Designförderung in der Schweiz
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Designförderung in der Schweiz
Florian Hauswirth, *1976, Industriedesigner, Biel. Wolf Fotografie. www.florianhauswirth.ch www.sachenmachen.ch. Geschirr, Florian Hauswirth Industrial Craft Tableware Collection, Ahornholz, Kirschbaumholz, Keramik, Glas, designt für Manor. Dishes. Maple, cherry wood, ceramics, glass. Wolf Fotografie. Designförderung in der Schweiz Design Promotion in Switzerland Wie in anderen Industrieländern ist auch in der Schweiz eine Designausbildung für viele kreative Jugendliche ein Traum. Nach dem Abschluss stellt sich jedoch bald die entscheidende Frage: Wie komme ich mit eigenen Produkten auf den Markt und wie kann ich dort bestehen? Schweizer Handelsketten bieten Förderkonzepte und Zusammenarbeit an. Just like in other industrial countries, many creative young people in Switzerland also dream of working as a designer. Once they have completed their training, however, they are soon confronted with a crucial question: how can I launch my products on the market, and how can I survive and flourish on it? Several Swiss retail chains offer their collaboration as well as promotion concepts Von Eva Holz, Form Forum Schweiz art aurea 3—2013 From Eva Holz, Form Forum Schweiz 66 art aurea 3—2013 67 Designförderung in der schweiz Während des Studiums oder einer anderen Designausbildung geht es heute überall um die Vermittlung gestalterischer Grundlagen und die Entwicklung einer eigenen, schöpferischen Handschrift. Für die Vorbereitung auf die Marktrealität bleibt in der Regel kaum Zeit. Wie also weiter? Neben zahlreichen Verkaufsausstellungen gibt es Wettbewerbe wie den staatlichen Swiss Design Award, den Design Preis Schweiz sowie Bestform, den Wettbewerb der Berner Design Stiftung, oder den von Form Forum Schweiz organisierten designcontest. Doch auch drei namhafte Schweizer Handelsketten reichen begabten Jungdesignern die Hand: das Möbelhaus Pfister, der Grossverteiler Migros und das Warenhaus Manor. Während die Migros-Gruppe im Rahmen ihres neuen Förderfonds Engagement Migros AnschubProgramme mitfinanziert, lassen Pfister und Manor ausgesuchte Kreationen für ihr eigenes Sortiment produzieren. Atelier Pfister Bettwäsche Luven, Baumwoll-Satin, Design Claudia Caviezel für Atelier Pfister Schweiz. Bedclothes, cotton/silk. Photo Atelier Pfister. Claudia Caviezel, *1977, Textildesignerin, St. Gallen. Photo Atelier Pfister. www.caviezel.cc Mit Atelier Pfister lancierte das über 130-jährige, altehrwürdige Möbelhaus aus Suhr 2010 eine komplett neue Kollektion, gedacht als langfristiges und nachhaltiges Pionierprojekt. Kurator ist der erfolgreiche Schweizer Designer Alfredo Häberli. „Unsere Zielvorgabe war radikale Qualität durch grundsolides Handwerk und zeitbeständiges Design, das sich vom Rest abhebt“, betont Niels Blättler, Leiter Atelier Pfister. Gestartet wurde mit 11 DesignerInnen oder Designteams; in der aktuellen Kollektion sind mittlerweile 18 dabei. Darunter die Textildesignerin Claudia Caviezel, die mit eigenwillig bunten Kissen, Bettanzügen, Teppichen und Sofas vertreten ist. Im Hauptjob kreiert sie Stoffe für das Schweizer Luxus-Modelabel Akris. Was bringt Atelier Pfister der mehrfach preisgekrönten 36-jährigen Zugerin? „Einsichten in Techniken und Gebiete, die ich noch nicht kannte sowie die Möglichkeit, meine Ideen einem breiten Publikum zu zeigen und zu erfahren, was warum und wann bei wem ankommt.“ Mit von der Partie ist auch Formforum Schweiz-Mitglied Andreas Bechtiger. Seine Garderoben aus filigranen, kupferfarbigen Stahlrohren sind seit Beginn im Sortiment. „Es ist toll, dass eines der großen Möbelhäuser sich der zeitgenössischen Gestaltung widmet und dafür eine neue Marke kreiert hat“, so der 36jährige Möbel- und Produktdesigner. „Atelier Pfister hat mir die Türe geöffnet, um für andere namhafte Firmen wie etwa Betty Bossi zu arbeiten.“ Für letztere hat der St. Galler eben eine variabel einsetzbare Blumenvase kreiert. Manor Design Das größte und über 100-jährige, in Luzern gegründete Warenhaus Manor will ebenfalls hochstehendes Design einem formbedachten und breiten Publikum schweizweit zugänglich machen. Unter dem Label Manor Design wird seit Mai 2013 der Designer Florian Hauswirth mit einer Geschirrkollektion präsentiert. Der Technische Modellbauer und Industriedesigner, gefördert auch von der Berner Design Stiftung, hat innovative Produktionsverfahren und Materialien erforscht und Holz und Porzellan zu einem schlichten komplementären Ganzen zusammengefügt. art aurea 3—2013 68 Andreas Bechtiger, *1977, Designer, St. Gallen. Photo Anna-Tina Eberhard. www.bechtiger.ch Garderoben-Serie Quarten, kupferfarbig beschichtetes Stahlrohr, Design Andreas Bechtiger für Atelier Pfister