Auf und ab Leben mit MS
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Auf und ab Leben mit MS
Thorsten Na eser Auf und ab Leben mit MS E i n e P u b l i kati o n de r u n d der ALLEIN ALLEIN ALLEIN ININ ALLEIN IN ALLEIN IN ALLEIN IN ALLEIN IN ALLEIN IN IN SIND SINDSINDSINDSINDSINDSINDSIND ETWA ETWAETWAETWAETWAETWAETWAETWA NICHT NICHT NICHT NICHT NICHT NICHT NICHT NICHT EINE EINE IST IST IST EINE IST EINE IST EINE IST EINE SIE SIEIST IST SIE IST SIE IST SIEISTIST IST SIE IST SIEEINE SIE ISTEINE IST MULTIPLE SKLEROSE MULTIPLE SKLEROSE MULTIPLE SKLEROSE AUTOIMMUNKRANKHEIT MULTIPLE SKLEROSE AUTOIMMUNKRANKHEIT MULTIPLE SKLEROSE AUTOIMMUNKRANKHEIT WELTWEIT MULTIPLE SKLEROSE AUTOIMMUNKRANKHEIT WELTWEIT MULTIPLE SKLEROSE 2.500.000 130.000 AUTOIMMUNKRANKHEIT WELTWEIT 2.500.000 ( 130.000 AUTOIMMUNKRANKHEIT WELTWEIT JAHR) 2.500.000 DEUTSCHLAND »MUSKELSCHWUND« DEUTSCHLAND »MUSKELSCHWUND« DEUTSCHLAND MENSCHEN ANSTECKEND O »MUSKELSCHWUND« 2.500 DEUTSCHLAND R MENSCHEN BETROFFEN 2.500 ANSTECKEND DIAGNOSEN P O »MUSKELSCHWUND« DEUTSCHLAND R ( DIAGNOSEN ) WELTWEIT MENSCHEN P BETROFFEN ANSTECKEND 2.500.000 O »MUSKELSCHWUND« 2.500 DEUTSCHLAND R FÜHREN ZU ) ( DIAGNOSEN IN GEHIRN UND RÜCKENMARK WELTWEIT MENSCHEN P BETROFFEN ENTZÜNDUNGEN ANSTECKEND 2.500.000 O »MUSKELSCHWUND« 2.500 DEUTSCHLAND R FÜHREN ZU ) ( IN GEHIRN UND RÜCKENMARK WELTWEIT MENSCHEN P BETROFFEN ENTZÜNDUNGEN DIAGNOSEN ANSTECKEND DEUTSCHLAND 2.500.000 UND LÄHMUNGEN WELTWEIT AUSFALLERSCHEINUNGEN O »MUSKELSCHWUND« R FÜHREN ZU ) ( 2.500 IN GEHIRN UND RÜCKENMARK »MUSKELSCHWUND« BETROFFEN ENTZÜNDUNGEN DIAGNOSEN P ANSTECKEND UND AUSFALLERSCHEINUNGEN 2.500.000 LÄHMUNGENMENSCHEN O 2.500 2.500.000 R FÜHREN ZU ) ( IN GEHIRN UND RÜCKENMARK MENSCHEN BETROFFEN ENTZÜNDUNGEN DIAGNOSEN P ANSTECKEND UND AUSFALLERSCHEINUNGEN LÄHMUNGEN IHRE MENSCHEN 2.500 O ANSTECKEND 130.000 AUTOIMMUNKRANKHEIT JAHR AUTOIMMUNKRANKHEIT 130.000 JAHR 130.000 ? ? ? ? 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Aber das will ich nicht – und meist gelingt mir das auch.« Doch das scheint leicht gesagt und schwer getan – schließlich ist die Angst vor dem Krankheitsverlauf nach der Diagnose »Multiple Sklerose« riesig groß. Zur Verunsicherung tragen auch viele Vorurteile bei: Sie beginnen bei der falschen Bezeichnung »Muskelschwund« und hören mit dem Glauben auf, MS sei eine psychische Erkrankung. Manche dieser Vorurteile gründen in der Rätselhaftigkeit der Multiplen Sklerose. Denn obwohl sich mit dem Thema weltweit unzählige Wissenschaftler auseinandersetzen – allein die Hertie-Stiftung inves tierte seit ihrer Gründung mehr als 35 Millionen Euro in verschiedene MS-Forschungsprojekte –, liegen die Ursachen der Erkrankung bis heute weitgehend im Dunkeln. So gibt es allenfalls Spekulationen darüber, warum Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Oder warum das Risiko in unseren Breiten höher ist als in den Tropen. Auch gibt es nicht die eine Multiple Sklerose – nein, ihre Verläufe sind von Fall zu Fall so verschieden, dass sie schwer vorherzusagen sind. Es heißt zu Recht, MS habe »���� Gesichter«. Doch unser Wissen über die Erkrankung wächst rasant. Und so wollen wir, die Gemeinnützige HertieStiftung und die Klaus Tschira Stiftung, mit diesem Magazin dazu beitragen, alte Missverständnisse aus der Welt zu räumen und Ängste zu nehmen. Auf den folgenden Seiten kommen deshalb diejenigen zu Wort, die sich am intensivsten mit der MS auseinandersetzen: Menschen, die die Krankheit am eigenen Leib erfahren. Und Menschen, die sie erforschen und neue Therapien entwickeln. Ihre Botschaft ist die gleiche: Es gibt gute Gründe für Optimismus. Herzliche Grüße 3 »Same shit, different day« a lle Fotos dieses A rtik els: Mich a el Grosler Fotogr a fie Als ihr die Ärzte sagten, sie leide unter Multipler Sklerose, stand sie kurz vor dem Abitur. Die Krankheit schien ihre Lebens planung hinwegzufegen. Heute, �� Jahre und ungezählte Schübe später, treffen wir die junge Mutter und Philosophiedozentin in Dortmund. Despina Sivitanides ist trotz MS erfolgreich. Doch auch sie resigniert manchmal. Dann hilft ihr schwarzer Humor. 4 au f u n d a b – l e b e n m i t M S S ie sitzt im Schneidersitz auf dem Sofa, kerzen gerade, hellwach und konzentriert. Nur die zarten Ringe unter den Augen und die blasse Haut verraten ihre Müdigkeit. Die Nacht war kurz, ihr kleiner Sohn hat unruhig geschlafen. Doch das ist jetzt kein Thema. Despina Sivitanides spricht über Immanuel Kant – und es scheint, als sei alle Er schöpfung wie weggeblasen. Sie kostet den Namen aus wie ein exquisites Dessert. Kant ist für sie eine leben dige, sprudelnde Kraftquelle, an der sie jederzeit auf tanken kann. Man muss sie schon genau beobachten, um ihr die Krankheit anzusehen. Sie ist schmal und drahtig, ihre Bewegungen wirken energisch, ein bisschen eckig viel leicht. Das Fläschchen für den sieben Monate alten Joschua hält sie an die Wange, um die Temperatur zu prüfen – in den Händen fehlt ihr oft das Gefühl. Despi na Sivitanides kämpft gerade mit den Folgen eines neu en Schubs, dem neunten seit der Geburt ihres Sohnes. Seit �� Jahren leidet die Deutsch-Griechin an Mul tipler Sklerose. In der Zeit hat sie viele Medikamente ausprobiert, manche brachten sie schnell wieder auf die Beine, andere halfen gar nicht, einige hatten schlimme Nebenwirkungen. Die einzige Medizin, auf die sie sich verlassen kann, ist die Philosophie. »Auch wenn ich nach einem Schub vorübergehend blind war und nicht lesen konnte: In meinem Kopf drehten sich all die klugen Ideen.