Vivat Minerva: Es gibt wieder österreichische Fernseher

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Vivat Minerva: Es gibt wieder österreichische Fernseher
www.praktiker.at
Gegründet 1945
ITM
P.b.b. ● Erscheinungsort Wien
PTA-Zulassung: GZ 02Z031497 M
KOSTENLOSE LESEPROBE
MULTI
Verlagspostamt 1070
Testlabor-,Testredaktion-Bericht-Spezial
ISSN 0032-6755
MEDIA & ELEKTRONIK
Wieder österreichische Fernseher:
VIVAT MINERVA!
Eigene Fabrik – kein OEM-Schmäh
Titelbild: Felix Wessely
Impressum
Über Leseproben, Nutzungsbedingungen
Bericht / Auszug aus Bericht aus:
ITM praktiker – Internationales Technik Magazin, Nr. 9/2008
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© 2008 Felix Wessely, Wien, Österreich
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Wieder österreichische Fernseher:
VIVAT MINERVA!
Eigene Fabrik – kein OEM-Schmäh
TI TEL STO RY
TITEL9STO
Nr.
/ 2008
RY
Es gibt wieder Fernseher der Marke Minerva. Viele werden sich daran noch aus ihrer
Kindheit erinnern können: Österreich war einmal weltweit ganz weit vorne im Bereich
der Unterhaltungselektronik. Minerva brachte in der frühen Radiozeit Empfänger
hervor, welche die damals führenden Amerikaner nicht zusammenbrachten. Und später
bis zum Farbfernseher. Dann starb aber der geniale Gründer Wilhelm Wohleber und
seine Frau hatte letztlich nach weiteren 18 Jahren das erfolgreiche Unternehmen an
Max Grundig verkauft. Nun ist Minerva in der Hand eines ehemaligen Grundig-Teams
und baut LCD-Fernseher. Minerva lebt wieder. Es gibt wieder Fernseher aus Österreich.
praktiker hat mit dem neuen Miner va-Team, mit dem Designer der LCD-Fernseher gesprochen, die neuen LCD-Fernseher getestet und berichtet ausführlich über den begeisternden Neuanfang dieser alten Traditionsmarke.
achdem der Konkurs von Grundig
spruchreif geworden war – das war
Mitte 2003 – hatten die Grundig-Mitarbeiter DI Thomas Voegerle und Martin Gudernatsch überlegt, „wie wir unser Knowhow künftig nutzen und vor allem auch die
Mannschaft zusammenhalten können“. Die
Möglichkeit, das alleine auf die Beine zu
stellen erschien ziemlich aussichtslos, weil
das die eigenen finanziellen Möglichkeiten
überstiegen hätte und man in Österreich, so
DI Voegerle „für Unterhaltungselektronik
auch nicht unbedingt viel Geld kriegt“.
Dann hatten sie ihren jetztigen Geschäftsführer – Mag. Roos – gefunden, dessen Firma Robust Plastics sie noch als Lieferant
für Grundig gekannt hatten. Dieser hat sich
dann bereit erklärt, das „Projekt LCD-TV“
vorzufinanzieren. Der Start war dann im
September 2003, wobei die 15-köpfige
Grundig-Mannschaft von Robust Plastics
übernommen wurde. Bereits zu Weihnachten 2003 konnte der erste Prototyp eines
LCD-Fernsehers vorgeführt werden, der
gleich große Begeisterung gefunden hatte.
DI Voegerle: „Ein Jahr nach Firmengründung hatten wir dann bereits die ersten
Seriengeräte für Medion geliefert“.
Eine Idee war es dann auch, eventuell eine bereits gut bekannte Marke zu übernehmen. DI Voegerle und Gudernatsch wussten, dass Minerva als Marke immer gut gepflegt wurde und diese war sogar zu haben.
Ende 2007 wurde „Minerva“ dann offiziell
N
Unser Titelbild zeigt die beiden Haupt-Initiatoren der Wiederbelebung der Fernseher-Marke
„Miner va“ (v.l.) Martin Gudernatsch und DI
Thomas Voegerle. Insgesamt sind es 15 ehemalige Mitarbeiter des geschlossenen Grundig
Werk Wien, die nun am Erfolg von Miner va arbeiten. Schön: Das Grundig-Werk Wien war
ursprünglich – bis 1969 – das Miner va-Stammhaus . . .
