Fugger Taschenbuch 2013 Teil 1 (Page 2

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Fugger Taschenbuch 2013 Teil 1 (Page 2
Martin Kluger
Die Fugger in Augsburg.
Kaufherrn, Montanunternehmer,
Bankiers und Stifter
Mit Fotografien von Wolfgang B. Kleiner,
Thomas Baumgartner u. a.
Die Fugger und
ihre Geschichte
Jakob Fugger „der Reiche“, wie ihn Albrecht
Dürer im Jahr 1518 porträtierte. Der Kaufherr,
Montanunternehmer und Bankier ließ sich mit
einer venezianischen Goldhaube abbilden. Damit
wollte Jakob Fugger vermutlich signalisieren,
dass er in den Dimensionen der Wirtschaftsmetropole und Weltstadt Venedig zu denken
gewohnt war. Dieses Gemälde ist heute in der
Staatsgalerie Alte Meister in Augsburg zu sehen.
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Um 1370 entwickelte sich
das östliche Schwaben
zwischen Lech und Iller, Ries
und Unterallgäu zu einem
florierenden Zentrum der
Barchentproduktion. Damals
wanderten zahlreiche Weber
aus dem Umland von Augsburg in die Reichsstadt am
Lech ein.
Anfänge der Fugger: Handel mit
Baumwolle und frühe Bankgeschäfte
1367 bis 1473: drei Generationen, zwei Faktoreien und ein Wappen
Um 8 vor Christus hatten Römer das heutige Augsburg gegründet. 46 nach Christus ließ Kaiser Claudius die Via Claudia
Augusta bis in jene Militärsiedlung anlegen, die zur Provinzhauptstadt Rätiens werden sollte. Nach dem Untergang des
Römischen Reichs zählte die alte Straße neben der im 2. Jahrhundert gebauten Alternativroute über den Brenner noch in
der Frühen Neuzeit zu den wichtigsten Wegen über die Alpen.
Dort lockte vor allem Venedig: Seit dem 13. Jahrhundert war
die „Königin der Meere“ das Handelszentrum des Mittelmeers
und die „Brücke“ nach Kleinasien und Nordafrika. Auch die
schwäbischen Kaufleute des Mittelalters nahmen den Weg zur
Adria über die mehr als tausend Jahre alte Römerroute von
Augsburg über Landsberg nach Schongau. Dort teilte sie sich
in die Obere Straße und die Untere Straße. Die Obere Straße
war die längere Route: Sie führte über Füssen, Reutte, Imst,
Oben: Die Nähe zu Venedig und den Alpen förderte Augsburgs Aufstieg zur Handelsmetropole.
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Nauders und Meran, Bozen und Trient nach Venedig. Diese
Strecke ist insgesamt rund 620 Kilometer lang.
Auf der insgesamt rund 520 Kilometer langen Unteren Straße
rollten die Wagenladungen der Händler auf der Route über
Oberammergau, Mittenwald, Innsbruck, Sterzing, Cortina
d’Ampezzo, Conegliano und Treviso in die Lagunenstadt. Die
Untere Straße über den Brenner war der weitaus beliebtere
Weg: Um 1430 nutzten ihn Jahr für Jahr rund 6500 Frachtwagen, während die Obere Straße jährlich nur von etwas mehr
als 700 Gespannen befahren wurde. Zehn Tage benötigte ein
Reiter für den Weg über die Untere Straße. Die Wagen der
Händler bewältigten täglich 30 bis 40 Kilometer. Auf dem
Rückweg ging es sehr viel schneller, zumal, wenn Flößer Waren
auf dem Lech bis nach Augsburg beförderten. Für eilige Transporte setzte man zudem schwer bepackte Saumtiere ein. Bis
1480 wurde der Brenner für große Frachtwagen ausgebaut:
Wenig später war er der am stärksten genutzte Alpenpass.
Solange die Strecken befahrbar waren – vom Frühjahr bis in
den späten Herbst hinein – überquerten Gespanne die Berge.
