Die Feinstruktur des menschlichen Haares

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Die Feinstruktur des menschlichen Haares
Archly ffir klinische u. experimentelle Dermatologie 231, 279--292 (1968)
Die Feinstruktur des menschlichen Haares*
III. DasHaarpigment
C. O~FANOS
Universit~ts-Hautklinik KSlu (Dircktor: Profi Dr. G. K. STEmLED~)
H. I~USKA
Insti~ut fiir Biophysik und Elektronenmikroskopie der Universit~t Dfisseldorf
(Direktor: Prof. Dr. H. RUSKA)
Eingegangen am l5. Januar 1968
F i n e Structure o / H u m a n H a i r
I I I . Hairpigment
Summary. There are significant morphological differences between human hair
pigment granules and human skin pigment granules. The melanin granules of hair
are distinguished by their large size, the absence of melanosome-complexes and
sometimes by their extracellular localization. Moreover, pigment granules of hair
show two different types of granules characteristic for black or blond hairs:
Black hairs contain large (ca. 0.35 X 1.0 ~m), oval shaped granules with homogenous internal structure (Type A, Eumelanin). Blond hairs contain smaller (ca.
0.2X0.7 tzm), long shaped granules with layered internal structure (Type B,
Phaeomelanin). Hair color (black or blond) depends on the type of granules
present. Color intensity (brown, brownish, darkblond, lightblond etc.) however,
depends on the quantity of granules in each hair.
There are some similarities between the immature forms of black pigment
granules described by several authors and the mature pigment granules of blond
hair described in this work. But it seems unlikely that the pigment of blond hair is
only an immature form of black hair pigment.
Zusammen/assu~'q]. Haar- und Hautpigment zeigen manche morphologisehe
Unterschiede. Die Pigmentgranula des Haares sind grSBer, kommen nicht in
Melanosomen-Komplexen vor, sind vereinzelt anch intercellular lokalisiert und
lassen zwei Formen erkenuen, die ffir schwarze und blonde ttaare charakteristisch
s~nd und offenbar dem Eu- und Phaeomelanin entspreehen.
Schwarze Haare enthalten ca. 0,35--1,0 ~m groBe, ovulate Granula mit homogener Innenstruktur (Typ A, Eumelanin). Blonde Haare dagegen besitzen kleinere,
ca. 0,2--0,7 ~m, lis
Granula mit geschichteter Innenstruktur (Typ B,
Phaeomelanin). Die Haar/arbe (schwarz oder blond) h~ngt yore Typ der enthaltenen Pigmentgranula ab. Die zVarbintensitdit dagegen (braun, brauulich, dunkeloder hellblond) wird yon der Zahl der Pigmentgranula bestimmt.
Es finden sich einige ~hnlichkeiten zwischen den unreifen Pigmentgranula
schwarzer Haare, bese]n'ieben yon anderen Autoren, und den hier beschriebenen
reifen Pigmentgranula blonder Haare. Munches spricht jedoch gegen die Annahme,
dal3 das blonde Pigment nur eine Vorstufe des sehwarzen darstellt.
* Durchgeffihrt mit Unterstfitzung der Arbeitsgemeinschaft fiir Forschung
des Landes l~ordrhein-Westfalen und der Stiftung Volkswagenwerk.
280
C. ORFAXOSthud H. RUSKS:
Das Figment des Haares unterseheidet sich in morphologischer Hinsicht vom Figment der I-laut. Die IVielaningranula im Cortex des ausgereiften menschlichen llaares sind grS~er als die epidermalen, kommen
nicht nur intra-, sondern gelegentlieh auch extraeellul/~r vor und treten
schliel~lieh einzeln oder in Gruppen, nicht aber in Melanosomen-Komplexen auf, wie in den Zellen des Stratum Malpighi. Ferner zeigen die
Pigmentgranula
sehwarzer und blonder l-Iaare deutliehe StrukturDifferenzen, die zwischen hell- und dunkelpigmentierter t I a u t offenbar
nicht vorhanden sind. Sehwarze I-Iaare enthalten groBe, 0vals Melaningranula mit homogener Matrix, ws
die Pigmentgranula blonder
H a a r e kleiner, l~nglicher und geschiehtet sind.