ITM praktiker
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wieder belebt, vor allem um die Markenrechte nicht wieder zu verlieren. Wenn man
eine Marke besitzt muss man auch nachweisen können, dass man diese verwendet und
dafür gibt es Fristen. Die Produkte waren
noch nicht so ganz fertig und auch die Testergebnisse im praktiker-Labor waren
nicht so sensationell. Ein neuerlicher Test
im Juli hat dann schon ganz anders ausgeschaut (siehe Editorial im vorliegenden
Heft). Vor allem der Receiver für sowohl
Analog, DVB-T (Digital terrestrisch),
DVB-C (Digital Kabel) und DVB-S (Digital Satellit) und die – allerdings von Anfang
an gegebene – exzellente Menüführung und
Einstellmöglichkeiten sind begeisternd.
Das Know-how bei DI Voegerle und Gudernatsch für die Herstellung von Fernsehern ist gut aufgeteilt. Gudernatsch hatte
die mechanischen Teile entwickelt wie beispielsweise Gehäuse, Design-Umsetzung,
mechanisches Innenleben der Geräte etc.
Die Domäne von DI Voegerle ist Elektronik und Automatisation. Bei Grundig hatte
es beispielsweise eine Entwicklungsabteilung gegeben, wo ein Fernseh-Empfangsteil
für Computer-Monitore für die Anwendung in Kinderzimmern und Büros entwickelt wurde.
Robust-Gruppe
Die Robust Firmengruppe ist ein österreichisches Familienunternehmen, das mit den
Firmen Robust Industries, Robust Plastics,
Robust Electronics und Robust Ventures in
mehreren Bereichen – Schwerpunkt:
HINTERGRUND ZUM THE MA
Minerva – die ersten 50 Jahre 1919–1969
Im Jahr 1919 gründet Wilhelm Wohleber in
Wien eine Firma für elektrotechnische Artikel.
Als 1924 das Radiofieber Europa erfasst,
nimmt er einfache Radioapparate und Bestandteile in sein Programm auf. Teils sind die Produkte zugekauft, aber zum Teil auch in der eigenen Werkstätte erzeugt. Die kleine Firma nennt
sich Radiola. Allgemein wird der Radiohandel
hauptsächlich von Nähmaschinen- und auch
Fahrrad-Händlern betrieben, es entstehen die
ersten Spezialgeschäfte für Rundfunkempfangsanlagen, Plattenspieler und Ersatzteile.
Die Produkte haben unterschiedliche Namen
wie beispielsweise Aeriola, Aerophon, Radioglobe, Radiola, Radiopa. Produziert wird alles,
was das Herz des Rundfunkhörers, sowie des
Radiobastlers begehrte; vom einfachen Detektorapparat bis hin zu den höchstwertigen 8Röhren-Empfangsanlagen. Doch die Probleme
mit dem Firmennamen und den Produktnamen
sind absehbar: Radiola ist in den USA ein für
RCA geschützter Name, auch in Frankreich
gibt es einen gleichnamigen Hersteller, Aeriola
war der Markenname von Westinghouse. Deshalb muss Wilhelm Wohleber rasch einen neuen
Firmennamen finden, um evtl. Klagen großer
Konzerne zu entgehen. Ab 1927 heißt das Un-
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ternehmen Minerva, obwohl in Deutschland die
Firma Carl Lochmann, Berlin, den selben Namen innehat.
In der Saison 1929 / 30 – als die Firma ihr 10jähriges Bestandsjubiläum feiert – werden 27 (!)
verschiedene Empfänger, Vorsatzgeräte, Netzanschlussgeräte, sowie Lautsprecher und Plattenspieler angeboten.
Im Jahr 1930 werden allgemein Empfänger
und Lautsprecher in ein Gehäuse zusammengepackt und Radios mit mehreren Empfangsbereichen angeboten.
