Chemisches Praktikum für Biologen Organische Versuche
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Chemisches Praktikum für Biologen Organische Versuche
1 Chemisches Praktikum für Biologen Organische Versuche 1. ALKENE 2 2. HYDROXY-VERBINDUNGEN 3 3. CARBONYL-VERBINDUNGEN 4 4. CARBONSÄUREN, CARBONSÄUREESTER UND FETTE 6 5. HYDROXYCARBONSÄUREN 8 6. KOHLENHYDRATE 9 7. α-AMINOSÄUREN UND PROTEINE 11 2 1. Alkene R1 R2 C C R3 R4 Kaliumpermanganat KMnO4 ist ein starkes Oxidationsmittel. Wenn keine anderen reduzierenden Gruppen im Molekül enthalten sind, werden Doppelbindungen in Alkenen oxidiert. Die Reduktion von KMnO4 zu Braunstein MnO2 kann als Nachweis von Alkenen benutzt werden. In einer Zwischenstufe entsteht zunächst ein Alkohol, der durch einen Überschuss an Kaliumpermanganat zur Carbonsäure oxidiert wird. H MnO4 H2O OH H OH Cyclohexen O MnO4 OH O H2O MnO2 OH cis-1,2- Dihydroxycyclohexan Adipinsäure Neben KMnO4 existieren weitere Oxidationsmittel, wie z. B. OsO4. Im Gegensatz dazu addiert sich Br2 an Alkene unter Bildung von 1,2Dibromalkanen. Dabei entsteht das trans-Isomere, im Falle von Cyclohexen trans-1,2-Dibromcyclohexan, bei dem die Bromatome auf entgegengesetzten Ringseiten stehen. Br H H Br H Br Br H Versuch: Man gibt 1 Tropfen Cyclohexen zu 2 ml Wasser und fügt 3 Tropfen Kaliumpermanganat-Lösung zu. Durch Schütteln verschwindet die violette Farbe und es scheidet sich ein brauner Niederschlag von Braunstein ab. 3 2. Hydroxy-Verbindungen (Alkohole) R1 CH R2 OH Ethanol und sekundäre Alkohole (z.B. Isopropanol) reagieren positiv auf die Iodoformprobe: O Dehydrierung H3C H3C CH2OH + I2 + 2 OH Ethanol H + 2 I + 2 H2O Acetaldehyd (Ethanal) O H3C C C H Substitution + 3 I2 + 3 OH O I3C C H + 3 I + 3 H2O Triiodacetaldehyd O I3C C H Spaltung + OH O I3CH + Iodoform H C O Formiation Im ersten Schritt, der Dehydrierung von Ethanol, entsteht zunächst Acetaldehyd, dessen Protonen der Methylgruppe sich leicht durch Halogene substituieren lassen. Der so gebildete Triiodacetaldehyd zerfällt sofort unter dem Einfluss von OH--Ionen in Iodoform und Formiationen. Die drei elektronegativen IodSubstituenten am α-ständigen C-Atom begünstigen hierbei die Spaltung der C-CBindung. Die Bildung von Iodoform und Acetationen aus Isopropanol verläuft analog. H3C CH OH H3C Isopropanol Dehyd. H3C C O H3C Aceton Sub. H3C C O Spal. O I3CH + H3C C I3C Triiodaceton Acetationen Versuch 1: 2 ml Ethanol werden mit 2 ml verd. NaOH versetzt und auf 30 – 40°C erhitzt. Nach Zugabe von 4 ml Iod-Kaliumiodid-Lösung fällt ein hellgelber Niederschlag von Iodoform aus, das einen charakteristischen Geruch hat. Versuch 2: 2 ml Isopropanol werden mit 2 ml verd. NaOH versetzt und auf 30 – 40°C erhitzt. Nach Zugabe von 4 ml Iod-Kaliumiodid-L ösung fällt ein hellgelber Niederschlag von Iodoform aus, das einen charakteristischen Geruch hat. O 4 3. Carbonyl-Verbindungen R1 R2 3.1. C O Synthesen mit Carbonyl-Verbindungen Aldehyde und Ketone sind zur Aldolkondensation befähigt. Dabei kondensieren zwei gleiche Moleküle oder zwei unterschiedliche Aldehyde/Ketone miteinander. Die basisch katalysierte Aldolkondensation beruht