« Kants »Kritik der reinen Ver nunft« kennt sie fast auswendig. Gerade ist die junge Familie umgezogen in eine größere Wohnung im Dortmunder Stadtteil Kirchhör de. Noch immer stehen fast �� Kisten im Keller, voll gepackt mit Büchern ihrer großen Vorbilder. »Ich muss mich für die wichtigsten entscheiden«, sagt sie seuf zend. Die Wahl ist schwer, finden sich doch in jedem Werk Gedanken, die für sie geradezu überlebensnot wendig sind. Doch die wichtigsten hat sie ohnehin alle im Kopf: »Dum spiro spero« – Solange ich atme, hoffe ich. Oder: »Omnia mea mecum porto« – Alles, was ich habe, trage ich bei mir. Despina Sivitanides schüttelt Gedichte aus dem Ärmel und feuert philosophische Zitate ab wie Leucht raketen. In jedem Satz verdichtet sich für sie ein Ozean von Weisheit. Philosophie hat für sie nichts mit intellektueller Abgehobenheit zu tun, sondern ist »Survivaltraining und von größtem praktischem Nutzen«. Jeder kann, davon ist sie überzeugt, die Grundgedanken begreifen und sofort einen Gewinn daraus ziehen. Gelernt hat sie dies schon in frühen Jahren: In der fünften Klasse hatte sie die Kinderbibliothek in Trier ausgelesen. Und dann durfte sie in die Erwachsenenabteilung! »Was für ein erhabenes Gefühl, diese Wendeltreppe hinauf zusteigen zu Goethe, Lessing und den Philosophen«, schwärmt sie. »Ich kriege jetzt noch Gänsehaut, wenn ich daran zurückdenke.« Despina Sivitanides arbeitet Vollzeit als wissen schaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Bochum. Seit zehn Jahren bietet sie auch philosophische Le bensberatung an. Zu Hause, im Café, am Telefon, auf der Straße. Nebenbei veröffentlichte sie – während eines schweren Schubs – einen Gedichtband und den Roman »Time of Waits«. Mut und Selbstdisziplin Dass sie tatsächlich Philosophin geworden ist und ihren Kindheitstraum wahr machen konnte, verdankt sie ihrer Begabung und Leidenschaft, ihrem Mut – und einer großen Portion Selbstdisziplin. Denn das Leben hat ihr immer wieder einen Strich durch ihre Pläne gemacht. Begonnen hat alles kurz vor dem Abitur, inmitten der Vorbereitungen zu einem großen Abenteuer, einer Reise nach Namibia, wo sie zusammen mit anderen ein soziales Projekt aufbauen wollte. Von einem Tag auf den anderen konnte sie plötzlich auf einem Auge nichts mehr sehen. Alles war weiß. An Reisen war nicht zu denken. Sie erzählte anderen davon, doch niemand nahm sie ernst. Der Arzt diagnostizierte eine Sehner venentzündung. Erst als die Symptome nicht abklin gen wollten, ging sie ins Krankenhaus, wo Spezialisten ihr Rückenmarksflüssigkeit entnahmen und sie in ei nen Kernspintomografen legten. Die Diagnose war ein Schock: Multiple Sklerose. Mit einem Schlag war ihr Leben auf den Kopf gestellt – und sie selbst völlig überfordert. »Ich habe ganz lange damit gehadert und war fest davon überzeugt, dass das alles nur eine Reaktion auf eine Impfung vor »Multiple Sklerose. Mit einem Schlag war ihr Leben auf den Kopf gestellt – und sie selbst völlig überfordert« 5 dieser Namibiareise sei«, sagt Despina Sivitanides heu te. »Das mit der MS wollte ich einfach nicht glauben!« Irgendwann sagte ein Arzt zu ihr, sie leide unter Ver drängung. Langsam akzeptierte sie die Realität und versucht seitdem, mit der Krankheit zu leben. »Mach dir keine Sorgen, Despina, du schaffst das«, leisteten ihre Freunde Beistand. »Und falls du im Roll stuhl landest, schieben wir dich.« »Du bist stark! Du wirst alles machen, was du willst.« Und sie behielten Recht. »Obwohl ich nach der Diagnose lange im Unter richt fehlte, habe ich alles nachgeholt und mein Abitur Vor sieben Monaten kam Joschua zur Welt. Zweifel, ob sie trotz ihrer Krankheit schwanger werden solle, kamen ihr nie – nur anderen. gemacht.« Nicht ohne Stolz erzählt sie, dass sie zu den Besten an der Schule gehörte. Gut zu sein, reicht ihr nun nicht mehr. Fortan strebt sie nach dem Überdurchschnittlichen. In ihr wächst die wilde Entschlossenheit, sich von der Krank heit nicht unterkriegen zu lassen. Dank ihrer Gabe zum glänzenden Formulieren gewinnt sie im Jahr ���� – ein Jahr nach der Diagnose – mit einer flam menden Rede über Umweltethik den Rhetorikwett bewerb des Rotary Clubs Trier. Sie ist eloquent, enga giert, belesen und witzig. Diese Mischung kommt an. Dennoch raten ihr alle vom Studium der Philoso phie ab. Das sei ein nettes Hobby, aber nichts für den Broterwerb. »Dann werde ich halt arm«, trotzt sie da gegen – und macht ihren Abschluss mit der Note �,�. Doch der Preis ist hoch. Immer wieder verliert sie ein Semester, weil ein Schub sie in die Knie zwingt. Wäh rend ihre mentale Energie unerschöpflich scheint und ihr Geist zu immer neuen Wissensgebieten fliegt, hält ihr Körper sie fest wie ein Bremsklotz. Mal ist ein Bein gelähmt, mal machen die Hände nicht, was sie sollen. Dann versagen die Augen ihren Dienst, oder sie wird von abgrundtiefer Müdigkeit überfallen. Trotzdem geht sie, sobald die Lähmungen abklingen, wieder ins Fitnessstudio. Dann holt sie auch die High Heels aus dem Schuhschrank: »Ich will attraktiv sein, das war mir immer wichtig.« Erleuchtung an der Tankstelle Für den Außenstehenden hat ihre Stärke etwas Über natürliches. Ob sie denn nie der Versuchung nachgibt, sich einfach hängen zu lassen? Ob sie denn nie resig niert? Sie grinst, steht auf und stellt ihre Antwort in Gestalt einer Tasse auf den Tisch. Darauf steht: »Same shit, different day«. »Als ich diese Tasse in einer Tank stelle in Wiesbaden entdeckt habe, war das für mich eine echte Erleuchtung!« Ja, natürlich war sie oft ver zweifelt und glaubte, dass es nicht mehr weitergehe – wenn wieder ein Semester verloren war und ihre Hoff nung, jemals Geld verdienen zu können, schwand. »Weil ich ziemlich ehrgeizig bin, habe ich das immer auch als Schmach empfunden.