1 Was ist eine Zwangsstörung?
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1 Was ist eine Zwangsstörung?
Was ist eine Zwangsstörung? 1 Eine Zwangsstörung ist eine psychische Erkrankung, bei der sich Gedanken, Vorstellung oder Handlungen einer Person aufdrängen. Charakteristische Merkmale einer Zwangsstörung sind: - Ein innerer subjektiver Drang bestimmte Dinge zu denken oder zu tun - Die Betroffenen versuchen sich diesen Impulsen zu widersetzen, meist erfolglos - Die Betroffenen haben die Einsicht, dass die Zwangsgedanken, -impulse und –handlungen an sich unsinnig und übertrieben sind, können sich diesen nur nicht willentlich widersetzen. - Die Betroffenen leiden unter den Zwangsphänomenen und werden durch diese in ihrem Alltag beeinträchtig, meist aufgrund des Zeitaufwandes. 2 Nenne die diagnostischen Kriterien der Zwangsstörung nach ICD-10. 3 A. Für eine eindeutige Diagnose sollen wenigstens 2 Wochen lang an den meisten Tagen Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen oder beides nachweisbar sein. B. Zwangssymptome müssen folgende Merkmale aufweisen: 1. Sie müssen als eigene Gedanken oder Impulse für den Patienten erkennbar sein. 2. Wenigstens einer Handlung oder einem Gedanken muss Widerstand geleistet werden, selbst wenn sich der Patient gegen andere nicht länger wehren kann. Gegen mindestens einen Zwangsgedanken/-handlung wird gegenwärtig erfolglos Widerstand geleistet. 3. Ausführung der Gedanken / Handlungen werden als unangenehm empfunden und mindestens 1 Zwangsgedanke /-handlung wird als unsinnig und übertrieben anerkannt. 4. Gedanken, Handlungen und Impulse müssen sich in unangenehmer Weise wiederholen. C. Zwangsgedanken und Zwangshandlungen müssen für den Betroffenen quälend sein und behindern die soziale oder individuelle Leistungsfähigkeit, meist durch Zeitaufwand. D. Störung basiert nicht auf andere psychische Störungen, z.B. a. Schizophrenie und verwandte Störungen (F2) b. Affektive Störungen (F3) 4 Was sind spezielle Merkmale einer Zwangsstörung? 5 Ein innerer, subjektiver Drang, bestimmte Dinge zu denken oder zu tun. - Daher ist es diagnostisch sehr wichtig, den Patienten sinngemäß nach dem Ursprung der Gedanken (=etwas zu tun oder denken müssen) zu befragen. Patienten mit Zwangsstörungen erkennen sich selbst als Quelle der Gedanken oder Impulse Ein Widerstand gegen den Impuls. - Die Gedanken werden abgewehrt oder der Versuch, diese zu unterdrücken Prinzipielle Einsicht in die Sinnlosigkeit der Gedanken oder Handlungen - Bei einem Waschzwang z.B. ist es der Person durchaus bewusst, dass es wenig Sinn hat, die Hände erneut zu waschen. Es wird hier deutlich, dass das Waschen weniger zur Reinigung dient, sonder eher der Versuch, sich durch diese Handlung zu beruhigen oder die Angst zu reduzieren Eine erhebliche Belastung und Beeinträchtigung - Erst wenn die Gedanken oder Handlungen das Alltagsleben deutlich einschränken, sollte man von einer behandlungsbedürftigen Störung ausgehen. 6 Welche psychopathologischen Phänomene gehören zur Zwangserkrankung? 7 1. 2. 3. Zwangsgedanken Gedanken, die sich immer wieder aufdrängen, z.B. Ängste vor Verletzungen anderer Angst vor Verunreinigung Angst vor Erkrankungen Kontrolle, z.B. Nachgrübeln, ob man bestimmte Dinge erledigt hat oder nicht Zwangsimpulse Vorstellung, eine Handlung plötzlich zu begehen, z.B.: Angst, seinem Kind, Angehörigen oder sich selbst etwas anzutun Angst vor impulsartigen sexuellen Handlungen, die als „ich-fremd“ erlebt werden Zwangshandlungen Handlungen werden wiederholt zum Abbau innerer Anspannung durchgeführt, z.B.: Kontrollzwang o Tür geschlossen, Kaffeemaschine ausgeschaltet, Kerze ausgeblasen? Rituelle Waschungen bei Angst vor Krankheitserregern Sich rückversichern, ob alles in Ordnung ist oder ob man keine Fehler gemacht hat Zählzwang Das gemeinsame dieser Symptome ist, dass der Inhalt nie als angenehm empfunden wird, sondern immer schamhaft besetzt oder angsteinflößend ist. Sie werden als lästig und Leid verursachend empfunden. Die Symptome drängen sich jedoch wieder und wieder auf, ohne dass sie vermieden werden können. 8 Erkläre Zwangsgedanken. Wie werden sie unterschieden? Was ist das Besondere an Zwangsgedanken? 9 Zwangsgedanken unterschiedet man in: 1. 2. 3. Reine Gedanken, z.B. Wiederholen von Inhalten, Beten, Zählen Bilder, z.B. über Unfälle Impulse, z.B. aggressiver, sexueller oder blasphemischer Art - Zwangsgedanken ohne beobachtbare Handlungen werden bei 25% der Patienten diagnostiziert Diese Gedanken sind nur von der Person selbst wahrnehmbar, beeinträchtigen den Patienten aber in besonderer Weise. 10 Was macht aus einem Gedanken einen Zwangsgedanken? 11 - - Durch eine spezielle Bewertung Der Versuch, den Gedanken zu unterdrücken gelingt umso weniger, je stärker man es versucht Im Sinne eine Rebound-Effektes wird dieser Gedanke dann noch stärker und die Bewertung nimmt zu Die sich immer wieder aufdrängenden, unwillkürlichen Gedanken werden zwar als unsinnig erkannt und sind von einem Angstanstieg begleitet Sobald der Gedanke entstanden ist, wird er von Gefühlen wie Unbehagen oder Angst begleitet Die Stärke des unbehaglichen Gefühls oder der Angst hängt von der Vereinbarkeit der Gedanken mit der eigenen Persönlichkeit ab, z.B.: eine Mutter, die gewalttätige Impulse gegenüber ihrem Kind hat dieser Gedanke lässt sich nicht mit dem Bild einer guten, liebenden Mutter vereinbaren! Nun verspürt die Person den Drang, diesen Zwangsgedanken (oder seine Konsequenz) zu „neutralisieren“ Der Versuch des „Neutralisierens“ wird zum zwanghaften Verhalten (waschen, kontrollieren) Häufig wird versucht, diesem Zwangsgedanken oder dem Zwangsimpuls zu widerstehen, was ihnen schwer fällt, da die Zwangshandlungen willkürliche Verhaltensweisen sind, die zur Reduktion oder Verhinderung der Gefühle Unbehagen oder Angst dienen. 12 Was sind die häufigsten Inhalte von Zwangsgedanken? 13 - Furcht vor Schmutz Furcht vor Krankheit und Kontamination Zweifel über eigene Handlungen Verletzung anderer oder der eigenen Person Blasphemie 14 Wie kann man Zwangsgedanken differentialdiagnostisch von Wahngedanken abgrenzen? 15 - P. mit psychotischer Symptomatik ist von der Richtigkeit seiner Inhalte überzeugt (=ich-synton), es besteht die so genannte „Wahngewissheit“. Sehen die Quelle der Gedanken außerhalb der eigenen Person (Eingebungen). P. mit Zwangsstörung berichten von sich aus über die „Unsinnigkeit“ ihrer Gedanken (=ich-dyston), können sich aber trotzdem davon nicht frei machen. Sehen die Quelle der Gedanken und Handlungen in der eigenen Person. 16 Was genau sind Zwangshandlungen? 17 - Sind Handlungen, die wiederholt durchgeführt werden Zwangshandlungen sind eng mit den Zwangsgedanken verknüpft Zwangshandlungen haben unterschiedliche Funktionen: Dienen zur Kontrolle, ob ein befürchtetes Ereignis eingetreten ist oder nicht, z.B. Kontrolle des Küchenherdes. Haben eine neutralisierende Funktion, d.h. wirken spannungsreduzierend. P. fühlt sich gezwungen die Handlungen auszuführen(Waschen, Kontrolle) Zwangshandlungen haben oft eine rituellen Charakter und werden stereotyp ausgeführt Zwangshandlungen werden manchmal auch zur Neutralisierung von Zwangsgedanken ausgeführt Können Zwangshandlungen nicht ausgeführt werden große innere Anspannung, Unruhe + Angst lassen kurzfristig durch Zwangshandlung nach! Zwangshandlungen werden in 2 Hauptgruppen unterteilt: 1. 2. Wasch-, Reinigungs- und Putzzwänge Kontroll- und Ordnungszwänge 18 Warum ist die Unterscheidung in 2 Hauptgruppen wichtig? 19 Unterscheidung ist für folgende Punkte von Bedeutung: - - - - - Geschlecht: Frauen leiden häufiger unter Waschzwängen Männer eher unter Kontrollzwänge Alter: Kontrollzwänge beginnen früher Waschzwänge ca. 5 Jahre später Beginn: Kontrollzwänge beginnen eher schleichend Waschzwänge beginnen eher abrupt Ähnlichkeit mit Phobien: Waschzwänge weisen Überschneidungen mit Phobien auf, z.B. Angst vor Krankheiten, Verschmutzung Kontrollzwänge weisen keine Überschneidungen mit Phobien auf Implikationen für die Therapie: Bei Kontrollzwängen ist es sehr wichtig, die Verantwortung beim Patienten zu belassen Bei Waschzwängen spielt dies keine große Rolle 20 Was sind die zentralen Themen von Zwangsgedanken und Zwangshandlungen? 21 - Schuld Religiosität Versündigung Schmutz, Verunreinigung Sexualität Aggressivität / Tod 22 Was versteht man unter „primäre zwanghafte Langsamkeit“? 23 - Besondere Form des sehr langsamen Ablaufs des Verhaltens („wie in Zeitlupe“) bei alltäglichen Handlungen, z.B. Zähneputzen. 24 Was sind atypische Zwänge? 25 - Ca. 10% aller Patienten leiden an „atypischen Zwängen“ - Diese Patienten haben keine oder nicht durchgehend die Einsicht über die Sinnlosigkeit der Zwangssymptome. - Man nennt diese atypischen Zwänge auch „Überwertige Ideen“ (overvalued ideation) 26 Was ist mit „Spektrum der Zwangsstörungen“ gemeint? 27 Das „Spektrum der Zwangsstörung“ (Hollander, 1993) ist eine Reihe von psychischen Störungen, die gewisse Ähnlichkeiten mit Zwangsstörungen aufweisen, aber von diesen unterschieden werden müssen: 28 29 Nenne komorbide Störungen der Zwangsstörung. 30 - Grundsätzlich können alle anderen Formen psychischer Störungen zusammen mit einer Zwangsstörung auftreten - Die folgenden Störungen sind aufgrund ihrer Häufigkeit besonders wichtig: Zwanghafte Persönlichkeitsstörung Depression Phobien Körperdismorphe Störungen Essstörungen Psychosen Trichotillomanie 31 Komorbidität von Phobien und Zwangsstörung. 32 - Ähnlichkeit besteht bezüglich der Waschzwänge, v.a. bei Krankheits- und Kontaminationsängsten Die Rituale dienen zur Reduktion der Unsicherheit Entscheidender Unterschied einer Phobie und einer Zwangsstörung: - - Liegt in einem nosologischen Merkmal aktive vs. Passive Vermeidung Phobiker zeigen eine sogenannte passive Vermeidung, d.h. sie suchen bestimmte angst- bzw. Befürchtungen auslösende Situationen nicht auf. Bsp.: Agoraphobiker vermeiden Menschenansammlungen und öffentliche Verkehrsmittel und verhindern das Aufkommen der Angst. Zwangspatienten zeigen eine aktive Vermeidung, d.h. sie suchen eine Situation von sich aus auf und versuchen diese aktiv zu beeinflussen oder zu verändern. Z.B. durch Benutzung von Waschmittel oder durch frühzeitige Kontrollen. 33 Was kannst du zur Epidemiologie der Zwangsstörung sagen? 34 - - Eine häufige Erkrankung Lebenszeitprävalenz von 1-2% 12-Monats-Prävalenz von 0,7% Männer + Frauen gleich häufig betroffen Beginnt meist im frühen Erwachsenenalter (22,5 Jahren) Männer erkranken durchschnittlich früher (5 Jahre) Frauen 5 Jahre später Männer überwiegend Kontrollzwänge Frauen eher Waschzwang 50% der Patienten leben ohne Partner evtl. Hinweis auf mangelnde soziale + interpersonale Kompetenzen(?) 35 Was kannst du zur Ätiologie der Zwangsstörung sagen? 36 - Die meisten Zwangsstörungen treten in der Pubertät und Adoleszenz auf: Annahme, dass speziell die Entwicklung psychologischer Übergänge ein erhöhtes Risiko für Zwangsstörungen darstellen, z.B. Ablösung vs. Autonomie Zwanghafte Rituale scheinen Sicherheit zu geben - Psychobiologische Ursachen: Genetische Transmission vorhanden, Marker ist jedoch nicht bekannt Spezifischer Stress scheint Rückfallwahrscheinlichkeit zu erhöhen, auch wenn der inhaltliche Stressfaktor nichts mit der Zwangssymptomatik zu tun hatte erhöht jedoch den Rückgriff auf alte, pathologische Verhaltensmuster, die kurzfristig beruhigen. - Beginn + Verlauf: Vom Beginn der Zwangsstörung bis zum Aufsuchen einer zielführenden Therapie vergehen in der Regel 7-10 Jahre Spoantanremission ist sehr selten, weniger als 10% 37 Welche psychologischen Entwicklungsmodelle der Zwangsstörung kennst du? 38 1. Zwei-Faktoren-Modell (von Mowrer) 2. Kognitiv-behaviorales Modell des Zwangssyndroms (von Salkowskis) 39 Erkläre das zwei-Faktoren-Modell von Mowrer hinsichtlich einer Zwangsstörung. 40 - Das Zwei-Faktoren-Modell beschreibt die Entstehung und Aufrechterhaltung von Zwängen in einem 2stufigen Lernprozess. 1. Faktor: Neutraler Stimulus + Traumatisches Ereignis Durch Kopplung wird NS angstauslösend Durch aktive Vermeidung des Stimulus 2. Faktor: Die aktive Vermeidung reduziert/verhindert die Angst Es kommt so zur negativen Verstärkung des Verhaltens. - Die Entstehung der Zwangsstörung erfolgt somit analog zur Entstehung der Angststörung: Eine zunächst neutrale Situation (Türklinke) wird mit einer aversiven Situation (UCS, Krankheitsansteckung) verknüpft, die ihrerseits eine unbedingte Schreck- oder Angstreaktion (UCR) auslöst. Durch diese Kopplung lernt die Person, auf einen neutralen und inzwischen konditionierten Stimulus (CS) mit der konditionierten, also gelernten Angstreaktion (CR) zu reagieren. - Mowrer verknüpft also die Ansätze des klassischen und operanten Konditionierens und erklärt die Zwangshandlungen als ein konditioniertes Vermeidungsverhalten. 41 Was sind die Stärken bzw. Schwächen des zwei-Faktoren-Modells hinsichtlich der Zwangsstörung? 