Die folgenden Jahre bringen die Wirtschaftskrise in Europa, wovon war auch die Radioindustrie betroffen ist. Minerva setzt drei Zeichen, um überleben zu können: 1. Man produziert ab 1933 nur noch hochwertige Superhetempfänger, die Fertigung von Geradeaus-Typen wurde eingestellt. Der Grund dafür ist die
problematische Empfangslage im vorwiegend
gebirgigen Österreich. 2. Der Erschließung der
Exportmärkte misst man bei Minerva erhöhtes
Augenmerk bei. So versucht man sowohl in mitteleuropäischen Ländern Fuß zu fassen, als
auch den nahen, mittleren und fernen Osten zu
beliefern. Minerva ist auf Ausstellungen in Eu➠ Weiter auf Seite 24
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Aktuelle
Miner vaMulti4in1Modelle
empfangen
Analog-TV,
DVB-T, -C
und DVB-S
Auch die über
DVB ausgestrahlten Radioprogramme können
einfach genutzt
werden. Im Radio-Modus erscheint der von
Alexandra Anton
entworfene, stilisierte historische
Minerva-Radioapparat
Kunststoffverarbeitung und Elektronik – der Familie, die selbst aber sehr im Hintertätig ist. Robust Ventures beschäftigt sich grund bleibt. Die Robust-Gruppe soll insmit internationalen Beteiligungen an In- gesamt etwa 1500 Mitarbeiter haben.
dustrie- und Technologie-Unternehmen
Die Produkte sind zwar sehr erfolgreich,
Wie an den Landesflaggen zu sehen,
ist Miner va für weltweiten Export vorbereitet. Bei vollformatiger Darstellung von 4:3 kann die Rahmenfarbe
gewählt werden. Wenn die Werbeblöcke zu lange dauern, kann man sich
die Zeit mit einem der integrierten
Spiele vertreiben
aber kaum bekannt. Also beispielsweise
Herstellung von Getränkekisten oder auch
Gehäuse für Geräte. Oder auch komplette
Produkt-Fertigung – teilweise auch Entwic-
HIN TER GRUND ZUM THE MA
Minerva – die ersten 50 Jahre 1919–1969 (Forts.)
ropa, Afrika und sogar in China vertreten. Bis
zum Jahr 1938 steigt der Exportanteil auf 40%
der Gesamtproduktion. 3. Bedingt durch hohe
Schutzzölle innerhalb Europa ist ein Export
nicht gerade leicht. Minerva betreibt deshalb Li zenzfertigungen in Italien (mit AQUILA), in
der Schweiz (mit TITAN), in Polen (mit ELEK TRIT) und in Frankreich. Das Konzept erweist
sich als erfolgreich und bewährt sich über Jahr zehnte.
1933 ist Minerva praktisch konkurrenzlos. Die
3- und 4-Röhren-Geräte gelten als Standard, damit werden Empfindlichkeiten von weniger als
10 µV erreicht. Die Amerikaner schaffen die selben Werte mit 6-Röhren-Geräten. Minerva ist
beliebt, es werden 20.000 Geräte pro Jahr ausgeliefert.
1936 werden mehrere Auslands-Niederlassungen gegründet. In Mailand, Paris, Wilno und
Zürich werden Fabriken errichtet oder Partnerfirmen für Lizenzproduktion gefunden.
Einen großen Einschnitt in die Entwicklung
des Unternehmens bringt das Jahr 1938 mit sich,
als Österreich und damit seine ganze Industrie
dem Deutschen Reich einverleibt wird. Während der nun folgenden Kriegsjahre muss Minerva seinem Vorsatz, nur noch Superhetemp-
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fänger herzustellen, durch die Verpflichtung zur
Produktion des DKE und VE, untreu werden.
Luxus- und Großempfänger dürfen zwar weiterhin gebaut, aber nur – devisenbringend – exportiert werden.
Darüber hinaus wird der Betrieb vermehrt in
die Rüstungszulieferindustrie eingebunden, die
zivile Produktion wird zurückgedrängt. Dennoch sind die Konstrukteure in den Radiolabors
nicht untätig, gilt es doch jedes Jahr neue Modelle für die Lizenznehmer zu entwickeln.