auf einer nucleophilen Additionsreaktion an der C=O-Doppelbindung. Oδ O O + + OH H3C CH3 H3C - H2O + H2O O OH C C H3C Benzaldehyd O H3C O O C C CH2 Ph H - H2O H α-Hydroxyketon Ph C CH H Ph C HC H3C 4-Phenyl-3-buten-2-on O C H Ph C Ph CH2 + Benzaldehyd + OH − H2O C C δ Ph H Carbanion Aceton - OH H C C H C CH H Dibenzalaceton Im ersten Schritt entzieht die Base OH- dem Keton ein α-acides Proton. Dabei entsteht das sehr reaktive Carbanion, welches sich an das positivierte C-Atom eines weiteren Aldehyds/Ketons addiert. Das durch Anlagerung eines Protons entstandene α-Hydroxyketon bildet unter Abspaltung von Wasser 4-Phenyl-3buten-2-on, ein π-konjugiertes System. Die katalytisch wirkenden OH--Ionen werden am Ende der Reaktion wieder frei. Durch die Reaktion mit einem weiteren Molekül Benzaldehyd entsteht Dibenzalaceton. Versuch: Zu 1 ml Benzaldehyd gibt man 0.5 ml Aceton, 3 ml Ethanol und 3 ml verd. NaOH. Nach ca. 1 min. trübt sich die Lösung plötzlich. Das zunächst ölig abgeschiedene Dibenzalaceton erstarrt allmählich kristallin. 5 3.2. Reaktionen von Aldehyden bzw. Ketonen Aldehyde und Ketone können durch Reaktion mit Nucleophilen zu Addukten als kristalline, schwerlösliche Verbindungen übergeführt und nachgewiesen werden. Bei der Reaktion mit Natriumhydrogensulfit fallen Natriumsalze des Addukts aus. Der nucleophilen Addition eines Natriumhydrogensulfit-Anions folgt eine Protonenwanderung. Falls die Fällung des kristallinen Salzes nicht sofort eintritt, kann sie durch Zugabe von Alkohol oder Ether erzielt werden. H C O Ph H Benzaldehyd oder H3C C + Na HSO3 + Et2O 1 O R 1 2 R O R C C SO3H 2 R Na SO3 O H3C Aceton Natriumsalz der Hydroxysulfonsäure (R1 = H, R2 = Ph; R1 = R2 = CH3) Versuch: Zu 1 ml Benzaldehyd (oder zu 3 ml Aceton) in 3 ml Ether gibt man 10 Tropfen einer gesättigten Natriumhydrogensulfit-Lösung. Beim Schütteln scheidet sich das Natriumsalz der entsprechenden Hydroxysulfonsäure kristallin ab. 6 4. Carbonsäuren, Carbonsäureester und Fette O R R1 C OH 4.1. H2C OC(O)R1 HC OC(O)R2 H2C OC(O)R3 O C OR2 Darstellung von Carbonsäureestern Die Darstellung von Carbonsäureestern aus Carbonsäuren und Alkohol nennt man Veresterung, welche von Protonen katalysiert wird. Im ersten Schritt wird der negativ polarisierte Carbonylsauerstoff durch ein Proton (Lewis-Säure) angegriffen. Es entsteht ein Carbokation, das sich langsam mit Ethanol umsetzt. Durch Abspaltung von Wasser und einem Proton (Rückgewinnung des Katalysators) entsteht der Carbonsäureester. OH O Ph C OH Benzoesäure + H+ Ph C OH + HO-C2H5 OH Ph Carbokation C OH O C2H5 - H2O H O O Ph C OC2H5 Ph C OC2H5 + H+ H Benzoesäureethylester Versuch: 3 Spatelspitzen Benzoesäure werden mit 1 ml Ethanol und 3 Tropfen konz. Schwefelsäure (Katalysator) ca. 1 min. zum Sieden erhitzt. Man beobachtet den süßlichen Geruch von Benzoesäureethylester. Wiederholt man den Versuch ohne Zugabe von Schwefelsäure, so kann man keinen Estergeruch feststellen. 