Deutsche Gesellschaft für Entspannungsverfahren
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Deutsche Gesellschaft für Entspannungsverfahren
ISSN 1617-1586 • 31. Jahrgang 2014 • Ausgabe 31 Entspannungsverfahren Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Entspannungsverfahren (DG-E e.V.) Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Entspannungsverfahren G. Krampen: Ergänzung der Eingangsphase von Einzelpsychotherapien bei Angststörungen durch Gruppeneinführungen in die Progressive Relaxation vs. in das Autogene Training B. Riegel, R. Albrecht, G. Ketels, C. A. Brünahl, B. Löwe: Symptomschwere und Belastungsfaktoren bei Patienten mit einem chronischen Unterbauchschmerzsyndrom PABST SCIENCE PUBLISHERS Lengerich, Berlin, Bremen, Miami, Riga, Viernheim, Wien, Zagreb G. Krampen, A. Beitinger, H. Munz: Autogenes Training und Progressive Relaxation in universitären Master- und Bachelor of Science-Hauptfachstudiengängen der Psychologie ENTSPANNUNGSVERFAHREN Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Entspannungsverfahren Autogenes Training, Progressive Relaxation, Hypnose, Yoga und weitere wissenschaftlich fundierte Verfahren (DG-E e.V.) Herausgeber: V.i.S.d.P. für die Deutsche Gesellschaft für Entspannungsverfahren (DG-E e.V.) Dipl.-Psych. Oliver Nass Verlag Pabst Science Publishers Eichengrund 28 D-49525 Lengerich Tel. 05484-308 Fax 05484-550 E-Mail: [email protected] Internet: www.pabst-publishers.de www.psychologie-aktuell.com Redaktion Dipl.-Psych. Prof. Dr. Günter Krampen Dipl.-Psych. Dr. med. Claus Derra Dipl.-Psych. Oliver Nass Redaktionsanschrift Geschäftsstelle der DG-E e.V. Dipl.-Psych. Dr. Claudia China Blanckstr. 3 D-23564 Lübeck E-Mail: [email protected] Internet: www.dg-e.de Erscheinungsweise: jährlich Preis: 18,95 € Abopreis für Nichtmitglieder: 16,50 € Für DG-E-Mitglieder kostenfrei. Es gilt die Anzeigenpreisliste 2013. Die Zeitschrift und die in ihr enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung bedarf der Zustimmung der Herausgeber. Zum Titelbild: Das Titelbild trägt den Namen „Früher Morgen am Fluss“, stammt von Gertrud Brenner und befindet sich in ihrem Privatbesitz. ISSN 1617-1586 4 INHALTSVERZEICHNIS 5 B. Husmann Editorial Originalia 14 G. Krampen Ergänzung der Eingangsphase von Einzelpsychotherapien bei Angststörungen durch Gruppeneinführungen in die Progressive Relaxation vs. in das Autogene Training – Befunde einer randomisiertkontrollierten Studie mit Zwei-Jahres-Katamnese 40 B. Riegel, R. Albrecht, G. Ketels, C. A. Brünahl, B. Löwe Symptomschwere und Belastungsfaktoren bei Patienten mit einem chronischen Unterbauchschmerzsyndrom – Implikationen für einen interdisziplinären und multimodalen Therapieansatz 58 G. Krampen, A. Beitinger, H. Munz Autogenes Training und Progressive Relaxation in universitären Master- und Bachelor of Science-Hauptfachstudiengängen der Psychologie Varia 80 C. Hammer ZAPCHEN – Wohlbefinden-Achtsamkeit-Entspannung Embodying Well-Being 88 K. E. Buchmann „nimm Abschied und gesunde“ Praxisempfehlungen 97 DG-E-Arbeitsgruppe „Burnout“: Praxis-Empfehlungen zur Diagnose, Behandlung und Prävention bei Burnout (Kurzfassung) 1 Buchbesprechungen 104 W. Martynkewicz: Das Zeitalter der Erschöpfung. Die Überforderung des Menschen durch die Moderne 106 U. Ott: Yoga für Skeptiker. Ein Neurowissenschaftler erklärt die uralte Weisheitslehre 108 S. Tönnies & T. Tönnies: Gesundheit, Wellness, Fitness – Ein Hometrainer zur Krankheitsprävention 110 L. Reddemann et al.: Imagination als heilsame Kraft im Alter 112 G. Krampen: Entspannungsverfahren in Therapie und Prävention. 3. überarbeitete und erweiterte Auflage 114 U. Ott: Meditation für Skeptiker. Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst 115 B. Trenkle: Dazu fällt mir eine Geschichte ein. Direkt-indirekte Botschaften für Therapie, Beratung und über den Gartenzaun Mitteilungen aus der DG-E 117 Berichte über die gemeinsame Tagung der DG-E mit DGÄHAT in Blankenburg, Harz 120 Druckfrisch: MMSK-Handbuch soeben erschienen 124 DG-E Datenreport 125 Fortbildungskalender Editorial EDITORIAL BJÖRN HUSMANN Eingangsphase. Die differenzierten Ergebnisse geben erneut wichtige Hinweise auf die hohe Wirksamkeit dieser bewährten Entspannungsverfahren, wenn sie qualifiziert angeleitet werden. Bei dieser Untersuchung geben z.B. die katamnestischen Daten wichtige Indizien für die Verminderung von Rückfällen und Behandlungswiederaufnahmen, wenn parallel ein systematisches Entspannungsverfahren fachgerecht erlernt wird. Im Anschluss folgt eine Pilotstudie von Dr. Björn Riegel, Rebecca Albrecht, Gesche Ketels, Christian A. Brünahl und Bernd Löwe aus Hamburg zum chronischen Unterbauchschmerzsyndrom, das bisher wenig bekannt bzw. erforscht ist. Nach Riegel et al. ist dieses „Chronic Pelvic Pain Syndrome (CPPS)“ scheinbar nicht nur recht häufig, sondern auch mit einem hohen Leidensdruck verbunden. Hier scheinen Teil-Ergebnisse in Bezug auf Entspannungsverfahren auf den ersten Blick allerdings Hinweise in eine andere Richtung zu geben: Bei der Befragung der ProbandInnen, welche nicht-medikamentösen, nicht-invasiven Behandlungsoptionen sie kennengelernt haben, werden u.a. Psychotherapie, Biofeedback aber auch Entspannungsverfahren genannt. Auch wenn nicht hervorgeht, ob hiermit systematische Verfahren wie AT oder PR oder Björn Husmann Diplompsychologe/Psychotherapeut; erster Vorsitzender der DG-E Bremen, Ostern 2014 Liebe Leserin! Lieber Leser! Erneut ist es uns als Deutsche Gesellschaft für Entspannungsverfahren (DG-E) eine überaus große Freude, Ihnen heute die neue Ausgabe unserer Zeitschrift vorlegen zu können. Zunächst eine kleine Übersicht zum Inhalt unseres diesjährigen Heftes: In der Rubrik „Originalia“ finden Sie als Erstes eine Untersuchung von Prof. Dr. Günter Kramen aus Trier über den Vergleich zwischen Einzelpsychotherapien bei Angststörungen mit und ohne eine Gruppeneinführung in Progressive Relaxation (PR) bzw. Autogenes Training (AT) parallel zur 5 Entspannungsverfahren 2014 – Ausgabe 31 aber unspezifische Entspannungsformen wie Atemübungen gemeint sind, so ist es doch bemerkenswert, dass die Betroffenen diese Verfahrensgruppen als nur wenig hilfreich erlebt haben. Die AutorInnen diskutieren in diesem Zusammenhang, ob dafür Besonderheiten dieses speziellen Schmerzsyndroms verantwortlich sein könnten und regen weitere Forschungen an. Vielleicht können dann auch spezifischere Fragen