« In richtig schweren Zeiten schloss sie sich in ihrer Studentenwohnung ein und schaute drei Tage lang nonstop Videos. Doch auch wenn sie am Boden zer stört schien – sie rappelte sich immer wieder auf. Dann war sie »back from the dead«, wie sie sagt, und fügt hin zu: »Man muss natürlich das Richtige schauen …« Die �� Folgen der Serie »Kozure Okami«, die sie sich in ihrer Verzweiflung reinzog, inspirierten sie zu einer neuen Lernmethode, die sie später mit Schülern aus schwierigen Verhältnissen ausprobierte. Begeistert 6 au f u n d a b – l e b e n m i t M S »Es kommt nicht darauf an, ob man Optimist oder Pessimist ist. Ent scheidend für mich ist, immer weiterzugehen« erzählt sie von dem kleinen Jungen Daigoro, der in die sem Samurai-Epos von seinem Vater die Kunst des Überlebens lernt. Er geht auf dem so genannten Höl lenpfad des Lebens, überwindet aber alle Hindernisse und kommt immer weiter. »Diese Geschichte hat mir viel Kraft gegeben«, sagt sie, »und anderen auch.« Mitten im Gespräch fliegt die Wohnungstür auf, ihr Mann fegt herein, im Arm den kleinen Joschua, den er von der Tagesmutter abgeholt hat. Kaum hat er den Kleinen abgeliefert, ist er auch schon wieder aus dem Haus. »Mein Mann ist unglaublich«, sagt sie und schaut ihm voller Bewunderung hinterher. »Was der alles an Arbeit wegschaufelt. Er hat den Umzug ge macht, er renoviert die alte Wohnung, kauft ein, fährt mich zum Arzt.« Sie haben sich kennen gelernt und zwei Wochen später geheiratet, der Maler und die Phi losophin. »Ich habe sie gesehen und wusste gleich, die ist es«, erzählt er später. »Meine kleine Familie ist mein großes Glück«, sagt sie. Dabei lagen am Anfang große Schatten auf der Familiengründung. »Kannst du denn ein Kind be kommen, mit deiner Krankheit?«, musste sie sich von anderen fragen lassen. Dabei hatte sie, seit sie – unge plant – schwanger geworden war, nie auch nur eine Se kunde lang daran gezweifelt. Joschua robbt über den Wohnzimmerboden, zieht sich am Bein seiner Mutter hoch, plumpst hin, weint kurz, rappelt sich wieder auf und lacht. Immer wieder aufgerafft hat sich auch Despina Si vitanides. »Weitermachen, immer weitermachen«, lau tet einer ihrer Leitsprüche. Ein anderer stammt von Scarlett O’Hara, die am Ende von Margaret Mitchells Epos »Vom Winde verweht« trotzig sagt: »Morgen ist auch noch ein Tag.« Das Gespräch mit der so lustvoll zitierenden Philosophin ist voller Elan und Humor – auch schwarzem, wenn sie Witze erzählt wie den: »Endlich geht es aufwärts, sagt der Philosoph, als der Henker ihn an den Galgen hängt.« Lektionen in Bescheidenheit Nur manchmal zittert ihre Stimme ein bisschen. Es sind die Momente, in denen Schmerz und Traurigkeit die Oberhand gewinnen. Denn bei all ihrer offenkun digen Stärke kostet es sie manchmal eben doch gerade zu übermenschliche Energie – etwa, wenn es gilt, sich nach einem Schub wieder aufzurichten. »Viele denken, ich müsste ein extrem positiver Mensch sein, weil ich so viel Kraft ausstrahle, aber so sehe ich mich gar nicht«, sagt sie. »Es kommt nicht darauf an, ob man Optimist oder Pessimist ist. Entscheidend für mich ist, dass ich immer weitergehe, auch wenn schon wieder ein Stein im Weg liegt.« Verändert hat sie sich schon – nicht nur, weil sie älter und klüger ist, sondern auch, weil die Krankheit sie dazu zwingt. Bescheidener sei sie geworden: »Frü her glaubte ich großkotzig an den Nobelpreis. Heute bin ich glücklich, wenn ich ein paar Wochen nicht krank bin und sehe, dass mein Sohn gesund ist.« Sie hatte sogar mal eine Phase, in der sie selbstbewusst verkündete, dass sie ihrem Leben ein Ende setzen wer de, sobald sie im Rollstuhl lande. Und dann saß sie eine Weile ebenda – und hatte trotzdem eine gute Zeit. »Das war mir eine wichtige Lektion!« Gerade weil ihr Leben keine geradlinige Erfolgs geschichte ist, wird sie auch respektiert. Wer sie erlebt, weiß, warum das so ist: Obwohl sie noch so jung ist, hat sie etwas von einer weisen Frau – auch wenn sie das selbst sicher so nie sagen würde. birgit schön berger 7 Krankheit der ���� Fragen? Nach mehr als ��� Jahren Forschung sind die Ursachen der Multiplen Sklerose noch immer rätselhaft. Auch den Verlauf der Krankheit können Mediziner nur schwer vorhersehen. Doch sie erwarten in den kommenden Jahren insbesondere in der Therapie deutliche Fortschritte. P rüfend fährt Richard Freys rechte Hand über den türkisfarbenen Griff, der über seinem Kopf in die Kletterwand geschraubt ist. In acht Metern Höhe steht der ��-Jährige, gesichert durch ein Seil, auf einem kleinen Vorsprung. Die Finger finden Halt, jetzt sind die Füße dran. Unter ihm bugsiert die Trainerin der Gruppe behutsam seine Zehenspitzen auf den nächsten Tritt. Jetzt kann Frey den Karabiner am Ende der Route berühren. »Ab!