Chemisches Praktikum für Biologen Organische Versuche

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Chemisches Praktikum für Biologen Organische Versuche
1
Chemisches Praktikum für Biologen
Organische Versuche
1. ALKENE
2
2. HYDROXY-VERBINDUNGEN
3
3. CARBONYL-VERBINDUNGEN
4
4. CARBONSÄUREN, CARBONSÄUREESTER UND FETTE
6
5. HYDROXYCARBONSÄUREN
8
6. KOHLENHYDRATE
9
7. α-AMINOSÄUREN UND PROTEINE
11
2
1. Alkene
R1
R2
C
C
R3
R4
Kaliumpermanganat KMnO4 ist ein starkes Oxidationsmittel. Wenn keine anderen
reduzierenden Gruppen im Molekül enthalten sind, werden Doppelbindungen in
Alkenen oxidiert. Die Reduktion von KMnO4 zu Braunstein MnO2 kann als
Nachweis von Alkenen benutzt werden. In einer Zwischenstufe entsteht zunächst
ein Alkohol, der durch einen Überschuss an Kaliumpermanganat zur Carbonsäure
oxidiert wird.
H
MnO4
H2O
OH
H
OH
Cyclohexen
O
MnO4
OH
O
H2O
MnO2
OH
cis-1,2- Dihydroxycyclohexan
Adipinsäure
Neben KMnO4 existieren weitere Oxidationsmittel, wie z. B. OsO4.
Im Gegensatz dazu addiert sich Br2 an Alkene unter Bildung von 1,2Dibromalkanen. Dabei entsteht das trans-Isomere, im Falle von Cyclohexen
trans-1,2-Dibromcyclohexan, bei dem die Bromatome auf entgegengesetzten
Ringseiten stehen.
Br
H
H
Br
H
Br
Br
H
Versuch: Man gibt 1 Tropfen Cyclohexen zu 2 ml Wasser und fügt 3 Tropfen
Kaliumpermanganat-Lösung zu. Durch Schütteln verschwindet die
violette Farbe und es scheidet sich ein brauner Niederschlag von
Braunstein ab.
3
2. Hydroxy-Verbindungen (Alkohole)
R1
CH R2
OH
Ethanol und sekundäre Alkohole (z.B. Isopropanol) reagieren positiv auf die
Iodoformprobe:
O
Dehydrierung
H3C
H3C
CH2OH + I2 + 2 OH
Ethanol
H
+ 2 I + 2 H2O
Acetaldehyd
(Ethanal)
O
H3C
C
C
H
Substitution
+ 3 I2 + 3 OH
O
I3C
C
H
+ 3 I + 3 H2O
Triiodacetaldehyd
O
I3C
C
H
Spaltung
+ OH
O
I3CH +
Iodoform
H
C
O
Formiation
Im ersten Schritt, der Dehydrierung von Ethanol, entsteht zunächst Acetaldehyd,
dessen Protonen der Methylgruppe sich leicht durch Halogene substituieren
lassen. Der so gebildete Triiodacetaldehyd zerfällt sofort unter dem Einfluss von
OH--Ionen in Iodoform und Formiationen. Die drei elektronegativen IodSubstituenten am α-ständigen C-Atom begünstigen hierbei die Spaltung der C-CBindung.
Die Bildung von Iodoform und Acetationen aus Isopropanol verläuft analog.
H3C
CH OH
H3C
Isopropanol
Dehyd.
H3C
C O
H3C
Aceton
Sub.
H3C
C O
Spal.
O
I3CH + H3C
C
I3C
Triiodaceton
Acetationen
Versuch 1: 2 ml Ethanol werden mit 2 ml verd. NaOH versetzt und auf 30 – 40°C
erhitzt. Nach Zugabe von 4 ml Iod-Kaliumiodid-Lösung fällt ein
hellgelber
Niederschlag
von
Iodoform
aus,
das
einen
charakteristischen Geruch hat.