hinsichtlich Entspannungsverfahren, Psychotherapie usw. gestellt werden, so dass auch abgebildet wird, um welche Verfahren es sich handelte und ob sie von AnleiterInnen mit entsprechender Qualifikation fachgerecht, d.h. mit Blick auf den Alltagstransfer unterrichtet wurden oder ob bloß ein Tonband abgespielt wurde. Ebenso wäre es sicherlich interessant, Verfahren wie Hypnose, Yoga oder Taji/Qigong in nachfolgende Untersuchungen einzubeziehen, um dann in Zukunft vielleicht Aussagen zu einer differenzierten Indikationsstellung machen zu können. Im dritten Artikel informieren Prof. Dr. Günter Krampen, Anja Beitinger und Holger Munz über die differenzierte Implementierung von AT- und PR-Fortbildung in den PsychologieStudiengang an der Uni Trier. Dabei werden auch Fragen hinsichtlich der unterschiedlichen Qualifikationsvoraussetzungen zwischen Bachelor1 2 3 und Master-StudentInnen diskutiert und wie diese sich auf die Qualifizierungsmöglichkeiten in AT bzw. PR auswirken (am Rande sei erwähnt, dass viele AbsolventInnen aus Trier, die diese AT- bzw. PR-Kurse erfolgreich belegt haben, anschließend Mitglieder der DG-E werden und einen entsprechenden Qualifikationsnachweis beantragen, weil die universitären Fortbildungsinhalte mit den ATbzw. PR-Richt- und Leitlinien1 der DG-E übereinstimmen). Dieser Artikel geht u.a. auf eine Initiative des Vorstands der DG-E zurück, denn bei unseren Diskussionen ist uns aufgefallen, dass innerhalb der derzeit vielschichtig geführten Debatte um das Pro und Contra einer universitären Psychotherapie-Ausbildung Entspannungsverfahren (bisher) nicht auftauchen. Sie werden z.B. im Psychotherapeutenjournal, dem ZentralOrgan aller Psychotherapeutenkammern, weder in der entsprechenden Schwerpunktausgabe2, noch im entsprechenden Artikel in der nachfolgenden Ausgabe3 erwähnt. Deshalb sahen und sehen wir es als sehr wünschenswert an, dass das diesbzgl. Potential von wissenschaftlich fundierten (Entspannungs-)Verfahren angemessen und differenziert herausgestellt wird. Dazu ist der Artikel von Krampen et al. ein wichtiger Schritt, so dass sich DG-E-Mitglieder mit fachlich fundierten Argumenten in Sie finden die Richt-/Leitlinien hier: http://www.dg-e.domainfactory-kunde.de/index.php?id=67 Psychotherapeutenjournal 4/2013, S. 348-380 Rief, W.; Abele-Brehm, A.; Fydrich, T.; Schneider, S.; Schulte, D. (2014): Praxisanteile Direktstudium Psychotherapie. In: Psychotherapeutenjournal 1/2014, 31-36 6 Editorial die entsprechenden lokalen und nationalen Diskussionen einbringen können. Im Anschluss finden Sie in der Rubrik „Varia“ zwei vielbeachtete Vorträge aus der 28. Sylter Entspannungstherapiewoche von 20134: Cornelia Hammer aus Kassel stellt unter dem Titel „Zapchen [sprich: tsap-dschen] – Wohlbefinden, Achtsamkeit, Entspannung, Embodying Well-Being“ ein buddhistisch inspiriertes Übungssystem vor. Danach nähert sich Prof. (em) Dr. Knud Eike Buchmann dem Thema „Loslassen“ als Notwendigkeit für ein gelingendes Leben und plädiert mit Herman Hesse für „nimm Abschied und gesunde“. Es folgt eine weitere neue Rubrik, die „Praxis-Empfehlungen“, in der Sie ebenfalls ein mit der letzten Entspannungstherapiewoche verknüpftes Arbeitsergebnis finden: Eine „Orientierungshilfe zur Diagnostik, Behandlung und Prävention Burnout“. Ausgehend von einem Plenarvortrag zum Thema im Rahmen der ETW 2013 sowie einem diesbzgl. Artikel in der vorletzten Ausgabe unserer Zeitschrift5 haben sich mehrere Mitglieder in Klappholtal/Sylt 2013 zu einer 4 5 6 7 DG-E-Arbeitsgruppe vernetzt und die einschlägigen neueren Publikationen sowie dazugehörende Literatur aus dem Wirkungskreis der DG-E gesichtet und systematisiert: Björn Husmann, Bremen (Leitung, Koordination, Redaktion), Dr. Gilles Michaux, Luxembourg, Prof. Dr. Günter Krampen, Trier, Regina Weiser, Freiburg, Dipl. Ing. Caspar Harbeke, Bad Zwesten, und Dr. med. Bernhard Hammer, Kassel (in diesem Zusammenhang bedanken wir uns auch bei Dr. Matthias Burisch6, der uns mit kritischen Hinweisen unterstützt hat). Ergebnis ist ein Prozess-Schema, das eine fachgerechte Vorgehensweise auf aktuellem Stand vorschlägt und zur weiteren Diskussionen anregen soll. Noch kurz eine Erläuterung zur neu eröffneten Rubrik „Praxis-Empfehlungen“. Sie kennen vielleicht schon die Merkblätter der DG-E7, die sich an Laien richten, und z.B. verschiedene Störungsbilder beleuchten, bei denen Entspannungsverfahren zum Einsatz kommen. Sie können auf unserer Homepage genauso frei heruntergeladen werden wie InfoBlätter zu vielen Entspannungsver- Impressionen und die Dokumentation des wissenschaftlichen Tagungsprogramms finden Sie bei Bedarf hier: http://www.dg-e.domainfactory-kunde.de/index.php?id=110 Husmann, B. (2012): Zur (Differential-)Diagnostik des Burnout-Syndroms – ein Update aus der Forschung. In: Entspannungsverfahren Nr. 29, Lengerich: Pabst Science Publishers, 25-48 Burisch, M. (2014): Das Burnout-Syndrom. Theorien der inneren Erschöpfung. Heidelberg: Springer http://www.dg-e.domainfactory-kunde.de/index.php?id=31 – bisher sind erschienen: Angst- und Panikgefühle (Prof. (em) Dr. Knud E. Buchmann), AT (Helmut Brenner), Schlaf und Schlafstörungen (Dr. Claudia China); AT für Kinder (Isolde Raudszus-Nothdurfter), Burnout (Björn Husmann), Progressive Relaxation (Dr. Dietmar Ohm), Schmerz und Entspannungsverfahren (Dr. Claudia China), Wege der Entspannung (Eckard Nass), Stress-Beeinflussung (Elisabeth Westhoff) 7 Entspannungsverfahren 2014 – Ausgabe 31 fahren8. Zielgruppe der Praxis-Empfehlungen sollen Fach-KollegInnen sein, wobei natürlich auch bei diesem „Format“ der Bezug zu den wissenschaftlich fundierten (Entspannungs-) Verfahren gegeben sein soll, die die DG-E vertritt. In der Rubrik „Buchbesprechungen“ finden Sie Rezensionen u.a. von Dr. Claudia China, stellvertretende Vorsitzende der DG-E aus Lübeck, und Dr. Juliana Matt aus Berlin. Auch in diesem Teil unserer Zeitschrift hoffen wir Ihnen interessante fachliche Anregungen aus dem „Großraum der Entspannungsverfahren und umzu“ geben zu können. Lassen Sie sich überraschen! Im Bereich „Mitteilungen aus der DG-E“ geben wir Ihnen dann einen kleinen Überblick hinsichtlich der Arbeit der aktiven Mitglieder9 und des Vorstandes. Hier steht unsere erfolgreiche Vernetzung mit der Deutschen Gesellschaft für ärztliche Hypnose und Autogenes Training (DGÄHAT) im Vordergrund, über die wir in der Vergangenheit ja schon mehrfach berichtet hatten. Nach dem Votum der