Schweiz. Coatrack, copper color coated steel pipe. Photo Atelier Pfister. Design Promotion in Switzerland Die Holzelemente wurden in Schweizer Sozialwerkstätten und Kleinbetrieben hergestellt, die Porzellanteile entwickelte der Keramiker Laurin Schaub. „Ich hatte Einblick in verschiedenste Stationen der Entwicklung und den Verkauf im großen Stil. Es war ein super Startschuss“, resümiert der 36-jährige Bieler. Anfang 2014 wird Manor Design im Bereich Wohnaccessoires eine Linie mit weiteren Jungdesignern lancieren. Engagement Migros Etwas anders sieht es bei der Migros-Gruppe aus. Mit dem 2012 ins Leben gerufenen Förderfonds „Engagement Migros“ finanziert sie zwei externe Programme, welche ihrerseits Designförderung im Bereich Mode und Industriedesign betreiben. „Uns geht es darum, Brücken zwischen Design und Markt zu schlagen“, erklärt Stefan Schöbi von Engagement Migros. Seit Anfang 2013 ist man in intensivem Austausch mit dem Bundesamt für Kultur (BAK), der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia und weiteren Experten. „Koordinierte Designförderung“ heißt hier das Stichwort. Das Förderprogramm Creative Hub, initiiert und geleitet von Claudia Acklin, Professorin an der Hochschule Luzern – Design & Kunst, ist brandneu. Unterstützt werden Schweizer DesignerInnen mit fortgeschrittenen Ideen, wie etwa der 38jährige Thai Hua mit seiner Lampenserie Lumia aus Karton und Birkenholz. Der Creative Hub ermöglicht dem Industriedesigner mit vietnamesischen Wurzeln, das Herstellungsverfahren zu optimieren und mit einer vorfinanzierten Kleinserie den Markt zu testen. Denn die größten Hürden für Newcomer sind laut Claudia Acklin schlechte Kontakte zu Einkäufern, wenig Geld für die Finanzierung von Prototypen und mangelhafte Businesspläne. „Das Coaching zeigte mir deutlich die betriebswirtschaftlichen Aspekte auf“, so der selbständig arbeitende Thai Hua. Neben dem „Creative Hub“ kann dank Engagement Migros auch „Mode Suisse“ JungdesignerInnen fördern. Die nachhaltige Plattform zeigt an Schauen in Zürich und Genf zweimal jährlich einen niveauvollen Querschnitt des Schweizer Modedesigns. „Diese Anlässe sind von großer Bedeutung“, erklärt die Modedesignerin Irene Münger, welche mit der farbintensiven, fotorealistischen Kollektion Paradise Lost im Frühjahr mit dabei war. „Design findet nicht im Elfenbeinturm der Kunst statt, sondern es hat zum Ziel, in den konkreten Gebrauch überzugehen“, betont Claudia Acklin. Das weiß die 23-jährige Sarah Hossli, frisch diplomierte Produktdesignerin aus Luzern, ganz genau. Ihre überzeugende Garderobe Regard könnte bald auf dem Markt Erfolge feiern. art aurea 3—2013 Sarah Hossli, *1990, Bachelor of Arts in Produkt- und Industriedesign. 2013. Photo Sarah Hossli. Garderobe Regard, Eschenholz geölt, Messing, Leder und Glasspiegel, Abschluss-arbeit an der Hochschule Luzern. Oiled ash wood, brass, leather and glass mirror, graduate thesis at the University of Lucerne. Photo Sarah Hossli. Design courses at universities or other training facilities focus above all on conveying basic creative principles and on the students’ developing their own signature style. Usually, there is not enough time to prepare them for market reality. So how do they get a foothold on the market? In addition to numerous sales exhibitions, there are several competitions, such as for the stateorganized Swiss Design Award, for the Design Prize Switzerland or Bestform, the contest of the Bernese Design Foundation, as well as the designcontest organized by Form Forum Switzerland. Even three renowned Swiss retail chains offer talented young designers a helping hand: the Pfister furniture company, the Migros wholesale distributor and the Manor department store chain. While the Migros Group supports start-up programs as part of their new Engagement Migros development fund, Pfister and Manor complement their own product range with selected creations. 70 Design Promotion in Switzerland Designförderung in der schweiz Engagement Migros Atelier Pfister In 2010, under the name of Atelier Pfister, the traditional 130-year-old furniture company in Suhr launched an entirely new collection conceived as a long-term and sustainable pioneering project. Its curator is the successful Swiss designer Alfredo Häberli. “Our stated goal was to offer uncompromising quality, characterized by sound craftsmanship and timeless design that sets itself apart from the rest,” comments Niels Blättler, who is in charge of Atelier Pfister. At first, the project included 11 designers or teams of designers; the latest collection has been created by 18. One of them is the textile designer Claudia Caviezel, who is represented with unconventionally colored cushions, bed linens, rugs and sofas, and designs fabrics for the Swiss luxury