Korrosion in Kläranlagen
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Korrosion in Kläranlagen
33. Erfahrungsaustausch der Lehrerinnen und Lehrer am 06./07.10.2010 in Lüneburg des DWA Landesverbandes Nord Korrosion in Kläranlagen Prof. Dr.-Ing. Ute Austermann-Haun Hochschule Ostwestfalen-Lippe, FB Bauingenieurwesen, Labor für Siedlungswasserwirtschaft Emilienstr. 45, 32756 Detmold e-mail: [email protected] Inhalte • Orte besonderer Korrosionsgefahr • Metallkorrosion (Ursachen, Sanierung) • Betonkorrosion (Ursachen, Sanierung) 2 Orte besonderer Korrosionsgefahr auf KA • Zulaufschacht, Zulaufpumpwerk (Schneckenpumpwerk) • Rechengebäude und Rechenanlage • Belebung (Wasserwechselzonen, tiefe Becken, Rotorbrücken, …) • Fahrbahnoberflächen von Absetzbecken (Vorklärung und Nachklärung) • abgedeckte Becken • Schlammseite überall wo es anaerob ist: Eindickung, Faulung, Faulgasreinigung, Faulgasnutzung zusammenfassend: fast überall auf einer Kläranlage herrscht eine besondere Korrosionsgefahr 3 Korrosionsreaktionen – Ursachen von Korrosion • Säuren (mineralische und organische) • Kalk lösende Kohlensäure • biogene Schwefelsäure • Sulfat • Chlorid • Ammonium • Fette und Öle bzw. die sich daraus bildenden Säuren • Lösemittel (hier nicht relevant) 4 Metallische Korrosionsreaktionen • Lochfraß • Kontaktkorrosion • Interkristalline Korrosion (bei Wärmebehandlung nicht rostender Stähle, z.B. beim Schweißen) • Spaltkorrosion (unter Dichtungen, an Überlappungen von Bauteilen, z.B. an nicht durchgeschweißten Schweißnähten – Punktschweißung) 5 Edelstahlkorrosion Die Bezeichnung „nicht rostend“ führt zu der irrigen Annahme, dass diese Stähle in allen Fällen und unter allen Bedingungen nicht rosten. Diese Annahme ist falsch! Lochfraß • entsteht bei Anwesenheit großer Mengen an Chloriden, aber auch wenn sich Chloride anreichern durch z.B. Biofilmbildung • Einfluss hat die Baustoffqualität, maßgebend ist die Wirksumme W [W = % Cr + 3,3 % Mo + (15 bis 30) % Ni] je höher die Wirksumme, umso höher die Korrosionsbeständigkeit (Quelle: DWA-M 168, 2010) Faktoren, die die Beständigkeit von Edelstählen mindern: Chlorid-Ionen, Schwefelwasserstoff, Schwefelsäure nach biologischer Oxidation, Toträume, Spalte, Biofilme, Stagnation u.a. 6 Beständigkeit von Edelstahl Quelle: Broschüre der Fa. Butting 7 Eigenschaften einiger wichtiger nichtrostender Stähle Quelle: DWA-M 168, Juni 2010 8 Deckel eines Siebrechens aus Edelstahl 9 Kontaktkorrosion - Mischung unterschiedlicher Werkstoffe • Mischinstallation birgt generell die Gefahr der Metallkorrosion, die sich so auswirkt, dass sich jeweils das unedlere von zwei Metallen bis zur völligen Zerstörung auflöst • Voraussetzungen für Kontaktkorrosion: - unterschiedliche Korrosionspotentiale der Metalle - zwischen den Metallen besteht eine elektronenleitende Verbindung - beide Metalle verbindet ein leitfähiger Feuchtigkeitsfilm Abhilfe bzw. Vermeidung von Kontaktkorrosion: • elektrische Isolation der Bauteile (Kunststoffscheiben oder –hülsen) • Verlagerung in einen Raum ohne Feuchtigkeit • Beschichtung der Kathode oder beider Flächen 10 Beispiel für Kontaktkorrosion 11 Beispiel KA 2001 12 Beispiel KA 2001 13 Beispiel KA 2001 14 Beispiel KA 2005 15 Beispiel KA 2005 16 Beispiel KA 2008 17 Beispiel KA 2005 18 Beispiel KA 2008 19 Wie hätte hier Korrosion vermieden/vermindert werden können? • weniger Feuchtigkeit durch Kapselung des Siebrechens Ansonsten gilt: • je trockener, umso weniger