Planetenfotografie für den Amateurastronomen
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Planetenfotografie für den Amateurastronomen
Planetenfotografie für den Amateurastronomen von Jan-David Förster am 2.8.2012 Die Beobachtung von Planeten ist eine lohnenswerte Aufgabe, gerade auch für den ungeübten Astronomie-Anfänger, da sie selbst mit kleinen und preisgünstigen Teleskopen möglich ist und schnell zu Beobachtungserfolgen führt. Viele der sogenannten Wandelsterne sind so hell, dass sie problemlos am Himmel mit bloßem Auge aufzuspüren sind. Wer dann zum ersten Mal die GALLILEI’schen Monde um Jupiter, die Phasengestalt der Venus, oder die Ringe um Saturn unter Zuhilfenahme einer vergrößernden Optik erblickt, ist meist umgehend begeistert von der Fülle an morphologischen Details, die sich auch dem ungeübten Betrachter offenbaren. Die anfängliche Euphorie verfliegt jedoch spätestens dann, wenn man erkennt, dass die Detailfülle stark mit den Beobachtungsbedingungen am Standort, wie z.B. die Höhe des Beobachtungsobjektes, die Himmelshelligkeit, die Transparenz und Luftunruhe, das Seeing, korreliert sind. Das Auflösungsvermögen des Teleskops wird dadurch stark herabgesetzt und der flaue und wabernde Anblick des Planeten weckt den Wunsch danach, die in Momenten geringer Luftunruhe aufblitzenden Details fotografisch festhalten zu können, um sie genauer und länger betrachten zu können. In diesem kurzen Bericht geht es weder um die Einrichtung des Teleskops zur Planetenfotografie für den Amateurastronomen, noch um die verwendete Ausrüstung, als vielmehr um die Idee der Aufnahmemethode, um einige Aspekte der Nachbearbeitung und um die Vorstellung einiger Ergebnisse. Bei hellen Himmelsobjekten bedient man sich nämlich einer Aufnahmetechnik, die im krassen Gegensatz zum üblichen Ansatz der Astrofotografie steht. In der Deep-Sky-Fotografie wird das Ziel verfolgt lichtschwache Objekte durch hohe Belichtungszeiten sichtbar zu machen, um ein gutes Signal-Rausch-Verhältnis (SNR) zu erreichen. Planeten sind jedoch ausreichend lichtstark, sodass sich mit kurzen Belichtungszeiten in der Größenordnung von 10-2 s viele Einzelbilder in kurzer Zeit gewinnen lassen. Aus diesen Einzelbildern werden diejenigen selektiert, die die geringsten Seeingeinflüsse zeigen und über deren Anzahl gemittelt (Stacking). Dieses Verfahren nennt sich Lucky-Imaging und findet auch in der professionellen Astronomie Anwendung. Ein weiterer positiver Nebeneffekt dieser Methode ist, dass mit steigender Bildanzahl das Rauschen im Bild abnimmt. Es gilt, dass sich das Signal-Rausch-Verhältnis proportional zur Wurzel der Bildanzahl verhält. √ Eine Vervierfachung der Bildanzahl bedeutet demnach eine SNR-Verdopplung. Viele kostenlos verfügbare Programme erledigen heute die Arbeit der Selektierung der schärfsten Bilder aus einer Bildserie, die Ausrichtung der Bilder aufeinander und das Stacking mehr oder minder automatisch. Zu nennen sind z.B. Autostakkert! 2, AviStack, Fitswork, RegiStax 6, oder Giotto. Aufgrund der intuitiven Bedienbarkeit ist mein Favorit Autostakkert! 2. Einige dieser Programme enthalten diverse Funktionen zur Schärfung und Rauschfilterung, für die jeder Planetenfotograf seine persönliche Vorliebe entwickelt. Ich nutze gerne die Deconvolutionroutine von Fitswork, komme aber auch mit den Wavelet-Filtern von RegiStax zurecht, ohne an dieser Stellte in die Details ihrer Funktion einsteigen zu wollen. 