ERASMUS 2009-2010 - école nationale supérieure d`architecture

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ERASMUS 2009-2010 - école nationale supérieure d`architecture
ERASMUS 2009-2010 - école nationale supérieure d‘architecture de Toulouse
Jochen Beimforde
Partnerhochschule finden
Das international Office für unseren Fachbereich gab mir Auskunft über die verschiedenen Partnerhochschulen, die für das Erasmus-Programm in Frage kommen. Auch für Frankreich existierten bereits mehrere Partnerschaften. Leider keine mit der ENSA Toulouse, an der ich gerne studieren wollte. Auf meine
Anfrage jedoch waren beide Hochschulen bereit eine Art Probepartnerschaft zu gründen. Voraussetzung
von der FH-Köln war, dass ich etwas Verwaltungsarbeit übernehme (lediglich ein paar Schriftwechsel).
Wohnung
Da ich zum Zeitpunkt des Erasmus-Aufenthaltes schon Frau und Kind hatte, kam für uns nur eine Wohnung in Frage. Für unsere Wohnung brauchten wir eine Bürgschaft von einem Franzosen. Da meine Frau
gebürtig aus Toulouse stammt und sie noch einen Onkel dort wohnhaft hat, war dies für uns kein Problem.
Trotzdem wunderten wir uns über die Notwendigkeit einer Bürgschaft, da wir vergleichbare Absicherungen
der Vermieter aus Deutschland nicht kannten.
Tipp für Studenten, die nur ein Zimmer brauchen:
Im International Office in Toulouse (Sophie Vialle) einige Monate vor dem Aufenthalt fragen. Falls man
keinen Platz mehr in einem Studentenwohnheim bekommt, sollte man versuchen ein WG-Zimmer zu
bekommen. Wenn man reiner Student ist, bekommt man eine Art Wohngeld von der CAF (www.caf.fr).
Unsere Familie hat leider kein Wohngeld bekommen, da wir Eltern Nebeneinkünfte hatten.
Angebote für Wohnungen/WG-Zimmer findet man auch im Crous (www.crous-toulouse.fr) oder auch im
Crij (www.crij.org).
Und sonst natürlich auch im Internet unter www.publi.fr oder www.annonces31.fr
Als Wohngegend hat mir St. Cyprien gut gefallen. Es gibt einen kleinen Markt bei der Metro-Haltestelle.
Weiterhin gibt es einen Ecomarché, die günstige Variante von Intermarché (Lebensmittel). Auch beliebt
bei Studenten sind die Viertel Patte-d´oie, Daurade, Esquirol und Capitole.
Vorsicht, die Gegend um die Uni Le Mirail und die ENSA ist nicht besonders attraktiv.
Einkaufen in Toulouse
Einkaufsmöglichkeiten gibt es vor allem in der Fußgängerzone (nördlich der Rue de Metz zwischen der
Rue Alsace Lorraine und Rue des Changes)
Zeichenmaterial gibt es bei Graphigro (Rue de Metz/Rue de l‘Echarpe), Bücher, leider nur wenige wirliche
Fachbücher gibt es zur Architektur gibt es bei Fnac, Ombres Blanches, Virgin, Castella, Privat. Wichtige
Architekturzeitschriften-Abos zu Studentenpreisen findest man auf www.ofup.com. Alle wichtigen Architekturzeitschriften sind auch in der Bibliothek der ENSA vorhanden. Auch interessante Fachbücher sind dort
auszuleihen.
Bankkonto EC-Karte
In Toulouse gibt es für Studenten extra Konten, wo wenig oder keine Gebühren anfallen. Die EC-Karte
heißt in Frankreich Carte Bleue. Man braucht diese häufiger als man denkt (Kopierkarte in der Uni aufladen, Mautgebühr für die Autobahn, falls man ein Auto mitnimmt). Für mich gab es leider keine Sonderkondtionen mehr, da ich mit über 30 Jahren zu alt war.
ÖPNV
In Toulouse gibt es zwei Metro Linien und inzwischen auch eine Tram-Linie. Dazu gibt es Stadtbusse für
geringe Distanzen. Für Studenten unter 26 gibt es sehr günstige Konditionen. Ab 26 - 35 Jahren gibt nur
noch eine geringfügige Vergünstigung. Auch die beiden Metro-Linien sind noch ziemlich neu. Zu Stoßzeiten kann es eng werden.