Es ist bekannt, dab auch das ,,schwarze" Pigment ws
seiner
lgeifung geschichtet erscheint (BIlCBECK, 1963), in /~hnlicher Weise wie
das ,,blonde" Pigment. I m ausgereiften Zustand sind jedoch so auff/s
Strukturunterschiede vorhanden, dab m a n zwei verschiedene Pigmente
annehmen kann. Diese elektronenmikroskopischen Befunde stfitzen die
Unterscheidung yon Eu- und Phaeomelanin, da sie ihren unterschiedlichen chemischen nnd physikalisehen Eigensehaften (FITZPATtCICKet al.,
1958) ein verschiedenes morphologisches Substrat zugrundelegen.
Uber Material und Methodik siehe Mitteilung I. dieser Arbeit. Znr Bezeichnung
der einzelnen Melaninstrnkturen und ihren verschiedenen Vorstufen wurde die vom
Committee of the Sixth International Pigment Cell Conference (Sofia, Mai 1965)
empfohlene Nomenklatnr herangezogenL Das rote Haarpigment (Trichosiderin -ROTttMAN U. I~LESI~,1943; BARNICOT,1956; PA~AK~.(5 et al., 1963; FLESH et al.,
1967) wurde in dieser Arbeit nicht beriicksichtigt. Nur einer nnserer Probanden
hatte rotblondes llaar.
Ergebnisse
Vorkommen. I m ausgerefften H a a r k o m m e n Pigmentgranula nut im
Cortex vor. Die Cuticula ist pigmentfrei. Innerhalb des Cortex ist die
Verteilung der Pigmentgrannla weitgehend regelmgBig. Eine besondere
Schicht wird nicht bevorzugt.
Lokalisation. I n der I~egel sind die Pigmentgranula einzeln oder in
Gruppen in den Rindenzellen lokalisiert (Abb. 1), weitaus seltener auch
in den Intercellular-l~s
Gelegentlieh finden sich einzeine Granula
in den peripheren Anteilen der Rindenzellen, eingeschlossen in I~i~umen,
die mit dem Intercellular-Raum in Verbindung stehen (Abb.3). I n der
Umgebung yon extracellular liegenden Pigmentgranul~ erscheinen die
Lntercellular-Lamellen unterbrochen oder stark versehm~lert.
I n den lgindenzellen sind die Pigmentgranula zwischen den KeratinFibrillen eingebettet, nicht aber zwischen den Xeratin-Filamenten.
Meistens werden sie yon interfibrillarer Matrix oder yon Cytoplasma1 In: Structure and Control of %he Melanocyte, Ed. by G. DnLLA PO~TA and
O. I~tiH~BOCK,pp. 1--5. Berlin-Heidelberg-New York: Springer 1966.
Feins~ruktur des menschliehen Haares. III
281
Abb. 1. Langsschnit~ durch ein schwarzes Haar (Japaner). Zwischen den Keratinfibri]len liegen Gruppen groBer ov~larer Pigmentgranula mi~ homegener Innens~ruktur und osmiophiler membranartiger Abgrenzung (Typ A). Der Pfeil deute~
auf ein kleineres Granulum hin, das durch feine angedeutete Irmenschiehtung auff~.llt (Typ B, Phaeomelanin ?). Die Streifung der anderen Me]aningranula is~ ~rtefiziell durch feinste Nesserscharten en~standen, i L Intercellu]ar-Lame]len unt,erschiedlicher I)icke. Vergr. 27000:1
282
C. 0R~ANOSund H. I~USKA:
Abb. 2. Vergleich zwischen den Pigmentgranula des schwarzen H~res eines Jap~ners
(a) und des (dunkel-) blonden einer Europgerin (b) im L~ngsschnitt. Vergr. 54000:1
Resten bzw. Kernmaterial umgeben. Besonders im blonden Haar stellen
sieh nach der angewancRen Prgloarationsmethode die Pigmentgranula
he]ler dar als dieses Material und lassen sich dadureh abgrenzen.