Versuch 2: 2 ml Isopropanol werden mit 2 ml verd. NaOH versetzt und auf 30 –
40°C erhitzt. Nach Zugabe von 4 ml Iod-Kaliumiodid-L ösung fällt ein
hellgelber
Niederschlag
von
Iodoform
aus,
das
einen
charakteristischen Geruch hat.
O
4
3. Carbonyl-Verbindungen
R1
R2
3.1.
C
O
Synthesen mit Carbonyl-Verbindungen
Aldehyde und Ketone sind zur Aldolkondensation befähigt. Dabei kondensieren
zwei gleiche Moleküle oder zwei unterschiedliche Aldehyde/Ketone miteinander.
Die basisch katalysierte Aldolkondensation beruht auf einer nucleophilen
Additionsreaktion an der C=O-Doppelbindung.
Oδ
O
O
+
+ OH
H3C
CH3
H3C
- H2O
+ H2O
O
OH
C
C
H3C
Benzaldehyd
O
H3C
O
O
C
C
CH2
Ph
H
- H2O
H
α-Hydroxyketon
Ph
C
CH
H
Ph
C
HC
H3C
4-Phenyl-3-buten-2-on
O
C
H
Ph
C
Ph
CH2
+ Benzaldehyd
+ OH
− H2O
C
C δ
Ph
H
Carbanion
Aceton
- OH
H
C
C
H
C
CH
H
Dibenzalaceton
Im ersten Schritt entzieht die Base OH- dem Keton ein α-acides Proton. Dabei
entsteht das sehr reaktive Carbanion, welches sich an das positivierte C-Atom
eines weiteren Aldehyds/Ketons addiert. Das durch Anlagerung eines Protons
entstandene α-Hydroxyketon bildet unter Abspaltung von Wasser 4-Phenyl-3buten-2-on, ein π-konjugiertes System. Die katalytisch wirkenden OH--Ionen
werden am Ende der Reaktion wieder frei. Durch die Reaktion mit einem weiteren
Molekül Benzaldehyd entsteht Dibenzalaceton.
Versuch: Zu 1 ml Benzaldehyd gibt man 0.5 ml Aceton, 3 ml Ethanol und 3 ml
verd. NaOH. Nach ca. 1 min. trübt sich die Lösung plötzlich. Das
zunächst ölig abgeschiedene Dibenzalaceton erstarrt allmählich
kristallin.
5
3.2.
Reaktionen von Aldehyden bzw. Ketonen
Aldehyde und Ketone können durch Reaktion mit Nucleophilen zu Addukten als
kristalline, schwerlösliche Verbindungen übergeführt und nachgewiesen werden.
Bei der Reaktion mit Natriumhydrogensulfit fallen Natriumsalze des Addukts aus.
Der nucleophilen Addition eines Natriumhydrogensulfit-Anions folgt eine
Protonenwanderung. Falls die Fällung des kristallinen Salzes nicht sofort eintritt,
kann sie durch Zugabe von Alkohol oder Ether erzielt werden.
H
C
O
Ph
H
Benzaldehyd
oder
H3C
C
+ Na HSO3
+ Et2O
1
O
R
1
2
R
O
R
C
C
SO3H
2
R
Na
SO3
O
H3C
Aceton
Natriumsalz der Hydroxysulfonsäure
(R1 = H, R2 = Ph; R1 = R2 = CH3)
Versuch: Zu 1 ml Benzaldehyd (oder zu 3 ml Aceton) in 3 ml Ether gibt man 10
Tropfen einer gesättigten Natriumhydrogensulfit-Lösung. Beim
Schütteln scheidet sich das Natriumsalz der entsprechenden
Hydroxysulfonsäure kristallin ab.
6
4. Carbonsäuren, Carbonsäureester und Fette
O
R
R1
C
OH
4.1.