Mitgliederversammlung 2013, das „Pilotprojekt“ einer ersten gleichberechtigt organisierten Tagung anzugehen, haben wir unsere Kooperati8 9 onsbemühungen verstärkt und uns zu einem gemeinsamen Treffen in Frankfurt am Main verabredet. Aufgrund der guten Vorbereitung der DG-E-Delegierten konnten wir zusammen mit unseren DGÄHAT-KollegInnen sehr zielführend diskutieren und haben die konkrete Gestaltung der Tagung erarbeitet: „Begegnung zweier Gesellschaften – Therapie in Trance“ (20. - 22.06.14, Blankenburg/Harz; weitere Infos dazu finden Sie auf unserer Homepage). Darüber informiert unsere Vorstandskollegin Marion Romes, die Schriftführerin der DG-E. Ein zweiter kleiner Bericht soll Ihnen einen Eindruck davon geben, welcher Bemühungen es bedarf, die Idee dieser Tagung weiter in die Praxis umzusetzen. Hier stehen die konkrete Zusammenarbeit mit den ärztlichen KollegInnen, die Öffentlichkeitsarbeit bzw. das „Marketing“ der Blankenburg-Tagung im Vordergrund. Außerdem finden Sie im „Vereinsteil“ noch einen kleinen Artikel zum soeben erschienenen MMSK-Handbuch von Dr. Renate Mathesius und Wolf-Ulrich Scholz sowie einen kurzen Daten-Report mit aktuellen Zahlen über die DG-E, der zeigt: Wir wachsen stetig weiter! Gleichzeitig http://www.dg-e.domainfactory-kunde.de/index.php?id=80 – bisher sind erschienen: Entspannungs- und achtsamkeitsbasierte Verfahren (Björn Husmann), AT (Helmut Brenner), AT mit Kindern (Elisabeth Westhoff), PR (Dr. Dietmar Ohm), PR mit Kindern (dto.), Klinische Hypnose (Daniel Wilk), Achtsamkeitsarbeit (Prof. (em) Dr. Knud E. Buchmann), Meditation (Helmut Brenner), Yoga (Dietmar Mitzinger), Focusing (Elvira und Eckard Nass), Mentales Training (Dr. Renate Mathesius), Multimodale Stresskompetenz (Wolf Ulrich Scholz, Björn Husmann); ein Info-Blatt zu Taij/Qigong ist in Vorbereitung. die Sie auf unserer Homepage in der Rubrik „Wer macht was?“ finden: http://www.dg-e.domainfactory-kunde.de/index.php?id=62 8 Editorial soll dadurch zumindest angedeutet werden, welcher Verwaltungsaufwand hinter dem „Projekt DG-E“ steht, der zu großen Teilen von Dr. Claudia China ehrenamtlich geschultert wird, die nicht nur die Sylter Entspannungstherapiewochen federführend organisiert, sondern auch die Geschäftsstelle leitet und die Mitglieder-Datei pflegt. Die Zahlen zu den Aufrufen unserer Homepage usw. geben Ihnen darüber hinaus einen kleinen Hinweis auf unsere vielfältigen Bemühungen hinsichtlich Öffentlichkeitsarbeit10. Ich möchte allerdings nicht versäumen zumindest zu erwähnen, dass dies nur ein Ausschnitt der Arbeit der aktiven DG-E-Mitglieder und des Vorstandes ist. Um es in Stichworten anzudeuten: Wir müssen nicht nur auf das SEPA-Einzugsverfahren für die Mitgliedsbeiträge umstellen (wofür Oliver Nass und Marion Romes Wochenenden opferten, um einen Newsletter individuell auszudrucken, einzutüten und zu versenden). Wir müssen uns auch vielfach mit Finanzämtern auseinandersetzen, die mittlerweile eingetragene Vereine als Einnahmequelle entdeckt haben (allen voran Oliver Nass aus Fulda, der als Vorstandsmitglied für die Finanzen ebenso zuständig ist wie für die Redaktion der Zeitschrift). 10 11 12 Vor diesem Hintergrund ist auch die Initiative zu verstehen, die Gemeinnützigkeit zu beantragen. Das wiederum erfordert Änderungen an unserer Satzung, was Anpassungen der Geschäftsordnung notwendig macht. Satzung und Geschäftsordnung zu überarbeiten ist eine weitere Herkules-Aufgabe, der sich besonders Oliver Nass, Dr. Claus Derra, DG-E-Vorstandsmitglied aus Bad Mergentheim, sowie Helmut Brenner aus Bad Salzuflen gewidmet haben. Aber auch darüber hinaus gab es noch so manches zu tun: Von Interviews und Öffentlichkeitsarbeit über zu beantwortende Anfragen und Aktivitäten zur weiteren Vernetzung bis hin zur Weiterleitung relevanter interner und externer Informationen11. Den Abschluss unserer „31er Ausgabe“ bildet, wie auch schon in der Vergangenheit, der aktuelle Fortbildungskalender, den Elisabeth Westhoff aus Köln zusammengestellt hat und der ebenfalls online zu finden ist12. Soweit zum Inhalt unseres diesjährigen Heftes. Ich möchte die Gelegenheit des Editorials nun noch nutzen, um mit Ihnen zusammen einen kleinen Blick in die Zukunft zu werfen. Denn es zeichnen Werfen Sie dazu vielleicht auch einen Blick auf unser Presse-Echo: http://www.dg-e.domainfactory-kunde.de/index.php?id=61 Bei weitergehendem Interesse finden Sie im Mitgliederbereich unserer Homepage die Protokolle der Telefonkonferenzen oder der Vorstandswochenenden, die alle aus der Feder von Marion Romes stammen und die die verschiedenen Arbeitsfelder zusammenfassend wiedergeben: http://www.dg-e.domainfactory-kunde.de/index.php?id=6 http://www.dg-e.domainfactory-kunde.de/index.php?id=17 9 Entspannungsverfahren 2014 – Ausgabe 31 zertifizieren soll15. Hierbei sollten wir die DG-E, unsere Richt- und Leitlinien sowie die darauf basierenden Qualifikationsnachweise ebenso ins Spiel bringen, wie das Verzeichnis der bei der DG-E akkreditierten AnleiterInnen. In diesen Zusammenhängen wird es neben der Notwendigkeit, auf inhaltlich begründete, fachliche Standards hinzuweisen, ebenso wichtig sein, immer wieder herauszustellen, dass qualifizierte Arbeit in den Bereichen Prävention, Rehabilitation und Therapie auch finanziell entsprechend wertgeschätzt gehört. Das wäre besonders Krankenkassen gegenüber notwendig, denn manche Honorierung von KursleiterInnen mit Zusatzqualifikation in systematischen Entspannungsverfahren usw. verdient auch schon fast eine Art von „Mindestlohn-Debatte“. sich so einige berufspolitische Entwicklungen und inhaltlichen Herausforderungen ab, die auch die DG-E betreffen. Zum Beispiel: Die große Koalition hat in ihrem Koalitionsvertrag geschrieben: „Wir werden noch 2014 ein Präventionsgesetz verabschieden, das insbesondere die Prävention und Gesundheitsförderung in Lebenswelten wie Kita, Schule, Betrieb und Pflegeheim und die betriebliche Gesundheitsförderung stärkt und alle Sozialversicherungsträger einbezieht.