« Wieder auf dem Boden der Halle im Münchner Olympiapark, lässt er sich in seinen Rollstuhl sinken. Die Trainingspartner machen Komplimente. Einige haben einen Rollator vor sich stehen, manche sitzen wie Frey ebenfalls im Rollstuhl. Sie alle waren schon da oben an der Wand – und sie alle haben Multiple Sklerose. Über zwei Millionen Menschen weltweit sind an MS erkrankt. Ihr Immunsystem attackiert fälschlicher weise die schützenden Ummantelungen der Nerven fasern in Gehirn und Rückenmark, die so genannten Myelinscheiden. Das führt zu Störungen in der Reizweiterleitung – mit vielen möglichen Folgen, von Sehproblemen bis hin zu Lähmungen. MS ist die häufigste entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, bis heute unheilbar und nur begrenzt zu behandeln. Erst seit Kurzem sind Wissenschaftler in der 8 au f u n d a b – l e b e n m i t M S Lage, die Vorgänge, die sich dabei im Körper abspielen, zumindest teilweise zu erklären. Doch die immer zahlreicheren Erkenntnisse könnten die MS-Behandlung in den kommenden Jahren deutlich verbessern. In Deutschland leiden etwa ��� ��� Menschen an Multipler Sklerose. Die Krankheit tritt typischerweise bei jungen Menschen um die �� zum ersten Mal auf – bei Frauen doppelt so häufig wie bei Männern. Über 8� Prozent der Betroffenen haben akute, Tage oder Wochen andauernde Krankheitsschübe, nach denen die Beschwerden aber teilweise oder ganz wieder zurückgehen. Ob und wann der nächste Schub kommt, ist nicht vorhersagbar. Die Krankheit geht etwa bei der Hälfte aller Patienten mit schubförmiger MS nach durchschnittlich elf Jahren in eine chronische Form über. Bei dem selteneren »primär chronisch progredienten Verlauf« schreiten die Funktionsstörungen dagegen von Beginn an fortlaufend voran. Somit gibt es zwar Erkrankte, die im Rollstuhl sitzen oder mit anderen auffälligen Einschränkungen leben. Andere hingegen haben keine oder kaum sichtbare Beschwerden. Manche können keine zehn Meter weit laufen, mit etwas Hilfestellung aber eine überhängende Wand erklimmen – wie einige Mitglieder der Münchner Klettergruppe. Es existiert kein typischer Thorsten Na eser Das Ziel vor Augen – hoch konzentriert erklimmt Richard Frey die Kletterwand. Für den ��-Jährigen ist diese sportliche Leistung zugleich Therapie: Frey hat Multiple Sklerose. MS-Patient: Multiple Sklerose ist die »Krankheit der ���� Gesichter«. Frauke Zipp, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universität Mainz, kennt viele dieser Gesichter. Während ihres Medizinstudiums erlebte sie immer wieder junge Menschen, die nach der Diagnose am Boden zerstört schienen – Szenen, die in Erinnerung blieben. Heute erforscht sie die Krankheit: mit dem »Zwei-Photonen-Mikroskop«, mit dem sich Vorgänge im Körper in leuchtend bunten Bildern verfolgen lassen. »Da kann man sehen, wie die Lymphozyten Nervenzellen angreifen«, sagt Zipp und beschreibt damit den zentralen Vorgang der Multiplen Sklerose, die zerstörerische Attacke so genannter TLymphozyten oder T-Zellen aus dem Immunsystem. Den Grundlagen zu Leibe rücken Über die eigentlichen Ursachen der Krankheit und ihre Verläufe wissen die Wissenschaftler bis heute freilich nur wenig. Eine klassische Erbkrankheit ist MS zwar nicht. Dennoch gibt es Spuren im Erbgut: »���� haben wir im Rahmen einer großen internationalen Studie gemeinsam mit mehreren Gruppen �� bis �� Genvarianten gefunden, die bei MS-Kranken überdurchschnittlich häufig vorkommen«, erzählt Frauke Zipp. Sie hofft, dass sich dieses Wissen nutzen lässt, um verschiedene Patiententypen näher zu charakterisieren. Im nächsten Schritt könnten Mediziner dann feststellen, welcher Typ auf welche Medikamente besonders gut oder schlecht anspricht. Bei Krebserkrankungen funktioniert diese Art der »personalisierten Medizin« in einigen Fällen bereits sehr gut. Deshalb suchen Forscher auch für Multiple Sklerose verstärkt nach Biomarkern: Eigenschaften, aus denen sich Hinweise für die Behandlung ableiten lassen. »Schon bei Kernspin-Untersuchungen lassen sich ganz verschiedene MS-Muster beobachten«, sagt Frauke Zipp. »Innerhalb des ›Kompetenznetzes Mul tiple Sklerose‹ wollen wir gemeinsam mit anderen Zentren genetische, immunologische und KernspinDaten deutschlandweit verknüpfen, um daraus neue Therapieansätze zu entwickeln.« Auch der Blick auf die zellulären Grundlagen der Krankheit hat sich in den vergangenen Jahren geändert. Jahrzehntelang sahen Ärzte und Wissenschaftler MS vor allem als entzündliche Erkrankung, bei der allein die schützenden Myelinscheiden zerstört werden. Heute ist klar: Auch die Nervenfortsätze selbst – die Axone – werden attackiert, und es ist vor allem dieser Vorgang, der bleibende Behinderungen verursacht. 9 Gezeigt haben das unter anderem Forscher am Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin in Göttingen. Bei Mäusen, in deren Gehirn MS-ähnliche Nervenschäden provoziert wurden, stellten Mikael Simons und seine Mitarbeiter fest, dass sich das Myelin nach einiger Zeit vollständig regenerierte. Die Mäuse bewegten sich wieder normal. Sechs Monate später nahmen ihre motorischen Fähigkeiten ohne erkennbaren Auslöser erneut ab – die Forscher fanden Verletzungen der Nervenfortsätze. »Das könnte erklären, warum bei so vielen Patienten die schubförmige Multiple Sklerose irgendwann in die chronisch progrediente Form übergeht: Womöglich geht die Schädigung der Axone auch nach Überwindung eines Schubs unbemerkt weiter«, sagt Simons. »Erst wenn ein bestimmtes Ausmaß überschritten ist, kommt es zu immer schwerwiegenderen funktionellen Ausfällen.« Welche Therapie ist richtig? Ärzte suchen deshalb nach Stoffen, die nicht nur gegen die Entzündung wirken, sondern überdies die Nervenzellen selbst schützen. Frauke Zipp etwa ist an einer klinischen Studie beteiligt, in der MS-Patienten mit Epigallocatechingallat behandelt werden. In Tierversuchen hat sich diese Substanz, die auch in grünem Tee enthalten ist, bereits als wirksam erwiesen. Mikael Simons und sein Team konnten zudem zeigen, dass das regenerierte Myelin dünner und etwas anders zusammengesetzt ist als das ursprüngliche. Dass es die Axone deshalb weniger gut schützt, können die Forscher bislang nur vermuten. »Ich denke aber, dass wir Substanzen finden müssen, die die Myelin regeneration unterstützen«, sagt Simons. »Und es deutet viel darauf hin, dass sich spätere axonale Schäden gerade in der Anfangsphase der Krankheit verhindern lassen.