Auer, Manuel, 2013, Musikverwertung im Internet. Diplomarbeit, Karl
Transcription
Auer, Manuel, 2013, Musikverwertung im Internet. Diplomarbeit, Karl
Diplomarbeit Zur Erlangung des akademischen Grades eines Magisters der Rechtswissenschaftlichen Fakultät an der Karl-Franzens-Universität Graz über das Thema Musikverwertung im Internet eingereicht bei Univ.-Prof. Mag. Dr. iur. Elisabeth Staudegger am Institut für Rechtsphilosophie, Rechtssoziologie und Rechtsinformatik vorgelegt von Manuel Auer, BA Graz, im Juni 2013 Ehrenwörtliche Erklärung Ich versichere, dass ich die eingereichte Diplomarbeit selbstständig verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und mich auch sonst keiner unerlaubten Hilfsmittel bedient habe. Ich versichere ferner, dass ich diese Diplomarbeit bisher weder im In- noch im Ausland in irgendeiner Form als wissenschaftliche Arbeit vorgelegt habe. Graz, am 06.06.2013 Unterschrift: ...………………….........………… Vorwort Vorwort Für beide Themen – Musik und IT – habe ich mich schon seit früher Jugend sehr interessiert. Diese Themenbereiche faszinieren mich auch nach wie vor außerordentlich. Die Liebe zur Musik führte mich zudem zu einem zweiten Studium der Musikologie an der Kunstuniversität Graz. Es schien für mich daher nur folgerichtig, auch meine Diplomarbeit im Schnittpunkt dieser zwei Materien zu verfassen. Sie beschäftigt sich mit dem sehr aktuellen und höchstinteressanten Thema „Musikverwertung im Internet“. Die Arbeit verfolgt das Ziel, Online-Musikdienste sowohl verwertungsrechtlich einzuordnen als auch diese vom Standpunkt des Nutzers aus zu betrachten, indem zB ein aktueller Überblick zur Zulässigkeit der Privatkopie gegeben wird. In der vorliegenden Arbeit wurde auf geschlechterspezifische Formulierungen zugunsten einer einfacheren Lesbarkeit verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen beziehen sich dennoch gleichermaßen auf beide Geschlechter. Die angegebenen Internetadressen sind auf dem Stand von Juni 2013. Die Zitierweise richtet sich nach den Zitierregeln des Instituts für Rechtsphilosophie, Rechtssoziologie und Rechtsinformatik der Karl-Franzens-Universität Graz. Sie können online unter http://www.ridaonline.at/zitiermaster/ eingesehen werden. In der Arbeit werden vorrangig die wissenschaftlich gebräuchlichen Termini verwendet. Wo in der Praxis aber auch andere Begriffe verwendet werden, wird darauf gesondert hingewiesen. In dieser Arbeit habe ich Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur bis Juni 2013 berücksichtigt. Bestehen Unklarheiten bei der rechtlichen Einordnung eines Problems in der Rechtsprechung und Literatur, so ist meine persönliche Meinung wiedergegeben. An dieser Stelle bedanke ich mich ganz herzlich bei Frau Univ.-Prof. Mag. Dr. iur. Elisabeth Staudegger für ihre Betreuung beim Verfassen der Arbeit! Ebenfalls bedanke ich mich bei Mitarbeitern der Verwertungsgesellschaften, namentlich bei Siegfried Samer (Lizenzbereich Online AKM), Georg Flenreisz (Lizenzbereich Sendung AKM) und Claudia Grabensteiner von der austromechana. Ganz besonders danke ich meinen Eltern, Norbert und Andrea Auer, die mir während der gesamten Studienzeit in allen Belangen unterstützend zur Seite standen! Vielen Dank! Graz, im Juni 2013 Manuel Auer I Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis VORWORT ............................................................................................................................................................ I INHALTSVERZEICHNIS .................................................................................................................................. II ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS....................................................................................................................... IV EINLEITUNG ............................................................................................................................................................. 1 TEIL I: RECHTSGRUNDLAGEN ..................................................................................................................... 3 WERKE DER TONKUNST .............................................................................................................................. 3 EUROPÄISCHER URHEBER- UND LEISTUNGSSCHUTZ ................................................................................... 3 1. Urheberschutz........................................................................................................................................ 4 2. Leistungsschutz ...................................................................................................................................... 5 C. URHEBER- UND LEISTUNGSSCHUTZ IN ÖSTERREICH ................................................................................... 6 1. Urheberschutz........................................................................................................................................ 6 A. B. a. Die Verwertungsrechte in der Online-Musik ..................................................................................................... 8 aa. Das Vervielfältigungsrecht .................................................................................................................................... 8 ab. Das Senderecht.................................................................................................................................................... 10 ac. Das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung............................................................................................... 12 b. Die Musikverlage ............................................................................................................................................. 13 Leistungsschutz .................................................................................................................................... 16 2. a. b. D. E. F. G. Leistungsschutz der Tonträgerhersteller ........................................................................................................... 16 Leistungsschutz der ausübenden Künstler ........................................................................................................ 22 WERKNUTZUNGSRECHT VS WERKNUTZUNGSBEWILLIGUNG..................................................................... 25 DER ERSCHÖPFUNGSGRUNDSATZ ............................................................................................................. 27 DIE VERWERTUNGSGESELLSCHAFTEN IM MUSIKBEREICH ........................................................................ 29 KOLLEKTIVE ODER INDIVIDUELLE RECHTEWAHRNEHMUNG? ................................................................... 32 TEIL II: MUSIKDIENSTE IM INTERNET .................................................................................................... 35 A. B. C. D. DOWNLOAD-DIENSTE ............................................................................................................................... 38 ABONNEMENTDIENSTE ............................................................................................................................. 42 FILESHARING ............................................................................................................................................ 44 INTERNETRADIO ....................................................................................................................................... 49 TEIL III: RECHTLICHE ANALYSE DER MUSIKDIENSTE IM INTERNET ......................................... 52 A. B. EINLEITUNG .............................................................................................................................................. 52 ALLGEMEINE TECHNISCHE VORGÄNGE UND RECHTLICHE ANALYSE ........................................................ 53 1.Upload und Download .............................................................................................................................. 53 a. Upload.................................................................................................................................................................... 53 b. Download............................................................................................................................................................... 61 2.Die Streamingtechnologie ......................................................................................................................... 61 a.Simulcasting und Webcasting ................................................................................................................................. 64 b.Streaming-On-Demand ........................................................................................................................................... 66 C. ONLINE-MUSIKDIENSTE ........................................................................................................................... 67 1. Download-Dienste .................................................................................................................................... 67 a. Betroffene Verwertungsrechte ............................................................................................................................... 67 b. Freie Werknutzungen iZm Download-Diensten: Vervielfältigung zum privaten Gebrauch – § 42 Abs 4 UrhG ... 70 c. Schutz technischer Maßnahmen – § 90c UrhG ...................................................................................................... 72 d. Schutz von Kennzeichnungen – § 90d UrhG ......................................................................................................... 75 2. Abonnementdienste ................................................................................................................................... 80 a. Betroffene Verwertungsrechte ............................................................................................................................... 80 b. Freie Werknutzungen iZm Abodiensten ................................................................................................................ 83 ba. Flüchtige und begleitende Vervielfältigungen – § 41a UrhG .............................................................................. 83 II Inhaltsverzeichnis bb. Vervielfältigung zum privaten Gebrauch – § 42 Abs 4 UrhG ............................................................................. 84 3. Filesharing ............................................................................................................................................... 87 a. Betroffene Verwertungsrechte .............................................................................................................................. 88 b. Freie Werknutzungen iZm Filesharing: Vervielfältigung zum privaten Gebrauch – § 42 Abs 4 UrhG ................ 91 4. Internetradio............................................................................................................................................. 97 a. Betroffene Verwertungsrechte ............................................................................................................................... 98 aa. Das Sendeprivileg ............................................................................................................................................... 98 ab. Simulcasting und Webcasting ........................................................................................................................... 100 ac. Personalisierte Webradios ................................................................................................................................. 104 aca. Art der technischen Übermittlung ........................................................................................................... 107 acb. Möglichkeit der Einflussnahme in die Programmstruktur durch den Nutzer .......................................... 108 acc. Wirtschaftliche Substituierbarkeit ........................................................................................................... 113 acd. Ergebnis .................................................................................................................................................. 115 b. Freie Werknutzungen iZm Internetradio .............................................................................................................. 116 ba. Flüchtige und begleitende Vervielfältigungen – § 41a UrhG ............................................................................ 116 bb. Vervielfältigung zum privaten Gebrauch – § 42 Abs 4 UrhG ........................................................................... 117 TEIL IV: ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE UND RESÜMEE ............................................... 118 LITERATURVERZEICHNIS ......................................................................................................................... 121 JUDIKATURVERZEICHNIS ......................................................................................................................... 124 SONSTIGES ...................................................................................................................................................... 126 ANHANG ........................................................................................................................................................... 131 III Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Für allgemeine Abkürzungen wird auf das Abkürzungsverzeichnis in Friedl/Loebenstein, Abkürzungs- und Zitierregeln der österreichischen Rechtssprache und europarechtlicher Rechtsquellen (AZR)8 verwiesen. AAC Advanced Audio Coding AKM Staatlich genehmigte Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung BGH Bundesgerichtshof (Deutschland) CD CompactDisc DMR Digital Music Report der IFPI DRM Digitales Rechtemanagement dUrhG deutsches Urheberrechtsgesetz DVD Digital Versatile Disc EMI Electric and Musical Industries Ltd E-Musik Ernste Musik EWR Europäischer Wirtschaftsraum FN Fußnote GfK Gesellschaft für Konsumforschung GVL Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (Deutschland) IFPI International Federation of the Phonographic Industries (Internationale Vereinigung der Tonträgerhersteller) IKT Informations- und Kommunikationstechnik IP Internet Protocol ISDN Integrated Services Digital Network ISRC International Standard Recording Code KommAustria Kommunikationsbehörde Austria LSG LSG Wahrnehmung von Leistungsschutzrechten GmbH MC MusiCassette IV MD MiniDisc MP3 MPEG-2 Audio Layer III ÖSGRUM Österreichische Schriftenreihe zum gewerblichen Rechtsschutz, Urheber- und Medienrechte OESTIG Österreichische Interpretengesellschaft P2P Peer to Peer RAM Random Access Memory U-Musik Unterhaltungsmusik USB Universal Serial Bus UPC Universal Product Code VerwGesG Verwertungsgesellschaftengesetz VBK Verwertungsgesellschaft Bildende Kunst, Fotografie und Choreographie GmbH VBT Verwertungsgesellschaft für Bild und Ton VG BILD-KUNST Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst (Deutschland) WAV Waveform Audio File Format WCT WIPO Copyright Treaty WIPO World Intellectual Property Organization WMA Windows Media Audio WPPT WIPO Performances and Phonograms Treaty WSK Wertschöpfungskette V : Einleitung Einleitung “Demand for music is driving the digital world“ Plácido Domingo, Vorsitzender IFPI International Digital Music Report 2013, Vorwort Heute wird so viel Musik gehört wie noch nie zuvor. Die aktuellen Musik-Charts gehören zum „Lifestyle“ vor allem junger Menschen. Zur selben Zeit befindet sich die Musikindustrie in grundlegendem Wandel. Sie muss auf die technologischen Veränderungen, die der Computer und das Internet mit sich gebracht haben, angemessen reagieren, um „überleben“ zu können. Spätestens mit der Erfindung des MP3-Formats Mitte der 1990er Jahre wurde die Musik von ihrem physischen Trägermedium entkoppelt. Mit Hilfe dieses neuen komprimierten hochqualitativen Standards ist es möglich geworden, Musik über Download oder Streaming im Internet leicht zugänglich zu machen. Spätestens mit dem Aufkommen von Napster, einer Peer-to-Peer-Tauschbörse, die Internetnutzern erlaubte, gratis, schnell und auf einfache Weise an Millionen von Musiktracks zu gelangen, erkannte man die Gefahr innerhalb der Musikindustrie. Diese „Gefahr“ als neue „Chance“ zu begreifen, dauerte einige Jahre. Die Sorgen der Musikwirtschaft galten den Verletzungen des Urheberrechts oder der Tatsache, dass Künstler nicht mehr unbedingt ein Tonträgerunternehmen benötigen, um von einer Vielzahl von Menschen wahrgenommen zu werden. Nach wie vor beklagt die Musikindustrie sinkende Absatzzahlen im Tonträgergeschäft. Um dagegen zu steuern, wurden legale Online-Dienste von privaten Unternehmen gestartet sowie vermehrt Schadenersatzklagen gegen Nutzer vor allem in den USA eingebracht. Auch in Europa, insb in Deutschland, kam es und kommt es immer noch zu Massenabmahnungen, die an Nutzer von Filesharingbörsen verschickt werden. Auf lange Sicht scheinen – wie aktuelle Statistiken des Musikwirtschaftsverbandes IFPI zeigen – legale Musikdienste im Internet aber eine gute Alternative zu sein. Private Unternehmen versuchen, mit den Möglichkeiten des Internets neue Vertriebswege zu erschließen – digitale Vertriebswege. Diese neuen Dienste sollen in der vorliegenden Arbeit vorgestellt werden und rechtlich genauer „unter die Lupe genommen“ werden. Die Arbeit ist in 4 große Teile unterteilt. Der erste Teil will die rechtlichen Grundlagen näher erläutern. Bevor der Urheber- und Leistungsschutz in Österreich behandelt wird, werden die europarechtlichen Vorgaben in diesem Bereich erklärt. Weiters wird die Relevanz der Abgrenzung zwischen einem Werknutzungsrecht und einer Werknutzungsbewilligung dargelegt, bevor der urheberrechtliche Erschöpfungsgrundsatz und die Bedeutsamkeit der Verwertungsgesellschaften im 1 : Einleitung Musikbereich erklärt werden. Der zweite Teil beschreibt die Musikdienste im Internet. Die Dienste werden in vier Arten unterteilt: Downloaddienste, Abonnementdienste, Filesharing und Internetradio. Jeder Dienst wird separat vorgestellt. Der dritte Teil beschäftigt sich mit der rechtlichen Analyse dieser vier Dienste. Zuerst sollen allgemeine technische Vorgänge (Up- und Download, Streaming), die mehreren der Musikdienste gemeinsam sind, analysiert werden. Sodann werden die vier Online-Musikdienste einzeln sowohl aus Sicht des Diensteanbieters als auch aus Sicht des Nutzers rechtlich analysiert. Aus Sicht des Diensteanbieters ist dabei vor allem die Frage relevant, in welche Verwertungsrechte durch Betreiben des Dienstes eingegriffen wird. Aus Sicht des Nutzers ist vor allem die Frage von Relevanz, inwiefern freie Werknutzungen zur Anwendung kommen können. Der vierte Teil gibt eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse und zieht Schlüsse, wie eine Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen aussehen könnte. 2 Teil I: Rechtsgrundlagen: Werke der Tonkunst Teil I: Rechtsgrundlagen Der erste Teil dieser Arbeit soll einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen der Musikverwertung geben und die aktuelle Rechtslage anhand von Rechtsprechung und Literatur erläutern. Zentrales Augenmerk soll auf den Urheber- und Leistungsschutz gelegt werden. Der nächste Abschnitt soll eine Abgrenzung zwischen der Einräumung eines Werknutzungsrechtes und der Erteilung einer Werknutzungsbewilligung vorgenommen werden. Da Online-Musikdienste heute üblicherweise international verfügbar sind, wird sodann der urheberrechtliche Erschöpfungsgrundsatz erläutert, bevor die Bedeutung der Verwertungsgesellschaften im Musikbereich nähergebracht und die Frage der kollektiven oder individuellen Rechtewahrnehmung geklärt wird. A. Werke der Tonkunst Das österreichische Urheberrecht schützt neben Werken der Literatur, der bildenden Kunst und Filmkunst auch Werke der Tonkunst (§ 1 Abs 1 UrhG) und deren Schöpfer. § 1 Abs 1 UrhG ist die Grundlage für den Schutz von Musik. Aber nicht jedes Erzeugnis ist geschützt. Das Urheberrechtsgesetz schützt nur solche Erzeugnisse, die eine „eigentümliche geistige Schöpfung“1 in den genannten taxativ2 aufgezählten Werkkategorien darstellen und somit als urheberrechtliches Werk gelten. B. Europäischer Urheber- und Leistungsschutz Das europäische Urheberrecht ist geprägt von Verordnungen, Richtlinien und der Rsp des EuGH. Von besonderer Relevanz ist im gegebenen Zusammenhang die Richtlinie 2001/29/EG3, mit der das Urheberrecht in den Mitgliedstaaten weitgehend harmonisiert wurde. Mit dieser Richtlinie sollte das europäische Urheberrecht an die neuen technischen Rahmenbedingungen (Computer und Internet) angepasst werden. Mit der zunehmenden Verbreitung von IKT wurde das Urheberrecht nämlich vor die Herausforderung gestellt, die neu aufkommenden Tatbestände rechtlich zu fassen. Ziel der Richtlinie 2001/29/EG ist also vor allem die Anpassung des europäischen Urheberrechts an neue technische Arten 1 Die einzelnen Merkmale finden sich gut erläutert in der Entscheidung OGH 12.3.1996, 4 Ob 9/96 = MR 1996, 111 (Walter) = ÖBl 1996, 251 – Happy Birthday II. 2 Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 § 1 Rz 3 (2004). 3 Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, ABl L 2001/167, 10. 3 Teil I: Rechtsgrundlagen: Europäischer Urheber- und Leistungsschutz der Verwertung. Mit der Richtlinie sollten auch die beiden WIPO-Verträge (WPPT4, WCT5) umgesetzt werden, denn diese wurden ebenfalls von der Europäischen Union unterzeichnet.6 Gegenstand der Richtlinie ist laut dem sehr allgemein formulierten Art 1 der rechtliche Schutz des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte im Rahmen des Binnenmarkts, insbesondere in Bezug auf die Informationsgesellschaft. Harmonisiert werden das Vervielfältigungsrecht, das Verbreitungsrecht, das Recht der öffentlichen Wiedergabe7 und der Rechtsschutz. Insbesondere die Einführung des Rechts der interaktiven öffentlichen Zugänglichmachung in Bezug auf Werke im Internet ist bedeutungsvoll. An weiterer Stelle schafft die Richtlinie Möglichkeiten für zahlreiche fakultative Ausnahmen (freie Werknutzungen). Eine der freien Werknutzungen, nämlich jene betreffend die aus technischen Gründen vorübergehenden Vervielfältigungen, wird jedoch bindend vorgeschrieben. Außerdem harmonisiert die Richtlinie den Rechtsschutz gegen die Umgehung technischer Maßnahmen („Kopierschutz“), die Rechtsverletzungen hintanhalten sollte sowie den Schutz von elektronischen Kennzeichnungen. Am Ende schreibt die Richtlinie den Mitgliedstaaten die Schaffung angemessener Sanktionen und Rechtsbehelfe für Verletzungen der in der Richtlinie festgelegten Rechte und Pflichten vor. Mit der Richtlinie ist daher sichergestellt, dass Urheber in anderen EU-Mitgliedstaaten in ähnlicher Weise wie in Österreich Schutz genießen. 1. Urheberschutz Art 2 RL 2001/29/EG normiert das Vervielfältigungsrecht. Art 2 lit a gewährt den Urhebern das ausschließliche Recht, die Vervielfältigung ihrer Werke zu erlauben oder zu verbieten. Ausgenommen sind gem Art 5 Abs 1 RL 2001/29/EG bloß vorübergehende Vervielfältigungen wie das „Browsing“ oder „Caching“.8 4 WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger (WPPT) Genf (1996) BGBl III 28/2010. WIPO-Urheberrechtsvertrag (WCT) Genf (1996) BGBl III 22/2010. 6 Beschluss 2000/278/EG des Rates vom 16. März 2000 über die Zustimmung – im Namen der Europäischen Gemeinschaft – zum WIPO-Urheberrechtsvertrag und zum WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger, ABl L 2000/89, 6. 7 Diesem ist auch das österreichische Senderecht iSd § 17 UrhG zuzuordnen. 8 Diese freigestellten Vervielfältigungen werden noch genauer iZm der „Streamingtechnologie“ auf Seite 62 ff behandelt. 5 4 Teil I: Rechtsgrundlagen: Europäischer Urheber- und Leistungsschutz Art 3 RL 2001/29/EG sieht vor, dass die Urheber das ausschließliche Recht haben sollen, die öffentliche Wiedergabe und öffentliche Zugänglichmachung9 ihrer Werke zu erlauben oder zu verbieten. Erwägungsgrund 23 macht klar, dass unter der öffentlichen Wiedergabe auch die Rundfunkübertragung gemeint ist, also das Senderecht iSd § 17 UrhG einbezogen ist. 2. Leistungsschutz Tonträgerhersteller und ausübende Künstler genießen ebenso Schutz nach dem Unionsrecht. Art 2 lit b RL 2001/29/EG sichert den ausübenden Künstlern das ausschließliche Recht, die Vervielfältigung ihrer Darbietungen und Aufzeichnungen zu erlauben oder zu verbieten. Art 2 lit c sichert wiederum den Tonträgerherstellern das ausschließliche Recht, die Vervielfältigung ihrer Tonträger zu erlauben oder zu verbieten. Ein ausschließliches Recht für die ausübenden Künstler betreffend die öffentliche Zugänglichmachung ihrer aufgezeichneten Darbietungen ist in Art 3 Abs 2 lit a statuiert und Art 3 Abs 2 lit b gewährt den Tonträgerherstellern das ausschließliche Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ihrer Tonträger. Bemerkenswert ist hier, dass den ausübenden Künstlern und Tonträgerherstellern anders als den Urhebern nur ein Recht der öffentlichen Zugänglichmachung gewährt wird, jedoch kein öffentliches Wiedergaberecht (Art 3 Abs 2 lit a und lit b iVm Art 3 Abs 1). Die RL 2001/29/EG gewährt den Leistungsschutzberechtigten ausschließliches Senderecht. RL 92/100/EWG 10 auch kein schreibt den Mitgliedstaaten der Union in Art 8 Abs 2 nur vor, für die Leistungsschutzberechtigten eine „angemessene Vergütung“ durch den Nutzer sicherzustellen. Daraus ergibt sich, dass die Tonträgerhersteller und ausübenden Künstler in den Mitgliedstaaten der EU im Bereich des Senderechts keine einheitlichen Ansprüche haben.11 In manchen Ländern wird Tonträgerherstellern und ausübenden Künstlern ein ausschließliches Senderecht zugestanden. In anderen (wie zB in Österreich) haben sie nur einen Anspruch auf angemessene Vergütung.12 Es kann bezogen 9 Die öffentliche Zugänglichmachung wurde in Österreich durch das öffentliche Zurverfügungstellungsrecht § 18a UrhG umgesetzt. 10 Richtlinie 92/100/EWG des Rates vom 19. November 1992 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums ABl L 346 vom 27. November 1992, 61–66. 11 Heine, Wahrnehmung von Online-Musikrechten durch Verwertungsgesellschaften im Binnenmarkt (2008) 30. 12 Vgl Bortloff, GRUR Int 2003, 669 (675). 5 Teil I: Rechtsgrundlagen: Urheber- und Leistungsschutz in Österreich auf den Leistungsschutz also entscheidend sein, nach welcher nationalen Rechtsordnung das Senden über Internet zu beurteilen ist. C. Urheber- und Leistungsschutz in Österreich Das österreichische Urheberrecht ist zweigleisig aufgebaut. Zum einen besteht es aus dem Urheberschutz, Urheberrecht ieS (I. Hauptstück, §§ 1–65 UrhG) und zum anderen aus dem Leistungsschutz (II. Hauptstück, „Verwandte Schutzrechte“, §§ 66–80 UrhG). Urheberschutz können im Bereich der Musik Komponisten, Texter und Bearbeiter genießen. Aber auch Erben, ohne selbst eine eigentümliche geistige Schöpfung erbracht zu haben, können in den Genuss dieses Schutzes kommen (§ 23 Abs 1 UrhG). Leistungsschutz besteht hingegen Tonträgerhersteller/Produzenten. Urheber idR für haben ausübende Rechte aus Künstler ihrer und Schöpfung. Leistungsschutzberechtigte haben Rechte aus ihrer Darbietung des Werkes. Wie diese beiden Schutzeinrichtungen genauer beschaffen sind, ist Gegenstand der nächsten beiden Abschnitte. 1. Urheberschutz Als Urheber der Werke gelten deren Schöpfer (Schöpferprinzip). Diese sind nach § 10 UrhG geschützt. IZm Musik treten als Urheber Komponist und Texter auf. Mit der Schaffung des Werkes entsteht das Urheberrecht automatisch (Realakt). Falls die Musik mit Text arbeitet, bestehen hier separate Urheberrechte an Text und Musik. § 11 Abs 3 UrhG statuiert demgemäß ausdrücklich, dass eine Werkverbindung – wie etwa jene eines Werkes der Tonkunst mit einem Sprach- oder Filmwerk – keine Miturheberschaft begründet, sondern in diesem Fall separate Urheberrechte bestehen. Man spricht hier von einer Teilurheberschaft. Haben hingegen mehrere gemeinsam ein Werk geschaffen, bei dem am Ende eine untrennbare Einheit steht, so kommt das Urheberrecht allen Miturhebern gemeinschaftlich zu (§ 11 Abs 1 UrhG). Hier spricht man von Miturheberschaft oder auch einem „Einheitswerk“. Soll das Werk in der Folge auf eine bestimmte Art verwertet werden, so wäre in diesem Fall die Zustimmung aller Miturheber notwendig. Auch Bearbeiter von Werken genießen Schutz, wenn ihre Bearbeitung den Grad einer eigentümlichen geistigen Schöpfung erreicht (§ 5 Abs 1 UrhG). Am Schutz des ursprünglichen Werkes ändert dies selbstverständlich nichts. Bearbeitungen sind gerade in der Musik besonders häufig anzutreffen (zB eventuell als sog „Covers“, „Remixes“ und „Mashups“). Inwieweit ein Cover schon eine Bearbeitung (zB durch Veränderung des 6 Teil I: Rechtsgrundlagen: Urheber- und Leistungsschutz in Österreich Textes oder der Harmonien) darstellt oder gar schon ein neues Werk (§ 5 Abs 2 UrhG), ist im Einzelfall zu beurteilen und in praxi oft gar nicht leicht festzustellen. Selbstverständlich können auch die Rechtsnachfolger als Urheberberechtigte auftreten (§ 23 Abs 1 UrhG). Die Urheber bedienen sich oft der Musikverlage, die wichtige Aufgaben für sie wahrnehmen.13 Urheberberechtigte sind Komponist, Texter, Bearbeiter, Rechtsnachfolger und häufig Musikverlage. Der Schöpfer eines Werkes ist die einzige Person, die das Recht hat, das Werk zu verwerten (§ 14 Abs 1 UrhG). Alle anderen Personen brauchen dafür eine Genehmigung (Werknutzungsbewilligung oder Werknutzungsrecht)14 des Urhebers, die idR entgeltlich erfolgt. Der Urheber kann die Verwertung aber auch verweigern. Beschränkungen bestehen nur in den „gesetzlichen Lizenzen“15 und im Rahmen des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechts der freien Meinungsäußerung (Art 13 StGG, Art 10 EMRK), wonach Eingriffe aufgrund höherer Interessen gerechtfertigt sein können. Wird das fremde Werk ohne Lizenz genutzt, begeht die Person eine Urheberrechtsverletzung und macht sich uU sogar strafbar. Diese Rechte, einem anderen die Nutzung des Werkes zu untersagen, nennt man Ausschließungs- oder Verbotsrechte. Alle Verwertungsrechte sind Ausschließungsrechte, denn der Urheber „hat mit den vom Gesetz bestimmten Beschränkungen das ausschließliche Recht, das Werk […] zu verwerten“ (§ 14 Abs 1 UrhG). Er kann daher anderen die Nutzung seiner Werke verbieten. Das österreichische Urheberrechtsgesetz regelt im dritten Abschnitt des ersten Hauptstückes die taxativ aufgezählten Verwertungsrechte (§§ 14–18a UrhG). Verwertungsrechte sind Rechte, die die wirtschaftliche Nutzung des Werkes betreffen. Unter „Verwerten“ ist das Nutzbarmachen eines urheberrechtlichen Werkes zu verstehen. Dieser Katalog umfasst folgende Rechte: (1) (2) (3) (4) (5) (6) Bearbeitungsrecht (§ 14 Abs 2 UrhG), Recht der ersten Inhaltsangabe (§ 14 Abs 3 UrhG), Vervielfältigungsrecht (§ 15 UrhG), Verbreitungsrecht (§ 16 UrhG), Vermiet- und Verleihrecht (§ 16a UrhG), Folgerecht (§ 16b UrhG), 13 Näheres siehe unten Seite 14 ff. Siehe zu diesen Begriffen Seite 26 ff. 15 Mit „gesetzlichen Lizenzen“ sind die freien Werknutzungsarten gemeint, da hier die Erlaubnis von Gesetz wegen erteilt wird (§§ 41 ff UrhG), bzgl Werken der Tonkunst insb § 51 UrhG. 14 7 Teil I: Rechtsgrundlagen: Urheber- und Leistungsschutz in Österreich (7) Senderecht (§ 17 UrhG), (8) öffentliches Wiedergaberecht (§ 18 UrhG) und das (9) Zurverfügungstellungsrecht (§ 18a UrhG). Wird bei einer Nutzung des Werkes eine gesetzliche Verwertungsart nicht berührt, kann der Urheber bzw Berechtigte diese Nutzung nicht verbieten und bekommt auch keine Vergütung dafür. a. Die Verwertungsrechte in der Online-Musik Die für Online-Musik relevanten Verwertungsrechte sind das Vervielfältigungsrecht, das Senderecht und das Zurverfügungstellungsrecht. Diese drei Verwertungsarten sollen nun näher erläutert werden. Bei Verwertungshandlungen im Internet ist idR das Vervielfältigungsrecht gemeinsam mit einem anderen Verwertungsrecht (Senderecht oder Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung) betroffen. Die Verwertungsarten sind dabei immer getrennt voneinander zu betrachten. Verwertungsart mögliche Verwertungshandlungen § 15 Vervielfältigungsrecht § 17 Senderecht Kopieren auf Speichermedien (zB Pressen von CDs), Digitalisieren, Konvertieren, Kopieren von Noten Sendung durch Radio, Fernsehen § 18a Recht d. öff. Zurverfügungstellung Anbieten von Musik im Internet auf Abruf Abbildung 1: Die bei Online-Musikdiensten tangierten Verwertungsrechte. aa. Das Vervielfältigungsrecht Das Vervielfältigungsrecht bedeutet einen rechtlichen Kopierschutz („Copyright“) gegenüber jeden Dritten. Nach § 15 UrhG ist es ausschließlich dem Urheber vorbehalten, sein Werk zu vervielfältigen. Das Vervielfältigen stellt oftmals eine Vorbereitungshandlung für andere danach folgende Verwertungsarten dar. Mit der Zuordnung des Vervielfältigungsrechts zum Urheber behält dieser die Macht über die weitere Nutzung seines Werkes. Der Begriff der urheberrechtlichen Vervielfältigung ist sehr weit zu verstehen.16 Unter Vervielfältigen fällt jedenfalls das Herstellen eines weiteren körperlichen Werkexemplars.17 Er umfasst somit das schlichte Kopieren von Musiknoten ebenso wie das Pressen oder Brennen von CDs oder das Abspeichern von Werken auf 16 17 Anderl in Kucsko (Hrsg), urheber.recht2 § 15, 2.2. (2008). Anderl in urheber.recht2 § 15, 2.1. 8 Teil I: Rechtsgrundlagen: Urheber- und Leistungsschutz in Österreich sonstigen Speichermedien. Radiosendeanstalten erhalten ihre Musiktracks heutzutage idR entweder direkt von den Tonträgerherstellern oder digitalisieren die CDs selbst. So stellt insb die Digitalisierung eines Musikstückes und Speicherung auf einer Festplatte eine Vervielfältigung dar.18 Diese Digitalisierung erfolgt meist durch Umwandlung („Konvertierung“) des jeweiligen Musiktracks zB in das MP3- oder WMA-Format. Dadurch wird die Datenmenge auf ca ein Zehntel reduziert. Dennoch haben die Dateien annähernd die gleiche Klangqualität wie die unkomprimierte Datei. Genau genommen ist die Digitalisierung also eine Art der Konvertierung, da heute Tonträger ja von Anfang an Musik in digitalisierter Form in sich tragen. Bei der Konvertierung kann auch die Kompressionsrate geändert werden, was der Regelfall ist, da WAV-Dateien sehr speicherintensiv sind. Mit der Wiedergabe im Radio wird die Musik für den Konsumenten dann wahrnehmbar. Hier liegt in einem ersten Schritt also eine Vervielfältigung (§ 15 UrhG) vor und in der Folge auch eine Sendung (§ 17 UrhG) der musikalischen Werke.19 Selbiges gilt, wenn ein Song auf eine Website hochgeladen wird. Auch hier wurde zuerst das Werk vervielfältigt und dann öffentlich zur Verfügung gestellt (§ 18a UrhG).20 Die Rechte der Übertragung (also Vervielfältigung) von Werken auf Vorrichtungen zur wiederholbaren Wiedergabe des Werkes für Gesicht und Gehör (etwa auf Tonträger) und der Verbreitung dieser Werkstücke werden als „mechanische Rechte“ bezeichnet.21 Für die Wahrung mechanischer Rechte ist in Österreich die Verwertungsgesellschaft austromechana zuständig. Diese kontrolliert die Vervielfältigung (und auch die Verbreitung) von Werken. Sie hat ihrerseits aber die AKM beauftragt, für alle Online-Verwertungsarten den Rechteerwerb durchzuführen. Ein Tonträgerhersteller zahlt einen Betrag und erhält dafür von der austromechana die Werknutzungsbewilligung, das Werk zu vervielfältigen. Dieser Betrag ergibt sich aus den Tarifen für Audioproduktion.22 Der Upload (Datenübertragung auf den Server des Providers) in das Internet sowie der Download stellen nach hM Vervielfältigungshandlungen iSd § 15 UrhG dar. Durch den Download wird die Datei auf die Festplatte des Abnehmers gespeichert, wodurch eine 18 OGH 26.1.1999, 4 Ob 345/98h = ÖJZ 1999, 471 = ÖBl 2000, 86 = RdW 1999, 409 = MR 1999, 94 – Radio Melody III. 19 OGH 26.1.1999, 4 Ob 345/98h – Radio Melody III. 20 OGH 21.11.2006, 4 Ob 178/06i = ÖJZ 2007/44 = MR 2007, 84 (Walter). 21 <akm.at/Service/Glossar/letter=M/>. Davon zu unterscheiden sind die „graphischen Rechte“ (Notendruck, Kopieren von Noten). Diese werden von den Musikverlagen oder den Urhebern selbst wahrgenommen. 22 <aume.at/rte/upload/audio_produktionen/tarife_audioproduktion.pdf>. 9 Teil I: Rechtsgrundlagen: Urheber- und Leistungsschutz in Österreich weitere Kopie entsteht. Der Download ist eine Vervielfältigungshandlung des Kunden, nicht jedoch des Anbieters, der den Download erst möglich macht. Bei Auslegung des Vervielfältigungsbegriffes Vervielfältigungsrechtes sind zu selbstverständlich berücksichtigen; von Sinn und Bedeutung Zweck sind nur des jene Vervielfältigungen, die die Möglichkeiten der Verwertung des Urhebers beeinträchtigen.23 Bei der Digitalisierung ist dies in quantitativer und qualitativer Hinsicht der Fall. Die Umwandlung in ein anderes digitales Format bewirkt eine quantitative und qualitative Erweiterung. Die qualitative Erweiterung ist gegeben, da die digitale Kopie aufgrund der geringen Speichergröße leichter, schneller und ggf auch länger nutzbar ist. Die quantitative Erweiterung äußert sich durch die Einfachheit der Weitergabe dieser Dateien.24 ab. Das Senderecht § 17 UrhG stellt eine allgemeine Grundlage für das Senderecht dar. Dieses gibt dem Urheber das ausschließliche Recht, sein Werk „durch Rundfunk oder auf ähnliche Art zu senden“. Unter Rundfunk versteht der Gesetzgeber sowohl Radio als auch Fernsehen.25 Damit ist nicht nur drahtgebundenes Senden einbegriffen, sondern auch drahtloses Senden. „Drahtgebundenes Senden“ meint ein Senden über Leitungen (etwa Kabelsendung). „Drahtloses Senden“ meint terrestrisches Senden mithilfe von Hertz‘scher Wellen oder das Senden über Satellit. § 17 Abs 2 UrhG stellt das Wahrnehmbarmachen mithilfe von Leitungen der Rundfunksendung gleich. Der Gesetzgeber bezeichnet dieses Senden „ähnlich“ dem Rundfunk. Die Sendung ist eine technische Übertragung urheberrechtlich geschützter Inhalte.26 Das Senderecht ist das Recht, das es ermöglicht, Rundfunksendungen zu einer bestimmten Zeit, innerhalb eines bestimmten Gebietes, für eine entfernte Öffentlichkeit wahrnehmbar zu machen.27 Die Rundfunkbetreiber müssen einen gewissen Prozentsatz ihrer jährlichen Einkünfte als Nutzungsentgelt an die AKM überweisen. Der genaue Prozentsatz ergibt sich aus dem jeweiligen sog „Gesamtvertrag“ (§ 23 VerwGesG). Die AKM schließt diese Art von Verträgen mit den Rundfunkbetreibern ab. So bestehen ein Gesamtvertrag mit dem ORF und mehrere mit den Fachverbänden der Wirtschaftskammer. Greift kein Gesamtvertrag, gelten sog „autonome Tarife“. Im Jahr 2011 betrugen die 23 Anderl in urheber.recht2 § 15, 2.2. OGH 26.1.1999, 4 Ob 345/98h = ÖJZ 1999, 471 = ÖBl 2000, 86 = RdW 1999, 409 = MR 1999, 94 – Radio Melody III. 25 Lusser/Krassnigg-Kulhavy in Kucsko (Hrsg), urheber.recht2 § 17, 3.5 (2008). 26 Lusser/Krassnigg-Kulhavy in urheber.recht2 § 17, 1. 27 Lusser/Krassnigg-Kulhavy in urheber.recht2 § 17, 1. 24 10 Teil I: Rechtsgrundlagen: Urheber- und Leistungsschutz in Österreich Lizenzerträge im Bereich der Sendung (ohne Kabelweitersendung) insgesamt € 27,365 Millionen.28 Eine urheberrechtliche Zuordnung der neuen Übertragungsarten durch das Internet ist größtenteils durch Judikatur und Literatur noch nicht erfolgt.29 Heute gibt es eine Vielzahl neuer Technologien, die auf Basis des Internet-Protokolls (IP) basieren. Jeder Diensteanbieter einer unter § 17 UrhG zuzuordnenden Sendung ist Rundfunkunternehmer nach § 76a Abs 1 UrhG.30 Bei den Arten der Sendung über das Internet kann man zwei unterscheiden, nämlich „Simulcasting“ und „Webcasting“.31 Wichtig dabei ist, dass der Nutzer keine Möglichkeit haben darf, in die Programmabfolge einzugreifen. Wenn der Nutzer also einen bestimmten Track hören will, muss er warten, bis dieser gespielt wird. Der Dienst darf also nicht derart interaktiv beschaffen sein, dass dem Nutzer die konkrete Song-Auswahl zusteht, Zurverfügungstellungsrecht da ansonsten betroffen nicht wäre. das Senderecht, Simulcasting sondern bezeichnet das jenes Sendephänomen, wenn eine Radiosendung zur gleichen Zeit auch im Internet übertragen wird. Webcasting ist hingegen jene Art der Sendung, bei der die Sendung exklusiv für das Internet kreiert wird. Bei beiden Diensten hat der Nutzer idR keinen Einfluss auf die Programmabfolge. Der Begriff „Webradio“ ist hingegen kein Synonym zu Webcasting, sondern bildet den Überbegriff von Simulcasting- und Webcastingdiensten. Statt des Begriffs „Webradio“ wird oft auch einfach „Internetradio“ verwendet.32 Die Sendung ist eine unkörperliche Verwertungsart. Sie wird folglich von der AKM wahrgenommen und kontrolliert. Die Rundfunkbetreiber bezahlen der AKM für die Sendung geschützter Werke jährlich einen Prozentsatz ihrer Erträge. Der Urheber des Werkes erteilt seine Zustimmung zur Sendung regelmäßig gegen Entgelt. Ein Senderecht steht unter gewissen Voraussetzungen aber auch den Leistungsschutzberechtigten zur Verfügung. Leistungsschutzberechtigter im Bereich der Musik kann grundsätzlich der Künstler bezüglich seiner Live-Auftritte (§§ 70 iVm 66 Abs 1 UrhG), der Veranstalter (§§ 70 iVm 66 Abs 5 UrhG), der Schallträgerhersteller (§ 76 UrhG) oder der Rundfunkunternehmer (§ 76a UrhG) sein. In diesen Bestimmungen wird jeweils der Aufnahme künstlerischer Leistungen (§ 70 Abs 1 UrhG), zu Handelszwecken hergestellten 28 AKM, Jahresbericht 2011, 8, online unter: <akm.at/Ueber_uns/Jahresberichte>. Lusser/Krassnigg-Kulhavy in urheber.recht2 § 17, 3.5.5.1. 