Hinweise zur Interpretation von Sortenversuchsergebnissen und

Transcription

Hinweise zur Interpretation von Sortenversuchsergebnissen und
Hinweise zur Interpretation von Sortenversuchsergebnissen
und Empfehlungen zur Sortenwahl bei Mais
VOLKER MICHEL
Gesamtbewertung und Sortenempfehlung Silomais
Zur Gesamtbewertung der Sorten ist beim Silomais die komplexe Interpretation der Eigenschaften und Zusammenhänge von Ertrag, Reife, Energiekonzentration der Gesamtpflanze,
Stärkeertrag (indirekt auch Stärkegehalt) sowie Restpflanzenverdaulichkeit erforderlich (Abb. 1
– 3). In allen Abbildungen zeichnen sich Sorten besonders aus, die rechts und oben positioniert sind. Je nach betrieblichen Anforderungen des konkreten Tierbestandes und des Verhältnisses von Mais- zu Grassilage am Grundfutter besitzen diese Zusammenhänge einen unterschiedlichen Stellenwert, sodass die Darstellungen eine unterschiedliche Prioritätenreihenfolge erhalten und entsprechend betriebsspezifisch differenziert gewertet werden müssen.
ad Abb. 1:
Silomais - Abreife und Ertrag
Als Parameter für die Abreife ist hier der Trockensubstanzgehalt, der bei gleichem Erntetermin erzielt worden wäre, dargestellt. Je weiter oben eine Sorte also dargestellt ist, desto
früher erreicht sie die optimale Silierreife. Je später eine Sorte reift, desto höher ist der
Ertragsanspruch an sie. Als Ertragsparameter ist nicht der Trockenmasseertrag, sondern
der wirtschaftlich relevantere Energieertrag dargestellt. Im Rahmen der betrieblichen
Reifestaffelung sind Sorten besonders geeignet, die rechts-oberhalb der gepunkteten
Linie liegen - sie erzielen entsprechend ihres Erntetermines in der betrieblichen Reifestaffelung überdurchschnittliche Energieerträge.
ad Abb. 2:
Silomais - Stärkeertrag und Restpflanzenverdaulichkeit
Diese Beziehung beleuchtet den Qualitätsaspekt aus Sicht der Stärke einerseits und der
Verdaulichkeit der Restpflanze andererseits. Der Stärkeertrag ergibt sich aus Trockenmasseertrag und Stärkegehalt. Ein hoher Stärkegehalt als Qualitätsparameter ist aus
Sicht der Fütterung wertvoll, aus Gesamtsicht incl. Pflanzenbau ist ein sehr hoher Stärkegehalt allerdings nur in dem Maße anzustreben, wie er auch mit hohem Stärkeertrag einhergeht. Der Stärkegehalt wäre alternativ z.B. durch Hochschnitt beeinflussbar, ohne den
Stärkeertrag zu verringern. Stärke im Silomais ist als hochwertiges Kraftfutter zu bewerten, sie ist aber kein strukturwirksamer Bestanteil des Grundfutters. Wenn von viel Milchleistung aus dem Grundfutter gesprochen wird, so kommt hier der Verdaulichkeit der
Restpflanze eine besondere Rolle zu, denn die Restpflanze ist strukturwirksam und somit
die eigentliche Grundfutterkomponente der Maissilage. Besonders günstig zu bewerten
sind solche „Korrelationsbrecher“, die bei hohem Stärkegehalt und -ertrag auch eine überdurchschnittliche Restpflanzenverdaulichkeit aufweisen.
ad Abb. 3:
Silomais - Stärkeertrag und verdaulicher Restpflanzenertrag
In dieser Abbildung werden die Ertragskomponenten Stärkeertrag und verdaulicher Restpflanzenertrag gegeneinander abgetragen. Zu bevorzugen sind Sorten mit einer günstigen
Kombination aus beidem (rechts-oberhalb der gepunkteten Linie). Je nach Bedeutung der
Komponenten in der konkreten betrieblichen Situation sind dabei eher die Sorten oben
links (Stärke betont) oder unten rechts (Restpflanzen betont) vorteilhafter.
Als besonders frühreife und stärkereiche Sorte wird NK Falkone (S210) empfohlen. NK
Falkone hat auch die regionale Körnermais-Empfehlung. Kalvin (S220) ist eine Sorte mit
hohem Stärkeertrag und lagert als stay-green-Typ bei intakter Restpflanze frühzeitig Stärke
ein. LG3220/Logo (S230) kombiniert hohen Masse- und Stärkeertrag mit guter Restpflanzenverdaulichkeit. Die Sorten der Reifezahl S240 Ronaldinio, Filippo und AgroMax werden aufgrund ihrer sehr hohen Energieerträge empfohlen. Sie eignen sich gleichzeitig für das frühere
Segment der Erntestaffelung im Energiemaisanbau.