“13 In diesem Zusammenhang wäre es sicher sinnvoll, dass wir unsere Fachkompetenz hinsichtlich wissenschaftlich fundierter (Entspannungs-)Verfahren und deren präventiver Potenziale einbringen. Über eine mögliche nationale Anti-Stress-Verordnung, die 2013 am Widerspruch von Arbeitgeberverbänden gescheitert war, wird weiterhin ebenso diskutiert wie über psychische Erkrankungen in der Arbeitswelt14. Auch hier können wir unser Know-how und „unsere“ Verfahren ins Spiel bringen (siehe auch „Praxis-Empfehlung“, MMSK-Handbuch). Es gibt konkrete Planungen, eine zentrale Prüfstelle für Präventionskurse einzurichten, die nach einheitlichen Standards für alle Kassen Kurse bzw. AnleiterInnen 13 14 15 Ebenso wie im Präventionsbereich ergeben sich auch im Zusammenhang mit niedergelassenen PsychotherapeutInnen relevante Diskussionen in Bezug auf die Rolle von wissenschaftlich fundierten (Entspannungs-)Verfahren, die in den Debatten hier trotz ihrer nachgewiesenen hohen Wirksamkeit weiterhin ein gewisses Schattendasein führen: Die Honorarsituation für AT, PR und Hypnose innerhalb des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes http://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/2013/2013-12-17-koalitionsvertrag.pdf?__ blob=publicationFile Z.B. http://www.faz.net/aktuell/beruf-chance/arbeitswelt/arbeitsbedingungen-dgb-mit-neuem-vorstoss-gegen-psychostress-12772999.html vgl. Dt. Ärzteblatt/PP 3/2014, 113 10 Editorial (EBM) ist weiterhin unangemessen (z.B. 23,50 € für 25 Min. Einzel-Anleitung in AT bzw. PR zzgl. Kurz-Dokumentation, die aber aufgrund von örtlichen Honorarverteilungsmaßstäben des Öfteren regional nur zu 75% oder manchmal sogar mit noch weniger Prozent ausgezahlt werden). Kassenärztliche Vereinigungen erkennen zwar mittlerweile aufgrund der von ihnen erhobenen Verdienstunterschiede zwischen den (fach-)ärztlichen Gruppen selbst, dass die Honorarsituation im „Psy-Bereich“ allgemein verbesserungswürdig ist16 und dass niedergelassene PsychotherapeutInnen sowie Kinder- und JugendpsychotherapeutInnen gerechterweise keine „Kellerkinder“ bleiben dürfen, auch nicht in finanzieller Hinsicht. Aber auch in diesem Kontext sollten wir immer wieder auf die besondere Situation von AT, PR und Hypnose hinweisen17, denn in diesem Sektor fristen diese Verfahren leider immer noch ein Dasein als „Abrechnungsziffern von geringem Wert“, die bei entsprechenden Verhandlungen gerne als „Kleingeld“ vernachlässigt werden. Ebenso werden Entspannungsverfahren im Zusammenhang mit der Diskussion um die Verkürzung 16 17 18 der Wartezeiten oder der Reorganisation der psychotherapeutischen Versorgung18 bisher so gut wie gar nicht wahrgenommen. Auch hier könnten wir uns einbringen, denn keinesfalls dürfen sie eingesetzt werden, um notwendige Therapien zu verzögern oder gar zu ersetzen, aber sie könnten u.U. helfen, die – letztlich ja vor allem aus gesundheitspolitischen Gründen – gegebenen Wartezeiten produktiv(er) zu nutzen. Vielleicht wäre das ein weiteres lohnendes Feld für eine Untersuchung? Auch darüber hinaus gibt es noch inhaltliche Bereiche, deren Bearbeitung z.B. bereits auf den Sylter Entspannungstherapiewochen angeregt wurde, aber aufgrund der begrenzten Arbeitskapazitäten der ehrenamtlich aktiven DG-E-Mitglieder und VorständlerInnen bisher noch nicht umgesetzt werden konnte: Prüfung von Internet-basierten Verfahren, Apps usw., AT, PR, Hypnose, Yoga und MMSK in neuropsychologischer Therapie, Palliativ-Versorgung oder Psychoonkologie u.a.m. Im Angesicht dieser ganzen möglichen und sicher auch sehr sinnvollen „Betätigungsfelder“ der DG-E darf nicht zu kurz kommen, die gesell- vgl. Dt. Ärzteblatt/PP 3/2014, 97 Wir hatten uns diesbzgl. schon 2012 an den vormaligen Gesundheitsminister gewandt: http://www.dg-e.domainfactory-kunde.de/fileadmin/user_upload/downloads/Prostestbrief2012/ Stellungsnahme_der_DG-E_zur_Honorarsituation_von_AT_PR_und_Hypnose_im_GKV-System_GesundheitsuasschussBundestag.pdf vgl. Dt. Ärzteblatt/PP 4/2014, 151 11 Entspannungsverfahren 2014 – Ausgabe 31 schaftspolitischen Implikationen unseres Tuns zu reflektieren. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die von uns vertretenen Verfahren weniger dazu beitragen, die (gesundheitlichen) Selbstbestimmungsmöglichkeiten unserer PatientInnen und KlientInnen zu mehren, sondern dass sie stattdessen zu anderen übergeordneten Zwecken funktionalisiert und z.B. in Richtung Rationalisierung benutzt werden. Im Zusammenhang mit der – zweifelslos absolut sinnvollen! – Diskussion um Ressourcenaktivierung, Salutogenese und Resilienz kann aus kritischer Perspektive z.B. gefragt werden, ob diese Konzepte nicht auch deshalb so en vogue sind, weil sie gewisse Einsparungen in Aussicht stellen könnten. Schließlich helfen sie, die innerpersönlichen „Kraftquellen“ der Betroffenen zu „optimieren“. Salutogenese und Resilienz sind eben nicht nur die Fokussierung auf Selbstheilungskräfte und deren Selbstorganisationsprozesse, sondern aus anderer Perspektive u.U. auch kostengünstig(er)e Behandlungsmodelle. Ein weiterer zu reflektierender Aspekt wäre die Tendenz in der Leistungsgesellschaft, Methoden aus dem „Großraum der Entspannungsverfahren“ in einen allgemeinen „Zwang“ zur Selbstoptimierung einzusortieren. Dieser Dialektik zwischen TherapieOptionen, gesundheitsförderlicher Wirkung und Potenzialentwicklung versus Funktionalisierung unterliegt beispielsweise auch die Achtsam19 keitsarbeit, wie etwa die kritische Reflexion der „Wisdom-2.0-Konferenz“ vom 15.02.14 in San Francisco im Feuilleton der ZEIT19 belegt: Besonders im Silicon Valley, dem Hotspot der IT-Branche, wären Achtsamkeitsarbeit gepaart mit buddhistischen Strömungen und hippy-esken Elementen sehr angesagt. Aus den buddhistischen Tradition heraus betrachtet sind Meditation, Yoga usw. zwar weit mehr als nur Beruhigungsund Konzentrationstechniken, denn sie sind u.a. untrennbar mit einer spezifischen Sozialethik des Teilens, des Mitgefühls und des einfachen Lebens verbunden. Aber diese „ethischen Aspekte lassen viele Aktivisten der neuen Achtsamkeitsbewegung unter den Tisch fallen. Stattdessen stehen Selbstoptimierung und mentale Techniken im Vordergrund, die das bessere Funktionieren im Job ermöglichen sollen. Dadurch könnte sich die Last aber weiter auf den Arbeitnehmer verschieben: Wer Probleme mit steigendem Arbeitspensum und Termindruck hat, ist nun selber schuld daran, noch nicht die richtigen Techniken zu deren Bewältigung entwickelt zu haben. Und die Verwandlung der Arbeitsplätze in Wellnessoasen mit Yoga, Masseur und Meditation löst nicht nur die alte Entgegensetzung von Arbeit und Privatleben auf, sie folgt auch einem Kalkül der Arbeitgeber: Wenn die Firma mit besserem Essen und tollen Freizeit- und Entspannungsangeboten attraktiver wird als das eigene Leben, warum dann nicht auch noch das Wochenende im Büro verbringen? Was die neue Achtsamkeitssze- DIE ZEIT vom 20.03.14, 52f 12 Editorial augenzwinkernd mit einem kleinen Parolen-Entwurf für die Zukunft schließen: ne von der Kapitalismuskritik der Beatnicks und Hippies eklatant unterscheidet, ist ihre gelassene Haltung gegenüber der vollumfänglichen Vermarktung buddhistischer Werte“ (ebd., 53). Sie sehen: Es gibt viel zu tun! Und gerne würde ich mit Jan DeLay abschließen: „Wir machen das klar! Wir machen das klar ...