30 Lusser/Krassnigg-Kulhavy in urheber.recht2 § 76a, 3.3. 31 Lusser/Krassnigg-Kulhavy in urheber.recht2 § 17, 3.5.5.1, ohne den Begriff des „Webcasting“ zu bemühen. 32 Das Internet und das World Wide Web meint eigentlich nicht dasselbe. Das World Wide Web ist wie zB E-Mail ein Dienst des Internets. Quelle: <de.wikipedia.org/wiki/Internet>. 29 11 Teil I: Rechtsgrundlagen: Urheber- und Leistungsschutz in Österreich Schallträgern (§ 76 Abs 3 UrhG) und dem Sendesignal eines Rundfunkunternehmers (§ 76a UrhG) Schutz gewährt. ac. Das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung Die Entwicklung des Internets brachte es mit sich, dass viele Sachverhalte nicht ohne Weiteres unter eine der traditionellen gesetzlichen Verwertungsarten subsumiert werden konnten. So gibt es zB Judikatur über das Hochladen von Sprachwerken und Bildern auf eine Website, wonach dieser Akt eine Vervielfältigung und Verbreitung darstelle.33 Einen speziellen Tatbestand für Sachverhalte iZm dem Internet gab es vor Inkrafttreten des § 18a UrhG, also vor 1.7.2003, aber nicht. Mit § 18a UrhG wurde das der Nutzungshandlung entsprechende Verwertungsrecht in das österreichische Urheberrecht eingefügt. Damit hat der Urheber das ausschließliche Recht, „das Werk der Öffentlichkeit drahtgebunden oder drahtlos in einer Weise zur Verfügung zu stellen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist“ (§ 18a Abs 1 UrhG). Der Nutzer kann sich also aussuchen, wann und wo er das Werk abruft. § 18a UrhG ist die österreichische Umsetzung des Art 3 Abs 1 RL 2001/29/EG34. RL 2001/29/EG diente dazu, das Urheberrecht an die rechtlichen Herausforderungen des Internets anzupassen. Die Vorgaben dieser Richtlinie waren Art 8 WCT (WIPO Copyright Treaty) und Art 10 WPPT (WIPO Performances and Phonograms Treaty). Die Umsetzung in österreichisches Recht erfolgte mit der UrhG-Nov 2003 durch BGBl I 2003/32. Die erläuternden Bemerkungen zu § 18a UrhG führen aus, dass Art 3 Abs 1 RL 2001/29/EG ein Recht der öffentlichen Wiedergabe einschließlich des näher definierten Rechtes der öffentlichen Zugänglichmachung vorsehe. Erwägungsgrund 23 gibt Aufschluss, dass unter „Wiedergabe“ in dieser Bestimmung nur eine „Wiedergabe an die Öffentlichkeit, die an dem Ort, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung nimmt, nicht anwesend ist“ zu verstehen sei. Weiters würden die von Art 3 Abs 1 erfassten nicht-interaktiven Verwertungshandlungen durch das weitgefasste Senderecht des § 17 UrhG sowie durch 33 OGH 12.6.2001, 4 Ob127/01g = MR 2001, 304 = GRUR Int 2002, 341 = ZUM-RD 2002, 225 – Medienprofessor. 34 Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, ABl L 2001/167, 10–19. 12 Teil I: Rechtsgrundlagen: Urheber- und Leistungsschutz in Österreich § 18 Abs 3 2. Fall abgedeckt. Eine Umsetzung erfordere daher nur das Recht der Zugänglichmachung.35 § 18a UrhG ist für die Öffentlichkeit des Internets anwendbar und auch für jede vergleichbare Öffentlichkeit, bei denen die Mitglieder dieser Öffentlichkeit nicht durch ein persönliches Band miteinander verbunden sind.36 Durch den Umstand, dass der Nutzer selbst Ort und Zeit des Abrufs des Werkes festlegen kann, handelt es sich dabei um einen sog „interaktiven Abruf“. Sowohl die Schaffung der Möglichkeit des Abrufs eines Musikstückes als Download als auch der „On-Demand-Stream“ fallen unter den Tatbestand des § 18a UrhG.37 Der Anbieter dieser Musik greift somit in das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung ein. Das Recht zur öffentlichen Zurverfügungstellung wird von der AKM verwaltet. Sofern aber bei einem Dienst keine Möglichkeit zu einem interaktiven Abruf von Seiten des Nutzers geschaffen wird, ist für das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung kein Platz. Hier greift dann das Senderecht iSd § 17 UrhG wie zB beim nicht-interaktiven Internetradio und generell überall, wo ein LiveStream gesendet wird. Besonders die Lizenzerträge im Online-Bereich steigerten sich 2011 beträchtlich.38 Jedoch machten die Lizenzerträge nur € 0,677 Mio aus und trugen folglich weniger als 1 % zu den gesamten Lizenzerträgen bei.39 Da durch den Download Musiktracks vervielfältigt werden, sind auch die Lizenzerträge aus der Gewährung des Vervielfältigungsrechts der austromechana mitzurechnen, die im Jahr 2011 € 0,414 Mio betrugen.40 Die Unterscheidung zwischen Senderecht und Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung ist besonders im Hinblick auf das sog „Sendeprivileg“ bedeutsam. 41 b. Die Musikverlage In praxi nehmen die Urheber die Verwertung ihrer Werke nicht selbst vor. Das wäre aufgrund der potenziellen Vielzahl an Nutzungen zu aufwendig. Die Urheber bedienen sich deshalb Musikverlage, die den Großteil der Verwertung neben den 35 ErlRV 40 BlgNR XXII. GP, 9. Gaderer in Kucsko (Hrsg), urheber.recht2 § 18a, 4.1. (2008). 37 Gaderer in urheber.recht2 § 18a, 4.4. 38 Der AKM-Jahresbericht 2011 spricht von einer Steigerung von rund 90 % innerhalb des letzten Jahres, AKM, Jahresbericht 2011, 9. Laut Auskunft der AKM umfassen die Online-Lizenzerträge sowohl das Senderecht als auch das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung. 39 AKM, Jahresbericht 2011, 9. 40 austromechana, annual report 2011, 2, online unter: <aume.at/rte/upload/annual_reports/annual_report_2011.pdf>. 41 Siehe unten Seite 24. 36 13 Teil I: Rechtsgrundlagen: Urheber- und Leistungsschutz in Österreich Verwertungsgesellschaften übernehmen. Die Komponisten und Texter geben dem Musikverlag idR die Berechtigung, Lizenzen für die Musikverwertung im Internet zu erteilen. Dem Verlag wird hierzu idR ein ausschließliches Recht durch einen Musikverlagsvertrag eingeräumt.42 Musikverlage verfügen über die Kontakte und das Wissen zur Verwertung der Werke. Sie versuchen, die Werke zu vermarkten. Die Musikverlage stellen also KnowHow zur Verfügung, welches die Urheber nicht haben. Früher sorgten sie vor allem für die Verbreitung von Musiknoten. Das ist auch heute noch va in der E-Musik43 der Fall. Ein Orchester benötigt zB gedruckte Noten, um das jeweilige Stück spielen zu können. In der U-Musik hat das Drucken und Verbreiten von Noten jedoch an Bedeutung verloren. Der Verkauf von Noten („Papiergeschäft“) ist hier durch den technologischen Wandel stark zurückgegangen, sodass die Tätigkeiten eines Musikverlages („publisher“) sich im Laufe der Zeit massiv verändert haben. Der Notendruck spielt nur mehr eine untergeordnete Rolle. In der U-Musik sind die Musikverlage hauptsächlich im A&R-Bereich („Artist and Repertoire“) aktiv. Dieser Bereich umfasst das Auffinden neuer Künstler und das Anbahnen von Tonträgerproduktionen. Besonders in der U-Musik sind Public Relations sehr wichtig, um Verträge mit Fernsehen, Radio oder etwa Tonträgerherstellern anzubahnen und so die Werke zu vermitteln. Im Musikverlagsvertrag finden sich zudem üblicherweise Klauseln über die Beteiligung an den Einnahmen der Verwertungsgesellschaften. Diese Einnahmen werden zwischen Urheber und Verlag aufgeteilt. Bei den sog „mechanischen Rechten“44 beträgt der Verteilungsschlüssel der austromechana 60:40 für den Urheber (Komponist/Textdichter).45 Die Produktion von U-Musik sieht heute etwa so aus: Eine Gruppe komponiert UMusik und spielt gleichzeitig ihre Werke ein („Selbstspieler“). Ein Label46 entdeckt die Gruppe und bahnt folgende Verträge an: Die Gruppe schließt mit einem Produzenten einen „Künstlervertrag“ ab, mit dem sich die ausübenden Künstler verpflichten, Darbietungen für eine bestimmte Anzahl von Tonträgern zu erbringen. Dabei ist es üblich, dass dem 42 Siehe genauer zur Unterscheidung Werknutzungsrecht – Werknutzungsbewilligung auf den Seiten 22 ff. Mit dem unsauberen aber doch in der Praxis gebräuchlichen Begriff der E-Musik bezeichnet man die Ernste Musik (auch oft einfach „Klassische Musik“ genannt). Der Gegensatz zur E-Musik ist die U-Musik (Unterhaltungsmusik), diese umfasst zB Pop- und Rockmusik. Zum Begriff: Ballstaedt, Unterhaltungsmusik, in Finscher (Hrsg), Die Musik in Geschichte und Gegenwart2, Sachteil Bd 9 (1998) 1186–1199; Böhle, UMusik, in Sjurts (Hrsg) Gabler Lexikon Medienwirtschaft2 (2011) 616 f. 44 Mit dem Ausdruck der „mechanischen Rechte“ bezeichnet man das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht von Werken der Musik auf Tonträgern, also die „körperlichen Rechte“. 45 Walter, Handbuch des österreichischen Urheberrechts (2008) Rz 1851. 46 Zum Begriff siehe Seite 20. 43 14 Teil I: Rechtsgrundlagen: Urheber- und Leistungsschutz in Österreich Produzenten exklusiv Nutzungsrechte eingeräumt werden.47 Da die ausübenden Künstler gleichzeitig Komponisten sind, schließen sie einen ebenfalls exklusiven Musikverlagsvertrag (§ 1172 ABGB) mit einem Musikverlag, der zum selben Konzern gehört wie das Label, das die Künstler entdeckt hat.48 Der Verleger hat dabei idR auch das Recht, selbst Unterlizenzen (Subverlagsverträge) für andere Märkte zu vergeben.49 Der Urheber kann Werknutzungsrechte nach § 26 UrhG frei vergeben. Mit dem Verlagsvertrag wird dem Verlag ein Werknutzungsrecht eingeräumt. Die Hauptverpflichtung des Verlegers stellt die Vervielfältigung und Verbreitung des Werks dar, jene des Urhebers ist, das von ihm geschaffene Werk dem Verleger zu überlassen. Weiters bestehen meist sog „Nebenrechte“, wie die Rechte an der Sendung des Werkes (einschließlich über Kabel und Satellit) und etwa am Merchandising. Diese Nebenrechte stellen oft den Großteil der Einnahmen aus dem Musikverlagsvertrag dar. Die Tantiemen aus der Tonträgernutzung (austromechana) und der Aufführung und Sendung (AKM) machen heute mehr als 90 % der Einnahmen des Urhebers (Komponist, Textdichter) und des Musikverlegers aus.50 Es gibt weit mehr Musikverlage als Tonträgerhersteller. Die großen Musikkonzerne haben ihre eigenen Verlage. Zu den Majors der Musikverlage gehören: Warner Chappell, Universal und Sony/ATV.51 Aber es gibt auch Künstler, die ihr eigener Verleger sind („Selbstverlag“).52 Werden einem Musikverlag Werknutzungsrechte eingeräumt, so ist dieser bei gewissen Nutzungen, die individuell lizenziert werden, zu fragen. Diese sog „Verlagsrechte“ sind jene Rechte, die nicht von den Verwertungsgesellschaften wahrgenommen werden.53 Im Einzelnen handelt es sich um folgende Nutzungen: 1) Aufführung und Sendung musikdramatischer Werke (Oper, Operette, Musical) und die Aufnahme dieser auf einen Tonträger, 2) Verkauf und Vermietung von Noten, 3) Genehmigung von Abdrucken eines geschützten Textes, 47 Vgl dazu Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 § 26 Rz 37 ff. Czychowski, in Löwenheim (Hrsg), Handbuch des Urheberrechts2 (2010) § 68 Musikverlagsverträge Rn 23. 49 Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 § 26 Rz 13; Näheres: Dokalik, Musik-Urheberrecht (2007) Rz 181 ff. 50 Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 § 26 Rz 10f. 51 Passman, Alles, was Sie über das Musikbusiness wissen müssen2 (2011) 230. 52 Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 § 26 Rz 16. 53 Dokalik, Musik-Urheberrecht, Rz 162. 48 15 Teil I: Rechtsgrundlagen: Urheber- und Leistungsschutz in Österreich 4) Bewilligung von Synchronisationsrechten54 und 5) Bearbeitungen des Werkes. 2. Leistungsschutz In der Terminologie des österreichischen UrhG werden im II. Hauptstück die Leistungsschutzrechte „verwandte Schutzrechte“ genannt. Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass sie den Urheberrechten ähnlich und somit „verwandt“ sind. Gegenstand des Schutzes der in §§ 66 ff UrhG statuierten Leistungsschutzrechte ist die Darbietung des Werkes. Leistungsschutzberechtigte ausübenden Künstler, im Produzenten Online-Musikbereich und die sind vorrangig Tonträgerhersteller. die Die Tonträgerhersteller und ausübenden Künstler haben bei der Aufnahme der Musik mitgewirkt. Zwar spricht man beim Anbieten von Online-Musik nicht davon, dass Tonträger angeboten werden, jedoch wurden die Audiodateien idR zuvor von den Tonträgerherstellern produziert und auf einen Tonträger gepresst. Damit umfasst der Begriff „Tonträger“ auch Audiodateien. Bei der Musikverwertung im Internet liegen also idR geschützte Tonaufnahmen vor, deshalb sind auch beim Anbieten von Musik im Internet die Rechte der Tonträgerhersteller vorab einzuholen. Bei diesen Tonaufnahmen haben die Künstler mitgewirkt, indem sie die Musik eingespielt haben. Leistungsschutzberechtigte sind ausübende Künstler, Produzenten und Tonträgerhersteller. a. Leistungsschutz der Tonträgerhersteller Der Begriff des Schallträgers wird in § 15 Abs 2 UrhG legaldefiniert. Danach ist er ein Mittel zur wiederholbaren Wiedergabe für das Gehör. Selbstverständlich fallen unter den Begriff des Schallträgers die CD (CompactDisc), MC (MusiCassette), MD (MiniDisc), Festplatte oder DVD (Digital Versatile Disc). § 76 UrhG statuiert den Leistungsschutz für Schallträgerhersteller und stellt auf die Aufzeichnung akustischer Vorgänge ab. Das öffentliche Zurverfügungstellungsrecht steht daher auch den Schallträgerherstellern nach § 76 Abs 1 UrhG zu. Es ist irrelevant, welches Speichermedium verwendet wird, oder wie 54 Das „Synch-Right“ ist das Recht, Musik mit bewegten Bildern zu verbinden (Film, Fernsehen, Video-Clips uÄ), Dokalik Rz 518. 16 Teil I: Rechtsgrundlagen: Urheber- und Leistungsschutz in Österreich (durch welchen Code) die Musik gespeichert wird. Schon die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage hielten fest, dass unter Schallträgern Medien gemeint sind, die Geräusche aller Art wiedergeben, sowie jene, auf denen menschliche Stimmen – zB für Zwecke der Sprachforschung oder des Sprachunterrichtes – oder Tierlaute festgehalten sind.55 In der Praxis wird statt des Begriffs des Schallträgers jener des Tonträgers verwendet. Schutz wird nur dem gewährt, der die Aufnahme als Erster fixiert. Diese erste Aufnahme wird „Master“ genannt. Die Masteraufnahme dient dann als Grundlage für die darauf folgenden Vervielfältigungen. Tonträgerhersteller werden im UrhG als „Schallträgerhersteller“ bezeichnet. Der Tonträgerhersteller ist jene natürliche oder juristische Person, die „akustische Vorgänge zu ihrer wiederholbaren Wiedergabe auf einem Schallträger festhält“ (§ 76 Abs 1 UrhG). Meist ist der Tonträgerhersteller identisch mit der Plattenfirma. Aber eine Plattenfirma muss nicht unbedingt Tonträgerhersteller iSd § 76 UrhG sein, wenngleich dies möglich ist. Die Plattenfirma entdeckt neue Künstler und nimmt sie unter Vertrag, sie betreut sie auch, indem sie für Produktion, Marketing und Vertrieb von Tonträgern sorgt. Sie ist also für den A & R-Bereich (Artist and Repertoire) zuständig. Da zunehmend Umsatzeinbußen zu bemerken sind, übernehmen immer mehr Plattenfirmen zunehmend Managementtätigkeiten und verdienen so etwa bei Gagen für Auftritte, Fernsehshows und Werbung mit. Der Schutz der Tonträgerhersteller ist in § 76 UrhG verankert. Diese Bestimmung gibt dem Schallträgerhersteller ein Leistungsschutzrecht für den finanziellen und organisatorischen Aufwand, den dieser betrieben hat. Um einen Tonträger auf den Markt zu bringen, werden ausreichend finanzielle Ressourcen benötigt. Der organisatorische Aufwand ergibt sich aus dem Abschließen der Verträge mit den ausübenden Künstlern und der Aufsicht über die Aufnahme im Tonstudio. Der finanzielle Aufwand besteht im eventuellen Anmieten eines Tonstudios oder in der Bezahlung des Produzenten und der technischen Mitarbeiter wie zB dem Tonmeister. Der Schutz der Leistungen der Tonträgerhersteller ist insoweit gerechtfertigt, als sie hohe Summen investieren. Dieser Schutz ist daher eine Art Investitionsschutz.56 § 76 Abs 1 UrhG gewährt dem Schallträgerhersteller das „ausschließliche Recht, den [von ihm produzierten] Schallträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen“. 55 Erläuterungen des Gesetzgebers zum UrhG 1936 abgedruckt in Dillenz, Materialien zum österreichischen Urheberrecht, ÖSGRUM Band 3 (1986) 155. 56 Mayer in Kucsko (Hrsg), urheber.recht2 § 76, 3. (2008). 17 Teil I: Rechtsgrundlagen: Urheber- und Leistungsschutz in Österreich Diese Rechte entsprechen den ausschließlichen Rechten der Urheber (§§ 15, 16, 18a UrhG), welche zur Auslegung heranzuziehen sind. Schutzgegenstand ist daher die im Schallträger verkörperte unternehmerische Herstellerleistung als immaterielles Gut. § 76 Abs 1 Satz 2 UrhG hält außerdem ausdrücklich fest, dass unter einer Vervielfältigung auch die Benutzung einer mithilfe eines Schallträgers bewirkten Wiedergabe zur Übertragung auf einen anderen Schallträger verstanden wird. Ob der Tonträger unter Verletzung der Urheberrechte oder anderer Leistungsschutzrechte entstanden ist, ändert nichts an der Schutzwürdigkeit, denn es kommt allein auf die Herstellerleistung an. Dies bedeutet, dass der Produzent, der Rechte anderer verletzt, von diesen zwar auf Unterlassung oder Schadenersatz geklagt werden kann. Dieser kann aber dennoch seinerseits gegen die unbefugte Vervielfältigung und Verbreitung seiner Schallträger aus seinem Leistungsschutzrecht vorgehen kann, egal ob er berechtigt war, diese Aufnahmen zu machen oder nicht.57 Der Tonträgermarkt wurde weltweit über Jahrzehnte von den sog „vier Majors“ beherrscht. Diese sind internationale weltweit tätige Medienkonzerne. Zu diesen vier Majors gehörten die Universal Music Group (UMG), Sony Music Entertainment, die Warner Music Group (WMG) und die EMI Group. Sie beherrschten gemeinsam über 80 % des Tonträgermarktes. Die EMI Group wurde im November 2011 zerschlagen und von der Universal Music Group und Sony Music Entertainment aufgekauft.58 Seither bestehen nur noch drei Majors. Daneben finden sich weitere kleinere Tonträgerunternehmen, die als „Independents“ bezeichnet Leistungsschutzrechte idR werden. in einem Die sog ausübenden Künstler treten „Bandübernahmevertrag“ an ihre die Tonträgerunternehmen ab. Es ist üblich, dass ausübende Künstler oder der Produzent der Aufnahme mit einem Tonträgerhersteller entweder einen sog „Bandübernahmevertrag“ oder einen „Künstlervertrag“ abschließen.59 Mit dem Bandübernahmevertrag räumt der Produzent oder die ausübenden Künstler dem Tonträgerhersteller Rechte an der Aufnahme ein. Da bei einem Bandübernahmevertrag, die ausübenden Künstler die Aufnahme selbst organisiert haben, ist die Umsatzbeteiligung für die Künstler hier idR höher. Der ausübende Künstler oder Produzent ist hier prozentuell am Verkauf seiner Tonträger beteiligt. Die Höhe der prozentuellen Vergütung orientiert sich am Marktwert 57 Mayer in urheber.recht2 § 76, 3.; OGH 9. 8. 2006, 4 Ob 135/06s – Gruppe D – MR 2006, 387. Meldung von Reuters vom 12.11.2011: „Musiklabel EMI wird zerschlagen – Sony kauft Musikrechte“, <de.reuters.com/article/companiesNews/idDEBEE7AB06220111112>. 59 Vertragsmuster finden sich zB auf der Website des mica: <musicaustria.at/sites/default/files/bilder/2010/banduebernahmevertrag2.pdf> und <musicaustria.at/sites/default/files/bilder/2010/kuenstlerexklusivvertrag_1.pdf>. 58 18 Teil I: Rechtsgrundlagen: Urheber- und Leistungsschutz in Österreich des Künstlers. In der Praxis beträgt sie zwischen 10 % und 50 %.60 Mit dem Künstlervertrag (oft auch „Künstlerexklusivvertrag“), den der Tonträgerhersteller mit den ausübenden Künstlern schließt, bieten die ausübenden Künstler ihre Tätigkeit dem Tonträgerhersteller an. Es liegt in der Folge am Tonträgerhersteller, die Tonaufnahmen zu organisieren. Diesem werden auch die Werknutzungsrechte an den zukünftigen Aufnahmen, die während des im Vertrag näher beschriebenen Zeitraums entstehen, eingeräumt. Beteiligen sich Studiomusiker an der Aufnahme, so werden deren Rechte durch sog „Künstlerquittungen“ exklusiv dem Produzenten übertragen. Für die Anbieter von Musik im Internet bedeutet dies eine Vereinfachung, da sie so nur um Zustimmung bei den Tonträgerunternehmen anfragen müssen und nicht jede Künstlergruppe selbst. Der Tonträgerhersteller organisiert entweder die Aufnahme selbst, sodass das Herstellerrecht originär bei ihm entsteht, oder er erwirbt das Herstellerrecht durch einen „Bandübernahmevertrag“ vom Produzenten.61 Durch diesen Vertrag werden dem Tonträgerhersteller die Rechte am sog „Masterband“62 eingeräumt. Der Begriff des Labels wird manchmal synonym zur Plattenfirma gebraucht. Manchmal dient ein Label auch dazu, einzelne Musikrichtungen zusammenzufassen, die zur selben Plattenfirma gehören. Aber auch selbständige Produzenten können eigene Labels gegründet haben. So gehören zB die Labels „Deutsche Grammophon“ für Klassische Musik oder „Motown“ für Soulmusik zur Plattenfirma Universal Music Group.63 Leider werden die Begriffe „Tonträgerhersteller“, ‚Plattenfirma“, „Produzent“ und „Label“ in der Praxis oft synonym verwendet, was unsauber ist. Produzenten sorgen für die Herstellung des Tonträgers, womit sie als „Tonträgerhersteller“ fungieren. Sie tun dies auf eigenes Risiko und eigene Rechnung. Viele große Plattenfirmen lagern heutzutage die Tonträgerherstellung aus Kostengründen aus. Die Produzenten schließen dabei mit den ausübenden Künstlern Künstlerverträge ab. Die Verwertung erfolgt sodann über die Plattenfirma über einen sog „Bandübernahmevertrag“, wobei der Produzent prozentuell an der Verwertung beteiligt wird.64 Bei Produzenten unterscheidet man künstlerische Produzenten und wirtschaftliche 60 Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 § 26 Rz 39. Dokalik, Musik-Urheberrecht, Rz 409. 62 Mit dem „Masterband“, das freilich heutzutage eine CD ist und kein Band mehr, bezeichnet man die Originalaufzeichnung im Tonstudio. Das „Master“ bildet die Grundlage für die anschließenden Vervielfältigungen. 63 Dokalik, Musik-Urheberrecht, Rz 417. 64 Mayer in urheber.recht2 § 76, 4.4. 61 19 Teil I: Rechtsgrundlagen: Urheber- und Leistungsschutz in Österreich Produzenten. Ein Schallträgerhersteller iSd UrhG ist nur der wirtschaftliche Produzent.65 Ein künstlerischer Produzent wird oft mit einem Regisseur beim Film verglichen, obwohl dieser Vergleich insofern irreführend ist, weil der Regisseur Urheberrechte und keine Leistungsschutzrechte hat.66 Er ist kein Tonträgerhersteller iSd Gesetzes. Wenn er aber künstlerisch derart Einfluss auf die Aufnahme nimmt, können ihm uU Rechte als ausübender Künstler oder sogar Miturheber (§ 11 UrhG) zustehen. Berühmte künstlerische Produzenten sind zB George Martin (Beatles), Phil Spector (Beatles, John Lennon, Ramones) oder im deutschsprachigen Bereich Dieter Bohlen. Die Abgrenzung ist angesichts der Ausschüttung der Lizenzgebühren durch die LSG wichtig. Für wirtschaftliche Produzenten ist die LSG-Produzentenverrechnung zuständig, für künstlerische Produzenten ist hingegen die LSG-Interpretenverrechnung zuständig bzw bei Miturheberschaft besteht Zuständigkeit der AKM. Bezeichnung Beteiligte Leistung Tonträgerhersteller „Schallträgerhersteller“ (§ 76 UrhG): „wer akustische Vorgänge zu ihrer wiederholbaren Wiedergabe auf einem Schallträger festhält“; nP oder jP, die die Aufnahme organisiert; der wirtschaftliche Produzent des “Masterbandes“. Muss nicht, kann aber, Tonträgerhersteller sein (je nachdem, ob sie die Produktion auslagert oder nicht); erfüllt Managementtätigkeiten, A & R. Englisch für „Etikett“; bezeichnet eine Zusammenfassung von Musikrichtungen, die zur selben Plattenfirma gehören (zB „Motown“ für Soulmusik der Universal Music Group). Ist Tonträgerhersteller nach § 76 UrhG; stellt Tonträger (das „Masterband“) auf eigenes Risiko und eigene Rechnung her. Ist nicht Tonträgerhersteller nach § 76 UrhG, sondern ausübender Künstler (§ 66 UrhG) oder sogar Miturheber (§ 11 UrhG). Plattenfirma Label wirtschaftlicher Produzent künstlerischer Produzent Abbildung 2: Gegenüberstellung der Begriffe „Tonträgerhersteller“, „Plattenfirma“, „Label“, „wirtschaftlicher Produzent“ und „künstlerischer Produzent“. 65 Mayer in urheber.recht2 § 76, 4.4. Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 § 66 Rz 15; Noll, MR 2003, 98 (99f); Walter in Dittrich, ÖSGRUM 17, 106 (119f). 66 20 Teil I: Rechtsgrundlagen: Urheber- und Leistungsschutz in Österreich Der Tonträgerhersteller braucht für die Vervielfältigung und Verbreitung des Tonträgers sowohl das Recht des Urhebers als auch der ausübenden Künstler. Die Leistungsschutzrechte werden von der LSG verwaltet. Die Urheberrechte werden in diesem Fall von der austromechana verwaltet. Diese gewährt dem Produzenten des Tonträgers das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht für ihr Musikrepertoire. Sie hat mit den wichtigsten ausländischen Gesellschaften – ähnlich wie die AKM – sog „Gegenseitigkeitsverträge“ abgeschlossen, wonach sie dem Produzenten des Tonträgers praktisch das Weltrepertoire anbieten muss. Die austromechana ist für die Einräumung dieser Rechte prozentuell mit idR 10 % oder 11 % am Einzelhandelsverkaufspreis des Tonträgers beteiligt. 67 Der Urheber oder sonstige Berechtigte kann nicht nach Belieben die Vervielfältigung gestatten oder untersagen. Wenn die Vervielfältigung einmal einem Tonträgerhersteller gestattet wurde, kann jeder andere Produzent verlangen, dass auch ihm „die gleiche Werknutzung gegen angemessenes Geld bewilligt wird“ („Zwangslizenz“, § 58 UrhG). Ebenso besteht für die Verwertungsgesellschaften ein Kontrahierungszwang nach § 3 Abs 2 VerwGesG.68 Den Tonträgerherstellern gebührt eine Vergütung für ihre Leistung (§ 76 Abs 3 UrhG). Diese Vergütungsregelung beruht auf Art 12 des Römer Leistungsschutzabkommens.69 Sie gilt auch für interaktiv abrufbare Musikstücke, denn die öffentliche Zurverfügungstellung wird in § 76 Abs 1 UrhG ausdrücklich erwähnt. Tonträgerhersteller verfügen nicht über ein ausschließliches Senderecht. Art 12 Römer Leistungsschutzabkommen statuiert nur, dass den Tonträgerherstellern eine angemessene Vergütung zu zahlen ist. Der Tonträgerhersteller hat also kein ausschließliches Verbotsrecht. Dieses hat nur der Urheber. Der Tonträgerhersteller kann sich daher weder gegen eine Sendung iSd § 17 UrhG noch gegen eine öffentliche Wiedergabe iSd § 18 UrhG zur Wehr setzen (§ 76 Abs 3 UrhG). Dies ist nur möglich, sofern es sich um Raubkopien handelt (§ 76 Abs 2 UrhG). Als sog „Sendeprivileg“ (§§ 70 Abs 2, 76 Abs 3 UrhG) wird das Recht der Sendeanstalten, Tonträger gegen angemessenes Entgelt senden zu dürfen, ohne eine 67 Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 § 26 Rz 36f. Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 § 26 Rz 38. 69 Internationales Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen vom 26. Oktober 1961, von Österreich ratifiziert am 12. Februar 1973 und kundgemacht mit BGBl Nr 413/1973. 68 21 Teil I: Rechtsgrundlagen: Urheber- und Leistungsschutz in Österreich Genehmigung der Tonträgerhersteller oder ausübenden Künstler einholen zu müssen, bezeichnet.70 Nach § 76 Abs 3 UrhG ist dem Tonträgerhersteller eine angemessene Vergütung für die Sendung seines Tonträgers zu entrichten. Die ausübenden Künstler müssen immer bestimmen können, in welcher Gestalt ihre Darbietung an die Öffentlichkeit dringen soll. Wurde ihre Darbietung schon auf einem Tonträger fixiert, konnten sie schon bei der Musikaufnahme über die Verwertung verfügen. Die „angemessene Vergütung“ wird von der LSG eingenommen. Der Tonträgerhersteller und die ausübenden Künstler haben in der Praxis mit der LSG jeweils einen Wahrnehmungsvertrag geschlossen. Diese teilt dann die Beträge zwischen Interpret (LSG Interpretenverrechnung) und Plattenfirma (LSG Produzentenverrechnung) auf. Mangels anderer vertraglicher Festlegungen beträgt der Schlüssel 50:50 (§ 76 Abs 3 Satz 3). In der Praxis wird bei dieser Regelung meist verblieben.71 b. Leistungsschutz der ausübenden Künstler Neben den Tonträgerherstellern und Produzenten stehen auch den ausübenden Künstlern Leistungsschutzrechte zur Verfügung. Das betrifft vorrangig die Sänger und Musiker, aber auch uU den (künstlerischen) Produzenten, sofern sein Einfluss auf die Aufnahme künstlerisch von Relevanz ist. Bei ausübenden Künstlern wird keine Werkhöhe verlangt. Das bedeutet, dass jegliche Leistung ohne Rücksicht auf den künstlerischen Wert geschützt ist.72 Schutzgegenstand ist dabei die Darbietung der Leistung. Gleichgültig ist jedoch, ob das Werk tatsächlich urheberrechtlichen Schutz genießt.73 In praxi nehmen die Leistungsschutzberechtigten jedoch wegen des hohen Aufwands die Verwertung ihrer Darbietungen nicht selbst vor. Die ausübenden Künstler bedienen sich dazu der Tonträgerhersteller, die den Großteil der Verwertung neben den Verwertungsgesellschaften wahrnehmen. Die Befugnisse der ausübenden Künstler sind im Vergleich zu den Urhebern eingeschränkter. Sie haben ein Verwertungsrecht auf Bild- oder Schallträgern (§ 66 Abs 1 UrhG), ein Verwertungsrecht iZm der Rundfunksendung (§ 70 UrhG) und Verwertungsrechte sowohl zur öffentlichen Wiedergabe (§ 71 UrhG) als auch zur 70 Siehe genauer unten Seite 99 ff. Dokalik, Musik-Urheberrecht Rz 290. 72 ErlRV 1936 in Dillenz, ÖSGRUM 3, 143. 73 ErlRV 1936 in Dillenz, ÖSGRUM 3, 144. 71 22 Teil I: Rechtsgrundlagen: Urheber- und Leistungsschutz in Österreich öffentlichen Zurverfügungstellung (§ 71a UrhG). Diese Befugnisse sollen kurz erläutert werden. Da die Verwertung der öffentlichen Wiedergabe (§ 18 UrhG) iZm OnlineMusikdiensten nicht anwendbar ist, können diesbezügliche Ausführungen unterbleiben.74 Nach § 66 Abs 1 UrhG ist es den ausübenden Künstlern vorbehalten, ihre Leistungen „auf einem Bild- oder Schallträger festzuhalten, diesen zu vervielfältigen und zu verbreiten“. Der Schutz knüpft also an einer Festlegung auf einem Bild- oder Schallträger an. Da nach § 67 Abs 2 UrhG das ausschließliche Vervielfältigungsrecht des Urhebers (§ 15 Abs 1 UrhG) entsprechend gilt, kann in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen beim Urheberschutz verwiesen werden kann.75 § 66 Abs 1 letzter Satz macht deutlich, dass unter der Vervielfältigung auch die Benutzung einer mithilfe eines Bild- oder Schallträgers bewirkten Wiedergabe der Darbietung zur Übertragung auf einen anderen Bild- oder Schallträger verstanden wird. Damit ist eine Anfertigung einer Kopie in Echtzeit gemeint.76 § 70 UrhG regelt die Verwertung im Rundfunk. Eine Darbietung darf nach Abs 1 nur mit Einwilligung der Personen, deren Einwilligung nach § 66 Abs 1 und 5 zur Festhaltung auf Bild- oder Schallträgern erforderlich ist, durch Rundfunk gesendet werden (§ 17 UrhG). Damit darf eine Verwertung im Rundfunk nur mit Einwilligung der ausübenden Künstler oder Veranstalter erfolgen. Eine unmittelbare Sendung darf also stets nur mit der Einwilligung der Verwertungsberechtigten erfolgen. Die große Ausnahme hierbei ist in Abs 2 zu finden. Diese Ausnahme wird das „Sendeprivileg“ genannt. Dieses besagt, dass die Einwilligung der ausübenden Künstler (oder Veranstalter) nicht erforderlich ist, wenn die Rundfunksendung mithilfe von Bildoder Schallträgern vorgenommen wird. Haben die ausübenden Künstler ihre Leistung schon auf einem Tonträger festgehalten, so kann der Rundfunkunternehmer ihre Aufnahmen senden. Die ausübenden Künstler haben demnach kein ausschließliches Verwertungsrecht, die mit ihrer Einwilligung hergestellten Bild- oder Schallträger zu einer Rundfunksendung zu verwenden.77 Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage 74 Siehe schon oben Seite 9 ff. Siehe Seite 5 ff. 76 Eine solche Vervielfältigung ist regelmäßig bei der Benutzung von sog „Mitschneidesoftware“ gegeben, siehe unten Seite 86. 77 Schumacher in Kucsko (Hrsg), urheber.recht2 § 70, 3. (2008). 75 23 Teil I: Rechtsgrundlagen: Urheber- und Leistungsschutz in Österreich betonen dies und heben auch hervor, dass die Anerkennung eines solchen ausschließlichen Rechts international strittig war.78 § 70 Abs 2 UrhG sieht noch eine Ausnahme von der Ausnahme vor. Demnach ist die Einwilligung „für eine Rundfunksendung mithilfe von Bild- oder Schallträgern nicht erforderlich, es sei denn, dass diese [Bild- oder Schallträger] nach § 66 Abs 7 oder § 69 Abs 2 zu einer Rundfunksendung nicht benutzt werden dürfen.“ § 66 Abs 7 besagt, dass ohne Einwilligung durch die ausübenden Künstler hergestellte oder verbreitete Tonträger zu einer Rundfunksendung oder öffentlichen Wiedergabe nicht benutzt werden dürfen. Damit wird die Sendung von Raubkopien verboten. Der Verweis auf § 69 Abs 2 macht klar, dass private Mitschnitte von Aufnahmen, die zB durch andere Radiosender gesendet wurden, nicht gesendet werden dürfen. Bei der Sendung von handelsüblichen Tonträgern haben die ausübenden Künstler nach § 76 Abs 3 UrhG quasi als Ausgleich für das Nichtbestehen eines Verbotsrechts einen Beteiligungsanspruch auf die angemessene Vergütung gegen den Tonträgerhersteller, die diesem von der LSG für eine öffentliche Wiedergabe oder Sendung ausgeschüttet wurde. Mit § 71a UrhG wurden Art 10 WPPT und Art 3 Abs 2 lit a RL 2001/29/EG in nationales Recht umgesetzt. Nach dieser Vorschrift darf die Darbietung eines Werkes der Tonkunst nur mit Erlaubnis des ausübenden Künstlers und des Veranstalters nach § 66 Abs 1 und 5 UrhG der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Diese Bestimmung gibt den ausübenden Künstlern also ein ausschließliches Recht zur Verwertung ihrer Darbietungen durch die öffentliche Zurverfügungstellung. Die Bedeutung des Begriffs „der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen“ ergibt sich nach § 18a Abs 2 UrhG aus § 18a Abs 1 UrhG.79 Damit ist gemeint, dass die Darbietung der Öffentlichkeit drahtgebunden oder drahtlos in einer Weise zur Verfügung gestellt wird, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist. Den Nutzern wird also eine interaktive Möglichkeit gegeben auf bestimmte Musik zuzugreifen. Hier kann auf die Ausführungen iZm dem Urheberschutz verwiesen werden.80 Da der ausübende Künstler seine Rechte in Rahmen eines Künstlervertrages oder Bandübernahmevertrags dem Tonträgerhersteller ausschließlich überträgt, muss dieser beim Erwerb der Rechte gefragt werden. Der Tonträgerhersteller kann also einen 78 ErlRV 1936 in Dillenz, ÖSGRUM 3, 145. ErlRV 40 BlgNR XXII. GP, 9. Dittrich, UrhR5, 326. 80 Siehe Seite 7 ff. 79 24 Teil I: Rechtsgrundlagen: Werknutzungsrecht vs Werknutzungsbewilligung individuellen Betrag verlangen, und der Künstler kann sich seine Einwilligung vom Tonträgerhersteller „abkaufen“ lassen.81 D. Werknutzungsrecht vs Werknutzungsbewilligung Das österreichische Urheberrecht ist vererblich, es ist aber nicht unter Lebenden übertragbar (§ 23 Abs 1 und 3 UrhG). Es bestehen jedoch zwei Arten, einem anderen die Verwertung zu erlauben. Beide sind in § 24 UrhG geregelt. Das ist zum einen die Einräumung eines sog „Werknutzungsrechts“ (§ 24 Abs 1 Satz 2) und zum anderen die sog „Werknutzungsbewilligung“ (§ 24 Abs 1 Satz 1). Diese Bestimmung bildet das Zentrum des gesamten Urhebervertragsrechts. Bei der wirtschaftlichen Verwertung sind Einräumungen von Werknutzungsrechten bzw das Erteilen von Werknutzungsbewilligungen unerlässlich. Dadurch wird dem Urheber ermöglicht, wirtschaftlich an der Verwertung seiner Werke teilzuhaben. Werknutzungsbewilligungen bzw Werknutzungsrechte können sowohl an natürliche als auch an juristische Personen erteilt bzw eingeräumt werden.82 Die Einräumung eines Werknutzungsrechts wird auch als „Exklusivlizenz“ oder fälschlich mit „Rechteübertragung“ bezeichnet. Dies bedeutet, dass nur mehr der Inhaber der Exklusivlizenz Verwertungsarten erlauben kann. Der Urheber hat dieses Recht nicht mehr, er muss sich der Ausübung dieses Rechts enthalten. Deswegen spricht man von absolut wirkenden Werknutzungsrechten. Die Eigenschaft des Werknutzungsrechts als Exklusivlizenz bringt es mit sich, dass diese nur einmal erteilt werden kann. Dh ab der ersten Vergabe einer Exklusivlizenz liegt es am Lizenznehmer, die Verwertung des Werks zu erlauben. Werknutzungsrechte sind absolute, gegen jedermann wirkende Rechte. Jeder, der nicht Inhaber eines Werknutzungsrechtes ist, hat sich einer weiteren Verwertung zu enthalten. Dies gilt für Dritte und den Urheber selbst. Diese Enthaltungspflicht reicht so weit, wie die eingeräumten Werknutzungsrechte reichen (§ 26 Satz 2 iVm Satz 1 UrhG).83 Dem Urheber selbst ist es aber noch möglich, Urheberrechtsverletzungen im eigenen Namen zu verfolgen (§ 26 Satz 2 UrhG). Dieses Verfolgungsrecht behält er neben dem Werknutzungsberechtigten. Ebenso behält er seine Urheberpersönlichkeitsrechte (§§ 1921, 80 UrhG). Beispiele für die Einräumung eines Werknutzungsrechts sind der 81 Dokalik, Musik-Urheberrecht Rz 287. Guggenbichler in Ciresa/Büchele/Guggenbichler, UrhG Vor § 24 Rz 4. 83 Büchele in Kucsko (Hrsg), urheber.recht2 § 24, 3. (2008). 82 25 Teil I: Rechtsgrundlagen: Werknutzungsrecht vs Werknutzungsbewilligung Wahrnehmungsvertrag84 oder der Verlagsvertrag85. Der Urheberberechtigte (Komponist, Texter) schließt idR einen Musikverlagsvertrag mit einem Musikverlag ab. Dieser Musikverlag sollte wiederum einen Wahrnehmungsvertrag mit der AKM und austromechana abschließen, die die Verwertungsrechte kollektiv wahrnehmen. Ist der Urheberberechtigte noch mit keinem Musikverlag vertraglich verbunden, so sollte er mE selbst einen Wahrnehmungsvertrag mit den Verwertungsgesellschaften abschließen. Die ausübenden Künstler als Leistungsschutzberechtigte räumen idR dem Tonträgerhersteller oder dem Produzenten mittels Bandübernahmevertrag oder Künstlervertrag exklusiv Rechte an ihren Darbietungen ein. Diese haben wiederum – wie die ausübenden Künstler selbst – einen Wahrnehmungsvertrag mit der LSG abgeschlossen. Urheberberechtigte Musikverlag AKM, austromechana Abbildung 3: Die Urheberberechtigten (hier: Komponist und Texter) schließen idR einen Musikverlagsvertrag und einen Wahrnehmungsvertrag mit den Verwertungsgesellschaften ab. Leistungsschutzberechtigte Tonträgerhersteller, Produzent LSG Abbildung 4: Die Leistungsschutzberechtigten (hier: ausübende Künstler) schließen einen Künstlervertrag oder Bandübernahmevertrag mit dem Tonträgerhersteller oder dem Produzenten ab und einen Wahrnehmungsvertrag mit der LSG. Eine „Werknutzungsbewilligung“ ist eine „einfache Lizenz“. Oft wird auch nur der Begriff der Lizenz verwendet, wenn eine Werknutzungsbewilligung gemeint ist.86 Mit dieser wird eine Verwertungsart bewilligt. Das Verwertungsrecht steht aber nach wie vor 84 So zB Punkt 2.1. des Wahrnehmungsvertrags der AKM, online unter: <akm.at/Mitglieder/Interne_Regelwerke>. Der Wahrnehmungsvertrag der austromechana findet sich unter: <aume.at/rte/upload/mitglieder/wahrnehmungsvertrag.pdf>. 85 Ein Muster für einen Musikverlagsvertrag findet sich unter: <musicaustria.at/sites/default/files/bilder/dokumente/verlagsvertrag.pdf>. 86 Der Begriff der Lizenz wird zu einem großen Teil nicht einheitlich verwendet. Zum Begriff: Schönherr, Gewerblicher Rechtschutz, Rz 410.3; Hodik, ÖSGRUM 2, 92 (93). 26 Teil I: Rechtsgrundlagen: Der Erschöpfungsgrundsatz dem Rechteinhaber zu. Werknutzungsbewilligungen haben also relative Wirkung. Dh der Lizenznehmer kann eine weitere Verwertung des Werks nicht erlauben. Die Vertragspartner können sich nicht an den Lizenznehmer, sondern müssen sich direkt an den Rechteinhaber wenden. Werknutzungsbewilligungen sind Genehmigungen, das Werk auf die vereinbarte Art und Weise zu nutzen. Der Inhaber einer Werknutzungsbewilligung ist nicht befugt, gegen Dritte vorzugehen. Er hat keine aktive Klagelegitimation, denn Werknutzungsbewilligungen haben keine Außenwirkung.87 Beispiele für die Erteilung von Werknutzungsbewilligungen sind die von der AKM zB an Online-Musikdiensteanbieter erteilten Genehmigungen (§ 17 Abs 1 VerwGesG).88 Aber auch die OnlineDiensteanbieter erteilen dem Nutzer eine Lizenz, ihren Dienst zu verwenden (Abbildung 5). Hat man beim Kauf einer CD das Eigentum über den Tonträger erworben, so bekommt man von Online-Musikdiensteanbietern nur ein Recht, den Dienst unter Berücksichtigung der Nutzungsbedingungen zu nutzen. WNB Online-Musikdienst Nutzer Abbildung 5: Die Online-Musikdienste erteilen dem Nutzer eine Werknutzungsbewilligung. E. Der Erschöpfungsgrundsatz Der Erschöpfungsgrundsatz besagt, dass nur solche Werkstücke vom Verbreitungsrecht ausgenommen sind, die mit Zustimmung des Rechteinhabers in einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR in Verkehr gebracht wurden (§ 16 Abs 3 UrhG). Der Erschöpfungsgrundsatz gilt also für das Verbreitungsrecht. Nach dem Verbreitungsrecht hat der Urheber das „ausschließliche Recht, Werkstücke zu verbreiten. Kraft dieses Rechtes dürfen Werkstücke ohne seine Einwilligung weder feilgehalten noch auf eine Art, die das Werk der Öffentlichkeit zugänglich macht, in Verkehr gebracht werden“ (§ 16 Abs 1 UrhG). 