Feinstruktur des menschlichen Haares. I I I
283
Abb.3. Querschnit~ durch ein schwarzes Haar. Der Ruum, in dem das Pigmentgr~nulum (Typ A) eingesch]ossen ist, steh~ mit dem Interce]lularraum in Verbindung. Die ~ntercellular-Lame]le is~ unterbrochen. Vergr. 108000:1
Morphologie. Die Pigmentgranula dunkler oder schwarzer H a a r e
zeigen gegenfiber den Pigmentgranula blonder H a a r e wesentliche morphologische Unterschiede :
284
C. 0R~A~OS undH. ~USKA:
Abb.4. Querschnit.t durch ein PigmenSgranulum eines .~chwarzen gsares (Typ A,
Eumel~nin). i M interfibrillKre Matrix. Vergr. 108 000:1
~m grol~e, oval~re
I m 8chwarzen I t a a r kommen 0 , 8 - - 1 , 0 •
PigmentkSrner mit ann/ihernd homogener Innenstruktur und sch~rfer
Abgrenzung vor. Ihre Oberfl~che ist dtlrch eine regelmal~ige d/inne
membranartige Schicht osmiophilen Materials fein gekSrnt (Abb. 3 u. 4).
Felnstruktur des menschlichen Haares. III
285
Abb.5. Querschnitt durch Pigmentgranula eines blonden Haares (Typ B, Phaeomelanin), iL Intercellular-Lamelle, iM interfibrillgre Matrix, x osmiophiles Granulure unbekannter Natur. Vergr. 108000:1
I m blonden Haar dagegen finden sich kleinere (0,6--0,75 •
bis
0,3 ~m), im Lgngsschnitt zum Tell ellipsoide, zum Tell st~bchenfSrmige
PigmentkSrner, deren verhgltnismgl~ig osmiophobe Matrix, ca. 10 nm
286
C. O~ANOSund H. I~gSKA:
dfirme osmiophile Zwischensehichten aufweist (Abb.2b lind 5). Die Granula-Oberfl/~che ist manchmal unregelms
geh6ekert oder mit tiefen
Einbuehtungen versehen. Die osmiophile K6rnehmg der Oberfl/~ehe ist
tells stark ausgepr~gt, tells kaum nachweisbar, so daft die Abgrenzung
des Granulums vom umgebenden osmiophilen plasmatisehem Material
bzw. yon der interfibrill/~ren matrix nicht immer mSglich ist. Die osmiophilen Zwisehensehiehten, die oft mit der osmiophilen Sehieht der Oberfls
h~ Verbindung stehen, sind para]let zur L~ngsaehse des Granulums
gerichtet und ira Qnersehnitt h/iufiger spiralig Ms konzentrisch angeordnet. Insgesamt seheint es, dab jedes Granulum aus einem plumpen,
kurzen, 20--25 nm dicken osmiophoben Spiralband besteht, das in
einem stark osmiophilen, feingranuliiren Material eingebettet ist. Das
gleiehe Material ruft in L/~ngssehnitten die ca. 10 nm breiten Zwischensehichten hervor (Abb.5). Dieser Aufban karm dadureh kompliziert werden,
dab die Windungen des Spiralbandes unregelm/iBig sind oder dab mehrere
Spiralb~nder vorkommen, die ineinander verschlungen, sieh in einem Granulum vereinen. Die Oberfl/~che soleher Granula erseheint grobgehSekert.
Vergleich zwischen Pigmentgranula verschiedener Haare. Fast alle
Pigmentgranula blonder Itaare zeigen den beschriebenen Aufbau. Nur
selten finden sich einige, die keine Schiehtung aufweisen und den Pigmentgranula sehwarzer Haare/ihneln. Sic sind jedoch kleiner, 1/~ng]ieher und
ihre/iuBere Abgrenzung ist weniger seharf. Umgekehrt lassen sieh aueh
in schwarzen Haaren vereinzelt kleinere, gesehiehtete Granula naehweisen. Ihre osmi0philen Zwisehensehiehten sind jedoch oft unterbroehen oder nut sehwaeh entwiekelt. Solehe Unregelm/~fiigkeiten (hMbmend- oder ringfSrmige Strukturen) finden sieh ]e naeh Sehnittriehtung
manehmal aueh im blonden H~ar.