H2C
OC(O)R1
HC
OC(O)R2
H2C
OC(O)R3
O
C
OR2
Darstellung von Carbonsäureestern
Die Darstellung von Carbonsäureestern aus Carbonsäuren und Alkohol nennt
man Veresterung, welche von Protonen katalysiert wird. Im ersten Schritt wird der
negativ polarisierte Carbonylsauerstoff durch ein Proton (Lewis-Säure)
angegriffen. Es entsteht ein Carbokation, das sich langsam mit Ethanol umsetzt.
Durch Abspaltung von Wasser und einem Proton (Rückgewinnung des
Katalysators) entsteht der Carbonsäureester.
OH
O
Ph
C
OH
Benzoesäure
+ H+
Ph
C
OH
+ HO-C2H5
OH
Ph
Carbokation
C
OH
O
C2H5
- H2O
H
O
O
Ph
C
OC2H5
Ph
C
OC2H5
+ H+
H
Benzoesäureethylester
Versuch: 3 Spatelspitzen Benzoesäure werden mit 1 ml Ethanol und 3 Tropfen
konz. Schwefelsäure (Katalysator) ca. 1 min. zum Sieden erhitzt. Man
beobachtet den süßlichen Geruch von Benzoesäureethylester.
Wiederholt man den Versuch ohne Zugabe von Schwefelsäure, so
kann man keinen Estergeruch feststellen.
7
4.2.
Verseifung von Carbonsäureestern
Fette sind Ester von Glycerin mit verschiedenen aliphatischen Säuren. Als
Säurekomponente enthalten natürliche Fette z. B. Buttersäure (C3H7CO2H),
Palmitinsäure (C15H31CO2H), Stearinsäure (C17H35CO2H) und Ölsäure
(C17H33CO2H). All diese Säuren enthalten eine gerade Anzahl an C-Atomen und
sind unverzweigt, die Ölsäure enthält in der Mitte eine Doppelbindung
(ungesättigt).
Bei der Verseifung von Carbonsäureestern durch Lauge entstehen Glycerin und
Alkalisalze von Fettsäuren.
O
O
H2C
HC
H2C
O
C
O C(O) R2
O
C
R1
R1
R3
+ 3 NaOH
H2C
OH
HC
OH
H2C
Fett
+
R2
Glycerin
O Na
O
OH
R3
O
O Na
O
O Na
Natriumsalze der Fettsäuren
Versuch 1: Zu je 3 Tropfen Olivenöl gibt man in trockenen Reagenzgläsern je 3
ml Wasser, Ethanol, Aceton, Petrolether (Isohexan) und Ether. Das
Öl löst sich in Wasser auch unter Erhitzen nicht und in Alkohol nur
teilweise. In den anderen genannten Lösemitteln ist das Öl bei
Raumtemperatur löslich.
Versuch 2: Zu 1 ml Olivenöl gibt man 4 ml methanolische Natronlauge. Zunächst
mischen sich die beiden Flüssigkeiten nicht. Nun erhitzt man 4 min.
zum schwachen Sieden. Der dabei verdampfte Methanol wird
ersetzt und die klare, homogene gelbe Lösung noch heiß in zwei
Teile geteilt.
a) Die eine Hälfte lässt man abkühlen. Es scheidet sich das
Natriumsalz der Ölsäure ab; der Niederschlag enthält ausserdem
etwas Natriumstearat und Natriumpalminat.
b) Zur anderen Hälfte gibt man 5 ml Wasser, kühlt auf
Raumtemperatur ab und versetzt mit 5 Tropfen Kupfersulfat-Lösung
(Nachweis des gebildeten Glycerins). Es entsteht ein hellblauer
Niederschlag, der sich allmählich unter Bildung einer dunkelblauen
Lösung wieder auflöst.
8
5. Hydroxycarbonsäuren
Hydroxycarbonsäuren enthalten gleichzeitig OH- und C(O)OH-Funktionen. Das
Vorhandensein
dieser
beiden
funktionellen
Gruppen
bedingt
das
Reaktionsverhalten. Reaktionen der Hydroxycarbonsäuren hängen von der
Entfernung der beiden Gruppen (am selben C-Atom, α-, β-ständig usw.) ab.