42 Stärken: - Modell eignet sich sehr gut zur Erklärung beobachtbaren Zwänge, also Zwangshandlungen. Das Konzept eines negativ verstärkten Vermeidungsverhaltens liefert eine gute Erklärung für die Entstehung und Aufrechterhaltung von Zwangshandlungen. Bietet eine gute Grundlage für verhaltenstherapeutische Interventionen, z.B. Exposition , Reaktionsverhinderung Schwächen: - Bei Zwangspatienten lassen sich selten traumatische Ereignisse als Ursache des Zwangs finden Da es sich um ein Angst-Reduktions-Modell handelt, kann das Modell nicht erklären, wieso (speziell Zwangsgedanken) Zwänge angsterhöhend wirken und nicht angstreduzierend. Es erklärt nur die Aufrechterhaltung der Zwangshandlungen, die angstreduzierend sind, nicht aber die Entstehung der Zwangsgedanken, welche angstauslösend wirken. Weiter berücksichtigt das Modell weder Informations- noch Emotionsverarbeitungsprozesse. 43 Erkläre das kognitiv-behaviorale Modell der Zwangsstörung von Salkovskis. 44 - - - - Die Bewertung und Neutralisierung sind die zentralen Mechanismen dieses Modells. Zwangsgedanken entspringen aus normalen, aufdringlichen Gedanken. 1. Stufe: der reine Gedanke Der Gedanke an sich stellt noch gar kein Problem dar. Er ist ein Gedanke den viele Menschen haben. „Ich könnte mich mit einer Krankheit anstecken“ 2. Stufe: die Bewertung des Gedanken Der Gedanke wird erst durch eine spezielle Form der Bewertung zu einem Problem „Es wäre furchtbar eine Krankheit zu bekommen!“ Durch diese Bewertung setzt sich der Gedanke beim Patienten fest und versursacht physiologische Erregungen + Unruhe 3. Stufe: Emotionale / physiologische Unruhe: Diese als sehr unangenehm erlebte Unruhe ist die Ursache der Handlungsimpulse und Ausführung der Zwangshandlungen. 4. Stufe: Neutralisierung / Ritual: Durch die Ausführung der Zwangshandlung erfolgt eine kurzfristige Beruhigung Kontrolle, Waschen, gedankliche Rituale Es ist aber kaum möglich durch Gedanken ausgelöste Unruhe komplett zu beseitigen. Langfristig kommt es durch die negative Verstärkung zur einer Erhöhung der Bedeutsamkeit, welche erneut emotionale / physiologische Unruhen auslösen und den Neutralisierungsvorgang auslösen. 45 Nach Salkovskis spielt also die Interpretation hinsichtlich der eigenen Verantwortlichkeit für den Patienten eine große Rolle. Welche Folgen ergeben sich daraus für den Patienten? 46 - Verstärktes Unwohlsein, Angst und Depression Verzerrung der Aufmerksamkeit und schlussfolgerndes Denken Aktive und kontraproduktive Versuche, die Zwangsgedanken und damit verbundene Verantwortlichkeit durch Zwangshandlungen oder andere Gedanken zu neutralisieren. 47 Erkläre die Funktionalität der Zwangsgedanken nach Foa & Tillmann. 48 - - Unterscheiden Zwangsgedanken in angstreduzierende und angsterhöhende Komponenten, welche unterschiedliche Funktionen haben: Stimuluskomponente Reaktionskomponente Gedanken mit Stimuluskomponente führen zur Erhöhung der Angst und Unruhe Gedanken mit einer Reaktionskomponente stammen zwar aus derselben Modalität (die Situation ist dieselbe), wirken aber angst- und unruhereduzierend. Nicht der Inhalt des Gedanken ist also wichtig, sondern seine Funktion 49 Durch welche diagnostischen Instrumente kann man Zwangsstörungen erfassen? 50 - Die Kriterien für das Vorliegen einer Zwangsstörung sind in den beiden Klassifikationssystemen ICD-10 und DSM-IV festgelegt Das SKID-I und das DIPS erfassen sowohl die Zwangsstörung als auch evtl. komorbide Störungen. 51 Welche Methode zur Erfassung der Zwangsstörung ist denn besser als Fragebögen? 52 Funktionale Analyse: Die jeweiligen Elemente der Störung werden in ein Systemmodell menschlichen Verhaltens eingeordnet SORKC (Kanfer) S = Stimulus: - bezeichnet die äußere oder innere Reizsituation. Der Stimulus erfasst die das Problemverhalten auslösende Bedingungen O = Organismus: - bezeichnet die individuellen biologischen + lerngeschichtlichen Persönlichkeitseigenschaften der Person. (Disposition?) R = Reaktion Ausgangsbedingungen bzw. bezeichnet das beobachtbare Problemverhalten K = Kontingenz bezeichnet die zeitliche Aufeinanderfolge des Problemverhaltens C = Konsequenz bezieht sich auf die Abhängigkeit des Problemverhaltens von Erfolg oder Misserfolg 53 Worum geht es in der funktionalen Analyse? 54 Zunächst soll die Problematik auf unterschiedlichen Verhaltensebenen beschrieben werden: Ebene des Verhaltens (α) Beschreibt beobachtbare Merkmale einer Zwangshandlung, z.B.: Merkmale des Waschens Dauer des Duschens Art und Dauer der Kontrolle Häufigkeit der Wiederholungen Ebene der Kognitionen (β) Beschreibt gedankliche Zwänge, Gedankeninhalte und damit verbundene Befürchtungen (Katastrophen usw.) Zusätzlich wird auf dieser Ebene analysiert: Gedankliche Schemata und Muster Verzerrte Wahrnehmungen Gedächtnisinhalte Diese Inhalte können nur aufgrund subjektiver Angaben des Patienten erfasst werden Die Unterscheidung in zwanghafte Befürchtungen, Bewertungen und Neutralisieren in funktionaler Hinsicht ist wichtig. Ebene physiologischer Merkmale (γ) Erfasst Erregung, Unruhe des Patienten, Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen Diese Ebenen hängen eng miteinander zusammen und werden nur zur Analyse voneinander getrennt. 55 Wozu genau ist die funktionale Analyse letztendlich gut? 56 - Sie soll helfen, spezifische Auslöser der Problematik zu identifizieren “auslösende Situation (evoking situation) + ausgelöste Reaktion (evoked reaction) 57 Welche Therapieverfahren sind zur Behandlung einer Zwangsstörung geeignet? 58 - Oft wird eine zweigleisige Therapie mit Medikamenten + Verhaltenstherapie angestrebt, v.a. bei mangelnder Veränderungsbereitschaft - Die VT arbeitet mit: Expositionsbehandlung Reaktionsverhinderung Kognitiven Techniken Entspannungsverfahren Während der Behandlung führt P. ein Symptom-Tagebuch fördert Eigenverantwortlichkeit des P. in der Therapie Ziel der multimodalen Verhaltenstherapie ist die Habituation, d.h. die Abschwächung der Angst durch Konfrontation + Reaktionsverhinderung - 59 Was passiert bei der Konfrontation und Reaktionsverminderung mit dem Patienten? 60 Konfrontation (z.B. Klobrille anfassen) - P. erlebt sofortigen Angstanstieg Dies wird als sehr unangenehm empfunden und P. versucht durch Strategien es zu vermeiden. Die Neutralisierung (z.B. Waschen) führt zu einer sofortigen Angstreduktion negative Verstärkung Bisheriges Problem: P. kann nie die konkrete Erfahrung machen, dass seine Angst, entgegen seiner Erwartungen nicht ins Unermessliche steigt! Daher setzt genau hier die Reaktionsverhinderung ein: P. soll nun seine bisherigen Vermeidungsrituale unterlassen P. wird konfrontiert (Klobrille) sofortiger Angstanstieg + Unruhe, Anspannung Drang zum Neutralisieren Jetzt setzt die Reaktionsverminderung ein, d.h. P. darf Vermeidungsrituale nicht ausführen, sondern soll die Angst + Unruhe ertragen erlebt, dass Angst + Unruhe auch dann abnehmen, wenn er auf Vermeidungsrituale verzichtet 61 Kann man die Zwangsstörung auch medikamentös behandeln? 62 Ja! Zur medikamentösen Behandlung von Zwangssymptomen werden in erster Linie verwendet: - SSRI, z.B.: Fluvoxamin, Fluoxetin Trizyklisches Antidepressivum CLOMIPRAMIN (wirkt serotonerg) 63 Wie ist der Verlauf einer Zwangsstörung? 64 - Unbehandelt chronisch Spontanremissionen selten Multimodale Verhaltenstherapie 60-80% Besserung der Zwangssymptome auch langfristig Pharmakotherapie 20-40% gehen Beschwerde zurück Rückfallrisiko durch Absetzen 80-90% 65 Was ist eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTB) und welche Definitionen gibt es? 66 PTB ist eine psychische Erkrankung, die nach dem Erleben schwerster, katastrophaler Belastungssituationen wie z.B. Krieg, Bedrohung des eigenen Lebens, gewaltsamer Tod anderer, Vergewaltigung oder Terror auftritt. Bei den Betroffenen kann sich die Störung mit einiger zeitlicher Verzögerung (Wochen-Monate) eine schwere Belastungsreaktion ausbilden. Bsp.: - Feuerwehrleute im Einsatz beim Anschlag auf das WTC Schüler des Erfurter Gymnasiums, die den Tod von Mitschülern erlebten Überlebende von Naturkatastrophen, z.B. Tsunami, Erdbeben 67 Wie definieren DSM-IV und ICD-10 ein Trauma? 68 Definition der Posttraumatischen Belastungsstörung nach DSM-IV: Kriterien der traumatisierenden Erfahrung: A. Die Person wurde mit einem traumatischen Ereignis konfrontiert, bei dem die beiden folgenden Kriterien vorhanden waren: 1. Die Person erlebte, beobachtete oder war mit einem oder mehreren Ereignissen konfrontiert, die tatsächlichen oder drohenden Tod oder ernsthafte Verletzung oder eine Gefahr der körperlichen Unversehrtheit der eigenen Person oder anderen Personen beinhalteten. 2. Die Reaktion der Person umfasste intensive Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen. Beachte: bei Kindern kann sich dies auch auf aufgelöstes oder agitiertes Verhalten beziehen. Definition der Posttraumatischen Belastungsstörung in der ICD-10: A. Die Betroffenen sind einem kurz- oder langanhaltenden Ereignis oder Geschehen von außergewöhnlicher Bedrohung oder mit katastrophalem Ausmaß ausgesetzt, das nahezu bei jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde. 69 Nenne die Diagnosekriterien der PTB nach ICD-10. 70 A. P. erlebte ein Ereignis oder Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigen Ausmaßes, die bei fast jedem eine tiefgreifende Verzweiflung auslösen würden damit sind die Stressoren gemeint! B. Wiederholte unausweichliche Erinnerung oder Wiedererleben des Ereignisses (Flash-Backs) in Gedächtnis, Tagträumen oder Träumen durch innere Bedrängnis in Situationen, die der Belastung ähneln oder mit ihr in Zusammenhang stehen C. Vermeidung von Situationen, die der Belastung ähneln oder mit ihr in Zusammenhang stehen (vor der Belastung nicht vorhanden!) D. Entweder 1. oder 2.: 1. (Teil)Amnesie 2. Chronische Übererregung (mindestens 2 der folgenden Merkmale): Ein- und Durchschlafstörungen Reizbarkeit oder Wutausbrüche Konzentrationsschwierigkeiten Erhöhte Wachsamkeit (Hypervigilanz) übermäßige Schreckhaftigkeit E. Keine Symptomdauer angegeben. Symptome treten innerhalb von 6 Monaten nach dem Ereignis auf. 71 Nenne die Diagnosekriterien der PTB nach DSM-IV. 72 A. B. C. D. E. F. G. Konfrontation mit traumatischem Stressor Traumatisches Ereignis + Subjektive Reaktion: Furch, Hilflosigkeit, Entsetzen Ständiges Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form von ( mindestens 1 von 5 Symptomen) Intrusionen (eindringliche + wiederkehrende Erinnerungen als Bilder, Gedanken, Wahrnehmungen) Belastenden Träume bzw. Albträume Flashbacks (wiedererleben des Traumas, aber nicht als Erinnerung sondern als Realbild, quasi erneut erleben!) Hervorgerufen durch interne / externe Auslöser Physiologische Reaktion bei Erinnerung (Handeln und Fühlen, als ob das Ereignis tatsächlich wiederkehrt) Anhaltendes Vermeidungsverhalten interner + externer Reize, die mit dem Trauma assoziiert sind(mindestens 3 Symptome): Bewusste Vermeidung Gefühle, Gedanken und Gesprächen bzgl. der Traumas Bewusste Vermeidung von belastungsauslösenden Situationen, Aktivitäten oder Menschen Unfähigkeit, wichtige Aspekte des Traumas zu erinnern (Teil-Amnesie) Emotionale Taubheit (Numbing) Interessenverlust Derealisation + Depersonalisation, d.h. Gefühl der Losgelöstheit oder Entfremdung von sich und anderen. Verringerter Affektspielraum Eingeschränkte Zukunftsperspektive Anhaltende Symptome erhöhter Erregung (=chronische Überreaktion) Mindestens 2 von 5 Symptomen: Ein- und Durchschlafstörungen, Erhöhte Reizbarkeit Konzentrationsschwierigkeiten Erhöhte Wachsamkeit (Hypervigilanz) Übermäßige Schreckreaktion Symptome müssen länger als einem Monat andauern Symptome rufen klinisch bedeutsame Belastungen oder Beeinträchtigungen im sozialen bzw. beruflichen Bereich und anderen wichtigen Funktionsbereichen hervor 73 Was unterscheidet das DSM-IV bei der PTB im Vergleich zum ICD-10? 74 DSM-IV unterscheidet zwischen einem Ereignis- und einem subjektiven Kriterium (=individuelles Erleben): A1. Kriterium: objektive Stressor-Kriterium, Ereigniskriterium: - „potentielle oder reale Todesbedrohung, ernsthafte Verzweiflung oder Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit bei sich oder anderen“ durch folgende Ereignisse: Folter Gefangenschaft / Kriegsgefangenschaft Gewalttätige Überfälle / Vergewaltigungen Naturkatastrophen Schwere Unfälle A2. Kriterium: subjektives Stressor-Kriterium: - Die Betroffenen erleben intensive Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen als emotionale Reaktion auf das Trauma erleben 75 Definiere Intrusion, Flashbacks und Dissoziation. 76 Intrusionen: - Ungewollt wiederkehrende und belastende Erinnerungen oder Erinnerungsbruchstücke eines Traumas Können spontan auftreten oder werden durch Hinweisreize ausgelöst Die Intensität reicht von Einzelerinnerungen bis hin zum Überwältigtwerden durch die Erinnerung Intrusionen können erscheinen in Form von: - - - Belastende Träume bzw. Albträume: Wiederkehrende Träume, die Erinnerung oder Erinnerungsbruchstücke eines Traumas beinhalten In Abträumen können Erinnerungen verzerrt auftreten Flashbacks: Eine Art Erinnerungsattacke, die durch Plötzlichkeit und Lebendigkeit gekennzeichnet ist Sind meist kurzandauernd und gehen mit dem Gefühl einher, dass Trauma erneut erlebt zu haben. Dissoziation 77 Warum wird die PTB auch als eine Art Gedächtnisstörung bezeichnet? 