Fahrrad
Da ich mich als Architekturstudent tagsüber wenig bewegt habe, hatte ich mir ein gebrauchtes Fahrrad
für 60€ zugelegt (Secondhand-Laden Cash31, www.cash31.com). Das Angebot bei Ebay war zu unserem
Zeitpunkt in Frankreich deutlich geringer als in Deutschland. Fast alle Artikel wurden von Paris und Umgebung aus angeboten.
Es besteht auch die Möglichkeit, Fahrräder zu mieten, auch Stundenweise www.velo.toulouse.fr.
Es gibt im Allgemeinen viel weniger Fahrradwege als in Deutschland.
Freizeit
Viele Erasmus-Studenten treffen sich im Café Populaire oder an der Garonne um ein paar Bierchen zu
trinken. Ebenfalls beliebt sind die Kneipen La Cale Sèche in der rue Gambetta, La Tireuse in der rue Pargaminières oder die Kneipen von der Place Saint-Pierre.
Sport habe ich leider nicht getrieben, jedoch sind die Pyrenäen nicht weit. Wintersportler sollten hier auf
jeden Fall ein Wochenende verbringen. Die ENSA hatte auch ein Wochenende organisiert. Die Pyrenäen
sind aber auch für Naturfreunde und Wanderer interessant. Eine gute Übernachtungsmöglichtkeit war das
Maison d‘Hoursentut in Campan.
Toulouse ist bekanntlich Rugby-Hochburg. Ab und an wird auch auf dem Place du Capitol gefeiert. Dieser
Patz ist das Zentrum von Toulouse. Hier finden auch Märkte, Demos, usw. statt.
Zum Mittelmeer sind es 1,5 Std. Die nächste Stadt am Mittelmeer ist Narbonne. Auf dem Weg dorthin fährt
man an Carcassonne vorbei. Hier sollte man sich unbedingt die Festung anschauen, die von Violet le Duc
restauriert wurde. Zum Ozean sind es ca. 2,5 Std. Hier trifft man auf die Schinkenhauptstadt Frankreichs
(Bayonne) und die Strand- und Surferstädte Biarritz und San Sebastian (Spanien, Kursaal von Rafael
Moneo).
Auch ein Besuch Bordeauxs lohnt sich. Angrenzend findet man Das Bassin d‘Arcachon und die Dune du
Pilat (eine große Sanddüne). Hier gibt es viele Camping Plätze. Unserer lag direkt am Ozean in einem
Kiefernwald. Traumhaft!
Auch die Stadt Albi sollte man sich anschauen. Sie ist war deutlich kleiner als Toulouse, aber der historische Stadtkern ist gut restauriert. Die Cathedrale d‘Albi ist sehenswert. Nebenan gibt es das Musee
Toulouse-Lautrec.
Zu empfehlen sind auch organisierte Tagesausflüge der Uni Toulouse. So habe ich die Region Gers (westlich von Toulouse) erkunden können und weiterhin die Airbus A380 assembly hall am Flughafen in Blagnac.
Sprache
In den ersten Wochen gab es für mich große Verständigungsprobleme. Da unter den Erasmusstudenten
auch mehrere Deutsche waren, konnte man sich austauschen. Erst gegen mitte bzw Ende des Aufenthaltes konnte ich mich ohne große Mühe verständigen. Um die Sprache zu lernen waren für mich 2 Semester
Aufenthalt in Frankreich klar von Vorteil. Spanier und Italiener waren sprachlich den Menschen nichtfranzösisch-sprachiger Herkunft deutlich überlegen.
Zum Erlernen der Sprache habe ich mir in Deutschland einige Sprachkurse als Software besorgt. Weiterhin habe ich mit meiner Frau (damals noch Freundin) geübt. Sie ist Muttersprachlerin, spricht aber leider
spontan lieber deutsch mit mir als französisch.
Die ENSA Toulouse hatte mich über einen mehrwöchigen Sprachkurs informiert, den ich vorab nahe Paris
machen könnte. Hier konnte ich leider nicht teilnehmen.
Im allgemeinen hat man nicht das Gefühl, dass mangelde Sprachkenntnisse zum Durchfallen eines Moduls führen.Nur bei der schriftlichen Klausur über 2 Std. hatte ich bedenken wegen meiner Sprachkenntnisse nicht zu bestehen. Hier erreichte ich jedoch immerhin die Mindestpunktzahl.
Studium
Zu Beginn des Semesters nach den ersten Erasmusveranstaltungen werden die Kurse für das Semester
von den jeweiligen Professoren vorgestellt. Danach wählt jeder Student seine Fächer aus. Leider bekommt man nicht unbedingt die gewählten Kurse. Bei einigen Professoren muss man vorsprechen, wenn
man deren Kurs besuchen möchte. Beim Vorsprechen hatte ich immer Pech. Ich bekam nie den Kurs,
sondern immer einen Kurs mit vielen Erasmusstudenten (Verhältnis ca. 50:50).