In Richtung Oberitalien beförderten sie neben schwäbischem
Leinen Salz und Silber, Kupfer und Eisenwaren, Schafwolle und
Pelze, aber auch Bienenwachs und Bernstein von der Ostsee
nach Venedig. Viel exotischer war, was man aus dem Süden
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1. Generation
2. Generation
3. Generation
Hans
? – 1408/09
1367 in Augsburg eingewandert
Weber-Verleger
6 Söhne
Andreas
1394 – 1457
Kaufherr
Jakob der Ältere
nach 1398 – 1469
Kaufherr
Begründer der Linie
Fugger „vom Reh“
Begründer der Linie
Fugger „von der Lilie“
Ulrich
1441 – 1510
Kaufherr,
Kaiserlicher
Rat
Andreas
1443 – ?
Kaufherr
Hans
1445 – 1461
Kaufherr
Markus
1448 – 1478
Propst,
Kuriale
Ulrich
1490 – 1525
Kaufherr
Hieronymus
1499 – 1538
Kaiserlicher
Rat
Markus
1488 – 1511
Dompropst,
Kuriale
Raymund
1489 – 1535
Kaufherr,
Kaiserlicher Rat,
Gutsherr
Georg
Hans Jakob
1518 – 1569
1516 – 1575
Gutsherr
Kaufherr,
Diplomat,
Kaiserlicher Rat,
Gutsherr
Christoph
1520 – 1579
Kaufherr,
Gutsherr
Ulrich
1526 – 1584
Privatgelehrter
Lukas
Jakob
Hans
? – 1494 ? – nach 1499 ? – nach 1495
Kaufherr
Kaufherr
Kaufherr
6. Generation
heute
1367 wanderte Hans Fugger in Augsburg ein.
Die Stammtafel zeigt ihn, seine Söhne und die
folgenden Generationen der Fugger „vom Reh“
und der Fugger „von der Lilie“.
Ulrich
? – 1394
1377 nach
Augsburg
eingewandert,
Weber, Kaufmann
5. Generation
4. Generation
Hans Fugger
Lebensdaten unbekannt
Bauer und Weber?
Die Fugger „vom Reh“
gingen um 1495
bankrott. NachNachkommen
kommen dieses
nicht mehr
Zweigs der Familie
erfassbar
sind wohl bis heute
zu belegen.
Maria Elisabeth
Gräfin Thun-Fugger
Raymund
1528 – 1569
Gutsherr
Peter
1450 – 1473
Kaufherr
Georg
1453 – 1506
Kaufherr
Jakob „der Reiche”
1459 – 1525
Kaufherr,
Kaiserlicher Rat,
Reichsgraf
Anton
1493 – 1560
Kaufherr,
Kaiserlicher Rat,
Gutsherr
Markus
1529 – 1597
Kaufherr,
Stadtpfleger,
Gutsherr
Hans
1531 – 1598
Kaufherr,
Gutsherr
Jakob
Hieronymus
1533 – 1573 1542 – 1598
Gutsherr
Privatier
Albert
Graf Fugger von Glött
Hubertus
Fürst FuggerBabenhausen
Stammtafel nach Franz Karg | © context verlag Augsburg
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gemacht worden. Händler nutzten diese beiden Verbindungen
vermutlich auch nach dem Abzug der letzten Römer aus der
Provinz Raetia secunda und dem Ende des im Jahr 476 untergegangenen weströmischen Reichs.
Von den frühen schwäbisch-italienischen Handelsbeziehungen
über diese Straßen ist allerdings nichts überliefert. Spätestens
um das Jahr 1200 jedoch wurde schwäbisches Leinen über
Venedig in den Mittelmeerraum exportiert. Der Handelsverkehr zwischen Deutschland und Italien wuchs derart stark
an, dass die venezianische Signoria im Jahr 1228 den (ersten)
Fondaco dei Tedeschi als Wohn- und Kaufhaus der deutschen
Kaufleute am Canal Grande errichten ließ.
Auf uralten Römerstraßen, wie auf diesem Teilstück im Lechtal bei Epfach, zogen Augsburger
Fernhandelskaufleute nach Oberitalien.