Zwisehen den beiden Extremen blond-schwarz bestehen i)berg/~nge:
In hellblonden Haaren ist die Sehiehtung deutlieher und regelm&giger
ausgepr/~gt als bei dunkelblonden. Die Form der Pigmentk6rner ist bei
hellblonden t/inglieher, fast st/~behenf6rmig, bei dunkelblonden dagegen
eher ellipsoid. Das Vorkommen homogener K6rner ohne Sehielitung ist
bei dunkelblonden h/~ufiger als bei hellblonden.
Die Pigmentgranula der dunkel pigmentierten Haare eines Europ/~ers
waren etwas kleiner und hatten neben den homogenen mehr geschiehtete
Granula (etwa 1--S~ als die tiefsehwarzen eines Japaners (< l~
Die
Zahl der Pigmentgranula in einer Selinittfl/~ehe war in den versehiedenen
untersueliten Haaren erlieblielien Sehwankungen lmterworfen. Solehe
Sehwankungen fanden sieli aueh in den einzelnen Absehnitten desselben
Haares. Eine Beziehung zwisehen Zahl der Pigmentgranula pro Sehnittfl/~ehe nnd blonder oder sehwarzer Haarfarbe lieB sieh nieht naehweisen.
Scliw~rze Haare haben aber mehr Granula als braune, dunkelblonde
mehr als hellblonde.
Feins~ruktur des mensohliohen Itaares. I I I
287
Diskussion
])as P i g m e n t blonder I-Iaare ist in maneher Hinsieh~ ,,anders" g e b a u t
als das P i g m e n t schwarzer Haare. Die 1Yielaningranula blonder H a a r e
bestehen aus einem odor mehreren osmiophoben Spiralbandern, die in
einem osmiophilen Material eingebettet sind. D a d u r c h erscheinen sie im
L~ngsschnitt gesehiehtet. Melaningranula sehwarzer H a a r e sind dagegen
grSl~er u n d zeigen eine homogene I n n e n s t r u k t u r ohne Zwisehenschiehten.
N u r selten linden sieh A u s n a h m e n v o n dieser Regel.
Hinsichtlieh der farb-Intensitiit spielt auch die Zahl der Melaningranula eine Rolle (z.B. hell-, mittel- odor dunkelblond), nieht aber
hinsichtlieh der Farb-Bestimmung (blond odor sehwarz). Die Verteilung
der lVielaningranula in den Rindenzellen ist keiner strengen Regel unterworfen u n d ffir die I-Iaarfarbe offenbar ohne Bedeu~ung. Ohne Zweffel
besteht ein qualitativer Unterschied zwisehen den Pigmentgranula
blonder u n d schwarzer Itaare. Naeh diesen Befunden fragt es sieh, ob
die beobaehteten Strukturuntersehiede a u f zwei verschiedene Haarpigmente hinweisen, oder ob es sich u m Stu]en der Melanin-Synthese
handelt, die bei den blonden H a a r e n unvollendet bleiben sell (BII~BECK
U. BAR~IOOT, 1959).
Die Melaninsynthese boginnt, nach iiboreinstimmender Meinung der moisten
Autoron, in don Cisternendes endoplasmatischen Retioulums bzw. im Golgi-Apparat.
Von diesen Membran-Systemen sohniiren sioh ca. 0,05 ~m grol~e Blasohen ab, die
langsam gr5~er werden, lgngliohere Formen annehmen und sparer Innen-Membranen aufwoisen. Diese Praemelanosome sind such in amelanotisohen Melanooyten,
z.B. bei Albinismus, n~chweisbar (C~-~sE, 1958; B~R~Ioow u. BmB~.OK, 1958). Sic
sind in der Regel 0,25 •
~m grol3 (BREATmVAOHU. W~WLIE, 1965). An den
Innenmembranen der Praemelanosomen sell sioh das Melanin in Form kloiner
KSrnohen ablagern.