78 Aufgrund folgender Merkmale, wie: - Intrusionen = spontan auftretende, ungewollte Wiedererinnerungen an Aspekte des Traumas Bestehen aus kurzen sensorischen Fragmenten Betroffene sehen oder spüren Teilaspekte des immer wieder Bestimmte Aspekte können nicht erinnert werden - Flashbacks = intrusive Erinnerungen begleitet von dissoziativen Symptomen Das traumatische Erlebnis ist eine ganzheitliche Erfahrung, zeitlich und örtliche Orientierung gehen verloren, d.h. der Betroffene erinnert sich nicht an das Trauma sonder er wird wieder in das Trauma hineinversetzt und erlebt es von neuem inklusive der Emotionen und Reaktionen. 79 Welche diagnostischen Instrumente erfassen PTB? 80 Klinische Interviews: - CIDI (Composite International Diagnostic Interview) Clinical Administered PTSC-Scale (zur Erfassung von Diagnose und Schweregrad - Impact Of Event Scale (4-stufiges Skala für zur Erfassung der Auftretenshäufigkeit + Schwere der Symptomatik) PDS = Posttraumatic Diagnostic Scale (Selbstbeurteilungs-FB zur Erfassung der Symptomatik + Reaktion) PTCI = Posttraumatic Cognition Inventory (zur Erfassung typischer posttraumatischer kognitiver Veränderungen) Fragebögen: 81 Was weißt du über die epidemiologischen Daten der PTB? 82 - Mehrheit der Bevölkerung erlebt mindestens 1 traumatisches Ereignis Gewalttaten, insbesondere sexuelle Gewalt und Kampfeinsatz führen mit höherer Wahrscheinlichkeit zu PTB als Unfälle oder Naturkatastrophen Männererleben zwar mehr traumatische Erlebnisse als Frauen, Frauen erleben diese jedoch mit hoher traumatisierender Wirkung Risiko einer PTB-Entwicklung bei Frauen doppelt so hoch wie bei Männern 83 Welche Störungen müssen zur Diagnose einer PTB ausgeschlossen werden? 84 Bei der Differentialdiagnose müssen u.a. beachtet werden: - Art und Dauer des Stressors Symptom-Muster Frühere Symptome Ausgeschlossen werden müssen folgende Störungen: - Akute Belastungsstörung/ -reaktion Anpassungsstörungen (F43.2) Trauerreaktionen Andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung Andere Angststörungen Depressionen Andere intrusive Kognitionen und Wahrnehmungsstörungen 85 Wie verläuft die PTB? 86 - Häufig chronisch, dabei phasenweise stark bzw. weniger stark Häufig Spontanremissionen im ersten Jahr (30%) nach 4 Jahren weitere 20% Dauer der Erkrankung ist von der therapeutischen Behandlung abhängig Bei ca. 1/3 erfolgte keine Remission, unabhängig von Psychotherapie oder nicht Störung kann in Einzelfällen auch verzögert (nach 6 Monaten) auftreten (3-10%) 87 Was sind denn die Risiko- bzw. Schutzfaktoren zur Entwicklung einer PTB? Welches Rahmenmodell erklärt das? 88 Prätraumatische Faktoren: Faktoren, die unabhängig vom Trauma eine Rolle spielen - Alter, Geschlecht, Bildung, vorangegangene psychiatrische Erkrankungen Haben trotz inkonsistenter Ergebnisse den niedrigsten Effekt auf die Ausbildung der PTB Peritraumatische Faktoren: Faktoren, die während des Traumas eine Rolle spielen - Intoxikationen, emotionale + psychophysiologische Reaktionen (z.B. Todesangst, sich Aufgeben, Verlust des Autonomiegefühls) Merkmale des Traumata an sich, z.B. die Traumastärke Haben den größten Effekt auf die Ausbildung einer PTB! Posttraumatische Faktoren: Faktoren, die nach dem Trauma eine Rolle spielen - Fehlende soziale Unterstützung. Zusätzlicher Stress in der Lebensführung, psychophysiologische Reaktionen Diese Effekte sind stärker als die prätraumatischen Faktoren und schwächer als die peritraumatischen Faktoren Integratives multifaktorielles Rahmenmodell posttraumatischer Belastungsstörung von Maercker 89 Nenne einige weitere Faktoren, die die Ausbildung der PTB begünstigen. 90 - Wahrnehmung der eigenen Lebensbedrohung Dissoziative Symptome während des Traumata, sowie der Versuch, die Erinnerungen daran zu unterdrücken Weibliches Geschlecht Frühe Trennung von Eltern Familiäre Belastung durch eine psychische Störung Bereits in der Vergangenheit erlebte traumatische Erlebnisse Eine bereits bestehende Störung wie Angststörung oder Depression 91 Welche Traumatisierungstypen gibt es? 92 Typ-I-Traumata kurze Dauer, zufälliges, einmaliges Auftreten - Naturkatastrophen Unfälle Technische Katastrophen Kriminelle Gewalttaten Typ-II-Traumata längere Dauer, wiederholtes Auftreten - Geiselnahme Folter Kriegsgefangenschaft Kriegserlebnisse KZ-Haft Wiederholte körperlich + sexuelle Gewalt Man Made Desaster höherer Belastungsgrad der Opfer bei gezielt verursachte Gewalt durch andere Menschen Schwere, lebensbedrohliche Erkrankungen können mit typischen PTB-Symptomen einhergehen 93 Was beschäftigt die Traumatisierten? 94 - Warum reagiere ich so? bin ich normal? Wann geht es mir nicht mehr so? Wie geht es anderen mit solchen Erlebnissen? Darf ich wütend sein, obwohl ich trauere? Wer hat Schuld? Bin ich Schuld? Wie kann ich in den Alltag zurückkehren? 95 Was sind typische Begleiterscheinungen der PTB? 96 Dysfunktionale Bewertung + Interpretationen des Geschehens, z.B.: - Alles war meine Schuld! Mein Leben ist ruiniert! Gefühle von Schuld, Scham und Ekel Typische Strategien zur Beendigung / Vermeidung von Intrusionen Erhöhte Überreaktion auf traumarelevante Reize 97 Welche Störungen können aufgrund einer Traumatisierung entstehen? 98 1. 2. PTB akute Belastungsstörung Nach ICD-10 zusätzlich noch: - andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung Nach DSM-IV DESNOS bzw. komplexe PTBS : Komplexe PTBS: Störung der Affekt- und Impulsregulation Übermäßiger Ärger Chronifizierte dissoziative Symptome Störung des Bewusstseins Gestörte Selbstwahrnehmung Gestörte Wahrnehmung des Täters Störung in sozialen Beziehungen Veränderung des Wertesystems Disorder of Extreme Stress Not Otherwise Specified + Somatisierung ähnlich der Bordeline-Störung!!! 99 Wie wird die PTB von der akuten Belastungsstörung (F43.0) abgegrenzt? 100 - - PTB diagnostizieren, wenn die Symptome frühestens 1 Monat nach dem Trauma auftreten Akute Belastungsstörung kann sofort nach einem traumatischen Erlebnis auftreten und sollte höchstens nur 1 Monat anhalten! Symptome der PTB können auch bei der akuten Belastungsstörung auftreten Bei der akuten Belastungsstörung dominieren häufig folgende Symptome: dissoziative Symptome Teil- oder vollständige Amnesie Derealisation + Depersonalisation Betroffene befinden sich in einem Schock-Zustand mit herabgesetzter Wahrnehmungsfähigkeit Risikowahrscheinlichkeit einer PTB steigt beim Vorliegen einer akuten Belastungsstörung 101 Wie oder warum entsteht eine PTB? 102 - Durch fehlende Coping-Strategien, d.h. wenn die Betroffenen nicht in der Lage sind das traumatische Erlebnis richtig zu verarbeiten Daher ist es Ziel der Therapie, die Verarbeitung zu ermöglichen und zu erleichtern, um die Symptomatik zu verbessern Dazu sind plausible Erklärungsmodelle notwendig 103 Welche Erklärungsmodelle der PTB gibt es? 104 - Zweifaktorentheorie (Mowrer) Furchtstrukturmodell (Foa & Kozak) Modell der chronischen Posttraumatischen Belastung (Ehlers & Clark) Psychophysiologischer Erklärungsansatz 105 Erkläre die PTB nach dem Zweifaktorenmodell von Mowrer. 106 Zwei-Faktoren-Theorie von Mowrer: Klassische Konditionierung: - intrusives Wiedererleben = klassisch konditionierte emotionale Reaktion reize, die mit der ursprünglichen Situation verknüpft waren, werden zu Auslösern der emotionalen Belastung. Operante Konditionierung: - negativer Verstärkung durch Vermeidung traumarelevanter Reize oder emotionale Taubheit Dissoziation oder psychogene Amnesie werden als unbewusste kognitive Vermeidung angesehen Stimulusgeneralisation: - Erklärt, dass bei PTB-Patienten eine große Anzahl interner + externe Reize Angst und Unruhe auslösen können 107 Was sind die Kritiken an Mowrers Zweifaktoren-Theorie zur Erklärung der PTB? 108 - - - Trauma ist oft ein einmaliges Ereignis Klassische Konditionierung erfolgt eigentlich durch mehrfach Verknüpfungen Ausbleiben der Löschung Intrusionen sind regelmäßige Konfrontationen und dennoch erfolgt keine Löschung! Erklärung aufgrund der starken Vermeidung erfolgt die Konfrontation nur bruchstückhaft und erregt die Patienten weniger, als es beim Traumaerlebnis selbst war. = Lernen ist abhängig vom Zustand Stimulusgeneralisation es bleibt unklar, warum die Generalisierung hier stärker ist, als bei anderen Störungen evtl. Zusammenhang zwischen Schweregrad + Komplexität des Traumas und der dabei wahrgenommenen Reize Modell kann einen verzögerten Beginn nicht erklären Auch Intrusionen + Albträume werden nicht erklärt, dabei sind sie untypisch für Angststörungen Lerntheoretische Ansätze lassen also keine kognitiven Elemente zu, auf welche die Symptomatik der PTB basiert, v.a. dysfunktionale Überzeugungen (z.B. generalisierte Wahrnehmung der Machtlosigkeit, Schuldgefühle) und Wahrnehmung der Bedrohung. 109 Erkläre das Furchtstrukturmodell der PTB von Foa & Kozak. 110 - - - Annahme einer pathologischen Furchtstruktur im Gedächtnis Erklärt die Aufrechterhaltung der PTB-Symptomatik anhand des Vermeidungsverhaltens. Das Modell geht davon aus, dass durch ein Trauma vorherige Sicherheitsüberzeugungen erschüttert und bereits negative Bedrohungswahrnehmungen verstärkt werden. Das Trauma wird daher in einer anderen Form als normale Lebenserfahrungen abgespeichert. Die beschriebene posttraumatische Reaktion wird als „Furchtstruktur“ im Gedächtnis abgespeichert und stellt ein Programm für Flucht oder Kampf hinsichtlich zukünftiger Gefahren dar. Als Furchtstrukturen bezeichnet man also spezifische, durch das Trauma veränderte Gedächtnisstrukturen, diese bestehen aus folgenden Informationsarten: Kognitionen Informationen über das erlebte Trauma, also den gefürchteten Stimulus = Fakten Emotionen die Reaktion der betroffenen Person Körperreaktionen die Bedeutung der bedrohlichen Reize und der eigenen Reaktion Eine posttraumatische Furchtstruktur bildet sich dann heraus, wenn im Moment des Traumas ein emotional extrem bedeutsamer Stimulus mit kognitiven Fakten (z.B. Messer), Emotionen (z.B. Todesangst) und wahrgenommenen Körperreaktionen (z.B. Gefühl des Herzstillstandes) gekoppelt wird. Diese Kopplung geschieht in Form einer nachhaltigen Aktivierung einer umfassenden Gedächtnisstruktur. Die Furchtstruktur ist von allen ihren Elementen aus durch Hinweisreize zu aktivieren, d.h. durch Fakten, Gefühle und Körperreaktionen. Je mehr Elemente die Furchtstruktur beinhaltet, desto häufiger kann sie durch verschiedene Hinweisreize aktiviert werden, und desto stärke wird die Ausprägung der posttraumatischen Symptomatik. 111 Erkläre das Modell der „chronischen PTB“ von Ehlers & Clark. 112 Problem: - - - Modelle der PTB müssen erklären, warum Betroffene Angstsymptome erleben. Angst jedoch bezieht sich üblicherweise auf die Wahrnehmung einer zukünftigen Bedrohung. PTB ist aber eine Störung, die auf Erinnerungen an vergangene Ereignisse beruht. Clark & Ehlers lösen diesen Widerspruch durch die zentrale Hypothese der Wahrnehmung einer schweren gegenwärtigen Bedrohung, d.h. dass sich eine chronische PTB nur dann entwickelt, wenn die Betroffenen ein Trauma und / oder dessen Konsequenz so verarbeiten, dass sie ein schwere gegenwärtige Bedrohung wahrnehmen. 2 Prozesse führen nach diesem Modell zur Wahrnehmung der gegenwärtigen Bedrohung: Individuelle Unterschiede in der Interpretation des Traumas und / oder seiner Konsequenzen Individuelle Unterschiede in der Art des Trauma-Gedächtnisses und seiner Verbindung zu anderen lebensgeschichtlichen Erinnerungen. Wird nun die Wahrnehmung einer gegenwärtigen Bedrohung aktiviert Intrusionen, Symptome körperlicher Erregung + starke Emotionen, wie Angst, Ärger, Scham oder Trauer. Diese wahrgenommene Bedrohung aktiviert eine Reihe von Verhaltensweisen + kognitiven Reaktionen wirken angst- und bedrohungsreduzierend. Führen aber zur Aufrechterhaltung der Störung! Es setzt also ein Teufelskreis ein, welches anhand von Rückkopplungsprozessen die PTB aufrecht erhält: Keine Veränderung des Traumagedächtnisses konditionierte Furchtreaktionen werden nicht gelöscht Negative Interpretation des Traumas + seiner Konsequenzen werden gesundheitsförderlich empfunden. 113 Sicherheitsverhalten wirkt Vermeidungsverhalten! kurzzeitig angst- und bedrohungsreduzierend verstärkt Nenne einige Beispiele zur individuell negativen Interpretation des Traumas und / oder seiner Konsequenzen, die zur Wahrnehmung einer gegenwärtigen Bedrohung führen. 114 Nicht nur das Trauma sondern auch seine Konsequenzen werden interpretiert: 1. 2. 3. 4. Traumatische Erlebnisse: a. Eintreten des traumatische Erlebnisses “Ich bin nirgends sicher! Das nächste Unglück kommt bald!“ b. Das Trauma passiert mir “Ich ziehe Unglück an! Andere sehen mir an, dass ich ein leichtes Opfer bin!“ c. Eigenes Verhalten + Emotionen während des Traumas “Ich verdiene es! Ich breche bei Stress zusammen!“ Anfängliche PTB-Symptome: a. Reizbarkeit, Wutausbrüche “Ich habe mich zum Schlechten verändert! Meine Ehe wird zerbrechen!“ b. Emotionale Taubheit “Ich bin innerlich tot! Ich werde mich andere nie mehr nahe fühlen!