Mit dem Jahr 1945 und den massiven Bombenangriffen auf Wien, sowie dem darauf folgenden
Einmarsch der Sowjettruppen scheint das endgültige „Aus“ für dieses alte Wiener Traditionsunternehmen besiegelt. Hauptgebäude zerbombt, Röhrenlager abgebrannt, Rohmaterialien und Maschinen verschleppt. Minerva steht
vor dem Ende.
Aber nach einem Jahr unermüdlicher Aufbauarbeit und Sichtung der noch vorhandenen Materialbestände, gelingt es Minerva, das erste in
Serie gefertigte Rundfunkgerät auf den Markt
zu bringen. Rasch geht es wieder bergauf.
Dennoch ist der weitere Weg des Unternehmens von vielen Problemen und Rückschlägen
gezeichnet.
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Minerva glaubt nicht an den vom Verband der
Rundfunkindustrie propagierten „Einheitssuper“, ist aber doch mit bestimmten Baugruppenlieferungen daran beteiligt. Man will seine eigenen Wege gehen. Also kommt Minerva mit einer
Neuauflage des 1941 verkauften Horny-Zwergsupers auf den Markt – er heißt jetzt „Minola“ –,
baut die billigen Kleingeräte „Minor“ und
„Atout“ (Atout mit vier fix abgestimmten Stationen, bezeichnet mit Herz, Karo, Pique und
Treff) und schließlich, als 1949 die Materialknappheit ihrem Ende zugeht, „Miraphon 500“,
das Kleingerät, das auf dem „Minola Privat“
(wurde um 1940 nur in Kleinstserie als Geschenk für die leitenden Minerva-Mitarbeiter
gebaut) basiert. Auch ein Luxusempfänger, der
„President Type 702“ ist im Programm, eine
technische Spezialität, ein Doppelüberlagerer
mit 6 gedehnten Kurzwellenbändern, Mittelund Langwelle. Das Gehäuse gleicht dem Vorkriegsmodell 397.
Der große Wurf gelingt 1949 mit dem neu entwickelten Modell 506, das Minerva wieder an die
Spitze bringt. Mit völlig neuem Design, das jahrelang beim Publikum Gefallen finden soll und
einer Technik, die richtungsweisend ist, wird der
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ITM praktiker
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Ein Teil des Minerva-Entwickler-Teams mit den beiden Design-Varianten Schwarz und
Schwarz-silbrig (v.l.): Edmund Brunat, Rainer Rosifka, Alexandra Anton, Stefan
Etzenberger, DI Thomas Voegerle, Martin Gudernatsch, Bernhard Trzil, Ing. Werner Lösch
klung – für andere Firmen wie DECT-Telefone und Faxgeräte für Olivetti, Philips und
Sagem sowie auch LCD- und Plasma-Fernseher für Medion.
Der Grundstein des Familienkonzerns
wurde im Jahr 1847 mit einem kleinen Geschäft gelegt. Wesentlich im Zusammenhang mit Minerva ist, dass Know-how für
die Fertigung sehr hoch ist und es an Finanzkraft dahinter nicht mangelt. Lediglich
das Führen einer Marke für Konsumprodukte ist neu und der Verkauf direkt an den
Handel, da in der Hauptsache an andere
Hersteller oder Firmen geliefert wird, die
sich um die Vermarktung kümmern.
Der große Vorteil eines real vorhandenen
Eigentümers ist, dass dieser naturgemäß in
die Zukunft schaut. In diese wird investiert,
während das schnelle Geld heute auf Kosten der Zukunft uninteressant ist. Nur so
sind auch Projekte, die mehr Mut erfordern,
durchführbar. Ein hoher Manager kann
schon seinen Kopf riskieren, wenn ein zu
abenteuerliches Projekt daneben geht. Der
Unternehmer probiert halt dann was Anderes und lernt aus den Fehlern. In der jetzigen Zeit der extremen Produktionskapazitäten für Fernsehgeräte mit dem Start einer
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Fernseher-Marke zu starten ist sicherlich
mutig. Genauso mutig wie Samsung – ebenfalls ein, wenngleich noch erheblich größeres Familienunternehmen –, die sich vor etwa zehn Jahren vorgenommen hatten an die
Spitze der Hersteller für Unterhaltungselektronik zu kommen. Auch Samsung war
damals als Marke für Konsum-Produkte
eher weniger bekannt und wenn, dann für
eher billige, schlichte Elektronikgeräte. Das
hat sich ja bekanntlich geändert.