Das Know-how der Fugger kam aus dem Süden
Die Nähe der Reichsstadt Augsburg zu Norditalien und damit
zum Mittelmeer trug maßgeblich zum Aufstieg der Fugger
bei, denn im Süden lernten schwäbische Kaufleute die Märkte
und Usancen der Handelsmetropolen Venedig und Genua,
Florenz, Mailand, Siena und Pisa kennen. Dort kamen sie auch
mit frühen Banken in Berührung.
Auf ihrer Reise in den Süden profitierten die Augsburger
Fernhandelskaufleute von der römischen Straßenbaukunst,
die ab der Mitte des 1. Jahrhunderts den Weg in die spätere
Provinzhauptstadt Augusta Vindelicum gebahnt hatte. Um
das Jahr 80 war die Via Claudia Augusta vollständig ausgebaut. Eine Straße im heutigen Sinne war die Römer-„Straße“
noch nicht: Schotterdämme führten kerzengerade durch das
Lechtal in Richtung Alpen. Die Via Claudia Augusta erreichte
bei Füssen die Berge, leitete über den Fernpass sowie den
Reschenpass in das Meraner Becken und durch das Etschtal an
die Adria beziehungsweise an den Po. Die kürzere Alternativroute über den Brenner war erst im 2. Jahrhundert passierbar
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Venedig war für die Oberdeutschen die wichtigste Handelsdrehscheibe am Mittelmeer. Im 13. Jahrhundert errang die
Lagunenstadt bei Orientwaren nahezu eine Monopolstellung.
Auch die Seestädte Genua und Pisa trieben bereits Handel im
gesamten Mittelmeerraum – und über ihre dortigen Stützpunkte sogar am Schwarzen Meer. Wie abwegig es ist, wenn
der erst 1459 geborene Augsburger Kaufherr Jakob Fugger
heute als „erster Global Player“ bezeichnet wird, zeigt beispielsweise die Geschichte der venezianischen Familie Polo.
1260 reisten die Brüder Niccolò und Maffeo Polo bis an die
Wolga und nach Buchara (im heutigen Usbekistan). Und 1271
brachen die Polos – begleitet von Niccolòs 17-jährigem Sohn
Marco – zu einer Handelsexpedition in das Reich des Kublai
Khan auf: Sie sollte die Venezianer bis nach China führen.
1295 – also erst 24 Jahre später – kehrten die drei Kaufleute
in ihre Heimatstadt an der Adria zurück.
Venezianische Kaufleute importierten damals schon längst
ägyptische und syrische Baumwolle für die Barchentweberei,
die aus dem arabischen Raum stammt. Barchent, ein Mischgewebe aus Leinenkette und Baumwolldurchschuss, wurde
seit dem 11./12. Jahrhundert von Webern in Venedig und in
der Lombardei hergestellt. Als im 14. Jahrhundert die Pest die
Städte Oberitaliens entvölkerte, wanderte die Barchentweberei
nordwärts über die Alpen. In dem vom „schwarzen Tod“ verschonten Gebiet zwischen Ulm und Nördlingen, Augsburg,
Kaufbeuren und Memmingen gab es genügend Arbeitskräfte.
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Seehandelswege der Fugger und Welser
nach Indien, Amerika und Afrika
Faktoreien der Fugger
Levantinische Verbindungen nach Indien
Seerouten des Ostindienhandels
der Fugger und Welser
Amerika-Verbindungen der Fugger
Amerika-Verbindungen der Welser
London
Antwerpen
Augsburg
Genua
Venedig
Marseille
Barcelona
Lissabon Madrid
Sevilla
Sanlucár de
Barrameda Cádiz
Iskenderun
Aleppo
Ormuz
Mexico
Santo Domingo
Veracruz
Cannanore
Santa Marta
Portobelo
Panama
Maracaibo
Coro
Goa
Cochin
Calicut
Quilon
Nombre de Dios
Benin
Mombasa
Quiloa
Lima
Pazifik
Callao
Huancavelica
Atlantik
Chincha
Mosambik
Potosi
Sofala
Rio de Janeiro
Buenos Aires
Nicht nur in der Ostsee, der Nordsee und im
Mittelmeer, sondern auch über den Atlanik, bis
an die südamerikanische Pazifikküste und über
den Indischen Ozean wurden im 16. Jahrhundert
Handelswaren der Fugger und Welser verschifft.