“ c. Intrusionen + Albträume “ Ich werde verrückt! Ich komme nie darüber hinweg!“ d. Konzentrationsschwierigkeiten “Mein Gehirn wurde beschädigt! Ich verlieren meinen Job!“ Reaktionen anderer Menschen: a. Positive Reaktion “Sie halten mich für schwach, um damit klar zu kommen!“ b. Negative Reaktion “Niemand ist für mich da! Ich bin verlassen! Andere Konsequenzen des Traumas: a. Körperliche Folgen “Mein Körper ist ruiniert! Ich werde nie mehr ein normales Leben führen!“ b. Verlust von Arbeit, finanzielle Verluste “Bald bin ich Obdachlos! Ich verliere auch meine Kinder!“ 115 Psychophysiologischer Erklärungsansatz der PTB. 116 - Erklärt vorwiegend den Zusammenhang neuroanatomischer und endokriner Veränderungen mit den typischen PTB-Symptomen PTB wird als eine Reaktion auf einen gravierenden Stressor bezeichnet 117 Nenne die wichtigsten neuroendokrinen Veränderungen der PTB. 118 Von besonderer Bedeutung sind hierbei die Hormone des Hypothalamus, Hypophysen-Nebennierenrinde-Achse (HHNA), das noradrenerge System und endogene Opiate. - Dysfunktion der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden Achse (HHNA) bei PTB-Patienten ist charakteristisch: Durch das Trauma erhöht sich die Anzahl / Sensibilität der Glukokortikoid-Rezeptoren (z.B. Cortisol) im Hypothalamus und im Hypothysen-Forderlappen. Diese Rezeptoren regulieren den Cortisolspiegel. Wenn der Cortisolspiegel ansteigt, hemmen die Rezeptoren die ACTH-Ausschüttung, was zur Reduktion der Cortisolspiegels führt. Eigentlich müsste auch der CRH-Spiegel sinken, da der Hypothalamus auch Cortisol-Rezeptoren hat. Warum also ein hoher CRH-Spiegel bei PTB-Patienten: Vermutung: Starke Aktivierung der Amygdala durch die sensorische Reize (gegenwärtig wahrgenommene Bedrohung) 119 Nenne die wichtigsten psychophysiologischen Veränderungen der PTB. 120 - Erhöhte Erregbarkeit, z.B. erhöhte Aktivität Hautleitfähigkeit, Herzrate und Blutdruck Übermäßige Schreckreaktion mit sehr langsamer Habituation an wiederholter Reize Reduzierte Fähigkeit erwartete, intensive aber redundante (irrelevante) reize einzuordnen und der arousal response zu regulieren. 121 Nenne die wichtigsten neuromorphologischen Veränderungen der PTB. 122 Verringerter Hippocampus-Volumen bei PTBS-Patienten: Frühere Annahme: - Trauma (Stress) führt zu einer Verringerung des Hippocampus-Volumen. Tieruntersuchungen: Unterwürfige Tiere (die, sie so schwach sind, dass sie immer angegriffen werden) hatten ein wesentlich geringeres Volumen, als die Alpha-Tiere. Aktuelle Annahme: - Zwillingsstudie: Einer der Zwillinge hat PTB und ein verringertes Hippocampus-Volumen Der andere Zwilling hatte aber ohne Trauma auch einen verringerten Hippocampus-Volumen ALSO: ist der verringerte Hippocampus-Volumen nicht das Resultat einer Traumas, sonder eine Vulnerabilität zur Entwicklung der PTB. 123 Hat der Patient wirklich eine PTB? Welche anderen Störungen könnten vorliegen und wie werden sie erfasst? 124 Strukturierte Interviews zur Erfassung der PTB, anderer Störungen und Komorbiditäten, z.B. SKID-I, DIPS. PTB sollte immer die Primärstörung sein!!! Häufige andere Probleme die Patienten mit PTB sind: - Depressionen Andere Angststörungen v.a. prätraumatische!!! Probleme in der Partnerschaftsstörungen (v.a. bei Vergewaltigungsopfern) Substanzmissbrauch (Alkohol, rauchen, Medikamente, Drogen) Körperliche Beschwerde / Somatisierungsstörungen 125 Wie kann man PTB allgemein Behandeln? 126 PTB kann sowohl anhand psychologisch-psychotherapeutischer Interventionen als auch Medikamentös behandelt werden. Kognitive VT: - Wirksamkeit durch Metaanalysen belegt: Effektstärke von 1,57 (Konfrontationstherapie ohne kognitive VT) Effektstärke von 1,66 (Konfrontationstherapie + kognitive VT) Reine Pharmakotherapie nur 0,69 bei Abbrechraten von ca. 31% - 127 Wie erfolgt die Behandlung einer PTB? 128 Nach dem Erstkontakt mit dem Patienten und der diagnostischen Phase setzten die therapeutischen Interventionen ein: 1. 2. 3. 4. Insensu-Konfrontation Invivo-Konfrontation Kognitive Umstrukturierung Rückfallprophylaxe Diese Therapiemodule umfassen jeweils mehrere Stunden und können sowohl nacheinander als auch parallel bearbeitet werden. Die Auswahl erfolgt im Hinblick auf die Bedürfnisse des Patienten. 129 Wie erfolgt die Insensu-Konfrontation bei der PTB? 130 Ziel dieses Therapiemoduls ist es, anhand der am meisten belastenden Erinnerungen die spontanen, belastenden Intrusionen und der damit verbundenen Angst zu reduzieren. Wenn wir vom Furchtstrukturmodell ausgehen, so ist das therapeutische Mittel der Wahl die InsensuKonfrontation. Patient wird mit den angstauslösenden und traumassoziierten Reizen wie z.B. Situationsabläufe, Empfindungen und Gedanken während des traumatischen Ereignisses in der Vorstellung konfrontiert. Voraussetzung für eine erfolgreiche Insensu-Konfrontation und für die Compliance des Patienten, ist ein gründliche kognitive Vorbereitung, bestehen aus: - Erklärungsmodell der Symptomatik Störungsmodell Ableitung eines Therapierationals Veränderungsmodell Gemeinsames Erarbeiten der Therapieplanung Insensu-Konfrontation: Geschieht als Einzelsitzung ca. 8-12 aufeinander folgende Sitzungen bis Angstniveau gesunken. - Patient soll sich die belastenden Trauma-Erinnerungen mit möglichst allen Einzelheiten vorstellen. Er soll sich das Ereignis in allen Sinnesqualitäten vorstellen Vor der ersten Insensu-Konfrontation erfolgt eine neutrale Übungsimagination, die die Sinnesqualitäten einbezieht. Insensu-Konfrontation findet meist mit geschlossenen Augen statt Verbale Kommentierung des Patienten währen der Konfrontation erfolgen im Präsens. Das Angstniveau des Patienten wird in mehreren Intervallen erfasst auf einer 10-stufigen Skala von 0-100 erfasst Der Therapeut achtet darauf, dass nach dem Durchleben des Traumas in der Vorstellung die Angst bis zum Ende wieder abklingt wenn nötig durch zusätzliche Techniken, z.B. Atemtechniken + Entspannungübungen. Ablauf der einzelnen Insensu-Konfrontationen wird auf Band aufgenommen HA des P. Band bis zur nächsten Sitzung täglich anzuhören. 131 Wie erfolgt die Invivo-Konfrontation? 132 Ergänzend zur Insensu erfolgen die Invivo-Konfrontationen. Diese sollten v.a. dann angewendet werden, wenn bestimmte Fertigkeiten und Fähigkeiten durch das posttraumatische Vermeidungsverhalten beeinträchtigt waren, z.B. Autofahren nach einem traumatischen Verkehrsunfall. Weg zur Arbeit, wenn Trauma auf diesem Weg geschah. Wenn notwendig, kann vor der Invivo-Konfrontation eine Insensu-Konfrontation erfolgen. Auch hier ist eine kognitive Vorbereitung notwendig, die analog zu der der Insensu-Konfrontation erfolgt. 133 Wie erfolgt die kognitive Umstrukturierung bei einer PTB? 134 Kognitiven Interventionen beziehen sich hauptsächlich auf die veränderten kognitiven Überzeugungen oder auf die Art der Interpretation der PTB-Symptomatik. Bisher wurden einige Bereiche identifiziert, in denen traumatische Erlebnisse zu einem gestörten Selbst- und Fremdkonzept führen: Sicherheit, Vertrauen, Selbstachtung, Intimität. Ziel der kognitiven Umstrukturierung ist es, die dysfunktionalen Überzeugungen des Patienten zu beseitigen. Die kognitive Umstrukturierung erfolgt anhand: - - - Sokratischer Dialog Gekennzeichnet durch flexible Arbeitshaltung des Therapeuten, interessierte Neugierde und durch wertfreie Diskussion der Annahmen, Überzeugungen, Verhaltensweisen + Erlebnissen des Patienten nach rationalen und logischen Gesichtspunkten, z.B.: „Welche Beweise haben sie dafür, dass ihre Erwartungen neuer Unglücke zutreffen?“ „Könnte es nicht auch Alternativen geben?“ Geleitetes Entdecken Der Therapeut regt den Patienten zum Entdecken von Zusammenhängen an, z.B. zwischen Gefühlen und Gedanken Immer, wenn ich mir denke, wenn ich vorsichtiger gewesen wäre, wäre nichts passiert, fühle ich mich ganz schlecht. A-B-C-Arbeitsblätter Zur Identifikation automatischer Gedanken durch den Patienten 135 Was sind die Therapieziele hinsichtlich der verschiedenen Formen kognitiven Vermeidung? 136 1. 2. 3. Traumageächtnis identifizieren und in das autobiographische Gedächtnis einordnen Interpretaion des Traumas und / oder seiner Konsequenzen, die das Gefühl der gegenwärtigen Bedrohung hervorrufen, verändern: Denkfehler identifizieren durch sokratisches Gespräch Veränderung dysfunktionale Verhaltensweisen und kognitive Strategien, mit denen die wahrgenommene gegenwärtige Bedrohung und die PTB-Symptome zu kontrollieren versuchen. 137 Wie definiert das DSM-IV eine Panikattacke? 138 Eine Panikattacke ist eine klar abgrenzbare Episode intensiver Angst und Unbehagen. Mindestens 4 der folgenden Symptome treten plötzlich auf und erreichen innerhalb von mindestens 10min. ihren Höhepunkt: - Palpitationen (=bewusste Wahrnehmung des eigenen Herzschlages) Schwitzen Zittern Gefühle der Kurzatmigkeit Angst zu sterben Angst vor Kontrollverlust Angst davor verrückt zu werden Parästhesien (= Missempfindungen, z.B. Taubheit oder Kribbelgefühle) Hitzewallungen oder Kälteschauer Derealisation (=Gefühl der Unwirklichkeit) oder Depersonalisation (=sich losgelöst fühlen) Das DSM-IV klassifiziert nur eine spezifische Störung, innerhalb derer eine Panikattacke auftreten kann (z.B. Panikstörung mit Agoraphobie), nicht aber die Panikattacke an sich 139 Wann wird nach DSM-IV eine Panikstörung diagnostiziert? 140 Um eine Panikstörung diagnostizieren zu können, muss im Anschluss an einen oder mehrerer wiederkehrende Panikattacken über einen Zeitraum von mindestens 1 Monat mindestens eines der folgenden Symptome auftreten: - Anhaltende Sorge über das Auftreten einer weiteren Panikattacke (Angst vor der Angst!!!) Anhaltende Sorgen über die Bedeutung des Anfalls oder seine Konsequenzen (z.B. einen Herzinfarkt erleiden, die Kontrolle verlieren) Deutliche Verhaltensänderungen aufgrund der Panikattacke, z.B. ständig auf den eigenen Körper achten. Sollte neben den Panikanfällen ein zusätzliches Vermeidungsverhalten auftreten, wird nach DSM-IV / ICD-10 ein Paniksyndrom mit Agoraphobie / eine Agoraphobie mit Panikstörung diagnostiziert. Intensität und Ausprägung der Symptomatik sind bei einer unerwarteten Panikattacke stärker (z.B. Panikstörung mit Agoraphobie) als bei einer erwarteten Panikattacke wie z.B. bei den spezifischen Phobien! Panikattacken sind somit eher kognitiv als physiologisch bedingt. 141 Nenne die Diagnosekriterien der Panikstörung nach DSM-IV. 142 Panikstörung ohne Agoraphobie: - Wiederkehrende unerwartete Panikattacken Bei mindestens einer Attacke folgte 1 Monat lang mindestens eines der folgenden Symptome: Anhaltende Sorge über weitere Attacken (Angst vor der Angst) Sorgen über die Bedeutung der Panikattacke Deutliche Verhaltensänderungen infolge der Panikattake Panikstörung mit Agoraphobie: - Symptome der Panikstörung Angst an Orten oder Situationen zu sein, von denen eine Flucht schwierig oder peinlich sein könnte oder wo im Falle einer Panikattacke keine Hilfe verfügbar wäre Diese Situationen werden vermieden oder nur unter deutlichem Unbehagen durchgestanden bzw. nur in Begleitung aufgesucht. 143 Nenne die Diagnosekriterien der Panikstörung nach ICD-10. 144 A. Wiederholte plötzlich auftretende Panikattacken, die nicht situations- oder objektgebunden sind. B. Eine Panikattacke muss alle folgenden Charakteristika aufweisen: Einzelne Episode intensiver Angst und Unbehagen Plötzlicher Beginn Erreicht Höhepunkt innerhalb von 10min Mindestens 4 der folgende Symptome davon mind. 1 vegetatives Symptom müssen auftreten: Vegetative Symptome: Palpitation / erhöhte Herzfrequenz Schweißausbrüche Fein- / grobschlägiger Tremor Mundtrockenheit Symptome des Thorax und Abdomen: Atembeschwerden Beklemmungsgefühle Brustschmerzen / Missempfindungen Psychische Symptome: Gefühl von Schwindel / Unsicherheit / Schwäche Depersonalisation (=sich losgelöst fühlen) oder Derealisation (=Gefühl der Unwirklichkeit) Angst vor Kontrollverlust oder verrückt zu werden Angst zu sterben Allgemeinen Symptome: Hitzewallungen oder Kälteschauer Gefühllosigkeit oder Kribbelgefühle 145 Was muss für die Diagnose einer Panikstörung nach ICD-10 ausgeschlossen werden können (Kriterium C)? 146 - Keine Folge körperlicher oder organisch-psychischer Störungen nach F0 Keine Folge anderer psychischer Störungen wie Schizophrenie Affektive Störungen (F3) Somatoforme Störungen (F45) 147 Nenne die Diagnosekriterien einer Panikstörung ohne Agoraphobie nach DSM-IV. 148 A. Sowohl 1) als auch 2) müssen auftreten: 1) Plötzlich wiederkehrende unerwartete Panikattacken 2) Mindestens eines der folgenden Symptome nach mindestens 1 Monat nach der Panikattacke: o Anhaltende Sorge über weitere Panikattacken o Sorgen über die Bedeutung und / oder Konsequenz der Panikattacken o Deutliche Verhaltensveränderungen infolge der Panikattacken B. Keine Agoraphobie vorhanden C. Panikattacken sind nicht substanzinduziert oder durch andere Krankheiten verursacht D. Panikattacken können anders nicht besser erklärt werden 149 Was sind die häufigsten Symptome einer Panikattacke? 