Moderne Rechner welten für Simatic S5

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Moderne Rechner welten für Simatic S5
Fertigungs- & Maschinenautomation
01  Die Software
„S5 für Windows“ bietet
die Möglichkeit der
Rückverfolgung von Variablen
Moderne Rechner­
welten für Simatic S5
Noch immer verrichten in vielen Industrieapplikationen Simatic-S5-Steuerungen
ihren Dienst. Als Herausforderung erweist sich für die Anwender, dass es immer
weniger Originalprodukte gibt. Damit werden auch Programmier- und Wartungs­
arbeiten immer schwieriger. Abhilfe bietet eine Software aus dem Haus IBH Softec,
die die S5-Welt mit modernen Rechnern handelbar macht.
Text: Axel Hulsch
ie Siemens-Steuerungen Simatic-S5 [1] wurden urD
sprünglich mit Programmiergeräten auf DOS-Basis bzw.
CP/M-Basis programmiert und gewartet. Dazu kam die
Software Step5 zum Einsatz. Als Programmiersprachen
dienten Anweisungsliste (AWL), Funktionsplan (FUP) oder
Kontaktplan (KOP); Schrittketten wurden in Graph5 erstellt. Angeschlossen wurden die Programmiergeräte über
eine 20-mA-Schnittstelle (AS511) an die Steuerung. Und
Eproms konnten über eine spezielle Schnittstelle am Programmiergerät programmiert werden. In den Steuerungen
kamen für spezielle Funktionen, zum Beispiel Positionierbaugruppen oder Kommunikationsbaugruppen, die sogenannten COM-Baugruppen zum Einsatz. Diese wurden mit
speziellen CP/M-Softwarepaketen (COM-Pakete) konfiguriert und diagnostiziert.
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Sollen diese Aufgaben nun mit modernen Rechnern auf
Basis von Windows XP, Windows 7, Windows 8 (32 bit oder
64 bit) erledigt werden, bietet IBH Softec [2] „S5 für Windows“ (Bild 1) an. Diese Software beinhaltet standardmäßig
die Funktionen AWL, FUP, KOP und Graph5 (Version 1
und 2). Zudem verfügt sie über eine Oszilloskopfunktion
und einen Statusrecorder. Außerdem ist es optional möglich,
auch S7-Steuerungen zu programmieren bzw. zu diagnostizieren.
Die Dateiformate
Step5-Programme sind normalerweise in Binärdateien mit
der Endung „.S5D“ abgelegt. Die Symboltabelle befindet
sich in einer Ascii-Datei mit der Endung „.SEQ“. Die Software „S5 für Windows“ ist in der Lage, diese Dateien direkt
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02  Die 20-m-A-Schnittstelle der S5-Steuerung kann
03  ... oder über den IBH-Link S5++ an das
man e
­ ntweder über den IBH-USB-S5-Adapter direkt an
die USB-Schnittstelle des Rechners ...
Ethernet-Netzwerk anschließen.
zu verarbeiten – ohne Import-/Exportfunktion. Für den
Fall, dass die Dateien nicht mehr vorhanden sind, kann das
SPS-Programm mithilfe der Software aus der Steuerung ausgelesen werden. Über den Schaltplan lässt sich dann m­anuell
die Symboldatei erstellen. Mittels Rückverfolgungsfunktion
sind somit relativ schnell Fehler in der Anlage auffindbar.
men zur Verfügung. Dabei ist sie in beiden Richtungen
kompatibel zu den Original-Siemens-Programmiergeräten.
Zu den Highlights der Software zählen ihre Analyse- und
Diagnosefunktionen. Ein Beispiel ist Oscicam. Sie ermöglicht die Analyse von Bewegungsabläufen durch die Synchronisation von Video und Signalverlauf. Dabei können
aufgezeichnete Videos synchron zu Signalen und einem
Mitschnitt des Status mit Zeitstempel wiedergegeben werden. Die Lösung gestattet die zeitgenaue Synchronisierung
von Videos mit Statusrecorder- und Oszilloskopaufzeichnungen.
Die Analyse- und Diagnosefunktionen
Aktuell wird „S5 für Windows“ in der Version 7 angeboten.
Prinzipiell stellt die Software die Werkzeuge zum Erstellen,
Korrigieren, Testen und Dokumentieren von S5-Program-
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04  Aufruf der COM-Pakete
Der Statusrecorder dient dazu, dynamische Vorgänge
durch nachträgliche Analyse des Bausteinstatus zu unter­
suchen. Er zeichnet die Statusabläufe auf und gibt diese mit
Zeitstempel wieder und erlaubt den dynamischen Wechsel
zwischen AWL, FUP und KOP.
Zur weiteren Verbesserung der Diagnosemöglichkeiten
wurde die Oszilloskop-Funktion entwickelt. Sie wird in der
Oberfläche des Programmiersystems – im Look-and-feel
vergleichbar mit der Front eines Oszilloskops – eingeblendet.
So lassen sich dynamische Vorgänge im zeitnahen Verhalten
analysieren. Mit einer virtuellen Messspitze kann man auf
die entsprechenden Ein- und Ausgangssignale weisen, deren
zeitlicher Verlauf dann auf der Oberfläche dargestellt wird.