Korrosion • ausreichende Be- und Entlüftung, die gleichzeitig die Luftfeuchtigkeit vermindert • Abluft durch technische Maßnahmen behandeln (z.B. Photoionisation mit Aktivkohle) 20 Abluftbehandlung durch Photoionisation Quelle: Ingenieurbüro Danjes, Detmold 21 Sanierungsmaßnahme: Austausch der verzinkten Gitterroste gegen Kunststoffroste verrostete Gitterroste 2005 nach der Sanierung 2006 22 Korrosion an emaillierten Behältern 23 Ablaufschacht am Anaerobreaktor, nachträglich geschlossen, Ursache H2S bzw. biogene Schwefelsäure 24 Problem: korrodierende Schnecken Korrodierte Schnecke vor Sanierung gleiches Pumpwerk nach Austausch der Schnecken gegen Kreiselpumpen 25 Schutz der Schneckenpumpwerke vor Korrosion • durch Anbringen von Opferanoden aus Zink-, Aluminium- oder Magnesium-Legierungen (kathodischer Korrosionsschutz) • Zur Wirkungsweise am Beispiel von Eisen und Zink: Zink ist unedler als Eisen und stellt im galvanischen Element die Anode dar, und Eisen ist die Kathode. Eisen als edleres Metall ist daher so lange kathodisch geschützt, bis das Zink wegkorrodiert ist. 26 Betonkorrosion in Kläranlagen Ursache: biogene Schwefelsäurekorrosion bei anaerobem Milieu entsteht aus im Abwasser enthaltenem Sulfat Schwefelwasserstoff SO42H 2S • H2S wird von Bakterien umgewandelt zu elementarem Schwefel S und Schwefelsäure (H2SO4) • Schwefelsäure greift den Beton an 27 Betonkorrosion Stoffumsatz in Abwasserkanälen bei aerobem Milieu (links) und anaerobem Milieu (rechts) mit biogener Schwefelsäurekorrosion Quelle: DWA-M 168 28 Beispiel biogene Schwefelsäurekorrosion im Zulaufschacht 29 Betonkorrosion in Kläranlagen Ursache: kalk lösende Kohlensäure • aus Kohlendioxid und Wasser entsteht Kohlensäure CO2 + H2O H2CO3 • gebildete Kohlensäure reagiert mit dem im Baustoff enthaltenen Calciumcarbonat (CaCO3 ) Umwandlung in Calciumhydrogencarbonat (Ca(HCO3)2), d.h. Calciumcarbonat löst sich auf CaCO3 + H2O + CO2 Ca(HCO3)2 H2CO3 • In harten Wässern wird CO2 mit den im Wasser enthaltenen Ca2+Ionen gebunden keine Korrosion • In weichen Wässern wirken, wegen des geringen Gehalts an Calcium-Ionen, schon geringe CO2-Gehalte angreifend 30 Endprodukte des biologischen Abbaus: CO2, H2O und Biomasse Besonders gefährdet sind: • Belebungsbecken mit Reinsauerstoffbegasung durch hohen CO2-Gehalt • tiefe Becken • KA mit Abwasser geringer Säurekapazität (weiches Wasser) 31 Betonkorrosion in KA Ursache: Ammonium • 6 NH4+ • 6 H+ + 3 CaO 2SiO2 3 H2O 6 NH3 + 6 H+ 3 Ca2+ + 6 H2O + 2 SiO2 Quelle: Schmidt-Döhl (2005) Gleicher Effekt bei Nitrifikation • Säurebildung durch Nitrifikation NH4+ + 2 O2 NO3- + H2O + 2 H+ 32 Betonwand zwischen zwei Nitrifikationsbecken (links) und zwei Denitrifikationsbecken (rechts) in der gleichen Belebungsanlage 33 Beispiel: korrodierte Betonkrone im Belebungsbecken 34 Beispiel: korrodierte Betonkrone 35 Betonkorrosion in Kläranlagen Ursache: Sulfat die im Zementstein enthaltenen Aluminate und Aluminiathydrate bilden das kristallwasserhaltige Trisulfat (Ettringit), z.B.: 3 CaO Al2O3 + 3 (CaSO4 2 H2O) + 26 H2O 3 CaO Al2O3 3 CaSO4 32 H2O Durch nachträgliche Kristallisation und Wachstum der Reaktionsprodukte entsteht ein Druck, der zu Treiberscheinungen führt (treibende Korrosion). Hierfür ist in erster Linie die Bildung von Ettringit und von Gips anzuführen. (DWA-M 168) keine Gefahr in kommunalen KA, aber bei Deponiesickerwasser! 