Ein Kurs umfasste oft mehrere Module. Bei uns waren es Architektur, Städtebau und Landschaftsarchitektur. Jene hatte einen deutlich höheren Stellenwert als bei uns in Köln. Auch die Übungen zur Baukonstruktion waren recht zeitintensiv.
Weniger zeitintensiv und teilweise etwas eingeschoben wirken Nebenfächer wie Freihandzeichnen, Bautechnik, Tragwerksplanung.
Zwei langwierige Abgabeleistungen waren Gruppenarbeit. Einen Franzosen als Gruppenpartner zu gewinnen war kein Problem. Natürlich gab es auch Verständigungsprobleme innerhalb der Gruppe
Erasmusstudenten und französische Studenten erhalten dieselben Aufgabenstellungen. In einigen
Schwerpunkten ist es schwierig dieselbe Qualität zu erreichen, wie die Franzosen. Beispiel Präsentieren,
Fachbegriffe
Arbeitsaufwand
Im Vergleich zu anderen Studiengängen emfpand ich das Studium der Architektur an der Fh in Köln schon
als sehr zeitintensiv. In Toulouse wurde nochmal etwas mehr Zeit investiert, wobei die ENSA Toulouse
nach Meinungen der französischen Studenten im Vergleich zu anderen ENSAs eher als leicht zu bewerkstelligen gilt.
Korrekturtermine: Vergleich zur Lehre in Köln
In unserem Modul hat jede Gruppe mindestens einmal in der Woche den Zwischenstand seiner Arbeit präsentiert. Man hat sofort gemerkt, das die französischen Studenten insgesamt deutlich geübter im Präsentieren waren. Bereits zum Beginn des Semesters gab es einen Ablaufplan, der auch über das Semester
hinweg in etwa eingehalten wurde.
Exkursionen der ENSA:
Im Semester wurde auch eine Exkursion nach Amsterdam angeboten. Auch Erasmus-Studenten waren
eingeladen mitzufahren.
Bachelor Thesis in Frankreich
Um die Bachelor-Thesis innerhalb der Regelstudienzeit in Frankreich machen zu können, musste ich alle
übrigen Credit-Points bereits zusammen haben bzw. in Frankreich erfolgreich erbringen. Da ich auch noch
etwas Freizeit in Frankreich haben wollte, habe ich einige Module in Köln vorgezogen (Baurecht, Bauorganisation, Sozioökonomische Grundlagen). Wenn ich mir den Studienverlaufsplan ab dem WS 2011/2012
anschaue, scheint dies nicht mehr erforderlich zu sein.
Es ist auch ratsam sich den Studienverlaufsplan genau anzuschauen und vorab Fragen per E-Mail zu
stellen. (Akutalität, Beschreibung der Module, Erfahrungen Bachelor-Thesis mit Erasmusstudenten). Zu
meiner Bachelor-Thesis gehörte auch ein Praktikum mit Praktikumsbericht. Die Zeit, um dieses Praktikum
zu absolvieren lag in den Semester-Ferien. Dies ist mir erst kurz vorher bewußt geworden. Es war zu spät,
um noch einen Platz zu finden.
Da ich aber das 6. Semester nur für meine Bachelor-Thesis vorgesehen hatte (Studenten der ENSA haben noch weitere Kurse), war es mir möglich das Praktikum nachzuholen.
Das Praktikum habe in Paris gemacht. In Toulouse war leider nichts zu finden. Die Arbeitsmarktsituation
war nicht berauschend und so war es nicht verwunderlich das niemand einen deutschen Austaschstudent
haben wollte. Da ich unbedingt in einem Architekturbüro arbeiten wollte und nicht in einem Museum oder
sonstigem, sind wir mit Sack und Pack von Toulouse nach Paris gezogen. Dort hatte ich nach langem Suchen einen Platz bekommen. Die letzte Möglichkeit wäre für mich ein Praktikum in Deutschland gewesen.
Seitens der ENSA war das kein Problem. Aber welcher Austauschstudent möchte schon ein Praktikum in
seinem Heimatland machen, obwohl dies für den späteren Berufseinstieg durchaus von Vorteil sein kann.