87 Büchele in urheber.recht2 § 24, 3. Für viele Nutzungsarten kann schon eine Lizenz über den sog „Lizenzshop“ der AKM und austromechana erstellt werden: <lizenzshop.akm.co.at/Lizenzshop/>. 88 27 Teil I: Rechtsgrundlagen: Der Erschöpfungsgrundsatz Der Urheber oder Leistungsschutzberechtigte kann also die Weiterverbreitung nicht verbieten, wenn er schon einmal seine Zustimmung für das Inverkehrbringen erklärt hat. Sein Recht ist dann „erschöpft“. Unter „Inverkehrbringen“ versteht man das erste Verbreiten. Diese Bestimmung dient der Verwirklichung der Freiheit des Warenverkehrs. Mit Art 4 Abs 2 der RL 2001/29/EG wurde der Erschöpfungsgrundsatz für die EUMitgliedstaaten fixiert.89 Für das Verbreiten von Tonträgern ist der Erschöpfungsgrundsatz maßgeblich. Auf die Sendung und öffentliche Zurverfügungstellung sowie generell allen unkörperlichen Verwertungsarten ist der Erschöpfungsgrundsatz prinzipiell nicht anzuwenden.90 Das gilt ausdrücklich für das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung (Art 3 Abs 3 RL 2001/29/EG), sodass jegliche Weiterverwertung der Zustimmung der Rechteinhaber bedarf. Diese können durchaus innerhalb des EWR unterschiedliche „Lizenzen“ erteilen. Damit sind unterschiedliche Preise für Tonträger in den Mitgliedstaaten möglich.91 Jedoch wurde die Nichtanwendbarkeit des Erschöpfungsgrundsatzes grundlegend durch die Entscheidung UsedSoft des EuGH aufgeweicht.92 Die Große Kammer des EuGH lässt im gegebenen Zusammenhang die Erschöpfung des Verbreitungsrechtes beim Handel mit sog „Gebrauchtsoftware“ gelten. Ob diese unterschiedliche Behandlung von körperlicher und unkörperlicher Vervielfältigung sachgerecht ist, scheint zunächst fraglich, denn beide Arten der Vervielfältigung erfüllen ja den gleichen Zweck. Der Gesetzeswortlaut ist jedoch klar.93 Unkörperliche Kopien können viel einfacher, schneller und ohne Qualitätsverlust verbreitet werden.94 Außerdem kann man das digitale Original nicht von der digitalen Kopie unterscheiden. Zu beachten ist, dass sich der Erschöpfungsgrundsatz nur auf das Verbreitungsrecht bezieht. Die Vervielfältigung bleibt beispielsweise immer dem Urheber vorbehalten. Im Online-Bereich ist es immer der Fall, dass eine Verbreitung gleichzeitig mit einer Vervielfältigung auftritt, denn um am Computer des Empfängers abgerufen werden zu können, muss die Datei dupliziert werden. Bezüglich Computerprogrammen gilt 89 Zur Auslegung von Art 4 Abs 2 der RL 2001/29/EG: EuGH 12. 9. 2006, C-479/04 = wbl 2006/210. EuGH 18.3.1980, Rs 62/79, GRUR Int 1980, 602 (607) – Coditel I; Anderl in urheber.recht2 § 16, 4.5.; Burgstaller, Keine Erschöpfung des Verbreitungsrechtes beim Online-Vertrieb, lex:itec 2009 H 3, 18. 91 Anderl in urheber.recht2 § 16, 4.5. 92 EuGH 3.07.2012, C-128/11 (UsedSoft). 93 Der Wortlaut der Datenbankrichtlinie und Urheberrichtlinie sowie der Gesetzestext deuten nicht auf eine Erschöpfung hin, Burgstaller, lexi:tec 2007, 1. 94 Zur höheren Qualität von digitalen Kopien siehe schon OGH 26. 1. 1999, 4 Ob 345/98h – Radio Melody III – ÖJZ 1999, 471 = ÖBl 2000, 86 = RdW 1999, 409 = MR 1999, 94; Anderl in urheber.recht2 § 15, 2.2. Auf die vereinfachte Verwendung von digitalen Dokumenten hinweisend Schanda, ecolex 1996, 105. 90 28 Teil I: Rechtsgrundlagen: Die Verwertungsgesellschaften im Musikbereich hier die freie Werknutzung nach § 40d UrhG. In Hinblick auf Musikdateien fehlt eine solche Bestimmung. Die Problematik des Erschöpfungsgrundsatzes (sowie die Rechtslage nach der UsedSoft-Entscheidung) wird bei der rechtlichen Qualifizierung des Uploads noch genauer behandelt werden.95 F. Die Verwertungsgesellschaften im Musikbereich Das österreichische Verwertungsgesellschaftenrecht stammt aus dem Jahr 1936. Es wurde aber im Jahr 2006 umfassend novelliert.96 Regelungen in Bezug auf den Tätigkeitsbereich der Verwertungsgesellschaften befinden sich neben dem VerwGesG 2006 auch im UrhG. Das VerwGesG regelt den Tätigkeitsbereich der inländischen Verwertungsgesellschaften. Die Verwertungsgesellschaft nimmt die Rechte, Beteiligungsund Vergütungsansprüche ihrer Mitglieder treuhändig wahr. Gem § 1 VerwGesG obliegt ua das Nutzbarmachen von Werken der Tonkunst den Verwertungsgesellschaften, indem sie den Benutzern die zur Nutzung erforderlichen Bewilligungen gegen Entgelt erteilen. Die Verwertungsgesellschaften nehmen aber nur die sog „kleinen Rechte“ wahr, dh etwa nicht die Rechte an musikdramatischen Werken wie einer Bühnenaufführung, die als „große Rechte“ bezeichnet werden.97 Die Wahrnehmung dieser Rechte erfolgt durch Verlage.98 Der Urheber hat bekanntlich das ausschließliche Recht, die Verwertung seiner Werke zu verbieten (§ 14 Abs 1 UrhG). Er kann jede einzelne der Verwertungsarten kontrollieren. Da es aber praktisch sehr beschwerlich wäre, jedes Mal den Urheber oder Leistungsschutzberechtigten zu fragen, wann immer eines seiner Werke bzw Darbietungen verwertet werden soll, schließt (fast) jeder Urheber und Leistungsschutzberechtigte mit den jeweils zuständigen Verwertungsgesellschaften einen sog „Wahrnehmungsvertrag“ ab.99 Durch diese Art von Vertrag werden der Verwertungsgesellschaft an den Werken des Urhebers bzw Darbietungen des Leistungsschutzberechtigten Werknutzungsrechte eingeräumt und es ihnen ermöglicht, wieder „Werknutzungsbewilligungen“ an Verwerter wie den Diensteanbieter von Online-Musikdiensten zu erteilen und dafür Lizenzerträge (sog „Tantiemen“) einzuheben. Damit muss der Urheber oder Leistungsschutzberechtigte nicht jedes Mal bei Nutzung eines seiner Werke oder Darbietungen persönlich um 95 Siehe Seite 54 ff. BGBl I Nr 9/2006. 97 Siehe Betriebsgenehmigung der AKM Punkt I.1.lit b und I.3.lit a; Betriebsgenehmigung der austromechana Punkt I.2.; Betriebsgenehmigung der LSG Punkt II.2. 98 Siehe schon oben Seite 14 ff. 99 Siehe schon oben Seite 26. 96 29 Teil I: Rechtsgrundlagen: Die Verwertungsgesellschaften im Musikbereich Zustimmung gefragt werden, sondern die Verwertungsgesellschaft erteilt als zentrale Instanz die entsprechenden Lizenzen. Auch muss der Urheber oder Leistungsschutzberechtigte nicht selbst überwachen, ob jemand eines seiner Werke oder Darbietungen ohne Lizenz verwertet, denn auch eine solche Kontrolle wird von den Verwertungsgesellschaften durchgeführt. Eine Verwertungsgesellschaft ist Fürsprecherin ihrer Mitglieder als auch der Nutzer, denn sie schüttet Vergütungen an ihre Mitglieder aus, gewährt aber auch den Nutzern Werknutzungsbewilligungen gegen angemessenes Entgelt. Die Verwertungsgesellschaften haben in Österreich (und den meisten anderen Ländern) eine Monopolstellung inne, denn gem § 3 Abs 2 VerwGesG darf für die Wahrnehmung eines bestimmten Rechts jeweils nur einer einzigen Verwertungsgesellschaft eine Betriebsgenehmigung erteilt werden. Für die Vervielfältigung und Verbreitung ist die austromechana zuständig. Für die anderen drei Verwertungsarten (Sendung, öffentliche Wiedergabe, öffentliche Zurverfügungstellung) ist hingegen die AKM zuständig. An Verwertungsgesellschaften im Musikbereich sind zu unterscheiden: die AKM, die austromechana, die LSG. Die AKM ist die „staatlich genehmigte Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung“. Sie verfügt über die Betriebsgenehmigung für Werke der Tonkunst und mit Werken der Tonkunst verbundene Sprachwerke (Musikwerke mit und ohne Text) zur Wahrnehmung bzw Geltendmachung der Aufführungs-, Vortrags-, Sende- und Zurverfügungstellungsrechte an Vorträgen, konzertmäßigen Aufführungen und Sendungen sowie entsprechender Beteiligungs- und/oder Vergütungsansprüche.100 Die austromechana ist die „Gesellschaft zur Wahrnehmung mechanischmusikalischer Urheberrechte Gesellschaft m.b.H.“. Sie verfügt über die Betriebsgenehmigung für Werke der Tonkunst und mit Werken der Tonkunst verbundene Sprachwerken (Musikwerke mit und ohne Text) zur Wahrnehmung bzw Geltendmachung der Rechte der Vervielfältigung und Verbreitung sowie entsprechender Beteiligungsund/oder Vergütungsansprüche.101 Die austromechana ist also für die körperlichen Verwertungsarten zuständig. 100 Siehe konsolidierte Version der Betriebsgenehmigung in der Fassung des Bescheids der KommAustria, KOA 9.102/08-015 vom 30.6.2008 und des Bescheids des Urheberrechtssenats, UrhRS 5/08-4 vom 29.10.2008, einsehbar unter: <verwges-aufsicht.justiz.gv.at>. 101 Siehe Bescheid der KommAustria, KOA 9.102/08-016 vom 30.6.2008. 30 Teil I: Rechtsgrundlagen: Die Verwertungsgesellschaften im Musikbereich Die LSG ist die „LSG Wahrnehmung von Leistungsschutzrechten GmbH“. Sie verfügt über die Betriebsgenehmigung für die Rechte der Schallträgerhersteller für zu Handelszwecken hergestellte Bild- oder Schallträger zur Wahrnehmung bzw Geltendmachung von Rechten, Beteiligungs- und Vergütungsansprüchen.102 Gesellschafter der LSG sind die Österreichische Interpretengesellschaft (ÖSTIG) und die IFPI Austria (Verband der österreichischen Musikwirtschaft). Beide haben Geschäftsanteile zu jeweils 50 %. Organisatorisch kann man die LSG einteilen in die LSG Interpretenverrechnung und die LSG Produzentenverrechnung, die ihrerseits für die Verrechnung der Lizenzgebühren und deren Ausschüttung an ihre Mitglieder zuständig sind. Die LSG ist für ihre Mitglieder jedoch nur im Bereich der Zweitverwertung zuständig. § 26 UrhG ist die Rechtsgrundlage für den Wahrnehmungsvertrag. Mit diesem werden der Verwertungsgesellschaft Werknutzungsrechte (§ 24 Abs 1 Satz 2) eingeräumt, nämlich die Rechte des Urhebers bezüglich seiner Werke bzw die Rechte der Leistungsschutzberechtigten Abschluss des bezüglich ihrer Wahrnehmungsvertrages Darbietungen wird der wahrzunehmen. Urheber zum Durch Mitglied der Verwertungsgesellschaft.103 Soweit die Werknutzungsrechte nach dem abgeschlossenen Wahrnehmungsvertrag reichen, hat sich der Urheber gleich einem Dritten der Benutzung seines Werkes zu enthalten (§ 26 Satz 2 UrhG). Das Recht, Verletzungen seines Urheberrechts zu verfolgen, bleibt ihm jedoch weiterhin. Die Verwertungsgesellschaften dürfen für die Erteilung der Werknutzungsbewilligungen aber nicht beliebige Beträge verlangen. Sie stehen diesbezüglich unter der Aufsicht der Regulierungsbehörde KommAustria. Für die Verwertung ihrer Werke bzw der Darbietungen soll den Urhebern bzw Leistungsberechtigten eine „angemessene Vergütung“ zukommen (§ 17 Abs 1 VerwGesG). Diese angemessene Vergütung ist in der Praxis nach Tarifen entsprechend der jeweiligen Nutzungsart gestaffelt.104 Für die Online-Nutzung finden sich die Tarife der AKM und austromechana gesammelt auf der Homepage der AKM.105 Die Verwertungsgesellschaft hat mit den Nutzerorganisationen Gesamtverträge verhandelt, in denen die geltenden Tarife für die 102 Siehe konsolidierte Version in der Fassung des Bescheids der KommAustria, KOA 9.102/08-016 vom 30.6.2008, der Berufungsvorentscheidung der KommAustria, KOA 9.102/08-31 vom 14.8.2008 und des Berichtigungsbescheids der KommAustria, KOA 9.102/08-36 vom 27.8.2008. 103 Der Wahrnehmungsvertrag der AKM findet sich unter: <akm.at/Mitglieder/Interne_Regelwerke>, jener der austromechana unter: <aume.at/show_content2.php?s2id=193>. 104 Siehe zB <akm.at/Musiknutzer/Online-Nutzung/Tarifinfo/>. 105 <akm.at/Musiknutzer/Online-Nutzung/Tarifinfo>. 31 Teil I: Rechtsgrundlagen: Kollektive oder individuelle Rechtewahrnehmung? Erteilung der Werknutzungsbewilligungen sowie die Art der Abrechnung festgelegt werden (§ 20 VerwGesG).106 Eine solche Nutzerorganisation iSd § 21 VerwGesG ist zB der Veranstalterverband oder der Fachverband für Telekommunikations- und Rundfunkunternehmungen, der einen Gesamtvertrag in Hinblick auf Musikdownloads und Ringtones abgeschlossen hat. Sofern ein Diensteanbieter die Möglichkeit zum Download in Österreich eröffnet, ist für diesen dieser Gesamtvertrag einschlägig. Der Gesamtvertrag regelt aber nicht die Einzelnutzung, sondern bildet lediglich einen „Rahmen“. Der individuelle Betrag vom Verwerter der an die Verwertungsgesellschaft gezahlt werden muss, wird in Einzelverträgen konkretisiert.107 G. Kollektive oder individuelle Rechtewahrnehmung? Die Vergabe von Lizenzen kann entweder auf individueller oder kollektiver Basis geschehen. Wahrnehmungsverträge sind Verträge, die ein Werknutzungsrecht einräumen. Vertragspartner sind die Urheber bzw Leistungsschutzberechtigten und die Verwertungsgesellschaften. Ob die Rechtewahrnehmung nun individuell oder kollektiv geschieht, hat weiter keine Auswirkung auf die Qualität der Lizenz. Die Unterscheidung ergibt sich nur aus praktischen Überlegungen. Wo eine individuelle Rechtewahrnehmung wegen der Masse an Lizenznehmern praktisch unmöglich ist, erfolgt sie kollektiv. Die Verwertungsgesellschaften erteilen den Verwertern (etwa den Anbietern von Online-Musikdiensten, Radiosendern, Tonträgerherstellern, Veranstaltern) kollektiv Werknutzungsbewilligungen. Die jeweilige Verwertungsgesellschaft bekommt dafür pauschalierte Summen, die sie wiederum an ihre Mitglieder ausschüttet. Mitglieder sind dabei all jene Personen, die einen Wahrnehmungsvertrag abgeschlossen haben. Eine kollektive Wahrnehmung durch die Verwertungsgesellschaften erfolgt aber nur bei unveränderten Massennutzungen, wie der Sendung, öffentlichen Wiedergabe oder öffentlichen Zurverfügungstellung.108 Aus verständlichen Gründen ist es dem Urheber oder Verleger nicht möglich, die vielen tausenden Nutzungen individuell zu genehmigen. Dies kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft erfolgen. Die Verwertungsgesellschaften setzen dabei die Bedingungen für die Verwertung fest, kontrollieren diese, nehmen die Vergütungen ein und verteilen sie nach einem Schlüssel an 106 Die zurzeit bestehenden Gesamtverträge (GV) können unter <akm.at/Musiknutzer/Gesamtvertraege/> eingesehen werden. 107 Hüttner, Der Gesamtvertrag, in Dittrich/Hüttner (Hrsg), Das Recht der Verwertungsgesellschaften (2006) 305. 108 Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2, § 1 VerwGesG Rz 3. 32 Teil I: Rechtsgrundlagen: Kollektive oder individuelle Rechtewahrnehmung? ihre Mitglieder.109 Der Vorteil für die Urheber bzw Leistungsschutzberechtigten ist dabei, dass die Verwertungsgesellschaften die Kontrolle der Verwertung für sie übernehmen. Für die Nutzer besteht der Vorteil darin, dass sie die Rechte der Nutzung von zentraler Stelle erwerben können. In manchen Bereichen ist hingegen die individuelle Rechtewahrnehmung möglich und sinnvoll. Diese bedeutet, dass die Vergabe der Lizenz unmittelbar durch den Rechteinhaber (Komponist, Textdichter oder Verlag) erfolgt. Dies geschieht nur bei Verwertungen, die keine „unveränderte Massennutzung“ des Werkes darstellen. In diesen Bereichen ist sie der kollektiven vorzuziehen, weil die individuelle Rechtewahrnehmung es dem Rechteinhaber ermöglicht, die Bedingungen für die Vergabe der Lizenz selbst zu bestimmen. Kann er das Erfüllen dieser Bedingungen auch selbst kontrollieren, so ist die individuelle Rechtewahrnehmung die bessere Variante. Sie erfolgt idR über Lizenzen, die ausschließlicher oder nichtausschließlicher Natur sein können und die Verwertung des Werkes in einer oder allen der in §§ 14–18a UrhG aufgezählten Verwertungsarten genehmigen. Wird ein Werk verändert, dh „bearbeitet“ (§ 5 UrhG), so liegt keine „unveränderte“ Massenutzung vor. Folglich hat die Lizenzierung individuell zu erfolgen, entweder durch den Urheber selbst oder dessen Verlag. Dabei ist zu bemerken, dass nicht jegliche Änderung eine Bearbeitung im urheberrechtlichen Sinne darstellen muss, denn auch dem ausübenden Künstler soll Raum für seine künstlerische Freiheit gegeben werden. § 21 Abs 1 Satz 2 UrhG besagt, dass insb jene Änderungen zulässig sind, die der Urheber „nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen nicht untersagen kann“. Der Urheber muss aber keine „Entstellungen“ seines Werkes dulden. Dies gilt nur, wenn das Werk benutzt wird, wodurch es der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird oder zum Zweck der Verbreitung vervielfältigt wird (§ 21 Abs 1 Satz 1 UrhG). Mittels des Verlagsvertrages räumt der Urheber dem Verlag idR Werknutzungsrechte ein. Der Verlagsvertrag ist in den §§ 1172 und 1173 ABGB geregelt. In praktisch jedem Verlagsvertrag räumt der Urheber dem Verlag die Druckrechte (graphische Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte) ein. Damit wird dem Verlag gestattet, die Noten der Werke zu drucken. Aber auch die Wahrnehmung der sog „großen 109 Popp, Verwertungsgesellschaften (2001), 15f. (=ÖSGRUM 25). 33 Teil I: Rechtsgrundlagen: Kollektive oder individuelle Rechtewahrnehmung? Rechte“ erfolgt durch Verlage, da diese so besser wahrgenommen werden können. Diese „großen Rechte“ betreffen Fälle der bühnenmäßigen Aufführung (Oper, Musicals), aber auch zB das Bearbeitungsrecht oder das „Synch-Right“ (Verfilmungsrecht) gehören dazu.110 110 Siehe schon die Aufzählung auf Seite 16 f., Dokalik, Musik-Urheberrecht, Rz 162. 34 Teil II: Musikdienste im Internet: Kollektive oder individuelle Rechtewahrnehmung? Teil II: Musikdienste im Internet Seit das Internet Mitte der 1990er Jahre in breiteren Bevölkerungsschichten populär wurde, entwickelten sich mehrere Online-Musikdienste, mit deren Hilfe die Nutzer von ihnen gewünschte Musik anhören konnten. In dieser Zeit wurde das MP3-Format vom deutschen Fraunhofer-Institut veröffentlicht.111 Dieses Dateiformat beschleunigte die Nachfrage nach Musik rasant. Die Besonderheit daran ist, dass nur jene Schallereignisse gespeichert werden, die für den Menschen bewusst wahrnehmbar sind, wodurch sich die Dateigröße deutlich reduziert.112 Das MP3-Format gilt nach wie vor als das StandardFormat im Musikbereich, obwohl mittlerweile schon viele Alternativen wie das WMAFormat oder Ogg-Vorbis entwickelt wurden. Durch diese Innovation und deren explosive Verbreitung wurden die Schritte der Produktion und Distribution in der klassischen Wertschöpfungskette ersetzt.113 Abbildung 6 (B) zeigt, wie sich die klassische Wertschöpfungskette (WSK) durch das digitale Format MP3 verändert hat. Die Produktion körperlicher Datenträger wie der CD wäre demnach nicht mehr nötig. Damit fällt auch die Distribution dieser Tonträger weg, sodass diese nie in den Einzelhandel kommen. 111 <mp3-geschichte.de/de/vermarktung.html>. Zur genaueren Geschichte: Musmann, Genesis of the MP3 Audio Coding Standard, IEEE Transactions on Consumer Electronics, August 2006, 1043, online: <users.ipfw.edu/reddpv01/mp3Genesis.pdf>. 113 Neef/Blömer, Konvergenztechnologie und Musikverwertung, in Moser/Scheuermann (Hrsg), Handbuch der Musikwirtschaft (2003) 105. 112 35 Teil II: Musikdienste im Internet: Kollektive oder individuelle Rechtewahrnehmung? Abbildung 6: Veränderung der Wertschöpfungskette (WSK) in der Musikbranche114 Anfangs beachtete die Musikindustrie den Internetvertrieb von digitaler Musik nicht, sie betrieb weiterhin das Tonträgergeschäft mit dem Verkauf von CDs. Die CD ist auch in der Gegenwart noch im Handel verfügbar, wenngleich sich deren Produktion aufgrund der hohen Kosten oft nicht mehr auszahlt. Sie erfährt heute durch die neuen Online-Dienste eine Entwertung wie seinerzeit die Musikkassette (MC) durch die Entwicklung der CD. Spätestens mit dem Aufkommen der Filesharing-Software Napster wurde die Musikindustrie unsanft wachgerüttelt. Napster war 1998 gestartet und erfreute sich schnell großen Zulaufs. Es handelte sich dabei um eine Peer-to-Peer-Tauschbörse115. Sie war zentral serverbasiert angelegt und erlaubte den Clients116, Dateien online zu tauschen, alles umsonst und unbegrenzt. Durch diese Entwicklung wird die Wertschöpfungskette (bei Nichtbeachtung der Rechte) völlig ad absurdum geführt (vgl oben Abbildung 6 Punkt E). Jeder Napster-User hatte Zugriff auf die MP3-Sammlung der anderen User. Die Tauschbörse funktionierte einfach und schnell, was erfreulich für die zahlreichen Nutzer war. Jedoch gab es ein Problem: Napster kümmerte sich nicht um die 114 Die Abbildung stammt aus Neef/Blömer in Moser/Scheuermann, Handbuch der Musikwirtschaft 105 (105). 115 Dazu später im Abschnitt über Filesharing mehr, Seite 45 ff. 116 Ein Client ist im Gegensatz zum Server ein Nutzercomputer, der auf die Dateien des Servers zugreifen kann. Der Server stellt ein Programm dar, das mit dem Client kommuniziert, um diesem Zugang zu einem Dienst (hier: Napster) zu gewährleisten. 36 Teil II: Musikdienste im Internet: Kollektive oder individuelle Rechtewahrnehmung? Beachtung der Urheber- oder Leistungsschutzrechte. Die Reaktion der Musikindustrie ließ nicht lange auf sich warten. Im Juli 2001 wurde der Dienst nach gerichtlichem Rechtsstreit eingestellt.117 Napster ist aber nach wie vor eine bekannte Marke und ist nun schon seit Ende 2005 ein legaler Abonnementdienst118, der den Abonnenten gegen monatliche Entrichtung einer Gebühr Musik anbietet. Der Dienst wurde im November 2011 vom amerikanischen Unternehmen Rhapsody gekauft. Der Wandel weg vom physischen Tonträger hin zur digitalen Musik ist nun im Jahr 2013 längst vollzogen. Es werden nach wie vor immer weniger physische Tonträger verkauft, der Musikkonsum ist aber so hoch wie noch nie zuvor. Grundsätzlich ist zu konstatieren, dass der digitale Musikkonsum im Gegensatz Tonträgermarkt weltweit nach wie vor stark ansteigend ist. 119 zum physischen Der Verkauf von digitalen Musikalben steigerte sich im Jahr 2011 weltweit um geschätzte 23 %, auch Musikabonnement-Dienste sind im Jahr 2011 um geschätzte 65 % gestiegen.120 Damit gibt es weltweit rund 13 Millionen Nutzer, die Musik online konsumieren. 121 Die Nutzer waren anfangs noch skeptisch, sich bei Musikabonnementdiensten anzumelden, jetzt verstehen sie, wie diese Dienste funktionieren, und sehen die großen Vorteile.122 Laut der neuesten Fallstudie über Österreich ist der österreichische Online-Musikmarkt im Jahr 2012 um 10 % gewachsen und machte 26,5 Mio € Umsatz.123 2012 war für die Musikindustrie das Jahr mit den meisten Umsätzen seit 1998.124 Der Umsatz auf dem digitalen Musikmarkt wird für das Jahr 2013 auf 5,6 Mrd US$ geschätzt und macht 34 % aller Umsätze der Musikindustrie aus.125 Der folgende Teil gibt einen Überblick über die bereits etablierten Formen von Musikdiensten im Internet. Pro-Music ist eine Vereinigung von Personen und Organisationen, die im Musikbereich tätig sind. Deren Website www.pro-music.org gibt anhand einer Liste Aufschluss über die in den jeweiligen Ländern der Welt bestehenden 117 Strasser, A&M Records v Napster. Eine Analyse vor dem Hintergrund des amerikanischen Urheberrechts, MR 2001, 6. 118 Siehe Seite 43 ff. 119 Der Wert des physischen Tonträgermarktes hat sich seit 2004 um 31 % verkleinert, wohingegen der Wert des digitalen Musikmarktes seit 2004 um mehr als 1.000 % gestiegen ist, IFPI, Digital Music Report 2011, 5; online unter <ifpi.org/content/library/DMR2011.pdf>. 120 IFPI, Digital Music Report 2012, 10; online unter: <ifpi.org/content/library/DMR2012.pdf>. 121 IFPI, Digital Music Report 2012, 10. 122 Vgl Edgar Berger von Sony Music, IFPI, Digital Music Report 2012, 10. 123 IFPI, Digital Music Report Austria 2013, 18, online unter: <ifpi.org/content/library/DMR2013Austria.pdf>. 124 IFPI, Digital Music Report 2013, 5. 125 IFPI, Digital Music Report 2013, 6. 37 Teil II: Musikdienste im Internet: Download-Dienste legalen Musikdienste. Die Liste ist nicht umfassend, gibt aber einen guten Überblick über die bekanntesten Online-Musikdienste. Weltweit bestehen zurzeit rund 500 legale Musikdienste, die rund 20 Millionen verschiedene Tracks anbieten.126 Mittlerweile existieren ganz unterschiedliche Online-Musikdienste, durch die Musik auf verschiedene Art und Weise verwertet wird. Online-Musikdienste sind meist kommerzielle Angebote der Musikwirtschaft, über welche die Nutzer Titel streamen oder herunterladen können. Allen Musikdiensten ist gemeinsam, dass sie hochgeladene Musikstücke in einer Datenbank zum Anhören anbieten. Dabei lassen sich folgende vier Online-Dienste grundsätzlich unterscheiden: Download-Dienste, Abonnement-Dienste, Internetradio und Filesharing-Dienste. Download-Dienste, Abonnement-Dienste und FilesharingDienste sind wirtschaftlich dem Bereich der Erstverwertung zuzurechnen. Das bedeutet, dass diese Dienste den physischen Tonträgermarkt zu substituieren vermögen und so direkt in Konkurrenz zu diesem stehen. Heutzutage wird nach wie vor das Tonträgergeschäft als Primärmarkt angesehen. Der digitale Musikkonsum hat in den letzten Jahren so drastisch zugenommen, dass dieser mE in naher Zukunft als neuer Primärmarkt gelten wird. Das Internetradio ist idR der Zweitverwertung zuzurechnen, da es aufgrund des Fehlens einer interaktiven Eingriffsmöglichkeit vonseiten des Nutzers den Tonträgermarkt nicht zu substituieren vermag. A. Download-Dienste Die erste zu beschreibende Kategorie von Online-Musikdiensten ist jene der Download-Dienste. Bei diesen werden Musikdateien auf einem Server zur Verfügung gestellt. Der Server dient als zentrale Schnittstelle. Er stellt seine Dienste den Clients über das Internet zur Verfügung. Die Geschichte der Download-Dienste beginnt etwa Mitte der 1990er Jahre. Zu jener Zeit bestanden schon ausreichend leistungsstarke Verbindungen über das Telefonnetz (ISDN), die einen Dateienaustausch ermöglichten. Die Nutzer können bei Download-Diensten in der Datenbank des Diensteanbieters nach den gewünschten Tracks oder Alben selbst suchen. Vorab muss der Diensteanbieter demnach sämtliche anzubietende Musikdateien hochgeladen haben. Die Nutzer bestimmen interaktiv, welche Dateien sie herunterladen wollen. Die Download-Dienste zählen daher zu den sog „Music-On-Demand“-Diensten.127 Dieser Begriff erfasst jene Dienste, bei denen der Nutzer selbst auswählt, welches Musikstück er wann hören möchte. Durch den 126 127 IFPI, Digital Music Report 2012, 10. Zum Begriff vgl Haller, Music on demand (2001) 1 ff. 38 Teil II: Musikdienste im Internet: Download-Dienste Download werden die Dateien dem Nutzer dauerhaft zur Verfügung gestellt. 128 Die Dateien werden auf der Festplatte des Nutzers gespeichert und die Nutzer können diese in der Folge nach Belieben Kopieren, es sei denn es besteht ein DRM-System129, das gewisse Nutzungsarten unterbindet. In den letzten Jahren gab es geradezu einen Boom der Download-Dienste. Auch im Jahr 2011 stieg die Anzahl der Nutzer von Download-Diensten deutlich.130 Die Preise für einen Track liegen bei allen Download-Shops meist zwischen € 0,69 und € 1,59. Der Preis für ein aktuelles Album liegt bei rund € 10. Zudem sind die Downloadshops allesamt von der Bedienung her einfach aufgebaut. Nach und nach steigen immer mehr Anbieter in das Geschäft der Download-Dienste ein. So sind vor kurzem Saturn und Mediamarkt ebenfalls auf dem österreichischen Markt aktiv. Die in Österreich zur Verfügung stehenden größten und bekanntesten Download-Shops weisen von ihrem Angebot keine großen Unterschiede mehr auf. Neben Musik bieten diese Musikportale meist auch Hörbücher, Videos und Klingeltöne an. Die in Österreich am häufigsten genutzten Portale sind der iTunes Store und Amazon MP3.131 800.000 Nutzer von Online-Musikshops werden in Österreich gezählt. Eine aktuelle GfK-Studie132 hält als Ergebnis fest, dass 94 % der downloadenden Nutzer mit den online bestehenden Musikangeboten zufrieden sind. Als Gründe werden die Bequemlichkeit des Kaufvorganges angegeben (65 %) sowie das Angebot (58 %), für deutlich weniger (47 %) ist der Preis ausschlaggebendes Kriterium. Ein durchschnittlicher Online-Musikkäufer erwirbt in Österreich durchschnittlich 7,77 Musiktracks im Monat. Er gibt dabei durchschnittlich 3,46 € im Monat aus. Im Jahr 2012 ist die Anzahl an heruntergeladenen Einzelsongs um rund 25 % auf 11,5 Mio € Umsatz gestiegen, der Download gesamter Alben ist um 6,5 % auf einen Umsatz von 12,5 Mio € gestiegen. Der iTunes Store wird von Apple betrieben. Dieser Dienst ging im April 2003 das erste Mal online. Der iTunes Store ist die weltweit führende Online-Musikplattform.133 Er 128 Manche Dienste führen in ihren Nutzungsbedingungen extra den Hinweis „dauerhaft“ an, denn im Gegensatz dazu sind bei Abodiensten die Downloads mit der Kündigung des Abos unbrauchbar. 129 Unter DRM (Digitales Rechtemanagement) versteht man die Implementierung von technischen Schutzmaßnahmen in Dateien oder Datenträgern. So sollte verhindert werden, dass die erworbenen Dateien schrankenlos weitergegeben werden. 130 Zul APA-Meldung <derstandard.at/1343744169999/Downloads-bekommen-wachsende-Bedeutung-fuerMusikindustrie>. Der Single-Track-Download ist in den USA im Jahr 2011 um 10 % gestiegen, in Großbritannien um 8 % und in Frankreich gar um 23 %, IFPI, Digital Music Report 2012, 10. 131 IFPI, Digital Music Report 2013 Austria, 18. 132 IFPI, Digital Music Report 2013 Austria, 18. 133 IFPI, Musikmarktbericht Österreich 2011, 16, online unter: <ifpi.at/uploads/IFPI_Musikmarkt2011.pdf>. 39 Teil II: Musikdienste im Internet: Download-Dienste bietet von allen Downloadshops das größte Angebot.134 Bis vor September 2006 hieß der Dienst noch iTunes Music Store. Da aber nun auch Videos, Filme und Spiele angeboten werden, wurde er in iTunes Store umbenannt. Apple bietet seine iTunes mit DRM-Schutz an. Das DRM-System von iTunes Store heißt FairPlay. Mittlerweile wurden auch iTunes Plus eingeführt, diese haben eine bessere Klangqualität, sind etwas teurer, aber dafür DRM-frei. Nur offene Standards erlaubten mE wohl eine Steigerung des Umsatzes im digitalen Musikmarkt. Daher sind alle großen Downloadshop-Betreiber mittlerweile auf DRM-freies MP3-Format umgestiegen. Diese Online-Shops können zwar noch nicht den Verlust durch den Rückgang des Tonträgermarktes kompensieren, sie sind aber auf dem Weg in diese Richtung. Die offenen Dateiformate sollen die Nutzer von diesen Diensten überzeugen.135 Ende April 2009 wurde schließlich das gesamte Musikangebot des iTunes Store DRM-frei.136 iTunes-Musikdateien sind neben dem Computer (wenn die iTunesSoftware installiert wurde) jedoch nur auf Apple-Geräten oder wenigen anderen lizenzierten Geräten (das sind einige Sony- und Samsung-Player)137 abspielbar. Um den iTunes Store nutzen zu können, muss der Nutzer eine spezielle Software herunterladen. Die aktuelle Software iTunes 10.6 ist mehr als 70 Megabyte groß. Bei Amazon und Musicload kann man einzelne Tracks downloaden, ohne vorab eine spezielle Software installieren zu müssen. Will man bei Amazon aber ein ganzes Album herunterladen, benötigt der Nutzer ein kleines Programm (3 Megabyte) namens Amazon MP3-Downloader. Bei Musicload wird keine eigene Software benötigt, da die Musik direkt über den Browser geladen wird. Musicload ist ein weiterer großer Musikdownloadshop in Österreich. Er wird von der Deutschen Telekom betrieben und ging das erste Mal im Oktober 2003 online. Neben einem Downloadshop bietet Musicload mit Musicload Nonstop seit 2006 auch einen Musikabonnementdienst an. Seit März 2009 bietet Musicload seine Musikstücke im kopierschutzfreien MP3-Format ohne Wasserzeichen138 mit einer Bitrate139 von 256 kbit/s an. Auch DRM-geschützt sind die Tracks nicht. Bei Musicload kann man den 134 Dies ergibt sich aus Tests, wie zB jenem des Computermagazins Chip.de: Rößler, Musik-Download: Die besten Portale im Test (3.1.2010): <chip.de/artikel/Musik-Download-Die-besten-Portale-im-Test6_39324152.html>. 135 Gerrit Pohl/Jochen Strube, Umfrage „Zukunft der Musik“. Die Musikbranche verdirbt sich das Geschäft <spiegel.de/netzwelt/spielzeug/umfrage-zukunft-der-musik-die-musikbranche-verdirbt-sich-das-geschaeft-a465090.html>. 136 <heise.de/newsticker/meldung/Macworld-iTunes-Musik-wird-vom-Kopierschutz-befreit-194183.html>. 137 <chip.de/artikel/Musik-Download-Die-besten-Portale-im-Test-5_39324054.html>. 138 <heise.de/newsticker/meldung/Musicload-will-DRM-loswerden-158433.html>; Zur Relevanz und Anwendbarkeit von Audio-Wasserzeichen: <musictrace.de/technologies/watermarking.de.htm>; Ulbricht, Digital Rights Management, in Moser/Scheuermann (Hrsg), Handbuch der Musikwirtschaft (2003) 134. 139 Die Bitrate gibt Auskunft über die übertragene Datenmenge, je höher sie ist, desto besser ist idR die Qualität der Aufnahme, <de.wikipedia.org/wiki/Bitrate>. 40 Teil II: Musikdienste im Internet: Download-Dienste entsprechenden Track als MP3 oder WMA downloaden.140 Früher stellten DownloadDiensteanbieter, und zT tun sie dies auch heute noch, die Musiktracks im WMA-Format zur Verfügung. Diese Dateien waren durch DRM geschützt, was dazu führte, dass sie nicht weitergegeben, dh kopiert werden konnten.141 Jeder der Download-Dienste erlaubt darüber hinaus das probeweise Anhören aller Stücke, das sog „Prelistening“. Durch das Prelistening kann man idR 30 Sekunden142 lang einen Track anhören. Im Pop-Rock-Bereich gibt es bezogen auf die Angebotsvielfalt weniger Unterschiede zwischen den einzelnen Downloadshops. Unterschiede tun sich im Klassik- und auch Jazzbereich auf. Auch die Bezahlarten variieren bei den DownloadDiensten, wobei Bezahlen mit Kreditkarte immer möglich ist. Eine der wichtigsten Kriterien für den Kauf von Musik im Internet sind jene der Qualität. Sowohl iTunes als auch Musicload und Amazon MP3 bieten ihre Tracks im MP3-Standard mit einer Bitrate von 256 kbit/s an, die eine sehr gute Klangqualität gewährleistet. iTunes werden genauer gesagt mit einer Bitrate von 256 kbit/s im etwas besseren AAC-Format (Advanced Audio Coding) zur Verfügung gestellt. Da nun alle Dienste ihre Tracks im MP3-Format anbieten, ist das Dateiformat kein Kriterium für die Auswahl eines Musikdienstes mehr. Die Qualität der Dateien ist im Vergleich zwischen den Diensten annähernd gleich. Natürlich findet die Codierung bei sämtlichen Diensten mit variablen Bitraten statt, sodass komplexere Stellen höhere Bitraten vorweisen und weniger komplexe niedrigere. Damit wird die Speichergröße möglichst niedrig und so der Download kurz gehalten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Download-Dienste durch interaktiven Abruf und dauerhafte Speicherung auszeichnen. Der Nutzer kann also selbst entscheiden, wann er welches Musikstück herunterlädt. Indem er das Musikstück herunterlädt, ist es ein für alle Mal auf seinem Computer gespeichert, und kann von ihm jederzeit angehört werden. Durch diese Eigenschaften vermögen die Download-Dienste den traditionellen Tonträgermarkt zu substituieren, da sie das anbieten, was man auch beim Kauf eines Tonträgers als Leistung erhält, einmal abgesehen von der Zugabe des Booklets.143 140 Musicload AGB, 7, online unter: <static.musicload-shop.de/file/agb_legal/at/agb_musicload_at.pdf>. Mehr dazu unter: <musicload.de/hilfe/musik/dateiformatewmaundmp3.ml>. 142 Der iTunes Store erlaubt zT sogar ein 1 Minute und 30 Sekunden langes Prelistening. 143 Haller, Music on demand (2001) 31 ff; Unter einem „Booklet” versteht man das gedruckte „Beiheft” zu einem Tonträger. 141 41 Teil II: Musikdienste im Internet: Abonnementdienste B. Abonnementdienste Musikabonnementdienste bieten den Nutzern gegen Entrichtung eines monatlichen Entgelts unbeschränkten Zugang zu ihrem Musikbestand an. Bei den AbonnementDiensten kann man wiederum jene unterscheiden, die es dem Nutzer ermöglichen, Titel herunterzuladen, und jene, die es dem Nutzer ermöglichen, die Musik nur als AudioStream anzuhören. Beide Arten stellen ebenfalls eine Art von „Music On Demand“ dar, da der Nutzer interaktiv bestimmen kann, was er sich wann anhört. Die Abonnementdienste präsentieren sich als interessante Alternative zum klassischen Tonträgermarkt. Alle diese Dienste haben gemeinsam, dass die Musik nur während der Zeit, in der das Abonnement aufrecht ist, angehört werden kann. Kündigt man sein Abonnement, sind sämtliche heruntergeladenen Musikdateien unbrauchbar. Die Musikdateien können dann also nicht mehr angehört werden, außer das Abonnement wird erneut verlängert. Auch Abonnementdienste haben einen Substitutionseffekt auf den Tonträgermarkt, denn die Nutzer können ja selbst bestimmen, welchen Track sie herunterladen und wann sie diesen abspielen. Besonders die Abo-Streaming-Dienste werden als äußerst zukunftsträchtig angesehen.144 Dies ist auch daran zu erkennen, dass neben Google und Apple neuerdings auch Amazon einen solchen Dienst starten möchte.145 Als Vorteil ist zu nennen, dass diese Dienste dem Nutzer die Verwaltung der Audiodateien ersparen. Bei Downloadprogrammen muss der Nutzer die Dateien selbst in einem Ordner auf der Festplatte speichern und wiederfinden, um die gewünschte Datei abspielen zu können. Er muss also seine gespeicherten Dateien selbst verwalten. Dies entfällt bei StreamingDiensten. Die Abonnementdienste versuchen ihre Nutzerzahlen zu steigern, indem sie mit Social Networks wie va Facebook zusammenarbeiten. Um zB Spotify überhaupt nutzen zu können, musste man früher einen Account bei Facebook haben („Spotify-Social“). Mit November 2012 ist ein Facebook-Account nun nicht mehr Zugangsvoraussetzung.146 Die Facebook-Nutzer wurden so zunehmend auf Spotify aufmerksam gemacht. Durch diese Integration können auch die angehörten Tracks via Facebook geteilt werden, sodass die Freunde informiert werden, was der Nutzer gerade hört. Ebenfalls muss die Musikindustrie nicht befürchten, dass diese Stücke illegal in Tauschbörsen getauscht werden, denn dies ist aufgrund des bloßen Streamings nicht möglich. Ein weiterer Vorteil ist schlichtweg die 144 IFPI, Musikmarktbericht Österreich 2011, 16. <futurezone.at/produkte/14757-auch-amazon-will-musikabos-starten.php>. 146 <futurezone.at/produkte/12332-oesterreich-spotify-laesst-facebook-zwang-fallen.php>. 145 42 Teil II: Musikdienste im Internet: Abonnementdienste Einfachheit, Zugriff auf ganz unterschiedliche Stile von Musik zu haben. So sind AboStreamingdienste gerade für Jugendliche mit schnell wechselndem Musikgeschmack besonders geeignet.147 Die wohl bekanntesten Abo-Dienste in Österreich sind der ursprünglich schwedische Dienst Spotify, der französische Dienst Deezer und der deutsche Dienst Simfy. Im Jahr 2012 erzielten Streamingdienste mit 50 % und einem Umsatz von rund 1,5 Mio € die größten Zuwächse aller Online-Musikdienste in Österreich.148 Alle erwähnten Dienste bieten rund 20 Millionen Songs an. Spotify wurde 2006 in Stockholm gegründet und ging im Oktober 2008 das erste Mal online. In Österreich ist Spotify seit 15. November 2011 verfügbar.149 Dieser Dienst mag als Musterbeispiel eines Abonnementdienstes stehen. Alle anderen Abonnementdienste funktionieren ähnlich. Spotifiy ist in Europa hinter iTunes Store der zweitgrößte Digitalmusikdienst überhaupt.150 Die Abonnementdienste ziehen Nutzer zunächst an, indem sie vorab beschränkten freien Zugang gewähren. Bei Spotifiy gibt es vier unterschiedliche Service-Varianten („Free Service“, „Unlimited Service“, „Premium Service“ und „mobile Service“). Finanziert wird der Dienst durch Nutzergebühren und Werbung. Bei der „Free-Variante“ müssen die Nutzer idR Werbung in Kauf nehmen oder eine Zeit lang warten, bis sie den nächsten Song abspielen können, zudem ist nicht das gesamte Musikrepertoire abrufbar. Dies ist auch bei der „Unlimited-Variante“ von Spotify der Fall.151 In den ersten 6 Monaten gibt es hierbei keine Beschränkung bezüglich Spieldauer oder Anzahl der Wiedergaben eines Stückes. Nach dieser Zeit wird die Spieldauer auf 10 Stunden monatlich beschränkt und ein Track kann maximal 5 Mal abgespielt werden. Kosten fallen keine an. Beim „Premium Service“ kann wahlweise jährlich oder monatlich gezahlt werden. Dieser Modus ist werbefrei. Der „mobile Service“ ist für Handsets (zB Mobiltelefone oder Tablets), die Spotify unterstützen, gedacht. Mit der Spotify-App für Smartphones kann man maximal 3.333 Songs auch offline anhören. Nach spätestens 30 Tagen muss man sich wieder online anmelden, damit die Songs weiterhin offline wiedergegeben werden können. Auf Spotify kann man nicht nur Musik streamen, sondern auch als Download erwerben. Bei den Download-Varianten unterscheidet man „à la carte-Downloads“ von 147 OECD, Digital Broadband Content: Music, 57 f, online unter: <oecd.org/sti/ieconomy/34579763.pdf>. IFPI, Digital Music Report 2013 Austria, 18. 149 <spotify.com/at/blog/archives/2011/11/15/hello-austria-spotify-here/>. 150 IFPI, Musikmarktbericht Österreich 2011, 16. 151 Vgl Spotify Österreich Nutzungsbedingungen 1., online: <spotify.com/at/legal/end-user-agreement/>. 