We das Melanin-Monomer gebilde~ wird, ist zur ZeR nooh umstritten. Ein Toil
der Autoren maoht das endoplasmatische Reticulum (Z~LICKSO~,1962; ZELIOKSON
etal., 1964), ein anderer Toil die (Prae-) Melanosome selbst (N~KAI etal., 1964;
S~I~ etal., 1966) dafiir verantwortlioh. Die MRoohondrien sind an der MelaninSynthese nioht be~eiligt (IsmKAWA et al., 1966). Die Praemelanosomen werden
durch das abgelagerte Melanin in Melanosomen (S~,Ixi etal., 1961, 1963) umgowandelt, die eine feingekSrn~e, l~ngs- odor quergerichtete stri~re Innenstruktur aufweisen. Duroh weitere Melanineinlagerung und Polymerisierung des MelaninMonomers innerhalb der Melanosomen entstohen die reifen, nahezu homogenen
Melanin-Granula. Die einzelnon Melanin-Granula epidermaler Melanocyten sind in
der Regel 0,45--0,7 • 0,45--0,3 ~m grol~ (Kaukasier). In der Negerhaut kommen
erheblioh gr5l~ere Granula vor (eigene Beobaohtung, unverSff.). Wie die l~elaningranula aus den Melanooyten in die Keratinocyten eingosohloust werden, is~ nioht
mit Sioherheit bekannt. Sio sind deft moist in Gruploen als Melanosomen-Komlglexe
nachweisbar. M6glicherweise werden Teile der Mel~nodendriten yon den Keratinocyten lohagooytiert (D~oem~_~s, 1960; F~TZP~WRIOKU. B~EATH~CH, 1963). Die
Melanosomen-Komplexe normaler und pathologisoh vergnderter I-Iaut sind ausgesprochen polymorph (MIsm_M~, 1966), zeigon abet keine wesentliohen qualitariven Unterschiede.
19 Arch.klin. exp. Derm., Bd. 231
288
C. OgFANOSund H. I~VSKA:
Danach w/~re es mSglich, dab blonde Haare Melanin mit niedrigem
Polymerisationsgrad enthalten, fin Gegensatz zu den Melaningranula
schwarzer Haare, die ein Endstadium der Melaninreffung darstellen und
einen hSheren Polymerisationsgrad des Farbpigments aufweisen (FITzPATRICK et al., 1967). Ffir diese Annahme sprieht die Tatsaehe, dab auch
in blonden Haaren gelegentlich homogene Granula vorkommen und
umgekehrt. Ferner finden sieh manchmal Zwisehenformen, die Uberg/~nge zwisehen gesehiehteter und homogener Granulaform darstellen
kSnnten. Die Erfahrung, dab im Laufe des Lebens die Haare ihre Farbe
,weehseln", sprieht aueh gegen die Annahme zweier grundsatzlich versehiedener Haarpigmente. W/~hrend der ersten zwei Jahrzehnte dunkeln
die Haare bei der fiberwiegenden 1Vfehrheit der 1Vfenschen (900/0) nach
(TrLLNEI~ et al., 1960). Von mehreren rothaarigen Kindern, die untersueht wurden, behielten nut ein Viertel aueh im Erwachsenenalter rotes
Haar.