Wichtige in der Natur vorkommende Vertreter sind z.B.:
OH
H3C
C
COOH
COOH
H
H
HO
Milchsäure
OH
HO
H
H
H
H
OH
OH
H
OH
COOH
COOH
D(+)-
L( )Weinsäure
_
OH
COOH
COOH
HOOC
CH2 C CH2 COOH
COOH
COOH
meso-
Zitronensäure
Bei der Acetylierung (Umsetzung mit Essigsäureanhydrid und Schwefelsäure als
Katalysator) von o-Hydroxybenzoesäure (Salicylsäure) entsteht das Medikament
Aspirin (Acetylsalicylsäure).
COOH
OH
+ H3C
O
O
C
C
O
COOH
CH3; H+
- H3CCOOH
OCCH3
O
Salicylsäure
Aspirin
Während Benzoesäure beim Erhitzen recht beständig ist, spaltet Salicylsäure
Kohlendioxid (Decarboxylierung) ab und bildet Phenol.
COOH
OH
Salicylsäure
COOH
H
+ CO2
O
OH
Phenol
Versuch 1: Man gibt eine Spatelspitze Salicylsäure in 10 ml Wasser und versetzt
mit einen Tropfen Eisen(III)chlorid-Lösung. Die Lösung färbt sich
rotblau.
Versuch 2: Man gibt in zwei Reagenzgläser je eine Spatelspitze Aspirin und 3 ml
Wasser. Eine der Proben wird 1 min. zum Sieden erhitzt. Nun gibt
man in beide Lösungen je einen Tropfen Eisen(III)chlorid-Lösung, nur
die vorher erhitze Probe ergibt eine rotblaue Farbreaktion.
Versuch 3: 2 Spatelspitzen Salicylsäure werden in einem trockenen Reagenzglas
über den Schmelzpunkt erhitzt, bis Gasentwicklung einsetzt. Man
riecht Phenol.
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6. Kohlenhydrate
6.1. Monosaccharide
Glucose (Aldose) wird schon durch milde Oxidationsmittel wie Ag+- und Cu2+Ionen in alkalischer Lösung oxidiert. Die hier beschriebenen Versuche dienen als
Nachweise von Aldehyden.
Da in alkalischem Medium gearbeitet wird, müssen die oxidierenden
Metallkationen als Komplexe in Lösung gehalten werden. Ag+-Ionen werden
durch Ammoniak in den Diammin-silber-Komplex und Cu2+-Ionen in den
Weinsäure-Komplex überführt.
Fehling-Probe:
H
HO
O
C
C
H
O
C
OH
Oxidation
H
C
OH
HO
C
H
HO
C
H
H
C
OH
H
C
OH
H
C
OH
H
C
OH
+ H2O
D-Glucose
Gluconsäure
Reduktion
2
+ OH
+2H
CH2OH
CH2OH
Cu2+
+2e
+2e
+I
Cu2O + H2O
blaue Lösung
roter Niederschlag
Tollens-Probe:
H
HO
O
O
C
C
H
C
OH
HO
C
H
H
C
OH
H
C
OH
CH2OH
+ Ag+
+ NH3, H2O
Redox
H
C
OH
HO
C
H
H
C
OH
H
C
OH
CH2OH
+ Ag
Silberspiegel
10
Trommersche-Probe:
H
HO
O
O
C
C
H
C
OH
HO
C
H
H
C
H
C
+ Cu2+
OH
∆
+ NaOH, H2O
H
C
OH
HO
C
H
H
C
OH
H
C
OH
Redox
OH
+ Cu2O
roter
Niederschlag
CH2OH
CH2OH
D-Fructose (Fruchtzucker) ist die wichtigste Ketohexose. Eine Lösung von
Fructose reduziert Fehlingsche Lösung (Seignette-Salz, Cu2+/OH-) und Ag+-Ionen
(im Alkalischen); dabei lagert sich die Ketose in eine Aldose um, die reduzierend
wirkt.