86
Indischer Ozean
Quelle: Karte nach Kellenbenz | © context verlag Augsburg
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Eine einzigartige Stiftung: In der Fuggerei leben
heute rund 150 katholische Augsburger Bürger
für eine Jahres(kalt)miete von jeweils 0,88 Euro.
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Platz
Fuggerei
St. Maximilian
St. Peter am Perlach
Rathaus und Goldener Saal
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Fuggerhaus (Heu- und Rindermarkt)
Fuggerkapelle in St. Anna
Fuggerdenkmal
St. Moritz
Merkurbrunnen
Fuggerhäuser (Weinmarkt)
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Wo man die Sehenswürdigkeiten der „deutschen Medici“ findet
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In der Fuggerstadt: die Fuggerei,
Fuggerhäuser und Fuggerkapellen
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Mehr als nur einmal wurden die Fugger wegen ihres Kunstsinns und ihrer Bauten mit den Medici in Florenz verglichen.
Erinnerungen an die Kunst des „goldenen Augsburgs der
Renaissance“ und an die große Zeit der Fugger sieht man
beim Spaziergang zwischen Fuggerei und Michaelskirche,
Dom und Ulrichsbasilika. Auf dem Weg liegen zum Beispiel
die Fuggerkapelle, das Fuggerdenkmal, die Fuggerhäuser mit
dem Damenhof und das berühmte Porträt Jakob Fuggers, das
wohl der Nürnberger Maler Albrecht Dürer schuf.
16 Wohnhaus Philipp Eduard Fuggers
17 St. Ulrich und Afra
18 Jakob-Fugger-Büste Elias Holls
19 St. Margareth
20 St. Michael
21 Heilig-Kreuz-Kirche kath.
22 Dom
23 Ehemaliges Fugger‘sches Lagerhaus
24 Kleiner Goldener Saal
Die Sehenswürdigkeiten auf den Seiten 102 bis 244 werden
in der Reihenfolge wie im Stadtplan auf dem vorderen Innenumschlag dieses Buchs sowie im Plan auf Seite 100 vorgestellt.
Die bedeutendsten Augsburger Sehenswürdigkeiten der Fugger
sind auf den folgenden Seiten mit ! gekennzeichnet.
101
Die Namen der „Bauherrn“ des Rathauses, darunter der des
Hof- und Pfalzgrafen Hans Fugger (1583 – 1633), liest man
auf der Inschriftentafel über dem Südportal. „Joanne Fuggero
seniore aedilibus“ (so die Tafel) war Mitglied des Patriziats, in
das die Fugger erst 1538 aufgenommen worden waren.
Auf dem Weg zum Goldenen Saal kommt man im Unteren
Fletz sowie im Treppenhaus an 16 Bronzebüsten römischer
Kaiser vorbei. Für das aus Italien „importierte“ Cäsarenmotiv
könnten dem Rat die Figurenzyklen in den Badstuben in den
Augsburger Fuggerhäusern beziehungsweise im Zedernsaal
des Fuggerschlosses in Kirchheim als Vorbild gedient haben.
Die Inschriftentafel im Goldenen Saal des Rathauses trägt auch den Namen Hans Fuggers.
4
Im Goldenen Saal des Rathauses
Jakob Fugger „der Reiche“ war seit 90 Jahren tot, als das noch
immer mächtige Augsburg sein Rathaus als ein steingewordenes Denkmal reichsstädtischen Selbstbewusstseins errichtete.
Dieser Bau gilt als der größte seiner Art in Mitteleuropa. Die
Stadt ließ ihn von 1616 bis 1620 von ihrem Werkmeister Elias
Holl errichten – nur wenige Jahre, bevor der Dreißigjährige
Krieg über Augsburg hereinbrach und es entvölkerte. Indirekt
waren die Fugger an der Entstehung des Renaissancebaus beteiligt. Bevor Elias Holl nach Italien ging, um die Renaissance
zu studieren, hatte er sie wohl schon über Architekturtraktate
aus Fugger‘schen Bibliotheken kennengelernt. Sein Vater Hans
Holl arbeitete des Öfteren für die Fugger.