Gegen die Vorstellung, da$ das Pigment des blonden Haares nut eine
Vorstufe oder nieht ausgereifte Form des sehwarzen, auch in der Epidermis vorkommenden Melanins darstellt, sprechen die morphologischen
Unterschiede, die im ausgereiften Haar vie1 zu gro$ sind, als dab sie
dutch ein ,,Stehenbleiben" der 1Vfelanin-Polymerisation hatten erklart
werden kSrmen: Die osmiophoben Spiralb/~nder der Pigmentgranula
blonder Haare sind in den PigmentkSrnern schwarzer Itaare nieht vorhanden. Die gesehiehtete Innenstruktur blonder Pigmentgranula ist morphologisch nieht immer mit den ,,Innen-Membranen" vergleichbar, die
BIBCOCK (1963) in den unreifen Melanosomen sehwarzer Pigmentgranula
beschrieb. Insbesondere fanden wit am ausgereiften Haarpigment neben
der Langs- keine Querstreifung, wie sie in den Unreifen Melanosomen des
schwarzen 1Vfelanins oft vorkommt. Aueh die Filamente (70 A, D~OCHMA~CS, 1960) und die Gitterstrukturen konstanter Periodizit/~t (90 ~,
B~Ttt~ACH U. WrLLI~, 1965) lieBen sieh am ausgereiften Pigment des
blonden Haares nicht nachweisen. SchlieBlich weiehen GrSSe und Gestalt
der Pigmentgranula im blonden und sehwarzen Haar erheblieh voneinander ab 2. --Allerdings erforderten unsere Untersuchungen am ausgereiften menschliehen I-Lar eine Vorbehandlung mit Thioglykolat und
eine mehrt~gige Osmium-Fixierung. Ein Vergleieh mit den Befunden
anderer Autoren an der Hau~ uncl am ttaar-Bulbus, die ohne diese Vorbehandlung und mit kurzer Osmium-Fixierung durehgeffihrt wurden,
ist daher nur mit Einschr/~nkungen mSglich.
Unsere Befunde unterstfitzen offenbar das Konzept des Eu- und
Phaeomelanins. Sie weisen darauf hin, dab im ausgereiften Itaar des
2 D~MoPo~mos et al. [Amer. J. Path. 50, 559 (1967)] haben zuletz~ in ~elanosomen des $91 Maus-Melanoms auf Differenzen der Innenstruktur hingewiesen,
die sich nicht nur dutch Polymerisationsunterschiede des Melanins erkl~ren lassen.
Feinstruktur des menschliehenHaares. III
289
5!ensehen versehieden aufgebaute Pigmentgranula vorkommen. Ob der
vorausgegangene metabohsehe Weg zur Bildung des Eu- und Phaeomelanins verschieden ist oder nicht, lagt sieh nicht mit Sicherheit entscheiden. Manches fiber die Natur dieser Pigmente sowie i/are Beziehungen
zueinander ist zur Zeit noeh spekulativ. Untersehiedlich ist mit Sieherheit
neben 4em besehriebenen morphologisehen Aufbau ihr Verhalten gegenfiber versehiedenen Noxen, z.B. Alkalien, Pharmaka (Chloroquin etc.).
Von FITZPArmCXet al. (1958) wurde die Frage diskutiert, ob alas Phaeomelanin, im Gegensatz zum Eu-Melanin, o-Aminophenol bzw. Tryptophan-AbkSmmling oder ein gemischtes Pigment sein k6nnte. In neueren
Publikationen wird eher die Meinung vertreten, dag das gelbe Pigment
ein Melanin-Dimer oder -Trimer darstellt, im Gegensatz zum MelaninPolymer des sehwarzen Pigments (FITzPATriCK et al., 1967). Morphologiseh ist noeh zu erwggen, ob auger dem Chromogen ein versehieden
aufgebautes Melanoprotein-Gerfist dem Eu- und Phaeomelanin zugrunde liegt.
Tabelle
Haarfarbe
Pigmentgranula
weiB
hellblond
dunkelblond
braun
schwarz
A. Typ
(Eumelanin) ca. 0,35• 1,0 y.m
grog, oval~r, homogene
Innenstruktur
(+)/o
((+))
(+)
+++
++++
B. Typ
(Phaeomelanin) ca. 0,2 • 0,7 ~m
groB, lgnglich, geschichtete
Innenstruktur
( +)/0
++
+++
(+)
((+) )
Wenn man unsere Befunde am ausgereiften Haar mit den Befunden
anderer Autoren am Haarbulbus vergleicht (BIlCBV.CK,1963 u. a.), lgBt
sieh feststellen, dab die Haar-Melanocyten zwei in ihrer Endstruktur
unterschiedliehe Pigmentgranula bilden:
Typ A (Eumelanin). Etwa 0,35 x 1,0 ~m groge, ovalgre Granula, die
nach Thioglykolat-Vorbehandlung eine regelmggige, feingek6rnte, osmiophile Oberflgehe aufweisen. W/ihren4 ihrer Reifung zeigen diese Granula
eine lgngs- oder/und querverlaufende Ilmenstreifung, die aber im Endgranulum nicht mehr erkennbar ist. Die Masse des Endgranu!ums i s t
homogen.