148 43 Teil II: Musikdienste im Internet: Filesharing „Download-Paketen“. Beim Erwerb eines Download-Paketes erhält man Credits auf sein Spotify-Konto, die man für Downloads einlösen kann. Ein Credit entspricht dabei einem (dauerhaften) Download. Bei „à la carte-Downloads“ wird jeder Download einzeln abgerechnet. Auch Spotify bietet also einen integrierten Downloaddienst an, ist aber va bekannt für seinen Abonnement-Streaming-Dienst. Viele Dienste kombinieren wie Spotify Abonnement- und Downloaddienst. Jeder Abo-Dienst bietet idR eine „Free-Variante“ an. Der Nutzer kann also anfangs den Dienst erst einmal ausprobieren. Die Nutzer von einem Wechsel von der Free-Variante zu einer kostenpflichtigen Variante zu motivieren, ist also das Wichtigste für diese Dienste-Anbieter. Die Vorteile der Premium-Variante sind: keine Werbung, bessere Soundqualität und die Möglichkeit, seine Musiksammlung auf portablen Geräten oder sogar offline abzuspielen. Daneben gibt es Schnupperangebote wie eine 30 Tage lange kostenlose Testphase. Dieses Geschäftsmodell ist in den letzten Jahren stark expandiert. Besonders die Nutzung von Abo-Diensten über das Mobiltelefon wird immer beliebter. Man geht davon aus, dass allein im Jahr 2011 der Nutzeranstieg dieser Dienste um 65 % zugelegt hat, sodass die Nutzeranzahl weltweit rund 13 Millionen beträgt.152 In Österreich verzeichneten Streamingdienste im Jahr 2012 mit über 50 % den größten Zuwachs.153 C. Filesharing Der amerikanische Student Shawn Fanning hat Napster im Jahr 1998 programmiert.154 Damit schuf er ein Programm, das den Nutzern die Möglichkeit gab, Dateien untereinander im Internet auszutauschen, unbeschränkt und völlig kostenlos. Musik war damals schon in MP3-Format komprimierbar, was aufgrund der geringen Dateigröße einen Austausch mit relativ geringen Wartezeiten möglich machte. Einfach und schnell war der Dienst und für jedermann nutzbar. Die großen Vorteile für die Nutzer und der damit verbundene Aufschrei der Musikindustrie machten Napster schnell in der Öffentlichkeit bekannt. Die Musikindustrie begann Napster rechtlich zu bekämpfen. Im Jahr 2001 wurde der Dienst nach einem Rechtsstreit eingestellt und in einen legalen Abonnementdienst mit zentralem Server umgeformt.155 Trotz des Wissens um die Illegalität dieser Programme wird die Musikpiraterie auch heute noch als das größte Problem der Musikindustrie angesehen. Eine 152 IFPI, Digital Music Report 2012, 10. IFPI, Digital Music Report 2013 Austria, 18, <ifpi.org/content/library/DMR2013-Austria.pdf>. 154 Siehe zum Entstehen von Napster: Röttgers, Mix, Burn & R.I.P., 17 ff, online unter: <mixburnrip.de/download.php>. 155 Strasser, A&M Records v Napster. Eine Analyse vor dem Hintergrund des amerikanischen Urheberrechts, MR 2001, 6. 153 44 Teil II: Musikdienste im Internet: Filesharing aktuelle Studie der Europäischen Kommission kommt jedoch zu dem Schluss, dass illegale Musikdownloads aus Tauschbörsen gerade positive Auswirkungen auf den digitalen Erwerb von Musikstücken hätten.156 Abgesehen von unterschiedlichen Studien157 über den Einfluss solcher Tauschbörsen auf das Kaufverhalten, funktioniert Musikpiraterie im großen Stil vor allem durch Filesharing-Programme. Filesharing ist der englische Begriff für „Dateien teilen”. Der deutsche Begriff für Filesharing ist jener der „Tauschbörse“, was mE ein wenig irreführend ist, da es ja nicht auf einen Austausch („do ut des“) ankommt. „Peer to Peer – P2P“ bezeichnet ein Merkmal der Nutzercomputer. P2P besagt, dass die Nutzercomputer untereinander gleichrangig sind. Es gibt also keine Über- und Unterordnung (Server-Client), sondern jeder Nutzercomputer ist gleichzeitig Server und Client. Die Client-Server-Struktur stellt im Gegensatz dazu die traditionelle Art der Kommunikation im Internet dar. Dabei kommunizieren die Clients mit einem zentralen Server, auf dem die angefragten Dateien lagern. Der Server hat dabei Kenntnis, welcher Client auf welche Dateien zugreift. Ebenfalls kann er den Zugriff auf seine Dateien sperren (Abbildung 7).158 Abbildung 7: Mike steht in direkter Verbindung mit dem Server, über den er die Dateien A, B und C 159 abrufen kann. John wurde der Zugriff auf den Server gesperrt. 156 <netzpolitik.org/2013/studie-der-eu-kommission-urheberrechtsverletzungen-von-musik-haben-positiveauswirkung-auf-kaufverhalten/>, die Studie ist online abrufbar unter: <pts.jrc.ec.europa.eu/publications/pub.cfm?id=6084>. 157 Eine Zusammenstellung dieser Studien findet man zB unter <laquadrature.net/wiki/Studies_on_file_sharing_eng>. 158 Mayrhofer, Technische Hintergründe für das rechtliche Handeln im Internet, in Mayrhofer/Plöckinger (Hrsg), Aktuelles zum Internetrecht (2006) 1 (12). 159 Abbildung aus: Mayrhofer in Mayrhofer/Plöckinger, Aktuelles zum Internetrecht, 1 (12). 45 Teil II: Musikdienste im Internet: Filesharing Um einen Filesharing-Dienst in Anspruch nehmen zu können, muss eine entsprechende Software auf dem Nutzercomputer installiert sein. Die zu tauschenden Dateien befinden sich auf den Festplatten der Nutzer, die jeweils voneinander diese Dateien herunterladen können. Es handelt sich beim P2P-Filesharing nicht um einen zentralen Server, auf dem die Dateien bereitgehalten werden, sondern um ein dezentrales System. Möchte ein Nutzer also einen Track herunterladen, gibt er den entsprechenden Musiktitel in eine Suchmaske ein und die Software sucht nach Computern, die gerade online sind und diese Titel freigegeben haben. Die Software verbindet diese zwei Computer und ermöglicht so das Herunterladen der Dateien. Jeder Nutzer ist daher zugleich Nachfrager und Anbieter. Es lassen sich grundsätzlich zwei verschiedene P2P-Systeme voneinander unterscheiden. Diese sind: 1) jene mit zentralem Server und 2) reine P2P-Systeme ohne zentrale Instanz. Die erste Art von Peer-to-Peer-Systemen ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die Dateien zwar nicht mehr auf einem zentralen Server befinden, sondern auf die Peers zerstreut sind, der Server stellt jedoch zentral die Suchfunktion nach diesen Dateien bereit. Damit der Server weiß, welche Dateien sich auf den Peers befinden, müssen sich diese bei ihm anmelden. Wird nach einem Begriff gesucht, gibt der Server die Adresse des die Datei anbietenden Peer bekannt. Napster war nach diesem Prinzip, also zentral, aufgebaut. Dh es bestand ein zentraler Ausgangsserver. Nach der Installation der Software registriert sich der Nutzer am Server. Auf diesem werden die IP-Adresse des Nutzercomputers gespeichert und der Ort auf der Festplatte jener Dateien, die der Nutzer zum Download freigegeben hat (im sog „Shared Folder“) bzw automatisch freigegeben werden. Sucht ein anderer Nutzer nun nach bestimmten Titeln, wird eine Suchanfrage an den Server gesendet und diese Suchanfrage mit den freigegebenen Dateien verglichen. Wird dann die gefundene Datei angeklickt, wird eine Verbindung zum jeweiligen Client hergestellt und die Datei direkt heruntergeladen. Voraussetzung dafür ist, dass der jeweilige Client online ist, denn nur dann kann der andere Nutzercomputer auf die Datei zugreifen. Der Server dient lediglich als Schnittstelle zur Verbindung der Clients. Wird der Server abgeschaltet, funktioniert das Filesharing nicht mehr (Abbildung 8).160 160 Huber, Internet-Tauschbörsen. Piraterie oder freie Werknutzung? (2006) 7. 46 Teil II: Musikdienste im Internet: Filesharing Abbildung 8: Mike schickt eine Suchanfrage nach der Datei A ab, der Server liefert die Adresse von John als Suchergebnis, da dieser die Datei A hat. Die Übertragung der Datei A findet direkt zwischen den Peers 161 John und Mike statt. Bei dieser Konstruktion ist der Server in Besitz aller Informationen. Er kann den Zugriff auf einzelne Dateien der Peers so leicht sperren. Ebenso beruhen Instant Messenger („Chatprogramme“) wie ICQ und Skype, Internet-Telefonie oder Bittorrent auf dieser Struktur.162 Die nächste Filesharing-Generation (Abbildung 9) ist gekennzeichnet durch das Fehlen eines zentralen Servers. Neben den Dateien ist nun auch die Suche dezentral organisiert. Jeder Peer ist dabei nur mit in seiner Nähe befindlichen Peers verbunden. Dieses System abzuschalten, ist daher tatsächlich viel schwieriger bis unmöglich, denn jeder einzelne Nutzer hält das System aufrecht. Musterbeispiel für ein System mit dezentraler Struktur ist das Gnutella- oder Kazaa-Netzwerk. Die Nutzer können über verschiedene Clients auf dieses Netzwerk zugreifen. Diese Client-Programme heißen zB LimeWire, Bearshare oder Morpheus. Sendet der Nutzer eine Suchanfrage, werden in der Folge alle Clients durchsucht. 161 162 Abbildung aus: Mayrhofer in Mayrhofer/Plöckinger, Aktuelles zum Internetrecht, 1 (13). Mayrhofer in Mayrhofer/Plöckinger, Aktuelles zum Internetrecht, 1 (13). 47 Teil II: Musikdienste im Internet: Filesharing Abbildung 9: Mike sucht nach Datei A. Jane und Joe sind naheliegende Peers. Joe ist ein Peer, der die Suche wiederum an ihm naheliegende Peers übermittelt. Joe erhält von John eine positive Antwort, dass dieser die Datei gespeichert hat. John sendet die Antwort über Joe zurück an Mike, weshalb Mike nun Kenntnis von der Adresse der Datei A hat. Die Übertragung der Datei erfolgt wieder direkt zwischen Mike 163 und John. Jeder Peer sieht dabei nur, welche Suchanfragen an ihn gerichtet werden und mit welchem Peer er in direkter Verbindung steht, dh von wem er Dateien bezieht oder wem er Dateien bereitstellt. Eine noch um eine Stufe weiter entwickelte Version von P2P-Netzwerken arbeitet mit Verschlüsselungstechniken. Das führt dazu, dass nur unter größerer Anstrengung die Identität der Peers festgestellt werden kann. Bekannteste Filesharing-Software in diesem Bereich ist Freenet. Tauschbörsen sind nach wie vor beliebte Plattformen zum illegalen Austausch von Musikdateien und das illegale Filesharing ist nach wie vor eines der größten Probleme der Musikindustrie.164 Mittlerweile werden Filesharing-Systeme auch verwendet, um Musik legal anzubieten.165 Beispiele dafür sind Mashboxx oder iMesh. Die Filesharing-Systeme gehören ebenfalls zum Bereich der „Music On Demand“, da die Nutzer interaktiv Musik 163 Abbildung aus: Mayrhofer in Mayrhofer/Plöckinger, Aktuelles zum Internetrecht, 1 (14). IFPI, Digital Music Report 2011, 14. 165 OECD, Digital Broadband Content: Music, 78 f. 164 48 Teil II: Musikdienste im Internet: Internetradio nachfragen. In Österreich beziehen laut einer aktuellen Studie 1,1 Mio Personen Musik gratis über Filesharing-Programme.166 D. Internetradio Internetradio ist ein Dienst, der Radiosendungen im Internet anbietet. In den letzten Jahren hat sich das Internetradio zu einem sehr beliebten Online-Musikdienst entwickelt. Die Nutzung von Internetradio ist zwar bei Weitem (noch) nicht so beliebt, wie die Nutzung des „normalen“ UKW-Radios, die Nutzerzahlen sind jedoch stetig am Steigen. Der Markt für Internetradios ergibt sich daraus, dass viele Nutzer ihre Songs nicht immer einzeln anwählen möchten, sondern es angenehm finden, dass ein automatisches System Musiktracks nach ihrem Musikgeschmack abspielt, ohne dass der Nutzer viel eingreifen muss. In Studien lässt sich va ablesen, dass Nutzer von Internetradios diese präferieren, da diese ihren Musikgeschmack besser einbeziehen, zum einen wegen der Vielfalt an Spartenradios und zum anderen wegen der Möglichkeit, Einfluss auf den Programmablauf gemäß ihrem Musikgeschmack nehmen zu können.167 Darüber hinaus erlauben sie es, auf eine einfache Weise neue bisher unbekannte Musik nach ihrem Geschmack zu entdecken. Mittlerweile gibt es auch „Radiowebcaster“, die die vom Computer über das Internet empfangenen Signale über Antenne an eine herkömmliche Stereoanlage senden können. 168 Internetradios lassen sich vergleichsweise mit geringem Aufwand betreiben. Das ist auch ein Grund, warum viele derartige Dienste existieren. Viele Dienste sind zudem über Applikationen auf Smartphones zugänglich. Beim Internetradio hat sich für die Übertragung die Streamingtechnologie durchgesetzt. Die gehörten Programme werden also nicht dauerhaft auf der Festplatte des Nutzers gespeichert. Die interaktive Abrufbarkeit von einzelnen Musiktracks oder Audioprogrammen ist dabei idR nicht gegeben. Damit handelt es sich folglich auch nicht um einen „Music On Demand“-Dienst. Neben Musik werden auch andere Programmarten wie zB Hörspiele, Lesungen oder Nachrichten gesendet. Da aber Musik besonders beliebt ist, wird von den Radioanbietern vorrangig Musik gesendet. 166 IFPI, Digital Music Report 2013 Austria, 18. Vgl die Studien Windgasse, Media Perspektiven 2009, 129 ff und Rose/Rosin, Internet VII, 15, <arbitron.com/downloads/internet7.pdf>. 168 Siehe auch den ausführlichen Test von Internetradios der Zeitschrift STEREO auf <stereo.de/index.php?id=628>. 167 49 Teil II: Musikdienste im Internet: Internetradio Viele Sendeunternehmen übertragen ihre Radiosendungen zeitgleich auch im Internet, um mehr Hörer erreichen zu können.169 Dabei handelt es sich um das sog „Simulcasting“. Diese Übertragungsart setzt sich begrifflich zusammen aus den Wörtern „simultaneous“ (gleichzeitig) und „broadcast“ (senden, übertragen). Sie meint man also eine zeitgleiche, vollständige und unveränderte Übertragung eines terrestrisch oder via Satellit ausgestrahlten Programms im Internet.170 Fast alle UKW-Radiostationen senden auch im Simulcast.171 „Simulcasting“ ist zu unterscheiden vom sog „Webcasting“. Dieser Begriff setzt sich zusammen aus „web“ (World Wide Web) und „broadcast“. Dieses Verfahren beschreibt jenen Sachverhalt, wenn der Radioanbieter seine Inhalte einzig und allein über das Internet überträgt.172 Auch die Nutzung von sog „personalisierten Webradios“ nimmt zu. In den USA ist der größte, bekannteste und erfolgreichste Internetradioanbieter Pandora. Anfang April 2013 erreichte dieser rund 200 Millionen Hörer in den USA, Australien und Neuseeland. Das ist eine Verdoppelung innerhalb weniger als 2 Jahre.173 Pandora ist ein personalisiertes Internetradio, was bedeutet, dass der Hörer in gewissem Ausmaß Einfluss auf die zu spielenden Titel nehmen kann. In Österreich ist Pandora nicht verfügbar. Eines der bekanntesten personalisierten Webradios in Österreich war Last.fm. Das in Großbritannien gegründete Unternehmen, das mittlerweile im Eigentum des amerikanischen Medienkonzerns CBS steht, hat jedoch seinen Radiodienst mit 15. Jänner 2013 in Österreich eingestellt. Mit dem deutschen Dienst Aupeo.com174, dem gerade neu auf den Markt gekommenen amerikanischen Dienst Rdio175 und den Radiodiensten von Spotify und Deezer stehen aber genügend gute Alternativen im Bereich personalisierter Webradios zur Verfügung. Apple arbeitet ebenfalls an einem Radiodienst, der ab Sommer 2013 starten soll.176 Diese Dienste arbeiten mit einem Empfehlungssystem, das dem Nutzer Musik empfiehlt sowie ermöglicht, Verbindungen mit anderen Fans herzustellen. Künstler oder Tonträgerhersteller können zudem ihre geschaffene oder produzierte Musik 169 Siehe etwa die Angebote des ORF unter <radio.orf.at>. Siehe dazu die Definition von Simulcasting als „die gleichzeitige Verbreitung über das Internet von Tonaufzeichnungen mit der Übertragung der Rundfunksignale“ in EK 8. 8. 2002, COMP/C2/38.014 - IFPI "Simulcasting", ABl 2003 L 107/57 (58). „Rundfunk“ umfasst hier ebenfalls das Fernsehen. 171 Eine Übersicht von Simulcasting- und Webcasting-Diensten findet sich zB unter <radio.at>. 172 Eine umfassende Zusammenstellung von Webcasting- und Simulcastingdiensten findet sich zB unter <radio.at>. 173 <futurezone.at/produkte/15134-internetradio-pandora-hat-200-millionen-user.php>. 174 Aupeo wurde im April 2013 vom japanischen Elektronik-Konzern Panasonic übernommen, <heise.de/newsticker/meldung/Panasonic-uebernimmt-deutschen-Streamingdienst-Aupeo-1837148.html>. 175 <futurezone.at/produkte/14599-musik-dienst-rdio-startet-in-oesterreich.php>. 176 <heise.de/newsticker/meldung/Apple-Radiodienst-angeblich-ab-Sommer-1833569.html>. 170 50 Teil II: Musikdienste im Internet: Internetradio hochladen und so Lizenzgebühren lukrieren. Die Radiodienste kann man auch kostenlos benutzen. Ein Upgrade auf ein kostenpflichtiges Abo wird um ca € 3-5,- pro Monat angeboten. Dadurch hat man als Nutzer die Möglichkeit, stärker in das spielende Programm einzugreifen, da man zB unbegrenzt einen Song überspringen kann („Skippen“). Auch muss man so nicht Audio-Werbeunterbrechungen hören. Ebenfalls hört man die Musiktracks in einer besseren Klangqualität und man kann sein Benutzerkonto mit mehreren Geräten (zB Smartphone) verbinden. Das Internetradio ist, wie das herkömmliche Radio eine Art der Zweitverwertung von Musik. Zweitverwertung bedeutet, dass diese Form der Verwertung den Tonträgervertrieb nicht vollständig substituieren kann. IdR ergänzen Internetradios nur den Tonträgervertrieb, weil sie eben nicht vollkommen interaktiv funktionieren. In den letzten Jahren haben sich jedoch Formen des Internetradios entwickelt, die sehr wohl interaktive Elemente vonseiten des Nutzers in sich tragen, denn unter den Internetradioanbietern gibt es auch Abrufarten, die es dem Hörer in gewissem Maße erlauben, Eingriff in das zu hörende Programm zu geben (zB den gehörten Track noch einmal zu hören). Manche Radioanbieter senden ihre Programmteile innerhalb gewisser Abstände erneut, sodass der Nutzer mit einem bestimmten Stück innerhalb gewisser Zeit rechnen kann. Andere Radioanbieter bieten eine Funktion an, Programmtitel zu überspringen. Diese Formen werden dann dem Bereich des „Near On Demand“ zugeordnet.177 Wieder andere Dienste stellen schon gesendete Programme als Programmarchive in das Internet. Der ORF bietet etwa auch im Internet Archive seines Programmes an. Damit wird den Nutzern ein interaktiver Abruf ermöglicht. Je mehr der Nutzer in die Programmstruktur eingreifen kann, desto mehr rückt der Internetradiodienst in die Nähe des „Music On Demand“ und damit der Erstverwertung von Musik. 177 Haller, Music on demand (2001) 20. 51 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Einleitung Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet A. Einleitung In diesem Teil der Arbeit sollen die in Teil II beschriebenen Musikdienste nun rechtlich analysiert werden. Betreiber von Online-Musikdiensten bieten Musik zum Anhören an. Sie müssen daher vor dem öffentlichen Anbieten eine Erlaubnis der Rechteinhaber einholen. Rechteinhaber sind zum einen die Urheber des betreffenden Werkes und zum anderen die Leistungsschutzberechtigten der betreffenden Darbietung des Werkes und sonstige Berechtigte (Gestalter des Covers178). Die Rechte der Urheber befinden sich vertraglich meist in Händen der Verwertungsgesellschaften, die Rechte der Leistungsschutzberechtigten sind in der Hand des jeweiligen ausübenden Künstlers, des Tonträgerherstellers oder der Verwertungsgesellschaften. Bei der nun folgenden Analyse wird chronologisch vorgegangen. Zuerst werden allgemeine technische Vorgänge mit ihren rechtlichen Implikationen und betroffene Rechteinhaber dargestellt, die allen oder mehreren in der Folge erläuterten OnlineMusikdiensten gemein sind: der Up- und Download, ausgewählte Beschränkungen der Verwertungsrechte Streamingtechnologie (va Vervielfältigung (betrifft zum eigenen/privaten Abonnementdienste, Internetradio, Gebrauch), nicht die jedoch Download-Dienste). Anschließend werden die Online-Musikdienste in Bezug auf die betroffenen Verwertungsrechte der Reihe nach rechtlich erläutert. Am Anfang werden die Download-Dienste analysiert, sodann die Abonnement-Dienste, gefolgt von FilesharingDiensten und vom Internetradio. Bei Download-Diensten ist es dem Nutzer erlaubt, Musik dauerhaft auf seiner Festplatte abspeichern, Abonnement-Dienste gestatten ihm, die Musik zu streamen und zT auch dauerhaft abzuspeichern, bei Filesharing-Diensten kann der Nutzer die gewünschte Musik dauerhaft abspeichern, wohingegen Internetradios wiederum nur das Streamen erlauben. Die Subsumtion eines Online-Musikdienstes unter die jeweilige Verwertungsart ist von erheblicher rechtlicher Bedeutung. Daran knüpfen sich nämlich die Rechte der Rechteinhaber bzw ein bloßer Vergütungsanspruch. In praxi stellt sich iZm OnlineMusikdiensten die Frage, ob sie noch dem Senderecht (§ 17 UrhG) oder schon dem Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung (§ 18a UrhG) zuzuordnen sind. Die Zuordnung hängt von der Möglichkeit der Einflussnahme in den Programmablauf durch den Nutzer 178 Unter „Cover“ versteht man in diesem Zusammenhang das oft künstlerisch gestaltete Deckblatt eines Tonträgers. 52 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Allgemeine technische Vorgänge und rechtliche Analyse ab. Bei den Online-Nutzungen handelt es sich um komplizierte Nutzungen, die nicht ohne Weiteres eingeordnet werden können. Kann der Nutzer derart Einfluss nehmen, so dass man von einem interaktiven Abruf sprechen kann, wird in das Zurverfügungstellungsrecht eingegriffen. Ist die Einflussnahme in den Programmablauf dem Nutzer weitgehend entzogen, so wird bloß in das Senderecht eingegriffen. Aufgrund des Sendeprivileges können ausübende Künstler und Tonträgerhersteller eine Sendung nicht verbieten (§§ 70 Abs 2 und 76 Abs 3 UrhG). Ihnen steht dann kein Verbotsrecht zu, sondern gebührt bloß eine „angemessene Vergütung“. Die Erteilung der Werknutzungsbewilligung erfolgt in diesem Fall über die LSG, die auch die Vergütungen kassiert und verteilt. Ist das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung betroffen, kann die Nutzung von den ausübenden Künstlern und den Tonträgerherstellern sehr wohl verboten werden (§§ 71a iVm 66 Abs 1 UrhG, § 76 Abs 1 UrhG). Besonders Internetradio-Dienste befinden sich oft in einem Grenzbereich zwischen Senderecht und Zurverfügungstellungsrecht. Der vorliegende Teil der Arbeit soll bezogen auf bestimmte beliebte Online-Musikdienste Klarheit über die verwertungsrechtliche Zuordnung in Österreich schaffen. B. Allgemeine technische Vorgänge und rechtliche Analyse 1. Upload und Download a. Upload Mit jedem Betreiben eines Online-Musikdienstes gehen mehrere urheberrechtlich relevante Tatbestände einher. Zu Beginn steht immer der sog „Upload“ („Hochladen“). Damit das musikalische Werk im Internet durch einen Online-Musikdienst den Kunden angeboten werden kann, muss es zuerst in digitaler Form zur Verfügung stehen. Dies geschieht durch den Upload. Damit ist das Hochladen von Daten auf einen Serverrechner zu verstehen. Es ist technisch mit dem Speichern einer Datei auf einer Festplatte gleichzusetzen, nur dass die Daten eben auf der Festplatte des mit dem Internet in Verbindung stehenden Webservers gespeichert werden. Der Upload ist sowohl der Akt des Hochladens auf den Serverrechner als auch das Ergebnis des Hochladens, also die nun auf dem Server bereitstehende Datei. Um ein Musikstück hochladen zu können, muss dieses zunächst in digitaler Form vorliegen. Eine handelsübliche Audio-CD liegt zwar auch in digitaler Form vor. Um aber via Internet angeboten werden zu können, muss diese noch in ein Format mit geringer Dateigröße, etwa in das MP3-Format, konvertiert („gerippt“) werden. Bei Upload, Digitalisierung und Konvertierung von Dateien handelt es 53 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Allgemeine technische Vorgänge und rechtliche Analyse sich unbestritten jeweils um eine urheberrechtliche Vervielfältigung.179 Auch der OGH hat in seiner Entscheidung Radio Melody III die Speicherung von auf Tonträgern verkörperten Musikdarbietungen auf einer Computerfestplatte als Eingriff in das Vervielfältigungsrecht angesehen.180 Dabei ist es ausreichend, wenn das kopierte Material selbst nicht wahrnehmbar ist, sondern erst nach Umsetzung auf ein Vervielfältigungsstück oder Wiedergabegerät wahrnehmbar wird.181 Die mittelbare Wahrnehmbarkeit ist also bereits ausreichend.182 Durch den Upload werden Daten der Öffentlichkeit in der Weise zur Verfügung gestellt, dass das Werk dem Nutzer von Orten und zu Zeiten seiner Wahl zugänglich ist (§ 18a UrhG).183 Der Upload ist auch im Hinblick auf das Verbreitungsrecht zu prüfen. Wirtschaftlich gesehen ist das Anbieten einer Datei im Internet nichts anderes als das Anbieten einer CD zum Verkauf im physischen Warenhandel. Das Verbreitungsrecht des § 16 UrhG räumt dem Urheber das ausschließliche Recht ein, „Werkstücke zu verbreiten“. Kraft dieses Verbreitungsrechts dürfen Werkstücke ohne seine Einwilligung weder feilgehalten noch auf eine Art, die das Werk der Öffentlichkeit zugänglich macht, in Verkehr gebracht werden. „In Verkehr bringen“ bedeutet dabei, dass ein anderer das zivilrechtliche Eigentum über die Sache erwirbt. Nur wenn mit Einwilligung des Urhebers oder eines anderen Rechteinhabers das Eigentum eines Werkstückes übertragen wird, erlischt das Verbreitungsrecht des Urhebers.184 Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage aus dem Jahr 1936 sagen: „Das Verbreitungsrecht bildet […] sowohl bei veröffentlichten als auch bei noch nicht veröffentlichten Werken eine notwendige Ergänzung des Vervielfältigungsrechts. Der Urheber soll durch das Verbreitungsrecht davor geschützt werden, dass unbefugt hergestellte Vervielfältigungsstücke von anderen verbreitet werden und dass dadurch sein Vervielfältigungsrecht mehr oder weniger wertlos gemacht wird.“185 Hat jemand das Werkstück ohne Einwilligung des Urhebers in Verkehr gebracht, so wird das Verbreitungsrecht auch bei jeder weiteren nicht genehmigten Verbreitungshandlung verletzt. Wird aber ein Werkstück mit der Einwilligung des Urhebers oder Berechtigten in 179 Büchele, Urheberrecht im WWW (2002) 54. OGH 26.1.1999, 4 Ob 345/98h – Radio Melody III – EvBl 1999/108 = GRUR-Int 1999, 968 = MMR 1999, 352 (Haller) = MR 1999, 94 (Walter) = ÖBl 2000, 86 = RdW 1999, 409. 181 Büchele, Urheberrecht im WWW, 56. 182 Siehe dazu ausführlich Vock, Gedanken zur digitalen Vervielfältigung, in FS Dittrich (2000) 343. 183 Gaderer in urheber.recht2 § 18a, 4.8. jedoch in Bezug auf P2P-Tauschbörsen. 184 Anderl in urheber.recht2 § 16, 4.2. 185 ErlRV 1936 in Dillenz, ÖSGRUM 3, 69. 180 54 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Allgemeine technische Vorgänge und rechtliche Analyse Verkehr gebracht, so soll dieses Werkstück dem Verbreitungsrecht nicht mehr unterliegen. Das Verbreitungsrecht ist dann erschöpft (Erschöpfungsprinzip, § 16 Abs 3 UrhG). Im Internet werden Musikstücke durch Online-Musikdienste digital verfügbar gemacht. Das Anbieten zum Download ist die öffentliche Verbreitung eines Vervielfältigungsstückes. § 16 Abs 1 UrhG begreift das Anbieten („Feilhalten“, „in Verkehr bringen“) als Vorbereitungshandlung.186 Das Verbreitungsrecht ist nach hM aber nicht auf Internetsachverhalte anzuwenden. Es bezieht sich nur auf das Anbieten von körperlichen Werkstücken und nicht auf das Anbieten von digitalen Dateien im Internet.187 Der OGH hat, um den Sachverhalten mit Internetbezug einigermaßen gerecht zu werden, den körperlichen Werkbegriff immer mehr aufgeweicht. So hat er die Übermittlung eines Fotos über das APA-Bildfunknetz an Medienunternehmen, bei denen es gleichzeitig ausgedruckt wurde, als Verbreitung angesehen.188 Auch in der Entscheidung „Medienprofessor“ hat der OGH die Aufnahme von Bildern und Texten auf eine Homepage als Verbreitungshandlung qualifiziert.189 Seit 1.7.2003 werden solche unkörperlichen Verbreitungsakte unter das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung des § 18a UrhG subsumiert. Wie schon in Teil I der Arbeit dargelegt, war der Erschöpfungsgrundsatz auf Online-Sachverhalte bis zur noch zu behandelnden UsedSoft-Entscheidung nicht anzuwenden,190 dh bei der Online-Zurverfügungstellung war immer wieder eine Erlaubnis der Rechteinhaber einzuholen, denn das Verbreitungsrecht war auf unkörperliche Sachen (zB Musikdateien) nicht anzuwenden. Es ist zu fragen, ob das Anknüpfen an unterschiedliche Rechtsfolgen, je nachdem, ob Körperlichkeit gegeben ist oder nicht, zweckhaft ist. Stellt man auf die wirtschaftliche Bedeutung von körperlichen Tonträgern und digitalen MP3-Dateien im Internet ab, so dienen beide demselben Zweck. Daher spricht sich Handig191 aus praktischen und wirtschaftlichen Gründen für eine Erstreckung des Erschöpfungsgrundsatzes bei Online-Erwerb aus. Er nimmt Bezug auf heruntergeladene Musikstücke, die seines Erachtens dazu bestimmt sind, auf einem 186 Büchele, Urheberrecht im WWW, 61. ErlRV 1936 in Dillenz, ÖSGRUM 3, 69. 188 OGH 4.10.1994, 4 Ob 1091/94 – APA-Bildfunknetz; zustimmend Walter, MR 1995, 125; krit Dittrich, ecolex 1997, 367. 189 OGH 12.6.2001, 4 Ob 127/01g – Medienprofessor – MR 2001, 304. 190 Siehe Seite 28 ff. 191 Handig, Urheberrechtliche Erschöpfung von Downloads im World Wide Web, RdW 2003, 2 (3). 187 55 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Allgemeine technische Vorgänge und rechtliche Analyse Datenträger (zB Festplatte) verkörpert zu werden und dauerhaft zu Verfügung zu stehen. 192 Auch Berger vertritt die Idee der Ausweitung auf die Weiterveräußerung in unkörperlicher Form aus.193 Dennoch widerspricht dies dem Wortlaut des Gesetzgebers, wenn er in § 16 Abs 1 UrhG ausdrücklich auf (körperliche) Werkstücke abstellt. Die Materialien führen dies explizit aus, wenn sie sagen: „Das Verbreitungsrecht bezieht sich daher nur auf die Verwertung körperlicher Festlegungen des Werks, also auf Werkstücke, mag es sich um Urstücke oder um Vervielfältigungsstücke handeln.“194 Zu betonen ist, dass die Erschöpfungsproblematik nur das Verbreitungsrecht berührt. Das Vervielfältigungsrecht bleibt davon unberührt. Dieses bleibt nach wie vor dem Urheber exklusiv zugeordnet. Das Problem ist Folgendes: Der Downloaddiensteanbieter stellt eine Datei zum „Kauf“ zur Verfügung. Diese Datei ist kein Werkstück, da eine Datei keine körperliche Eigenschaft hat. Damit läge eigentlich keine Verbreitung vor, weil diese Körperlichkeit voraussetzt. Als Konsequenz kommt auch nicht der Erschöpfungsgrundsatz zur Anwendung. Da wirtschaftlich gesehen aber kein Unterschied zwischen körperlichen Tonträgern und unkörperlichen Dateien besteht, da beide denselben Zweck erfüllen, wollen einige Autoren wie Handig und Berger den Erschöpfungsgrundsatz entgegen dem Gesetzeswortlaut zur Anwendung bringen und damit dem Downloaddiensteanbieter nicht mehr Schutzrechte zugestehen als einem Händler physischer Tonträger.195 Der EuGH sprach in seiner Entscheidung UsedSoft196 iZm Gebrauchtsoftware bemerkenswerterweise aus, dass es für die Erschöpfung des Verbreitungsrechts nicht von Relevanz ist, ob der Hersteller die Kopie auf einem physischen Datenträger oder per Download in Verkehr bringt.197 Zum Sachverhalt: Die UsedSoft GmbH handelte mit Lizenzen von Usern der Oracle-Software. Der Erwerber dieser gebrauchten „ClientServer-Software“ konnte diese von der Website von Oracle herunterladen. Oracle vertrieb 85 % der Software per Download über das Internet. Auf Kundenwunsch werden die Programme auch als CD-ROM oder DVD geliefert. Der Kunde erwarb durch einen Lizenzvertrag, das Recht, die Software dauerhaft auf einem Server zu speichern und so einer bestimmten Anzahl von Nutzern Zugriff zu gewähren. Durch einen SoftwarePflegevertrag konnte der Kunde auch „Updates“ (Aktualisierungen der Software) und 192 Handig, Urheberrechtliche Erschöpfung von Downloads im World Wide Web, RdW 2003, 2 (2). Berger, Urheberrechtliche Erschöpfungslehre und digitale Informationstechnologie, GRUR 2002, 198. 194 ErlRV 1936 in Dillenz, ÖSGRUM 3, 69. 195 Anderl in urheber.recht2 § 16, 4.5. 196 EuGH 3.07.2012, C-128/11 (UsedSoft). 197 Vgl. Staudegger, Zulässigkeit und Grenzen des Handels mit „Gebrauchtsoftware“, jusIT 2012/57, 127. 193 56 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Allgemeine technische Vorgänge und rechtliche Analyse „Patches“ (fehlerbehebende Programme) herunterladen. UsedSoft erwarb von OracleKunden diese Lizenzen und verkaufte sie als „Gebrauchtsoftware“ weiter. Nach den Lizenzverträgen ist die Weitergabe jedoch nicht gestattet. Die Computerprogrammeherstellerin Oracle International Corp. erhob daraufhin Klage gegen die mit ihrer Software handelnden UsedSoft GmbH. Das Landgericht München I verurteilte UsedSoft daraufhin. Die Berufung wurde zurückgewiesen, woraufhin UsedSoft Revision beim BGH einlegte, der wiederum dem EuGH 3 Fragen zur Vorabentscheidung vorlegte. Diese beschäftigen sich mit dem Begriff des „rechtmäßigen Erwerbers“ iSd RL 91/250/EWG198 und mit dem Erschöpfungsgrundsatz. Im Zentrum der Entscheidung steht die Frage, ob der Erschöpfungsgrundsatz auch bei Downloads greift. Zunächst klärt der EuGH die Frage, wann das Herunterladen einer Programmkopie aus dem Internet mit Zustimmung des Urheberrechtsinhabers zu einer Erschöpfung des Verbreitungsrechts nach Art 4 Abs 2 RL 2009/24/EG führen kann. Art 4 Abs 2 RL 2009/24/EG bestimmt, dass sich das Verbreitungsrecht der bestimmten Kopie mit dem Erstverkauf in der Union oder mit Zustimmung des Urhebers erschöpft. Es ist daher zu prüfen, ob die lizenzvertragliche Beziehung zwischen Oracle und den Kunden als Erstverkauf betrachtet werden kann. Der „Verkauf“ wird nach „einer allgemein anerkannten Definition“ als eine Vereinbarung verstanden, „nach der eine Person ihre Eigentumsrechte an einem ihr gehörenden körperlichen oder nichtkörperlichen Gegenstand gegen Zahlung eines Entgelts an eine andere Person abtritt“ (Rz 42). Der EuGH verzichtet allerdings darauf, eine Quelle für diese Definition anzugeben. Durch das entsprechende Rechtsgeschäft muss also das Eigentum an der Kopie übertragen worden sein. Der EuGH stellt klar, dass das Herunterladen der Kopie des Programmes und der Abschluss des Lizenzvertrags über die Nutzung ein „unteilbares Ganzes“ bilden (Rz 44). Durch das öffentliche Zugänglichmachen und den Lizenzvertrag soll den Kunden gegen Zahlung eines Entgelts die Programmkopie dauerhaft nutzbar gemacht werden. Durch das Entgelt wird dem Urheberrechtsinhaber ermöglicht, eine dem wirtschaftlichen Wert entsprechende Vergütung zu erzielen. 198 Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen, ABl L 1991/122, 42, kodifiziert durch Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen, ABl L 2009/111, 16. 57 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Allgemeine technische Vorgänge und rechtliche Analyse Da dem Nutzer die Programmkopie dauerhaft nutzbar gemacht wird und er dafür ein Entgelt zahlt, die eine dem wirtschaftlichen Wert der Kopie entsprechende Vergütung für den Urheberrechtsinhaber darstellt, betrachtet der EuGH die Geschäfte als solche, die das Eigentum an der Kopie übertragen (Rz 45 f). Als Konsequenz stellen die Geschäfte einen „Erstverkauf einer Programmkopie“ nach Art 4 Abs 2 RL 2009/24/EG dar (Rz 48). Ob die Kopie über einen materiellen Datenträger wie CD-ROM zur Verfügung gestellt wird oder über das Herunterladen spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle (Rz 47). Oracle wendete ein, dass durch die Lizenzverträge dem Kunden bloß Nutzungen eingeräumt werden und deshalb kein „Verkauf“ iSd Art 4 Abs 2 RL 2009/24/EG vorliegen soll. Auf diesen Einwand entgegnet der EuGH, der Ansicht des Generalanwaltes folgend, dass eine engere Auslegung es ermöglichen würde, den Erschöpfungsgrundsatz zu umgehen, indem die Lieferer den Vertrag lediglich als „Lizenzvertrag“ anstatt als „Kaufvertrag“ einstufen müssten (Rz 49). Weiters handelt es sich nicht um eine öffentliche Zugänglichmachung nach Art 3 Abs 1 RL 2001/29/EG, die nach Abs 3 nicht die Erschöpfung des Verbreitungsrechts bewirkt. Denn Art 4 Abs 2 RL 2009/24/EG sei nach Art 1 Abs 2 lit a RL 2001/29/EG als lex specialis zu Art 3 Abs 1 RL 2001/29/EG zu begreifen (Rz 51). Eine öffentliche Zugänglichmachung werde durch eine Eigentumsübertragung zu einer Verbreitungshandlung im Sinne von Art 4 RL 2001/29/EG, die zu einer Erschöpfung führen kann (Rz 52). Da Art 4 Abs 2 RL 2009/24/EG allein auf eine „Programmkopie“ abstelle, sei es also irrelevant, ob diese Kopie in körperlicher oder nichtkörperlicher Form vorliege (Rz 55). Wirtschaftlich und funktionell gesehen sind die Veräußerung eines Computerprogramms auf CD-ROM und die Veräußerung durch Download über das Internet miteinander vergleichbar (Rz 61). Würde man die Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes auf körperliche Kopien beschränken, könnte der Urheberrechtsinhaber den Wiederverkauf über das Internet kontrollieren und erneut ein Entgelt verlangen, obwohl dieser durch den Erstverkauf schon die Möglichkeit hatte, eine angemessene Vergütung zu erzielen. Eine verbesserte Rechtsposition des Urheberrechtsinhabers „ginge über das zur Wahrung des spezifischen Gegenstands des fraglichen geistigen Eigentums Erforderliche hinaus“ (Rz 63). Oracle argumentierte zudem, dass der vom Ersterwerber geschlossene Wartungsvertrag die Erschöpfung des Verbreitungsrechts nach Art 4 Abs 2 RL 2009/24 verhindert, da die an den Zweiterwerber verkaufte Programmkopie nicht mehr der ursprünglichen entspricht, sondern eine neue Kopie darstellt. Der EuGH sieht jedoch die durch Patches oder Updates veränderten Funktionen als zur ursprünglichen heruntergeladenen Kopie gehörend an, die 58 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Allgemeine technische Vorgänge und rechtliche Analyse von den Erwerbern ohne zeitliche Begrenzung genutzt werden können. Die Erschöpfung des Verbreitungsrechts erstreckt sich damit auch auf die verbesserte und aktualisierte Version der Programmkopie (Rz 68). Der EuGH weist jedoch darauf hin, dass die Erschöpfung des Verbreitungsrechts den Ersterwerber nicht berechtigt, die erworbene Lizenz aufzuspalten und das Nutzungsrecht nur für eine von ihm bestimmte Nutzerzahl weiterzuverkaufen (Rz 69). Der Ersterwerber, der eine Kopie, an der das Verbreitungsrecht erschöpft ist, weiterverkauft, müsste mit dem Verkauf seine eigene Kopie unbrauchbar machen. Dies ergibt sich aus dem ausschließlichen Vervielfältigungsrecht des Urhebers nach Art 4 Abs 1 lit a RL 2009/24/EG (Rz 70). Bezieht sich der Erwerb zusätzlicher Nutzungsrechte nicht auf die Kopie, für die das Verbreitungsrecht erschöpft ist, so erfolgt der Erwerb nur, um den Kreis der Nutzer ausweiten zu können. Die Wirkung der Erschöpfung erstreckt sich jedenfalls nicht auf den Erwerb zusätzlicher Nutzungsrechte (Rz 71). Keineswegs verbietet der EuGH jedoch die Implementierung von technischen Schutzmaßnahmen (§ 90c UrhG) wie zB Produktschlüssel zur Verhinderung der Weitergabe von Software (Rz 79, 87). Es stellt sich die Frage, ob die Entscheidung UsedSoft, die sich ja mit der Erschöpfung von im Internet zur Verfügung gestellter Computerprogramme beschäftigt, mit dem Download oder Streaming von Musikdateien aus dem Internet vergleichbar ist. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass in einem solchen Fall die RL 2009/24/EG nicht anzuwenden wäre, da Schutzgegenstand der Richtlinie nach Art 1 Abs 1 Computerprogramme sind und nicht Dateien schlechthin. Voraussetzung für einen „Kauf“ ist, dass eine dauerhafte Nutzung eingeräumt wird. Eine dauerhafte Nutzung wird bei Online-Musikdiensten nur bei Download-Diensten (und legalen Filesharingdiensten) eingeräumt. Eine Erschöpfung wäre – wenn überhaupt – nur für solche Downloads denkbar, nicht jedoch für Streams, da diese dem Nutzer nur in der Zeit des aufrechten Abonnements zur Verfügung stehen. In letzterem Fall liegt also bloß eine Miete (Nutzungsüberlassung gegen Entgelt) vor. Auf der anderen Seite gilt der Erschöpfungsgrundsatz für den körperlichen Vertrieb von Tonträgern. Da dieser Vertrieb mit dem Online-Vertrieb wirtschaftlich gesehen vergleichbar ist, würde aus wirtschaftlicher Sicht einiges für die Geltung der Erschöpfung der Verbreitungsregel sprechen. Eine Geltung für zB MP3-Files ist daher von vorneherein mE nicht gänzlich auszuschließen. Die Entscheidung könnte also Auswirkungen auf den Umgang mit MP3s haben. Der EuGH spricht in Rz 60 aus, dass die in RL 2001/29/EG und RL 2009/24/EG 59 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Allgemeine technische Vorgänge und rechtliche Analyse verwendeten Begriffe grundsätzlich dieselbe Bedeutung haben. Inwieweit er damit meint, dass der Erschöpfungsgrundsatz etwa für heruntergeladene Musik oder Filme in gleichem Maße ausgelegt werden muss wie jener für Software-Downloads, ist noch fraglich. Da der EuGH aber technische Schutzmaßnahmen ausdrücklich erlaubt, könnte eine stärkere Implementierung von DRM-Systemen von den Diensteanbietern zum Schutz vor dem Weiterverkauf stattfinden. Dieser Schritt wäre mE nicht zukunftsträchtig, weil er nur die Kunden erneut abschrecken würde. Wenn eine Geltung der UsedSoft-Entscheidung auch für heruntergeladene Dateien zu bejahen wäre, könnten vielmehr ganz neue Marktnischen entstehen, Online-Plattformen wie zB www.redigi.com (Recycled Digital Media) könnten auch in Europa tätig werden. Das Anbieten unkörperlicher Dateien im Internet bringt freilich ein erhöhtes Missbrauchspotenzial mit sich.199 Dies ergibt sich daraus, dass Dateien viel leichter und schneller ohne Qualitätsverlust weitergegeben werden können als körperliche Tonträger. Wird dieses Werk in Form einer Datei wieder verbreitet, so wird es fast immer zuvor erneut vervielfältigt. Bei Computerprogrammen würde § 40d Abs 2 UrhG greifen, wonach Computerprogramme vervielfältigt werden dürfen, „soweit dies für ihre bestimmungsgemäße Benutzung durch den zur Benutzung Berechtigten notwendig ist“. Für Musikstücke existiert solch eine Bestimmung nicht. Es ist daher nur § 42 UrhG (Vervielfältigung zum eigenen und zum privaten Gebrauch) relevant. Die Weitergabe wäre bei Erstreckung des Erschöpfungsprinzips auf Online-Sachverhalte (abgesehen von Gebrauchtsoftware) nur möglich, wenn dem herunterladenden Nutzer gleichzeitig auch ein gesetzliches Vervielfältigungsrecht zugesprochen würde, was freilich nicht der Fall ist. Damit gehen die Vorschläge für eine Ausweitung des Erschöpfungsgrundsatzes über das eigentliche Verbreitungsrecht hinaus.200 Auch wenn durch die UsedSoft-Entscheidung noch viele weitere Fragen offen bleiben, ist sie doch ein starkes Zeichen dafür, dass Rechte, die offline gelten, auch in der Online-Welt ihre Legitimation haben. Vielleicht wird sie helfen, das Internet nicht weiterhin als Gefahr, sondern als neue Chance zu sehen. 