Im Fehlerfall kann die Aufzeichnung gestoppt und untersucht werden, was zu diesem Fehler geführt hat. Zudem ist
der zeitliche Verlauf von Zwischenergebnissen im Bausteinstatus direkt aus der SPS auslesbar. Das wird durch die Integration der Oszilloskop-Funktion direkt in das Programmiersystem ermöglicht. Da der gesamte Signalverlauf aufgezeichnet wird, lassen sich die Daten per E-Mail versenden
und für spätere Untersuchungen archivieren.
Zur grafischen Darstellung von aufgezeichneten Signalen
externer Geräte, wie einem USB-Oszilloskop, dient die
Funktion Logview. Aufgezeichnete Werte, die als CSV-Datei
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vorliegen, sind grafisch darstellbar und mit Signalaufzeichnungen aus der Steuerung synchronisierbar. Auf diese Weise
lassen sich externe Messwerte, Videos der Maschinenbewegung und Statuswerte aus der SPS synchronisieren. Einmal
synchronisiert, kann in kleinen Schritten der Verlauf der
Signale im Zusammenspiel mit der Bewegung der Maschine
analysiert werden. So lassen sich auch minimale Fehler im
Bewegungsablauf finden und korrigieren.
Die Online-Schnittstelle
Für den Datenaustausch zwischen der Simatic S5 und dem
Rechner mit „S5 für Windows“ werden verschiedene Optionen angeboten. Eine Möglichkeit stellt der IBH-USB-S5Adapter dar (Bild 2). Er wird einerseits an die 20-mA-Schnittstelle der Steuerung und andererseits an die USB-Schnittstelle des Rechners angeschlossen. Darüber hinaus kann der
IBH-Link S5++ (Bild 3) über die AS511-Schnittstelle an die
Steuerung angeschlossen und über das Webinterface oder
die IBH-Net-Konfigurationsoberfläche konfiguriert werden.
Eine weitere Möglichkeit bietet sich bei S5-Steuerungen mit
einer Sinec-L2-Schnittstelle. Hierbei handelt es sich um eine
Profibus-Schnittstelle. Diese kann über den IBH-Link S7++
mit dem Rechner über das Netzwerk verbunden werden.
Zudem existieren verschiedene Netzwerk-Anschaltungen,
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über die man auch die Steuerungen anschließen kann. Hierbei wird die 20-mA-Schnittstelle der S5-CPU über ein
­Kabel („Affenschaukel“) mit der Netzwerk-Anschaltung verbunden. Als Netzwerkprotokoll dient entweder TCP/IP
oder H1.
Programmieren der Eproms
„S5 für Windows“ ist außerdem in der Lage den USB-Prommer der Firma Siemens anzusprechen. Es können S5-Eproms
und S5-Flash-Eproms programmiert werden.
COM-Pakete
In vielen mit Simatic-S5-Steuerungen betriebenen Anlagen
sind noch spezielle Funktionsbaugruppen im Einsatz. ­Neben
der Programmierung der eigentlichen CPU müssen auch die
Parameter der Funktionsbaugruppen von Zeit zu Zeit ge­
ändert werden. Mit den Programmiergeräten unter MS-DOS
wurde dies mit speziellen, zur Baugruppe passenden COMPaketen erledigt. Die COM-Pakete waren sehr früh unter
dem Betriebssystem CP/M entstanden und wurden bereits
zu MS-DOS-Zeiten in einem CP/M-Emulator ausgeführt.
Um nun unter aktuellen Betriebssystemen, wie Windows 7
oder Windows 8 mit 64-bit-Architekturen, solche Baugruppen ansprechen zu können, benötigt man konsequenter­
weise wieder einen Emulator. „S5 für Windows“ stellt hierfür einen CP/M-Emulator zur Verfügung, der in der Open
Source Software „DOSBox“ ausgeführt wird, einem weiteren Emulator. Mit der CP/M-Emulation als Basis ermöglicht es „S5 für Windows“, die Original-COM-Pakete zu
verwenden (Bild 4). Der CP/M-Emulator nutzt hierbei die
Möglichkeit der „DOSBox“, physikalische oder virtuelle
Schnittstellen des Hostsystems als serielle Schnittstelle hineinzureichen.
Fazit
Mit Softwaresystemen, wie „S5 für Windows“, ist es möglich, Simatic-S5-Steuerungen auch mit modernen Rechnern
zu programmieren, zu diagnostizieren und zu warten.
Gleichzeitig wird somit dem Anspruch vieler Anlagenbetreiber nach höchstmöglicher IT-Sicherheit in ihren Anlagen
entsprochen. So werden dazu oftmals aktuelle Betriebssys­
teme mit den aktuellen Sicherheits-Updates und Virenscannern verlangt. Neben der beschriebenen Software steht zudem
eine Version für Simatic-S7-Steue­rungen, „S7 für Windows“
zur Verfügung.
(ih)
Literatur
[1]Siemens AG, Division Industry Automation, Nürnberg:
www.siemens.com/industrie-automation
[2]IBH Softec GmbH, Beerfelden:
www.ibhsoftec.com
Autor
Axel Hulschist Entwicklungsleiter
bei der IBH Softec GmbH in Beerfelden.
[email protected]
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