“ Aber so einfach ist es leider nicht. Denn wie im letzten Newsletter schon geschrieben: Aktive Mitglieder und VorständlerInnen alleine haben dazu nicht die nötigen freien Kapazitäten. Deshalb appelliere ich an Sie: Bitte bringen Sie sich aktiv in die Arbeit der DG-E mit ein! Wir sind kein Dienstleistungsunternehmen (und wollen auch keines werden), bei dem die Initiative „nach oben“ delegiert werden kann. Die Arbeit der DG-E basiert auf Selbstorganisationsprozessen, die des verantwortlichen und teamorientierten Engagements der Mitglieder bedürfen, damit sie gut und effektiv funktionieren. Wenn Sie die genannten Themenfelder also ansprechen oder andere Aufgabenfelder Ihnen wichtig und notwendig erscheinen, melden Sie sich und gründen Sie vielleicht eine entsprechende DG-E-Arbeitsgruppe Wir zählen auf Sie. Zusammen „machen wir das klar! So. Ich hoffe, dieser Aufruf ist bis dahin flammend genug. Aber um „noch eine Schippe draufzulegen“ und selbst wenn die Ausdrucksweise vielleicht etwas pathetisch und nach „Old School“ klingt, lassen Sie mich Ich wünsche Ihnen viele interessante Anregungen auf den folgenden Seiten und einen schönen Sommer. Mit allerbesten Grüßen Björn Husmann Die 30. Entspannungstherapiewoche in der Akademie am Meer (Klappholttal/Sylt) findet vom 25. April bis zum 2. Mai 2015 statt. Das Programm und weitere Informationen zur Anmeldung usw. finden Sie etwa ab November 2014 auf unserer Homepage unter www.dg-e.de > „Infos, Angebote & Aktivitäten“ > „Tagungen“ > „Tagungsankündigung“. Vergessen Sie bitte nicht, dass wir im Rahmen der ETW unsere Mitgliederversammlung durchführen und u.a. Vorstandswahlen abhalten werden (siehe dazu unseren Appell zur Mitarbeit im Newsletter vom Dez. 2014). 13 Entspannungsverfahren 2014 – Ausgabe 31 ERGÄNZUNG EINGANGSPHASE VON EINZELPSYCHOTHERAPIEN BEI ANGSTSTÖRUNGEN DURCH GRUPPENEINFÜHRUNGEN IN DIE PROGRESSIVE RELAXATION VS. IN DAS AUTOGENE TRAINING – BEFUNDE EINER RANDOMISIERT-KONTROLLIERTEN STUDIE MIT ZWEI-JAHRES-KATAMNESE DER GÜNTER KRAMPEN Empirisch überprüft wurden die Effekte komplementärer Gruppeneinführung in die Progressive Relaxation (PR) versus das Autogene Training (AT) während der ersten acht Wochen von Einzelpsychotherapien bei ambulanten Patienten mit Angststörungen. Sechs berufserfahrene Psychotherapeuten behandelten 60 Erwachsene mit Phobien oder generalisierten Angststörungen. Jeweils 20 Patienten wurden randomisiert den Gruppen (A) Einzelpsychotherapie, (B) Einzelpsychotherapie mit einer zusätzlichen PREinführung im Gruppensetting in der Anfangsphase der Therapie oder (C) Einzelpsychotherapie mit einer zusätzlichen AT-Einführung in der Gruppe am Anfang der Therapie zugewiesen. Die Psychotherapien dauerten vier bis acht Monate mit 18 bis 30 Sitzungen Einzeltherapie. Die kurz-, mittel- und langfristigen Behandlungsergebnisse wurden über Wiederholungsmessungen mit klinischen Skalen (zu Ängstlichkeit, Depressivität, allgemeiner Symptombelastung und Selbstwirksamkeit) und anhand von Zwei-Jahres-Katamnesen zu Rückfällen und Behandlungswiederaufnahmen überprüft. Durch die komplementäre Einführung in PR bzw. AT konnte die Anzahl der Therapieabbrüche nicht signifikant beeinflusst werden. Die Katamnese-Daten weisen jedoch auf signifikant weniger Rückfälle und Behandlungswiederaufnahmen in den Gruppen B und C als in Gruppe A hin. Dieses Ergebnismuster wird langfristig durch psychometrische Daten zur Ängstlichkeit und Selbstwirksamkeit zu Gunsten des kombinierten Vorgehens (mit PR bzw. AT) unterstützt, wobei die Wirkungen des komplementär in der Eingangsphase der Psychotherapie gelernten AT deutlicher sind als die der PR. Schlüsselwörter: Angststörungen, Psychotherapie, Progressive Relaxation, Autogenes Training, Therapieerfolgskontrolle, Psychotherapieergebnisse, Nachuntersuchungen 14 Entspannungsverfahren 2014 – Ausgabe 31 SYMPTOMSCHWERE UND BELASTUNGSFAKTOREN BEI PATIENTEN MIT EINEM CHRONISCHEN UNTERBAUCHSCHMERZSYNDROM – IMPLIKATIONEN FÜR EINEN INTERDISZIPLINÄREN UND MULTIMODALEN THERAPIEANSATZ BJÖRN RIEGEL, REBECCA ALBRECHT, GESCHE KETELS, CHRISTIAN A. BRÜNAHL, BERND LÖWE Das chronische Unterbauchschmerzsyndrom ist bei Männern wie bei Frauen ein verbreitetes Beschwerdebild, das bisher weder ätiologisch hinreichend verstanden ist noch mit ausreichend evidenzbasierten Therapiemodellen behandelt wird. In der internationalen Klassifikation des US-amerikanischen National Institut of Health (NIH) wird unter dem „Chronic Pelvic Pain Syndrome (CPPS)“ eine chronische Schmerzerkrankung verstanden, die ohne eine somatische Pathologie auftritt. Vor dem Hintergrund dieser Definition sowie der bisher erfolglosen Versuche, eine somatische Erklärung und Behandlung zu finden, beschäftigt sich dieser Artikel mit dem CPPS unter einem psychosomatischen Blickwinkel. Beschrieben wird eine interdisziplinäre Spezialsprechstunde am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, aus deren Pilotphase eine Stichprobe (n = 50) betroffener Männer und Frauen hervorgegangen ist, die hinsichtlich soziodemographischer Daten, schmerzbezogener Angaben und ihrem subjektiven Stresserleben dargestellt wird. Die Stichprobe besteht aus 40% Frauen und weist ein Durchschnittsalter von 44,9 Jahren auf (36% ≤ 30 Jahre). Die Schmerzen bestehen seit durchschnittlich 5,8 Jahren und weisen sowohl mittels einer Visuellen Analogskala als auch im CPPS-spezifischen Messinstrument NIH-CPSI ein hohes Niveau auf. Darüber hinaus werden zahlreiche psychosoziale Belastungsfaktoren berichtet. Ausgehend von dem Modell des Schmerzkreislaufs nach Waddell (1993) werden Überlegungen präsentiert, wie bestehende psychosomatische Behandlungsansätze des CPPS sinnvoll kombiniert und integriert werden können. Darüber hinaus werden weitere Therapiemodule aus den Daten abgeleitet (v.a. Stressmanagement) und offene Fragestellungen zu möglicherweise pathogenen Faktoren (z.B. Mentalisierungsfähigkeit) aufgeworfen. Schlüsselwörter: Chronic Pelvic Pain Syndrome, Chronisches