Eigene Produktion, Entwicklung
Wenn eine alte Marke wiederaufersteht,
ist es eher die Regel, dass fremde Produkte
mit dem eigenen Logo versehen werden,
vielleicht das Gehäuse selbst entworfen und
gebaut wird. OEM-Produkte sind Produkte, die nicht unter dem Herstellernamen
vermarktet werden. Eher die Ausnahme ist
es in solchen Fällen, dass die Geräte selbst
entwickelt und hergestellt werden. Dies ist
bei Minerva der Fall.
Die Entwicklung passiert in Wien, die
Fertigung bei Robust Electronics Hungary
in Györ nahe der österreichischen Grenze
in Ungarn. Die Hauptplatine ist eine Eigenentwicklung – unter der Federführung von
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DI Voegerle –, die Gehäuse werden bei Robust Plastics hergestellt. Lediglich die Displays werden zugekauft.
Minerva wieder als Premium-Marke
Minerva wird als Premium-Marke präsentiert. Also das, was sie auch früher schon
war und als was sie allen, die älter als etwa
35 Jahre sind in Erinnerung haben. So in der
Klasse wie auch Loewe und Metz beispielsweise. Wenngleich es derzeit von Minerva
noch keine Fernseher in der obersten Preisund Leistungsklasse gibt. Derzeit ist es die
etwas höhere Mittelklasse im Preisbereich
von 1400 bis 2000 EUR. Und auch HD-ready und vorläufig noch nicht Full-HD.
Wenngleich in der Praxis die Bilder vom
HD-Kanal – beispielsweise ORF – auf dem
1366 × 768-px-Display der Minervas eher
der gesendeten Bildgröße entsprechen und
daher weniger als ein 1080-Bild skaliert
werden müssen, was der Bildqualität zugute
kommt. Aber es gibt freilich auch Wiedergabe von BluRay-Disc.
Für das Design hatte man das Designatelier GPdesignpartners beauftragt. Diese haben eine sehr eigenständige Linie für die
Fernseher entwickelt.
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Fachhändler bevorzugt
Als wirkliche Premiummarke bemüht
man sich auch um den versierten Fachhändler als Partner. Diesem wird dabei auch – so
DI Voegerle – jede Hilfestellung angebo-
ten. So beispielsweise Schulungen für Servicearbeiten und prompte Versorgung mit
Ersatzteilen etc. Minerva-Fernseher werden also nicht zwischen Kraut und Rüben
im Supermarkt und auch eher nicht im
TECH NI SCHE DATEN
Minerva LCD-Fernseher
Allgemein:
● Optimierte Voreinstellungen für Audio und Video,
aber auch vollständig individuell einstellbar
● Video: „Perfect Clear“ Bildaufbereitung mit dynamischer, digitaler Bildauswertung und -verarbeitung
● Audio: Virtual Dolby, automatische Lautstärkebegrenzung, 2 × 20 Watt Musikleistung
● Receiver: Analog Multistandard, DVB-T, DVB-C,
DVB-S MPEG2
● Display: LCD, 1366 × 768 px, Reaktionszeit
6,5 ms, Blickwinkel 178°
● Anschlüsse hinten: 2 HDMI (HDCP), Component
Video (YUV), VGA, 2 Scart, FBAS, S-Video, Audio-Line (Cinch), Common Interface
● Anschlüsse seitlich: 1 HDMI (HDCP), FBAS, AudioLine (Cinch), S-Video
● Leistungsaufnahme Standby: 1 Watt
● Sonstiges: Multipicture-Programmübersicht, Sleeptimer, Kindersicherung, Intelligente SWAP-Funktion, automatische Bildformat-Anpassung
● abnehmbarer Fuß für Wandmontage
● Gehäusefarbe wahlweise (selber Preis): Silber /
Dunkelgrau, Weiß matt, Schwarz (matt/seidenglanz)
● Zubehör: Drehfuß mit Metallgleitlager mit lösbarem Anschlag (dann endlos drehbar); ca. 130 EUR
Minerva 32 Opal Multi4in1
● Display: ca. 81 cm, dyn. Kontrastverh. 6000:1