Macht und Reichtum des goldenen Augsburgs der Renaissance
spiegeln sich noch im 1985 rekonstruierten Goldenen Saal
wider. Dort stellen ganzfigurige Wandmalereien 16 Cäsaren
beziehungsweise mittelalterliche oder frühneuzeitliche Kaiser
dar. Unter diesen Potentaten befinden sich auch die beiden
wichtigsten Kreditnehmer der Fugger, Kaiser Maximilian I.
sowie dessen Enkel und Nachfolger Karl V.
128
Im Unteren Fletz ist ein Tastraum für Sehbehinderte eingerichtet. Dort steht auch der Bronzeabguss einer Büste Jakob
Fuggers – der Abguss eines Abgusses einer 1945 verbrannten
Holzbüste, die Teil des Kirchengestühls in St. Anna war.
Im gotischen Vorgängerbau des Holl’schen Rathauses ließen
anno 1596 übrigens seine Gläubiger den Gutsherrn Anton
Fugger d. J. (1552 – 1616) festsetzen. Dieser hoch verschuldete
Fugger – er hatte die Herrschaft Hainhofen erworben – lebte
fünf Jahre lang im noblen Gefängnis in „der herrnstube mit
gueter speis und trank“, bis er sich 1601 mit den Gläubigern
verglich und Augsburg den Rücken kehrte.
• Rathaus und Goldener Saal
Rathausplatz 2
geöffnet täglich 10 – 18 Uhr
Besichtigung des Rathauses frei, Goldener Saal nur mit Eintritt
Im Unteren Fletz stellt eine
Bronzebüste Jakob Fugger
„den Reichen“ dar. Sie ist
der Abguss eines Abgusses:
Das geschnitzte Original
der Büste verbrannte gegen
Ende des Zweiten Weltkriegs
in Berlin.
129
Ein Porträtrelief am ehemaligen Meuting‘schen
Kaiser Maximilian I. auf einem Flügelbild der
Haus bei Heilig Kreuz stellt Kaiser Maximilian I.
Orgel in der Fuggerkapelle von St. Anna.
dar, der den Vorgängerbau des Anwesens besaß.
Erinnerungen an Kaiser Maximilian I.
Kaiser Maximilian I., bis 1519 der wichtigste Geschäftspartner
der Fugger, hatte bei der Heilig-Kreuz-Kirche sein Augsburger
Domizil erworben. Nach einem Vorbesitzer wurde dieses Gebäude Meuting’sches Haus genannt. Auf einer Gedenktafel
am Nachfolgerbau (Heilig-Kreuz-Straße 4) steht: „Dieses Haus
gehörte dem Kaiser Maximilian I. vom Jahre 1504 bis zu seinem
Tode 1519 […].“ Die Inschrift ist insoweit nicht ganz richtig, als
sich Maximilian I. erst 1508 in Trient zum Kaiser proklamierte.
ließ sich der Kaiser 1518 während eines Reichstags von Dürer
porträtieren. Das Bild bezahlte Jakob Fugger „der Reiche“.
Auch in der Fuggerkapelle in St. Anna haben die Fugger dem
Habsburger ein Denkmal gesetzt: Er ist auf dem Flügelbild der
Orgel abgebildet, das die Himmelfahrt Mariens darstellt.
Tondi mit dem Reliefporträt Maximilians I. findet
man in Augsburg an einem Erker am Maximilianmuseum sowie an einer Mauer am Gänsbühl.
Unweit des Meuting‘schen Hauses ließ der Rat 1514 ein Stadttor einbauen, das dem Habsburger nach der Rückkehr von der
Jagd nachts geöffnet wurde. Als sich Maximilian in Augsburg
schließlich jedoch sogar eine Residenz bauen lassen wollte,
lehnte der Rat dies aus Angst vor dem zu großen Einfluss des
Kaisers in der Stadt ab. Wenige Schritte vom Meuting‘schen
Haus entfernt liegt die ehemalige Bischöfliche Residenz. Im
1507/08 erhöhten Turm der damals mittelalterlichen Anlage
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