Unterbauchschmerzsyndrom, Physiotherapie, Paradoxe Relaxation, Wise-Anderson-Protokoll 40 Entspannungsverfahren 2014 – Ausgabe 31 AUTOGENES TRAINING PROGRESSIVE RELAXATION IN UNIVERSITÄREN MASTER- UND BACHELOR OF SCIENCE-HAUPTFACHSTUDIENGÄNGEN DER PSYCHOLOGIE UND GÜNTER KRAMPEN, ANJA BEITINGER, HOLGER MUNZ Die Möglichkeiten und Grenzen der Integration von Ausbildungen in der Grundstufe des Autogenen Trainings (AT) und/oder Progressiven Relaxation (PR) in Bachelor of Science (BSc) versus Master of Science (MSc) Hauptfachstudiengängen der Psychologie werden erläutert und diskutiert. Für BSc-Hauptfachstudiengänge wird für eine Beschränkung auf eine ausgewählte systematische Entspannungsmethode (also etwa AT oder PR) mit der Begrenzung auf deren primär-präventive Anwendungsbereiche in der offenen und institutionellen Erwachsenenbildung sowie in gesundheits-, pädagogisch-, arbeits-, sport- und geronto-psychologischen Anwendungskontexten plädiert. Für MScStudiengänge wird die erprobte Konzeption für ein zweisemestriges forschungsorientiertes Modul im Studienschwerpunkt „Klinische Psychologie“ zu „Systematischen Entspannungsverfahren“ vorgestellt, das die Theorie und Praxis des AT und der PR unter Einschluss von interventionsspezifischer Diagnostik und Evaluation sowie der darauf bezogenen Strategien der angewandten Forschung umfasst. Tabellarische Übersichten zu den Seminarinhalten werden gegeben. Schlüsselwörter: Psychologieausbildung, Autogenes Training, Progressive Relaxation, Bachelor of Science, Master of Science, Entspannungsmethoden, berufliche Qualifikation, berufliche Kompetenz, Zertifizierung 1 Hauptfachstudium der Psychologie lassen unterschiedliche angewandte und damit praxeologisch orientierte Einführungen und Anleitungen zumindest exemplarisch in den Blickpunkt und Lehrbereich grundständiger Studiengänge kommen, die lange Zeit – mit allzu wenigen Ausnahmen, die sich zwar nicht immer (vgl. Krampen, 1996), aber oftmals ausschließlich auf selbsterfahrungsbezogene Anteile (siehe etwa Geyer, Zum Stellenwert systematischer Entspannungsverfahren in BSc- und MScStudiengängen der Psychologie Anforderungen an eine nicht alleine auf Grundlagen und Forschungsmethoden bezogene Ausbildung im Bachelor- und Master of Science- 58 Entspannungsverfahren 2014 – Ausgabe 31 ZAPCHEN WOHLBEFINDEN-ACHTSAMKEIT-ENTSPANNUNG EMBODYING WELL-BEING1 CORNELIA HAMMER Die Übungsmethode ZAPCHEN wird vorgestellt. ZAPCHEN hat seine Wurzeln sowohl in westlichen Körpertherapien und der Hypnotherapie nach Milton Erickson als auch im Vajrayana-Weg des tibetischen Buddhismus. Der Aufbau und die Anwendungsfelder der Übungsweise werden erläutert. ZAPCHEN ist als somatische Meditationspraxis zu verstehen, die außerdem in vielen Feldern als unterstützende Intervention angewendet werden kann. Mit Freude und Humor wird geübt – Entspannung, Regeneration, Klarheit und Wahlfreiheit entstehen spontan. tin und steht seit etwa 30 Jahren in ständigem Kontakt mit tibetischbuddhistischen Lehrern. Julie Henderson hat in meinen Augen die besondere Begabung, die Essenz von Sichtweisen und Übungsweisen zu erfassen und sie in etwas zu übersetzen, das schlicht und einfach anmutet und doch die ganze Komplexität des Hintergrundwissens beinhaltet. Sie wird dieses Jahr 75 Jahre alt, sie kommt noch immer einmal im Jahr nach Deutschland und nach Australien, um zu unterrichten, und hält im Herbst ein Retreat im Bairoling Kloster in Kathmandu in Nepal ab. Ich zitiere hier einige Sätze von Julie Henderson über ZAPCHEN aus ZAPCHEN – gesprochen (tsapdschen) – ist ein tibetisches Wort, das Julie Henderson, die die Übungsmethode entwickelt hat, von einem ihrer budhistischen Lehrer für diese Übungsmethode gegeben wurde. Zapchen hat wie viele tibetische Wörter ein ganzes Spektrum von Bedeutungen. Die gehen von „spontan und unerwartet“ bis zu „ungehörig, über die Grenzen gehend“. Julie Henderson sagte in einem Interview auch: „Die Bereitschaft, eine Grenze zu überschreiten, um etwas zu erreichen“. (1) Begründet wurde die Übungsmethode von Dr. Julie Henderson, die in Napa, Kalifornien lebt. Julie Henderson ist Psychologin, Körpertherapeu1 Dieser Artikel ist der Text eines Vortrages, gehalten auf der Entspannungstherapiewoche 2013 in Klappholttal, Sylt 80 Entspannungsverfahren 2014 – Ausgabe 31 „NIMM ABSCHIED UND GESUNDE“ KNUD EIKE BUCHMANN Abschiede sind alltäglich – ein Leben lang. Loslassen ist ein existenzieller Prozess aller Menschen: Von der Geburt (Ent-Bindung) bis zum Tod (Abschied nehmen). Abschiede und „Trennungen“ gehören zu den prägnantesten Erlebnissen, die wir als Menschen erleben und doch zuweilen nicht verstehen und dadurch „fürchten“. In unserer globalisierten, westlichen Kultur kommt eine weitere Tatsache hinzu: Die „Habens-Mentalität“ (Fromm). Die Existenzweise des Habens zur Welt ist die des Besitzergreifens und Besitzens; eine Beziehung, in der ich jedermann und alles, mich selbst eingeschlossen, zu meinem “Besitz“ machen und in meine Verfügbarkeit pressen möchte. Dabei geht es nicht nur um materielle Güter, sondern auch um Ideen, Überzeugungen und Gewohnheiten. Haben sich die „Frühmenschen“ in ihrer erlebten Lebens-Unsicherheit an Götzen- und Götterglauben geklammert, neigt der „Neumensch“ dazu, seine persönliche Freiheit aufzugeben und gegen eine „gesteuerte Abhängigkeit von anderen“ (Interview mit Baltes) und von Besitz einzutauschen. Es ist ein Paradox: Die sklavische Übernahme von Regeln und Dogmen befreit von Verantwortung und der „Pflicht“, umzukehren, wenn man das Gefühl hat, sich verlaufen zu haben! Nun ist die feste Überzeugung Fromms, dass der Mensch für sein Leben auch voll verantwortlich sei, auch ein Dogma – aber eben ein schwieriges! In unserer gewinnorientierten (Wirtschafts-)Welt erleben wir verantwortungslose Habgier, die zwangsläufig zu Antagonismus und Kampf führt: erlebte Zeitknappheit und das Empfinden des ständigen Gehetztseins, fehlende Gelassenheit, die Vielfältigkeit der Möglichkeiten und Gelegenheiten, aber auch die ständig suggerierte Unzufriedenheit (die man durch „Konsum“ angeblich stillen könnte; „Kaufe jetzt und zahle später!