Paris ist teuer
Der Umzug und das Leben in Paris war sehr kostspielig. Schließlich hatten wir nur wenige Tage frei, um
eine Wohnung zu finden. Glücklicherweise haben wir etwas gefunden, was nahe am Praktikumort lag und
genau zum richtigen Zeitraum frei war (Zwischenmiete). Da es neben uns noch ca. 100 weitere Interessenten für die Wohnung gab, haben wir angeboten, die Miete für die gesamten 4 Monate im Voraus zu
zahlen - und schon hatten wir die Wohnung.
Das Praktikum bei Christian de Portzamparc
In einem großen Pariser Architekturbüro arbeiten zu dürfen, hat schon seinen Reiz. Aber: Für unser Familienleben war es Mord. Die Arbeitszeiten reichten oft bis tief in die Nacht hinein. Auch samstags und
sonntags wurde häufig gearbeitet. Für jemanden, der jung ist, single ist und Paris schon kennt ist so ein
Praktikum genau das richtige. Bei mir traf leider nicht von alledem zu und so entschied ich mich nur die
Mindestpraktikumszeit zu leisten.
Mitgearbeitet habe ich an einem Wettbewerb in China (Jiangsu Grand Theater), beim Projet Hôtel des
Region Lyon und im Städtebau bei einer Art Masterplaning für Paris (Grand Paris, Le Bourget). Für den
Wetbewerb habe ich einen Schnitt angefertigt, einen Grundriss für ein Parkhaus gezeichnet, Grundrisse
coloriert, Perspektiven nachbearbeitet und am Modell gearbeitet. Für das Projekt und die Masterplanung
habe ich nur am Modell gearbeitet.
Freizeit in Paris - leider zu wenig
In der übrigen Zeit nach dem Praktikum wollte ich mir eigentlich die Architekur-Highlights von Paris anschauen. Paris ist zwar nicht sehr groß in der Fläche, aber jeder Quadratmeter der Fläche wird genutzt.
Mit anderen Worten: Es gab zu viele Highlights, um sich alles anzuschauen. Wer sich einen Überblick
verschaffen will, sollte vorab zum pavillon d‘arsenal (freier Eintritt) oder zur cité de l‘architecture (Jahresticket für Architekturstudenten 10€). Weiterhin kann man sich in den 3 Architekturbuchhandlungen von Le
Moniteur (www.librairiedumoniteur.com) informieren. Im Internet gibt es die Homepage archiguide.fr, auf
der insbesondere Projekte französischer Architekten veröffentlicht werden.
Nach dem Praktikum: schriftliche Arbeiten zur Thesis
Nun mussten nur noch der Rapport de Stage (Praktikumsbericht) und der Rapport pédagogique geschrieben werden. Leider dauerten die beiden Berichte deutlich länger als ich gedacht hatte. Sie wurden auch
mehrfach korriegiert. Bei der letzten Korrektur hatten wir Paris schon verlassen und waren schon auf
unserer abschließenden Frankreich-Rundreise bevor wir nach Deutschland zurückkehren wollten. An der
Atlantikküste habe ich mir ein Laptop in einem Elektrodiscounter gekauft, um in einem Hotelzimmer letzte
Änderungen vorzunehmen. Die finale Version wurde dann im Copyshop ausgedruckt und in Bordeaux per
Post an meine Tutorin geschickt.
Nun schien alles geschafft - Denkste
Im Südwesten Frankreichs angekommen entschlossen wir uns einen Abstecher an die ENSA Toulouse zu
machen, um auf Nummer sicher zu gehen dass alles erledigt und seine Richtigkeit hatte. Dem war nicht
so. Am schwarzen Brett erfuhr ich, dass ich noch ein mündliches Gespräch zum Praktikumsbericht haben
sollte, sowie dass ich eine einmalige Veranstaltung zum Rapport pédagogique verpasst hatte. Natürlich
habe ich den zuständigen Professor sofort per E-Mail informiert und erläutert, dass ich wegen meines
Praktikums nicht vor Ort war. Der Professor reagierte empört auf meine Mail, fühlte sich übergangen und
stellte sich quer. Erst der Einsatz meiner Tutorin ließ den Professor einsichtig werden. Ich konnte mich
schon glücklich schätzen, eine Professorin mit Durchsetzungsvermögen zu haben.
Endlich Urlaub
Nachdem alle Unklarheiten beseitigt waren und alles Abgaben getätigt waren, konnte ich an der ENSA
auschecken.
Nun konnten wir Urlaub machen. Am Mittelmeer entlang bis nach Marseille - über Lyon und Metz (...kurz
nach der Eröffnung des Centre Pompidou...) - zurück nach Deutschland.