« Man müsste also möglichst früh behandeln – auch mit starken Medikamenten. »Wissenschaftler auf der ganzen Welt legen das Fundament für neue Therapien« 10 au f u n d a b – l e b e n m i t M S Während viele Wissenschaftler diese Meinung heute teilen, bleibt Christoph Heesen, Leiter der MSSprechstunde des Universitätsklinikums HamburgEppendorf, zögerlich: »Es gibt bisher keine Daten, die meiner Ansicht nach überzeugend belegen, dass eine frühe Intervention etwas bringt.« Heesen berät Patienten bei ihrer Therapiewahl und stellt sie vor eine verzwickte Entscheidung: Es gibt mehrere Alternativen, keine davon ist perfekt. Bei akuten Schüben bekommen Erkrankte häufig Kortison, mit dem sich die Entzündungsreaktion hemmen lässt. Als Basistherapie dienen vor allem Interferon-beta-Präparate und Glatiramerazetat. Beide greifen auf nicht vollständig bekannte Weise ins Immunsystem ein, beide müssen je nach Präparat täglich bis einmal wöchentlich gespritzt werden. Aus Studien weiß man, dass sich so die Zahl der zu erwartenden Schübe um etwa ein Drittel reduzieren lässt. Die neueren Fingolimod-Tabletten scheinen sie gar halbieren zu können. Gut wirkt auch Natalizumab, das die zerstörerischen Immunzellen aus dem Hirn aussperrt. Das Risiko: Das Gehirn wird anfälliger für Infektionen. Die anderen Präparate haben ebenfalls Neben wirkungen. Interferone etwa können grippeähnliche Symptome verursachen, die erst nach Wochen bis Monaten nachlassen und die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Das ständige Spritzen sorgt häufig für unangenehme und kosmetisch störende Hautreaktionen. »Jede Entscheidung konfrontiert Patienten und Ärzte mit dem grundsätzlichen Dilemma: Wir wissen nicht, wie sich die MS jeweils weiterentwickeln wird«, sagt Christoph Heesen. Er plädiert dafür, Erkrankten nach der Diagnose erst einmal Zeit zu geben, ihren Schock zu überwinden und ein, wie Heesen es nennt, »Krankheitskonzept« zu entwickeln. »Der eine will abwarten, der andere hat das Gefühl, mit Medikamenten das Heft in der Hand zu behalten. Wichtig ist, dass wir die Menschen ganz individuell begleiten.« Die umfangreiche Information des Betroffenen ist für Heesen der Schlüssel zum Erfolg. Der Arzt hat sogar Anhaltspunkte dafür gefunden, dass sich das verstärkte Wissen um die Krankheit unmittelbar auf deren Verlauf auswirken kann. Patienten, die er und seine Mitarbeiter im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie intensiv über die Möglichkeiten der akuten Schubtherapie schulten, entschieden sich in den folgenden beiden Jahren seltener dafür, bei Schüben Medikamente zu nehmen – und trotzdem hatten sie weniger Schübe als eine Kontrollgruppe. »Möglicherweise spielt dabei die höhere Selbstbestimmung bei Entscheidungen eine Rolle. Das gibt vielen Patienten ein gigantisches Gefühl der Kontrolle«, so Heesen. Reizleitung: L SC HN E L Nervenzelle intakte Myelinscheide angegriffene Myelinscheide E I N I GE SY M P T O M E : frei gelegte Nervenfaser Blasenschwäche • Müdigkeit • • Sehstörungen, Gleichgewichtsverlust • Taubheitsgefühl • muskuläre Ermüdbarkeit, Koordinationsprobleme, Lähmungen • geminderte sexuelle Empfindung • Sprechstörungen direkt geschädigte Nervenfaser Spektrum der Wissensch a f t / Emde-Gr a fik LANGSAM ODER UNTERBROCHE N Bei Multipler Sklerose werden im zentralen Nervensystem (rot) die isolierenden Myelinscheiden der Nervenfasern geschädigt – und immer mehr Studien zufolge auch die Fasern (Axone) selbst. So können Signale des Gehirns auf dem Weg durch das Nervensystem verloren gehen. Verschiedene Symptome sind die Folge. Axon Neue Studien lassen hoffen Die insgesamt noch unbefriedigende Therapiesitua tion könnte sich bald deutlich verbessern. In Deutschland wurden ���� bereits neue MS-Medikamente zugelassen, darunter auch die seit Jahren intensiv beforschte Fumarsäure. Auf ihr ruhen große Hoffnungen. Die schon lange in der Therapie der Schuppenflechte eingesetzte Substanz führte bei Studienteilnehmern mit MS zu rund �� Prozent weniger Schüben und bis zu �� Prozent weniger neuen sichtbaren Schädigungen im Gehirn. Zudem ist sie offenbar gut verträglich. Unterdessen legen Wissenschaftler auf der ganzen Welt das Fundament für weitere Entwicklungen. Am Institut für Multiple-Sklerose-Forschung der Universi- tät Göttingen – gegründet nach einer Ausschreibung der Hertie-Stiftung – filmten Alexander Flügel und seine Mitarbeiter farbig markierte Immunzellen bei ihrer Wanderung durch den Körper von Ratten. Die Forscher wollten herausfinden, wie spezielle, krankheitsauslösende T-Zellen in das Gehirn eindringen. Zu ihrer Überraschung bewegten sie sich zunächst in die Lunge. »Dort wird offenbar eine fundamentale Umprogrammierung dieser Zellen angestoßen«, erklärt Flügel. Erst dann kriechen sie die Innenwände der Blutgefäße entlang und suchen nach einem Durchschlupf ins zentrale Nervensystem. »Dass MS-Patienten häufig nach Atemwegsinfektionen einen Schub bekommen, deutet darauf hin, dass die Lunge auch beim Menschen eine zentrale Rolle spielen könnte«, sagt Flügel. Er glaubt, Immunzellen würden dort etwa auf Viren aus der Atemluft treffen, deren Bestandteile den Myelinbausteinen im Gehirn ähneln. Der Kontakt könnte die TZellen in den Jagdmodus auf diese Moleküle versetzen. Viele MS-Patienten verfolgen solche faszinierenden Forschungsergebnisse. Unter der Münchner Kletterwand sind sie aber selten ein Thema. »Hier steht der Sport, der Spaß an der Bewegung im Vordergrund«, sagt Gruppensprecher Markus Hermann. »Und das ist gut so. Wir brauchen, so wie alle anderen, in unserem Leben auch ein Stück Normalität.