150 Tachykardie (Herzklopfen, Herzrasen) Hitzewallungen Beklemmungsgefühle Zittern, Beben Benommenheit Schwitzen Schmerzen in der Brust Atemnot Angst zu sterben Angst vor Kontrollverlust Abdominelle Beschwerden (=Magen-Darm-Beschwerden) Ohnmachtsgefühle Parästhesien (=Missempfindungen) Depersonalisation (= sich losgelöst fühlen) oder Derealisation (=Gefühl der Unwirklichkeit) 151 Von welchen Symptomen berichten die Patienten bei einer Panikattacke? 152 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. Benommenheit, Schwindel Herzrasen, Herzstolpern Zittern, Beben Angst verrückt zu werden Schweißausbrüche Hitze- und Kältewallungen Atembeschwerden Depersonalisation Kibbeln- und Taubheitsgefühle Angst zu sterben Übelkeit Beklemmungsgefühle in der Brust Erstickungsgefühle 153 Welche typischen Situationen werden bei einer Agoraphobie gemieden? 154 - Alleine außer Haus sein Menschenmengen Schlangen , z.B. in Kaufhäusern Brücken Fahren mit Bus, Zug oder Auto 155 Durch welche diagnostischen Instrumente kann man eine Agoraphobie erfassen? 156 Agoraphobie-Screening-Fragen im DIPS: - Kriterien der Klassifikationssysteme werden hier in Fragen umformuliert und dem Patienten in Form einen strukturierten Interviews gestellt. Selbstbeurteilungsskalen: Allgemeine Psychopathologie SCL-90-R: - 90 Items erfassen Somatisierung, Zwanghaftigkeit, Unsicherheit im Sozialkontakt, Depressivität, Ängstlichkeit, phobische Ängste, Aggressivität. BAI (Beck-Angst-Inventar) - 21 Items erfassen Ausmaß kognitiver und physiologischer Angstsymptome Selbstbeurteilungsskalen: spezifische Psychopathologie: ACQ: - Fragebogen angstbezogener Kognitionen 14 Items erfassen Kontrollverlust, Vermeidung und körperliche Krisen MI (=Mobilitätsinventar): - 27 Items zur Einschätzung der agoraphobischen Vermeidung 157 Was weißt du über die Epidemiologie der Panikstörung? 158 - Panikstörung hat eine Lebenszeitprävalenz von 2,4% in Deutschland Lebenszeitprävalenz der Agoraphobie 5,4% Frauen 2,5 mal häufiger betroffen Besonderheiten: - Tritt oft im Alter von 25-30 Jahren auf 2-gipflige Verteilung bei Männern Frauen erkranken zumeist in der ersten 30 Lebensjahren Nach dem 40.LJ gibt es eine zweite Ersterkrankungshäufung 70% der Patienten mit Panikstörung weisen andere komorbide Störungen Alkoholismus, Phobie 30-50% hatten im Verlauf ihres Lebend eine Depression; 28% Medikamentenabusus (Benzos!!!) 159 Welche Störungen müssen vor der Diagnose einer Panikstörung ausgeschlossen werden? 160 Panikattacken können bei vielen Angststörungen auftreten, diese sind aber eher situationsgebunden und es handelt sich oft um erwartete Panikattacken (Bei Panikstörung sind Panikattacken unerwartet!!!) Differentialdiagnose: - Soziale Phobie Spezifische Phobien Generalisierte Angststörung Zwangsstörungen Höhenangst Koronare Herzerkrankungen Hyperthyreose 161 Bei welchen psychischen Störungen können Panikattacken eigentlich vorkommen? 162 Panikattacken können vorkommen als: - Nebenphänomene anderer psychischer Erkrankungen Angsterkrankungen depressiver Erkrankungen psychotische Erkrankungen - Symptome körperlicher Erkrankungen, z.B. Hyperthyreose koronare Herzerkrankungen - Folge psychotroper Substanzen 163 Welche Typen von Panikattacken kann man unterschieden? 164 Unerwartete Panikattacken - werden nicht ausgelöst, da sie weder objekt- noch situationsgebunden sind Situationsgebundene Panikattacken - können ausgelöst werden - treten fast immer direkt bei Konfrontation mit Reiz, Auslöser oder Vorstellung davon auf Situationsbegünstigte Panikattacken - ein Reiz macht Auftreten eine Panikattacke wahrscheinlicher 165 Was kann die Therapie einer Panikstörung erschweren? 166 eine Agoraphobie. 167 Was ist in der Regel zuerst vorhanden – die Agoraphobie oder die Panikstörung? 168 Die Agoraphobie entwickelt sich in der Regel nach der Panikstörung, meist innerhalb des ersten Jahres, in dem rezidivierende Panikattacken auftreten. Außerdem: - Onset liegt in später Adoleszenz und Mitte 30. Onset nach dem 45 Lebensjahr und atypische Symtpome (Schwindelgefühl, Bewußtlosigkeit) können Hinweis auf medizinischen Krankheitsfaktor sein. Verlauf ist chronisch und schwankend. 169 Wie wird die Ursache (Ätiologie) einer Panikstörung erklärt bzw. was ist die Erstickungsalarmhypothese? 170 Die Erstickungsalarmhypothese ist eine Theorie zur Entstehung einer Panikattacke (Klein), die davon ausgeht, dass eine Panikattacke die Folge eines falschen Erstickungsalarm im Gehirn ist. - - Es ist möglich Panikattacken bei Panikpatienten durch bestimmte „panikogene“ Belastungen überzufällig häufig auszulösen, z.B. durch: Laktatinfusion Erzeugt metabolische Alkalose (überhöhter ph-Wert des Körpers), also ein durch Stoffwechsele bedingter Anstieg des Blut-ph-Wertes Dies geschieht u.a. durch Erbrechen oder Absondern des Mageninhalts aufgrund von Magensäureverlust. CO2-Provokation Erzeugt respiratorische Azidose, also durch Atmung verursachter Abfall des Blut-ph-Wertes, was zur Übersäuerung des Körpers führt. Cholezystekinin-Induktion (CCK-4) „Gallenblasenbeweger“; ein Peptidhormon des Magen-Dram-Traktes Neurotransmitter im Gehirn Verschiebt ebenfalls das Säure/Basen-Gleichgewichts im Blut Um die ph-Wert-Verschiebung zu kompensieren kommt es zur Hyperventilation. Panikpatienten sind sehr empfindlich was die ph-Wert-Verschiebung angeht und haben eine niedrige Erstickungsschwelle. Bei Atemnot reagiert sofort das Erstickungs-Alarm-System und signalisiert eine Erstickungsgefahr was zur Hyperventilation führt. Diese Hyperventilation verschlimmert die Symptome der Panikattacke. Panikpatienten sind oft chronische Hyperventilierer 171 Welche weiteren Faktoren können als Ursache einer Panikstörung in Frage kommen? 172 Ängstlichkeit (Trait-Angst): - nur eine Disposition! Ängstliche Menschen reagieren auf negativer Affektivität und falschem Alarm (=Panikanfall) negative Lebensereignisse mit Emotionalität, Modelllernen: - Die Überzeugung der Gefahr unerwarteter Körpersymptome kann gelernt sein, z.B. durch Eltern So entsteht eine Sensibilisierung für mögliche Bedrohung aufgrund unerwarteter Körpersysmptome, z.B. erhöhte Herzfrequenz, Schwindel Behaviorale Inhibition: - ein früh erfassbarer Reaktionsstil, gekennzeichnet durch Gehemmtheit, Vermeidung und Unbehagen in neuen Situationen, unbekannten Personen und Objekte erhöht das Risiko einer Angststörung in der Kindheit Verzerrung in der Informationsverarbeitung, es gibt 3 Arte: - Interpretation Bias = Neigung, relevante Reize als bedrohlich zu interpretieren Attention Bias = Selektive Aufmerksamkeit auf bedrohliche Reize Memory Bias = bessere Erinnerungsfähigkeit bedrohlicher Reize Noradrenalin bei Panikpatienten übermäßig aktiv (Locus coeruleus); Aktivitäthemmung des Locus coeruleus hat keine Wirkung auf Panikanfälle 173 Welche Störungsmodelle zur Erklärung der Entstehung und Aufrechterhaltung einer Panikstörung gibt es? 174 - Das kognitive Modell von Clark (Der Teufelskreis der Angst) Zweifaktoren-Modell der Angst von Mowrer Psychophysiologisches Modell nach Margraf & Ehlers Ätiologisches Modell der Panikstörung (mit / ohne Agoraphobie) nach White & Barlow 175 Was ist unter „Der Teufelskreis der Angst“ zu verstehen? 176 Eine Panikattacke lässt sich gut als Teufelskreis sich aufschaukelnder Angst verstehen: - - Panikattacken beginnen oft mit der Wahrnehmung körperlicher Reize (z.B. Herzklopfen, Schwitzen) Das Auftreten dieser Köpersymptome kann durch verschiedene Hintergrundfaktoren bedingt sein (z.B. Treppensteigen, zu viel Kaffee oder Stress durch belastende Lebenssituation) Diese eigentlich harmlosen Körpersymptome werden gedanklich als Gefahr bewertet, was entscheidend für die Entwicklung der Angst ist (z.B. Mit meinem Herzen stimmt etwas nicht! Gleich kipp ich um!) Auf emotionaler Ebene führt das Auftreten der als Gefahr bewerteten Situation zur Angst, welche über entsprechende physiologische Mechanismen (Stressreaktion!) zu typischen körperlichen Empfindungen führt (z.B. erhöhte Herzfrequenz, Zittern, Herzrasen) Diese Körperempfindungen werden wiederum erneut wahrgenommen und kognitiv verarbeitet und erneut als Gefahr bewertet. (Jetzt bekomme ich einen Herzinfarkt!) Auf diese Weise können sich Angst und damit verbundene körperliche und kognitive Reaktionen aufschaukeln. 177 Was sind die Schwächen und Stärken des kognitiven Modells von Clark? 178 - Erklärt Panikattacken nur in Zusammenhang mit erkennbaren katastrophisierenden Gedanken. Panikattacken können aber ohne erkennbare Kognitionen auftreten, z.B. im Schlaf. Der Begriff „katastrophisierende Gedanken“ ist sehr vage, da es nicht erklärt, wann genau ein Gedanke katastrophisierend ist und wie solche Gedanken überhaupt erworben werden. Obwohl katastrophisierende Gedanken oft bei Panikpatienten vorkommen, sind sie nicht notwendigerweise auch die Ursache einer Panikattacke Die bedeutsamste Schwäche des kognitiven Modells von Clark ist, dass sie nicht zwischen verschiedenen emotionalen Zuständen von Panik und antizipatorischer Angst unterscheidet. 179 Erkläre das psychophysiologische Modell nach Margraf & Ehlers. 180 Panikattacken entstehen durch positive Rückkopplung zwischen: - Körperlichen Symptomen ihre Assoziation mit Gefahr Und der daraus resultierenden Angstreaktion Die positive Rückkopplung läuft schnell ab und kann mehrmals durchlaufen werden und kann bei sowohl bei der physiologischen Veränderung als auch bei der Wahrnehmung dieser oder erst bei der resultierenden Angstreaktion. Ein Panikanfall beginnt typischerweise mit: 1. 2. 3. 4. Körperlichen / psychischen Veränderungen wie z.B. Herzklopfen Schwitzen, Gedankenrasen, Konzentrationsschwierigkeit Können unterschiedliche Ursachen haben, z.B. körperliche Anstrengung, Koffein Diese Veränderungen werden wahrgenommen und mit Gefahr assoziiert. Auf diese wahrgenommene Bedrohung wird mit Angst / Panik reagiert, was zu weiteren physiologischen und psychischen Veränderungen führt, die wiederum erneut wahrgenommen und assoziiert werden. Dieser Teufelskreis sorgt dafür, dass die Angst immer mehr steigt. Formen der Angstreduktion: - Wahrgenommene Verfügbarkeit von Bewältigungsstrategien Automatisch einsetzende negative Rückkopplung 181 Wie erfolgt die negative Rückkopplung bzw. welche Bewältigungsstrategie gibt es hier? 182 Die negative Rückkopplung (Bewältigungsstrategien) ist: - deutlich langsamer als positive Rückkopplung und wirkt auf alle im Modell genannten Komponente (1-4),z.B.: Habituation Respiratorischer Reflex bei Hyperventilation kognitive Neubewertung Ermüdung Bewältigungsstrategien: - langsames / flaches Atmen Ablenkung auf andere Reize Hilfesuche Vermeidungsverhalten kognitive Strategien, z.B. Körperempfindungen reattribuieren Die wahrgenommene Verfügbarkeit solcher Strategien bewirkt Angstreduktion, ihr Versagen angststeigernd! 183 Welche Faktoren begünstigen die Ausbildung einer Panikattacke nach dem psychophysiologischen Modell? 184 Folgende Faktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit für eine Panikattacke: – interne / externe Stressoren – individuelle Prädispositionen – physiologische (körperliche Fitness, zentrale Chemorezeptor-Sensitivität,…) psychische (Angst vor Anfall, Lerngeschichte, kognitive Stile) individuelle Reizschwelle situationale Faktoren, z.B. unmittelbare Assoziation mit Gefahr 185 Durch welche Systeme werden Furcht/ Panik und die Angst reguliert? 186 Panik/ Furchtsystem: a. wird durch explizite Gefahrenreize aktiviert b. furcht steigert sich mit zunehmender Nähe der Gefahrenquelle (Paroxysmal) c. die neuronale Steuerung erfolgt in der Amygdala Angstsystem: d. wird durch Antizipation einer Bedrohung ausgelöst e. die neuronale Steuerung erfolgt über den BNS (= Bed Nucleus Striata Terminalis) 187 Erkläre das ätiologische Modell zur Entstehung einer Panikstörung. 188 Das Ätiologiemodell der Panikstörung nimmt an, dass die Panikstörung aufgrund der Konditionierung von Angst mit internen und externen Reizen entsteht. Ansatzpunkt = panikrelevante Kognitionen werden bei der Konditionierungstheorie nicht als Ursache, sonder als Vulnerabilitätsfaktor einer Panikstörung gesehen, welches die Konditionierung begünstigt. - Angst ist ein antizipatorischer emotionaler Zustand mit somatischen Symptomen. Panik ist eine subjektiv stark empfundene Furcht, der zu einer Fight-Flight-Reaktion führt. Das Modell geht von 3 Vulnerabilitätsfaktoren aus: 1. 2. 3. Unspezifischer biologischer Vulnerabilitätsfaktor = biologische Disposition = Trait-Angst Diese Disposition sorgt dafür, dass wir auf negative Lebensereignisse mit Emotionalität. Negative Affektivität und falschem Alarm reagieren (=Panikanfall) Sie ist aber keine direkte genetische Vermittlung, sie legt nur die Basis für Panik und Angst. Z.B. kann Stress dann eine Panikattacke auslösen. Unspezifischer physiologischer Vulnerabilitätsfaktor Erklärt die Panikstörung anhand früher Erfahrungen von Unkontrolliertheit, Unvorhersagbarkeit, z.B. aufgrund einer überbehüteten Erziehung, der Kontrollüberzeugungen verhindert hat. Spezifischer Psychosozialer Vulnerabilitätsfaktor = spezifische Lernerfahrungen Modelllernen Operante Konditionierung Z.B. lernen Kinder durch ihre Eltern, dass unerwartete Körpersymptome gefährlich sind und einen bestimmten Umgang erfordern Dies führt zur Sensibilisierung möglicher Bedrohungen durch Symptome, die z.B. durch Stress ausgelöst werden und eine Panikattacke verursachen 189 Erkläre den Verlauf einer Panikstörung nach dem Ätiologiemodell. 