Bei guten betrieblichen Erfahrungen werden weiterhin die relativ trockentoleranten Sorten
Delitop (S220) und LG3226/Lukas (S240) empfohlen. In wärmeren Lagen des Anbaugebietes MV-Süd mit guter Wasserführung können auch die ertragsstarken Sorten Torres
(S250) und PR39T45 (S250) erfolgreich in die Reifestaffelung integriert werden.
Folgende zweijährig geprüfte Sorten erzielten aussichtsreiche Ergebnisse und können für den
probeweisen Anbau empfohlen werden: NK Jasmic (S210, Frühreife), Ricardinio (S230),
Alumic (S230, Stärke), LG 3234 (S240).
Gesamtbewertung und Sortenempfehlung Energiemais
Auf D-Nord - Standorten sollte der Anbauschwerpunkt bei Mais für Biogasanlagen (Energiemais) im Bereich der Reifezahlen S240 bis S260 liegen. Geeignete Sorten dieser Reifezahlen
verbinden hohes Ertragspotential mit rechtzeitiger Silierfähigkeit sowie zum Teil mit der
Eignung zur Doppelnutzung (Stall und Fermenter; s.a. „Sortenempfehlung Silomais“).
Bei späten Sorten der Reifezahl S280 liegen die Erträge unter günstigen Wachstumsbedingungen über denen der mittelfrühen Sorten. Dagegen stehen als Nachteile spätere,
unsichere Erntetermine und ungünstigere Bedingungen für die Etablierung der Nachfrucht.
Aufgrund der unkalkulierbaren Jahreswitterung sollte der betriebliche Anteil dieser Sorten in
kühleren Lagen (D-Nord) daher vorsichtig bemessen werden, auf wärmeren Standorten (MVSüd) wird die Silierreife dagegen relativ sicher erreicht und ein höherer Anteil später Sorten in
der Reife- und Erntestaffelung ist möglich.
Aufgrund der derzeit bestehenden Unsicherheiten hinsichtlich der Qualitätsbewertung von
Mais für Biogasanlagen wird hier noch der Trockenmasseertrag als zentrales Kriterium verwendet und zum Abreifeverhalten der Sorten in Beziehung gesetzt (Abb. 4).
Aktuelle Ergebnisse von Eder et al (2009) zeigen zwar, dass bei künstlich stark abgestuften
Mischverhältnissen von Restpflanze zu Kolben aus identischen Ausgangssubstraten die Biogasausbeute der Restpflanze bei etwa 80% gegenüber der Ausbeute aus dem Kolben liegt.
Bei realistischen Substraten von Sorten unterschiedlichsten Stärkegehaltes und stark abgestufter Reifezahl konnte in dieser Untersuchung die Vorteilswirkung der Stärke aber nicht
reproduziert werden – die Gasausbeute der Sortentypen unterschied sich nicht wesentlich
oder signifikant. Als Ursache sehe ich eine für die Praxisrelevanz untrennbare Wechselbeziehung zwischen Stärkegehalt und Restpflanzenqualität an (der Analogieschluss weist auf eine
wahrscheinlich negative Korrelation hin). Diese Interaktion wird bei künstlichen Mischungen
aus gleichem Substrat ausgeschaltet, was die Aussage verzerren könnte.
Da die Bewertung der Restpflanzenqualität noch nicht abgeklärt ist (außer der bekannten
negativen Wirkung der Lignifizierung im Zuge fortschreitender Überreife), wird auch dieser
mögliche Qualitätsaspekt hier nicht näher dargestellt. Optimal und wünschenswert wäre die
Entwicklung einer für die Sortenbewertung geeigneten Schätzformel für die Gasausbeute aus
der Gesamtpflanze bzw. aus der Restpflanze. Dies würde die Charakterisierung und gezielte
Entwicklung von ertragsstarken „Korrelationsbrechern“ mit einer hohen spezifischen Gasausbeute aus der Restpflanze und ggf. gleichzeitig mittlerem oder hohem Stärkegehalt ermöglichen.
Ob es relevante Korrelationen der spezifischen Gasausbeute zur für das Milchrind geschätzten Verdaulichkeit gibt, konnte noch nicht gezeigt werden. An dieser Stelle kann vorläufig nur
vermutet werden, dass bei Sorten mit ansonsten gleichen Eigenschaften (Ertrag und Stärkegehalt) eine höhere Verdaulichkeit (NEL) tendenziell auch in der Biogasanlage eher vorteilhaft
sein kann.
