Letzte Seite Thomas Wolfe: Die Party bei den Jacks Brum, bruuum

Transcription

Letzte Seite Thomas Wolfe: Die Party bei den Jacks Brum, bruuum
Gelb_11_11.qxd:Layout 1
28.10.2011
8:19 Uhr
Seite 79
Letzte Seite
Common Baits
Karpfen zu Kohle
Die klassische Erfolgsstory eines Unternehmens beginnt in der Garage. Bei Christian
Schellhammer war es die elterliche Küche. Koch ist er nicht geworden. Dafür ein ziemlich
erfolgreicher Fischfutterhändler am Albrand.
Da ihm das herkömmliche Fischfutter im
Laden zu teuer ist, mixt sich ein jugendlicher
Angelfan aus Heiligenzimmern sein eigenes.
Aus Milchpulver, Fisch- und Sojamehl. Das
Ergebnis ist prächtig, spricht sich schnell im
Anglerkreis herum, erste Aufträge trudeln
ein: Der Anfang von Christian Schellhammers
Geschäftsidee. Seit sechs Jahren ist der 24Jährige nun Unternehmer. Aus dem Hobby ist
ein handfestes Gewerbe geworden. „Common
Baits“, gewöhnliche Köder oder Karpfenköder
heißt seine Firma und stellt jährlich mehrere
Tonnen davon her, auf Anglerwunsch zugeschnitten. Dabei handelt es sich nicht um Fliegen oder Würmer, sondern „Boilies“ – zu
festen Klumpen verkochte Köder, die sich im
Wasser nicht auflösen. Fischkuchen, wenn
man so will. Die zahlreichen Zutaten sind
banal bis exotisch: von Semmelbröseln bis
Erdmandeln, auch Tigernüsse genannt. Gewöhnlich ist was anderes. Wegen der hohen
Nachfrage lässt der Jungunternehmer sein
Futter als Auftrag in Holland, Spanien, Indien
und Nigeria herstellen. Fast alle Produkte
nimmt er direkt vom Hersteller ab und schaltet so den Zwischenhandel aus. Auch die
Lagerzeiten verkürzen sich damit. Der Vertrieb indes läuft von Heiligenzimmern aus
nach Europa. Geordert wird die Ware online.
Auch von Kundinnen. „Es gibt einige hundert. Die meisten bestellen allerdings nur für
ihren Mann. Manche gehen aber auch selber
Boxenstop Tübingen
Foto: Common Baits
Letzte Seite
Ein ganzer Kerl dank „Boilie“: Für manche ist
Angeln langweilig oder die totale Entschleunigung. Für Christian Schellhammer (im Bild) ist
es ein Geschäft mit Herzblut: Seine Köder nach
eigener Rezeptur verkaufen sich europaweit.
angeln“, so Schellhammer. Selbst angeln
ist für ihn kaum noch drin. Dafür wird
expandiert: Bis Februar soll der bisherige
Firmensitz – vier Garagen neben dem
Elternhaus – in ein aufgekauftes Firmengebäude mit über 500 Quadratmetern verlagert werden. Na, Petri Heil!
begutachtet und zum Teil sogar ausprobiert
werden. Ein Erlebnis für fast alle Sinne:
Boxenstop ist ein Museum zum Anfassen,
Absperrungen gibt es dort nicht. Von Maserati über Bugatti bin hin zu Ferrari, Jaguar
und Porsche: Der Geruch schneller Rennmotoren, von verbranntem Gummi liegt förmlich in der Luft. Dieses Museum lässt die Herzen von Autoliebhabern und Spielzeugfreunden höher schlagen!
Brum, bruuum, bruuuum
Es war Liebe auf den ersten Blick! 21 PS, zwei
Zylinder, schwarzes Leder, „Chiquita“-gelbe
Lackierung, Baujahr 1974.
Von der ersten Fahrt ans Meer bis zum ersten
großen Krach mit dem Partner - im ersten
eigenen Auto können viele Erinnerungen
stecken. Im Tübinger Auto- und Spielwarenmuseum Boxenstop kann man die alte Zeit
wieder aufleben lassen. Das Museum wurde
1985 von Ute und Rainer Klink gegründet. 70
Autos, Motorräder, Fahrräder – alle im Originalzustand – und 1 000 verschiedene Spielzeuge können auf gut 900 Quadratmetern
Öffnungszeiten und Eintrittspreise finden Sie
unter: www.boxenstop-tuebingen.de.
Blick in längst vergangene Zeiten. 1 000 Spiel- und 70
Fahrzeuge können im Tübinger Boxenstop angeschaut
werden.
Foto: Boxenstop Tübingen
Buchtipp
Thomas Wolfe: Die Party bei den Jacks
Dieses Buch spielt 1928 und ist doch so verflixt
aktuell. Wir sind in New York, auf einer schicken
Dachterrasse wird ordentlich gefeiert und der Börsencrash, der die Welt ins Wanken bringen wird,
ist nicht mehr weit entfernt. Man könnte denken,
Autor Thomas Wolfe will uns hier ganz aktuell den
Spiegel vorhalten. Doch das Werk des begnadeten
amerikanischen Literaten ist tatsächlich schon um
1930 entstanden. Neu ist es trotzdem, weil es jetzt
erstmals ins Deutsche übersetzt wurde.
Unser Buchtipp: Thomas Wolfe: Die Party bei den Jacks,
Roman, Manesse Verlag, 2011, 352 Seiten,
ISBN: 978-3-7175-2234-8, 24,95 Euro.
Der Leser gerät in die höchsten Sphären von Manhattan – mitten hinein in die Welt der Schönen und
Reichen. Bei der Party von Esther und Frederick Jack
sind Broker und Magnaten, Starlets und Damen von
Welt, Privatiers und Parvenüs zu Gast. Im Text spürt
man den rastlosen Rhythmus der Großstadt und
vom Rausch derjenigen, die da feiern. Die goldenen
Zwanziger sind auf ihrem Höhepunkt. Dass es auch
mal runtergehen könnte – kein Thema in dieser
Runde. Wolfe schreibt uns eine Milieustudie, die
zwischen Satire und Realität pendelt. Sie ist wortgewaltig und doch ein Stück Zeitgeschichte. Sie
lehrt uns: Jede Sause hat ein Ende.
WIRTSCHAFT Neckar-Alb
November 11
79