Abmessungen mit Fuß . . . . . . . . . 80 × 58 × 20 cm
Abmessungen ohne Fuß . . . . . . . 80 × 56 × 13 cm
Gewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ca. 14 kg
Preis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ca. 1400 EUR
Minerva 37 Topas Multi4in1
● Display: ca. 94 cm, dyn. Kontrastverh. 6000:1
Abmessungen mit Fuß . . . . . . . . . 92 × 64 × 20 cm
Abmessungen ohne Fuß . . . . . . . 92 × 63 × 13 cm
Gewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ca. 20 kg
Preis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ca. 1700 EUR
Minerva 42 Granat Multi4in1
● Display: ca. 107 cm, dyn. Kontrastverh. 8000:1
Abmessungen mit Fuß . . . . . . . . 102 × 70 × 22 cm
Abmessungen ohne Fuß . . . . . . 102 × 69 × 13 cm
Gewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ca. 24 kg
Preis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ca. 2000 EUR
Elektronik-Großmarkt zu finden sein.
Auch wenn der Großteil der Fernseher in
der oberen Mittelklasse gekauft werden
wird, soll schon im nächsten Jahr einiges an
Neuheiten in höherer Preis- und Leistungsklasse zu erwarten sein, was dem Image der
Marke sicherlich zusätzlich zuträglich wäre.
So dürfte beispielsweise mit Fernsehern mit
integriertem HDD-Recorder für Aufzeichnung von HD-Sendungen zu rechnen sein.
Design aus Wien
Das Design der LCD-Fernseher wurde
vom Team rund um Christoph Pauschitz,
Inhaber von GPdesignpartners in der Wiener Schottenfeldgasse entwickelt. Aus dieser Design-Schmiede kommen u.a. auch
Lautsprecher-Boxen für Vienna Acoustics,
ein Philips Digital Pocket Memo für das ein
IF-Award eingeheimst wurde, Hörgeräte
von Siemens, aber auch Design-Entwicklungen aus völlig anderen Bereichen wie
eine Dusch-Anlage fürs Badezimmer.
Christoph Pauschitz: „Eine der Überlegungen am Anfang war, ob wir das historisierend anlegen sollten. Das wurde aber
verworfen, da der Klang der Marke Minerva von sich aus eine historische Wirkung
Im Bild links: Miner va Belvedere 569A „Rundfunk-Fernseh-Phono-Kombination“,
Baujahr 1957/58; hier allerdings nicht ganz stilgerecht mit Doppel-„Libelle“ für
VHF/UHF als Zimmerantenne. Das hatte es damals noch nicht gegeben, da es in Österreich das Zweite Programm im UHF-Bereich noch nicht gegeben hatte. Im Bild oben
die weiße Design-Variante der aktuellen Miner va-Fernseher. Weiters gibt es komplett
schwarz und die eigentlich klassische Miner va-Variante in Dunkelgrau und Silbrig
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In diesem großzügigen Atelier von GPdesignpartners in der Wiener Schottenfeldgasse – übrigens unweit der früheren Miner va-Zentrale Ecke
Zieglergasse/Apollogasse – wurde das Design der neuen Miner va-LCD-Fernseher entwickelt. Links im Bild: Inhaber Christoph Pauschitz
hat. Daher wurde das Erscheinungsbild
sehr modern-klassisch angelegt. Betont
sollte auch die Herkunft aus Wien werden.
Das gibt was her, so wie Paris und London.“
Die vorne integrierte Welle wurde von
der Formensprache der vorigen Produkte
abgeleitet. Viele Fernseher-Hersteller bemühen sich, den Rahmen rund um das Bild
so knapp wie möglich zu halten. Pauschitz:
„Der Rahmen ist durchaus bewusst vorhanden. Diese Elemente – so in der Hauptsache
die Welle – werden auch bei weiteren Produkten als Wiedererkennungsmerkmal
bleiben; so wie eine BMW-Niere.“
Der Standfuß sollte unauffällig bleiben.