ΟΗ
H
CH2OH
HO
C
O
C
H
H
HO
O
C
ΟΗ
C
H
Η
C
ΟΗ
HO
C
H
C
OH
H
C
OH
H
C
OH
H
C
OH
H
C
OH
H
C
OH
Ketose
CH2OH
Endiol-Form
CH2OH
Aldose
O
C
H
CH2OH
HO
C
C
+ Cu2+-Tartrat,
OH , H2O
Redox
H
C
OH
HO
C
H
H
C
OH
H
C
OH
+ Cu2O
CH2OH
Gluconsäure
Versuch 1: Man versetze 2 ml Kupfer(II)sulfat-Lösung mit 4 ml verd. NaOH; es
fällt Kupfer(II)hydroxid aus. Gibt man 2 ml Seignettesalz-Lösung
(Natrium-Kalium-Salz der Weinsäure) hinzu, so bildet sich eine klare,
blaue Lösung, die den tetragonal planaren Kupfer(II)tartrat-Komplex
enthält (Fehlingsche Lösung).
Versuch 2: a) 0.5 ml Glucose-Lösung werden mit 5 Tropfen Silbernitrat-Lösung
und 1 ml verd. NH3 versetzt. Man erwärmt langsam; es scheidet sich
Silber als Spiegel ab (Tollens-Probe).
b) Zu einigen Tropfen Glucose-Lösung gibt man 3 ml Fehlingsche
Lösung und erwärmt. Es scheidet sich rotes Kupfer(I)oxid ab (FehlingProbe).
c) Zu 2 ml Glucose-Lösung gibt man 10 Tropfen Kupfer(II)sulfatLösung und 3 ml verd. NaOH. Die Lösung färbt sich tiefblau; beim
Erhitzen scheidet sich rotes Kupfer(I)oxid ab (Trommersche Probe).
Versuch 3: Zu einigen Tropfen Fructose-Lösung gibt man 3 ml Fehlingsche
Lösung und erwärmt. Es scheidet sich rotes Kupfer(I)oxid ab (FehlingProbe).
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6.2. Disaccharide
Ein beträchtlicher Anteil der natürlichen Zucker liegt in der dimeren, trimeren,
oligomeren und polymeren Form vor.
Saccharose (Rohrzucker) ist ein Disaccharid, das sich von der Glucose und
Fructose ableitet. Im Rohrzucker und als Monosaccharid hat die Glucose einen
pyranoiden (sechs-gliedrigen) Ring. Die Fructose liegt im Rohrzucker in der
furanoiden (fünf-gliedriger Ring) Form vor, dagegen ist der Ring im
Monosaccharid pyranoid.
Saccharose
CH2OH
HOH2C
O
H
β
α
OH
HO
CH2OH
O
OH
oder
O
OH
H
α H OH
HO
OH
OH
CH2OH
O
O
CH2OH
OH
O
β
OH
CH2OH
Haworth-Projektion
H
Sessel-Projektion
Die Zuckerreste sind in Disacchariden über Sauerstoff miteinander verknüpft. Die
Bindung vom Brückensauerstoff zum C-Atom 1 einer Aldose oder z. B. zum CAtom 2 der Fructose, nennt man glycosidisch. Im Rohrzucker sind sowohl der
Glucose-Rest als auch der Fructose-Rest glykosidisch gebunden. Unter
Berücksichtigung der Konfiguration erhält Saccharose die Bezeichnung α-DGlucopyranosyl-β-D-fructofuranosid.
Rohrzucker reduziert die Fehlingsche Lösung nicht, da Acetal-Bindungen durch
Lauge nicht gespalten werden. Erhitzt man das Disaccharid dagegen kurz in
Säure, so wird die Acetal-Bindung hydrolytisch gespalten (Rohrzucker-Inversion).
Die dabei gebildeten Monosaccharide reduzieren die Fehlingsche Lösung.