7 4.2. Verseifung von Carbonsäureestern Fette sind Ester von Glycerin mit verschiedenen aliphatischen Säuren. Als Säurekomponente enthalten natürliche Fette z. B. Buttersäure (C3H7CO2H), Palmitinsäure (C15H31CO2H), Stearinsäure (C17H35CO2H) und Ölsäure (C17H33CO2H). All diese Säuren enthalten eine gerade Anzahl an C-Atomen und sind unverzweigt, die Ölsäure enthält in der Mitte eine Doppelbindung (ungesättigt). Bei der Verseifung von Carbonsäureestern durch Lauge entstehen Glycerin und Alkalisalze von Fettsäuren. O O H2C HC H2C O C O C(O) R2 O C R1 R1 R3 + 3 NaOH H2C OH HC OH H2C Fett + R2 Glycerin O Na O OH R3 O O Na O O Na Natriumsalze der Fettsäuren Versuch 1: Zu je 3 Tropfen Olivenöl gibt man in trockenen Reagenzgläsern je 3 ml Wasser, Ethanol, Aceton, Petrolether (Isohexan) und Ether. Das Öl löst sich in Wasser auch unter Erhitzen nicht und in Alkohol nur teilweise. In den anderen genannten Lösemitteln ist das Öl bei Raumtemperatur löslich. Versuch 2: Zu 1 ml Olivenöl gibt man 4 ml methanolische Natronlauge. Zunächst mischen sich die beiden Flüssigkeiten nicht. Nun erhitzt man 4 min. zum schwachen Sieden. Der dabei verdampfte Methanol wird ersetzt und die klare, homogene gelbe Lösung noch heiß in zwei Teile geteilt. a) Die eine Hälfte lässt man abkühlen. Es scheidet sich das Natriumsalz der Ölsäure ab; der Niederschlag enthält ausserdem etwas Natriumstearat und Natriumpalminat. b) Zur anderen Hälfte gibt man 5 ml Wasser, kühlt auf Raumtemperatur ab und versetzt mit 5 Tropfen Kupfersulfat-Lösung (Nachweis des gebildeten Glycerins). Es entsteht ein hellblauer Niederschlag, der sich allmählich unter Bildung einer dunkelblauen Lösung wieder auflöst. 8 5. Hydroxycarbonsäuren Hydroxycarbonsäuren enthalten gleichzeitig OH- und C(O)OH-Funktionen. Das Vorhandensein dieser beiden funktionellen Gruppen bedingt das Reaktionsverhalten. Reaktionen der Hydroxycarbonsäuren hängen von der Entfernung der beiden Gruppen (am selben C-Atom, α-, β-ständig usw.) ab. Wichtige in der Natur vorkommende Vertreter sind z.B.: OH H3C C COOH COOH H H HO Milchsäure OH HO H H H H OH OH H OH COOH COOH D(+)- L( )Weinsäure _ OH COOH COOH HOOC CH2 C CH2 COOH COOH COOH meso- Zitronensäure Bei der Acetylierung (Umsetzung mit Essigsäureanhydrid und Schwefelsäure als Katalysator) von o-Hydroxybenzoesäure (Salicylsäure) entsteht das Medikament Aspirin (Acetylsalicylsäure). COOH OH + H3C O O C C O COOH CH3; H+ - H3CCOOH OCCH3 O Salicylsäure Aspirin Während Benzoesäure beim Erhitzen recht beständig ist, spaltet Salicylsäure Kohlendioxid (Decarboxylierung) ab und bildet Phenol. COOH OH Salicylsäure COOH H + CO2 O OH Phenol Versuch 1: Man gibt eine Spatelspitze Salicylsäure in 10 ml Wasser und versetzt mit einen Tropfen Eisen(III)chlorid-Lösung. Die Lösung färbt sich rotblau. Versuch 2: Man gibt in zwei Reagenzgläser je eine Spatelspitze Aspirin und 3 ml Wasser. Eine der Proben wird 1 min. zum Sieden erhitzt. Nun gibt man in beide Lösungen je einen Tropfen Eisen(III)chlorid-Lösung, nur die vorher erhitze Probe ergibt eine rotblaue Farbreaktion. Versuch 3: 2 Spatelspitzen Salicylsäure werden in einem trockenen Reagenzglas über den Schmelzpunkt erhitzt, bis Gasentwicklung einsetzt. Man riecht Phenol. 