Nach jetzigem Stand des Wissens sollte also davon ausgegangen werden, dass unter ansonsten gleichen Bedingungen (vor allem gleiche TS-Gehalte zur Ernte) ein höherer Stärkegehalt, aber auch eine gute Restpflanzenverdaulichkeit (Milchrind) gewisse Vorteile in der
Gasausbeute bringen können. Ausschlaggebend ist jedoch der Trockenmasseertrag / ha und
eine regional angepasste Reifestaffelung.
ad Abb. 4:
Energiemais - Abreife und Ertrag
Diese Darstellung entspricht in den Interpretationshinweisen der Abb. 1, mit dem Unterschied, dass statt eines Energie- oder Gasertrages der Trockenmasseertrag dargestellt
ist. Im Rahmen der betrieblichen Reifestaffelung sind Sorten besonders geeignet, die
rechts-oberhalb der gepunkteten Linie liegen - sie erzielen entsprechend ihres Erntetermines in der betrieblichen Reifestaffelung überdurchschnittliche Erträge. Gerade bei
einem hohen Maisanteil in Betrieben mit Rinderhaltung und Biogaserzeugung kommt der
Reifestaffelung eine große Bedeutung für die Arbeits- und Risikoverteilung zu. Daher ist
die nachfolgende Empfehlung nicht vorrangig nach Ertrag, sondern nach aufsteigenden
Reifezahlen gegliedert:
Reifezahl S240: Ronaldinio und Filippo eignen sich als Energiemais (mit gleichzeitiger
Empfehlung als ertragsbetonter Silomais zur Verfütterung). Bei guten betrieblichen Erfahrungen können weiterhin die etwas früher abreifende Sorte Agro Max (auch als Silomais zur
Verfütterung) sowie Asteri CS und NK Magitop empfohlen werden.
Reifezahl
S250: Torres und PR39T45 sind ertragsstarke mittelfrühe Sorten mit guter
Qualität, die auch noch in kühleren D-Nord - Lagen sicher als Energiemais angebaut werden
können (auf MV-Süd - Standorten können sie bei guter Wasserführung auch anteilig als Silomais zur Verfütterung vorgesehen werden).
Reifezahl S260: Ingrid sowie auch Subito, Marcello und Kabanas zeigten hohe Gesamtund Restpflanzenerträge (mit hoher NEL-Verdaulichkeit der Restpflanze). Cristiano erzielte
ebenfalls hohe Gesamterträge bei höherem Stärkegehalt. Bei guten betrieblichen Erfahrungen
können PR39F58 (aufgrund der guten Kombination von, Verdaulichkeit, Stärkegehalt und
Ertrag) sowie ES Paroli (früher 260’er) weiter empfohlen werden.
Reifezahl S280: Atletico, Franki, Seiddi und Agro Gas können unter günstigen Bedingungen ihr herausragendes Ertragspotential umsetzen. In der Reihenfolge Franki, Seiddi,
Atletico, Agro Gas nimmt die Betonung der Stärke ab, die der Restpflanze zu.
Gesamtbewertung und Sortenempfehlung Körnermais
Ein Großteil des Anbaugebietes MV-Süd stellt eine Grenzlage für den Körnermaisanbau dar.
Daher werden hier nur frühreife Sorten geprüft und empfohlen, um eine rechtzeitige Ernte zu
gewährleisten. Bei der Produktion von Körnermais ist gerade in dieser Grenzlage die Frühreife
eine wirtschaftlich besonders wichtige Eigenschaft, durch die erforderliche Trocknungskosten
vergleichsweise geringer gehalten werden können. Für die Sortenwahl bei der Nutzung von
Konservierungsverfahren (wie CCM, LKS und Feuchtmais) können die Ergebnisse der
Körnermaisversuche und die Körnermaisempfehlungen herangezogen werden, wobei hier der
Kornertrag gegenüber der Abreife (TS%) mehr im Vordergrund steht als beim Körnermais
(Sorten rechts).
ad Abb. 5:
Körnermais - Kornreife und Kornertrag
Empfohlen werden vorrangig Sorten oben-rechts der gepunkteten Linie. Frühe Kornreife
kommt in der Darstellung in hohen erzielten Trockensubstangehalten zum Ausdruck
(Sorten oben), diese Sorten sind reine Körnermaissorten auch für Grenzlagen. Breit verwendbar sind Sorten im rechten oberen Quartil. Im rechten unteren Quartil liegen ertragsstarke Sorten, die bei für Grenzlagen relativ später Reife eher für o.g. Konservierungsverfahren geeignet sind.
NK Ravello (K190) ist bei guten Erträgen die frühreifste empfohlene Sorte. Sie gewährleistet
Einsparungen bei den Trocknungskosten und ist somit besonders geeignet für den Anbau von
Körnermais in Grenzlagen. Padrino (K210) und NK Falkone (K210) kombinieren ausgeprägte
Ertragsstärke mit relativ früher Abreife. Sie sind somit für den Anbau als Körnermais wie auch
für o.g. Konservierungsverfahren geeignet. NK Falkone ist im Anbaugebiet auch als früher
Silomais (S210) empfohlen - daher kann die endgültige Entscheidung über die Nutzungsrichtung bis zum Zeitpunkt der Siloreife hinausgezögert werden (je nach Bestandesentwicklung, Bedarf und Preisentwicklung).