199 200 Anderl in urheber.recht2 § 16, 4.5. So auch Anderl in urheber.recht2 § 16, 4.5. 60 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Allgemeine technische Vorgänge und rechtliche Analyse b. Download Der Download, also das Herunterladen, ist der gegengleiche Vorgang zum Upload. Die hochgeladenen Daten können von den Nutzern heruntergeladen werden. Unter Download sind in einem weiteren Sinn alle technischen Vorgänge von der ersten Anfrage an den Serverrechner bis zum Einlangen der Daten Wahrnehmbarmachen auf dem Clientrechner zu verstehen. inklusive 201 anschließendem Der Download bezeichnet demnach jede dauerhafte Speicherung auf der Festplatte (Download im engeren Sinn), aber auch die bloß vorübergehende Speicherung im Zuge der Benutzung eines StreamingDienstes (das „Streamen“) ist als Download im weiteren Sinn zu bezeichnen. Beide Arten sind als urheberrechtliche Vervielfältigung iSd § 15 UrhG anzusehen. In der Literatur gibt es Meinungen, den Übertragungsvorgang der Datei unter einem separaten Verwertungsrecht zu subsumieren.202 ME muss der Übertragungsvorgang rechtlich als untrennbar mit dem Download angesehen werden, weil dieser logische Voraussetzung ist. 2. Die Streamingtechnologie Der Begriff des „Streamens“ kommt aus dem Englischen (to stream) und bedeutet schlichtweg „strömen“, „fließen“. In der Informationstechnologie wird darunter ein bestimmtes technisches Verfahren verstanden, nämlich die Übertragung von Multimediadaten ohne gleichzeitige dauerhafte Speicherung. Neben dem Video-Streaming gibt es auch das Audio-Streaming. Die verschiedenen Arten des Streamings werden unter den Oberbegriff „Streaming Media“ zusammengefasst. Streaming Media bildet demnach das Internet-Äquivalent zum Hörfunk oder Fernsehen (Rundfunk), das über die Vermittlungstechnik des Broadcast gesendet wird.203 „Broadcast“ ist eine spezielle Art der Mehrpunktverbindung. Dabei wird ein Signal gesendet, das alle Empfänger (Clients) aufnehmen können, daher auch der deutsche Begriff „Rund“-funk. Das Signal wird jedenfalls ausgestrahlt, egal ob die Empfänger ihre Empfangsgeräte eingeschaltet haben oder nicht. Rechtlich Verbindungsart dem Senderecht des § 17 UrhG unterzuordnen. gesehen ist diese 204 201 Büchele, Urheberrecht im WWW, 84. Vgl die Standpunkte bei Quoy, GRUR Int 1998, 273 (276), insb FN 25. 203 <de.wikipedia.org/wiki/Streaming_Media>. 204 Lusser/Krassnigg-Kulhavy in urheber.recht2 § 17, 3.5.4. 202 61 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Allgemeine technische Vorgänge und rechtliche Analyse Abbildung 10: Broadcast. 205 Bei Musikdiensten wie Internetradios und Abonnementdiensten wird die Streamingtechnologie benutzt. Besonders die Abo-Streaming-Dienste werden als äußerst zukunftsträchtig angesehen.206 Beim Streaming werden die Daten schubweise in einem „Store-and-Forward-Verfahren“ gespeichert. Mithilfe dieses Verfahrens werden Datenpakete von einem Netzknoten zum nächsten weitergeleitet, wo sie zwischengespeichert werden, bevor die Übertragung an den Endempfänger stattfindet.207 Dieser Datenstrom wird von einem Server gesendet und von seinem Client empfangen. Die gesendeten Datenpakete werden durch die in der Folge angeforderten überschrieben, sodass keine vollständige Vervielfältigung auf der Festplatte entsteht. Durch eine bestimmte Software (zB Real Player, Windows Media Player) wird die Datei in Echtzeit wiedergegeben.208 Beim dauerhaften Download hingegen wird die Datei auf der Festplatte des Clients dauerhaft gespeichert und kann jederzeit wiedergegeben werden. Die Daten werden beim Streaming also nicht dauerhaft auf der Festplatte gespeichert. Dies ist zum einen ein Vorteil, da kein Festplattenspeicherplatz belegt wird, zum anderen kann gerade dies als Nachteil angesehen werden, da zum erneuten Anhören die Datei erneut gestreamt werden muss und damit Download-Volumen beansprucht. Streaming wird technisch durch nicht dauerhafte Speicherungen im Cache erreicht. Bei diesen Speicherungen handelt es sich zweifelsohne um Vervielfältigungen. Der Gesetzgeber stellt das sog „Caching“ aber sinnvollerweise gem § 41a UrhG frei. Diese Bestimmung wurde mit der UrhG-Nov 2003 eingefügt (in Kraft seit 1.7.2003) und beruht auf Art 5 Abs 1 RL 2001/29/EG. Sie stellt die einzige zwingende Ausnahme vom 205 Der rote Punkt repräsentiert den Sender. Die grünen Punkte sind die Teilnehmer des Netzes, Quelle: <de.wikipedia.org/wiki/Broadcast>. 206 IFPI, Musikmarktbericht Österreich 2011, 16. 207 <itwissen.info/definition/lexikon/Store-and-Forward-Verfahren-SF-store-and-forward.html>. 208 <itwissen.info/definition/lexikon/Streaming-Media-streaming-media.html>. 62 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Allgemeine technische Vorgänge und rechtliche Analyse Vervielfältigungsrecht dar. Durch die Rsp209 des EuGH wurde Art 5 Abs 1 RL 2001/29/EG näher konkretisiert. Demnach ergeben sich schlussendlich 5 Voraussetzungen, die es zu prüfen gilt, damit die Vervielfältigung vom Vervielfältigungsrecht ausgenommen werden kann. Diese müssen kumulativ vorliegen. Die als Vervielfältigung einzustufende Handlung muss folgende Eigenschaften besitzen: 1) Sie muss vorübergehend sein. Das bedeutet, dass die Vervielfältigung nicht über das Maß hinausgehen darf, das für den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens nötig ist. 2) Sie muss flüchtig sein. Mit Flüchtigkeit ist gemeint, dass die Vervielfältigung nur insoweit besteht, als sie für das Funktionieren des Verfahrens nötig ist. Sobald die Vervielfältigung nicht mehr wegen des Verfahrens benötigt wird, wird sie gelöscht (zB spätestens mit dem Abschalten des Computers). 3) Die Vervielfältigung muss integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens sein. Mit dieser Formulierung ist gemeint, dass – sobald das technische Verfahren in Gang gesetzt ist – die Vervielfältigung ein zwingendes Erfordernis für das Funktionieren des Verfahrens darstellt. 4) Diese Vervielfältigungen sind auf zwei Anwendungsfälle beschränkt. Der ausschließliche Zweck der Vervielfältigungen darf nur a. eine Übertragung im Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder b. eine rechtmäßige Nutzung des Werks oder sonstigen Schutzgegenstands sein. 5) Die Vervielfältigungen dürfen keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben. Hier kommt es darauf an, dass mit dem Vervielfältigungsstück keine weitere Verwertung möglich ist, an der der Rechteinhaber zu beteiligen wäre.210 Anwendungsfälle in der Praxis sind das Browsing und Caching. IZm dem Musikstreaming ist das Caching relevant. Mit „Caching“ bezeichnet man flüchtige Speicherungen im Arbeitsspeicher (RAM) des Computers. Eine flüchtige Speicherung ist aber nicht nur im Arbeitsspeicher möglich, sondern auch auf der Festplatte im sog „ProxyCache“ oder „Festplatten-Cache“. Dabei ist nicht ausschlaggebend, wie lange die Vervielfältigung dauert. Wesentlich für das Vorliegen einer Vervielfältigung ist hingegen, 209 EuGH 16.7.2009, C-5/08 (Infopaq), EuGH 4.10.2011, verb Rs C-403/08, C-429/08 (FAPL), EuGH 17.1.2012, C-302/10 (Infopaq 2); siehe dazu gut zusammenfassend Staudegger, jusIT 2012/19, 45. 210 Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 § 41a Rz 7. 63 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Allgemeine technische Vorgänge und rechtliche Analyse dass diese geeignet ist, das urheberrechtliche Werk vom Menschen durch seine Sinne mittelbar oder unmittelbar wahrnehmbar zu machen.211 Das Streamen durch den Nutzer zieht keine dauerhafte Speicherung auf der Festplatte nach sich. Die Vervielfältigung erfolgt im Arbeitsspeicher und am Bildschirm des Nutzers. Da diese nicht dauerhaft sind, sind sie als vorübergehend und flüchtig einzustufen. „Vorübergehend“ ist die Vervielfältigung, weil die Speicherung nicht vom Willen des Nutzers abhängig ist.212 „Flüchtig“ ist sie, da die Vervielfältigung nur erfolgt, um die Funktion des Streamingverfahrens zu gewährleisten. Die Vervielfältigung ist ebenfalls integraler und wesentlicher Bestandteil des Streamingverfahrens. Ohne diese wäre das Streamen nicht möglich. Der Zweck der Vervielfältigung muss weiters das „rechtmäßige Nutzen“ des Angebotes sein. Von den Betreibern der besprochenen Streamingdienste (Abo-Dienste, Internetradio) wurden Werknutzungsbewilligungen von den Rechteinhabern erworben. Damit ist von einer rechtmäßigen Nutzung auszugehen. Und schließlich darf die Vervielfältigung auch keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben. Da eine solche für den Nutzer nicht ersichtlich ist, ist die letzte Voraussetzung ebenso erfüllt, sodass alle Voraussetzungen für eine Freistellung der Vervielfältigungen nach § 41a UrhG vorliegen. Damit ist das Streamen aus Nutzersicht urheberrechtlich unbedenklich, dh die Vervielfältigungen im Rahmen des Streamens sind zulässig. Da beim Streaming nur jeweils schubweise einzelne Datenpakete zwischengespeichert werden, gibt es Stimmen, die den Werkcharakter eines solchen Datenpaketes in Zweifel ziehen.213 Dazu hat der EuGH in seiner Entscheidung Football Association Premier League eindeutig festgehalten, dass das zusammengesetzte Ganze Werkcharakter aufweisen muss und nicht jedes Fragment – also Datenpaket – für sich.214 a. Simulcasting und Webcasting Beim „Simulcasting“ und „Webcasting“ werden die Daten in Echtzeit übertragen. Simul- und (nicht-interaktives) Webcasting sind mE als Sendung iSd § 17 UrhG zu qualifizieren. Die Dienste werden – im Gegensatz zum herkömmlichen Radio, das in der Form des Broadcast sendet – in der Form des „Unicast“ gesendet.215 Bei diesem existiert 211 Anderl in urheber.recht2 § 15, 2.2. EuGH 16.07.2009, C-5/08 (Infopaq) Rz 61f. 213 Vogel, urheber.recht2 § 41a, 4.4.; Graninger, Von Kunst und Kant zu Bit und Byte – Überlegungen zum urheberrechtlichen Werkbegriff, in FS Dittrich (2000) 133 (147). 214 EuGH 4.10.2011, C-403/08, C-429/08 (Football Association Premier League) Rz 157. 215 <de.wikipedia.org/wiki/Multicast>. 212 64 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Allgemeine technische Vorgänge und rechtliche Analyse ein Sender, der an mehrere Empfänger sendet. Jeder Empfänger, der die Daten abruft, empfängt sie auch. Eine Beschränkung liegt aufgrund der Datenübertragungsrate vor, dh es besteht eine maximale Anzahl von Nutzern, die gleichzeitig den Dienst nutzen können. Um die Daten empfangen zu können, muss sich der Nutzer zuvor beim Sender anmelden, indem er den Dienst startet. Beim Simul- und Webcasting ist meist kein interaktiver Abruf möglich. Aber auch Streaming-on-Demand wird über Unicast übertragen. Diese Unterarten von Diensten sind den passenden Verwertungsarten zuzuordnen. Bei Simulcasting und Webcasting wird meist in das Senderecht (§ 17 UrhG) eingegriffen werden. Bei Streaming-On-Demand wird hingegen in das öffentliche Zurverfügungstellungsrecht (§ 18a UrhG) eingegriffen. Die Zuordnung zur jeweiligen Verwertungsart ist von entscheidender Bedeutung, denn dadurch entscheidet sich, ob Urheber und Leistungsschutzberechtigte ein Exklusivrecht haben oder ob der Leistungsschutzberechtigte bloß einen Vergütungsanspruch hat.216 Die Form der technischen Übertragung – Unicast oder Multicast – kann aber mE keinen Unterschied für die verwertungsrechtliche Differenzierung machen. Einige Autoren wie Handig, Bortloff oder Eustacchio wollen Simul- und Webcastingdienste gerade wegen der Übertragungsform des Unicast dem Zurverfügungstellungsrecht zuordnen.217 Bei der Übertragungsform des Multicast hingegen wird für eine willkürlich große Gruppe von Nutzern ein Stream gesendet. Mülleder ordnet Simul- und Webcasting dem Senderecht und Streaming-on-Demand dem Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung unter.218 Eine Zuordnung durch die Judikatur fand in Österreich bislang nicht statt. Die meisten Internetradios – egal ob Simulcasting, Webcasting oder personalisierte Webradios – übertragen im Unicast. Unicast erfordert weitaus mehr Ressourcen als Multicast, da jedem Client sein eigenes Signal gesendet werden muss. Daher ist Multicast nur möglich, wenn der Dienst dem Nutzer keinen Eingriff in die Programmabfolge nehmen kann, da ansonsten das Signal verändert würde. Im Internet ist der Unicast vorherrschend, da viele Router219 noch nicht multicasting-kompatibel sind. In Zukunft wird sich das wohl ändern. Bei einer Sendung über Multicast ist die Anzahl der Nutzer hingegen begrenzt. Es 216 Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 § 14, Rz 14. Handig, Downloads aus dem Internetradio, ecolex 2005, 921 (922); Bortloff, GRUR Int 2003, 669 (675); Eustacchio, Raubkopien aus dem Internet, lex:itec 04/06, 26 (33); aA Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 § 90c Rz 73. 218 Mülleder, Streaming – eine rechtliche Einordnung, lex:itec 04/09, 24 (25). 219 Router sind Netzwerkgeräte, die Datenpakete zwischen mehreren Rechnernetzen weiterleiten können, <de.wikipedia.org/wiki/Router>. 217 65 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Allgemeine technische Vorgänge und rechtliche Analyse wird dasselbe Signal an mehrere Empfänger gleichzeitig geschickt. Daher ist diese Form der Übertragung theoretisch ressourcen-schonender. Es wird heutzutage meist in lokalen Netzen wie Kabelnetzen verwendet. In Zukunft wird IP Multicast im Internet mE öfters zu finden sein. Abbildung 11: Multicast. 220 b. Streaming-On-Demand Beim „Streaming-On-Demand“ kann der Nutzer interaktiv in das Programm eingreifen. Der Nutzer kann festlegen, wann er den Musiktrack hört. Er kann das Abspielen starten, beenden, pausieren, vorspulen, zurückspulen oder einfach einen anderen Track anwählen. Hier ist dem Nutzer also nicht nur das bloße Starten und Beenden des Dienstes möglich, sondern er hat umfassende Steuerungsmöglichkeiten. Damit sind Streaming-On-Demand-Dienste quasi einer Tonträgeraufnahme gleichzusetzen und somit der Primärverwertung zuzurechnen. Technisch realisiert werden diese Dienste meist über die Routing-Methode des Unicast.221 Dabei überträgt der Sender Nachrichten an nur einen Empfänger, der die individuelle Sendung angefordert hat. Abbildung 12: Unicast. 220 Der rote Punkt repräsentiert den Sender. Die grünen Punkte sind die zurzeit angemeldeten Nutzer, die gelben Punkte hingegen nicht angemeldete Dritte, <de.wikipedia.org/wiki/Multicast>. 221 <de.wikipedia.org/wiki/Unicast>. 66 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste C. Online-Musikdienste 1. Download-Dienste a. Betroffene Verwertungsrechte Download-Dienste bieten Musikdateien zum Download an. Diese Diensteanbieter müssen also vorab auf ihrem Serverrechner die musikalischen Werke digital gespeichert haben, um sie auch den Kunden anbieten zu können. Der Nutzer erhält mit dem „Kauf“ eine dauerhafte Werknutzungsbewilligung, die Musiktracks für den privaten Gebrauch zu nutzen.222 Unter Download-Diensten in dem hier verwendeten Sinn sind jene Dienste zu verstehen, die es ermöglichen, Musiktitel auf der Festplatte dauerhaft zu speichern. Reine Streamingdienste sind darunter nicht zu verstehen, denn diese speichern Musiktitel nicht dauerhaft.223 Der Download stellt eine Vervielfältigung iSd § 15 UrhG dar. Durch den Upload wird die Musikdatei öffentlich in einer Weise zur Verfügung gestellt, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist (§ 18a UrhG). Der Nutzer hat die Möglichkeit, die Datei dann von seiner Festplatte oder seinem MP3-Player abzurufen. Die in Österreich am häufigsten genutzten Download-Dienste sind iTunes und Amazon MP3.224 Aus praktischen Gründen erfolgt im Folgenden eine Konzentration auf diese beiden Diensteanbieter. Die Ausführungen sind aber auch auf ähnliche Diensteanbieter anwendbar, sofern sie nicht das DRM-System225 betreffen. Der Diensteanbieter muss zuvor neben dem Vervielfältigungsrecht auch das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung erworben haben, denn zuerst wird das Werk in Form einer Datei im Internet angeboten. Das Recht zur öffentlichen Zurverfügungstellung ist von der AKM zu erwerben, weil es sich bei der öffentlichen Zurverfügungstellung um eine unveränderte Massennutzung handelt. Deswegen erfolgt hier eine kollektive Rechtewahrnehmung durch die Verwertungsgesellschaft und keine individuelle durch die Urheber persönlich. Bei der AKM können die Urheberrechte betreffenden Werknutzungsbewilligungen eingeholt werden. Dies ergibt sich aus Punkt I.1. lit d der Betriebsgenehmigung und des Punktes 2.2. lit h des Wahrnehmungsvertrages der AKM. Im zweiten Schritt lädt der Nutzer die Datei herunter. Dieser Akt stellt eine Vervielfältigung dar. Das Vervielfältigungsrecht ist als mechanisches Recht von der austromechana zu 222 Nutzungsbedingungen des iTunes Store, Nutzungsregelungen (i), Nutzungsbedingungen des Amazon MP3 Shops, 2.1. 223 Siehe oben Seite 62. 224 DMR 2013 Austria, 18. 225 DRM steht für „Digital Rights Management“ und bezeichnet Maßnahmen zur digitalen Rechteverwaltung wie zB technische Schutzmaßnahmen iSd § 90c UrhG; siehe dazu weiter unten Seite 69. 67 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste erwerben. Bei einem Download-Dienst handelt es sich um eine Form der Online-Nutzung. Die austromechana hat die AKM beauftragt, den Rechteerwerb für alle Formen der OnlineNutzung zu erledigen, da hier zwangsläufig immer das Vervielfältigungsrecht erworben werden muss. Als Download-Diensteanbieter muss man sich demnach nur an die AKM wenden. Im Regelfall werden schon bestehende Musikaufnahmen in die Datenbank des Download-Dienstes eingespeist. Deshalb ist auch die Zustimmung des Tonträgerherstellers (oder des Interpreten, wenn diese – was äußerst selten vorkommt – nicht bei einem Tonträgerhersteller unter Vertrag stehen) bezogen auf die Leistungsschutzrechte einzuholen. Hier muss zwischen interaktiven und nicht-interaktiven Diensten unterschieden werden. Bei interaktiven Diensten, zu denen der Download-Dienst gehört, sind die Leistungsschutzrechte (Tonträgerhersteller, ausübende Künstler) vom jeweiligen Tonträgerhersteller zu erwerben (§ 76 Abs 1 Satz 1 UrhG), da Download-Dienste dem Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung zuzuordnen sind. Da bei den meisten Aufnahmen ein Tonträgerhersteller tätig ist und diesem vertraglich durch einen „Künstlervertrag“ die Rechte der Interpreten eingeräumt werden, hat dieser nämlich auch das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung der ausübenden Künstler (§ 71a UrhG). Der Tonträgerhersteller kann für seine Lizenz einen individuellen Preis vom Diensteanbieter verlangen. Bei den meisten Download-Diensten werden zudem die Album-Covers beim Abspielen eines Musiktracks aus einem bestimmten Album angezeigt. Auch diese Rechte müssten bei einer solchen Funktion zuerst durch den Diensteanbieter vom Fotografen nach § 3 iVm § 10 Abs 1 UrhG, sofern der Werkcharakter erfüllt ist, oder nach § 74 Abs 1 UrhG, sofern die Voraussetzungen für ein Werk nicht vorliegen, erworben werden. Falls das Cover nicht aus einem Foto besteht, sondern aus einer Grafik, müssen die Rechte vom Designer des Covers gem § 3 iVm § 10 Abs 1 UrhG erworben werden. In Abbildung 13 sind die Rechteinhaber zusammengefasst dargestellt. Demnach muss sich der Diensteanbieter bezüglich der Urheberrechte an die AKM wenden. Da die austromechana die AKM mit der Einräumung von Online-Rechten beauftragt hat, genügt es, sich bloß an die AKM zu wenden.226 Für die Werknutzungsbewilligung von der AKM und austromechana müssen zusammen 8 % der Einnahmen (ohne USt) bezahlt werden. 226 <akm.at/Musiknutzer/Online-Nutzung/Fragen_und_Antworten>. 68 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Pro Download muss der Diensteanbieter aber mindestens 0,076 € zahlen.227 Bezogen auf die Leistungsschutzrechte ist idR der Tonträgerhersteller zu fragen, da es sich beim Download-Dienst um einen interaktiven Dienst handelt. Dieser kann dabei einen individuellen Betrag verlangen. Der Tonträgerhersteller bekommt hier idR eine prozentuelle Beteiligung am Umsatz des Musikdienstes, die je nach Verhandlungsmacht unterschiedlich hoch ist. iTunes kann mit seiner Marktmacht die Prozentsätze fast diktieren. Auch im Jahr 2013 kann noch nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die ausübenden Künstler ihre Rechte zur Online-Auswertung vertraglich schon dem Tonträgerhersteller übertragen haben. Dies wäre deshalb vorab zu prüfen. Die Rechte am Cover sind vom Fotografen und/oder Designer bzw VBK228 zu erwerben. Die einzuholenden Rechte sind jeweils das Vervielfältigungsrecht (§ 15 UrhG) und das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung (§ 18a UrhG). Urheberrechte Sonstige Rechte Leistungsschutzrechte Individuell: Kollektiv: Individuell: Kollektiv: Individuell: Kollektiv: ●Komponist und Texter ●AKM ●Fotograf ●VBK ●LSG ●austromechana ●Grafiker ●Tonträgerhersteller ●Musikverlag ●ausübende Künstler Abbildung 13: Rechteerwerb bei Download-Diensten. Bei Download-Diensten sind die Rechte idR von AKM und dem Tonträgerhersteller zu erwerben, bei Anzeigen eines Covers ebenfalls von der VBK. Dabei sind jeweils das Vervielfältigungsrecht und das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung zu erwerben. 227 Tarife für Music und Video On Demand – Download-Dienste, <akm.at/Musiknutzer/OnlineNutzung/Tarifinfo>. 228 Wenn der Grafiker/Designer Mitglied der VBK (Verwertungsgesellschaft Bildende Kunst, Fotografie und Choreographie GmbH) ist, ist mE wegen Vorliegens einer unveränderten Massennutzung eine Werknutzungsbewilligung von dieser einzuholen. Wohl mangels vieler Praxisfälle existieren in Österreich aber derzeit keine Tarife, wenngleich die Betriebsgenehmigung (<verwges-aufsicht.justiz.gv.at>) in I 1. lit a die digitale Vervielfältigung und in I 1. lit f die öffentliche Zurverfügungstellung umfassen und der Wahrnehmungsvertrag („Beitrittsformular“) in § 1 Z 1. lit a Unterabs 2 (<vbk.at>) die digitale Nutzung ebenso umfasst. Nach Abklärung mit der VBK sollte in einem solchen Fall separat verhandelt werden. 69 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste b. Freie Werknutzungen iZm Download-Diensten: Vervielfältigung zum privaten Gebrauch – § 42 Abs 4 UrhG Freie Werknutzungen stellen eine Ausnahme von den Ausschließlichkeitsrechten der Urheber oder sonstigen Rechteinhaber dar. Durch freie Werknutzungen sollen die Interessen der Allgemeinheit und Rechteinhaber in einen Ausgleich gebracht werden. Das bedeutendste Rechtsinstitut der freien Werknutzungen findet sich in § 42 UrhG. Diese Bestimmung regelt die Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch und zum privaten Gebrauch. § 42 Abs 4 UrhG regelt die Vervielfältigung zum privaten Gebrauch. Danach darf jede natürliche Person „von einem Werk einzelne Vervielfältigungsstücke auf anderen als den in Abs. 1 genannten Trägern zum privaten Gebrauch“ anfertigen, sofern dies weder für unmittelbare noch mittelbare kommerzielle Zwecke geschieht. Damit ist eine Vervielfältigung auf beliebigem Trägermaterial zulässig, wenn die 4 Voraussetzungen (einzelne Vervielfältigungsstücke, privater Gebrauch, keine kommerziellen Zwecke, keine anschließende öffentliche Zurverfügungstellung) kumulativ gegeben sind. Diese Bestimmung wurde in Umsetzung von Art 5 Abs 2 lit b RL 2001/29/EG neu gefasst. Sie umfasst im Gegensatz zur Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch auch die digitale Privatkopie auf USB-Stick, CDs oder Festplatten oder Ähnlichem. Die Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch (§ 42 Abs 1 UrhG) ist hier nicht anwendbar, da die Bestimmung besagt, dass jedermann (jede natürliche und juristische Person) „von einem Werk einzelne Vervielfältigungsstücke auf Papier oder einem ähnlichen Träger zum eigenen Gebrauch herstellen“ darf. Elektronische Trägermedien wie CDs, USB-Sticks oder Festplatten sind nämlich keine „dem Papier ähnlichen Träger“.229 Berechtigter des § 42 Abs 4 UrhG ist nur die natürliche Person, denn juristische Personen haben keine Privatsphäre. Sie können daher auch keinen privaten Gebrauch haben. Mit der Formulierung „einzelne Vervielfältigungsstücke“ wird ausgedrückt, dass nicht massenhaft kopiert werden darf. Der deutsche BGH hat in seiner Entscheidung über Vervielfältigungsstücke die Zahl 7 als Obergrenze angesetzt.230 Walter bezeichnet diese Anzahl als weitgehend akzeptiert und führt aus, dass man unter „einzelne“ etwa „einige wenige“ verstehen müsse und legt die Obergrenze zwischen 5 bis 7 Werkstücke fest.231 229 Vgl Handig, ÖBl 2003/60, 212 (214); Thiele/Laimer, ÖBl 2004/17, 52 (56). BGH 14.4.1978, I ZR 111/76 – Vervielfältigungsstücke. 231 Walter, MR 1989, 69. 230 70 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Auch Dittrich vertritt diese Meinung.232 Auch ist auf den Sinn und Zweck der Herstellung der Kopien abzustellen. Mit § 42 UrhG soll ein gerechter Ausgleich zwischen Urheber und Nutzern erwirkt werden. Dabei wird nicht starr auf der „magischen“ Zahl 7 verharrt, sondern je nach Einzelfall abgewogen.233 So können auch 19 Vervielfältigungsstücke gegebenenfalls noch unter „einzelne“ subsumiert werden, wie in der Entscheidung „NullNummer“, wo allen 19 Redakteuren für die Redaktionsbesprechung (also zum eigenen Gebrauch und nicht öffentlich, § 42 Abs 5 UrhG) ein Vervielfältigungsstück gegeben wurden. Die Interessen des Urhebers werden hier nämlich nicht beeinträchtigt, da es für die Verwertung des Werkes des Urhebers keinen Unterschied gemacht hätte, wenn die Redakteure nacheinander 7 Vervielfältigungsstücke ansehen oder jeder ein eigenes bekommt. 19 Vervielfältigungsstücke sind nach der Diktion von Walter sicherlich nicht „einige wenige“, jedoch in Bezug auf den Zweck, den sie erfüllen sollen, noch als „einzelne“ iSd § 42 Abs 1 UrhG zu betrachten.234 Unter dem Begriff des „privaten Gebrauchs“ ist ein beruflicher Gebrauch nicht umfasst. Kommerzielle Zwecke werden verfolgt, wenn sie mit einer Gewinnerzielungsabsicht einhergehen. § 42 Abs 5 UrhG statuiert, dass jedenfalls keine Vervielfältigung zum privaten Gebrauch vorliegt, wenn die Vervielfältigung „zu dem Zweck vorgenommen wird, das Werk mit Hilfe des Vervielfältigungsstückes der Öffentlichkeit zugänglich zu machen“. Damit ist eine öffentliche Zurverfügungstellung iSd § 18a UrhG gemeint. Zu guter Letzt muss es sich bei der Kopiervorlage um eine rechtmäßige Vorlage handeln. Dies ist zwar in Österreich nicht gesetzlich statuiert, ist aber hM235. Ist man auch dieser Meinung – wofür mE gute Gründe sprechen –, wären bei der Prüfung der Zulässigkeit der Vervielfältigung zum privaten Gebrauch 5 Voraussetzungen zu prüfen.236 IZm dem Internet ist dazu der folgende Sachverhalt oft einschlägig: Ein Provider stellt auf seiner Website zB MP3-Musikdateien bereit. Dies tut er, ohne das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung für den Upload bei den Rechteinhabern eingeholt zu haben. Durch den erfolgten Upload vonseiten des Providers werden den Usern Downloads ermöglicht. Die User fertigen so ebenfalls Vervielfältigungen an. Das derart angefertigte Vervielfältigungsstück kann auf dem Computer abgespielt werden, unendlich oft wieder 232 Dittrich, Urheberrechtsfragen in der täglichen Arbeit des Notariats, in FS Wagner (1987), 63 (68). Fiebinger, § 42 UrhG: Die magische Zahl 7 ist tot!, MR 1993, 43. 234 OGH 26.1.1993, 4 Ob 94/92 – Null-Nummer II – ÖBl 1993, 136. 235 Schachter in Kucsko (Hrsg), urheber.recht2 § 42, 6. (2008). 236 Da die Zulässigkeit einer rechtmäßigen Vorlage als Voraussetzung für eine Vervielfältigung zum privaten Gebrauch va iZm der Nutzung von Filesharing-Systemen von großer Relevanz ist, kann auf die ausführlichere Prüfung an späterer Stelle (Seite 86 ff) verwiesen werden. 233 71 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste kopiert werden und zB auf eine CD gespeichert und anschließend weitergegeben werden. Die Vorlage (also der Upload) ist aber unrechtmäßig erfolgt. Sind aber die Downloads und anschließenden Vervielfältigungen ebenfalls unrechtmäßig? In Deutschland legte man in § 53 Abs 1 dUrhG fest, dass eine digitale Privatkopie nur zulässig ist, soweit nicht „eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird“. Mit 1.1.2008 ist die Anfertigung einer digitalen Privatkopie unter Zuhilfenahme einer offensichtlich unrechtmäßig zugänglich gemachten Vorlage wie zB über eine P2P-Tauschbörse damit in Deutschland ausdrücklich untersagt.237 Als Zusammenfassung kann gesagt werden, dass die Anfertigung einer Privatkopie jedenfalls zulässig ist, wenn sämtliche 5 Voraussetzungen erfüllt sind: 1) 2) 3) 4) 5) einzelne Vervielfältigungsstücke, privater Gebrauch, keine kommerziellen Zwecke, keine anschließende öffentliche Zurverfügungstellung und das Vorliegen einer rechtmäßigen Quelle. c. Schutz technischer Maßnahmen – § 90c UrhG In diesem Zusammenhang ist § 90c UrhG zu erwähnen. Durch diese Bestimmung wird die Vervielfältigung zum eigenen und zum privaten Gebrauch erheblich eingeschränkt. § 90c UrhG statuiert den Schutz technischer Maßnahmen und setzt damit Art 6 RL 2001/29/EG beinahe wörtlich um. § 90c Abs 1 UrhG bestimmt, dass „der Inhaber eines auf dieses Gesetz gegründeten Ausschließungsrechts, der sich wirksamer technischer Maßnahmen bedient, um eine Verletzung dieses Rechts zu verhindern oder einzuschränken“, auf Unterlassung und Beseitigung des dem Gesetz widerstreitenden Zustandes klagen kann. Dies ist ihm aber nur möglich, wenn eine oder mehrere der folgenden 4 Voraussetzungen vorliegen: „1. wenn diese Maßnahmen durch eine Person umgangen werden, der bekannt ist oder den Umständen nach bekannt sein muss, dass sie dieses Ziel verfolgt, 2. wenn Umgehungsmittel hergestellt, eingeführt, verbreitet, verkauft, vermietet und zu kommerziellen Zwecken besessen werden, 3. wenn für den Verkauf oder die Vermietung von Umgehungsmitteln geworben wird oder 4. wenn Umgehungsdienstleistungen erbracht werden.“ 237 Siehe Schachter in urheber.recht2 § 42, 6. 72 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Ein „Kopierschutz“ stellt eine solche technische Schutzmaßnahme dar. Durch § 90c UrhG sollen die Verwertungsrechte im digitalen Zeitalter besser geschützt werden. Noch vor der möglichen Verletzung eines Verwertungsrechts wird dadurch eine Handhabe gegeben, auf Unterlassung und Beseitigung zu klagen. Das „Cracken“238 eines Kopierschutzes ist jedenfalls unrechtmäßig, um eine digitale Vervielfältigung zu erstellen. Insofern geht § 90c UrhG der Vervielfältigung zum privaten Gebrauch nach § 42 Abs 4 UrhG vor. Vor diesem Hintergrund gibt das österreichische Recht dem Nutzer kein Recht auf Privatkopie, sondern lediglich eine gesetzlich festgelegte Erlaubnis zur Privatkopie unter den gesetzlichen Voraussetzungen.239 Dass mit der Implementierung eines Kopierschutzes die Möglichkeit zur Vervielfältigung zum privaten Gebrauch erheblich eingeschränkt wird, ist problematisch, jedoch iZm Online-Musikdiensten nicht so folgenschwer. Dies ist deshalb der Fall, da die Download-Dienste ihre MP3s mittlerweile idR ohne Kopierschutz anbieten. Einzig iTunes sind noch kopiergeschützt, und zwar derart, dass diese „nur“ fünf Mal am Computer kopiert werden dürfen.240 Dh auch bei iTunes wird der Nutzer nicht außergewöhnlich eingeschränkt. Die Anfertigung einer digitalen Privatkopie ist also nur unter Nichtumgehung der wirksamen technischen Schutzmaßnahmen zulässig. Das Tatbestandsmerkmal der „Wirksamkeit“ soll dabei weit ausgelegt werden.241 Nach § 90c Abs 2 UrhG sind als wirksame technische Schutzmaßnahmen „alle Technologien, Vorrichtungen und Bestandteile zu verstehen, die im normalen Betrieb dazu bestimmt sind, die in Abs. 1 bezeichneten Rechtsverletzungen zu verhindern oder einzuschränken, und die die Erreichung des Schutzzieles sicherstellen“. Diese Bedingungen sind nur erfüllt, soweit die Nutzung eines Werks oder sonstigen Schutzgegenstandes kontrolliert wird „1. durch eine Zugangskontrolle, 2. durch einen Schutzmechanismus wie Verschlüsselung, Verzerrung oder sonstige Umwandlung des Werks oder sonstigen Schutzgegenstands oder 3. durch einen Mechanismus zur Kontrolle der Vervielfältigung.“ 238 Unter einem „Crack“ versteht man eine Software, mit der man den Kopierschutz entfernen kann. Büchele, Digitale Privatkopie und Kopierschutz, ecolex 2008, 651 (651). 240 iTunes Nutzungsbedingungen B. Automatische Lieferung und automatisches Herunterladen bereits gekaufter Inhalte, (iv), online: <apple.com/legal/internet-services/itunes/at/terms.html>. 241 Stockinger/Nemetz in Kucsko (Hrsg), urheber.recht2 § 90c, 4.3. (2008). 239 73 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Erfasst sind etwa Verzerrungstechniken, Störsignale, manipulierte Inhaltsverzeichnisse (TOC242) oder auch versteckte digitale Signaturen.243 Wenn jedoch die technische Schutzmaßnahme allein durch Drücken der Shift-Taste bei Einlegen der CD unterdrückt werden kann, ist auch mE keine wirksame Schutzmaßnahme gegeben.244 In der Praxis ist zurzeit eine außerordentlich große Anzahl von Kopierschutzmaßnahmen vorzufinden. Kurz nachdem eine Kopierschutzmaßnahme den Markt erreicht hat, lassen sich schon entsprechende „Cracks“ im Internet finden, um diese zu umgehen. Nur weil ein Kopierschutz „geknackt“ werden kann, heißt das aber noch nicht, dass dieser „unwirksam“ ist. Gerade deswegen, weil ein Kopierschutz geknackt werden kann, wird diesem ja gesetzlicher Schutz gewährt. Denn ein Kopierschutz, der nicht umgangen werden kann, bedürfte keines rechtlichen Schutzes.245 Es ist wohl angemessen, bei der Frage, ob die Wirksamkeit eines Kopierschutzes gegeben ist, auf einen „durchschnittlich gebildeten Nutzer, der über keine besonderen technischen Kenntnisse verfügt“246, abzustellen. Vor dem Benutzen einer „Mitschneidesoftware“ schützt ein Kopierschutz natürlich nicht.247 Aber der Kopierschutz zwingt den Nutzer, mehr Zeit für die Anfertigung der Kopie aufzuwenden, da das Mitschneiden nur in Echtzeit funktioniert. Der Nutzer muss sich also alle Songs, die er kopieren möchte, zuerst einmal in Echtzeit „durchhören“. Als ein weiteres Erfordernis gibt Büchele an, dass ein wirksamer technischer Schutz bei physischen Datenträgern erkennbar sein muss, um als Schutzmaßnahme nach § 90c UrhG zu gelten.248 Diese Erkennbarkeit wird mit sog „Copy Control Logos“ erreicht, die dem Nutzer Aufschluss darüber geben, dass ein Kopierschutz vorhanden ist.249 Der bloße Hinweis „Dieses Medium ist kopiergeschützt!“ genügt laut Büchele nicht.250 Diese Meinung ist mE überschießend, denn der Gesetzestext spricht niemals von einer Erkennbarkeit des wirksamen technischen Schutzes. Auf subjektiver Tatbestandsebene wird für die Haftung grobe Fahrlässigkeit verlangt. Der Person, die die Umgehungshandlung setzt, ist bekannt oder müsste bekannt 242 „Table of Contents“. Büchele, Digitale Privatkopie und Kopierschutz, ecolex 2008, 651 (651). 244 Büchele, Digitale Privatkopie und Kopierschutz, ecolex 2008, 651 (651). 245 Vgl Kauert, 7. Kapitel – Technische Schutzmaßnahmen, in Wandtke (Hrsg), Urheberrecht (2009) 273. 246 Neubauer, Technische Schutzmaßnahmen und Recht, in Wiebe (Hrsg), Internetrecht (2004) 113 (119) mwN. 247 Siehe zur „Mitschneidesoftware“ unten genauer, Seite 85 ff. 248 Büchele, Digitale Privatkopie und Kopierschutz, ecolex 2008, 651 (652). 249 Büchele, Digitale Privatkopie und Kopierschutz, ecolex 2008, 651 (652); hier finden sich auch beispielhafte Abbildungen von Copy Control Logos. 250 Büchele, Digitale Privatkopie und Kopierschutz, ecolex 2008, 651 (653). 243 74 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste sein, dass sie eine Umgehungshandlung begeht. Leichte Fahrlässigkeit reicht dabei nicht aus.251 Im Hinblick auf iTunes sind die Nutzungsbedingungen des iTunes Store zu nennen. iTunes sind mit einer Kopierschutztechnologie namens FairPlay gesichert. Diese Sicherungstechnik („DRM-System“) schützt digitale Informationen und beschränkt die Nutzung. FairPlay ist daher als Maßnahme nach § 90c Abs 2 Z 3 UrhG zu qualifizieren. iTunes können hingegen auf maximal 5 Computern kopiert werden, die autorisiert (dh mit dem iTunes-Nutzeraccount verbunden) werden müssen. Daneben können sie auf eine beliebige Anzahl von iPods, iPads und iPhones, die demselben Nutzer gehören, kopiert werden. Alle mit FairPlay heruntergeladenen Musiktracks können auf beliebig viele CDs gebrannt werden.252 Audio-Playlists mit FairPlay geschützten Musikdateien können bis zu sieben Mal gebrannt werden.253 Für iTunes Plus bestehen solche Beschränkungen nicht. Diese unterliegen demnach nur den gesetzlichen Beschränkungen. Als Nutzer von iTunesProdukten steht einem die Möglichkeit frei, automatisch Kopien für weitere iOS-Geräte254 und iTunes autorisierte Computer zu erhalten. Dies gilt für 10 Geräte, von denen nicht mehr als 5 Computer sein dürfen.255 Die angebotenen Musiktracks von Amazon MP3 sind hingegen vollkommen DRM-frei. Diese können vom Nutzer so oft kopiert werden, wie dieser will. Die Nutzungsbedingungen verweisen lediglich auf die in Österreich geltenden gesetzlichen Bestimmungen.256 d. Schutz von Kennzeichnungen – § 90d UrhG In Apples iTunes und Amazon MP3s sind Metadaten integriert, die darüber Aufschluss geben, welcher Nutzer die Datei heruntergeladen hat.257 Diese „eindeutigen Kennungen“ sind als Kennzeichnungen vom Schutzbereich des § 90d UrhG umfasst. 251 Büchele in Ciresa/Büchele/Guggenbichler, UrhG § 90c Rz 22. iTunes Nutzungsbedingungen B. Automatische Lieferung und automatisches Herunterladen bereits gekaufter Inhalte, (i)– (iv) sowie Nutzungsregeln (i)–(v), online: <apple.com/legal/internetservices/itunes/at/terms.html>. 253 Die Zahl Sieben leitet sich dabei wohl von der deutschen Rsp ab: BGH 14.4.1978 I ZR 111/76 – Vervielfältigungsstücke, siehe schon Seite 71 ff. 254 iOS-Geräte sind Geräte, die das Apple-Betriebssystem („Operating System“) nutzen wie zB iPads. 255 <apple.com/legal/itunes/at/terms.html#SERVICE>, B. Nutzungsbedingungen des iTunes-Stores (iv). 256 Amazon MP3 Shop Nutzungsbedingungen, 2.2 Beschränkungen, <amazon.de/gp/help/customer/display.html?ie=UTF8&nodeId=200317390>. 257 Siehe zB Amazon MP 3 Shop: Nutzungsbedingungen, 2.5 oder iTunes: Nutzungsbedingungen, B. Sicherung des Inhalts, Sicherung des Dienstes. 252 75 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste § 90d Abs 1 UrhG besagt: „Der Inhaber eines auf dieses Gesetz gegründeten Ausschließungsrechts, der Kennzeichnungen im Sinne dieser Bestimmung anwendet, kann auf Unterlassung und Beseitigung des dem Gesetz widerstreitenden Zustandes klagen, 1. wenn solche Kennzeichnungen entfernt oder geändert werden, 2. wenn Vervielfältigungsstücke von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen, von beziehungsweise auf denen Kennzeichnungen unbefugt entfernt oder geändert worden sind, verbreitet oder zur Verbreitung eingeführt oder für eine Sendung, für eine öffentliche Wiedergabe oder für eine öffentliche Zurverfügungstellung verwendet werden.“ In § 90d UrhG wurde Art 7 RL 2001/29/EG fast wortwörtlich umgesetzt. Vom Aufbau her ist er dem § 90c UrhG angeglichen. Die durch diese Bestimmung geschützten Kennzeichnungen dienen der Rückverfolgbarkeit von erfolgten Urheberrechtsverletzungen. Die Kennzeichnungen werden in praxi fast immer mit technischen Schutzmaßnahmen kombiniert. Dies geschieht im Rahmen eines sog „digital object identifier system – DOI“, welches gegen Pirateriehandlungen eingesetzt wird.258 Mit § 90d UrhG wird die Entfernung oder Änderung solcher Kennzeichnungen als unzulässig erklärt. Die Tonträgerhersteller fügen solche Kennzeichnungen ihren Aufnahmen zu und/oder verlangen von den Download-Diensteanbietern wie Amazon eindeutige Kennungen in die Metadaten der Dateien einzufügen, denn diese erleichtern den Tonträgerherstellern die Beweisführung vor Gericht bei Rechtsverletzungen. 259 Taucht eine gekennzeichnete Datei in einer Filesharingbörse auf, so kann leicht die Person festgestellt werden, die ursprünglich die Datei vom Download-Shop heruntergeladen hat. Mithilfe dieser Kennungen kann der Nutzer als Inhaber der Musikinhalte also eindeutig identifiziert werden. Hierbei ist zu sagen, dass nicht alle zum Download zur Verfügung stehenden Dateien diese Kennungen aufweisen. Die Vielzahl der neueren Aufnahmen weisen diese aber sehr wohl auf. Ein Hinweis auf das Bestehen solcher Kennungen findet sich bei der jeweiligen Produktinformation. In praxi spricht man auch von einem „Kauf-Identifikationsmerkmal“. Amazon zählt in den Nutzungsbedingungen Beispiele für diese Kennungen auf: Diese Kennzeichen können etwa aus einer Zufallszahl 258 259 Nemetz in Kucsko (Hrsg), urheber.recht2 § 90d, 2. (2008). Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 § 90d Rz 1. 