9 6. Kohlenhydrate 6.1. Monosaccharide Glucose (Aldose) wird schon durch milde Oxidationsmittel wie Ag+- und Cu2+Ionen in alkalischer Lösung oxidiert. Die hier beschriebenen Versuche dienen als Nachweise von Aldehyden. Da in alkalischem Medium gearbeitet wird, müssen die oxidierenden Metallkationen als Komplexe in Lösung gehalten werden. Ag+-Ionen werden durch Ammoniak in den Diammin-silber-Komplex und Cu2+-Ionen in den Weinsäure-Komplex überführt. Fehling-Probe: H HO O C C H O C OH Oxidation H C OH HO C H HO C H H C OH H C OH H C OH H C OH + H2O D-Glucose Gluconsäure Reduktion 2 + OH +2H CH2OH CH2OH Cu2+ +2e +2e +I Cu2O + H2O blaue Lösung roter Niederschlag Tollens-Probe: H HO O O C C H C OH HO C H H C OH H C OH CH2OH + Ag+ + NH3, H2O Redox H C OH HO C H H C OH H C OH CH2OH + Ag Silberspiegel 10 Trommersche-Probe: H HO O O C C H C OH HO C H H C H C + Cu2+ OH ∆ + NaOH, H2O H C OH HO C H H C OH H C OH Redox OH + Cu2O roter Niederschlag CH2OH CH2OH D-Fructose (Fruchtzucker) ist die wichtigste Ketohexose. Eine Lösung von Fructose reduziert Fehlingsche Lösung (Seignette-Salz, Cu2+/OH-) und Ag+-Ionen (im Alkalischen); dabei lagert sich die Ketose in eine Aldose um, die reduzierend wirkt. ΟΗ H CH2OH HO C O C H H HO O C ΟΗ C H Η C ΟΗ HO C H C OH H C OH H C OH H C OH H C OH H C OH Ketose CH2OH Endiol-Form CH2OH Aldose O C H CH2OH HO C C + Cu2+-Tartrat, OH , H2O Redox H C OH HO C H H C OH H C OH + Cu2O CH2OH Gluconsäure Versuch 1: Man versetze 2 ml Kupfer(II)sulfat-Lösung mit 4 ml verd. NaOH; es fällt Kupfer(II)hydroxid aus. Gibt man 2 ml Seignettesalz-Lösung (Natrium-Kalium-Salz der Weinsäure) hinzu, so bildet sich eine klare, blaue Lösung, die den tetragonal planaren Kupfer(II)tartrat-Komplex enthält (Fehlingsche Lösung). Versuch 2: a) 0.5 ml Glucose-Lösung werden mit 5 Tropfen Silbernitrat-Lösung und 1 ml verd. NH3 versetzt. Man erwärmt langsam; es scheidet sich Silber als Spiegel ab (Tollens-Probe). b) Zu einigen Tropfen Glucose-Lösung gibt man 3 ml Fehlingsche Lösung und erwärmt. Es scheidet sich rotes Kupfer(I)oxid ab (FehlingProbe). c) Zu 2 ml Glucose-Lösung gibt man 10 Tropfen Kupfer(II)sulfatLösung und 3 ml verd. NaOH. Die Lösung färbt sich tiefblau; beim Erhitzen scheidet sich rotes Kupfer(I)oxid ab (Trommersche Probe). Versuch 3: Zu einigen Tropfen Fructose-Lösung gibt man 3 ml Fehlingsche Lösung und erwärmt. Es scheidet sich rotes Kupfer(I)oxid ab (FehlingProbe). 11 6.2. Disaccharide Ein beträchtlicher Anteil der natürlichen Zucker liegt in der dimeren, trimeren, oligomeren und polymeren Form vor. Saccharose (Rohrzucker) ist ein Disaccharid, das sich von der Glucose und Fructose ableitet. Im Rohrzucker und als Monosaccharid hat die Glucose einen pyranoiden (sechs-gliedrigen) Ring. Die Fructose liegt im Rohrzucker in der furanoiden (fünf-gliedriger Ring) Form vor, dagegen ist der Ring im Monosaccharid pyranoid. Saccharose CH2OH HOH2C O H β α OH HO CH2OH O OH oder O OH H α H OH HO OH OH CH2OH O O CH2OH OH O β OH CH2OH Haworth-Projektion H Sessel-Projektion Die Zuckerreste sind in Disacchariden über Sauerstoff miteinander verknüpft. Die Bindung vom Brückensauerstoff zum C-Atom 1 einer Aldose oder z. B. zum CAtom 2 der Fructose, nennt man glycosidisch. Im Rohrzucker sind sowohl der Glucose-Rest