Die vorläufige Empfehlung nach 2 LSV-Jahren erhalten Amanatidis (K220) und Ricardinio
(K220).
37
NK Jasmic
36
Trockenmassegehalt
LEGENDE
Salgado
Silas
3 jährig
NK Falkone
2 jährig
NK Bull
35
2009 nicht geprüft
NK Gitago
Saludo
Sphinxx
Delitop
Alumic
Amadeo
LG 3211/Lars
34
Kalvin
Xxira
LG 3226/Lukas
Sarabande
Clemente
33
Agro Max
LG 3220/Logo
Ricardinio
ES Makila
Amaryl
Mazurka
Filippo
Ronaldinio
Winn
Maritimo
Aventura
LG 3234
Torres
PR39T45
32
94
95
96
97
98
99
100
101
102
103
Energieertrag (NEL GJ/ha) rel.
Abb. 1:
Silomais 2004-2009 (mehrjährig geprüfte Sorten), Abreife und Ertrag
104
105
106
107
108
106
105
Torres
LEGENDE
104
2 jährig
Alumic
102
Delitop
Ricardinio
100
NK Falkone
NK Gitago
Amadeo
Maritimo
Saludo
Silas
99
LG 3234
LG 3211/Lars
NK Jasmic
98
Winn
Filippo
LG 3226/Lukas
96
Xxira
NK Bull
Agro Max
97
95
2009 nicht geprüft
LG 3220/Logo
Salgado
101
Stärkeertrag rel.
3 jährig
Kalvin
103
Mazurka
94
Ronaldinio
PR39T45
Sphinxx
Aventura
Amaryl
Clemente
ES Makila
93
92
Sarabande
91
90
59
60
61
62
63
Restpflanzenverdaulichkeit %
Abb. 2:
Silomais 2004-2009 (mehrjährig geprüfte Sorten), Stärkeertrag rel. und Restpflanzenverdaulichkeit
64
106
105
Torres
LEGENDE
104
NK Falkone
Salgado
NK Gitago
Amadeo
LG 3211/Lars
99
Ricardinio
Maritimo
Silas
2009 nicht geprüft
LG 3220/Logo
Delitop
101
Stärkeertrag rel.
2 jährig
Alumic
102
100
3 jährig
Kalvin
103
LG 3234
Saludo
Filippo
98
NK Jasmic
NK Bull
Agro Max
Winn
PR39T45
Ronaldinio
97
Sphinxx
96
95
LG 3226/Lukas
Xxira
Mazurka
94
Aventura
Amaryl
Clemente
ES Makila
93
92
Sarabande
91
90
90
91
92
93
94
95
96
97
98
99
100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110
verdaulicher Restpflanzenertrag rel.
Abb. 3:
Silomais 2004-2009 (mehrjährig geprüfte Sorten), Stärkeertrag und verdaulicher Restpflanzenertrag rel.
34.5
ca. S 220
LEGENDE
34.0
Xxira
ca. S 230
Trockenmassegehalt
%
33.5
LG 3220/Logo
3 jährig
2 jährig
Agro Max
2009 nicht geprüft
33.0
Ronaldinio
ca. S 240
Winn
32.5
ca. S 250
NK Magitop
Asteri CS
Aventura
ES Paroli
Torres
PR39T45
PR39W45
32.0
Kabanas
Aabsolut
31.5
Cristiano
ca. S 260
Ansyl
31.0
Filippo
Busti CS
Subito
Marcello
PR39F58
Saari
Ingrid
30.5
30.0
Franki
PR38H20
ES Beatle
ca. S 280
Seiddi
Atletico
29.5
Agro Gas
29.0
98
100
102
104
106
Trockenmasseertrag rel.
Abb. 4:
Energiemais 2004-2009 (mehrjährig geprüfte Sorten), Abreife und Ertrag
108
110
112
78
77
LEGENDE
NK Ravello
3 jährig
Trockenmassegehalt
2 jährig
2009 nicht geprüft
76
75
Amanatidis
Padrino
NK Falkone
ES Bombastic
DKC 2864
74
DKC2949
Aadhoc
Ajaxx
PR39K13
PR39M20
Arabica
Ricardinio
PR39H32
73
72
96
97
98
99
100
101
102
103
104
105
Ertrag rel.
Abb. 5:
Körnermais 2003-2009 (mehrjährig geprüfte Sorten), Abreife und Ertrag
106
107
108
109
110