« j u li a groSS 11 »Wir machen große Fortschritte« An Multipler Sklerose erkranken die meisten Betroffenen in jungen Jahren. Auch deshalb sind viele Patienten von der Diagnose schockiert. Doch für längst nicht jeden bedeutet MS ein Leben im Rollstuhl, weiß die Medizinerin Brigitte Wildemann vom Universitätsklinikum Heidelberg. Frau Professor Wildemann, mit welchen typischen nzeichen kommen Menschen zu Ihnen in die MultipleA Sklerose-Sprechstunde? Die Erkrankung kann sich in sehr verschiedenen Symptomen äußern – je nachdem, welche Teile des Nervensystems betroffen sind. Ein festes Muster gibt es dabei nicht. Häufig treten zuerst Einschränkungen beim Sehen auf. Wenn man auf einmal verschwommen sieht, so als sei alles in einen Nebelschleier gehüllt, kann dies auf eine Sehnervenentzündung hindeuten. Auch Störungen in der Koordination von Bewegungen oder im Tastempfinden sind häufig, ebenso wie Probleme beim Wasserlassen. Klagen die Betreffenden außerdem über allgemeine Müdigkeit und Konzentrationsschwäche, sind das schon ernste Signale. Wenn solche Probleme auftreten, ist die Krankheit in Gehirn und Rückenmark allerdings schon vorangeschritten, richtig? Ja, aber ohne Symptome eine MS-Diagnose zu stellen, ist nicht möglich. Man kann heute zwar zum Beispiel bei einer bildgebenden Untersuchung durch Kern spintomografie (MRT) bereits manche entzündlichen Veränderungen im Hirn oder Rückenmark feststellen, ehe die ersten Beschwerden auftreten. Entzündungen entstehen mitunter aber auch, ohne dass es jemals zu körperlichen Problemen kommt. Es ist sehr schwer vorherzusagen, ob und wie sich die Krankheit überhaupt äußern wird. Da immer mehr Menschen zur Abklärung anderer Beschwerden in den Tomografen geschoben werden, ist die Zahl derartiger Zufallsbefunde in den letzten Jahren angestiegen. Wie geht man mit solchen Befunden um? Das ist natürlich ein Problem. Wenn jemand etwa wegen Kopfschmerzen eine MRT machen lässt und sich dabei solche Veränderungen zeigen, dann wäre es ganz falsch, dem Betreffenden zu sagen: »Sie haben Multiple Sklerose.« Zu einer sicheren Diagnose gehören auch klinische Auffälligkeiten. Es kann gut sein, dass Menschen mit Anzeichen von Entzündungen niemals Beschwerden haben werden. Nur etwa jeder dritte entwickelt binnen fünf Jahren erste Symptome. Man muss genau nachsehen, wo die Entzündungsherde liegen, wie frisch sie sind und ob eine familiäre Vorbelastung besteht. Die Erscheinungsformen und Verläufe der Störung sind extrem vielfältig – gibt es »die« Multiple Sklerose also vielleicht gar nicht? MS ist in der Tat eine ungeheuer komplexe Erkrankung. Deshalb ist es so schwierig, den Verlauf vorher- 12 au f u n d a b – l e b e n m i t M S Spektrum der Wissensch a f t / Philipp Rothe Die Medizinerin Brigitte Wildemann leitet die neuroimmunologische Ambulanz am Universitätsklinikum Heidelberg. zusagen. Wenn bereits zu Beginn gravierende Symptome wie Lähmungen auftreten oder wenn die Betreffenden schon älter als �� – und zudem männlich – sind, ist das Risiko eines schwereren Verlaufs erhöht. Wie sieht die Therapie heutzutage aus? MS ist zwar nicht heilbar – wie die Erkrankung genau entsteht und ob die Prozesse umkehrbar sind, liegt leider immer noch im Dunkeln. Doch wir verfügen inzwischen über viele Medikamente, die das Immun system regulieren helfen. Wir können die entzündlichen Prozesse sehr gut beeinflussen, vor allem, solange die Erkrankung schubweise auftritt. Nach einigen Jahren gehen die Schübe oft in eine schleichende Verschlechterung über. Kommt es dazu, spielt die Entzündung kaum mehr eine Rolle, sondern die Nervenzellen selbst verkümmern. Hier sind uns noch immer die Hände gebunden. Deshalb sollte man vor allem behandeln, wenn die Entzündung akut ist. Lässt sich die Therapie speziell auf den Patienten abstimmen? Noch kann man etwa anhand individueller Genprofile oder anderer biologischer Kennzeichen nicht genau angeben, wie die Krankheit verläuft und welche Therapie die beste ist. Doch vor einer Behandlung mit dem hochwirksamen Medikament Natalizumab, das aber bei manchen eine schwere Infektion des Nervensys tems auslöst, kann man mit einem einfachen Test Antikörper bestimmen. Das genügt, um herauszufinden, ob dem Betreffenden eine besondere Gefahr droht. Insofern ist die personalisierte Medizin heute auch bei MS bereits im Einsatz. Müssen die Patienten sich ihre Medikamente immer noch spritzen, oder gibt es auch andere Verabreichungsformen? Wir haben in der letzten Zeit große Fortschritte gemacht. Neben der Infusion gibt es seit ���� auch Tabletten, die man einsetzen kann – allerdings in der Regel erst, wenn die Basistherapeutika nicht ausreichend wirken oder schlecht vertragen werden. ���� sollen nun zwei vielversprechende orale Präparate auf den Markt kommen, die wir auch bei Patienten in der Basistherapie einsetzen können. Worauf sollten Betroffene außerdem achten? Sie sollten sich ausgewogen ernähren und aktiv bleiben. Bewegung fördert die körperliche und geistige Fitness und hilft MS-Patienten dabei, sich gut zu fühlen. Außerdem sollte man das Immunsystem nicht künstlich anregen. Viele suchen neben der Schulmedizin bei Al ternativmethoden Hilfe. Dagegen ist prinzipiell auch nichts einzuwenden, nur sollte man damit nicht das Immunsystem stimulieren, wie es manche Mittel tun. Welche Fortschritte erhoffen Sie sich von der MS-Forschung? Ich halte es für aussichtsreich, nach individuellen Markern zu suchen, um die Prognose und Behandlung besser auf den Patienten zuzuschneiden. Und für Menschen im chronischen Stadium – wenn die MS also nicht schubweise auftritt, sondern stetig voranschreitet – brauchen wir dringend