Weitere wichtige
(Malzzucker).
Disaccharide
sind
Lactose
(Milchzucker)
und
Maltose
Versuch: a) 15 Tropfen Rohrzucker-Lösung versetzt man mit 3 ml Fehlingscher
Lösung. Beim Erwärmen wird kein Kupfer(I)oxid gebildet.
b) Gibt man zu 15 Tropfen Rohrzucker-Lösung 0.5 ml verd. Salzsäure,
erhitzt zum Sieden und fügt dann 5 ml Fehlingsche Lösung hinzu, so
scheidet sich beim Erwärmen rotes Kupfer(I)oxid ab.
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7. α-Aminosäuren und Proteine
7.1.
α-Aminosäuren
H
R
O
C
OH
NH2
Die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Aminosäuren (AS) sind im
Wesentlichen durch das Vorhandensein einer basischen (NH2) und einer sauren
(CO(O)H) Gruppe im gleichen Molekül bestimmt. Diese funktionellen Gruppen
reagieren miteinander unter Salzbildung, so dass Aminosäuren als Zwitter-Ionen
vorliegen.
H
R
α
H
O
R
C
NH2
OH
O
C
O
NH3
Obwohl es mehr als 500 natürlich vorkommende Aminosäuren gibt, bestehen die
Proteine aller Organismen zum größten Teil aus 20 verschiedenen Aminosäuren.
Der erwachsene Mensch kann acht davon nicht selbst synthetisieren, d.h. er
muss sie mit der Nahrung zu sich nehmen (essentielle AS). Bei den 20 in der
Natur häufigsten AS befindet sich die Aminogruppe am C-2, dem α-Kohlenstoff.
Außer bei Glycin befindet sich in allen AS am C-2 ein Chiralitätszentrum, das
normalerweise S-Konfiguration besitzt.
Da Aminosäuren Carboxy- und Aminogruppen enthalten, sind sie amphoter, d.h.
sie können sauer und basisch reagieren. AS bilden mit Säuren und Laugen
Salze, die im Falle von Glycin folgende Formeln haben:
H
H
C
H
O
+ Cl
OH
NH3
Glycin-hydrochlorid
+ HCl
H
O
C
NH3
Glycin
O
H
+ NaOH
H
O
C
NH2
+ Na
+ H2O
O
Natriumsalz des Glycins
Lösungen der Alkalisalze reagieren basisch (erheblich stärker als etwa
Natriumacetat), da sie außer der basischen Gruppe CO2- noch eine Aminogruppe
enthalten.
Die stark polare Struktur ermöglicht es, dass Aminosäuren besonders stabile
Kristallgitter ausbilden. Daher sind viele von ihnen nahezu unlöslich und
schmelzen nicht, sondern zersetzen sich beim Erhitzen. AS lösen sich nicht in
organischen Lösemitteln (z.B. Ether, Chloroform). In Wasser sind sie dagegen
löslich, wenn der Rest R nicht zu stark hydrophob ist.
Lösungen von AS reagieren (ähnlich wie Ammoniumacetat) fast neutral,
vorausgesetzt, dass der Rest R keine sauren oder basischen Gruppen enthält.
13
Versuch 1: Man erhitzt eine Spatelspitze Glycin in einem trockenen Reagenzglas
über kleiner Flamme. Die Verbindung zersetzt sich unter
Braunfärbung und Entwicklung von Ammoniak.
Versuch 2: Man gibt je eine Spatelspitze Glycin zu 2 ml Ether, Ethanol und
Dichlormethan. Nach kurzem Erwärmen gießt man die
überstehende Flüssigkeit auf je ein Uhrglas und lässt die
Lösungsmittel verdunsten; bei keiner Probe bleibt ein Rückstand.
Versuch 3: Eine Spatelspitze Glycin wird in 3 ml Wasser gelöst und ein Tropfen
Mischindikator zugegeben; die Lösung ist grün (neutral).
7.2.