36 Besondere Gefahren für Beton in Kläranlagen • Chemischer Angriff (biogene Schwefelsäurekorrosion, Ammonium, niedriger pH-Wert z.B. infolge Bildung organischer Säuren, CO2, …) • Frost • Tausalz (Chlroid – greift Bewehrung an, Problem auf Räumerfahrbahnen) • mechanische Beanspruchung (Räumerfahrbahnen) Erfordernis einer hohen Betonqualität und großer Betonüberdeckung 37 Abwasser mit niedrigem pH-Wert tropft auf einen Betonboden (Stärkefabrik in Vietnam) 38 Beispiel: korrodierte Betonkrone bei zusätzlicher mechanischer Beanspruchung durch Räumer 39 Gefahr der Korrosion von Beton und Bewehrung wird durch Expositionsklassen charakterisiert: Quelle: DWA-M 211, 2008 40 Empfehlungen von Gutsch für die Betonqualität auf KA: • Verwendung von HS-Zementen (gegen Sulfat) • Expositionsklasse XA3 (chem. stark angreifende Umgebung) • Dichter Beton Mindestbetonfestigkeitsklasse C35/45, w/z-Wert < 0,45, Mindestzementgehalt 320 kg/m³ • ggf. Kunststoff-Auskleidung Quelle: Gutsch, A.-W.: Betonkorrosion durch biogenen Schwefelsäureangriff. In: Bauen im Bestand – Beton in der Abwassertechnik, Seminar der MPA Braunschweig 6. September 2005, Heft 188 Materialprüfanstalt für das Bauwesen 41 Abhilfemaßnahmen 42 Fahrbahnsanierung 43 Nach Betonsanierung Quelle: Ingenieurbüro Danjes, Detmold 44 Schneckenpumpwerk vor und nach der Betonsanierung 45 Möglichkeiten den Beton zu schützen • PE-Auskleidung mit PE-Steg- oder Noppenplatten im Vorfeld, d.h. beim Bau • Beschichtungen – bestehen i.d.R. aus Reaktionsharzen Gefahr durch Ein- und Durchdiffusion von kleinen Molekülen (Wasser, Sauerstoff) Blasenbildung Aufplatzen der Beschichtung erneute Betonkorrosion Gefahr durch osmotische Vorgänge, wenn z.B. die Oberflächen mangelhaft vorbehandelt sind • Werden Schäden an der Beschichtung festgestellt, so sind diese Stellen möglichst bald zu reparieren. • „Nach den bisherigen Erfahrungen sind Beschichtungen auf Betonoberflächen im Abwasserbereich nicht zu empfehlen.“ DWA-M 168, Entwurf, Stand Februar 2009 46 Schäden 3 Jahre nach der Betonsanierung (Beschichtung löst sich ab) Blasenbildung aufgeplatzte Blase 47 Aufwändige Abwasserumleitung während der Betonsanierung 48 Zusammenfassung • alles kann korrodieren – auch Edelstahl und Beton • geschlossene Räume möglichst trocken halten • Wahl eines beständigen Werkstoffs (höherwertige Edelstähle, hochwertige Verarbeitung, hohe Betonqualität, vorbeugender Betonschutz – besser als zusätzlicher Korrosionsschutz • nachträgliche Beschichtungen helfen wenig • eine zeitnahe Reparatur geringfügiger Schäden ist wichtig 49 Danke, dass Sie mir zugehört haben. 50 Verwendete Literatur • DWA-M 211: Schutz und Instandsetzung von Betonbauwerken in kommunalen Kläranlagen (April 2008) • DWA-M 168: Korrosion von Abwasseranlagen – Abwasserableitung (Juni 2010) • DIN EN 206-1: Beton – Teil 1: Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität • DIN 1045-1 bis -4: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton • DIN EN 14879-3: Beschichtungen und Auskleidungen aus organischen Werkstoffen zum Schutz von industriellen Anlagen gegen Korrosion durch aggressive Medien – Teil 3: Beschichtungen für Bauteile aus Beton • Gutsch, A.-W. (2005): Betonkorrosion durch biogenen Schwefelsäureangriff. In: Bauen im Bestand – Beton in der Abwassertechnik, Seminar der MPA Braunschweig, 6. September 2005, Heft 188 • Schmidt-Döhl, F. (2005): Betonkorrosion in Kläranlagen und deren Vermeidung. In: Bauen im Bestand – Beton in der Abwassertechnik, Seminar der MPA Braunschweig, 6. September 2005, Heft 188 51