wirksamere Hilfen. MS ist für Betroffene und ihre Angehörigen mit einer hohen Unsicherheit behaftet – ist auch eine psychologische Begleitung sinnvoll? Die Diagnose löst im ersten Moment oft einen Schock aus. Ich finde es wichtig zu vermitteln, dass MS nicht geradewegs in den Rollstuhl führt; viele Betroffene leben lange Zeit mit keinen oder nur wenigen körper lichen Einschränkungen. Ich versuche den Menschen in meiner Sprechstunde deutlich zu machen: Auch mit der Krankheit kann man oft sehr gut leben. Die Fragen stellte St ev e Aya n 13 public dom ain Am �. Februar ���� … … herrschte auf den zugefrorenen Gewässern rund um Rotterdam reges Treiben. So wie viele andere hatte sich auch die ��-jährige Lidwina aus Schiedam mit ihren Freundinnen zum Schlittschuhlaufen verabredet – als sie unvermittelt mit einem der Mädchen zusammenstieß, »auf das Eis hinstürzte und eine Rippe zerquetschte«. Selbst zu damaliger Zeit war ein Rippenbruch in der Regel – so schmerzhaft er auch war – keine große Sache. Lidwina jedoch, so steht es in einem der vielen Berichte über ihr Leben, überfielen »von diesem Augenblicke an alle Schmerzen und Elend, welche ihre Geduld auf die härteste Probe stellten«. Die Tochter eines armen und stets Not leidenden Nachtwächters hatte indes schon früh eine »kindliche Andacht zur allerseligsten Jungfrau, wodurch die Liebe zu Jesus in ihrem reinen Herzen entzündet ward«. Und so akzeptierte sie ihr über Jahrzehnte andauerndes Leiden, ihre vorübergehenden Lähmungen, Schluck- 14 au f u n d a b – l e b e n m i t M S beschwerden und Sehstörungen, willig als »innere Prüfungen, mit welchen Gott sie heimsuchte«. Sie wandte sich fortan den Armen und Kranken zu und vollbrachte zahlreiche Wunderheilungen. Schon zu Lebzeiten verehrten sie viele als Heilige. Als sie am ��. April ���� starb, hatte sie ein für jene Zeit sehr hohes Alter von �� Jahren erreicht. Heute gehen Forscher davon aus, dass es sich bei der rätselhaften Krankheit von Lidwina um Multiple Sklerose handelte – ihre Geschichte gilt als der erste dokumentierte MS-Fall. Nach Lidwinas Tod sollte es noch einige Jahrhunderte dauern, bis man erkannte, dass die vielfältigen Symptome zu einer eigenständigen Erkrankung ge hörten. Aus dem Jahr ���� stammt der Bericht des schottischen Augenarztes William MacKenzie über einen ��-jährigen Patienten, der unter nur zeitweilig auftretenden Lähmungen, Sprech- und Sehstörungen litt. ���� beschrieb der deutsche Arzt Friedrich von Frerichs erstmals die körperlichen und kognitiven Einschränkungen sowie den schubförmigen Verlauf. Im Jahr ���� veröffentlichte der Pariser Neurologe Jean-Martin Charcot eine umfassende Arbeit über die Krankheit – und nannte sie: »la sclerose en plaques«. MSIF MS-HELPLINE MS-HELPLINE DMSG DER DER DIE DIE INTERNATIONAL MULTIPLE FEDERATION BÜNDELT ARBEIT SCLEROSIS MULTIPLE NATIONALER GESELLSCHAFTEN INTERNATIONAL BÜNDELT ARBEIT SCLEROSIS FEDERATION NATIONALER GESELLSCHAFTEN INTERNATIONAL MULTIPLE INBÜNDELT ARBEIT FEDERATION DEUTSCHLAND SCLEROSIS NATIONALER GESELLSCHAFTEN INBÜNDELT DEUTSCHE INTERNATIONAL DEUTSCHLAND ARBEIT MULTIPLE FEDERATION NATIONALER GESELLSCHAFTEN DEUTSCHE SKLEROSE IN DEUTSCHLAND MULTIPLE BÜNDELT ARBEIT GESELLSCHAFT GESELLSCHAFT DER DER DER max. 0,42 € / Min. aus ALLE LANDESVERBÄNDE: dem Mobilfunknetz) ndesverband/index.php?w landesverbaende BERATUNG UND BETREUUNG VERMITTELN PERSÖNLICHE SKLEROSE BERATUNG UND BETREUUNG 3pid=dmsg&kategorie= 3pid=dmsg&kategorie= 3pid=dmsg&kategorie= 3pid=dmsg&kategorie= 3pid=dmsg&kategorie= 16 16 MULTIPLE LANDESVOR ORT 16 VERBÄNDE LANDESVOR ORT 16 * VERBÄNDE LANDES*VOR ORT 16 VERBÄNDE **VOR ORT www.dmsg.de/dmsg-bu www.dmsg.de/dmsg-bu www.dmsg.de/dmsg-bu www.dmsg.de/dmsg-bu www.dmsg.de/dmsg-bu DIE DIE DIE 01805/ DMSG MS-HELPLINE 777 007 01805/ (0,14 € / Min. aus dem DMSG 777 007 Festnetz, deutschen MS-HELPLINE aus Min. dem € / aus € / Min. max. 0,42 (0,14 01805/ Festnetz, Mobilfunknetz) dem DMSG deutschen 777 007 0,42 € / Min. aus max. 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Welt-MS-Tags 2009 und Ursachen der MS www.vimeo.com/5184332 NEUROLOGE ANIMATIONEN zu Nervensystem www.dmsg.de/ms-verstehen BERNHARD und Ursachen der MS NEUROLOGEHEMMER erläutert www.dmsg.de/ms-verstehen BERNHARD HEMMER ANIMATIONEN zu Nervensystem Ursachen und Therapien erläutert NEUROLOGE und Ursachen www.dasgehirn.info/entdecken/krankheiten-1/ der MS Ursachen undHEMMER Therapien multiple-sklerose-2013-bernhard-hemmer BERNHARD www.dmsg.de/ms-verstehen NEUROLOGE www.dasgehirn.info/entdecken/krankheiten-1/ erläutert multiple-sklerose-2013-bernhard-hemmer BERNHARD Ursachen undHEMMER Therapien Umfangreiches, kostenloses erläutert www.dasgehirn.info/entdecken/krankheiten-1/ NEUROLOGE ONLINE-LERNPROGRAMM Ursachenfürund Therapien Umfangreiches,multiple-sklerose-2013-bernhard-hemmer kostenloses BERNHARD ein solides Basiswissen zu MS: HEMMER www.dasgehirn.info/entdecken/krankheiten-1/ ONLINE-LERNPROGRAMM erläutert für multiple-sklerose-2013-bernhard-hemmer www.dmsg.de/etrain ein solides Basiswissen zu MS: Ursachen und Therapien Umfangreiches, kostenloses www.dmsg.de/etrain www.dasgehirn.info/entdecken/krankheiten-1/ ONLINE-LERNPROGRAMM für multiple-sklerose-2013-bernhard-hemmer Umfangreiches, kostenloses ein solides Basiswissen zu MS: ONLINE-LERNPROGRAMM für www.dmsg.de/etrain JUGENDPORTAL ein solides Basiswissen zu MS: Umfangreiches, kostenloses www.jugend-und-ms.de JUGENDPORTAL www.dmsg.de/etrain ONLINE-LERNPROGRAMM für www.jugend-und-ms.de ein solides Basiswissen zu MS: JUGENDPORTAL www.dmsg.de/etrain BUCHTIPPS BUCHTIPPS www.jugend-und-ms.de JUGENDPORTAL