fashion brand Akris as her main remit. What does this 36-year-old multiple prizewinner from Zug gain from working for Atelier Pfister? “Insight into techniques and fields that I wasn’t familiar with before, as well as the opportunity to present my ideas to a larger public and to learn what appeals to whom and why and when.” Another Atelier Pfister designer is Andreas Bechtiger, a member of Form Forum Switzerland. His coat racks, composed of delicate, copper-colored steel tubes, have been part of the collection from the very beginning. “It’s great that one of the big furniture companies is dedicated to contemporary design and has created a new brand for it,” says this 36-year-old furniture and product designer from St. Gallen. “Atelier Pfister opened the door for me to work for other reputable companies such as Betty Bossi.” Just recently, he created a variable flower vase for the latter. Pendel- und Stehleuchten Lumia von Thai Hua. Karton, Birken-Schichtholz. Eigen-produktion, Verkauf: mooris.ch. Pendant and floor lamps, cardboard, birch plywood. Photo mooris.ch. Thai Hua, *1974, Industriedesigner, Zürich, gefördert von /sponsored by Engagement Migros /Creative Hub. Photo Thai Hua. www.thaihua.ch. Manor Design Manor, the largest Swiss department store and established more than 100 years ago in Lucerne, also wants to make superbly designed products accessible throughout Switzerland to a large, design-conscious public. Under the name of Manor Design, the designer Florian Hauswirth has been represented since May 2013 with a tableware collection. This 36-year-old technical model maker and industrial designer from Biel/Bienne, who was also supported by the Bernese Design Foundation, has experimented with innovative production methods and materials, combining wood and porcelain to form a sleek, complementary whole. The tableware’s wooden elements were manufactured in Swiss social workshops and small-size companies; the porcelain parts were developed by the ceramist Laurin Schaub. “I gained insight into the most diverse development stages and in largescale distribution. It was a great start,” he says. In early 2014, Manor Design will launch another product line, created by other young designers, in the home accessories category. Aus der Collection Bird von Irene Münger. Inkjet-Print auf Jaquard-Gewebe und Seide. Inkjet print on jacquard fabric and silk. Irene Münger, *1973, Modedesignerin, Zürich, gefördert von /sponsored by Engagement Migros /Mode Suisse. www.blackpool.ch art aurea 3—2013 72 art aurea 3—2013 Things are a little different as far as the Migros Group is concerned. With its Engagement Migros development fund, brought to life in 2012, it finances two external programs for design promotion in the fields of fashion and industrial design. “We want to bridge the gaps between design and the market,” explains Stefan Schöbi of Engagement Migros. Guided by the motto of “Coordinated design promotion”, the Group has been involved since early 2013 in a lively exchange of news and views with the Swiss Federal Office of Culture, the Pro Helvetia culture foundation and other experts. The brand-new Creative Hub support program, initiated and managed by Claudia Acklin, professor at the Lucerne University of Applied Sciences and Arts, helps Swiss designers by providing sophisticated ideas. One of the program’s beneficiaries is Thai Hua, a 38-year-old industrial designer with Vietnamese roots. The Creative Hub enables him to optimize the production process, and test the market with a pre-financed small series of his Lumia lamp line made of cardboard and birch wood. Because, according to Claudia Acklin, a lack of contacts with purchasers and of money to finance prototypes, as well as deficient business plans, are the greatest obstacles for newcomers. “The coaching program identified the business-management aspects to me,” says free-lance designer Hua. In addition to the Creative Hub program, Mode Suisse is also able to support young designers thanks to the Engagement Migros fund. Twice a year, this sustainable platform presents an overview of exquisite Swiss fashion design at shows in Zurich and Geneva. “These events are very important,” says fashion designer Irene Münger, who participated last spring with her intensely colorful, photo-realistic Paradise Lost collection. “Design is not created in the ivory tower of art. Instead, its goal is to be implemented in practical use,” emphasizes Claudia Acklin. This is something that 23-year-old Sarah Hosslin also knows very well. The compelling “Regard” outfits created by this recent product design graduate from Lucerne could soon be a success on the market. www.atelierpfister.ch www.manor.ch www.engagement-migros.ch www.creativehub.ch www.modesuisse.com 73