76 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste bestehen, die dem Kauf durch den Nutzer zugeordnet wird. Ebenfalls können Datum und genaue Uhrzeit des Downloads festgehalten werden sowie spezielle Codes, mit deren Hilfe das heruntergeladene Album oder der heruntergeladene Song identifiziert werden können. Mit diesen Codes sind UPC und ISRC gemeint. UPC meint den Strichcode („Universal Product Code“), der Produkte kennzeichnet. ISRC ist der „International Standard Recording Code“, eine zwölfstellige Kennzeichnung für eine Audio-Aufnahme. ISRCErstvergabeschlüssel können in Österreich bei der LSG beantragt werden. Weiters kann eine digitale Unterschrift von Amazon angebracht werden.260 Die „Kennzeichnungen“ werden in Abs 3 im Einzelnen definiert. Unter diesen sind demnach Angaben zu verstehen, die die in den Z 1–3 dargelegten Voraussetzungen kumulativ erfüllen: „1. die in elektronischer Form festgehalten sind, auch wenn sie durch Zahlen oder in anderer Form verschlüsselt sind, 2. die mit einem Vervielfältigungsstück des Werkes oder sonstigen Schutzgegenstandes verbunden sind oder in Zusammenhang mit dem Werk oder sonstigen Schutzgegenstand gesendet, öffentlich wiedergegeben oder der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden und 3. die folgenden Inhalt haben: a) die Bezeichnung des Werks oder sonstigen Schutzgegenstandes, des Urhebers oder jedes anderen Rechtsinhabers, sofern alle diese Angaben vom Rechtsinhaber stammen, oder b) die Modalitäten und Bedingungen für die Nutzung des Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands.“ Z 1 besagt, dass nur elektronische Kennzeichnungen durch § 90d UrhG geschützt werden. Diese können völlig unverschlüsselt sein, oder durch Zahlen oder Buchstaben oder eine Kombination von Zahlen und Buchstaben verschlüsselt sein. Mechanische Aufdrucke von ISBN261 oder ISSN262 sind daher nicht geschützt. Diese elektronischen Kennzeichnungen müssen mit einem Vervielfältigungsstück oder sonstigen Schutzgegenstand verbunden sein (Z 2). Diese „Verbindung“ kann dadurch bewerkstelligt werden, dass die elektronischen Kennzeichnungen in den 260 Die Beispiele sind aus: Amazon MP 3 Shop Nutzungsbedingungen, 2.5. Die „International Standard Book Number“ gilt für Monographien. 262 Die „International Standard Serial Number“ gilt für Zeitschriften und Sammelwerke. 261 77 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Headern263 der Audiodateien integriert werden. Eine andere Möglichkeit besteht in der Verwendung von digitalen Wasserzeichen („digital watermarking“). Diese werden nicht im Header, sondern im Inhalt der Dateien integriert.264 Alternativ zur Verbindung können elektronische Kennzeichnungen auch gesendet (§ 17 UrhG), öffentlich wiedergegeben (§ 18 UrhG) oder der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt (§ 18a UrhG) werden. In Z 3 wird dargelegt, welchen Inhalt diese elektronischen Kennzeichnungen aufweisen können: eine Bezeichnung des Werks oder sonstigen Schutzgegenstandes, eine Bezeichnung des Urhebers oder eines anderen Rechteinhabers (zB Leistungsschutzberechtigten). Diese Inhalte müssen stets vom Rechteinhaber selbst stammen. Der Inhalt kann ergänzend oder alternativ zu Z 3 lit a auch Hinweise zu Modalitäten und Bedingungen für die Nutzung des Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands aufweisen (Z 3 lit b). Die Integration von Informationen über die Modalitäten und Bedingungen der Nutzung hat vor allem jenes Ziel, dass der Nutzer nicht vorbringen kann, er habe über die in den Nutzungsbedingungen verbotenen Handlungen keine Kenntnis gehabt.265 Die elektronische Kennzeichnung muss jedoch nicht unmittelbar lesbar sein. Sie kann auch in einem Verweis auf eine Datenbank bestehen, in der dann die betreffenden Inhalte einsehbar sind. Die unter § 90d Abs 3 Z 3 lit a UrhG fallenden Informationen sind zB Informationen über das Werk, einen Urheber oder sonstigen Rechteinhaber, Titel des Werks, Werkkategorie oder Dateiformat. Die Informationen unter lit b können zB Nutzungsbedingungen, FAQs266 oder Ähnliches sein.267 Die Veränderung oder Entfernung solcher Metadaten kann daher für den Urheber auch eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte nach §§ 19, 20 und 21 UrhG darstellen.268 In § 90d Abs 1 UrhG werden in Z 1 und 2 die Verletzungshandlungen erläutert. Z 1 statuiert ein sog „Manipulationsverbot“. Dieses umfasst sowohl das Verändern als auch das Entfernen von elektronischen Kennzeichnungen. Z 2 statuiert hingegen ein „Nutzungsverbot“. Dieses Nutzungsverbot umfasst die Verbreitung, Einfuhr, öffentliche 263 Im Header („Dateikopf“) werden die Metadaten der Datei gespeichert. Büchele in Ciresa/Büchele/Guggenbichler, UrhG § 90d Rz 6. 265 Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 § 90d Rz 10. 266 „Frequently Asked Questions“ (Häufig gestellte Fragen). 267 Nemetz in urheber.recht2 § 90d, 3. 268 Büchele, RdW 2005, 677 (678). 264 78 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Sendung oder Zurverfügungstellung von Werkkopien oder sonstigen Schutzgegenständen, bei denen elektronische Kennzeichnungen gelöscht oder verändert wurden. Angewendet auf Download-Dienste ist festzuhalten, dass bei den Audiodateien – sofern sie eine elektronische Kennzeichnung enthalten – diese nicht entfernt oder verändert werden dürfen. Zusätzlich dürfen diese manipulierten Dateien nicht weiterverbreitet, eingeführt, gesendet oder öffentlich zur Verfügung gestellt werden. Unwesentlich ist hierbei, ob der Nutzer die Manipulationshandlung selbst gesetzt hat oder nicht. Insofern ergänzt § 90d Abs 1 Z 2 UrhG die ausschließlichen Verwertungsrechte der Rechteinhaber.269 Nicht unzulässig nach Abs 1 ist die Vervielfältigung, Veränderungen/Entfernungen von „unverbundenen“ Metadaten. Das sind zB Metadaten, die in einer zentralen Datenbank liegen. Auch der Handel mit falschen Metadaten ist nicht von Abs 1 erfasst.270 § 90d Abs 2 UrhG hält zudem fest, dass der Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung nach Abs 1 nur gegen Personen besteht, die die Handlungen „unbefugt und wissentlich vornehmen, wobei ihnen bekannt ist oder den Umständen nach bekannt sein muss, dass sie dadurch die Verletzung eines auf dieses Gesetz gegründeten Ausschließungsrechtes veranlassen, ermöglichen, erleichtern oder verschleiern“. Mit diesem Absatz werden subjektive Tatbestandselemente festgelegt, die auf den Rechtsverletzer zutreffen müssen. Ausdrücklich wird Wissentlichkeit verlangt. Eventualvorsatz reicht demnach nicht. „Wissentlichkeit“ bedeutet, dass dem Verletzer bekannt ist, dass er unbefugt eine Handlung nach Abs 1 vornimmt.271 Die Wissentlichkeit bezieht sich ebenso auf die fehlende Befugnis. Dies ergibt sich zwar nicht expressis verbis aus § 90d Abs 2 UrhG, ist aber dem Wortlaut von Art 7 Abs 1 RL 2001/29/EG zu entnehmen.272 Außerdem muss dem Verletzer die Veranlassung, Ermöglichung oder Verschleierung der Rechtsverletzung bekannt sein. Hierbei genügt grobe Fahrlässigkeit.273 Praxisnah betrachtet bedeutet dies, dass nach einer Handlung nach Abs 1 eine weitere Rechtsverletzung wohl logisch nachfolgen wird. Wird also eine elektronische Kennzeichnung durch Veränderung oder Entfernung manipuliert, und ist es absehbar, dass das Werk zB unbefugt vervielfältigt und weiterverbreitet wird, so werden die 269 Büchele in Ciresa/Büchele/Guggenbichler, UrhG § 90d Rz 11; Büchele, RdW 2005, 677 (679); Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 § 90d Rz 15–17. 270 Nemetz in urheber.recht2 § 90d, 3. 271 Büchele in Ciresa/Büchele/Guggenbichler, UrhG § 90d Rz 14; Büchele, RdW 2005, 677 (679). 272 Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 § 90d Rz 19. 273 Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 § 90d Rz 19. 79 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste ausschließlichen Verwertungsrechte verletzt und der Inhaber dieser Rechte hat einen Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung nach § 90d Abs 1 UrhG. Dem Rechteinhaber stehen also ein Unterlassungsanspruch und ein Beseitigungsanspruch zu, sofern der Rechtsverletzer Handlungen nach Abs 1 wissentlich begeht und ihm mindestens grobe Fahrlässigkeit in Bezug auf die Veranlassung, Ermöglichung, Erleichterung oder Verschleierung (§ 90d Abs 2 Z 2 UrhG) vorzuwerfen ist. Durch Abs 4 wird die Anwendung der §§ 81 und 82 Abs 2-6 UrhG (allgemeine Bestimmungen zum Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch), § 85 UrhG (Urteilsveröffentlichung), §§ 87 Abs 1 und Abs 2 UrhG (Schadenersatz), § 87a Abs 1 UrhG (Rechnungslegung), § 88 Abs 2 UrhG (Haftung des Unternehmensinhabers), § 89 UrhG (Haftung mehrerer Verpflichteter) und § 90 UrhG (Verjährung) für anwendbar erklärt. Gleich wie bei § 90c UrhG besteht kein Anspruch auf Gewinnherausgabe, angemessenes Entgelt und Schadenspauschalierung iSd § 87 Abs 3 UrhG.274 Falls beide Bestimmungen – § 90c und 90d UrhG – auf den Sachverhalt anwendbar sind, also wenn eine technische Schutzmaßnahme umgangen wird, indem die Kennzeichnungen manipuliert werden, sind auch beide Bestimmungen nebeneinander anwendbar.275 Die Rechtsverletzer der §§ 90c Abs 1 und 90d Abs 1 UrhG können auch nach § 91 Abs 1 UrhG (Privatanklagedelikt) verfolgt werden. 2. Abonnementdienste a. Betroffene Verwertungsrechte Als Abonnement-Dienste bezeichnet man Musikdienste, die gegen monatliches Entgelt das Anhören von Musikstücken anbieten. Dies trifft zwar ebenfalls auf manche Internetradiodienste (nämlich personalisierte Webradios) zu. Abonnementdienste im engeren Sinn sind aber nur Streaming-On-Demand-Dienste. Der in Österreich bekannteste Abo-Dienst ist Spotify, gefolgt vom französischen Diensteanbieter Deezer und dem deutschen Dienst Simfy.276 Spotify bietet neben dem Streamingdienst auch einen Downloaddienst. Hier soll aber aus praktischen Gründen nur der Streamingdienst erläutert werden.277 Bei Spotify handelt es sich nicht um einen Live-Streaming-Dienst, über den Live-Konzerte übertragen werden, sondern um einen Streaming-On-Demand-Dienst. Der 274 Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 § 90d Rz 24. Büchele, RdW 2005, 677 (680). 276 DMR 2013 Austria, 18. 277 Bezüglich Downloaddienste siehe oben Seite 62 ff. 275 80 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Diensteanbieter muss die Dateien, die er dem Nutzer per Stream anbieten will, in seine Datenbank auf dem Serverrechner einspeisen. Dies geschieht mittels Upload. Dieser Upload stellt eine Vervielfältigungshandlung dar, die von den Urhebern der Werke und den Leistungsschutzberechtigten der jeweiligen Darbietung genehmigt werden muss. Der Nutzer erhält mit dem Abschluss eines Abonnements ein „beschränktes, nicht exklusives, widerrufliches Recht zur persönlichen, nicht gewerblichen Nutzung des SpotifyServices“278 („Werknutzungsbewilligung“). Abo-Dienste begrenzen die Werknutzungsbewilligung zeitlich. Wird das Abo gekündigt, erlöschen auch die Werknutzungsbewilligungen zum Abspielen der Musiktracks in der Spotify-Datenbank. Durch den Upload vonseiten des Abodiensteanbieters wird die Musikdatei öffentlich in einer Weise zur Verfügung gestellt, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist (§ 18a UrhG). Der Nutzer hat die Möglichkeit, die Datei dann interaktiv abzurufen. Er kann nämlich sowohl Ort als auch Zeit seines Abrufs wählen. Der Nutzer kann andere Titel anwählen, wenn ihm das gerade wiedergegebene Stück nicht gefällt, er kann vorspulen, zurückspulen oder pausieren. Damit ist die Art der Nutzung eines Abo-Dienstes mit der Nutzung eines handelsüblichen Tonträgers vergleichbar. Der Diensteanbieter muss neben dem Vervielfältigungsrecht auch das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung erworben haben, denn das musikalische Werk wird in Form einer Datei im Internet zum Abruf (On Demand) angeboten. Das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung ist dabei von der AKM zu erwerben, weil es sich bei der öffentlichen Zurverfügungstellung um eine unveränderte Massennutzung handelt. Bei dieser können die Urheberrechte eingeholt werden. Das ergibt sich aus Punkt I.1. lit d der Betriebsgenehmigung und Punkt 2.2. lit h des Wahrnehmungsvertrages der AKM. Der Abonnementdienst wird vom Nutzer verwendet, indem dieser die Datei streamt. Das Streamen ist nach § 41a UrhG als „flüchtige und begleitende Vervielfältigung“ ausdrücklich freigestellt. Auch bei Abodiensten werden schon bestehende Musikaufnahmen in die Datenbank des Abo-Dienstes gespeist. Deshalb ist die Zustimmung ebenfalls vom Tonträgerhersteller bezogen auf die Leistungsschutzrechte einzuholen. Bei interaktiven Diensten, zu denen der Abo-Dienst gehört, sind die Leistungsschutzrechte (Tonträgerhersteller, ausübende Künstler) vom jeweiligen Tonträgerhersteller zu erwerben (§ 76 Abs 1 UrhG), da bei den 278 Spotify Nutzungsbedingungen, 4. 81 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste meisten Aufnahmen ein Tonträgerhersteller tätig ist und diesem vertraglich (durch Künstlervertrag oder Bandübernahmevertrag) die Rechte der Interpreten eingeräumt werden, hat er auch das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung der ausübenden Künstler (§ 71a UrhG). Der Tonträgerhersteller kann für seine Einwilligung einen individuellen Betrag vom Diensteanbieter verlangen. Gleich wie bei Download-Diensten wird bei Abo-Diensten bei Anklicken des jeweiligen Musiktracks das dazugehörige Album-Cover oder Single-Cover angezeigt. Hier sind vom Diensteanbieter ebenfalls die Urheberrechte vom Fotografen oder Grafiker § 3 iVm § 10 Abs 1 UrhG bei Vorliegen eines Werkes oder ansonsten die Leistungsschutzrechte (§ 74 Abs 1 UrhG) einzuholen. Wenn der Fotograf und/oder Grafiker Mitglied der VBK ist, ist diese für die Lizenzerteilung zuständig. In Abbildung 14 sind die Rechteinhaber zusammengefasst dargestellt. Der Rechteerwerb erfolgt von den gleichen Rechteinhabern wie beim Lizenzerwerb für Download-Dienste. Für die Werknutzungsbewilligung von der AKM und austromechana müssen zusammen 12 % der Einnahmen (ohne USt) bezahlt werden. Pro registriertem Nutzer muss der Diensteanbieter mindestens 1,20 € pro Monat bezahlen.279 Bezogen auf die Leistungsschutzrechte ist idR der Tonträgerhersteller zu fragen, da es sich beim AboDienst um einen interaktiven Dienst handelt. Die Rechte am Cover sind vom Fotografen und/oder Designer bzw VBK280 zu erwerben. 279 Tarife für Music und Video On Demand – On Demand Streaming-Dienste, <akm.at/Musiknutzer/OnlineNutzung/Tarifinfo>. 280 Siehe FN 228 auf Seite 70. 82 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Urheberrechte Leistungsschutzrechte Sonstige Rechte Individuell: Kollektiv: Individuell: Kollektiv: Individuell: Kollektiv: ●Komponist und Texter ●AKM ●Fotograf ●VBK ●LSG ●austromechana ●Grafiker ●Tonträgerhersteller ●Musikverlag ●ausübende Künstler Abbildung 14: Rechteerwerb bei Abo-Diensten. Bei Abo-Diensten sind die Rechte idR von AKM und dem Tonträgerhersteller zu erwerben, bei Anzeigen eines Covers ebenfalls von der VBK. Dabei sind jeweils das Vervielfältigungsrecht und das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung zu erwerben. b. Freie Werknutzungen iZm Abodiensten Abodienste sind grundsätzlich Streaming-on-Demand-Dienste. Das Nutzen von Streaming-on-Demand-Diensten unterliegt den freien Werknutzungen nach §§ 41a und 42 UrhG. ba. Flüchtige und begleitende Vervielfältigungen – § 41a UrhG Durch das Streamen werden – wie schon oben beschrieben – flüchtige und begleitende Vervielfältigungen im Pufferspeicher erstellt. Diese Vervielfältigungen sind vom Urheberrecht freigestellt, da sie alle 5 Voraussetzungen für die Freistellung erfüllen: 1) Sie sind vorübergehend, 2) flüchtig, 3) integraler und wesentlicher Bestandteil des Streamingverfahrens, 4) der Zweck der Vervielfältigungen ist die rechtmäßige Nutzung des Werks und 5) die Vervielfältigungen haben auch keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung.281 281 Siehe genauer schon auf den Seiten 63 f. 83 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste bb. Vervielfältigung zum privaten Gebrauch – § 42 Abs 4 UrhG Die Zulässigkeit der Vervielfältigung zum privaten Gebrauch ist auch im Hinblick auf Abonnement-Dienste zu prüfen. Die 5 Voraussetzungen sind erneut zu prüfen. 1) 2) 3) 4) 5) einzelne Vervielfältigungsstücke, privater Gebrauch, keine kommerziellen Zwecke, keine anschließende öffentliche Zurverfügungstellung und das Vorliegen einer rechtmäßigen Quelle. Da diese Prüfung schon iZm Download-Diensten durchgeführt wurde, kann auf diese verwiesen werden und hier eine konzentrierte Darstellung der Problematik in Hinsicht auf Abo-Dienste erfolgen.282 Da es sich um Streamingdienste handelt, ist ein Mitschnitt nicht ohne Weiteres möglich, denn eine solche Möglichkeit wird vom Diensteanbieter durch das Programm nicht angeboten. Daher kann eine dauerhafte Vervielfältigung nur mittels spezieller Aufnahmesoftware erstellt werden. Derartige Programme lassen sich aber leicht im Internet finden. Mithilfe einer solchen Software kann der Nutzer sodann eine vollständige dauerhafte Kopie des gestreamten Werkes erstellen.283 Die Verwendung solcher Programme ist meist durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen.284 Laut aktueller Studie benutzten in Österreich 1,9 Mio Personen im Jahr 2012 eine spezielle Aufnahmesoftware285 oder einen MP3-Converter286. Diese luden durchschnittlich 9,64 Songs pro Monat herunter.287 Dies bedeutet, dass die Rechteinhaber aus diesen Nutzungen keine Lizenzerträge erwirtschaften. Deswegen wird auch gefordert, dass der jeweilige Streamingdiensteanbieter wie zB YouTube auch entsprechend bezahlen sollte. Es stellt sich die Frage, ob das Anfertigen einer digitalen Kopie mittels einer solchen Software zulässig ist. Dieses Mitschneiden wird auch als „Rippen“ bezeichnet. Die Literatur hat sich damit vor allem im Hinblick auf Internetradios beschäftigt. 282 Zur Zulässigkeit der Vervielfältigung zum privaten Gebrauch in Hinsicht auf Download-Dienste, Seite 71 ff. 283 zB Handig, Downloads aus dem Internetradio, ecolex 2005, 921; Beispiele finden sich zB unter <radiotracker.de> oder <mycyberradio.com/de/service/faq/aufnehmen.html>. 284 zB Spotify Nutzungsbedingungen 8., online: <spotify.com/at/legal/end-user-agreement/>; Simfy Nutzungsbedingungen 5.5., online: <corporate.simfy.de/info/terms_of_use/?locale=de>; Rdio Nutzungsbedingungen 4., online: <rdio.com/legal/terms-of-service/>. 285 Beispiele für Aufnahmesoftware sind der Wondershare Streaming Audio Recorder oder der No 23 Recorder. 286 Beispiele für MP 3 Converter sind der AVS Audioconverter und der sehr beliebte Youtube to MP3 Converter von Avangate. 287 IFPI, Digital Music Report 2013 Austria, 18. 84 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Gesonderte Literaturbesprechungen zu Abonnementdiensten wie Spotify fehlen. Die Nutzungsbedingungen von Spotify schließen die Anfertigung einer solchen Aufnahme explizit aus. Danach ist das Kopieren, Vervielfältigen, Rippen, Aufnehmen oder das öffentlich-zugänglich-Machen eines Teils des Spotify-Services nicht erlaubt.288 Mit der Registrierung bei Spotify werden die Nutzungsbedingungen akzeptiert und somit wirksam einbezogen. Man kann nicht sagen, dass solche Klauseln ungewöhnlichen Inhalts wären, sodass sie als überraschend für den Nutzer erscheinen. In Bezug auf Inhalt sowie auf das Erscheinen im Gesamtzusammenhang der Nutzungsbedingungen ist ebenso nicht von einer überraschenden Klausel für den Nutzer auszugehen. Damit besteht diese Klausel die Geltungskontrolle des § 864a ABGB. Die Klausel ist zudem ebenfalls nicht unverständlich formuliert. Gemäß der Inhaltskontrolle ist zu fragen, ob die Klausel den Nutzer gröblich benachteiligt (§ 879 Abs 3 ABGB). Dies ist klar zu verneinen, da die Hauptleistung von Spotify die ordnungsgemäße Nutzung des Dienstes darstellt. Ein Nutzer kann von diesem Dienst nicht erwarten, dass ihm die Möglichkeit gewährt werden soll, vollständige Kopien jedes Musiktracks anzufertigen. Damit wäre das Verbot der Anfertigung von Kopien mittels Aufnahmesoftware in den Nutzungsbedingungen von Spotify gültig. Ebenfalls muss nach hM als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Anfertigung einer Kopie die Kopiervorlage eine rechtmäßige sein.289 In dieser Hinsicht ist aber zu sagen, dass Spotify keineswegs eine offensichtlich rechtswidrige Quelle darstellt, sondern ohne Zweifel legal ist, da Spotify die erforderlichen Lizenzen erworben hat. Wenn ein Nutzer mittels eines speziellen kostenlosen Programms einen Stream mitschneidet, umgeht er auch auf den ersten Blick keinen Kopierschutz, da die Streams ja nicht kopiergeschützt sind. Damit würde auch § 90c UrhG nicht greifen. Demnach wäre das Mitschneiden zum privaten Gebrauch (§ 42 Abs 4 UrhG) erlaubt. Da Spotify in seinen Nutzungsbedingungen das Mitschneiden verbietet, bedeutet ein Zuwiderhandeln eine Vertragsverletzung, die Spotify bei Kenntnis mit Löschen/Sperrung des Kontos ahnden könnte.290 Zudem wären Schadenersatzansprüche denkbar. Nach Auskunft von Spotify seien die Musiktracks, die auf der Spotify-Datenbank liegen, aber DRM-geschützt, da sie auf geschützten Servern liegen. Diese Ansicht scheint mE jedenfalls fragwürdig. Ob die Tatsache, dass Spotify nur das Streamen zulässt, als wirksame technische Maßnahme nach § 90c UrhG angesehen werden kann, ist ebenso anzuzweifeln. In diesem Falle müsste man 288 Spotify Nutzungsbedingungen, 13. Laufzeit und Kündigung, <spotify.com/at/legal/end-user-agreement/>. Siehe oben Seite 72. 290 Spotify Nutzungsbedingungen, 8. Nutzerrichtlinien. 289 85 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste das Beschaffen und Verwenden der Aufnahmesoftware als Umgehung ansehen. Der Durchschnittsnutzer kann sich eine solche Software allerdings leicht beschaffen, weshalb auch die Wirksamkeit der technischen Maßnahme in Zweifel zu ziehen wäre. Das Tatbestandsmerkmal der Wirksamkeit soll aber bekanntlich weit ausgelegt werden. Man wird auf Rechtsprechung zu diesem Thema warten müssen, um letztlich Sicherheit zu haben. ME müsste das Vorhandensein einer technischen Schutzmaßnahme nach § 90c UrhG verneint werden, da keine Technologien, Vorrichtungen oder Bestandteile bei Spotify verwendet werden, die Umgehungen iSd § 90c Abs 1 UrhG – sofern man das Mitschneiden unter einer solchen Umgehung subsumieren will – verhindern oder einschränken. Die bloße Entscheidung eines Anbieters seinen Dienst als Streamingdienst zu betreiben, ist mE noch keine technische Schutzmaßnahme iSd § 90c Abs 2 UrhG. Das Anfertigen einer Kopie mittels Mitschneidesoftware wird durch eine Maßnahme von Spotify zwar nicht verhindert aber etwas eingeschränkt. Die deutsche Verwertungsgesellschaft GVL291, die das Pendant zur österreichischen LSG darstellt, hat solche Maßnahmen sogar in die Betriebsvoraussetzungen für Webcastingbetreiber aufgenommen. Dabei muss ein Diensteanbieter mehrere Voraussetzungen erfüllen, um eine Lizenz von der Verwertungsgesellschaft bekommen zu können. Punkt 6 der Betriebsvoraussetzungen verlangt von den Diensteanbietern bemerkenswerterweise die Implementierung von Maßnahmen zur Verhinderung des Scannens und Aufnehmens des Programms.292 Danach muss bei aufeinanderfolgenden Musikaufnahmen übersprochen oder ineinander übergeblendet werden. Sollte das nicht möglich sein – wie bei Spotify das der Fall ist, da keine „Moderation“ oder Überblendung stattfindet –, so darf die Zeitspanne zwischen den Musiktiteln nicht länger als 0,25 Sekunden betragen. An diese Zeitspanne hält sich auch Spotify. Dies bewirkt, dass ein Nutzer, der einen Track mitschneiden möchte, nicht alle Songs eines ganzen Albums „durchlaufen“ lassen kann, sondern nach jedem Track kurz auf Pause klicken muss. Würde er nämlich das Album von Anfang bis Ende ohne Unterbrechung abspielen, würde er eine große Datei erzeugen, die dann wieder mit spezieller Schneidesoftware in die einzelnen Tracks zerteilt werden müsste. Im Ergebnis wird dadurch das Mitschneiden freilich nicht verhindert, aber für den 291 „GVL – Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten“. GVL Betriebsvoraussetzungen Webcasting Punkt 6, online unter: <gvl.de/pdf/betriebsvoraussetzungenwebcasting.pdf>. 292 86 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Nutzer erschwert. Die Nutzungsbedingungen für Webcasting in Österreich sehen in Punkt 6 dieselben Voraussetzungen vor.293 3. Filesharing Filesharing-Plattformen hebeln die gesamte klassische Wertschöpfungskette der Musikindustrie aus. Sie ermöglichen es, den Nutzern komprimierte Musikdateien schnell, einfach und praktisch kostenlos – sieht man einmal von den Elektrizitätskosten und Internetkosten ab – miteinander zu teilen. Durch das Teilen urheberrechtlich geschützten Materials wird nicht nur die Wertschöpfungskette, sondern damit zusammenhängend die Rechteverwertung in Frage gestellt.294 Urheberrechtlich gesehen bereiten Filesharing-Portale große Probleme. Beim Anbieten bzw Herunterladen von Inhalten über solche Portale werden mehrere urheberrechtlich relevante Handlungen gesetzt. So stellen sich die Fragen, ob der Nutzer einer Filesharingbörse mit seinem Download bzw Upload in eines der Verwertungsrechte eingreift. Weiters stellt sich die Frage, ob der bloß herunterladende Nutzer sich – wenn ein Eingriff zu bejahen ist – auf die Beschränkung der Vervielfältigung zum privaten Gebrauch (§ 42 Abs 4 UrhG) stützen kann. Eingriffe in die ausschließlich dem Urheber zugeordneten Verwertungsrechte ziehen zivilrechtliche – oder sogar strafrechtliche – Ansprüche der Urheber- und Leistungsschutzberechtigten nach sich. Als zivilrechtliche Ansprüche stehen etwa der Unterlassungsanspruch (§ 81 UrhG), der Beseitigungsanspruch (§ 82 UrhG), Anspruch auf angemessenes Entgelt (§ 86 UrhG), Anspruch auf Schadenersatz und auf Herausgabe des Gewinns (§ 87 UrhG) zur Verfügung. Der Anspruch auf Schadenersatz und auf Herausgabe des Gewinns setzt Verschulden des Täters voraus. Auch strafrechtliche Regelungen sind im UrhG vorgesehen. Eine Bestrafung nach § 91 UrhG setzt aber das vorsätzliche Handeln des Täters voraus. 295 Es genügt dolus eventualis, wonach der Täter den Eingriff in die Verwertungsrechte ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet (§ 5 Abs 1 StGB). 293 Die Nutzungsbedingungen Webcasting der LSG wurden leider nicht online veröffentlicht, Auskunft Hr. Thomas Kaiser, LSG. 294 Neef/Blömer in Moser/Scheuermann, Handbuch der Musikwirtschaft, 106. 295 Spreitzer-Kropiunik/Mosing in Kucsko (Hrsg), urheber.recht2 § 91, 3.5. (2008). 87 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste a. Betroffene Verwertungsrechte Da sowohl bei zentraler als auch bei dezentraler Struktur von Filesharingsystemen das Mitglied des Portals gleichzeitig Client und Server sein kann, stellt jedes aktive296 Mitglied seine Dateien öffentlich zur Verfügung.297 Damit wird § 18a UrhG verletzt, sofern urheberrechtlich geschützte Werke zur Verfügung gestellt werden, was der Regelfall ist. Diese Bestimmung ist verletzt, da nur der Urheber das ausschließliche Recht hat, sein Werk drahtgebunden oder drahtlos zur Verfügung zu stellen. Ebenso wird das Werk in einer Weise zur Verfügung gestellt, die es den Mitgliedern der Öffentlichkeit (also den über die Filesharing-Software im Netzwerk gerade angemeldeten Nutzern) erlaubt, von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl darauf zuzugreifen. Der Nutzer einer Tauschbörse hat die Wahl, zu welcher Zeit und von welchem Ort er auf das Angebot zugreift. Das Angebot ist weltweit abrufbar, der Nutzer ist also örtlich nicht gebunden. Dass der Nutzer das Werk zu Zeiten seiner Wahl abrufen können muss, bedeutet jedoch nicht, dass die Möglichkeit des Abrufs 24 Stunden am Tag gegeben sein muss.298 Der Anbieter gewährt einen solchen Abruf, auch wenn er das Werk innerhalb eines kurzen Zeitraumes zur Verfügung stellt. Für eine solche Zurverfügungstellung bedürfte es der Zustimmung der AKM, da es sich um eine unveränderte Massennutzung handelt. Ebenso verstößt der Anbieter gegen die Leistungsschutzrechte der Interpreten und Tonträgerhersteller (§§ 71a, 76 Abs 1 UrhG), da meist schon bestehende Tonträgeraufnahmen über Filesharing öffentlich zur Verfügung gestellt werden. Bei Filesharing-Diensten werden grundsätzlich nur die Dateien zur Verfügung gestellt, die anderen Nutzern freigegeben werden. Einige Dienste haben standardmäßig den Upload aktiviert. Bei anderen ist der Upload gar nicht deaktivierbar. Bei wieder anderen werden nur die Dateien freigegeben, die der Nutzer manuell in den „Shared Folder“ transferiert hat. Einige Filesharing-Programme wiederum stellen die heruntergeladenen Dateien automatisch zum Download für andere bereit. Stellt der Nutzer des Dienstes keine Dateien in diesen Ordner, kann auch folglich keine öffentliche Zurverfügungstellung erfolgen. Bei den meisten Programmen kann man die Anzahl der herunterladenden Mitglieder reduzieren. Durch eine Reduktion auf zB einen herunterladenden Nutzer, stellt der Anbieter seine Dateien aber ebenfalls öffentlich zur Verfügung. Dies liegt daran, dass bei dem Öffentlichkeitsbegriff iSd § 18a UrhG eine 296 Unter einem aktiven Mitglied versteht man eines, das selbst Dateien für andere anbietet. Ein passives Mitglied lädt hingegen Dateien nur herunter, ohne selbst welche anzubieten. Zu den Begriffen: Büchele, Urheberrecht im WWW, 109. 297 Büchele, Urheberrecht im WWW, 109f. 298 Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 § 18a Rz 2. 88 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste sukzessive Öffentlichkeit ausreicht. Bei der Feststellung einer sukzessiven Öffentlichkeit wird die Quantität der Nutzer über einen längeren Zeitraum angesehen. Nicht alle Teilnehmer der Öffentlichkeit müssen gleichzeitig und am selben Ort das Werk konsumieren. Als Öffentlichkeit gilt ein Publikum, das untereinander nicht persönlich verbunden ist.299 Dies ist beim Filesharing immer der Fall. Wenn der Nutzer gar keine Dateien zum Download anbietet, wird oft die Downloadgeschwindigkeit für ihn herabgesetzt oder es wird sogar nicht einmal ein Download ermöglicht. Das Anbieten von urheberrechtlich geschützten Musikdateien verstößt daher gegen das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung. Dies gilt selbstverständlich nicht, sofern freie Werke (etwa unter einer bestimmten CC-Lizenz300 stehende Werke oder Werke, deren Schutzfrist bereits abgelaufen ist), die praktisch gesehen aber (fast) nicht auf Filesharing-Portalen zu finden sind. Ebenfalls wird in das Vervielfältigungsrecht eingegriffen. § 15 UrhG gesteht dem Urheber das ausschließliche Recht zu, „das Werk – gleichviel in welchem Verfahren, in welcher Menge und ob vorübergehend oder dauerhaft – zu vervielfältigen.“ Das passive Mitglied301 eines Filesharing-Netzwerks vervielfältigt das urheberrechtliche Werk durch sein Herunterladen und greift so unzulässig in das Vervielfältigungsrecht ein, da das Mitglied keine entsprechende Werknutzungsbewilligung erworben hat. Das aktive Mitglied vervielfältigt das Werk durch seinen Upload. Die Vervielfältigung geht hier einher mit der öffentlichen Zurverfügungstellung. Manchen Nutzern von Tauschbörsen ist der Eingriff von Urheberrechten gar nicht bewusst. So hat der OGH auch festgehalten, dass „die Funktionsweise von Internettauschbörsen und Filesharing-Systemen bei Erwachsenen nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werden könn[e]“ und damit das Bewusstsein fehlt, dass mithilfe dieser Systeme Verletzungen von Verwertungsrechten begangen werden können.302 Dies betraf jedoch nur das Bewusstsein Erwachsener. Einige Studien zeigen jedoch, dass mittlerweile von einem hohen Bewusstsein der Unrechtmäßigkeit der Benutzung von Filesharingbörsen unter Jugendlichen ausgegangen werden kann.303 Auch hat der deutsche 299 Gaderer in urheber.recht2 § 18a, 4.1. Mehr zu Creative-Commons-Lizenzen unter: <creativecommons.org/licenses/>. 301 Dieses Mitglied lädt Dateien nur herunter, bietet aber selbst keine Dateien an. 302 OGH 22.01.2008, 4 Ob 194/07v, LimeWire, jusIT 2008/27, 65 = RdW 2008/354, 396 = ecolex 2008/165, 449. 303 Siehe etwa die deutsche Studie der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung), nach der nur 6 % der 10- bis 19-Jährigen einen Download aus Tauschbörsen für legal halten, 31: <miz.org/artikel/DCN-Studie_2012.pdf>. 300 89 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste BGH eine Haftung der Eltern für ein minderjähriges Kind grundsätzlich abgelehnt, wenn diese über die Illegalität der Tauschbörse aufgeklärt hatten.304 An dieser Stelle sei zur Vollständigkeit auch eine legale P2P-Tauschbörse erwähnt. iMesh ist die bekannteste legale Tauschbörse. Diese bietet lizenzierte Musiktracks zum Download und Streamen an. Sie ist zentral aufgebaut. Unter Entrichtung einer monatlichen Gebühr kann man Dateien downloaden – daher ist iMesh als eine Mischung zwischen AboDienst und Tauschbörse anzusehen. iMesh bietet nach eigenen Angaben ca 15 Mio Songs und Videos an. Der Dienst ist mit einem zentralen Server eingerichtet, über den die Suchanfragen geschickt werden. Der erstmalige Download einer Datei erfolgt noch vom Server. Die anschließenden Downloads erfolgen dann jedoch von den Clients (=Peers) selbst. So kann der Dienst die Kosten für den Transfer an die Nutzer abgeben. Die Abspiellizenzen müssen jedoch wieder über den zentralen Server aufgerufen werden. Damit ähneln legale Tauschbörsen in ihrer Funktionsweise weitgehend der oben beschriebenen ersten Generation von Tauschbörsen.305 Viele der Tracks der Datenbank können auch gratis heruntergeladen werden. Dies umfasst jedoch nur weitgehend unbekannte freie Werke. Für den Download von lizenzierten Songs der Tonträgerunternehmen muss der Nutzer ein kostenpflichtiges Abo abschließen. Ebenso besteht die Möglichkeit, mit anderen Nutzern in Kontakt zu treten. In der Praxis werden solche legalen Tauschbörsen jedoch nicht sehr häufig genutzt, eine andere legale Tauschbörse namens Mashboxx musste deshalb ihren Dienst wieder einstellen. Server Erstmaliger Download des Musiktracks Client Download der Lizenz Client Client Abbildung 15: Bei legalen Tauschbörsen findet nach dem ersten Download der Austausch unter den Nutzern statt. Die Lizenzen zum Abspielen müssen jedoch immer vom Server abgerufen werden. 304 305 BGH 15. 11. 2012, I ZR 74112, Morpheus, MR 2012, 274. Siehe Abbildung 8 auf Seite 48. 90 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Urheberrechte Leistungsschutzrechte Sonstige Rechte Individuell: Kollektiv: Individuell: Kollektiv: Individuell: Kollektiv: ●Komponist und Texter ●AKM ●Fotograf ●VBK ●LSG ●austromechana ●Grafiker ●Tonträgerhersteller ●Musikverlag ●ausübende Künstler Abbildung 16: Rechteerwerb beim Betrieb legaler Filesharingbörsen. Hier sind die Rechte idR von AKM und den Tonträgerherstellern zu erwerben, bei Anzeigen eines Covers ist auch eine Lizenz von der VBK einzuholen. Berührt sind jeweils Vervielfältigungs- und Zurverfügungstellungsrechte. b. Freie Werknutzungen iZm Filesharing: Vervielfältigung zum privaten Gebrauch – § 42 Abs 4 UrhG Als freie Werknutzungsart kommt insb die Vervielfältigung zum privaten Gebrauch (§ 42 Abs 4 UrhG) infrage. Die Zulässigkeit des bloßen Downloads aus einem Filesharing-Netzwerk wurde höchstgerichtlich noch nicht behandelt.306 Ob der bloße Download zulässig ist, hängt von der Zulässigkeit der Vervielfältigung zum privaten Gebrauch ab. Es sind erneut die 5 Voraussetzungen für die Zulässigkeit zu prüfen: 1) 2) 3) 4) 5) einzelne Vervielfältigungsstücke, privater Gebrauch, keine kommerziellen Zwecke, keine anschließende öffentliche Zurverfügungstellung und das Vorliegen einer rechtmäßigen Quelle. Im Folgenden wird die Voraussetzung des Vorliegens einer rechtmäßigen Vorlage genauer behandelt, da dies in der Praxis die Kernfrage darstellt. In Bezug auf die anderen Voraussetzungen kann auf obige Ausführungen verwiesen werden.307 Nach dem Wortlaut des § 42 Abs 4 UrhG wäre der Download jedenfalls zulässig, denn danach darf jede natürliche Person einzelne Vervielfältigungsstücke zum privaten Gebrauch herstellen. Die Bestimmung erwähnt nicht, ob die Vorlage rechtmäßig sein muss. 306 307 Schmidbauer, <internet4jurists.at/urh-marken/faq_urh1a.htm#tausch>. Siehe iZm Download-Diensten Seite 71 ff. 91 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Ob die Vorlage für eine Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch308 eine rechtmäßige sein muss, hat der OGH erstmals in der Entscheidung „Figur auf einem Bein“309 aus dem Jahr 1998 festgehalten. Hierin sagt er, das Gesetz setze es selbstverständlich voraus, „daß die Vervielfältigung mittels eines rechtmäßig erworbenen Werkstückes geschieht“310. Der OGH verweist dabei bemerkenswerterweise auf den deutschen Kommentar von Nordemann/Vinck/Hertin. Hat also jemand ein Werk unrechtmäßig erworben, so darf er dieses nicht vervielfältigen und sich dabei auf die Vervielfältigung zum privaten Gebrauch stützen. IZm Downloads von Musikstücken aus dem Internet ist aber zu sagen, dass das ursprüngliche Werkstück („Original“) immer bei demjenigen verbleibt, der es zum Download zur Verfügung gestellt hat, es also hochgeladen hat. Der herunterladende Nutzer kann also durch seinen Download nur Vervielfältigungen der Kopiervorlage herstellen. Die ganz überwiegende Lehre sagt dennoch, dass die Vervielfältigung zum privaten Gebrauch nur unter Zuhilfenahme eines rechtmäßig erworbenen Werkstücks oder einer rechtmäßig hergestellten Vorlage geschehen kann.311 Medwenitsch/Schanda vertreten diese Meinung. Sie meinen, da der Gesetzgeber das Erfordernis einer rechtmäßigen Vorlage nicht erwähnt, müsse man diese Bestimmung unter Berücksichtigung von Art 9 Abs 2 RBÜ312 auslegen.313 Philapitsch meint, dass vom Gesetzgeber nicht verlangt werden kann, sämtliche Sachverhalte zu regeln. Er sagt, dass Sinn und Zweck des Urheberrechts es sei, einen Ausgleich zwischen Urhebern und Nutzern zu schaffen. Gerade deswegen dürfe die Vervielfältigung zum privaten Gebrauch nicht zu einer Verbreitung von illegalen Kopien urheberrechtlich geschützter Werke führen.314 Demzufolge sieht er eine rechtmäßige Vorlage als Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Vervielfältigung zum privaten Gebrauch. 308 Zum relevanten Entscheidungszeitpunkt existierte noch keine „Vervielfältigung zum privaten Gebrauch“. OGH 17.03.1998, 4 Ob 80/98p – Figur auf einem Bein. 310 Eigene Hervorhebung. 311 Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 § 42 Rz 30; Kucsko, Geistiges Eigentum 1209f.; Dittrich, ecolex 2002, 186 (187); Stomper, RdW 2003, 368; Philapitsch, MR 2004, 111. 312 Siehe dazu weiter unten beim „Dreistufentest“ auf Seite 87. 313 Medwenitsch/Schanda, Download von MP3-Dateien aus dem Internet: Private Vervielfältigung und rechtmäßig erstellte Vorlage, in FS Dittrich (2000) 219 (227). 314 Philapitsch, Zum Erfordernis einer legalen Quelle für die Digitale Privatkopie, MR 2004, 111 (114). 309 92 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Thiele/Laimer sind hingegen der Meinung, dass keine rechtmäßige Vorlage vorliegen müsse. Sie begründen dies zum einen mit dem Gesetzeswortlaut, der das Vorhandensein einer rechtmäßigen Vorlage nicht erwähnt. Zum anderen würde nach § 42 Abs 4 UrhG ein „Nutzungsrecht kraft Gesetzes“ vorliegen. Damit käme man zu dem Schluss, dass jegliches Herunterladen im privaten Rahmen erlaubt sei. Die „Figur auf einem Bein“-Entscheidung ist nach ihnen nicht vergleichbar, da es beim Download von Filesharingbörsen um die Frage geht, ob die Vorlage rechtmäßig veröffentlicht wurde, und nicht um den rechtmäßigen „Erwerb“. Der rechtmäßige Erwerb sei irrelevant, denn auch das Aufnehmen von Musik vom Radio sei zulässig, ohne Eigentümer der CD zu sein, die vom Radiobetreiber gespielt wird.315 Berücksichtigt man die „Figur auf einem Bein“-Entscheidung iZm § 42 Abs 4 UrhG, so muss man zu dem Ergebnis kommen, dass die Vervielfältigung zum privaten Gebrauch ein rechtmäßig erworbenes Werkstück voraussetzt. Nach Walter müsste man aber, wenn man die „Figur auf einem Bein“-Entscheidung hier beachtet, auch die Entscheidung „Postwurfsendung“ in die Überlegungen mit einbeziehen.316 In dieser Entscheidung hat der OGH ausgesprochen, dass die freie Werknutzung der Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 42c UrhG) auch dann gegeben ist, wenn das Werk von einem Dritten unzulässig bearbeitet wurde. Die Rechtsverletzung der unzulässigen Bearbeitung bleibt demnach vom Rechtfertigungstatbestand des § 42c UrhG unberührt. Da die freien Werknutzungen systematisch zusammengehören, sollte man dieses Ergebnis auch für andere freie Werknutzungsarten anwenden können.317 Beachtet man folglich beide Entscheidungen, bedeutet das für § 42 Abs 4 UrhG, dass die Vervielfältigung zum privaten Gebrauch ein rechtmäßig erworbenes Werkstück voraussetzt, jedoch die unrechtmäßige Bearbeitung oder Herstellung dieses Werkstücks irrelevant ist.318 Da der OGH in der Entscheidung „Postwurfsendung“ ausspricht, dass die aus einer unzulässigen Bearbeitung resultierende Rechtsverletzung vom Rechtfertigungstatbestand des § 42c UrhG unberührt bleibt, müsste man auch annehmen, dass das Umgehen einer geschützten technischen Maßnahme (§ 90c UrhG) als Rechtsverletzung vom Rechtfertigungstatbestand des § 42 Abs 4 UrhG nicht berührt wird. Daraus kann man 315 Thiele/Laimer, ÖBl 2004/17, 52 (54). OGH 23.5.2000, 4 Ob 134/00k – Postwurfsendung, MR 2000, 379 (Walter). 317 Thiele/Laimer, ÖBl 2004/17, 52 (54). 318 Kössler, Die Vervielfältigung zum privaten Gebrauch im Zusammenhang mit der Internetnutzung, in Jaksch-Ratajcak/Stadler (Hrsg), Aktuelle Rechtsfragen der Internetnutzung (2011) 163 (176f). 