Proteine
H3N
R
O
C
C
H
R´
O
N
C
C
H
H
R´´
N
C
H
n
H
O
C
O
In Eiweißkörpern (Proteinen) ist eine große Zahl von α-Aminosäuren über
Säureamid-Bindungen (Peptid-Bindungen) miteinander verknüpft. Die einzelnen
Proteine unterscheiden sich durch Art, Reihenfolge und Anzahl der AS. Um die
Art der AS zu ermitteln, müssen zunächst die Peptid-Bindungen gespalten
werden. Dies erreicht man durch Erhitzen mit Säuren oder Laugen oder durch
Verwendung von Enzymen zur Protein-Spaltung. Die Aminosäuren werden heute
chromatographisch getrennt, da man hierbei nur geringste Mengen an Protein
benötigt.
Proteine unterscheiden sich in ihren physikalischen Eigenschaften erheblich.
Einige (z.B. Albumine) bilden kolloide Lösungen. Bei einheitlichen Eiweißkörpern
sind die kolloiden Teilchen von gleicher Größe (monodispers), im Gegensatz zu
künstlich hergestellten Kolloiden, die polydispers sind. Kolloide Eiweiß-Lösungen
koagulieren beim Erhitzen fast alle irreversibel; d.h. sie werden denaturiert.
Gerüst-Eiweißstoffe wie Keratine (Haare, Federn, Nägel) oder Kollagene
(Knochen, Knorpel, Bindegewebe) sind unlöslich. Während in löslichen
Eiweißarten
die
Peptidketten
im
wesentlichen
durch
WasserstoffBrückenbindungen zusammengehalten werden, sind sie in Gerüst-Eiweißstoffen
zusätzlich durch kovalente Bindungen – vor allem Disulfidbrücken – miteinander
verknüpft.
Im folgenden werden Versuche mit dem Phosphorproteid Casein durchgeführt,
das der Hauptbestandteil von Milcheiweiß ist. Proteide sind Eiweißkörper, die an
den Peptidketten noch andere Gruppen tragen. Diese prosthetischen Gruppen
können Phosphorsäure, polymere Kohlenhydrate, Metall-Ionen (Zink-InsulinKomplex), eine Farbstoffkomponente (Hämoglobin), Vitamine usw. sein.
In Versuch 1 wird Casein peptisiert. In Versuch 2 wird die Schutzkolloid-Wirkung
von Casein untersucht. Zum Nachweis von Eiweißstoffen gibt es sehr
empfindliche Reaktionen, von denen drei im Versuch 3 durchgeführt werden.
14
Versuch 1: Man gibt zu einer Spatelspitze Casein 3 ml Wasser und 0.5 ml verd.
NaOH. Beim Erhitzen zum Sieden löst sich das Proteid zu einer
trüben Lösung. Wiederholt man den Versuch ohne NaOH, so löst sich
das Casein nicht.
Versuch 2: Man gibt zu einer Spatelspitze Casein 3 ml Wasser und einige
Tropfen Olivenöl. Beim Schütteln bildet sich eine Emulsion.
Versuch 3: a) Man gibt zu einer Spatelspitze Casein 3 ml Wasser und 2 ml verd.
Salpetersäure und erhitzt zum Sieden. Der ausfallende farblose
Niederschlag wird gelb; bei Zugabe von NH3 wird er orange
(Xanthoprotein-Reaktion).
b) Man versetzt 1.5 ml der abgekühlten Casein-Lösung mit einigen
Tropfen Kupfer(II)-sulfat-Lösung. Die Lösung wird violett (BiuretReaktion).
c) 2 Spatelspitzen Casein werden mit 3 ml verd. NaOH 3 min. lang
zum Sieden erhitzt. Man beobachtet den Geruch von Ammoniak. Man
gibt einige Tropfen Bleiacetat-Lösung dazu; dabei bildet sich Bleisulfid
(Schwarzfärbung, Nachweis der Sulfid-Ionen).