190 Eine Panikstörung beginnt immer mit einer Panikattacke. Diese initiale Panikattacke wird nun mit bestimmten externalen und/ oder internalen Reizen assoziiert. Folge = Hyperventilation und daraus resultierende Körperreaktionen - - Dieser emotionale Lernprozess kann ohne bewusste Repräsentation der Assoziationen erfolgen (Katastrophisierende Gedanken) Diese impliziten emotionalen Gedächtnisinhalten (Katastrophisierende Gedanken)können nun das Furchtsystem aktivieren, ohne dass sich die Person dabei bewusst erinnern kann, warum sie eigentlich so erregt ist. Die frühen Anzeichen von Paniksymptomen wie z.B. Kurzatmigkeit oder leichter Schwindel können durch interozeptive Lernprozesse eine volle Panikattacke ankündigen. Entscheidend ist jedoch, dass die zukünftigen Panikattacken durch die antizipatorische Angst begünstigt werden. Die Aktivierung des Angstsystems triggert also die Aktivierung des Furchtsystems. Verlauf der Panikstörung: - Initiale Panikattacke Wiederholt auftretende Panikattacken Sensitivierung und antizipatorische Angst Panikstörung + Agoraphobische Vermeidung Sozialer Rückzug, Demoralisierung + Depression Inadäquates Hilfesuchen, z.B. Alkohol- und Medikamentenmissbrauch 191 Erkläre den neuronalen Schaltkreis von Coplan bei Panikstörung. Fehlt mir noch, weiß nicht ganz recht was das genau ist bzw. was da passiert! Muss ich noch suchen! 192 Wie kann man eine Panikstörung behandeln? 193 1. Vermittlung eines Therapierationals a. Aufklärung des Patienten über die allgemeine Natur der Angst b. Teufelskreis der Angst vermitteln c. Therapeutisches Vorgehen aus diesem Modell ableiten 194 Wie erfolgt der therapeutische Ablauf und welche Methoden werden eingesetzt? 195 - - Insensu Reaktionsexposition Provokation von Angstsymptomen o Ähnlicher einer Insensu Konfrontation o P. soll den gefürchteten Panikzustand detailliert beschreiben P. aufgrund unpräziser Beobachtungen seinen Panikzustand nicht präzise beschreiben kann, wird eine Panikzustand willentlich herbeigeführt. dient nur zur Beschreibung der Panikreaktion! o Patienten lernen auf eigene Gedanken, Erwartungen und Horrorfilme im Kopf zu achten und beobachten, wie dadurch körperliche Symptome verursacht werden. Kognitive Umstrukturierung: o Anhand der Beschreibung erfolgt nun die kognitive Umstrukturierung o Hier werden die beim Patienten Angst und Bedrohung bedeutenden Symptome „entkatastrophisiert“, d.h. es sind normale Reaktionen auf angstauslösende Situationen. o Soll angstauslösende Situationen identifizieren, v.a. automatische Gedanken! o Veränderung der automatischen Gedanken durch interne Dialoge oder Gedankenstopp unter fortlaufender Invivo-Reaktionsexposition. 196 Was ist eine generalisierte Angststörung? 197 - - Eine häufige eigenständige psychische Erkrankung Betroffene leiden unter chronischer, anhaltender Angst, die durch häufige Sorgen bzw. ängstlichen Erwartungen geprägt ist. Diese Sorgen können nur selten oder gar nicht von den Betroffenen kontrolliert werden Sorgen beziehen sich auf verschiedenen Lebensbereiche: o Persönliche Beziehungen o Arbeit o Finanzielle Angelegenheiten Die Sorgen der Betroffenen sind intensiv, aber dennoch nicht unrealistisch. 198 Nenne die diagnostischen Kriterien der GAS nach ICD-10. 199 A. B. vorherrschende Anspannung, Besorgnis und Befürchtungen auf alltägliche Ereignisse und Probleme innerhalb von mindestens 6 Monaten. Mindesten 4 Symptome aus den Symptomkategorien + mindesten 1 vegetatives Symptom: a. Vegetative Symptome Palpitation, Herzklopfen, erhöhte Herzfrequenz Schweißausbrüche Mundtrockenheit b. Thorax und Abdomen betreffende Symptome Atembeschwerden, Beklemmungsgefühle Übelkeit oder Missempfindungen c. Psychische Symptome Schwindel, Unsicherheit, Schwäche, Benommenheit Derealisation, Depersonalisation Angst vor Kontrollverlust, verrückt werden oder auszuflippen oderAngst zu sterben d. Allgemeine Symptome Hitzewallungen oder Kälteschauer Gefühllosigkeit oder Kribbelgefühle e. Symptome der Anspannung Muskelverspannung, akut und chronische Schmerzen Ruhelosigkeit und Unfähigkeit zur Entspannung f. Unspezifische Symptome Übermäßige Schreckreaktionen Konzentrationsschwierigkeiten, Leeregefühl im Kopf wegen Sorgen und Angst Anhaltende Reizbarkeit Einschlafstörungen aufgrund der Sorgen 200 Welche Störungen müssen laut ICD-10 für eine eindeutige Diagnose der GAS ausgeschlossen werden können? 201 C. Differentialdiagnose: Störung erfüllt nicht die vollständigen Kriterien einer : a. Panikstörung b. Phobie c. Zwangsstörung d. Hypochondrische Störung D. Störung lässt sich nicht zurückführen auf: a. Organische Störungen b. Organisch-psychische Störungen c. Psychotrope Substanzen bedingte Störungen 202 Nach welchen Diagnosekriterien wird nach DSM-IV die GAS diagnostiziert? 203 A. Übermäßige Angst und Sorge (furchtsame Erwartungen) bezüglich mehrere Ereignisse oder Tätigkeiten, die innerhalb von mindestens 6 Monaten an den meisten Tagen nachweisbar sind. B. Die Person hat Schwierigkeiten, die Sorgen zu kontrollieren C. Angst und Sorgen sind mit mindestens der 3 folgenden Symptomen verbunden: Ruhelosigkeit Leichte Ermüdbarkeit Konzentrationsschwierigkeiten oder Leere im Kopf Reizbarkeit Muskelspannung Schlafstörungen / Ein- oder Durchschlafstörungen bzw. unruhiger unerholsamer Schlaf D. Angst und Sorgen sind nicht auf Merkmaler einer psychischen Störung beschränkt, z.B. beziehen sich Angst und Sorgen hier nicht auf eine erneute Panikattacke! E. Angst, Sorge oder körperliche Symptome sind belastend und beeinträchtigen Ausführung des Alltaglebens. F. Störungsbild lässt sich nicht auf andere Störungen zurückführen, wie: (psychotrope) Substanzen Medizinische Krankheitsfaktoren Tritt nicht ausschließlich im Verlauf einer affektiven Störung auf, psychischen Störung oder tiefgreifende Entwicklungsstörung auf. 204 Was ist das zentrale Merkmal einer GAS, quasi das Hauptsymptom? 205 Anhaltende Sorgen, Sorgen, Sorgen!!!! 206 Wodurch unterschiedet sich die Klassifikation der GAS im ICD-10 und DSM-IV? 207 Die GAS ist im ICD-10 anderen Störungen untergeordnet: - Vegetative Symptome Abdomen und Thorax betreffende Symptome Psychische Symptome Allgemeine Symptome Symptome der Anspannung Unspezifische Symptome Das DSM-IV ordnet die GAS folgenden Störungen zu: - Ruhelosigkeit Leichte Ermüdbarkeit Konzentrationsschwierigkeiten oder Leere im Kopf Reizbarkeit Muskelspannung Schlafstörungen, wie Ein- und Durchschlafstörungen; unruhiger Schlaf, unerholsamer Schlaf 208 Was kannst du zur Epidemiologie der GAS sagen? 209 - Die GAS ist eine häufige Angststörung mit einer Lebenszeitprävalenz bei ca. 5% Ihre Häufigkeit scheint eher steigend Ist die häufigste Angststörung in der Allgemeinpraxis – in der psychotherapeutischen Versorgung seltener als andere Angststörungen Frauen sind etwas häufiger betroffen GAS beginnt oft zwischen dem 20-30LJ hat einen 2.Gipfel im höheren Alter zwischen 55-60 Jahren. Ist die häufigste Angststörung im höheren Alter. 210 Wie ist der Verlauf und die Prognose der GAS? 211 - GAS ist eine chronische Störung mit einer geringen Rate von Spontanremissionen Betroffene suchen oft erst spät psychotherapeutische Hilfe Wenn Patienten mit GAS Hilfe suchen, leiden sie meistens schon unter weiteren Störungen Patienten mit GAS werden durch ihre Störung massiv beeinträchtigt 212 Worauf muss bei der Differentialdiagnose der GAS besonders beachtet werden? 213 Definition der Sorgen! - Bei der Diagnose GAS stehen die Sorgen im Mittelpunkt Diese Sorgen sind für das Verständnis der Störung, der Diagnose und Differentialdiagnose von große Bedeutung Sorgen sind im Allgemeinen ängstliche Erwartungen, die sich auf eine mögliches unangenehmes Ereignis beziehen – ein schlechter Ausgang wird befürchtet Patienten sorgen sich inhaltlich um die gleichen Dinge wie gesunde Personen Viele Sorgen der Patienten sind realistisch Die Sorgen der GAS-Patienten sind exzessiv – die Betroffenen sorgen sich viele Stunden am Tag GAS-Patienten können ihre Sorgen nicht kontrollieren, obwohl sie dies versuchen, und fühlen sich stärker durch sie beeinträchtigt Sorgen sind eine Art kognitiver Vermeidung Achtung: - Die Sorgen von GAS-Patienten nennt man auch Gedankenketten!!! Eine Sorge folgt der anderen! 214 Wodurch unterscheiden sich die Sorgen der GAS-Patienten von anderen Störungen? 215 Differentialdiagnose Panikstörung Phobien Zwänge Depression Hypochondrie Überlappende Merkmale Sorgen um Gesundheit Sorge, nicht arbeitsfähig zu sein Ängstlichkeit Erwartungsangst Sorgen, durch die Ängste beeinträchtigt zu werden Erwartungsängste - Negative, schwer zu kontrollierende Gedanken Angst - Grübeln Schlafstörungen Müdigkeit Konzentrationsschwierigkeiten - Sorgen um Gesundheit Angst Unterscheidende Merkmale Panikanfälle Sorgen sind nur auf Panik bzw. die Ängste um ihre Konsequenz bezogen - Situationsgebundene Ängste Offenes Vermeidungsverhalten Eindeutige Angstauslöser Ohne Angstauslöser auch keine Ängste Sorgen beziehen sich auf Ängste und Ihre Konsequenzen Stereotype Gedanken Auf ein Thema bezogen, ich dyston Rituale Zwangshandlungen Niedergeschlagenheit, Interessenlosigkeit Depressive Affekte Grübeln bezieht sich auf Vergangenheit Themen des Grübelns sind Versagen, Schuld, Sinnlosigkeit Überzeugung, krank zu sein Sorgen beziehen sich auf eigene Gesundheit und Konsequenzen Wiederholte Arztbesuche Sehr kurzfristige Beruhigung durch Arzt 216 Welche psychologischen Merkmale kennzeichnen spätere GAS-Patienten bereits dann, wenn die Störung noch nicht begonnen hat, also die psychologische Vulnerabilität? 217 Die psychologische Vulnerabilität erklärt, warum spätere GAS-Patienten sich häufig Sorgen machen: - - Sie richten ihre Aufmerksamkeit auf bedrohliche Reize Sie interpretieren unklare Situationen als bedrohlich Ihre geringe Unsicherheitstoleranz verlangt nach Sicherheit Positive Annahmen über die Funktion von Sorgen, z.B.: o Sorgen helfen mir Enttäuschungen zu vermeiden. o Sorgen schützen meine Lieben. o Sorgen helfen, bessere Lösungen zu finden o Sorgen verhindern, dass negative Ereignisse eintreten. Sie trauen sich in geringem Maß zu, erfolgreiche und tragfähige Problemlösungen zu finden, was zu neuen Sorgen führt. 218 Wodurch wird die GAS ausgelöst? 219 Allgemeine Annahme, dass die GAS ausgelöst wird durch besonders belastenden Ereignissen, z.B.: - Im Beruf oder in der Familie (z.B. Scheidung, Tod eines geliebten Menschen) Wechsel von gewohnten Umgebungen (z.B. Umzug) Größere Life-Events Allgemeine Überforderung und übermäßige alltägliche Belastungen Achtung: - Nicht eine einzelne Belastung sondern eher kumulierte Belastungen sind bei der Auslösung ausschlaggebend. 220 Wie werden Sorgen aufrechterhalten? 221 Durch negative Verstärkung, weshalb es zu keiner Habituation der Ängste kommt: - Sorgen verhindern eine starke physiologische Angstreaktion – sie sind also angstreduzierend! Sorgenketten verhindern emotionale Verarbeitung, d.h. solange sie sich Sorgen, können sie nicht mit noch stärkeren emotional belastenden Themen auseinander setzen. 222 Warum sind Sorgenprozesse bei GAS-Patienten persistent und werden als unkontrollierbar wahrgenommen? 223 Erklärung durch das Furchtstrukturmodell von Foa & Kozak: - Die Sorgenketten aktivieren vorwiegend kognitive Anteile der Furchtstruktur und nur teilweise die visuellen, emotionalen und physiologischen Aspekte. Eine Habituation ist daher trotzt der ständigen Konfrontation der ängstliche Erwartungen nicht möglich. 224 Warum können GAS-Patienten ihre Sorgen nicht reduzieren? 225 - Aufgrund fehlender Habituation drängen sich die Sorgen immer mehr und mehr auf. Die Sorgen werden als unkontrollierbar wahrgenommen, weil zu viele Stimulis mit den Sorgenthemen assoziiert sein können. Sobald die Annahmen über die Sorgen negativ werden, versuchen die Patienten die Sorgen zu reduzieren oder vermeiden. Die zur Reduktion bzw. Vermeidung eingesetzten Kontrollversuche sind jedoch kontraproduktiv: o Ablenkung o Vermeidungsverhalten o Rückversichern o Gedankenunterdrückung o Selbstmedikation 226 Erkläre das Teufelskreismodell zur Aufrechterhaltung pathologischer Sorgen (GAS). 227 Zentrale Annahme: Kontrolle verstärkt die Sorgen - - Die negativen Annahmen führen zu Kontrollversuchen der Sorgen Diese Kontrollversuche verstärken jedoch die Sorgen Wird versucht, an etwas nicht zu denken, treten diese Gedanken verstärkt auf! („Denken sie nicht an einen rosa Elefanten!“ Um zu verhindern, dass die Sorgen noch bedrohlicher werden, werden Kontrollversuche eingesetzt, z.B.: o Durch Themenwechsel der Sorgen o Durch Vermeidung der emotionalen Verarbeitung der Sorgen o Vermeidung der konkreter Vorstellungsinhalte oder Problemlöseversuche Es kommt also zu einem Vermeidungs- und Rückversicherungsverhalten. Diese Verhaltensweisen wirken zwar kurzfristig – langfristig verstärken sie aber die Sorgen. Vermeidung, Rückversicherung und Kontrollversuche verhindern aufgrund der negativen Verstärkung eine Habituation. Die Sorgen und die Angst schaukeln sich auf, bis sie durchbrochen werden können, z.B. durch Ablenkung von außen (andere Aufgaben, die die Aufmerksamkeit stärker fordern). Dieser Teufelskreis ist aber bei GAS-Patienten schnell auslösbar, aufgrund des assoziativen Lernens und der auslösenden Reize, die generalisiert sind. 228 Erkläre das Teufelskreismodell. 