www.jugend-und-ms.de KNUD KOHR MAXIMILIAN DORNER JUGENDPORTAL 500 Meter - Trotz BUCHTIPPS Mein Dämon ist KNUD KOHR www.jugend-und-ms.de MAXIMILIAN DORNER Multipler Sklerose ein Stubenhocker Mein Dämon ist BUCHTIPPS 500 Meter - Trotz um die Welt Multipler Sklerose KNUD KOHR ein Stubenhocker MAXIMILIAN DORNER um die Welt- Trotz 500 Meter Mein Dämon ist KNUD KOHR MAXIMILIAN DORNER Multipler Sklerose ein Stubenhocker 500 Meter Mein Dämon ist ERZÄHLEN VON um IHRER die Welt- Trotz GESICHTER« MS Multipler Sklerose ein Stubenhocker KNUD KOHR MAXIMILIAN DORNER GESICHTER« VON um IHRER die Welt MS AMSEL MS BLOGERZÄHLEN BLOGHAUS-MS 500 Meter - Trotz Mein Dämon ist www.amsel.de/blog www.bloghaus-ms.de Multipler Sklerose AMSEL MS BLOG BLOGHAUS-MS ein Stubenhocker GESICHTER« ERZÄHLEN VON MS Zahlreiche Betroffene Buchautor Maximilian Dorner um IHRER die Welt www.amsel.de/blog www.bloghaus-ms.de teilen ihre Erlebnisse schreibt hier zweiwöchentlich Zahlreiche Buchautor Maximilian Dorner GESICHTER« VON IHRER AMSEL MSBetroffene BLOGERZÄHLEN BLOGHAUS-MS und Gedanken über sein Leben mit MS MS teilen ihre Erlebnisse schreibt hier zweiwöchentlich www.amsel.de/blog www.bloghaus-ms.de AMSEL MSBetroffene BLOG BLOGHAUS-MS und Gedanken über sein Leben mit MS Zahlreiche Buchautor Maximilian Dorner GESICHTER« ERZÄHLEN VON IHRER MS www.amsel.de/blog www.bloghaus-ms.de teilen ihre Erlebnisse schreibt hier zweiwöchentlich DER MS-PODCAST Zahlreiche Betroffene Buchautor Maximilian Dorner und Gedanken über sein Leben mit MS www.der-ms-podcast.de AMSEL MS BLOG BLOGHAUS-MS DER MS-PODCAST teilen ihre Erlebnisse schreibt hier zweiwöchentlich Erkrankte sprechen über www.amsel.de/blog www.bloghaus-ms.de www.der-ms-podcast.de und Gedanken über sein Leben mit MS prägende Erfahrungen Zahlreiche Betroffene Buchautor und Maximilian Dorner Erkrankte sprechen über DER MS-PODCAST alltägliche Herausforderungen teilen ihre Erlebnisse schreibt hier zweiwöchentlich prägende Erfahrungen und www.der-ms-podcast.de und Gedanken über sein Leben mit MS DER MS-PODCAST alltägliche Herausforderungen Erkrankte sprechen über www.der-ms-podcast.de prägende Erfahrungen und Erkrankte sprechen über alltägliche Herausforderungen DER MS-PODCAST prägende Erfahrungen und www.der-ms-podcast.de alltägliche Herausforderungen Erkrankte sprechen über prägende Erfahrungen und alltägliche Herausforderungen BUCHTIPPS »1000 »1000 »1000 »1000 »1000 PODCAST PODCAST PODCAST PODCAST PODCAST MULTIPLE SKLEROSE INS ÖFFENTLICHE BLICKFELD FEDERATION BLOGS BLOGS BLOGS BLOGS BLOGS VON DERVON DER VON DER VON DER VON DER ORGANISIERT ORGANISIERT ORGANISIERT SIEDIE SIE SIE ORGANISIERT SIE SIE WIRKT WIRKT DIE WIRKT DIE WIRKT DIEWIRKT DIE ORGANISIERT MSIF MSIF MSIF MSIF WER INFORMIERT ÜBER MULTIPLE SKLEROSE? 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Welt-MS-Tags ANIMATIONEN zu Nervensystem SCLEROSIS »BEAUTIFUL DAY« 2009 RÜCKTMULTIPLE www.dmsg.de/ms-verstehen WELT-MS-TAG www.vimeo.com/5184332 DER INTERNATIONAL und Ursachen der MS Kurzer Film (4 Min.) anlässlich SCLEROSIS Die Erforschung des Gehirns und seiner Erkrankungen gehört zu den großen Herausforderungen in unserer Gesellschaft. Die Hertie-Stiftung ist der größte private Förderer der Hirnforschung in Deutschland. Die Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose gehört zu den Schwerpunkten ihrer Arbeit. In einer Vielzahl von Projekten geht es zum einen darum, die Erforschung ihrer Ursachen voranzutreiben. Zum anderen sollen die Menschen unterstützt werden, die mit MS leben. Mit dieser Publikation möchte die Hertie-Stiftung über MS informieren und Vorurteile gegen diese Krankheit aus der Welt schaffen. www.ghst.de Die Klaus Tschira Stiftung fördert Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik und möchte zur Wertschätzung dieser Fächer beitragen. Das bundesweite Engagement beginnt im Kindergarten und setzt sich in Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen fort. Bildungs- und Forschungsprojekte sind ebenso Schwerpunkte der Stiftungsarbeit wie der Wissenstransfer und die Förderung des Dialogs zwischen Wissenschaftlern und der Öffentlichkeit. »Auf und ab – Leben mit MS« soll verdeutlichen, wie wissenschaftliche Erkenntnisse das Leben mit Multipler Sklerose verändern – und unsere Einstellung dazu. www.klaus-tschira-stiftung.de Ein Geschäftsbereich der Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH Leitung: Dr. Joachim Schüring Anschrift: Spektrum CP, Postfach 10 48 40, 69038 Heidelberg; Hausanschrift: Slevogtstraße 3–5, 69126 Heidelberg, Tel. 06221 9126-612, Fax 06221 9126-5612 www.spektrum-cp.com Redaktion: Steve Ayan, Mike Beckers Art Direction: Karsten Kramarczik Layout: Claus Schäfer Schlussredaktion: Christina Meyberg (Ltg.), Sigrid Spies, Katharina Werle Bildredaktion: Alice Krüßmann (Ltg.), Anke Lingg, Gabriela Rabe Redaktionsassistenz: Inga Merk Geschäftsleitung: Markus Bossle, Thomas Bleck Erscheinungstermin: Mai 2013 Gemeinnützige Hertie-Stiftung Klaus Tschira Stiftung gemeinnützige GmbH Vorstandsvorsitzender: Dr. John Feldmann Geschäftsführung: Claudia Finke (Kommunikation), Prof. Dr. Michael Madeja (Neurowissenschaften) Leiterin Multiple-Sklerose-Projekte: Dr. Eva Koch Leitung Kommunikation: Marion Bassfeld Anschrift: Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Grüneburgweg 105, 60323 Frankfurt Geschäftsführung: Dr. h.c. Dr.-Ing. E. h. Klaus Tschira, Beate Spiegel Presse & Kommunikation: Renate Ries Anschrift: Klaus Tschira Stiftung gGmbH, Villa Bosch, Schloss-Wolfsbrunnenweg 33, 69118 Heidelberg Weitere Exemplare dieser Broschüre können Sie kostenlos anfordern unter [email protected]