316 93 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste folgern, dass § 42 Abs 4 UrhG nicht das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal einer rechtmäßigen Vorlage enthalten kann. Nach Kössler darf gleichfalls die Vervielfältigung zum privaten Gebrauch nicht als unzulässig erachtet werden, wenn die Vorlage ein unrechtmäßig zur Verfügung gestelltes Werkstück ist. Hätte der Gesetzgeber dies gewollt, hätte er eine Regelung iSd §§ 56–56c UrhG erlassen, durch die bestimmte freie Werknutzungsarten für unzulässig erklärt werden, wenn dafür „ein Bild- oder Schallträger benutzt wird, der mit Verletzung eines ausschließlichen Rechtes, das darauf festgehaltene Werk zu vervielfältigen oder zu verbreiten, hergestellt oder verbreitet worden ist.“319 In der Entscheidung ging es mE jedoch um ein andersgeartetes Problem, nämlich darum, ob der Ersteller einer Vervielfältigung die Vorlage für die Vervielfältigung rechtmäßig erworben hat. Bei der Frage der Zulässigkeit der Privatkopie iZm FilesharingDiensten geht es jedoch um die Frage, ob das Werk rechtmäßig öffentlich zur Verfügung gestellt wurde oder ob die Anfertigung einer Privatkopie voraussetzt, dass man das Original zuvor rechtmäßig erworben hat. 320 Mehrere Autoren, die die Notwendigkeit einer rechtmäßigen Vorlage in § 42 Abs 4 bejahen, lehnen die Anwendbarkeit der „Figur auf einem Bein“-Entscheidung bei dieser Frage ab.321 Diese Autoren sprechen sich zur Beantwortung der Frage, ob eine rechtmäßige Vorlage bestehen muss, für die Anwendbarkeit des Dreistufentests („Three Step Test“) aus.322 Nach diesem ist zu messen, ob Urheberinteressen nicht zu sehr beeinträchtigt werden, sodass eine Vervielfältigung für den Nutzer nicht rechtmäßig ist. Als rechtliche Grundlage für den Dreistufentest sind drei Quellen anzugeben. Diese sind Art 9 Abs 2 RBÜ323, Art 13 TRIPS-Abkommen324 und Art 5 Abs 2 lit b iVm Art 5 Abs 5 RL 2001/29/EG. Danach kann eine Vervielfältigung zulässig sein, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt werden. Eine Vervielfältigung ist zulässig, wenn 1) es sich um Sonderfälle handelt, 2) die normale kommerzielle Auswertung des Werkes nicht beeinträchtigt wird und 3) die berechtigten Interessen des Urhebers nicht unzumutbar verletzt werden.325 319 Kössler, in Jaksch-Ratajcak/Stadler, Aktuelle Rechtsfragen der Internetnutzung, 163 (176). Schachter in urheber.recht2 § 42, 6.; Noll, ÖSGRUM 31, 8; Philapitsch, MR 2004, 111 (112). 321 zB Philapitsch, MR 2004, 111 (112); Schachter in urheber.recht2 § 42, 6.; aA Noll, MR 2004, 400 (404). 322 zB Noll, MR 2004, 400; Medwenitsch/Schanda in FS Dittrich, 219 (226). 323 Revidierte Berner Übereinkunft (Pariser Fassung) zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst vom 13. November 1908, idF BGBl Nr 319/1982. 324 Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (Agreement on TradeRelated Aspects of Intellectual Property Rights), BGBl Nr 1/1995 Anhang 1C idF 1995/379. 325 Schachter in urheber.recht2 § 42, 6. 320 94 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Bei Prüfung der ersten Stufe ist zu sagen, dass bei der digitalen Privatkopie nicht von einem „bestimmten Sonderfall“ gesprochen werden kann.326 Ein Sonderfall ist gegeben, wenn eine solche Vervielfältigung die normale Auswertung des Werkes nicht beeinträchtigt und auch keine berechtigten Interessen des Urhebers verletzt.327 Verträte man diese Meinung, wäre die digitale Privatkopie bereits nach Prüfung der ersten Stufe unzulässig. In völkerrechtlichen Verträgen wird der Dreistufentest jedoch reduziert auf einen Zweistufentest. Diese Reduktion lässt die erste Stufe, dh die Prüfung des Vorhandenseins eines Sonderfalles außer Acht.328 Die zweite Stufe fragt danach, ob die Zulässigkeit der Vervielfältigung von einer rechtswidrig hergestellten Vorlage die „normale wirtschaftliche Auswertung des Werkes“ beeinträchtigen würde.329 Hier ist zu sagen, dass eine Beeinträchtigung der normalen wirtschaftlichen Auswertung durchaus als gegeben anzunehmen ist, da der kostenlose Download einer unrechtmäßigen Vorlage in Konkurrenz zu den legalen Märkten steht. Mittlerweile existieren legale Downloadportale, bei denen Musiktitel gegen Entgelt heruntergeladen werden können. Gegenüber jenen Portalen kann es bei diesen Portalen zu wirtschaftlichen Verschlechterungen kommen, wenngleich der Schaden nicht 1:1 umzulegen ist, da nicht jeder, der von einer unrechtmäßigen Quelle herunterlädt, den Musiktrack andernfalls legal gekauft hätte. Eine Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Auswertung ist daher jedenfalls als gegeben anzusehen.330 Noll bekundet, dass mit der „normalen Auswertung“ auch die der Norm entsprechende Auswertung gemeint sein soll. Damit wäre eine unrechtmäßige Auswertung schon unter Betrachtung dieses Wortsinns nicht zulässig.331 Die wirtschaftliche Auswertung wird jedoch eigentlich nicht nur durch § 42 Abs 4 UrhG beeinträchtigt, sondern va durch die unrechtmäßige Zurverfügungstellung nach § 18a UrhG.332 Die Vervielfältigung zum privaten Gebrauch auf Grundlage einer unrechtmäßigen Vorlage scheitert also jedenfalls an der zweiten Prüfstufe. 326 Noll, ÖSGRUM 31, 40; Noll, MR 2004, 400 (402). Schachter in urheber.recht2 § 42, 6. 328 Walter, UrhG 2006, Vor §§ 41 ff 2.2. 329 Experten fordern nun, dem wirtschaftlichen Fokus nicht zu viel Gewicht zukommen zu lassen, im Gegenzug dazu soll dem öffentlichen Interesse mehr Beachtung zukommen; <heise.de/newsticker/meldung/Experten-fordern-mehr-Balance-im-Urheberrecht-189702.html>. 330 Noll, ÖSGRUM 31, 41; Noll, MR 2004, 400 (403); Medwenitsch/Schanda in FS Dittrich, 226. 331 Noll, ÖSGRUM 31, 42f; Noll, MR 2004, 400 (403); aA Dittrich, ÖSGRUM 33, 103f. 332 Schmidbauer, FAQ zum Urheberrecht – UrhG: 10.2. Darf ich Musik-Dateien von Tauschbörsen herunterladen?, <internet4jurists.at/urh-marken/faq_urh1a.htm#tausch>. 327 95 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Die dritte Prüfstufe besagt, dass die Beschränkung oder Ausnahme den „berechtigten Interessen des Rechteinhabers“ nicht zuwiderlaufen darf. Durch das illegale Vervielfältigen erhält der Rechteinhaber keinerlei gesetzliche oder sonstige Vergütung als gerechten Ausgleich.333 Dies verletzt zweifelsohne die Interessen des Rechteinhabers. Somit würde die Prüfung auch auf der dritten Stufe scheitern. 3.Stufe 2.Stufe 1.Stufe Ist die digitale Privatkopie ein Sonderfall? Ist die normale wirtschaftliche Auswertung des Werkes beeinträchtigt? Sind berechtigte Interessen der Rechteinhaber verletzt? Abbildung 17: Der Dreistufentest (Art 9 Abs 2 RBÜ, Art 13 TRIPS-Abkommen und Art 5 Abs 2 lit b RL 2001/29/EG). Ist eine der Fragen mit ja zu beantworten, besteht eine Erlaubnis zur Vervielfältigung zum privaten Gebrauch. Von manchen wird die Meinung vertreten, dass der Dreistufentest nur bei Verwendung einer rechtmäßigen bzw rechtmäßig hergestellten Vorlage, bestanden wird.334 Für diese Meinung wird als Argument die „Ludus tonalis“-Entscheidung335 angegeben. Nach dieser Entscheidung stehe § 42 UrhG idF des BGBl Nr 612/1989 iZm Notenmaterial mit dem Dreistufentest nicht im Einklang. Die Beklagte war Musiklehrerin und hat ihren Schülern drei Kopien der gedruckten Noten des Werkes „Ludus tonalis“ von Paul Hindemith zum Zwecke des Übens übergeben. Klägerin war der Verlag, der zur ausschließlichen Werknutzung dieser Komposition von Hindemith berechtigt war. Dabei hält der OGH fest, dass das Fotokopieren von Musiknoten mittlerweile so üblich geworden ist, dass die Zahl der Kopien ebenfalls in Österreich in die Millionen gehen dürfte. Daraus ergibt sich, dass das Kopieren von Noten die berechtigten Interessen des Urhebers unzumutbar verletzt. Genau dies ist die Fragestellung auf der 3. Prüfstufe des Dreistufentests. Irrelevant ist dabei, dass die Beklagte bloß drei Vervielfältigungstücke angefertigt hat. Ebenfalls spricht der OGH aus, dass die „normale Auswertung des Werks“ 333 Noll, ÖSGRUM 31, 43f; Noll, MR 2004, 400 (404); Medwenitsch/Schanda in FS Dittrich, 226. So Noll, MR 2004, 400 (404); Schachter in urheber.recht2 § 42, 6. 335 OGH 31.01.1995, 4 Ob 143/94 – Ludus tonalis – ÖBl 1995, 184. 334 96 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste (2. Prüfstufe) beeinträchtigt ist, denn gerade in der E-Musik erfolgt der Vertrieb von Notenmaterial durch einen Verlag, der damit einen angemessen Gewinn erzielen kann. Zusammenfassend ist zu sagen, dass eine unrechtmäßige Vorlage oder unrechtmäßig hergestellte Vorlage dann gegeben ist, wenn 1) ein Vervielfältigungsstück angefertigt wurde, um es dann der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen (§ 42 Abs 5 UrhG) oder 2) eine wirksame technische Schutzmaßnahme iSd § 90c Abs 2 UrhG umgangen wurde. Ersteres ist idR bei Filesharing-Systemen der Fall. Die Person, die die Datei anbietet, stellt sie öffentlich zur Verfügung. Damit werden (fast alle) hochgeladenen Werke zu unrechtmäßig hergestellten Vorlagen. Die unrechtmäßige Vorlage wird von der hochladenden Person erzeugt. Jemand der Kopien von dieser Vorlage herunterlädt, ist sehr wohl vom Verbotsrecht des Vervielfältigungsrechtes erfasst, da er sich – folgt man den obigen Ausführungen – nicht auf § 42 Abs 4 UrhG stützen kann.336 § 42 Abs 5 UrhG stellt klar, dass eine Vervielfältigung zum privaten Gebrauch nicht vorliegt, „wenn sie zu dem Zweck vorgenommen wird, das Werk mit Hilfe des Vervielfältigungsstückes der Öffentlichkeit zugänglich zu machen“. Eine Klarstellung durch den Gesetzgeber wäre angesichts der unterschiedlichen Meinungen dennoch sehr zu begrüßen. 4. Internetradio Internetradiodienste lassen sich unterteilen in Simulcasting- und Webcastingdienste, welche vergleichbar sind mit dem herkömmlichen UKW-Radio, und personalisierte Webradios.337 Webcastingdienste ließen sich noch unterteilen in nichtinteraktive und interaktive Webcastingdienste, wobei personalisierte Webradiodienste die auf die „Spitze getriebenen“ interaktiven Webcastingdienste sind. Zuerst soll das sog „Sendeprivileg“ genauer erklärt werden, da dieses von großer Relevanz für das Verständnis des Problems der verwertungsrechtlichen Einordnung der Internetradiodienste ist. Danach werden Simulcasting- und Webcastingdienste rechtlich analysiert. Im Anschluss daran wird eine verwertungsrechtliche Einordnung der personalisierten 336 337 aA Dalus, Der Download aus Filesharingbörsen, ecolex 2009, 1066 (1068). Siehe Teil II, Seite 50 ff. 97 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Webradios versucht, denen wegen der verschiedenen Literaturmeinungen und den komplexen Funktionen („Präferenzfunktion“) besonderes Augenmerk zukommen soll. Am Ende sollen noch mögliche freie Werknutzungen iZm diesen drei Arten von Internetradiodiensten behandelt werden. a. Betroffene Verwertungsrechte aa. Das Sendeprivileg Die Subsumtion unter das jeweilige Verwertungsrecht ist va für die Inhaber der Leistungsschutzrechte von immenser Bedeutung. Den ausübenden Künstlern und Tonträgerherstellern steht nur bei der öffentlichen Zurverfügungstellung ihrer Leistungen ein ausschließliches Verbotsrecht in § 71a UrhG zu. Werden ihre Leistungen hingegen nur iSd § 17 UrhG gesendet, so haben sie bloß einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung (§ 76 Abs 3 UrhG). Sie können aber das Senden nicht verbieten, da ihnen das Gesetz kein ausschließliches Verbotsrecht zuerkennt (§ 70 Abs 2 UrhG). § 70 Abs 2 UrhG normiert nämlich, dass für eine Rundfunksendung mithilfe von Bild- oder Schallträgern eine Einwilligung der Rechteinhaber nicht erforderlich ist. Dieser Absatz spricht zwar nur von einer „Rundfunksendung“, da § 70 Abs 1 UrhG aber einen Verweis auf § 17 UrhG enthält, wird angenommen, dass jegliche Übertragungsart, die unter § 17 UrhG fällt, auch unter § 70 Abs 2 UrhG fällt.338 Die ausübenden Künstler sowie der Tonträgerhersteller müssen dabei nicht gefragt werden. Dies gilt jedoch nur für handelsübliche Bild- und Schallträger, umschließt also etwa Demo-Bänder nicht. Wird ein „zu Handelszwecken hergestellter Schallträger“ gesendet, was der Regelfall ist, so bekommt der Tonträgerhersteller eine „angemessene Vergütung“ nach § 76 Abs 3 UrhG. Die ausübenden Künstler haben ihrerseits einen Anspruch auf Beteiligung an dieser Vergütung. Diese wird von der LSG kassiert, welche die eingenommenen Beträge den ausübenden Künstlern und Tonträgerherstellern mangels anderer vertraglicher Vereinbarung zu einem Schlüssel von 50:50 zuteilt (§ 76 Abs 3 UrhG). Als „Sendeprivileg“ bezeichnet man den Umstand, dass auf handelsüblichen Tonträgern erschienene Musikstücke ohne Nachfrage bei den Tonträgerherstellern und ausübenden Künstlern gesendet werden dürfen (§ 70 Abs 2 UrhG). Die Verwertungsart der Sendung von handelsüblichen Tonträgern ist also gegenüber den übrigen Verwertungsarten 338 Schumacher in urheber.recht2 § 70. 2. 98 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste privilegiert. Dieses gilt auch für die Sendung öffentlich zur Verfügung gestellter Audiodateien. Dabei wurde Musik zwar nicht auf Tonträger gepresst, sondern digital im Internet zur Verfügung gestellt, der Gesetzgeber bezeichnet diese Musikdateien in § 76 Abs 3 1. Satz verwirrenderweise aber auch als „Schallträger“. Immer wieder gibt es einzelne Rufe der Musikindustrie, das Sendeprivileg abzuschaffen.339 Angeführte Argumente sind hierbei, dass die Radiobetreiber kein Geld oder sonstigen Aufwand in den Aufbau der Künstler stecken, sondern nur die aufgenommenen Musikstücke spielen. Historisch gesehen wurde das Sendeprivileg geschaffen, um den damals neu entstehenden Radiostationen zu helfen, wirtschaftlich überleben zu können. Würde das Sendeprivileg abgeschafft, so könnte die Musikindustrie in das Programm der Radiobetreiber eingreifen, indem sie beliebte Stücke nur um eine hohe Vergütung lizenziert und noch unbekannte zB unentgeltlich lizenziert. Einige Vertreter der Musikindustrie möchten daher schon seit Jahren das Sendeprivileg auf den traditionellen Hörfunk einschränken. Durch das jetzige Sendeprivileg sind nämlich nicht nur klassische Sendeunternehmen bevorzugt, sondern auch gewisse Internetradiodienste.340 Diese gesetzliche Konstruktion bringt es mit sich, dass die Tonträgerhersteller möglichst viele Online-Musikdienste unter das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung eingeordnet sehen wollen. Beweggrund ist nicht so sehr ein finanzieller, sondern vielmehr ein strategischer. Die Tonträgerhersteller wollen mit dem Diensteanbieter autonom verhandeln können und ihn so dazu bringen, nicht nur die Hits in das Sortiment aufzunehmen, sondern auch andere weniger bekannte Titel zu spielen und so bekannter zu machen.341 Auch der finanzielle Aspekt ist aber nicht außer Acht zu lassen. Bei Anwendbarkeit des Sendeprivilegs werden sämtliche Musiktitel „über einen Kamm geschoren“ – neue Musiktitel kosten so gleich viel wie ältere Hits, die ihr Geld schon vor langer Zeit eingespielt haben. Bei einer individuellen Vereinbarung könnte Rücksicht auf zB neuere Musiktitel genommen werden, indem diese teurer lizenziert werden und ältere Titel hingegen günstiger. Die Betreiber personalisierter Webradios möchten sich ihrerseits auf das Sendeprivileg stützen können. So müssen sie nicht in autonome Verhandlungen mit den Tonträgerherstellern treten, die als Ergebnis nicht nur zu 339 Siehe zB <zdnet.de/39141369/musikindustrie-will-zahlreiche-online-radios-schliessen-lassen>. <zdnet.de/39141369/musikindustrie-will-zahlreiche-online-radios-schliessen-lassen>. 341 Dokalik, Musik-Urheberrecht, Rz 294. 340 99 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste einer teureren Lizenz führen können, sondern von den Tonträgerherstellern auch an eventuell nicht gewünschte Bedingungen geknüpft werden kann. ab. Simulcasting und Webcasting Simulcasting- und Webcastingbetreiber bieten Musik zum Streamen an. Diese Diensteanbieter müssen also vorab auf ihren Webservern die musikalischen Werke digital gespeichert haben, um sie auch den Kunden als Stream übermitteln können. Durch diese Dienste werden die den Urhebern exklusiv zugeschriebenen Verwertungsrechte berührt. Da „Internetradio“ schon vom Wortlaut her an Radio und damit das Senderecht (§ 17 UrhG) erinnert, ist es nicht verwunderlich, dass der Dienst meist auch dieser Verwertungsart zugeordnet wird. Simulcasting- und Webcastingdienste funktionieren idR unentgeltlich für den Nutzer. Sie finanzieren sich durch Werbung und Sponsoring. Die Diensteanbieter müssen zuerst die von ihnen zu spielenden Musiktitel in ihre Datenbank hochladen. Dies stellt bekanntermaßen einen Eingriff in das Vervielfältigungsrecht nach § 15 UrhG dar.342 Da Simulcasting- und (nicht-interaktive) Webcastingdienste dem Nutzer die gleichen Einflussmöglichkeiten wie herkömmliche Radios bieten, ist die Übermittlung der Werke mE als Sendung iSd § 17 UrhG einzustufen, denn es werden urheberrechtlich geschützte Inhalte übertragen, auf die der Nutzer keinen Einfluss hat. 343 Der Nutzer kann nämlich nicht in den Beginn der Sendung, den Sendeablauf und den Inhalt der Sendung eingreifen. Er kann zwar den Dienst nach Belieben starten und stoppen, mehr Einflussmöglichkeiten kommen ihm jedoch nicht zu. Hat der Nutzer einmal den Dienst gestartet, so bietet sich ihm ein fix vorgefertigtes Sendeprogramm. Mit der Wahl des Radiodienstes kann der Nutzer lediglich uU das Musikgenre wählen, indem er zB einen Radiodienst aufruft, der auf Reggae-Musik spezialisiert ist. Auch die Tatsache, dass der Simulcastingdienst von Ö3 etwa eine Playlist anzeigt, die die nächsten 2 Musiktracks anzeigen, ist für das Bestehen eines interaktiven Abrufs zu wenig, denn auch im Hörfunk wird zT angekündigt, welche Songs in naher Zukunft gespielt werden.344 Das Senderecht ist in diesem Fall von der AKM zu erwerben, da es sich bei der Sendung über das Internet um eine unveränderte Massennutzung handelt. Die AKM 342 Zur Einordnung des Uploads als Eingriff in das Vervielfältigungsrecht siehe schon Seite 54 ff. Siehe genauer die Kriterien auf Seite 108 ff. 344 Vgl den Ö3-Simulcastingplayer unter <ms01.oe3.fm/oe3metafiles/Player/Player.html>. 343 100 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste übernimmt hier die kollektive Wahrnehmung der Urheberrechte. Dies ergibt sich aus Punkt I.1. lit a der Betriebsgenehmigung und des Punktes 2.2. lit b des Wahrnehmungsvertrages der AKM. Zusätzlich zum Senderecht ist bei Online-Diensten immer auch das Vervielfältigungsrecht zu erwerben. Das Vervielfältigungsrecht ist als mechanisches Recht von der austromechana zu erwerben. Bei einem Internetradiodienst handelt es sich um eine Form der Online-Nutzung. Die austromechana hat – wie schon bei den vorher behandelten Musikdiensten erwähnt – die AKM beauftragt, den Rechteerwerb für alle Formen der Online-Nutzung zu erledigen, da hier zwangsläufig immer das Vervielfältigungsrecht ebenfalls lizenziert werden muss.345 Als Diensteanbieter muss man sich demnach nur an die AKM wenden. Auch bei Simulcasting- und Webcastingdiensten werden schon bestehende Musikaufnahmen in die Datenbank des Diensteanbieters gespeist. Deshalb ist auch die Zustimmung vom Tonträgerhersteller bezogen auf die Leistungsschutzrechte einzuholen. Bei diesen beiden Diensten handelt es sich um nicht-interaktive Dienste. Bei solchen Diensten sind die Leistungsschutzrechte mE von der Verwertungsgesellschaft zu erwerben (§ 76 Abs 3 letzter Satz UrhG). Die Zuständigkeit der LSG ergibt sich mE für Tonträgerhersteller aus Punkt I.1. lit d der Betriebsgenehmigung der LSG346 sowie Punkt 1.1. lit a des LSG-Wahrnehmungsvertrages für Schallträgerhersteller347, denn Punkt 1.6. stellt klar, dass dem „Rundfunk“ eine Sendung mit Draht (Leiter) gleichgestellt ist. Für ausübende Künstler ergibt sich ihre Zuständigkeit aus Punkt II.1. lit f der Betriebsgenehmigung sowie 2.1. lit a des LSG-Wahrnehmungsvertrages für Interpreten348. Da bei den meisten Aufnahmen ein Tonträgerhersteller tätig ist und diesem vertraglich die Rechte der Interpreten eingeräumt werden, hat dieser auch das Senderecht der ausübenden Künstler (§ 70 Abs 1 UrhG). Wird bei Simulcasting- oder nicht-interaktiven Webcastingdiensten bei Start des Programms das zum Musiktrack dazugehörige Album-Cover oder Single-Cover angezeigt, was in der Praxis nur bei den Anbietern mit hoher Hörerzahl, va den öffentlichrechtlichen wie Ö3, vorkommt, sind hier ebenfalls die Urheberrechte vom Fotografen oder 345 <akm.at/Musiknutzer/Online-Nutzung/Fragen_und_Antworten>. Abrufbar unter <verwges-aufsicht.justiz.gv.at>. 347 Abrufbar unter <lsg.at/lsgvertrag.pdf>. 348 Abrufbar unter <vipcc.at/files/32/Formular_LSGWNVertrag_f%C3%BCr_Interpreten,_weltweit,_7.3.2013.pdf>. 346 101 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Grafiker (§ 3 iVm § 10 Abs 1 UrhG) oder Leistungsschutzrechte bei Nichtvorliegen eines Werks einzuholen (§ 74 Abs 1 UrhG). Wenn der Fotograf und/oder Grafiker Mitglied der VBK ist, ist die Lizenz von dieser einzuholen, denn auch das Senderecht ist von der Betriebsgenehmigung349 und vom Wahrnehmungsvertrag umfasst. In Abbildung 18 sind die Rechteinhaber noch einmal zusammengefasst dargestellt. Demnach muss sich der Diensteanbieter bezüglich der Urheberrechte an die AKM wenden. Da die austromechana die AKM mit der Einräumung von Online-Rechten beauftragt hat, genügt es, sich bloß an die AKM zu wenden. In Österreich fanden zwar Verhandlungen zwischen der Vertretung der Radiobetreiber und den Verwertungsgesellschaften zur Festlegung eines Gesamtvertrages statt, diese endeten aber ohne Ergebnis. 350 Deshalb bestehen Einzelvereinbarungen mit den Betreibern. Für Privatradios, die ebenfalls im Simulcast senden, gibt es aber eine Rahmenvereinbarung mit der Wirtschaftskammer Österreich. In dieser Rahmenvereinbarung finden sich 3 Abstufungen, die nach der Größe des terrestrischen Empfangsgebiets aufgeteilt sind: Bundesweite Simulcaster351 zahlen einen Pauschalbetrag von € 300,- pro Monat, regionale Simulcaster, wie zB Antenne Salzburg zahlen € 200,- pro Monat, lokale Simulcaster wie zB Radio Soundportal zahlen € 100,- pro Monat.352 Hier kommt es also nicht auf die konkrete Hörerzahl an, sondern auf die Größe des Empfangsgebiets. Aufgrund dieser Rahmenvereinbarung müssen weitere individuell zugeschnittene Vereinbarungen ausverhandelt werden. Für öffentlich-rechtliche Sender gibt es gesondert ausverhandelte Vereinbarungen. Für die Werknutzungsbewilligung von der AKM und austromechana müssen bei nichtinteraktivem Webcasting zusammen 12 % der Einnahmen (ohne USt) bezahlt werden. Es gelten ebenfalls Mindestsätze. Diese orientieren sich nach der maximalen Anzahl der gleichzeitigen Hörer. Die maximal gleichzeitigen Hörer sind die Anzahl der Hörer, welche pro Stunde maximal den Dienst bzw verschiedene Kanäle desselben Dienstes nutzen können. Bis maximal 50 Hörer gilt der gesamte (AKM + austromechana) Mindestsatztarif von € 30,- pro Monat. Bei 51 bis 100 Hörern gilt der Mindestsatztarif von € 75,- pro Monat. Bei 101 bis 500 gilt der Mindestsatztarif von € 225,-. Bei 501 bis 1.000 Hörer gilt der Tarif von € 375,-. Für je weitere angefangene 1.000 Hörer werden neben den € 375,- 349 Punkt I.1. lit d der konsolidierten Version der Betriebsgenehmigung in der Fassung des Bescheids der KommAustria, KOA 9.117/10-018 vom 28.5.2010, online: <verwges-aufsicht.justiz.gv.at>, § 1 Z 1 lit d Wahrnehmungsvertrag VBK: <vbk.at>. 350 Handig, ecolex 2005, 921 (922). 351 Das ist zurzeit nur Krone Hitradio. 352 Auskunft AKM, Hr. Flenreisz. 102 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste abermals € 150,- gefordert.353 Je mehr Hörer ein Sender hat, desto teurer wird es also für den Diensteanbieter. Die LSG kassiert aufgrund des „Sendeprivileges“ (§ 70 Abs 2, § 76 Abs 3 UrhG) eine „angemessene Vergütung“. Die Rechte am Cover sind von Fotograf oder Designer bzw VBK354 zu erwerben. Urheberrechte Sonstige Rechte Leistungsschutzrechte Individuell: Kollektiv: Individuell: Kollektiv: Individuell: Kollektiv: ●Komponist und Texter ●AKM ●Fotograf ●VBK ●LSG ●austromechana ●Grafiker ●Tonträgerhersteller ●Musikverlag ●ausübende Künstler Abbildung 18: Rechteerwerb bei Simulcasting- und nicht-interaktiven Webcasting-Diensten. Bei diesen Diensten sind die Rechte von der AKM und mE von der LSG zu erwerben, bei Anzeigen eines Covers sind ebenfalls Rechte von der VBK zu erwerben. Berührt sind jeweils Vervielfältigungs- und Senderechte. Dabei ist zu betonen, dass dies nicht gänzlich der derzeitigen Praxis der AKM in Österreich entspricht. Diese ordnet zwar Simulcasting-Dienste dem Senderecht zu, wollen jedoch Webcastingdienste jedenfalls dem Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung zuordnen – egal ob diese interaktiv funktionieren oder nicht. Diese Dienste werden pauschal nach den Tarifen für Webcasting abgerechnet, wobei es unterschiedliche Tarife gibt, je nachdem ob interaktive Elemente vorhanden sind oder nicht.355 In der Praxis spielt es dabei für die AKM keine große Rolle, ob der Dienst § 17 oder § 18a UrhG unterzuordnen ist, da die AKM ohnehin beide Verwertungsarten lizenziert. Eine Rolle spielt die Zuordnung aber für die in der Folge anwendbaren Tarife sowie in ganz entscheidendem Maße für die Leistungsschutzberechtigten. In diesem Zusammenhang prüft die LSG nach den „Nutzungsbedingungen für Webcastingbetrieber“356. Kommt sie zu dem Schluss, dass der Dienst diese Nutzungsbedingungen erfüllt, so ist der Dienst dem Senderecht zuzuordnen und der LSG eine „angemessene Vergütung“ zu entrichten. Werden die Nutzungsbedingungen nicht erfüllt, so greift der Dienst in das Recht der 353 Tarife für Webcasting, <akm.at/Musiknutzer/Online-Nutzung/Tarifinfo>. Siehe FN 228 auf Seite 70. 355 Siehe Tarife für Webcasting, <akm.at/Musiknutzer/Online-Nutzung/Tarifinfo/>. 356 Siehe unten Seite 113. 354 103 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste öffentlichen Zurverfügungstellung ein und der Dienst hat mit den Tonträgerherstellern autonom zu verhandeln. Eine pauschale Zuordnung sämtlicher Webcastingdienste unter das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung – wie es die AKM vornimmt – ist mE abzulehnen. Vielmehr sollte auch hier eine Einzelfallentscheidung vorgenommen werden. Eine Unterordnung von nicht-interaktiven Webcastingdiensten unter das Zurverfügungstellungsrecht ist mE nicht richtig, denn diese Art von Webcastingdiensten erlaubt keinerlei Eingriff durch den Nutzer.357 Die Tatsache allein, dass das Programm über Internet übertragen wird, erlaubt mE dem Nutzer als Mitglied der Öffentlichkeit nicht, das Werk von Orten und zu Zeiten seiner Wahl abzurufen. Hier müsste mE das Senderecht greifen. Simulcasting-Dienste sind dem Sendebereich zuzuordnen. Nicht-interaktive Webcasting-Dienste sind mE ebenfalls dem Sendebereich zuzuordnen. ac. Personalisierte Webradios Als personalisierte Webradios bezeichnet man Internetradiodienste, die einen nutzerseitigen Eingriff in die Playlist erlauben. Sie sind also eine Variante der interaktiven Webradiodienste mit Präferenzfunktion. Zu diesen zählen beispielsweise Aupeo.com, der Radiodienst von Spotify oder Rdio. Weitere Bekanntheit hat vor allem der personalisierte Webradiodienst Last.fm. Dieser hat zwar seinen Radiodienst in Österreich mit 15. Jänner 2013 eingestellt, dennoch ist es weiterhin möglich, die Last.fm-Software namens „Scrobbler“ zu verwenden, die eine Personalisierung ermöglicht, da sie mit anderen Radiodiensten kompatibel ist. Personalisierte Webradios sind interaktive Webcastingdienste mit „Präferenzfunktion“. Aupeo, der Radiodienst von Spotify und Rdio funktionieren sehr ähnlich. Da diese alle dieselbe Art von Präferenzfunktion integriert haben, gelten die Ausführungen für alle Dienste gleichermaßen. Die Präferenzfunktion erlaubt es dem Nutzer, das Radioprogramm gemäß seinen Vorstellungen zurechtzuschneidern. Die Einflussmöglichkeiten sind mannigfaltig. Alle drei genannten Dienste gewähren zB das Überspringen von gerade laufenden Titeln, oder die Möglichkeit den Titel anzuhalten, manche Dienste haben ein Bewertungssystem 357 Siehe unten genauer Seite 109 ff. Nicht-interaktive Webcasting-Dienste sowie Simulcasting-Dienste finden sich zB unter <radio.at>. 104 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste („Lieben-Bannen-Funktion“) integriert. Der Nutzer kann hier die Songs bewerten und so mit einer hohen Bewertung dafür sorgen, dass dieser Titel öfter gespielt wird und mit einer niedrigen Bewertung dafür, dass dieser Titel weniger oft gespielt wird. Dann bestehen noch ausgefeilte Dienste, die von sich sagen, den Musikgeschmack eines Nutzers kennenzulernen, indem sie die schon gespielten Titel nach stilistischen Gemeinsamkeiten analysieren. So kann der Online-Musikdienst gewisse Vorlieben erkennen und ähnliche Musiktitel vorschlagen, von denen er annimmt, sie würden dem Nutzer ebenfalls zusagen. Der Nutzer hat die Möglichkeit, von ihm nicht gemochte Musiktracks nicht mehr vorgespielt zu bekommen (sie zu „bannen“) oder andere Stücke zu „lieben“. Dem Nutzer ist jedoch bei allen personalisierten Webradiodiensten nicht gestattet, einzelne Tracks individuell abrufen. Dh der Musikdienst bestimmt weiterhin, wann welcher Musiktrack gespielt wird. Dies geschieht aber nach den Kriterien seines Musikgeschmacks, die die Software über den Nutzer generiert hat. Diese Filtermethode wird „Content Based Filtering“ genannt. Da die Last.fm-Software namens „Scrobbler“ sehr bekannt ist und auch noch trotz des Einstellens des Radiodienstes in Österreich benutzt werden kann, sei diese kurz erläutert: Der „Scrobbler“ operiert mit sog „kollaborativen Filtern“. Diese Software analysiert anhand der vom Nutzer ausgewählten Musik Hörmuster, die im individuellen Nutzerprofil abgespeichert werden. Durch Vergleich des Nutzerprofils mit möglichst vielen anderen Nutzerprofilen erstellt die Software Empfehlungen. Sie schlussfolgert, dass Übereinstimmungen zwischen den Nutzerprofilen auf einen ähnlichen Musikgeschmack hindeuten. Durch den Vergleich mit anderen Nutzerprofilen (= kollaboratives Element) wird die Musikempfehlung herausgefiltert. Das kollaborative Filtern ist den meisten Nutzern durch das Verwenden von Amazon ein Begriff. Wenn man zB ein Buch über Amazon abruft, schlägt einem das Programm ähnliche Bücher vor und weist darauf hin, dass Nutzer, die dieses Buch gekauft haben, auch jenes andere gekauft haben. Die personalisierten Webradios entsprechen wegen der möglichen nutzerbezogenen Einflussnahme nicht dem Musterbeispiel der Verwertungsart der bloßen Sendung. Aber auch eine Unterordnung unter das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung kann auf den ersten Blick nicht völlig einwandfrei vertreten werden. Diese Dienste begreifen in sich sowohl Merkmale des herkömmlichen Hörfunks als auch des interaktiven Abrufs. Ohne Zweifel wird bei personalisierten Webradios eine Vervielfältigung erstellt. Diese erfolgt durch Streamen des Songs auf dem Computer. Die Einspeisung (der „Upload“) von 105 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Werken in die Datenbank des Diensteanbieters stellt ebenfalls eine Vervielfältigung dar.358Die Frage, ob personalisierte Webradios verwertungsrechtlich dem Sendebereich oder unter das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung einordnen sind, gestaltet sich schwierig. Die AKM betrachtet sie als zu den Webcastingdiensten zugehörig und rechnet deshalb nach den Tarifen für Webcasting ab. Sie ordnet jene Dienste also pauschal dem Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung (§ 18a UrhG) unter. Eine pauschale Unterordnung scheint aber mE bedenklich zu sein. Als Kriterium für eine pauschale Zuweisung unter das Senderecht könnte man vielleicht eine gewisse Ähnlichkeit bei der Rezeption eines Rundfunkprogrammes vonseiten des Rezipienten anführen. Beim Rundfunk ist der Musikkonsument nämlich ähnlich passiv wie beim Internetradio. Er schaltet das Internetradio ein und es bedarf zur Musikwiedergabe keiner weiteren Handlung durch den Nutzer. Der Nutzer kann den Dienst wieder ausschalten, wenn er möchte. Die Personalisierungsfunktionen könnte man nach dieser Auffassung ähnlich begreifen wie die Wahl eines bestimmten UKWRadiosenders, denn ein bestimmter UKW-Radiobetreiber sendet eher Titel aus einem gewissen Musikgenre als ein wiederum anderer Radiobetreiber. So überträgt zB Ö3 mehr „Mainstream“-Musiktitel als FM4. Versteht man in der Wahl eines Radiobetreibers schon eine Personalisierung, so blieben auch persönliche Webradios dem Senderecht zugeordnet. Als Grund für eine pauschale Unterordnung unter das Zurverfügungstellungsrecht könnte man die technische Art der Übertragung anführen. Wie bereits angemerkt übertragen sämtliche Webcastingdienste ihr Signal im sog „Unicast“. Dh für jeden Nutzer wird ein eigenes Signal generiert. Es bedarf also einer Handlung des Nutzers (das Einschalten des Dienstes), um die Übertragung zu starten. Beim Rundfunk wird hingegen ein Signal für alle Nutzer ausgesendet. Dieses Signal wird auch gesendet, wenn kein Nutzer die Frequenz durch Einschalten des Radios anwählt. Bortloff meint, dass durch die Möglichkeit vonseiten des Nutzers, problemlos Mitschnitte mittels spezieller Software anzufertigen eine Einordnung unter das „right of making available“, also das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung, gerechtfertigt sei.359 Dazu ist folgendes anzumerken: Die Art des Übertragungsvorganges – ob also über Unicast gesendet wird oder nicht – kann mE kein Zuordnungskriterium für die Anwendbarkeit 358 359 von § 18a UrhG sein. Denn bekanntlich übertragen auch Zum Upload siehe schon Seite 54 ff, zum Streaming siehe schon Seite 62 ff. Bortloff, GRUR Int 2003, 669 (671f). 106 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Simulcastingdienste ihr Programm im Unicast und Simulcastingdienste werden unbestritten dem Sendebereich zugeordnet. Würde man die Übertragungsart als konstitutives Merkmal anerkennen, müsste man diese Dienste auch § 18a UrhG unterordnen. Dass mit der digitalen Technologie die Möglichkeiten auf der Seite des Nutzers erweitert wurden, ein Programm aufzuzeichnen, ist richtig. Dass diese Erweiterung aber als Argument für eine Einordnung unter § 18a UrhG gebraucht wird, ist mE nicht gerechtfertigt. Denn auch UKW-Radiosendungen kann man sehr leicht mit Kassette mitschneiden. Dass die Qualität des Mitschnitts hierbei eine andere ist, ist richtig. Aber die rein potenzielle Möglichkeit, auf einfache Weise einen hochqualitativen Mitschnitt erlangen zu können, kann mE nicht entscheidendes Kriterium für eine rechtliche Zuordnung sein. Unter Betrachtung der verschiedenen Argumente ist mE eine pauschale Unterordnung bei Webcastingdiensten abzulehnen. Vielmehr müsste jeder Diensteanbieter einzeln untersucht werden. Als Kriterien für die Zuordnung von personalisierten Webradios unter § 17 oder § 18a UrhG sind in der Literatur360 drei zu nennen: 1) Zum einen gibt es das Kriterium des technischen Übertragungsvorgangs. 2) Das zweite Kriterium ist die Möglichkeit der Einflussnahme in die Programmstruktur durch den Nutzer. 3) Das dritte Kriterium ist die wirtschaftliche Substituierbarkeit im Verhältnis zu Tonträgern oder MP3s. aca. Art der technischen Übermittlung Handig sieht als entscheidendes Kriterium die Art der technischen Übermittlung des Signals an.361 Die herkömmliche Rundfunksendung wird über Broadcast gesendet. Dabei werden die Signale einheitlich und andauernd an alle potenziellen Nutzer geleitet, egal ob diese das Rundfunkgerät eingeschaltet haben oder nicht. Simulcasting- und Webcastingbetreiber übertragen ihr Signal bekanntlich im Unicast. Sie stellen also ihr Programm zum Abruf zur Verfügung, um einzelne Punkt-zu-Punkt-Verbindungen 360 Bortloff, GRUR Int 2003, 669. Handig, Downloads aus dem Internetradio, ecolex 2005, 921. Schwenzer, GRUR Int 2001, 722. Malcher, Personalisierte Webradios – Sendung oder Abruf? (2011) 168 ff. 361 Die verschiedenen Arten der technischen Übermittlung des Signals (Broadcast, Multicast, Unicast) wurden schon ausführlich unter Seite 62 ff behandelt. 107 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste herzustellen. Die Nutzer müssen diese Art der Übermittlung ihrerseits auslösen, sodass jeder Nutzer sein individuelles Signal zugeschickt bekommt. Letztere Art bilde den entscheidenden Unterschied zum Rundfunk und sei typisch für das Internet, weshalb auch Simulcasting und Webcasting laut Handig unter das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung zu subsumieren seien.362 Auch Bortloff betont diese technische Eigenart.363 Dazu ist zu sagen, dass Simulcasting- und Webcastingbetreiber nicht unbedingt Unicast zur Übermittlung verwenden müssen. Es gibt Betreiber, die ebenso über Multicast senden.364 Dennoch wird eine Übertragung über Unicast bevorzugt, da im Internet noch zu wenige multicasting-fähige Router bestehen.365 Die Ansicht, die Art der technischen Übermittlung als entscheidendes Kriterium für die verwertungsrechtliche Zuordnung anzusehen, geht aber mE zu weit. Denn für den Nutzer ergibt sich kein Unterschied. Es ist stets dasselbe Programm, das er hört und er kann auch bei beiden denselben Einfluss auf das Programm nehmen, nämlich nur an- oder abschalten. Die Problematik liegt hierbei eigentlich im Wortlaut von § 17 UrhG, der von einer Übertragungsart über Rundfunk oder „eine ähnliche Art“ spricht. Rundfunk sendet über Broadcast, ob Unicast oder Multicast eine dem Broadcast ähnliche Übertragungsart darstellt, ist also die eigentliche Kernfrage für Autoren, die eine Einordnung aus technischer Sicht vornehmen wollen. In der Literatur geht man davon aus, dass Internetradio vom Senderecht aber jedenfalls potenziell erfasst ist.366 Unter Rücksichtnahme dieses Umstands ist mE eine Einordnung nach der technischen Übertragungsart strikt abzulehnen. acb. Möglichkeit der Einflussnahme in die Programmstruktur durch den Nutzer Als Möglichkeiten der Einflussnahme in die Programmstruktur durch den Nutzer stehen bei Aupeo 4 Varianten für den Nutzer zur Verfügung: 1) Es besteht die Möglichkeit, den gerade gespielten Song zu „lieben“, indem man auf den „Gefällt mir“-Button klickt. 2) Es besteht die Möglichkeit den Titel zu „bannen“, indem man auf den „Dieser Song gefällt mir nicht“-Button klickt. 362 Handig, Downloads aus dem Internetradio, ecolex 2005, 921 (922). Bortloff, GRUR Int 2003, 669 (675). 364 Siehe dazu: <itwissen.info/definition/lexikon/Multicast-multicast.html>; Gaderer in urheber.recht2, § 18a, 4.4. 365 Siehe schon oben Seite 66 ff. 366 Lusser/Krassnigg-Kulhavy in urheber.recht2 § 17, 3.5.2. 363 108 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste 3) Weiters kann man den Song pausieren oder 4) den nächsten Titel abspielen lassen („Skippen“). Neben diesen Einflussmöglichkeiten ieS stehen dem Nutzer auch Einflussmöglichkeiten iwS zur Verfügung. Diese sind: 1) eine Genreauswahl (inkl Subgenre), 2) Auswahl von „Musik nach Stimmung“ und 3) die Wahl sog „Artist Stations“. Der Nutzer kann nämlich auch ein von ihm gewünschtes Musikgenre wählen und aus diesem Genre anschließend noch ein Subgenre wählen. Als Genre steht beispielsweise „Rock“ zur Verfügung. Mit einem Klick auf dieses Genre, kann man den Dienst gleich starten oder noch ein spezielleres Subgenre wählen. Für „Rock“ stehen die Subgenres Hard-Rock, Alternative, Rock & Roll, Indie-Rock, Heavy Metal, New Wave, Progressive, Punk Rock und Industrial zur Verfügung. Alle diese Genres sowie Subgenres werden laut Aupeo.com von Musikexperten redaktionell betreut. Alternativ zur Genreauswahl kann man als Nutzer, auch „Musik nach Stimmung“ wählen. Hier stehen die Stimmungen Happy, Relaxing, Calm, Danceable, Fun, Energetic, Melancholic, Aggressive, Stressful, und Dramatic zur Verfügung. Entscheidet man sich für eine bestimmte Stimmung, so spielt der Dienst Musik, die der Stimmung zugeordnet wurde. Dann stehen noch sog „Artist Stations“ zur Verfügung. Bei diesen kann man die gewünschte Band, die man hören möchte, auswählen. Es wird dann ein Song von genau dieser Band wiedergegeben. Die weiteren Songs wählt der Dienst selbst aus, und zwar nach dem Stil der zuvor gewählten Band. Wählt man zB die Rolling Stones, so wird man auf die Radiostation dieses Interpreten geleitet, die auch andere ähnliche Interpreten zu den gesuchten spielt, wie zB The Who, Aerosmith oder Led Zeppelin. Die Radiodienste von Spotify und Rdio weisen ebensolche Funktionen auf. Sie basieren auch auf zuvor gewählten Künstlern oder einem gewählten Genre. Bei ihnen kann man ebenfalls einen Titel skippen oder pausieren oder den nächsten abspielen lassen. Spotify-Radio und Rdio erlauben es zudem auch, innerhalb eines Songs vorzuspulen. Aupeo erlaubt dies hingegen nicht. Eine „Musik nach Stimmung“ bieten sie jedoch nicht. Schwenzer unterscheidet bei Webcasting-Diensten ebenfalls zwischen interaktiven und nicht-interaktiven. Er verneint die Unterordnung unter das Senderecht bei jenen 109 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Diensten, die eine Möglichkeit der Einflussnahme zB durch Überspringen eines Titels bereithalten.367 Bortloff meint, dass durch die Vielfalt an Angeboten von Webcastern, der Unterschied „zwischen nicht-interaktiver Sendung und interaktiver Zugänglichmachung über das Internet verwisch[e]“.368 Als Konsequenz will er daher alle Webcaster pauschal dem Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung unterordnen. Eine pauschale Unterordnung ist aber mE – aus schon erwähnten Gründen – aber abzulehnen. Will man eine Zuordnung nach dem Einzelfall vornehmen, so ist aufzuzeigen, welche Einflussmöglichkeiten für welches Verwertungsrecht sprechen würde.369 Für die Einordnung unter das Verwertungsrecht der Sendung sprechen mE folgende Merkmale: 1. Ein vorgefertigtes Programm wird dem Empfänger angeboten. 