbar. Gleichwohl müssen auch in Städten mit geringer Zentralität die Innenstädte
gerettet werden. Deshalb muss die Kommunalpolitik einen radikalen Schnitt von einer Politik der
Erweiterung hin zu einer Politik der Bestandspflege vollziehen. Weniger, aber attraktiver und
innovativer Einzelhandel in der Stadtmitte muss das Leitbild werden. Die notwendige Finanzkraft
könnte gewonnen werden, wenn die Wirtschaftsförderung stärker in diese Aufgabe eingebunden
wird.
5. Öffentlich-Private Partnerschaften zwischen Stadt und Handel hat es in der Vergangenheit häufig
gegeben. Erfolgreich waren sie besonders bei den Themen „Ordnungspartnerschaft“ und „Gestaltungssatzung für die Innenstadt“, aber auch bei der Ausrichtung von Events, in deren Konzeption
und Durchführung der Handel häufig eingebunden worden ist. Wegen der schlechten Wirtschaftslage und des zunehmenden Wettbewerbs fällt es den Handelsbetrieben immer schwerer, sich finanziell an Gemeinschaftsprojekten zu beteiligen. Dies wird sich besonders auf die Häufigkeit von
Events auswirken. Es schadet aber nicht, wenn die Zahl der innerstädtischen Events verringert wird.
Dies wird der Qualität zugute kommen. Seltener, aber hochwertiger muss die Devise sein. Daher
sind Überlegungen zu unterstützen, welche die Öffentlich-Private Partnerschaft erweitern und
finanziell auf gesunde Füße stellen. Denkbar wäre die Gründung von Business-ImprovementDistricts nach dem Vorbild der USA. Diese hätten den Vorteil der Verbreiterung der finanziellen
Basis, beispielsweise durch Einbeziehung der Immobilienbesitzer und der „Zwangssolidarisierung“
für selbst verwaltete Projekte. Insgesamt werden sich Public-Private-Partnerships (PPP) auf weitere
Bereiche als heute ausdehnen, beispielsweise auf die Errichtung der Infrastruktur und anderer kommunaler Projekte.
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6. Die Partner Stadt und Handel sind aufgefordert, sich verstärkt den Problemfeldern zu widmen, die
jetzt schon erkennbar sind, künftig aber verstärkt ins Blickfeld geraten. Dazu gehört der wachsende
Anteil von Ausländern an der Wohnbevölkerung. Mehr ausländische Mitbürger können durchaus
ein belebendes Element für eine Stadt sein. Es kann aber auch zur Ghettoisierung und zum Verfall
von Stadtteilen kommen, wenn die Integration der neuen Bewohner nicht gelingt. Die Stadt ist
deshalb gefordert, zusammen mit den Hausbesitzern, den Sportvereinen, mit Kirchen und Schulen
und der gewerblichen Wirtschaft aktiv mehr für die Integration zu tun und ihr Augenmerk stärker
auf das Wohnen in der Stadt zu richten. Eine Vernachlässigung kommunaler Wohnungspolitik
kann sich ein Einwanderungsland nicht mehr leisten.
7. Die Stadt der Zukunft wird auch zentraler Aufenthaltsraum für ältere Menschen sein. Die Menschen werden immer älter. Viele, die nach der Familiengründung aufs Land gezogen sind, möchten
im Alter in die Stadt zurückkehren. Dieser Trend sollte durch die Städte aktiv unterstützt werden.
Weder Stadtplanung noch Wirtschaft haben bisher die Ansprüche eines älter werdenden Volkes in
ausreichendem Maße zur Kenntnis genommen. In den Innenstädten und in den Einkaufszentren
gibt es nur wenige Einkaufsstätten, die speziell in Art und Design auf das Wohlbehagen der Senioren zugeschnitten sind, kaum Angebote für personelle Dienstleistungen und meist auch zu wenig
gastronomische Einrichtungen. Die Stadtplanung ist gefordert.
8. Für eine älter werdende Bevölkerung muss die Sicherung der Nahversorgung ein zentrales Ziel
sein. Dem weiteren Ausbau des sekundären Einzelhandelsnetzes an der Peripherie der Städte
müssen sehr enge Grenzen gesetzt werden. Generell muss der Grundsatz gelten, dass keine
Sondergebiete für Handelsnutzung mehr ausgewiesen und Handelsbetriebe aus Gewerbegebieten
möglichst ferngehalten werden. In diesem Zusammenhang müssen die interkommunalen
Abstimmungsprozesse verstärkt und verbindlicher gestaltet werden. Die kommunalen Entwicklungsprozesse müssen in regionale Entwicklungskonzepte integriert werden. Die Partner der Stadt
sollten ein entscheidendes Wort mitreden.
Hauptverband des Deutschen Einzelhandels e.V. (HDE)
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