als auch der Fructose-Rest glykosidisch gebunden. Unter Berücksichtigung der Konfiguration erhält Saccharose die Bezeichnung α-DGlucopyranosyl-β-D-fructofuranosid. Rohrzucker reduziert die Fehlingsche Lösung nicht, da Acetal-Bindungen durch Lauge nicht gespalten werden. Erhitzt man das Disaccharid dagegen kurz in Säure, so wird die Acetal-Bindung hydrolytisch gespalten (Rohrzucker-Inversion). Die dabei gebildeten Monosaccharide reduzieren die Fehlingsche Lösung. Weitere wichtige (Malzzucker). Disaccharide sind Lactose (Milchzucker) und Maltose Versuch: a) 15 Tropfen Rohrzucker-Lösung versetzt man mit 3 ml Fehlingscher Lösung. Beim Erwärmen wird kein Kupfer(I)oxid gebildet. b) Gibt man zu 15 Tropfen Rohrzucker-Lösung 0.5 ml verd. Salzsäure, erhitzt zum Sieden und fügt dann 5 ml Fehlingsche Lösung hinzu, so scheidet sich beim Erwärmen rotes Kupfer(I)oxid ab. 12 7. α-Aminosäuren und Proteine 7.1. α-Aminosäuren H R O C OH NH2 Die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Aminosäuren (AS) sind im Wesentlichen durch das Vorhandensein einer basischen (NH2) und einer sauren (CO(O)H) Gruppe im gleichen Molekül bestimmt. Diese funktionellen Gruppen reagieren miteinander unter Salzbildung, so dass Aminosäuren als Zwitter-Ionen vorliegen. H R α H O R C NH2 OH O C O NH3 Obwohl es mehr als 500 natürlich vorkommende Aminosäuren gibt, bestehen die Proteine aller Organismen zum größten Teil aus 20 verschiedenen Aminosäuren. Der erwachsene Mensch kann acht davon nicht selbst synthetisieren, d.h. er muss sie mit der Nahrung zu sich nehmen (essentielle AS). Bei den 20 in der Natur häufigsten AS befindet sich die Aminogruppe am C-2, dem α-Kohlenstoff. Außer bei Glycin befindet sich in allen AS am C-2 ein Chiralitätszentrum, das normalerweise S-Konfiguration besitzt. Da Aminosäuren Carboxy- und Aminogruppen enthalten, sind sie amphoter, d.h. sie können sauer und basisch reagieren. AS bilden mit Säuren und Laugen Salze, die im Falle von Glycin folgende Formeln haben: H H C H O + Cl OH NH3 Glycin-hydrochlorid + HCl H O C NH3 Glycin O H + NaOH H O C NH2 + Na + H2O O Natriumsalz des Glycins Lösungen der Alkalisalze reagieren basisch (erheblich stärker als etwa Natriumacetat), da sie außer der basischen Gruppe CO2- noch eine Aminogruppe enthalten. Die stark polare Struktur ermöglicht es, dass Aminosäuren besonders stabile Kristallgitter ausbilden. Daher sind viele von ihnen nahezu unlöslich und schmelzen nicht, sondern zersetzen sich beim Erhitzen. AS lösen sich nicht in organischen Lösemitteln (z.B. Ether, Chloroform). In Wasser sind sie dagegen löslich, wenn der Rest R nicht zu stark hydrophob ist. Lösungen von AS reagieren (ähnlich wie Ammoniumacetat) fast neutral, vorausgesetzt, dass der Rest R keine sauren oder basischen Gruppen enthält. 13 Versuch 1: Man erhitzt eine Spatelspitze Glycin in einem trockenen Reagenzglas über kleiner Flamme. Die Verbindung zersetzt sich unter Braunfärbung und Entwicklung von Ammoniak. Versuch 2: Man gibt je eine Spatelspitze Glycin zu 2 ml Ether, Ethanol und Dichlormethan. Nach kurzem Erwärmen gießt man die überstehende Flüssigkeit auf je ein Uhrglas und lässt die Lösungsmittel verdunsten; bei keiner Probe bleibt ein Rückstand. Versuch 3: Eine Spatelspitze Glycin wird in 3 ml Wasser gelöst und ein Tropfen Mischindikator zugegeben; die Lösung ist grün (neutral). 