Leistungssport und Ausbildung unter einem Dach

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Leistungssport und Ausbildung unter einem Dach
STIFTSSCHULE
«Überflieger» im Internat
Leistungssport und Ausbildung
unter einem Dach
1986 wurde unter viel persönlichem Engagement und in Zusammenarbeit mit
Sportbegeisterten wie Pater Kassian und den Turnlehrern, allen voran Werner Küttel,
das Skisprung- und Nordischkombinations-Zentrum «Airsport» gegründet. Mit
den Einsiedler Schanzen, den Turnhallen der Schule und dem Wohnangebot im
Internat sollten Trainingsbedingungen von nationalem Charakter geboten werden.
Auf Beschluss der Lehrerkonferenz wurde
das Trainingszentrum ab 1994 auch für
Nachwuchssportler der Stiftsschule geöffnet: der spätere Skisprungweltmeister und
heutige Sportlehrer Andreas Küttel war ein
Schüler dieser ersten Stunde. In den folgenden Jahren beherbergte das Internat bis zu
zwölf «Airsportler». 2010 waren von den
neun beherbergten Athleten neun Stiftsschüler.
Die Koordination von Sport und Schule
erforderte von Anfang an viel Rücksichtnahme und Mehrarbeit für beide Seiten: der
Stoff ausgefallener Stunden musste organisiert und aufgearbeitet und Prüfungen
nachgeholt werden. Das Selbststudium erforderte viel Eigendisziplin und auch Hilfe
von Mitschülern und Lehrern war oft nötig.
Vier Skispringer
Heute, bald 30 Jahre nach der Gründung des
NLZ beherbergt das Internat der Stiftsschule
Einsiedeln vier Skispringer. Zwei sind auch
Schüler im Haus: Tobias Birchler und Kobi
Hess.
Die erfolgreichen Welschschweizer Killian Peier und Gabriel Karlen machen ihre
Ausbildung ausserhalb der Schule. Gabriel
hat inzwischen abgeschlossen. Trotz der
grossen Doppelbelastung sind auch Nachwuchssportler, welche nicht an der Stifts-
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schule sind, im Alltag des Internats präsent:
Sei es bei Abendveranstaltungen, wie dem
«Spirit» (monatlich stattfindender Abend
mit Pater Cyrill), beim gemeinsamen Abendund Morgenessen oder an speziellen Abenden. Im Gegensatz zu unseren «regulären»
Internen kommen die Sportler mit Ausbildung, Training und Auslandaufenthalten
oft über Wochen nicht nachhause. Früh
schon werden sie auf Selbständigkeit geprüft, und sei es nur, um zu lernen, ihre Wäsche selbst zu waschen.
Für Stiftsschul-Skispringer besteht die
Möglichkeit, das Maturajahr auf zwei zu verteilen. Um auf die Doppelbelastung in diesem oft entscheidenden Zeittraum Rücksicht zu nehmen, werden die diversen
Maturafächer auf zwei Jahre verteilt abgeschlossen. Dies Entgegenkommen wird Spitzensportlern und übrigens auch Spitzenkünstlern gewährt.
Die Internatsleitung steht besonders eng
in Kontakt mit Trainern des NLZ. Betreuung
bedeutet hier regelmässiger Austausch über
den mentalen und physischen Zustand der
Athleten und viel Koordinationsarbeit, um
die oft vollen Terminpläne zu optimieren.
Grosses Vorbild
Die Schule unterstützt talentierte Nachwuchsportler und Begabte in den Bereichen
Kunst und Musik aus Überzeugung. Ein Reglement «Sport und Kunst an der Stiftsschule» bekennt sich dazu und regelt praktische
Alltagsfragen. Athleten und Künstler können ein grosses Vorbild für junge Menschen
sein und aufzeigen, wieviel mit Motivation,
Freude und Selbstdisziplin möglich ist.
Gute Noten für Schule und Internat
Wie steht es für die Skispringer in der
Schweiz oder allgemein hier im Alpenraum
mit Möglichkeiten für Training, Unterkunft
und Ausbildung?
Darüber befragt, meint Killian Peier,
dass die Situation für sie im Gegensatz zu
den Angeboten für Ski-Alpin-Athleten nicht
einfach sei. Mit der Nähe zu Zürich, wo er in
der Minerva das letzte Handelsschuljahr belegt, dem Training und der Unterkunft im
Internat ist er mehr als zufrieden. «Perfekt»,
kommt es wie aus der Kanone geschossen.
Dabei erwähnt er auch gleich, dass er nach
seinem Ausbildungsende wohl hier wegund in eine WG ziehen wird.
Nahe der Grenze in Österreich oder
Frankreich an eine Sportschule zu gehen, betrachtete auch Gabriel Karlen nicht als Lösung. Man wolle ja schliesslich für die Schweiz
starten. Gabriel hat kurz vor dem Eintritt ins
Internat seine Lehre abgeschlossen und
STIFTSSCHULE
sucht weiterhin nach einer Möglichkeit, Beruf und Spitzensport zusammenzubringen.
Also alles tip-top? Ja, nur die Glocken und die
Musik morgens, die die Schüler weckt, seien
echt gewöhnungsbedürftig.
Kobi Hess ist im September neu in die
3. Klasse der Stiftsschule eingetreten und
gilt als Nachwuchstalent. Er wird kommendes Jahr vermutlich vom Regionalen Leistungszentrum mit einem weiteren zukünftigen Internen ins NLZ wechseln. Wie anfangs
alle Internen hat auch er sich aber schon gut
eingelebt und arrangiert sich mit dieser
Doppelaufgabe «Schule und Spitzensport»
recht gut.
Tobias Birchler ist als Fünftklässler schon
ein alter Hase und macht seinen Weg hier
vorbildlich. Das Internat habe ihn sehr gut
betreut und unterstützt und so habe er sich
schnell heimisch gefühlt. Im Gegensatz zu
externen Trainingskollegen habe er durch
die Erfahrungen im Internat weniger Mühe
gehabt, wettkampfbedingt länger von zuhause wegzubleiben. Hervorheben möchte
er auch das grosse Verständnis, das die Lehrerschaft ihm als Spitzensportler entgegenbringe. Für ihn ist das Angebot Internat,
Schule und NLZ «einfach optimal».
Simone De Tomasi/Roland Burgener
Die «Überflieger»: (v.l) Kobi Hess, Killian Peier, Gabriel Karlen und Tobias Birchler (Foto:
Damian Henniger, 5c.)
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