229 1. Reize (externe, interne) lösen aufgrund der bestehenden Vulnerabilität den Sorgenprozess aus. 2. Diese Sorgenprozesse werden aufgrund der Vulnerabilität als bedrohlich interpretiert. 3. Der Sorgenprozess ist bei GAS-Patienten weniger vorstellungsnah (also abstrakt), löst wenige Emotionen aus und die Befürchtungen werden nicht vollständig verarbeitet. 4. Die Vermeidung intensiver emotionaler Erlebnisse wirkt negativ verstärkend. 5. Durch die Vermeidung wird die Habituation verhindert, was zu mehr Sorgen führt. 6. Dadurch dass immer mehr Sorgen entstehen, d.h. die Sorgen sich generalisieren, führen zu noch mehr Sorgen, worauf erneut mit aktiver Vermeidung und Kontrollprozessen reagiert wird. 7. Weil aber diese Bewältigungsstrategien nur kurzfristig wirken oder sogar kontraproduktiv sind werden noch mehr Sorgen ausgelöst! 230 Erkläre das Diathese-Stress-Modell hinsichtlich einer GAS. 231 Annahme des Diathese-Stress-Modells zur Entstehung der GAS: - Komplexes Zusammenspiel von : o Vulnerabilität Genetische Vulnerabilität (Disposition) Lernerfahrungen und damit eingehende Schemata (Sorgen-Schemata) Unsicher-ambivalentes Bindungsmuster mit einem fehlenden Gefühl der Kontrolle bildet die Disposition für spätere Ängste o Auslösern Verschiedenen Lebensereignisse Stress Alltägliche Belastungen o Aufrechterhaltenden Bedingungen Lässt sich durch Teufelskreismodell darstellen Wichtige Faktoren: Aufmerksamkeitsprozesse Interpretation Dysfunktionale Schemata Meta-Sorgen Kontrollversuche der Sorgen Vermeidungs- und Rückversicherungsverhalten 232 Was sind die wichtigsten diagnostischen Informationen der GAS? 233 1. Diagnose der psychischen Störung inkl. Differentialdiagnose + Komorbidität 2. Sorgen-Exploration: - Welche Sorgenbereiche? - Wie belastend? - Welche Kontrollstrategien werden eingesetzt? - Dauer des Sorgens am Tag? - Welche dysfunktionalen Gedanken lassen sich erkennen? - Was sind die positiven Annahmen der Sorgen? - Was sind die negativen Annahmen der Sorgen (Meta-Sorgen)? - Welche Bedingungen lösen Sorgen wann aus? 3. Welches Vermeidungs- bzw. Rückversicherungsverhalten liegt vor? 4. Was sind die verstärkenden Bedingungen? 5. Wie stark wirkt die Störung belastend? 6. Anamnese bzgl. Bisheriger Vorbehandlungen 7. Auslöser der Störung? 8. Welches Bedingungsmodell hat der Patient? 9. Familienanamnese 10. Frage nach sozialem Umfeld des Patienten 11. Weitere Belastungssituationen (Scheidung, Tod) 12. Welche Ressourcen hat der Patient? 234 Wie erfolgt die therapeutische Behandlung einer GAS? Erkläre den Behandlungsablauf! 235 1. 2. 3. 4. Aufklärung des Patienten: Was versteht man unter GAS? Was ist Angst und welche Funktionen hat sie? Sorgfältige Verhaltensanalyse: SORKC-Modell GAS-typischen Problemverhaltensweisen nachvollziehbar explorieren, z.B.: - Sich-Sorgen - Vegetative Reaktionen - Vermeidungs- und Rückversicherungsverhalten - Vorausgegangene Bedingungen (z.B. Life-Events, auslösende Kognitionen) - Konsequenzen Therapeutische Ziele vereinbaren Sorgen konkretisieren und kognitive Verzerrungen ändern Abbau von Vermeidungs- und Rückversicherungsverhalten Änderung des Aufmerksamkeitsfokussierung Dysfunktionale negative Assoziation mit Katastrophenreduzieren Positive Assoziationen üben Reduktion der vegetativen Übererregung Bewältigungsstrategien erlernen Therapieplanung, Auswahl und Durchführung: Kognitive Vorbereitung Konfrontationsbehandlung Sorgenkonfrontation Kognitive Therapie Meta-Sorgen, Meta-Kognitionen Angewandte Entspannung nach Öst Sorgen-Tagebuch 236 Wie sieht die Sorgenkonfrontation aus? 237 1. Vorbereitung der Sorgenkonfrontation: - Sorgenbereiche Sammeln einen auswählen - Sorgeninhalte bestimmen - Sorgenhierarchie erstellen und eine Sorge auswählen - Sorgenszenarion mit möglichst vielen Sinnesmodalitäten entwickeln bis zum katastrophalen Ende! 2. Insensu-Konfrontation - Sorgenkonfrontation durchführen Sorgenszenario - Sorgenkonfrontation besprechen Angstratings von 0-100 - Hausaufgaben Sorgentagebuch + selbstständige Sorgenkonfrontation (evtl. Hörkassette) 3. Invivo-Konfrontation - Um Vermeidungs- und Rückversicherungsverhalten zu reduzieren - Erfolgt zeitversetzt zur Insensu-Konfrontation 238 Was bedeutet Phobie? 239 - anhaltende extrem intensive Furchtreaktionen Werden durch spezifische Objekte oder Situationen ausgelöst werden von dem zwingendem Wunsch geleitet, diese Situationen zu vermeiden. Einem Außenstehenden erscheint die Furchtreaktion irrational, übertrieben und unangemessen. Phobie-Patienten wissen, dass ihre Furchtreaktion übertrieben, irrational und unangemessen ist, können ihre Furchtreaktion aber nicht bewusst kontrollieren 240 In welche Kategorien werden Phobien unterteilt? 241 Aufgrund der Symptombeschreibungen, Alter bei Ersterkrankungsbeginn, Geschlechterverhältnisse und Prognose werden Phobien unterteilt in: - (F40.0) Agoraphobie (F40.1) Soziale Phobie (F40.2) spezifische Phobien (Tierphobien + gemischte Phobien) 242 In welche Gruppen lassen sich kindliche Ängste einteilen? 243 1. 2. 3. 4. 5. Furcht vor Tieren Spinnen Schlangen Hunde Mäuse Würmer Furcht vor Gefahren und Naturereignissen Dunkelheit Gewitter Höhen Enge Räume (Ersticken) Wasser Furcht vor Versagen / Soziale Ängste Abwertung durch Eltern, Lehrer, Mitschüler Furcht vor medizinischen Eingriffen Injektionen / Spritzen Zahnarzt Furcht vor dem Unbekannten Furcht vor Fremden Trennungsangst Angst alleine zu bleiben 244 Nach welchen Diagnosekriterien diagnostiziert das ICD-10 die spezifischen Phobien? 245 A. Entweder eine deutliche Furcht vor bestimmten Objekten oder Situationen, außer Agoraphobie oder Soziale Phobie oder eine deutliche Vermeidung dieser angstauslösenden Objekte oder Situationen B. In den gefürchteten Situationen tauchen immer typische Angstsymptome auf: 1) Vegetative Symptome 2) Abdomen und Thorax betreffende Symptome 3) Psychische Symptome 4) Allgemeine Symptome C. Deutliche emotionale Belastung durch Symptome oder Vermeidungsverhalten und die Einsicht, dass diese übertrieben und irrational sind. D. Symptome beziehen sich nur auf die gefürchteten Situationen oder auf Gedanken an diese. (Dabei gilt, je näher der Betroffene an der Furchtsituation dran ist, desto stärker seine Angst!) 246 Was sind die Sub-Typen der spezifischen Phobien aus? 247 1. 2. 3. 4. Tier-Typus Furcht vor Tieren (v.a. krabbelnde, kriechende) Beginnt allgemein vor dem 10. LJ Vegetative Symptome der Furchtreaktion ist durch deutliche Dominanz des sympathischen Teil des autonomen Nervensystems dominiert. Blut-Spritzen-Verletzungs-Typus Furcht vor Blut, Spritzen, Verletzungen und vor invasiven medizinischen Prozeduren, z.B. Dentalphobie Di-phasische Furchtreaktion: - 1. Phase = sympathikoton 2. Phase= vasovagal - In der 1. Phase kommt es zu einem schnellen Anstieg des Blutdrucks und der Herzrate (=Trachykardie). In der 2. Phase sinkt der Blutdruck wieder ganz schnell und der Herzschlag verlangsamt sich (=Bradykardie), was zu Übelkeit, kaltem Schweißausbruch und Ohnmacht. - Patienten, die von Ohnmacht berichten, zeigen di-phasische Furchtmuster Situativer Typus Furcht vor spezifischen Situationen, z.B. Tunnel. Fahrstühle, Autofahren, Fliegen, öffentliche Verkehrsmittel, Eingeschlossensein in engen Räumen Ähnlich einer Panikstörung + Agoraphobie, nur dass Furchtreaktion sich auf spezifische Situationen bezieht Umwelt-Typus Furcht vor Umweltphänomenen, z.B. Sturm, Gewitter, Dunkelheit, Höhen, Wasser Beginnt im Kindesalter 248 Nenne die häufigsten Symptome einer Furcht- bzw. Panikreaktion bei Patienten mit Spezifischer Phobie und Panikstörung. 249 Es gibt physiologische und kognitive Symptome von Furcht und Panik: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. Palpitation (=bewusste Wahrnehmung des eigenen Herzschlags), Herzklopfen (Tachykardie) Schweißausbrüche Zittern, Beben, Tremor Atembeschwerden, Kurzatmigkeit Erstickungsgefühle Schmerzen oder Beklemmungsgefühle in der Brust Übelkeit oder abdominale Missempfindungen Schwindel, Unsicherheit, Benommenheit Derealisation (=Gefühl der Unwirklichkeit), Depersonalisation (=sich losgelöst fühlen) Angst vor Kontrollverlust oder davor verrückt zu werden Angst zu sterben Taubheits- oder Kribbelgefühle (=Parästhesien) Hitzewallungen oder Kälteschauer 250 Was weißt du über die Epidemiologie der spezifischen Phobien? 251 - Spezifische Phobien gehören zu den häufig vorkommenden psychischen Störungen 8 % aller Deutschen entwickeln im Laufe ihres Lebens eine Spezifische Phobie: o Lebenszeitprävalenz von 8% o 6-Monats-Prävalenz von 6% o Geschlechterverhältnis (Frau : Mann) 2:1 - Häufigsten Sub-Typen der spezifischen Phobie: o Situativer-Typus 14% o Tier-Typus 8% o Blut-Spritzen-Verletzungs-Typus 3% Etwa 75-90% der Personen mit einer spezifischen Phobie sind Frauen Spezifische Phobien beginnen oft im Kindesalter (ca. 15Lj): o Umwelt-Typus-Phobien, Tier-Phobien und Blut-Spritzen-Verletzungs-Phobien beginnen in der frühen Kindheit (5-9,LJ) Situativer Typus nimmt mit dem Alter zu, v.a. bei Frauen. - - 252 Nenne komorbide Störungen der spezifischen Phobien. 253 Eine spezifische Phobie kommt selten allein: - Das Risiko im Laufe eines Lebens sekundär noch an Depression, Essstörung oder Abhängigkeit zu erkranken ist deutlich höher Noch höher sind die Komorbiditätsraten innerhalb der verschiedensten Angststörungen Nur 17% der Patienten mit spezifischer Phobie haben nur diese eine Störung. Komorbiditätsraten von spezifischen Phobien mit anderen Angststörungen: - Soziale Phobie 44% Agoraphobie 27% Panikstörung 15% Generalisierte Angststörung 16% 254 Wie lassen sich Patienten mit Spezifischen Phobien von anderen Angststörungen abgrenzen? 255 Differenzialdiagnostisch lassen sich Patienten mit Spezifischer Phobie dadurch abgrenzen, dass: - - - Sie nur bei Anwesenheit des phobischen Objektes oder der gefürchteten Situation Furcht und Leid empfinden Keine generell überhöhte andauernde Angst empfinden, wie es z.B. von Patienten mit Panikstörung mit Agoraphobie bekannt ist Der Angstinhalt: o spezifische Phobiker befürchten die Gefährlichkeit der Situation o Agoraphobiker befürchten im Fall einer Panikattacke aus einer bestimmten Situation bei Gefahr nicht fliehen zu können Art und Anzahl der Panikattacken: o Patienten mit spezifischer Phobie haben außerhalb der gefürchteten Situationen deutlich seltener Panikattacken und die Störung beginnt nicht mit einer initialen Panikattacke Anzahl der Situationen, die vermieden werden: o Phobiker vom situativen Typus vermeiden deutlich wenige Situationen Ausmaß der allgemeinen Ängstlichkeit: o Diese Eigenschaft ist bei Panikstörung und Agoraphobie deutlich höher als bei spezifischen Phobikern 256 Welche Störungsmodelle zur Erklärung der Entstehung und Aufrechterhaltung der Spezifischen Phobien kennst du? 257 - Zweifaktoren-Modell von Mowrer (Konditionierungsansatz) Furcht wird durch klassische Konditionierung erlernt und durch operante Konditionierung wird der gelernte Furchtzustand motiviert und initiiert ein Vermeidungsverhalten. Kritik= Furcht und Vermeidung können voneinander dissoziiert sein, d.h. auf Furcht folgt nicht immer ein Vermeidungsverhalten und ein Vermeidungsverhalten kann auch ohne Furcht existieren. Hamm sagt: es ist unwahrscheinlich, dass Vermeidungsverhalten durch negative Verstärkung der Furchtreaktion aufrechterhalten bleibt. Theorie der Furcht durch Konditionierung ist falsch 50% der Phobiker können nicht an eine direkte aversive Lernerfahrung mit gefürchteten Objekten erinnern. - 3 Wege zum Erwerb eine Spezifischen Phobie (= Weiterentwicklung der Konditionierungsansätze durch Rachman)lerntheoretischer Ansatz Konditionierungsprozesse = Durch eigene Lernerfahrungen Modelllernen = Durch die Beobachtung von ängstlichen Modellen Semantisches Lernen = durch die Übermittlung negativer Nachrichten und Informationen - Nicht-assoziativer Weg = fehlende Bewältigung frühkindlicher Furchtdispositionen - Integratives, biopsychosoziales Störungsmodell 258 Erkläre das Modell von Rachman zum Erwerb einer spezifischen Phobie. 259 Annahme= spezifische Phobien entstehen nicht nur durch direkte Konditionierung. Drei diskrete Lernerfahrungen sind für die Entstehung der spezifischen Phobie verantwortlich: 1. 2. 