Pauschitz: „Der Fuß schaut eher aus wie eine Sohle, als breite Basis über fast die ganze
Gerätebreite, aber nicht dominierend. Bei
vielen Fernsehern wird eine schmale Säule
in der Mitte verwendet, was dann mehr wie
ein Computer-Monitor ausschaut. Zudem
schaut ein solcher Fernseher ganz anders
aus, wenn er – ohne die Säule – an der Wand
hängt.“
Pauschitz beschäftigt sich aber nicht nur
mit dem schönen Aussehen, sondern zum
Design gehört auch einfache Benutzbarkeit. Pauschitz: „Als Benutzer muss man
sich sicher fühlen im Umgang mit dem Produkt, sodass man sich nicht wie ein Depp
vorkommt.“
WEB-LINK, LI TE RATUR
Produktpalette und Merkmale
Minerva:
➔ www.minerva-lcd.tv
Robust Industries:
➔ www.robust-industries.com
ITM praktiker
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Die Produkt-Palette ist sehr klar. Es gibt
drei Modelle, die sich in der Hauptsache
durch die Bildgröße unterscheiden: 81 cm,
94 cm und 107 cm. Und jedes dieser drei
Modelle ist wiederum in drei Farbvarianten
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erhältlich: silber / dunkelgrau, weiß matt,
schwarz (matt / seidenglanz). Die Bildauflösung ist bei allen derzeit verfügbaren Modellen gleich: 1366 × 768 px.
Allen gemeinsam ist ein Receiver-Teil für
Analog, DVB-T, DVB-C und DVB-S. Damit sind alle gängigen Signalarten empfangbar. Für die DVB-Signale gibt es auch ein
Common Interface.
Die Menüs sind sehr übersichtlich gestaltet. Die in hellgelb und braun gehaltenen
Bildschirm-Anzeigen stellen eine Verbindung zu den früheren Holzgehäusen her.
Bemerkenswert ist eine sehr kleine Leistungsaufnahme der Geräte, vor allem der
wichtige Standby-Verbrauch liegt bei lediglich einem Watt. Ein Fernseher ist durchschnittlich vier Stunden pro Tag eingeschaltet, das bedeutet 20 Stunden Standby. Es ist
eine leichte Rechenaufgabe, den Kostenunterschied zwischen Fernsehern mit 20 Watt
Standby-Verbrauch – die inzwischen allerdings schon seltener sind – und einem 1 oder
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Elektronik der Miner va-LCD-Fernseher im Entwicklungslabor
– heute gängig – 3 bis 5 Watt zu erkennen.
Auch im Betrieb sind die Fernseher unter
den Strom-Sparefrohs. So hat das prakti-
Edmund Brunat im Mess- und Entwicklungslabor in Wien
ker-Labor für den Minerva 37 Topas folgende Werte bei den verschiedenen Helligkeitseinstellungen gemessen:
HINTERGRUND ZUM THE MA
Minerva – die ersten 50 Jahre 1919–1969 (Schluss)
506er als Grundstein für den erfolgreichen Fortbestand der Firma angesehen.
1950 stirbt Wilhelm Wohleber im 60. Lebensjahr knapp nach dem 30-jährigen Firmenjubiläum. An seine Stelle tritt seine Gattin Elisabeth, Ing. Egon Mally wird zum Direktor des
Unternehmens bestellt.
Wer viele Geräte produziert, braucht dementsprechend viele Röhren. Der Röhrenhersteller Philips, der während der ersten Nachkriegszeit im Verband der Rundfunkindustrie
versucht hatte, über Quotenregelungen (immerhin besaß Philips bereits die Radiofirmen
Hornyphon und Zerdik), den österreichischen
Markt zu beherrschen, stellt plötzlich bei Minerva offene Rechnungen für Röhrenlieferungen fällig. Normalerweise hätte dies das Ende
für die Firma bedeutet, doch es gelang der Geschäftsleitung, die Schulden zu begleichen.