“) verunsichern bereits Jugendliche. Mangelnde positive (Männer-) Vorbilder, eine in vielen Fällen orientierungslose Erziehung und die stark medial gesteuerte Informationsverdummung behindern die Entwicklung eines eigenständigen „Charakters“. Der Wohlstand verführt uns alle dazu, den Bestand und Besitz zu wahren (und zu „vergöttern“!?; denn Besitz sichert Status!) – nur nicht hergeben, teilen, aufgeben. Jede Berufssparte kämpft um ihre Pfründe (auch die Psychologen). Verluste machen uns doppelt so unglücklich, wie uns Gewinne glücklich machen! Zugleich suchen wir das „Gefühl des Einseins – mit unseren Mitmenschen und der Natur“ (Fromm, S. 106), was wir vor 88 Praxis-Empfehlungen zur Diagnose, Behandlung und Prävention bei Burnout PRAXIS-EMPFEHLUNGEN ZUR DIAGNOSE, BEHANDLUNG UND PRÄVENTION BEI BURNOUT (KURZFASSUNG) DG-E-ARBEITSGRUPPE „BURNOUT“: DIPL.-PSYCH. BJÖRN HUSMANN, BREMEN (LEITUNG, KOORDINATION, REDAKTION); DIPL.-PSYCH. DR. GILLES MICHAUX, LUXEMBOURG; DIPL.-PSYCH. PROF. DR. GÜNTER KRAMPEN, TRIER; DIPL.-PSYCH. REGINA WEISER, FREIBURG; DIPL.-ING. CASPAR HARBEKE, BAD ZWESTEN; DR. MED. BERNHARD HAMMER, KASSEL allem aber auch in der randunscharfen Burnout-Definition. Weil die mediale Präsenz des Themas deshalb z.T. inflationäre Züge trägt (Kaschka et al. 2011), wurde Burnout in den letzten Jahren zunehmend Forschungsgegenstand empirischer, z.T. an der evidenzbasierten Medizin orientierter Studien. Diese Diskussion wurde innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Entspannungsverfahren (DG-E) schon langjährig aufmerksam beobachtet, nicht nur weil Entspannungs- und achtsamkeitsbasierte Verfahren bei der Prävention und Therapie eine wesentliche Rolle spielen (Krampen 2013, Husmann 2004, 2007, 2008), Vorbemerkung Über das Phänomen der so genannten „nervösen Erschöpfung“ und ihre Behandlung wird schon lange vielschichtig diskutiert (Martynkewicz 20131). In den letzten Jahren hat diese Debatte, die erst seit etwa 40 Jahren um den Begriff „Burnout“ kreist, an Dynamik gewonnen (Burisch 2014). Das wurzelt nicht nur in einem scheinbar zunehmenden Erschöpfungsgefühl vieler Menschen oder der Zunahme von Krankheitstagen aufgrund psychischer Problematiken (BPTK Hrsg. 2012, Jachertz 2013), sondern ebenfalls in der Eigendynamik von Medienberichterstattung, vor 1 s. Rezension in dieser Ausgabe der Entspannungsverfahren 97 Entspannungsverfahren 2014 – Ausgabe 31 sondern auch aufgrund der gesellschaftlichen, vor allem gesundheitspolitischen Relevanz des Themas und seiner inneren Verwandtschaft zur Problematik von ungesunder Stressbelastung (DG-E 2011). Ausgehend davon wurde 2013 eine „Arbeitsgruppe Burnout“ ins Leben gerufen (Husmann 2013), um die einschlägige neuere Literatur zu sichten und daraus eine Praxis-Empfehlung/Orientierungshilfe in Bezug auf Grundzüge der Burnout-Diagnostik und -Behandlung/Prävention zu erstellen2 (am Rande sei dazu auf die entsprechende niederländische Burnout-Richtlinie verwiesen, Burisch 2014, 18ff). on mit ihren PatientInnen bzw. KlientInnen. In diesem Zusammenhang sei die generelle Gefahr zumindest erwähnt, die solchen schematischen Darstellungen anhaftet: Sie können zu einer Verwechslung von Landkarten und realen Landschaften beitragen, die sie abbilden, d.h. in diesem Fall zwischen klinischer Prozessstruktur und den konkreten Menschen, die vom Erschöpfungssyndrom betroffen sind. Davor sei ausdrücklich gewarnt. Ausgangspunkt dieser Praxis-Empfehlung und Orientierungshilfe ist das Leitsymptom der anhaltenden Erschöpfung von i.d.R. mindestens sechs Monaten Dauer, welches öfter in Kombination mit Reizbarkeit (sog. „reizbare Schwäche“, „Überspanntheit“) auftritt; es sollten nach Möglichkeit zwar schon frühzeitiger entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden, um einer Chronifizierung vorzubeugen (z.B. Erlernen eines systematischen Entspannungsverfahrens), spätestens dann bedarf es aber einer sorgfältigen (differential-) diagnostischen Abklärung (Burisch 2014, Kozczak et al. 2010). Weiterhin sollte für die Burnout-Diagnose gesichert sein, dass die Erschöpfungsproblematik haupt- und ursächlich auf chronischen, insbesondere tätigkeitsbezogenen Stressoren in Kombination mit individuellen stressverstärkenden Risikofaktoren und Konfliktmustern beruht (wobei „Tätigkeit“ hier nicht nur mit Lohnarbeit gleichzuset- Wir hoffen bei der Erstellung eine angemessene Balance zwischen der Forderung nach fachlicher Genauigkeit und z.B. der Offenheit für die Bandbreite wirksamer psychotherapeutischer Verfahren gefunden zu haben, die oftmals im „blinden Fleck“ des evidenzbasierten Forschungsfokus untergehen bzw. durch spezifische gesundheitspolitische Interessen ausgeblendet werden, obwohl ihre Effektivität international wenig bestritten wird. Weiterhin möchten wir einleitend unserer Überzeugung Ausdruck verleihen, dass eine Praxis-Empfehlung/Orientierungshilfe alleine weder Diagnose noch Behandlung/Prävention von Burnout zu verbessern vermag; das tun die verantwortlich handelnden klinisch Tätigen in Kooperati2 für kritische Hinweise danken wir auch Prof. Dr. Matthias Burisch, Moorrege. 98 Praxis-Empfehlungen zur Diagnose, Behandlung und Prävention bei Burnout zen ist). Gleichzeitig sind andere pathogene Prozesse z.B. Stoffwechselerkrankungen oder depressive Störungen aktiv auszuschließen, um die Diagnose stellen zu können (Husmann 2012). Evaluierte BurnoutTests und – wenn machbar – die Untersuchung von Biomarkern alleine reichen zur Diagnose-Stellung zwar nicht hin, sie unterstützen und erhärten sie allerdings. setzende Maßnahmen sinnvoll und zweckmäßig, aber immer in Kombination mit solchen, die auf der institutionellen Ebene in salutogener Weise greifen (Bundesgesundheitsblatt 55/2012, Korczak et al. 2012). Das gilt gleichermaßen für Entspannungsund achtsamkeitsbasierte Verfahren, deren fachgerechte Anwendung3 unverzichtbare Elemente der BurnoutBehandlung und -Prävention bilden; allerdings würde auch ihre Wirkung zumindest teilweise verpuffen, wenn sie nicht durch entsprechende Interventionen auf den institutionellen Ebenen usw. ergänzt werden. Des Weiteren wird Burnout in dieser Praxis-Empfehlung als ein „Risikozustand“ angesehen, aus dem heraus sich ohne fachkundige Behandlung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit weitere, somatische, vor allem aber auch weitere psychische Störungen und Krankheiten entwickeln können (DGPPN 2012); insofern sind die Empfehlungen zur Burnout-Behandlung gleichbedeutend mit Empfehlungen zur Prävention weiterer Störungen wie etwa depressiven und somatoformen Störungen oder Neurasthenien. Abschließend sei noch kritisch auf den Umstand hingewiesen, dass bisher in aller Regel der überwiegende Teil der Kosten für die Burnout-Diagnostik und -Behandlung/-Prävention zu Lasten der Kranken- und Rentenversicherung gehen. Hier ist für die Zukunft zu fordern, Unternehmen usw. entsprechend dem ggw. Kenntnisstand über die auslösenden Bedingungen für Burnout bzw. nach durchgeführter Gefahrenanalyse hinsichtlich psychischer Belastungen angemessen an diesen Kosten zu beteiligen und sie auch hinsichtlich Burnout-Prophylaxe gesetzlich sowie politisch adäquat in die Pflicht zu nehmen (Bühring 2013, Gute Arbeit 2/2013). Für die Burnout-Behandlung/-Prävention stehen zunächst vitalisierende und regenerierende Interventionen im Vordergrund, mittelfristig sind aber auch solche Module unverzichtbar, die die relevante tätigkeitsbezogene Stresskompetenz erweitern usw. Dazu sind evaluierte, am Individuum an- 3 vgl. die Richt- und Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Entspannungsverfahren zu Autogenem Training, Progressiver Relaxation, klinischer Hypnose, Yoga und Multimodaler Stresskompetenz auf www.dg-e.de > Über die DG-E > Regularien 99 Entspannungsverfahren 2014 – Ausgabe 31 I. Praxis-Empfehlung/Orientierungshilfe zur Diagnostik von Burnout 1 Leitsymptom anhaltende Erschöpfung (i.d.R. 6 Mo., evtl. gepaart mit reizbarer Schwäche) 2 Anamnese aus biopsychosozialer Perspektive Exploration der Gesamtsymptomatik besonders der tätigkeitsbezogenen Stressoren, der individuell stressverstärkenden Risikofaktoren sowie der salutogenen Ressourcen aber auch anderer Belastungen und Ressourcen in den sonstigen Lebensumständen der psychodynamischen bzw. lerntheoretischen Hintergründe körperliche und psychologisch-psychotherapeutische Untersuchung ( evtl. delegiert) Abklärung/Ausschluss anderer 3 psychischer und psychosomatischer Diagnosen (ggf. mit Test-Diagnostik usw. evtl. konsiliarische Untersuchung) 4 Abklärung/Ausschluss somatischer inklusive psychiatrischer und neurologischer Diagnosen (mit apparativen und LaborUntersuchungen sowie ggf. Test- und neuropsychologischer Diagnostik usw. evtl. konsiliarische Untersuchung) 5 Sukzessiver Prozess der (körperlich-seelischen) Erschöpfung steht im Mittelpunkt und bewirkt Leistungsminderung bzw. Effizienzverlust sowie Motivationseinbußen und beruht haupt-/ursächlich auf chronischen, insbesondere tätgkeitsbezogenen Stressoren (Lohnarbeit, Haushalt, Erwerbslosigkeit o.Ä.) in Wechselwirkung mit individuell stressverstärkenden Risikofaktoren/intrapsychischen Konflikten Andere mit Burnout assoziierte Symptome wie u.U. von Zynismus überdeckte emotionale Distanz zu sich selbst und anderen (Entfremdungserleben, sog. Depersonalisation), reduziertes Selbstwirksamkeitserleben, verminderte Erfüllung usw. lassen sich zu Alexithymie, gelernter Hilflosigkeit, depressiver Psychodynamik usw. abgrenzen. Evaluierte Burnout-Fragebögen wie z.B. MBI, TM, OLBI, CBI, HBI, BOSS oder AVEM geben Hinweise. Biomarker können weitere Hinweise geben (z.B. Exploration der Tätigkeit des vegetativen Nervensystems über Herzratenvariabilität und elektrodermale Aktivität, evtl. auch Bestimmung von Cortisol im Speichel oder Noradrenalin und Serotonin im Urin). Risikozustand Burnout 6 II. Burnout-Behandlung und Prävention von sich aus dem Risikozustand Burnout u.U. ergebender Erkrankungen (z.B. Neurasthenie, depressive Störungen, Angst- und Panikstörungen, somatoforme Störung, Substanzmissbrauch) Teil II: Behandlung und Prävention 100 Praxis-Empfehlungen zur Diagnose, Behandlung und Prävention bei Burnout II. Praxis-Empfehlung/Orientierungshilfe zur Behandlung und Prävention bei Burnout Risikozustand Burnout Teil I: Diagnostik 6 7 Burnout-Behandlung und Prävention von sich aus dem Risikozustand Burnout u.U. ergebender Erkrankungen (z.B. Neurasthenie, depressive Störungen, Angst- und Panikstörungen, somatoforme Störung, Substanzmissbrauch) Meta-Strategie: (evaluierte) Intervention zur Vitalisierung und Regeneration sowie zum Ausbau der tätigkeitsbezogenen Stresskompetenz in Kombination mit entsprechend sinnvollen und notwendigen verhältnispräventiven (institutionellen) Maßnahmen Auf der individuellen Ebene kommen Psychoedukation, Seminare/Trainings und Beratung/Coaching mittels psychodynamischer, verhaltenstherapeutischer, humanistischer sowie körperorientierter Verfahren aber auch Selbsthilfegruppen in Frage; Setting und Frequenz richten sich nach individuellen Notwendigkeiten und Gegebenheiten. Bei chronifizierten Verläufen kann eine Reha-Maßnahme (i.S.v. stationärem Intensivintervall) sinnvoll sein. Zeigen sich im Verlauf krankheitswertige psychische Symptome ist Psychotherapie indiziert. Module Beratung/Coaching 8 pers. Muster erkennen, verstehen, durcharbeiten und verändern 9 zwecks realistischer Krankheitsmodell- und Gesundungsmodellvorstellungen Entlastung Einstellungsänderung (inkl. Akzeptanz) / Erlernen von (Handlungs-) Alternativen Psychoedukation Erholung/ Selbstfürsorge Institutionelle Maßnahmen 11 Achtung: Es geht nicht lediglich um Problemlösungstechniken o.Ä., sondern um eine nachhaltige Veränderung der persönlichen Haltung zu sich selbst und zur Arbeit sowie um den Ausbau von Selbstverantwortung. Seminare/Trainings 10 systematische Entspannungsverfahren (AT, PR, funktionelle Entspannung, syst. Atementspng.) systematische achtsamkeitsbasierte Verfahren (z.B. Yoga, Taijiquan/Qi Gong, Meditation) Stressbewältigung (z.B. MMSK, MBSR, HEDE oder Stressbewältigung nach Kaluza) Biofeedback weitere Programme (z.B. Genusstraining, systematische Selbstbeobachtung und Reflexion des Gesundheitsverhaltens) 101 (Team-)Supervison betriebliche Fortbildungen (z.B. Kommu, nikation, Konfliktbewältigung oder Zeitmanagement) Schulung von Vorgesetzten (z.B. in gesundheitsförderlichem Führungsstil) Kooperation von Geschäftsleitung mit betriebspsychologischen / betriebsärztlichen Diensten Betriebsbeauftragter für psychische Gesundheit externes Gesundheitsscreening Management anonymisierter Mitarbeiterbeschwerden und Überlastungsmeldungen Selbsthilfegruppen arbeitsrechtliche und/oder sozialarbeiterische Unterstützung Entspannungsverfahren 2014 – Ausgabe 31 Literatur Quellen (zentrale Quellen in fett) Bereich(e) (1) Brenner, H. (2004): Progressives Entspannungstraining. Praxis der Progressiven Relaxation. Lengerich: Pabst Sc. Publ. 10 (2) (3) Bühring, P. (2013): Kein Gesetz gegen Stress. In: Deutsches Ärzteblatt PP, 2, 63 11 (Hintergrund) Bundespsychotherapeutenkammer (2012 Hrsg.): BPtK-Studie zur Arbeitsunfähigkeit. 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