Typ B (Phaeomelanin). Etwa 0,2 • 0,7 ~m groge, lgngliche, zum Tell
stgbehenf6rmige Granula, deren Oberflgche oft unregelmgBig ist. Die
gugere osmiophile K6rnehmg ist tells angedeutet vorhanden, tells stark
ausgeprggt, so dag das Granulum yon der umgebenden osmiophilen
19"
290
C. O~FA~OSund tL RVSKA:
interfibrill/iren Matrix bzw. yore umgebenden Kernmaterial nicht i m m e r
abgrenzbar ist. Diese Granula bestehen aus einer oder mehreren osmiophoben 20--25 ~m breiten Spira]bKndern, die yon ca. 10 nm schmalen,
osmiophilen Zwisehensehichten voneinander getrennt werden. Die Masse
des Endgranulums ist dadurch nicht homogen.
Die .Farbe eines Haares hi~ngt in erster Linie davon ab, welehen T y p
yon Pigmentgranula das H a a r vorwiegend enth/~lt nnd in welehem
zahlenm&i~igen Verh/~ltnis. Die absolute Zahl der Pigmentgranula spielt
nur hinsichtlich der Farbintensit~t eine Rolle (siehe Tabel]e).
Nicht ohne Bedeutung ftir die Haarfarbe scheinen sehliel~lich auch
die Kern- und Cytoplasmareste innerhalb der Keratinstrukturen zu sein.
D a r a u f wird in einer sp~teren Mitteilung eingegangen.
Die Unterschiede zwisehen Haar- und H a u t p i g m e n t sind insgesamt
auffallig. Diese Unterschiede stehen in Einklang mit den Differenzen
zwischen den melaninbildenden Ze]len des Haarbulbus und der Epidermis (MISgIMA et al., 1966). Die Melanoeyten des Haarbulbus sind, w/~hrend der Anagenphase, nieht nur Dopa-, sondern aueh Tyrosinasepositiv (FITzPATriCK et al., 1958). Die intracellul/~re Lokalisation des
Haar-Pigmentes ausseh]iel3lich in den R~umen, die frfiher yon Cyt0:
plasma eingenommen wurden, also zwisehen den Keratin-Fibrillen, ist ein
Hinweis dafiir, dab die Aufnahme der Pigmentgranula yon den Rindenzellen erst naeh der Kondensation der Filamente in Fibrillen erfolgt. Der
EinschleusungsmechanJsmus ist auch am Haar, wie in der ttaut, unbekannt. Morphologisch erseheint es am Haarmaterial mSglich, dal3
einzelne oder mehrere Pigmentgranula in Einbuchtungen des Rindenzell-Cytoplasmas aufgenommen werden, deren W/~nde sps
miteinander
verkleben (SWIFT, 1964) und zum Teil versehwinden. Die interfibrilI/h'e
Lokalisation yon Pigment ist aueh an der Vogelfeder bekannt und oftenbar ffir alle Pigmente (Eumelanin, PhaeomelanJn, Lipoehrom etc.)
eharakteristisch (Sc]~MIDT U. RUSKA, 1965).
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Dr. C. O ~ ' i ~ o s
Universitits-t{autklinik
5000 K61n-Lindenthal
Josef Stelzmann-Straf3e 7
Prof. Dr. t{. RUSKi
Institut fiir Biophysik und
Elektronenmikroskopie der Universiti~t
4000 Diisseldorf, Moorenstr. 5