Nach eiliger Konstruktionsänderung wurde der
506er mit Tungsram-Röhren bestückt und fortan keinerlei Philips- Bauteile mehr verwendet.
(Der Wiener Tonbandgeräte-Hersteller Ing.
Viktor Stuzzi hatte praktiker in einem Inter-
view vor etwa zehn Jahren darüber berichtet,
dass er für jedes in den Niederlanden verkaufte
Gerät quasi eine Schutzgeld-Zahlung direkt an
Philips leisten musste; zusätzlich zum regulären
Einfuhrzoll.)
Bereits 1950 wird der erste UKW-Empfänger
in Serie gebaut und exportiert. Auch bei der
Entwicklung und Produktion der ersten Fernsehempfänger steht Minerva in der vordersten
Reihe.
Das erste transportable Transistorradio Österreichs kommt 1957 von Minerva auf den
Markt. Auch bei der Einführung des Farbfernsehens ist Minerva bereits mit ausgereiften Modellen parat. Dann folgt der erste transistorisierte Tischradio etc.
Bis zum Jahr 1968 ist Minerva im In- und Ausland ein Begriff für Qualität und Zuverlässigkeit bei Kunden und Servicetechnikern.
Zum 50-jährigen Firmenjubiläum im Jahr
1969 verkauft Elisabeth Wohleber dieses – weiterhin auch wirtschaftlich erfolgreiche – Traditionsunternehmen an Max Grundig, der die
Werke für die Produktion von Grundig-Geräten verwendet. Der Markenname Minerva verschwindet und wird fortan nur zeitweise für einzelne Geräteserien in einigen Regionen verwendet; aber nicht
praktiker
mehr in Österreich.
praktiker dankt Fritz Czapek für die
Informationen zur Minerva-Geschichte,
die ausführlich auch auf dessen Website
➔ www.minervaradio.com
zu finden ist. Fritz Czapek gibt auch mit
„Der Radiobote“ eine wertvolle Spezialzeitschrift für Sammler österreichischer
Rundfunkgeräte mit Firmengeschichten
und Informationen zu Geräten heraus.
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● Hinterleuchtung voll: 160 W
● Hinterleuchtung normal: 122 W
● Hinterleuchtung mittel: 90 W
● Hinterleuchtung mit dynamischer Anpassung: bei normalem Bild ca. 90 bis 120 W
● Hinterleuchtung schwach: 53 W (ausreichend, wenn kaum Licht im Zimmer)
Wenn nicht das Zimmer damit beleuchtet
werden soll und sowieso nur schwaches
Licht im Zimmer vorhanden ist, dann sind
53 Watt möglich, was etwa die Hälfte eines
größeren Röhrenfernsehers ist.
Insgesamt sind die Minerva LCD-Fernseher in ihrer Preisklasse sehr gut. Noch weiter verbesserungswürdig sind die fließenden Bewegungen, was aber beim „wirklich
wahren“ Fernsehen nicht störend ist – erst
recht nicht in der Preisklasse -; das sieht
man nur bei den Test-Discs mit denen Fernsehgeräte von praktiker gequält werden.
Auch im Ausland
Wenn man sich das Menü für die Ersteinrichtung anschaut, sieht man bei der Auswahl des Standortes eine gewaltige Menge
an Länderflaggen und Menü-Sprachen. Bei
Minerva hat man sich also viel vorgenommen, was auch den Export anbelangt. Vorläufig wurde vor einigen Wochen der Anfang mit Deutschland und Schweiz gemacht. DI Voegerle: „Das geht nicht anders. Mit Österreich allein erreicht man
nicht die für die Wirschaftlichkeit nötigen
Stückzahlen.“
Ohne deswegen die für das professionelle
Maß für eine gewisse Objektivität nötige
Distanz zu verlieren wünscht das Team des
praktiker dem jungen Team um DI Thomas Voegerle und Martin Gudernatsch viel
Erfolg zuerst bei den wirklich exzellenten
Fachhändlern, von denen wir ja sehr viele in
Österreich haben und in weiterer Folge bei
allen anderen, die einen Fernseher fürs
praktiker
Wohnzimmer suchen.
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