1 Obige Bildserie zeigt anschaulich die Funktionsweise von Lucky Imaging am Beispiel Mars. Das linke Bild ist ein Einzelbild aus einer Serie von 1000 Aufnahmen. Deutlich tritt das Rauschen hervor. Das mittlere Bild ist die Mittelung (oft fälschlicherweise Summenbild genannt) über alle 1000 Aufnahmen. Im rechten Bild wurden nur die 100 detailreichsten Bilder zur Mittelung verwendet und das Endresultat geschärft. Ein weiteres nützliches Verfahren welches der künstlichen Erhöhung der Auflösung dient, ist das sogenannte Drizzling. Diese Methode wurde erstmals auf die Hubble deep field Daten angewandt. Bei diesen beobachtete man starkes Undersampling. Etwas vereinfacht ausgedrückt: Das Auflösungsvermögen des Teleskops war für die verwendeten Kameras überraschenderweise zu hoch. Bei dieser Methode werden die Ursprungspixel (rot) aus dem Originalbild verkleinert (blau), auf ein neues Pixelraster (rechts) aufgebracht und in kleinere Pixel aufgespalten. Jeder blaue Pixel entfällt dabei zu einem gewissen Anteil auf das graue Hintergrundraster. Das Verfahren wird klar, wenn man sich der Übersetzung des Begriffs Drizzle, Nieselregen bedient, denn jeder Pixel regnet in feinen Tröpfchen auf das darunterliegende Raster. Das rechte zweigeteilte Bild zeigt das Potential der Drizzle-Funktion anhand einer mikroskopischen Aufnahme einer Pilzspore. Die Ursprungspixel sind in dieser Aufnahme dreimal so groß wie die im resultierenden Bild. Weitere Details zur Methode lassen sich auch der Originalpublikation entnehmen. Üblicherweise wird das Drizzling vor dem Stacking durchgeführt. Man erreicht so eine Vergrößerung des Bildes um den Faktor drei ohne Vergröberung der Bilddetails. Zur Zeit haben RegiStax und Autostakkert! die Drizzle-Funktion implementiert, wobei Autostakkert! meiner Ansicht nach die besten Resultate liefert. 2 Bei der Planetenfotografie kommen meist keine Farbkameras zum Einsatz. Dieser Trend verhält sich ganz ähnlich wie in der Deep-Sky Fotografie. Der Einsatz von Schwarz-Weiss-CCDs ermöglicht die Nutzung von Linien- oder Bandpassfiltern, um verschiedene Farbkanäle aufzunehmen und weitere Details auf Planeten sichtbar zu machen. Beispielsweise können (fast) nur mit UV durchlässigen Filtern Wolkenstrukturen der Venus sichtbar gemacht werden, die dem menschlichen Auge sonst verborgen bleiben. Infrarot-Passfilter ermöglichen dagegen bis zu einem gewissen Grad ein Schauen durch die Marsatmosphäre und zeigen andere Wolkenstrukturen bei Jupiter. Zudem ist im Infraroten das Seeing meist deutlich besser, weshalb solche Infrarotaufnahmen gerne auch als strukturgebendes Luminanzbild Anwendung finden. Bei besonders gutem Seeing lässt sich hierfür auch der Rotkanal nutzen (siehe unten). Will man Farbaufnahmen, also Rot-Grün-Blau-Bilder, erstellen, so ist dies mit Schwarz-Weiss-CCDs immer mit mehr Belichtungszeit erkauft, da jeder Kanal einzeln belichtet werden muss. Bei Jupiter bspw. muss mit dem Teleskop der Paul-Baumann Sternwarte aufgrund der schnellen Planetenrotation die Aufnahme aller Kanäle in unter 4 Minuten erfolgen, damit keine Bewegungsunschärfe im Bild auftritt. Hier ist dann auch erkennbar warum hohe Frameraten bei der Aufnahme notwendig werden, um dennoch eine gewisse Anzahl von Bildern zur Mittelung zur Verfügung zu haben. Aufgrund der Bayermatrix von Farb-CCDs haben diese trotz gleicher Pixelanzahl gegenüber SW-CCDs nur eine 0,71 fache Auflösung. Auch dies spricht für die Nutzung von SW-CCDs. Kombiniert man nun die Methoden Lucky Imaging, Drizzling, Deconvolution Schärfung, RGBKomposit und die Verwendung von Luminanzaufnahmen, erreicht man eine erhebliche Detailsauflösung, welche man bei der Beobachtung mit bloßem Auge nicht erwarten kann. Vergleichen Sie hierzu das Summenbild der obigen Bildserie, das in etwa dem visuellen Eindruck entspricht, mit folgender R-RGB Aufnahme auf der linken Seite des untenstehenden Bildes. 