7.2. Proteine H3N R O C C H R´ O N C C H H R´´ N C H n H O C O In Eiweißkörpern (Proteinen) ist eine große Zahl von α-Aminosäuren über Säureamid-Bindungen (Peptid-Bindungen) miteinander verknüpft. Die einzelnen Proteine unterscheiden sich durch Art, Reihenfolge und Anzahl der AS. Um die Art der AS zu ermitteln, müssen zunächst die Peptid-Bindungen gespalten werden. Dies erreicht man durch Erhitzen mit Säuren oder Laugen oder durch Verwendung von Enzymen zur Protein-Spaltung. Die Aminosäuren werden heute chromatographisch getrennt, da man hierbei nur geringste Mengen an Protein benötigt. Proteine unterscheiden sich in ihren physikalischen Eigenschaften erheblich. Einige (z.B. Albumine) bilden kolloide Lösungen. Bei einheitlichen Eiweißkörpern sind die kolloiden Teilchen von gleicher Größe (monodispers), im Gegensatz zu künstlich hergestellten Kolloiden, die polydispers sind. Kolloide Eiweiß-Lösungen koagulieren beim Erhitzen fast alle irreversibel; d.h. sie werden denaturiert. Gerüst-Eiweißstoffe wie Keratine (Haare, Federn, Nägel) oder Kollagene (Knochen, Knorpel, Bindegewebe) sind unlöslich. Während in löslichen Eiweißarten die Peptidketten im wesentlichen durch WasserstoffBrückenbindungen zusammengehalten werden, sind sie in Gerüst-Eiweißstoffen zusätzlich durch kovalente Bindungen – vor allem Disulfidbrücken – miteinander verknüpft. Im folgenden werden Versuche mit dem Phosphorproteid Casein durchgeführt, das der Hauptbestandteil von Milcheiweiß ist. Proteide sind Eiweißkörper, die an den Peptidketten noch andere Gruppen tragen. Diese prosthetischen Gruppen können Phosphorsäure, polymere Kohlenhydrate, Metall-Ionen (Zink-InsulinKomplex), eine Farbstoffkomponente (Hämoglobin), Vitamine usw. sein. In Versuch 1 wird Casein peptisiert. In Versuch 2 wird die Schutzkolloid-Wirkung von Casein untersucht. Zum Nachweis von Eiweißstoffen gibt es sehr empfindliche Reaktionen, von denen drei im Versuch 3 durchgeführt werden. 14 Versuch 1: Man gibt zu einer Spatelspitze Casein 3 ml Wasser und 0.5 ml verd. NaOH. Beim Erhitzen zum Sieden löst sich das Proteid zu einer trüben Lösung. Wiederholt man den Versuch ohne NaOH, so löst sich das Casein nicht. Versuch 2: Man gibt zu einer Spatelspitze Casein 3 ml Wasser und einige Tropfen Olivenöl. Beim Schütteln bildet sich eine Emulsion. Versuch 3: a) Man gibt zu einer Spatelspitze Casein 3 ml Wasser und 2 ml verd. Salpetersäure und erhitzt zum Sieden. Der ausfallende farblose Niederschlag wird gelb; bei Zugabe von NH3 wird er orange (Xanthoprotein-Reaktion). b) Man versetzt 1.5 ml der abgekühlten Casein-Lösung mit einigen Tropfen Kupfer(II)-sulfat-Lösung. Die Lösung wird violett (BiuretReaktion). c) 2 Spatelspitzen Casein werden mit 3 ml verd. NaOH 3 min. lang zum Sieden erhitzt. Man beobachtet den Geruch von Ammoniak. Man gibt einige Tropfen Bleiacetat-Lösung dazu; dabei bildet sich Bleisulfid (Schwarzfärbung, Nachweis der Sulfid-Ionen).