2. Der Nutzer kann nicht vorhersagen, welcher Titel gespielt werden wird. 3. Der Nutzer kann Musik hören, ohne tätig werden zu müssen. 4. Ein Skip-Button, mit Hilfe dessen man einzelne Titel überspringen kann, ohne antizipieren zu können, welcher Musiktitel als nächster kommen wird. 5. Ein Stop-Button, mit dem man das Abspielen des Musiktitels stoppen kann. Für die Einordnung unter das Verwertungsrecht der öffentlichen Zurverfügungstellung sprechen hingegen folgende Merkmale: 1. Dem Nutzer wird eine direkte Suche und Wahl eines Musiktitels erlaubt. 2. Das Programm verlangt ein Tätigwerden durch den Nutzer, ansonsten wird keine Musik gespielt. 3. Der Nutzer kann sich sein eigenes Programm zusammenstellen, indem er die Abfolge der Titel festlegt. 4. Ein Pause-Button, mit dem der Musiktitel nach Belieben wieder weiter angehört werden kann. 5. Die Möglichkeit innerhalb eines Songs vorzuspulen, um so zB zum Refrain des Songs zu springen. 367 Schwenzer, GRUR Int 2001, 722 (728f). Bortloff, GRUR Int 2003, 669 (675). 369 Vgl Malcher, Personalisierte Webradios – Sendung oder Abruf? (2011) 168ff. 368 110 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste 6. Ein Skip-Button zusammen mit einer Programmvorschau, die dem Nutzer erlaubt, vorherzusehen, welcher Titel abgespielt werden wird, wenn er den Button betätigt. Bei den personalisierten Webradios sind zwar nicht alle hier angegebenen Punkte für die Subsumtion unter das Zurverfügungstellungsrecht erfüllt – dies würde auch den Eigenschaften eines „Radiodienstes“ zuwiderlaufen –, dennoch ist zB Punkt 5 gegeben. IdR ist auch ein Skip-Button (Punkt 6) integriert, jedoch ohne mögliche Vorausschau, welcher Titel als nächster gespielt würde. Punkt 4 ist standardmäßig Bestandteil personalisierter Webradios. Die Punkte 1 und 3 sind idR nicht gegeben. Ein sehr entscheidendes Merkmal für die Zuordnung unter das Senderecht ist mE, dass ein vorgefertigtes Programm abgespielt wird. Gerade dies ist bei personalisierten Webradios nicht gegeben, denn der Dienst generiert den Programmablauf durch die Eingaben vonseiten des Nutzers, konkret durch die Präferenzfunktion („lieben“, „bannen“). In diesem Zusammenhang ist ein großer Unterschied zum herkömmlichen Radio anzuführen, nämlich der Sprachanteil des Programms. Ein personalisierter Webradiodienst wird nicht moderiert, auch finden keine Unterbrechungen aufgrund von Nachrichten oder Verkehrsmeldungen statt. Insofern bekommt der Nutzer mehr Musik als beim herkömmlichen Radio, das öfters unterbrochen wird. § 18a UrhG verlangt, dass den Mitgliedern der Öffentlichkeit das Werk „von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist“. Danach müsste dem Hörer die Möglichkeit gegeben werden, zu entscheiden, wann und wo dieser ein Werk abruft. Die Webcastingdienste geben dem Nutzer die Möglichkeit, über den Ort seines Abrufs zu entscheiden, denn dieser kann die Dienste an jedem Computer mit Internetzugang nutzen. Sie gewähren ihm aber nicht über den Zeitpunkt zu verfügen, an dem ein bestimmtes Werk gespielt wird. Der Nutzer muss warten, bis ein von ihm gewünschter Song zufällig gespielt wird. Dieses Tatbestandselement fehlt damit. Für die Anwendbarkeit des § 18a UrhG bliebe demnach kein Platz. Schwenzer ist der Meinung, dass es nicht darauf ankäme, ob der Nutzer einen absolut bestimmbaren Zeitpunkt einen Musiktitel hört. Vielmehr genüge, dass der Nutzer einen nicht gemochten Titel überspringen oder anhalten kann. Damit genügt für ihn ein relativ bestimmbarer Zeitpunkt.370 Diese Meinung ist mE zutreffend, denn auch die relative zeitliche Bestimmbarkeit führt wohl zu einer Bedarfsbefriedigung vonseiten des Nutzers, gerade auch weil keine Unterbrechungen wie beim klassischen 370 Schwenzer, GRUR Int 2001, 722 (728). 111 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Hörfunk stattfinden. Aufgrund dieser mittelbaren Einflussnahme auf den Programmablauf sehe ich eher das öffentliche Zurverfügungstellungsrecht als das Senderecht tangiert. Dillenz/Gutman sind der Ansicht, dass § 18a UrhG nur bei einem interaktiven Abruf („On-Demand“) anzuwenden sei. Es sei vielmehr relevant, dass der Nutzer selbst entscheidet, wann und wo er das Werk abruft. Eine aktive Handlung vonseiten des Diensteanbieters zum Zeitpunkt, wann der Nutzer zugreift, sei nicht nötig.371 In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass die LSG „Nutzungsbedingungen“ für Webcastingbetreiber festgelegt hat. Diese sind den „Betriebsvoraussetzungen für Webcastingdienste“ der GVL entlehnt. In Punkt 10 der Nutzungsbedingungen findet sich jedoch ein auffälliger und weitreichender Unterschied zu den deutschen Betriebsvoraussetzungen. Dieser Punkt lautet: „10. Automatische Senderwechsel und personalisierte Programme Der Webcaster darf keine Vorrichtungen unterstützen, die das automatische Springen von einem ProgrammKanal zum anderen ermöglichen. Er soll ferner keine Skip-Funktionen zum Überspringen einzelner Titel, Pause- oder „Play again“-Tasten in sein Angebot aufnehmen. Gleiches gilt für sämtliche Funktionen, die es dem Empfänger ermöglichen, ein personalisiertes Programm (z.B. im Hinblick auf das Angebot bestimmter Künstler oder Alben) zu erstellen.“372 Da der Webcaster also nicht einmal eine Pause-Taste integrieren darf, geschweige denn eine Skip-Taste, werden Webcaster als Diensteanbieter angesehen, die strikt nur ein vorgefertigtes Programm übertragen dürfen. Jegliche Interaktionsmöglichkeit, geschweige denn Personalisierung, ist ein Ausschlussgrund für die Einstufung als „Webcaster“ in der Terminologie der LSG und somit ein Ausschlussgrund für die Anwendbarkeit des Senderechts. Bietet ein Diensteanbieter – entgegen den Bedingungen – solche Funktionen an, so ist nicht mehr das Senderecht betroffen, sondern das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung. Jegliche Interaktivität bedeutet eine Subsumtion unter § 18a UrhG. Diese Auslegung ist somit sehr eng. Sie ist zweifelsohne durchaus praktikabel aus Sicht der Verwertungsgesellschaften. Diese muss nur prüfen, ob eine Möglichkeit der Einflussnahme durch den Nutzer besteht oder nicht. Besteht diese, so ist § 18a UrhG einschlägig. Besteht diese nicht, so handelt es sich um einen Fall des § 17 UrhG. Die Nutzungsbedingungen Webcasting wurden nach Auskunft der LSG in Verhandlungen zwischen der IFPI und den Verwertungsgesellschaften vereinbart. Ausgehend von den 371 Dillenz/Gutman, UrhG & VerwGesG2 § 18a Rz 2, 9 und § 90c Rz 73. LSG Nutzungsbedingungen Webcasting, Auskunft Hr. Kaiser – vgl mit den Betriebsvoraussetzungen Webcasting der GVL unter <gvl.de/pdf/betriebsvoraussetzungen-webcasting.pdf>, die eine Skip- und Pausenfunktion ausdrücklich erlauben. 372 112 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste USA (im Zuge des „Digital Millennium Copyright Act“ – DMCA373), wurden die Nutzungsbedingungen auch in anderen Ländern wie Österreich eingeführt. Durch die Nutzungsbedingungen für Webcasting wird über die Anwendbarkeit des Sendeprivilegs entschieden. Die Tonträgerunternehmen in Österreich haben eine starke Stellung bekommen, denn ihnen wird ein ausschließliches Recht bezüglich der Übertragung ihrer Tonträger zugestanden. Laut Auskunft der LSG ist jedoch zu erwarten, dass diese österreichischen Nutzungsbedingungen den deutschen angepasst werden. acc. Wirtschaftliche Substituierbarkeit Mit den nutzerseitigen Einflussmöglichkeiten auf den Programmablauf geht eine allfällige wirtschaftliche Substituierbarkeit im Verhältnis zu Handelstonträgern oder MP3s einher. Manche Autoren begreifen dieses Kriterium als entscheidend für die verwertungsrechtliche Zuordnung. Hier wird also gefragt, inwiefern das Nutzen personalisierter Webradios einen Kauf von Handelstonträgern substituieren kann. Kriegt der Nutzer also dasselbe oder weniger? Bortloff betrachtet die Substituierbarkeit als entscheidendes Kriterium für die Subsumtion.374 Da Verwertungsrechten eine starke wirtschaftliche Komponente anhaftet, ist der Gesichtspunkt der Substituierbarkeit mE nicht von vorneherein von der Hand zu weisen. Durch die Verwertungsrechte soll ja der Rechteinhaber am wirtschaftlichen Wert seiner Leistung beteiligt werden.375 Zweifelsohne hängt die wirtschaftliche Substituierbarkeit mit dem Ausmaß der Möglichkeiten der Einflussnahme in die Programmstruktur durch den Nutzer ab. „On-Demand-Dienste“ gelten als klassische Dienste von Musik als öffentliche Zurverfügungstellung. 376 OnDemand-Dienste können als ein Substitut für den Tonträgerhandel angesehen werden. Als wichtige Frage für die Abgrenzung von Webradios zwischen Sendung und öffentlicher Zurverfügungstellung kann demnach angesehen werden, wie sehr nun das Webradio als Ersatz für Tonträger oder MP3s betrachtet werden kann. Will man die wirtschaftliche Substituierbarkeit personalisierter Webradios untersuchen, so ist zu fragen, ob diese substituierende Auswirkungen auf den handelsüblichen Tonträgervertrieb haben. Schwenzer möchte ebenfalls eine Einordnung 373 Digital Millennium Copyright Act – DMCA, Public Law 105–304, 28.10.1998. Bortloff GRUR Int 2003, 669. 375 Lusser/Krassnigg-Kulhavy in urheber.recht2 § 17, 3.2. 376 Gaderer in urheber.recht2 § 18a, 4.4. 374 113 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste nach der Substituierbarkeit vornehmen. Er fragt dabei, ob die Wiederholungsschleifen „zu einer Bedarfsbefriedigung des Zuhörers […] führ[en] und somit der Verkauf physischer Tonträger substituiert“ wird.377 Handig hält diese Argumentation zwar aus Sicht der Tonträgerunternehmen für ökonomisch verständlich, sie biete aber keinen Ausgangspunkt für eine pragmatische Anwendung und sei auch dogmatisch nicht überzeugend.378 Da aber die Verwertungsrechte statuiert wurden, um den Rechteinhaber – wie oben erwähnt – am wirtschaftlichen Wert seiner Leistung zu beteiligen und das Tonträgerunternehmen die Rechte im Namen seiner ausübenden Künstler und Produzenten vertritt, ist die Argumentation Schwenzers mE nicht unberechtigt. Dabei ist zu fragen, ob die beiden Vertriebsarten wirtschaftlich ähnlich sind oder ein durchschnittlicher Musikkäufer sogar aufgrund eines Vertrages mit einem personalisierten Radiodienst auf einen Tonträgerkauf verzichten würde. Auch schon zur Einführung des UKW-Radios gab es Befürchtungen, dass niemand mehr Tonträger einzeln erwerben würde. Die Geschichte hat gezeigt, dass diese Befürchtungen zu Unrecht bestanden haben. Beide Arten können heutzutage gut nebeneinander existieren. Aber in Hinblick auf personalisierte Webradios ist eine Substituierbarkeit zumindest in gewissem Ausmaß gegeben. Das schließe ich aus folgenden Überlegungen: Die Frage ist, ob diese Funktionen vermögen, den Tonträgermarkt zu ersetzen, oder ob dies nicht der Fall ist, sondern die Dienste vielmehr einen positiven Effekt auf den Tonträgermarkt oder die Musikindustrie haben, indem sie als Marketing-Maßnahmen angesehen werden können. Leider fehlen einschlägige Studien, die eine wirtschaftliche Substitution durch Internetradiodienste belegen könnten. Jemand, der Musik vorgespielt bekommt, die er mag, wird wahrscheinlich die Musik dauerhaft erwerben wollen, um sie jederzeit abspielen zu können. Dies ist auch deshalb der Fall, da beim Internetradio Titel und Interpret der Aufnahme angezeigt werden. Der Nutzer kann so die Musik schneller identifizieren. Dies ist bei herkömmlichen Radiodiensten – wenn überhaupt – nur kurz vor oder kurz nach Spielen des Musiktracks der Fall. Die Einflussnahme vonseiten des Nutzers bei personalisierten Webradios ist im Vergleich zu On-Demand-Diensten geringer, sodass man sicher nicht von einem „interaktiven Abruf“ sprechen kann. Der Nutzer kann zwar auf das Spielen der Musik Einfluss nehmen. Dies ist möglich durch Skip-Button und StopButton sowie durch Auswahl der zu hörenden Station. Hierzu ist zu sagen, dass ein StopButton bei jedem Dienst gegeben ist. Der Skip-Button bietet schon eine weitergehende 377 378 Schwenzer, GRUR Int 2001, 722 (729). Handig, GRUR Int 2007, 206 (209). 114 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Einflussmöglichkeit für den Nutzer. Aber da der nächste zu hörende Titel nicht vorausgesehen werden kann, ist auch diese Funktion nicht wirklich etwas anderes als ein Ausschalten mit anschließendem Wiedereinschalten derselben Radiostation. Auch die Präferenzfunktion hat keinen Einfluss auf das Spielen der Titel. Die Macht über das laufende Programm wird also vom Diensteanbieter ausgeübt anstatt vom Nutzer. Dieser wählt nur Genres oder Interpreten mitsamt ähnlichen Interpreten. Damit ist der Dienst mit einem UKW-Radio nach Genres zu vergleichen. Demnach würde ein personalisiertes Webradio beim Nutzer das Bedürfnis erfüllen, neue, noch unbekannte Musik zu entdecken und nicht selbst immer eingreifen zu müssen, wenn ein Titel zu Ende gespielt wurde. Inwieweit dieses Bedürfnis vom Bedürfnis, einen Song „auf Abruf“ zu hören, verschieden ist, ist schwierig zu sagen, da einschlägige wirtschaftliche Studien fehlen. ME kann die Verwendung personalisierter Webradios bei einem Nutzer durchaus zu einer Bedarfsbefriedigung führen. Je intensiver der Nutzer seinen Dienst nutzt und die Präferenzfunktion verwendet, desto eher kommt es zu einer Bedarfsbefriedigung. Diese Dienste sind daher eher dem Zurverfügungstellungsrecht unterzuordnen als dem Senderecht, da die interaktiven Möglichkeiten, das Programm derart zu beeinflussen, dass dieses die gewünschte Musik spielt, im Vergleich zu einem rein vorgefertigten Programmablauf, überwiegen. Dass der Nutzer den Abruf eines bestimmten Musiktracks nicht absolut bestimmen kann, schadet mE nicht.379 acd. Ergebnis Unter Zusammenschau aller relevanten Kriterien sind mE personalisierte Webradios wie die einzeln betrachteten (Aupeo, Spotify-Radio oder Rdio) nicht mehr unter das Senderecht zu subsumieren, sondern unter das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung. Die Einstufung von personalisierten Webradios unter das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung entspricht auch der heutigen Praxis der Verwertungsgesellschaften in Österreich. Will man die Meinung vertreten, dass das Senderecht betroffen sei, so lässt sich mE eine sachgerechte Lösung durch eine Festsetzung spezieller (höherer) Tarife erzielen. 379 Zum gleichen Ergebnis kommend: Schwenzer, GRUR Int 2001, 722 (728). 115 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste Eine – zumindest – europaweite Harmonisierung, inwieweit die verschiedenen Formen des Internetradios einem Ausschließlichkeitsrecht zuzuordnen sind oder ein bloßer Vergütungsanspruch besteht, wäre daher sehr wünschenswert.380 Urheberrechte Leistungsschutzrechte Sonstige Rechte Individuell: Kollektiv: Individuell: Kollektiv: Individuell: Kollektiv: ●Komponist und Texter ●AKM ●Fotograf ●VBK ●LSG ●austromechana ●Grafiker ●Tonträgerhersteller ●Musikverlag ●ausübende Künstler Abbildung 19: Rechteerwerb bei interaktiven Webcasting-Diensten einschließlich persönlicher Webradios. Bei diesen Diensten sind die Rechte idR von AKM und Tonträgerherstellern zu erwerben, bei 381 Anzeigen eines Covers ebenfalls von der VBK . Berührt sind jeweils Vervielfältigungs- und Zurverfügungstellungsrechte. Interaktive Webcasting-Dienste einschließlich personalisierter Webradios sind dem Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung unterzuordnen. b. Freie Werknutzungen iZm Internetradio ba. Flüchtige und begleitende Vervielfältigungen – § 41a UrhG Internetradiodienste nutzen das Streamingverfahren. Im Zuge des Streamings werden begleitende und flüchtige Vervielfältigungen erstellt, die durch § 41a UrhG ausdrücklich freigestellt werden. Da sich das Streamingverfahren von Internetradios von jenem von Abo-Diensten nicht unterscheidet, kann hier auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.382 380 So auch Bortloff, GRUR Int 2003, 669 (673). Siehe FN 228 auf Seite 70. 382 Siehe Seite 84 ff. 381 116 Teil III: Rechtliche Analyse der Musikdienste im Internet: Online-Musikdienste bb. Vervielfältigung zum privaten Gebrauch – § 42 Abs 4 UrhG Bei der Zulässigkeit der Vervielfältigung zum privaten Gebrauch sind die 5 bekannten Voraussetzungen zu prüfen:383 1) 2) 3) 4) 5) einzelne Vervielfältigungsstücke, privater Gebrauch, keine kommerziellen Zwecke, keine anschließende öffentliche Zurverfügungstellung und das Vorliegen einer rechtmäßigen Quelle. Hier ist – wie schon oben beschrieben –va die Rechtmäßigkeit der Vorlage zu prüfen. Folgt man den obigen Ausführungen, wonach eine Vervielfältigung zum privaten Gebrauch nur bei rechtmäßiger Vorlage zulässig ist, ist eine solche nur zulässig, wenn der Internetradioanbieter eine Lizenz erworben hat. Dies ist für den Nutzer idR nicht ohne Weiteres feststellbar. Deswegen hat man zB in Deutschland in § 53 Abs 1 dUrhG festgeschrieben, dass die Vorlage nicht offensichtlich rechtswidrig zugänglich gemacht worden sein darf. Sofern der Diensteanbieter also vom äußeren Anschein seines Dienstes her nicht Grund zum Zweifeln seiner Rechtmäßigkeit gibt, dürfte – folgt man der deutschen Auffassung – eine Vervielfältigung zum privaten Gebrauch zulässig sein. Da die Verhandlungen zur Festlegung eines Gesamtvertrages scheiterten, haben in der Folge manche Radiobetreiber Lizenzen erworben und andere einfach ohne Lizenz ihren Dienst fortgeführt. Daher haben lizenzierte Diensteanbieter mit einem ersichtlichen Kennzeichen auf der Website darauf hingewiesen, dass es sich um einen rechtmäßigen Dienst handelte. Diese Kennzeichen werden aber nicht mehr benutzt, da sie von vielen Radiobetreibern nicht in ihre Website integriert wurden. Als Folge ist für einen Nutzer oft nicht erkennbar, ob es sich um einen rechtmäßigen Dienst handelt. 384 Wenn auf der Homepage ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Dienst legal ist,385 stellt ein solcher Dienst mE sicherlich keine „offensichtlich“ rechtswidrige Quelle dar. In diesem Zusammenhang kann im Übrigen auf die Ausführungen iZm Abo-Diensten verwiesen werden.386 383 Siehe schon Seite 71 ff. Handig, ecolex 2005, 921 (922). 385 Wie zB auf <aupeo.com>. 386 Siehe Seite 86 ff. 384 117 IV: Zusammenfassung der Ergebnisse und Resümee: Online-Musikdienste IV: Zusammenfassung der Ergebnisse und Resümee Online-Musikdienste erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Aufgrund dieses Phänomens ist die verwertungsrechtliche Zuordnung für Diensteanbieter von großer Bedeutung. Neben dem Vervielfältigungsrecht wird durch diese Musikdienste auch in das Senderecht oder das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung eingegriffen. Die Bedeutung dieser Einordnung ergibt sich va aus dem Sendeprivileg. Ist nämlich das Senderecht und nicht das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung tangiert, so muss vom Diensteanbieter keine Lizenz von den Tonträgerherstellern eingeholt werden, sondern lediglich eine „angemessene Vergütung“ an die Verwertungsgesellschaft LSG gezahlt werden. Download-Dienste wie iTunes oder Amazon MP 3 greifen eindeutig in das Zurverfügungstellungsrecht ein. Abo-Dienste wie Spotify oder Deezer bieten Musik „auf Abruf“ an, weshalb sie ebenfalls – gleich wie Filesharing-Dienste – in dieses Recht eingreifen. Internetradiodienste sind genauer zu betrachten: Während Simulcasting- und mE auch nicht-interaktive Webcastingdienste nur in das Senderecht eingreifen, sind interaktive Webcastingdienste einschließlich personalisierte Webradios dem Zurverfügungstellungsrecht zuzuordnen. Neben der LSG bzw den Tonträgerherstellern müssen Werknutzungsbewilligungen für die Urheberrechte eingeholt werden. Das Vervielfältigungsrecht wird dabei von der austromechana und das Senderecht bzw Zurverfügungstellungsrecht von der AKM lizenziert. Da die AKM von der austromechana beauftragt wurde auch das Vervielfältigungsrecht bei Online-Nutzungen zu lizenzieren, genügt es, sich an die AKM zu wenden. Die Rechte am Cover sind mE stets von der VBK zu erwerben, wenngleich in Österreich mangels einer Vielzahl an Praxisfällen noch kein eigener Tarif existiert. Aus Nutzersicht stellt sich insb die Frage, ob dieser eine Vervielfältigung zum privaten Gebrauch herstellen darf. Manche Download-Dienste gewähren zB nach ihren Nutzungsbedingungen 5 Vervielfältigungen pro Nutzer-Account. Eine Privatkopie bei der Nutzung von Abo-Diensten ist nur unter Zuhilfenahme spezieller „Mitschneide-Software“ möglich. Die Nutzungsbedingungen schließen ein solches „Rippen“ regelmäßig aus. Das Nutzen von „illegalen“ Filesharing-Diensten ist nur durch Verletzung des Vervielfältigungsrechts und/oder des Rechts der öffentlichen Zurverfügungstellung möglich. Nimmt man das Vorhandensein einer rechtmäßigen Vorlage als Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Vervielfältigung zum privaten Gebrauch an, wofür mE gute Gründe sprechen, so wird die Zulässigkeit der Erstellung einer Privatkopie hier idR zu 118 IV: Zusammenfassung der Ergebnisse und Resümee: Online-Musikdienste verneinen sein. Bei Simulcasting- und nicht interaktiven Webcastingdiensten ist ebenfalls die Rechtmäßigkeit der Vorlage zu prüfen. Sind diese nicht „offensichtlich unrechtmäßig“, so ist die Zulässigkeit der Privatkopie mE zu bejahen. Personalisierte Webradios schließen wiederum die Anfertigung einer solchen Kopie idR in ihren Nutzungsbedingungen aus. Die Kunden werden aufgrund der steigenden Anzahl von Online-Musikdiensten immer kritischer. Das Preis-/Leistungsverhältnis muss also sehr gut sein. Auch das angebotene Musikrepertoire muss umfassend sein und die individuellen Bedürfnisse der Nutzer befriedigen können, um diese als Kunden halten zu können. Die Nutzer von illegalen Tauschbörsen sind sich der Unrechtmäßigkeit ihres Handelns meist durchaus bewusst, aber sie handeln weiterhin ökonomisch und nutzen alle Möglichkeiten aus, solange nicht bessere legale Angebote vorliegen. Der Großteil der Musiktitel, die in Tauschbörsen kursieren, ist gut über legale Dienste für wenig Geld streambar. Die Anzahl der zugreifbaren Titel wird in den nächsten Jahren noch steigen, da sich die Diensteanbieter nach und nach auch um Lizenzen mit Independents bemühen. Wer dauerhafte Downloads will, wird nach wie vor auf Tauschbörsen sein Unwesen treiben, da die Preise von Downloaddienste-Anbietern mE (noch) zu hoch sind, wenn man sich als Musikfan eine Sammlung anlegen möchte. IZm der rechtlichen Bewertung von Online-Musikdiensten begegnet man noch einigen „juristischen Baustellen“: Den Rechteerwerb für Online-Musikdienste praktikabler zu gestalten, würde mE am besten durch einheitliche internationale Voraussetzungen für den Betrieb von Webcastingdiensten erreicht werden. Eine solche Vereinheitlichung wird sich jedoch aufgrund der unterschiedlichen Urheberrechtstraditionen, von denen manche ein Sendeprivileg gar nicht kennen, äußerst schwierig gestalten. Ebenfalls sollte die österreichische VBK einen Tarif für Covers von digitaler Nutzung von Tonträgerhüllen festsetzen. Dieser könnte ähnlich dem schon bestehenden Tarif der deutschen VG BILD-KUNST aussehen, die für je angefangene 100.000 Covers einen Pauschalbetrag von € 500,- vorsieht.387 Ö3 zeigt in seinem Simulcast-Player388 Cover an, sodass auch schon Praxisfälle für die Anwendbarkeit dieses Tarifs bestehen würden. Für den Nutzer ist aktuell wichtig, zu wissen, ob die Vorlage für seine Privatkopie eine rechtmäßige sein muss. Dies sollte der Gesetzgeber in § 42 Abs 4 UrhG ausdrücklich regeln. In der Praxis betrifft dies neben Downloads aus 387 Siehe <bildkunst.de/fileadmin/User_upload/downloads/pdf/Tarife_2013_2014_deutsch.pdf>, 25 „Digitale Produkte“. 388 Der Ö3-Simulcast-Player ist erreichbar unter: <ms01.oe3.fm/oe3metafiles/Player/Player.html>. 119 IV: Zusammenfassung der Ergebnisse und Resümee: Online-Musikdienste Filesharingbörsen va auch die Anfertigung von Kopien aus der Nutzung von Webradios, bei denen oft für den Nutzer die Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit überhaupt nicht feststellbar ist. Aufgrund der weltweiten Erreichbarkeit des Internets plant die EU-Kommission die kollektive internationale Wahrnehmung von Urheber- und Leistungsschutzrechten zu vereinfachen. Denn auch dieser Bereich ist seit vielen Jahren durch Rechtsunsicherheit gekennzeichnet, da es sich oft schwer gestaltet, festzustellen, wer welche Rechte an einem Werk hat und als Folge von wem diese wie einzuholen sind. Eine Vereinfachung ist daher sehr zu begrüßen. Zurzeit muss nämlich jeder Diensteanbieter für jedes Land, in dem der Dienst erreichbar sein soll, eigene Lizenzen einholen.389 Die Rechte, die Anbieter von Online-Musikdiensten vor Start ihres Dienstes einholen müssen, sind auf unterschiedliche Rechteinhaber verteilt (Urheber, Leistungsschutzberechtigte, Sonstige Berechtigte). Gerade im Online-Bereich wäre daher eine Konzentration der Rechtevergabe durch eine Verwertungsgesellschaft oder eine Vereinfachung etwa durch länderübergreifende Lizenzen sehr wünschenswert. Solch eine Vereinfachung soll durch die Richtlinie „über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für die Online-Nutzung von Rechten an Musikwerken im Binnenmarkt“390 erreicht werden. Mit dieser Richtlinie wird die Einrichtung eines multiterritorialen Lizenzierungssystems angestrebt, das den OnlineMusikdiensten auch gerecht werden kann. Auch sollen die nationalen Verwertungsgesellschaften zu mehr Transparenz verpflichtet werden und die interne Organisation verbessert werden. Die rechtlichen Rahmenbedingungen, in denen sich die internationale Musikwirtschaft bewegt, stehen also sicher vor spannenden Veränderungen. Es bleibt zu hoffen, dass nicht nur Diensteanbieter, sondern auch die Nutzer, in den nächsten Jahren von der Technologie rechtssicher profitieren können. 389 Für Simulcastingdienste besteht schon seit 2002 ein Simulcasting-Abkommen, das zurzeit 31 Länder unterzeichnet haben, <ifpi.org/content/section_news/20021008b.html>. 390 Vorschlag für eine Richtlinie über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für die Online-Nutzung von Rechten an Musikwerken im Binnenmarkt, KOM (2012) 372 endg. 120 Literaturverzeichnis: Monographien Literaturverzeichnis Monographien Büchele, Urheberrecht im WWW (LexisNexis 2001) Dittrich, UrhR5 (Manz 2007) Dokalik, Musik-Urheberrecht (nwv 2007) Haller, Music on demand (LexisNexis 2001) Heine, Wahrnehmung von Online-Musikrechten durch Verwertungsgesellschaften im Binnenmarkt (De Gruyter Recht 2008) Huber, Internet-Tauschbörsen. Piraterie oder freie Werknutzung? (VWF 2006) Kucsko, Geistiges Eigentum (Manz 2004) Malcher, Personalisierte Webradios – Sendung oder Abruf? (Verlag Dr. Kovac 2011) Passman, Alles, was Sie über das Musikbusiness wissen müssen2 (Schäffer-Poeschel Verlag 2011) Popp, Verwertungsgesellschaften (Manz 2001) Röttgers, Mix, Burn & R.I.P. (Verlag Heinz Heise 2003) Walter, Handbuch des österreichischen Urheberrechts (Medien und Recht 2008) Sammelwerke Dittrich/Hüttner (Hrsg), Das Recht der Verwertungsgesellschaften (Manz 2006) Finscher (Hrsg), Die Musik in Geschichte und Gegenwart2 (Bärenreiter 1998) Jaksch-Ratajcak/Stadler (Hrsg), Aktuelle Rechtsfragen der Internetnutzung (facultas 2011) Löwenheim (Hrsg), Handbuch des Urheberrechts2 (Verlag C. H. Beck 2010). Mayrhofer/Plöckinger (Hrsg), Aktuelles zum Internetrecht (proLibris 2006) Moser/Scheuermann (Hrsg), Handbuch der Musikwirtschaft6 (Josef Keller Verlag 2003) Sjurts (Hrsg), Gabler Lexikon Medienwirtschaft2 (Gabler 2011) Wandtke (Hrsg), Urheberrecht (de Gruyter 2009) 121 Literaturverzeichnis: Beiträge in Sammelwerken Wiebe (Hrsg), Internetrecht (Springer 2004) Beiträge in Sammelwerken Ballstaedt, Unterhaltungsmusik, in Finscher (Hrsg), Die Musik in Geschichte und Gegenwart2, Sachteil Bd 9 (1998) 1186–1199 Böhle, U-Musik, in Sjurts (Hrsg), Gabler Lexikon Medienwirtschaft2 (2011) 616 Czychowski, § 68 Musikverlagsverträge, in Löwenheim (Hrsg), Handbuch des Urheberrechts2 (2010) Hüttner, Der Gesamtvertrag, in Dittrich/Hüttner (Hrsg), Das Recht der Verwertungsgesellschaften (2006) 303 Kauert, 7. Kapitel – Technische Schutzmaßnahmen, in Wandtke (Hrsg), Urheberrecht (2009) 273 Kössler, Die Vervielfältigung zum privaten Gebrauch im Zusammenhang mit der Internetnutzung, in Jaksch-Ratajcak/Stadler (Hrsg), Aktuelle Rechtsfragen der Internetnutzung (2011) 163 Mayrhofer, Technische Hintergründe für das rechtliche Handeln im Internet, in Mayrhofer/Plöckinger (Hrsg), Aktuelles zum Internetrecht, 1 Neubauer, Technische Schutzmaßnahmen und Recht, in Wiebe (Hrsg), Internetrecht (2004) 113 Neef/Blömer, Konvergenztechnologie und Musikverwertung, in Moser/Scheuermann (Hrsg), Handbuch der Musikwirtschaft (2003), 106 Ulbricht, Digital Rights Management, in Moser/Scheuermann (Hrsg), Handbuch der Musikwirtschaft (2003) 134. 122 Literaturverzeichnis: Aufsätze in Zeitschriften Aufsätze in Zeitschriften Berger, Urheberrechtliche Erschöpfungslehre und digitale Informationstechnologie, GRUR 2002, 198 Bortloff, GRUR Int 2003, 669 Büchele, Digitale Privatkopie und Kopierschutz, ecolex 2008, 651 Büchele, RdW 2005, 677 Burgstaller, Keine Erschöpfung des Verbreitungsrechtes beim Online-Vertrieb, lex:itec 2009 H 3, 18 Burgstaller, lexi:tec 2007, 1 Dalus, Der Download aus Filesharingbörsen, ecolex 2009, 1066 Dittrich, ecolex 1997, 367 Dittrich, ecolex 2002, 186 Dittrich, ÖSGRUM 33, 30 Enders, ZUM 2004, 593 Eustacchio, Raubkopien aus dem Internet, lex:itec 04/06, 26 Fiebinger, § 42 UrhG: Die magische Zahl 7 ist tot!, MR 1993, 43 Handig, ecolex 2005, 921 Handig, GRUR Int 2007, 206 Handig, ÖBl 2003/60, 212 Thiele/Laimer, ÖBl 2004/17, 52 Handig, Urheberrechtliche Erschöpfung von Downloads im World Wide Web, RdW 2003, 2. Hodik, ÖSGRUM 2, 92 Mülleder, Streaming – eine rechtliche Einordnung, lex:itec 04/09, 24 Noll, MR 2003, 98 Noll, MR 2004, 400 Noll, ÖSGRUM 31, 22 Philapitsch, MR 2004, 111 Quoy, GRUR Int 1998, 273 Schanda, ecolex 1996, 105 Schwenzer, GRUR Int 2001, 722 Staudegger, jusIT 2008/27, 65 Staudegger, jusIT 2012/19, 45 Staudegger, jusIT 2012/57, 127 123 Judikaturverzeichnis: Festschriften Stomper, RdW 2003, 368 Strasser, A&M Records v Napster. Eine Analyse vor dem Hintergrund des amerikanischen Urheberrechts, MR 2001, 6 Thiele/Laimer, ÖBl 2004/17, 52 Walter, MR 1989, 6 Walter, MR 1995, 125 Walter, ÖSGRUM 17, 106 Festschriften Österreichische Notariatskammer (Hrsg), Festschrift für Kurt Wagner (Manz 1987) Tades, Danzl, Graninger (Hrsg), Festschrift für Robert Dittrich zum 75.Geburtstag (Manz 2000) Beiträge in Festschriften Dittrich, Urheberrechtsfragen in der täglichen Arbeit des Notariats, in Österreichische Notariatskammer (Hrsg), FS Wagner (1987), 63 Graninger, Von Kunst und Kant zu Bit und Byte – Überlegungen zum urheberrechtlichen Werkbegriff, in Tades/Danzl/Graninger (Hrsg), FS Dittrich (2000) 133 Medwenitsch/Schanda in Tades/Danzl/Graninger (Hrsg), FS Dittrich, 226 Vock, Gedanken zur digitalen Vervielfältigung, in Tades/Danzl/Graninger (Hrsg), FS Dittrich (2000) 343 Kommentare Dillenz/Gutman (Hrsg), UrhG & VerwGesG2 (Springer 2008) Kucsko (Hrsg), urheber.recht2 (Manz 2008) Ciresa/Büchele/Guggenbichler (Hrsg), UrhG (LexisNexis 2006) Walter, Urheberrechtsgesetz 2006 (Medien und Recht 2007) Judikaturverzeichnis Judikatur des OGH OGH 26.1.1993, 4 Ob 94/92 – Null-Nummer II 124 Judikaturverzeichnis: Judikatur des BGH OGH 4.10.1994, 4 Ob 1091/94 – APA-Bildfunknetz OGH 31.01.1995, 4 Ob 143/94 – Ludus tonalis – ÖBl 1995, 184 OGH 12.3.1996, 4 Ob 9/96 = MR 1996, 111 (Walter) = ÖBl 1996, 251 – Happy Birthday II OGH 17.03.1998, 4 Ob 80/98p – Figur auf einem Bein OGH 26.1.1999, 4 Ob 345/98h – Radio Melody III – EvBl 1999/108 = GRUR-Int 1999, 968 = MMR 1999, 352 (Haller) = MR 1999, 94 (Walter) = ÖBl 2000, 86 = RdW 1999, 409 OGH 26.1.1999, 4 Ob 345/98h – Radio Melody III – ÖJZ 1999, 471 = ÖBl 2000, 86 = RdW 1999, 409 = MR 1999, 94 OGH 23.05.2000, 4 Ob 134/00k – Postwurfsendung, MR 2000, 379 (Walter) OGH 12.6.2001, 4 Ob127/01g – Medienprofessor – MR 2001, 304 = GRUR Int 2002, 341 = ZUM-RD 2002, 225 OGH 9.8.2006, 4 Ob 135/06s – Gruppe D – MR 2006, 387 OGH 21.11.2006, 4 Ob 178/06i – St. Stephan – ÖJZ 2007/44 = MR 2007, 84 (Walter) OGH 22.1.2008, 4 Ob 194/07v, LimeWire Judikatur des BGH BGH 14.4.1978, I ZR 111/76 – Vervielfältigungsstücke BGH 15.11.2012, I ZR 74112 – Morpheus Judikatur des EuGH EuGH 18.3.1980, Rs 62/79, GRUR Int 1980, 602 – Coditel I EuGH 12.9.2006, C-479/04 (Laserdisken) 125 Sonstiges: Materialien EuGH 16.07.2009, C-5/08 (Infopaq) EuGH 4.10.2011, C-403/08, C-429/08 (Football Association Premier League) EuGH 17.1.2012, C-302/10 (Infopaq 2) EuGH 3.07.2012, C-128/11 (UsedSoft) Sonstiges AKM: Konsolidierte Version der Betriebsgenehmigung in der Fassung des Bescheids der KommAustria, KOA 9.102/08-015 vom 30.6.2008 und des Bescheids des Urheberrechtssenats, UrhRS 5/08-4 vom 29.10.2008 austromechana: AKM: Konsolidierte Version der Betriebsgenehmigung in der Fassung des Bescheids der KommAustria, KOA 9.102/08-016 vom 30.6.2008 LSG: Konsolidierte Version der Betriebsgenehmigung in der Fassung des Bescheids der KommAustria, KOA 9.102/08-016 vom 30.6.2008, der Berufungsvorentscheidung der KommAustria, KOA 9.102/08-31 vom 14.8.2008 und des Berichtigungsbescheids der KommAustria, KOA 9.102/08-36 vom 27.8.2008 EU-Kommission: EK 8. 8. 2002, COMP/C2/38.014 - IFPI „Simulcasting“, ABl 2003 L 107/57 Vorschlag für eine Richtlinie über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für die OnlineNutzung von Rechten an Musikwerken im Binnenmarkt, KOM (2012) 372 endg. Materialien Bundesgesetz über das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Kunst und über verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz), BGBl I Nr 111/1936 idF 58/2010 Bundesgesetz über Verwertungsgesellschaften (Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 – VerwGesG 2006), BGBl I Nr 9/2006 idF 50/2010 126 Sonstiges: Unionsrecht ErlRV 40 BlgNR XXII. GP, 9 Unionsrecht Richtlinie 92/100/EWG des Rates vom 19. November 1992 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums ABl L 1992/346, 61 Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, ABl L 2001/167, 10 Völkerrecht Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPSAbkommen), BGBl Nr 1/1995 Anhang 1C idF 1995/379 Internationales Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen vom 26. Oktober 1961 (Rom-Abkommen), von Österreich ratifiziert am 12. Februar 1973 (BGBl Nr 413/1973) Revidierte Berner Übereinkunft (Pariser Fassung) zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst vom 13. November 1908, idF BGBl Nr 319/1982 WIPO-Urheberrechtsvertrag (WCT) Genf (1996) BGBl III 22/2010 WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger (WPPT) Genf (1996) BGBl III 28/2010 Online-Ressourcen <akm.at/Mitglieder/Interne_Regelwerke> <akm.at/Musiknutzer/Online-Nutzung/Fragen_und_Antworten> <akm.at/Musiknutzer/Online-Nutzung/Tarifinfo> 127 Sonstiges: Online-Ressourcen <akm.at/Musiknutzer/Online-Nutzung/Tarifinfo> <akm.at/Ueber_uns/Jahresberichte> <amazon.de/gp/help/customer/display.html/?nodeId=200317390> <apple.com/de/pr/library/2007/05/30Apple-Launches-iTunes-Plus.html> <apple.com/legal/itunes/at/terms.html#SERVICE> <arbitron.com/downloads/internet7.pdf> <aume.at/rte/upload/audio_produktionen/tarife_audioproduktion.pdf> <aume.at/rte/upload/mitglieder/wahrnehmungsvertrag.pdf> <aupeo.at/nutzungsbedingungen> <chip.de/artikel/Musik-Download-Die-besten-Portale-im-Test-5_39324054.html> <chip.de/artikel/Musik-Download-Die-besten-Portale-im-Test-6_39324152.html> <corporate.simfy.de/info/terms_of_use/?locale=de> <creativecommons.org/licenses/> <de.reuters.com/article/companiesNews/idDEBEE7AB06220111112> <de.wikipedia.org/wiki/Bitrate> <de.wikipedia.org/wiki/Broadcast> <de.wikipedia.org/wiki/Multicast> <de.wikipedia.org/wiki/Streaming_Media> <de.wikipedia.org/wiki/Unicast> <derstandard.at/1343744169999/Downloads-bekommen-wachsende-Bedeutung-fuerMusikindustrie> <futurezone.at/produkte/12332-oesterreich-spotify-laesst-facebook-zwang-fallen.php> 128 Sonstiges: Online-Ressourcen <futurezone.at/produkte/14599-musik-dienst-rdio-startet-in-oesterreich.php> <futurezone.at/produkte/14757-auch-amazon-will-musikabos-starten.php> <futurezone.at/produkte/15134-internetradio-pandora-hat-200-millionen-user.php> <gvl.de/pdf/betriebsvoraussetzungen-webcasting.pdf> <heise.de/newsticker/meldung/Apple-Radiodienst-angeblich-ab-Sommer-1833569.html> <heise.de/newsticker/meldung/Experten-fordern-mehr-Balance-im-Urheberrecht189702.html> <heise.de/newsticker/meldung/Macworld-iTunes-Musik-wird-vom-Kopierschutz-befreit194183.html>. <heise.de/newsticker/meldung/Musicload-will-DRM-loswerden-158433.html> <heise.de/newsticker/meldung/Panasonic-uebernimmt-deutschen-Streamingdienst-Aupeo1837148.html> <ifpi.org/content/library/dmr2011.pdf> <ifpi.org/content/library/dmr2012.pdf> <ifpi.org/content/section_resources/dmr2013.html> <internet4jurists.at/urh-marken/faq_urh1a.htm#tausch> <internet4jurists.at/urh-marken/faq_urh1a.htm#tausch> <itwissen.info/definition/lexikon/Multicast-multicast.html> <itwissen.info/definition/lexikon/Puffer-buffer.html> <itwissen.info/definition/lexikon/Store-and-Forward-Verfahren-SF-store-andforward.html> <itwissen.info/definition/lexikon/Streaming-Media-streaming-media.html> <laquadrature.net/wiki/Studies_on_file_sharing_eng> 129 Sonstiges: Online-Ressourcen <lizenzshop.akm.co.at/Lizenzshop/> <lsg.at/lsgvertrag.pdf> <miz.org/artikel/DCN-Studie_2012.pdf> <mp3-geschichte.de/de/vermarktung.html> <musicaustria.at/sites/default/files/bilder/2010/banduebernahmevertrag2.pdf> <musicaustria.at/sites/default/files/bilder/2010/kuenstlerexklusivvertrag_1.pdf> <musicaustria.at/sites/default/files/bilder/dokumente/verlagsvertrag.pdf> <musicload.de/hilfe/musik/dateiformatewmaundmp3.ml> <musictrace.de/technologies/watermarking.de.htm> <mycyberradio.com/de/service/faq/aufnehmen.html> <netzpolitik.org/2013/studie-der-eu-kommission-urheberrechtsverletzungen-von-musikhaben-positive-auswirkung-auf-kaufverhalten/> <oecd.org/sti/ieconomy/34579763.pdf> <pts.jrc.ec.europa.eu/publications/pub.cfm?id=6084> <radio.at> <radio.orf.at> <radiotracker.de> <rdio.com/legal/terms-of-service/> <spiegel.de/netzwelt/spielzeug/umfrage-zukunft-der-musik-die-musikbranche-verdirbtsich-das-geschaeft-a-465090.html>. <spotify.com/at/blog/archives/2011/11/15/hello-austria-spotify-here/> <spotify.com/at/legal/end-user-agreement/> 130 Anhang: Abbildungsverzeichnis <static.musicload-shop.de/file/agb_legal/at/agb_musicload_at.pdf>. <stereo.de/index.php?id=628> <users.ipfw.edu/reddpv01/mp3Genesis.pdf> <vbk.at> <verwges-aufsicht.justiz.gv.at> <vipcc.at/files/32/Formular_LSGWNVertrag_f%C3%BCr_Interpreten,_weltweit,_7.3.2013.pdf> <zdnet.de/39141369/musikindustrie-will-zahlreiche-online-radios-schliessen-lassen> mediafire.com/download.php?b7d0pnatbcnt80n> Anhang Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Die bei Online-Musikdiensten tangierten Verwertungsrechte, eigene Darstellung Abbildung 2: Gegenüberstellung der Begriffe „Tonträgerhersteller“, „Plattenfirma“, „Label“, „wirtschaftlicher Produzent“ und „künstlerischer Produzent“, eigene Darstellung Abbildung 3: Werknutzungsrechte Urheberberechtigte, eigene Darstellung Abbildung 4: Werknutzungsrechte Leistungsschutzberechtigte, eigene Darstellung Abbildung 5: Werknutzungsbewilligung von Online-Musikdienst an Nutzer, eigene Darstellung Abbildung 6: Veränderung der Wertschöpfungskette in der Musikbranche, Neef/Blömer, Konvergenztechnologie und Musikverwertung, in Moser/Scheuermann (Hrsg), Handbuch der Musikwirtschaft (2003) 105 Abbildung 7: Generation 0: Client –Server-Struktur, Mayrhofer in Mayrhofer/Plöckinger, Aktuelles zum Internetrecht, 1 (12) 131 Anhang: Abbildungsverzeichnis Abbildung 8: Generation 1: Zentrale Suche – Dezentrale Daten, Mayrhofer in Mayrhofer/Plöckinger, Aktuelles zum Internetrecht, 1 (13) Abbildung 9: Generation 2: Dezentrale Suche, Mayrhofer in Mayrhofer/Plöckinger, Aktuelles zum Internetrecht, 1 (14) Abbildung 10: Broadcast, <de.wikipedia.org/wiki/Broadcast> Abbildung 11: Multicast, <de.wikipedia.org/wiki/Multicast> Abbildung 12: Unicast, <de.wikipedia.org/wiki/Unicast> Abbildung 13: Rechteerwerb bei Download-Diensten, eigene Darstellung Abbildung 14: Rechteerwerb bei Abo-Diensten, eigene Darstellung Abbildung 15: Struktur legaler Tauschbörsen, eigene Darstellung Abbildung 16: Rechteerwerb bei legalen Tauschbörsen, eigene Darstellung Abbildung 17: Dreistufentest, eigene Darstellung Abbildung 18: Rechteerwerb bei Simulcasting- und nicht-interaktiven WebcastingDiensten, eigene Darstellung Abbildung 19: Rechteerwerb bei Webcasting-Diensten einschließlich persönlicher Webradios, eigene Darstellung 132