3 Am Beispiel der Marsaufnahme von März diesen Jahres möchte ich einige wenige charakteristische Details erklären. Im rechten Bild sehen Sie eine berechnete Ansicht, wie man sie leicht mit Calsky selbst erstellen kann. Im Vergleich mit der tatsächlichen Aufnahme (links) fallen sofort die bläuliche Farbgebung und die hellen atmosphärischen Strukturen auf. Die bläulich, weißliche Farbgebung ist teilweise der Bildbearbeitung geschuldet, größtenteils aber durch gefrorenes Kohlenstoffdioxid (Trockeneis) in der Marsatmosphäre verursacht. Man sieht hier also klar Wolkenstrukturen, wenn auch nicht aus Wasserdampf, also Wettererscheinungen in der Atmosphäre eines fremden Planeten! Vor 10 Jahren waren solch detailreiche Aufnahmen im Amateurbereich noch undenkbar und sind heutzutage unter mitteleuropäischen Verhältnissen immer noch eher selten. Neben der nördlichen Polkappe, die ebenfalls sofort auffällt, sticht als dunkler Fleck Olympus mons, der größte Vulkan im Sonnensystem, mit einer Höhe von 26,4 km durch die Wolkendecke und lässt diese unter sich zurück. Am rechten Rand der Wolkenformationen befinden sich drei weitere Vulkane der Tharsis Ebene, die nur schwach zu sehen sind. Über Ascreaus mons scheint die Wolkenfront nicht hinwegzuziehen und staut sich dort als Front auf. Am rechten Bildrand sind gerade noch die Valles marineris, das tiefste und größte Grabensystem im Sonnensystem mit einer Tiefe von bis zu 7 km und einer Länge von 4000 km auszumachen, bevor sie auf die Nachtseite des Planeten verschwinden. Die Kombination von größter Erhebung und tiefster Senkung in einem Bild, trägt sicherlich nicht unerheblich zur Ästhetik der Aufnahme bei. Gerade auch die belebte Jupiteratmosphäre zeigt innerhalb kürzester Zeit Veränderungen, die der Amateurastronom dokumentieren kann. Ende des vergangenen Jahres zeigte sich das nördliche Äquatorialband (rötliches oberes Bild in untenstehender Aufnahme) dünn und schmal. 4 Inzwischen zeigen aktuelle Aufnahmen (am Taghimmel), wie hier von Thorsten Hansen, dass sich dieses Band im Vergleich mit der letzten Beobachtungsperiode deutlich verbreitert hat. Es bleibt abzuwarten wie die weitere Entwicklung bis zur Opposition am 3.12.2012 verläuft. Mit viel Glück lassen sich auf Jupiter sogar Einschläge entdecken, wie es 2009 Anthony Wesley in Australien gelungen ist. Wer nun Lust auf Planetenfotografie bekommen hat, dem sei folgende Grafik, entnommen aus Astronomie.de, empfohlen. Bis 2015 werden die Beobachtungsbedingungen für Jupiter noch besser. Danach sollte man seinen Beobachtungsstandort allerdings besser in Richtung Süden verlegen, denn mit Planetenhöhen um 20° in 2019 lassen sich hier kaum sinnvolle Beobachtungen durchführen. Die Aufnahme als solche ist bei der Planetenfotografie relativ schnell erfolgt, allerdings fordert die Nachbearbeitung der Rohdaten viel Zeit, die sich aber in die teils langen Schlechtwetterperioden in Deutschland problemlos einfügen. Im Vergleich mit der Deep-Sky Fotografie ist der Einstieg in die Planetenfotografie relativ kostengünstig. Da eine Kontrolle der Nachführung immer live am Monitor erfolgt, ist eine sehr exakte Montierung nicht unbedingt nötig. Aufnahmetechniken der Planetenfotografie lassen sich ebenfalls auf Mond und Sonne anwenden, sodass sich hier eine große Vielseitigkeit ergibt. Sollten Sie Interesse an Deep-Sky-, oder Planetenfotografie haben, so beraten wir Sie gerne. Unser Verein steht Ihnen mit Fachwissen zu unterschiedlichsten Themen der Astronomie zur Verfügung. 5