3. Konditionierungsprozesse = Durch eigene Lernerfahrungen a. „Little Albert“ Modelllernen = Durch die Beobachtung von ängstlichen Modellen a. Befunde von Mineka: - Junge, im Labor aufgewachsene Rhesusaffen entwickelten Angst vor Schlangen, nachdem sie die Furchtreaktion eines erwachsenen Modells beobachteten. - Die Furchtintensität ist dabei abhängig von der gezeigte Furchtreaktion des Modells Semantisches Lernen = durch die Übermittlung negativer Nachrichten und Informationen a. Einfluss negativer Nachrichten beim Erwerb von Furcht und Vermeidung b. Bsp.: erhöhte Furcht und Vermeidung des Fliegens seit dem Vorfall vom 11.September 2001 Belegt werden diese 3 Wege durch retrospektive Befragung der Patienten und ihren Eltern anhand des Phobic Origins Questionnaire (POQ): Resultat: - Nur. 50% der Phobiker erinnern sich an aversive Lernerfahrungen 15% haben keine Erklärung für ihre Phobie und erinnern sich an keine aversiven Lernerfahrungen, v.a. bei Umwelt-Typus Problem lerntheoretischer Erklärungsansätze = keine Phobien trotz traumatischen Ereignissen mit bestimmten Objekten. Daher entwickelten Paulton & Menzies einen 4. Weg zum Erwerb Spezifischer Phobien der nicht assoziative-Weg 260 Erkläre den nicht-assoziativen Weg von Paulton & Menzies. 261 Annahme: Spezifische Phobien entstehen aufgrund fehlender Bewältigung frühkindlicher Furchtdisposition. - Drehten das Prinzip des Konditionierungsprozesses um. Phobien entstehen dadurch, dass die Kinder ihre angeborene Furchtdisposition, d.h. die nichtassoziative Furcht nicht überwinden. Beweise für diese Hypothese: - Retrospektive Befragungen Prospektive Längsschnittstudie Dunedin-Studie: 1037 Einwohner der Stadt Dunedin(Neuseeland) Wurden seit ihrer Geburt 1972/73 untersucht, jeweils im Alter von 3,5,7,11,13,15,18 und 21. Ergebnisse: Vpn, die im vor ihrem 9. Lj. ernsthafte Stürze von Leitern, Treppen oder Bäumen erlebt haben, zeigten keine Höhenangst im 11. oder 18. Lj. Häufig gestürzte hatten mit 18 Jahren sogar seltener Höhenangst. Vpn, die in ihrer Kindheit nur wenige Erfahrungen mit Höhe hatten, zeigte im Alter zwischen 11-18 Jahren Höhenangst. Fazit: Kinder müssen lernen ihre angeborene Scheu zu überwinden. Die Bewältigung der angeborenen Scheu erfolgt durch positive Lernerfahrungen. (Scheu abtrainieren!) 262 Welche Rolle spielen Temperamentsfaktoren bei der Entwicklung einer Spezifischen Phobie? 263 - Können Dynamik aversiver Lernerfahrungen beeinflussen Eine stärkere Ausprägung der Persönlichkeitsdimensionen Neurotizismus und Introversion können aversive Konditionierung beschleunigen und verstärken 264 Erkläre das integrative, biopsychosoziale Modell zur Entstehung der spezifischen Phobie. 265 Annahme: - - - Phobien sind das Ergebnis einer Überreaktion des Furchtsystems. Die Überreaktion basiert auf Genetische Faktoren Dispositionen (Neurotizismus, Ängstlichkeit) die auf bedrohliche Reize mit starker Aktivierung des Furchtsystems reagieren Nicht-spezifische aversive Lernerfahrungen: Kritische Lebenssituationen Durch kindliche Erfahrungen von Kontrollverlust und Ohnmacht wird das Furchtsystem sensibilisiert. Spezifische aversive Lernerfahrungen: Aversive Erfahrungen mit gefürchteten Objekten Wird ein bedrohlicher Reiz wahrgenommen (neuronaler Schaltkreis), wird das Furchtsystem aktiviert, welche die defensiven Reaktionen aktiviert: Wenn die Gefahrenquelle entdeckt wurde, setzten eine Bewegungsstarre und die gebannte Orientierung ein. hier erfolgt die Sensitivierung des Furchtsystems, er wird leicht reizbar Im nächsten Schritt erfolgt die Vorbereitung zur Handlung. Das autonome NS wird aktiviert und es kommt zur Adrenalinausschüttung. Im letzten Schritt erfolgt dann die Umsetzung der Handlung, also Panik und Flucht. Sollte hier keine Flucht möglich sein, kommt es zur tonischen Immobilität, z.B. Ohnmacht. Die Intensität dieser Abläufe steigt mit zunehmender räumlicher oder zeitlicher Nähe des gefürchteten Objektes. Positive Lernerfahrungen mit den gefürchteten Objekten immunisieren bzw. löschen die Überreaktion. 266 Erkläre den neuronalen Schaltkreis zur Furchtregulation. 267 Das Furchtsystem wird durch den neuronalen Schaltkreis kontrolliert. - Die Amygdala ist die neuronale Kernstruktur des Furchtsystems Sie empfängt sensorische Informationen aus dem Kortex oder direkt aus dem Thalamus. Diese Informationen leitet die Amygdala entweder direkt oder über den basolateralen Kern an den zentralen Kern der Amygdala weiter. Dieser aktiviert dann das Defensive System. Ablauf: 1. Eine Gefahr wird wahrgenommen: - Die Aufmerksamkeit wird gesteigert - Potenzielle Gefahr wird fixiert - Es tritt ein aktionale Zustand ein, die Furchtvorbereitung 2. Gebannte Orientierung und Wachsamkeit: - Es wird nach einem Fluchtweg gesucht - Wenn kein Fluchtweg vorhanden ist, kommt es einer tonischen Immobilität, z.B. Ohnmacht 3. Aktion Flucht! Fazit: Phobien sind das Ergebnis einer Überreaktion des Furchtsystems! 268 Wie werden Spezifische Phobien behandelt? 269 1. Kognitive Vorbereitung a. Plausibles Störungsmodell vermitteln b. Vorgehen genau erläutern c. Nur mit Zustimmung des Patienten die Übung beginnen d. Regeln der Konfrontation erklären 2. Direkte Reizkonfrontation 270 Was ist die Systematische Desensibilisierung? 271 Schrittweise Konfrontation und Entspannungstechniken. 1. Systematische Desensibilisierung a. Konditionierte Hemmung, z.B. „der kleine Peter mit seiner Angst vor Tieren mit weißem Fell“ b. Progressive Muskelentspannung nach Jacobson (kann man machen, ohne ist Therapie effektiver) c. Insensu-Konfrontation Ablauf: - Angsthierarchie der furchtauslösenden Situationen hinsichtlich ihrer Intensität Den Patienten die Progressive Muskelentspannung beibringen (fakutativ) Insesu-Konfrontation Patienten sollen sich Furchtsituationen vorstellen und ägstliche Erregungen sofort signalisieren (z.B. durch Heben des Fingers) Hierauf kann sofort das Entspannungstraining einsetzen, um die Hemmung zu konditionieren Aber: Entspannung bei der Insensu-Konfrontation ist eher kontraindiziert. Je stärke das autonome Erregungsniveau während der Vorstellung furcheinflößender Situationen ist, desto besser der Therapieerfolg. 272 Was ist für die Wirkung der Insensu-Konfrontation verantwortlich? 273 - Habituation Extinktion Kognitive Umstrukturierung Damit diese wirken können, muss eine intensive Furchtreaktion während der Konfrontation erzeugt werden, v.a. insensu. Eine konditionierte Hemmung, also der Wechsel von Konfrontation + Entspannung wirkt nicht! Ausgangspunk der Insensu-Konfrontation ist die Bio-Informationstheorie der Emotionen (Lang): - Lebhafte Vorstellungen und Erinnerungen bestehen aus 3 Informationsklassen: Semantische Bedeutung, d.h. der Patient muss das Imaginationsskriot verstehen und es wiedergeben. Stimulus Komponente, d.h. die Vorstellungsfähigkeit (das innere Auge) Reaktions Komponente, d.h. die vegetative und emotionale Erregung - Vorstellungsskripte müssen Emotionen aktualisieren Imaginationen sollten Furchtreaktionen auslösen können Die Insensu-Konfrontation sollte am besten bereits erlebten Situationen beinhalten Fazit: 274 Wie behandelt man Phobien des Blut-Spritzen-Verletzungs-Typus? 275 1. Sitzung: Techniken der angewandten Anspannung erlernen, da Entspannungstechniken hier unpassend sind. 2. Sitzung: Patient wird mit furchteinflößendem Objekt (Blut, Bilder von Verstümmelungen) konfrontiert und soll die Techniken der angewandten Anspannung anwenden, wenn ein Blutdruckabfall droht. 3. Sitzung: Vorbereitung und Durchführung von 1-2 Venenpunktionen 4. Sitzung: Abgabe einer Blutspende 5. Sitzung: Beobachtung chirurgischer Eingriffe oder Auffrischung von Impfungen. 276 Was sind die Ziele der Angewandten Anspannung? 277 1. Gezielte Anspannung größerer Muskelgruppen im Arm-Brust und Beinbereich, um den Blutdruck anzuheben. 2. Selbstbeobachtung, um die ersten Anzeichen eines Blutdruckabfalls erkennen zu können Übung besteht 5 Zyklen, in denen die genannten Muskelgruppen so lange angespannt werden sollen, bis ein Wärmegefühl im Gesicht zu spüren ist. Dann wird die Spannung wieder losgelassen, aber es soll nicht entspannt werden. 278 Was ist eine soziale Phobie? 279 Ist die dauerhafte und übertriebene Furcht vor einer oder mehr sozialen Situationen: - - - Leistungssituationen In denen man von anderen Personen beobachtet und bewertet wird, während man einer Handlung nachgeht, z.B.: Öffentliches Reden Mündliche Prüfungen Essen Trinken Betreten eines Raumes in dem andere bereits sind. Interaktionssituationen In denen eine wechselseitige Kommunikation mit anderen stattfindet, z.B.: Kontaktaufnahme mit Fremden Verabredungen mit gegengeschlechtlichen Personen Reklamationen Konversationen Gespräche mit Autoritätspersonen Situationen, in denen man: Mit Fremden Personen konfrontiert wird Von anderen Personen beurteilt wird Diese Menschen befürchten, ein Verhalten oder auch Symptome zeigen zu können, die demütigend oder peinlich sein könnten! 280 Wie wird die Soziale Phobie (F40.1) nach ICD-10 diagnostiziert? 281 A. Entweder 1 oder 2: 1) Deutliche Furcht im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen oder sich peinlich oder erniedrigend zu verhalten 2) Deutliche Vermeidung im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen oder von Situationen, in denen die Angst besteht, sich peinlich oder erniedrigend zu verhalten. Diese Ängste treten in Leistungs- oder Interaktionssituationen auf und bei der Teilnahme an kleinen Gruppen, z.B. Parties, Konferenzen, Klassenräume B. Mindestens 2 Angstsymptome in den gefürchteten Situationen und das mindestens 1x seit Auftreten der Störung. Und mindestens 1 der folgenden Symptome: 1) Erröten oder Zittern 2) Angst zu erbrechen 3) Miktions- oder Defäkationsdrang bzw. Angst davor C. Deutliche emotionale Belastung aufgrund der Angstsymptome oder des Vermeidungsverhaltens und die Einsicht, dass diese übertrieben und irrational sind. D. Die Symptomatik bezieht sich nur oder hauptsächlich auf die gefürchteten Situationen oder Gedanken an diese. E. Ausschlussvorbehalt: Symptomatik basiert nicht auf Wahn, Halluzination oder anderer Symptome der organisch-psychischen Störungen (F0), Schizophrenie und verwandte Störungen (F2), affektiven Störungen, Zwangsstörungen (F42) und ist nicht Folge einer kulturell akzeptierten Anschauung. 282 Wie kann man eine Soziale Phobie diagnostisch erfassen? 283 Standardisierte klinische Interviews: - DIPS (Diagnostisches Interview für psychische Störungen) SKID-I (Strukturiertes klinisches Interview für psychische Störungen-Achse I) CIDI (Composite International Diagnostic Interview) Zusätzlich noch: Um Ausmaß der Angst bzw. Vermeidung zu erfassen: - SPS = Social Phobia Scale LSAS = Libowitz Social Anxiety Scale SIAS = Social Interaction Anxiety Scale Um kognitive Aspekte zu beschreiben: - SANB = Skala der Angst vor negativer Bewertung 284 Welche 2 Typen der Sozialen Phobie werden unterschieden? 285 Typ-I = Kernsymptom ist die Furcht vor spezifischen sozialen Situationen: - Intensive, symathikoton dominierte Furchtreaktion Hohe Konkordanz zwischen den Reaktionsebenen Ängstliche Schüchternheit und Gehemmtheit in der Kindheit starke physiologische Reaktivität Typ-II = Kernsymptom ist die Vermeidung vieler sozialer Situationen: - subjektive Beschwerden stehen im Vordergrund vegetative Veränderungen in gefürchteten Situationen gering bei 70% dieser Patienten liegt zusätzlich eine ängstlich-(vermeidende)Persönlichkeitsstörung vor Patienten sind klinisch schwer gestört Selbstaufmerksamkeitsbezogene Schüchternheit und Verlegenheit bei sozialer Bewertung 286 Erkläre die ängstlich (vermeidende) Persönlichkeitsstörung (F60.6) 287 A. Allgemeine Kriterien einer Persönlichkeitsstörung müssen erfüllt sein (F60.0) B. Mindestens 4 der folgenden Verhaltensweisen müssen erfüllt sein: a. Andauernde, umfassende Anspannungsgefühle und Besorgtheit b. Überzeugung, im Vergleich zu anderen sozial unbeholfen, unattraktiv oder minderwertig zu sein c. Übertriebene Sorge, in sozialen Situationen kritisiert oder abgelehnt zu werden d. Persönliche Kontakte nur, wenn man weiß, dass man gemocht wird e. Eingeschränkter Lebensstil aufgrund dem Bedürfnis nach körperlicher Sicherheit f. Vermeidungsverhalten aufgrund der Furcht vor Ablehnung, Kritik und Missbilligung 288 Was kannst du zur Epidemiologie der Sozialen Phobie sagen? 289 - - Ca. 20% der Allgemeinbevölkerung sind sozial ängstlich, aber nur 2% empfinden es als belastend und lassen sich behandeln. Beginnt oft im frühen Erwachsenenalter (durchschnitt im 12.Lj) Erkrankung nach dem 25. Lebensjahr eher selten nur Einzelfälle erst im 50.Lj Lebenszeitprävalenz von 11,3% 1-Jahres-Prävalenz von 6% Geschlechterverhältnis (Mann : Frau) = 1:2 Männer unterliegen einem höheren Druck, sich durchsetzungsfähig und selbstsicher zu zeigen und haben daher eine höhere Behandlungsmotivation! Unbehandelt verläuft die Erkrankung chronisch und fluktuierend 290 Welche Ursachen einer Sozialen Phobie sind bekannt? 291 Genetische Faktoren: - Trait-Ängstlichkeit der Eltern wird angenommen Allgemein aber eher schwache genetische Effekte Psychische Komponente: - Erziehungsstile Modelllernen Dysfunktionale Überzeugungen Behavioral Inhibition Gesteigerte Selbstaufmerksamkeit Quellen der negativen Selbsteinschätzung 292 Erkläre die psychische Komponente genauer. 293 Psychische Komponente: - - - - - Erhöhtes Erkrankungsrisiko, wenn Mütter bereits Soziale Phobie hatten Erziehungsstile: Überbehütete Erziehung + Tendenz zu Kritik und Zurückweisung Bei einem solchen Erziehungsstil erfährt das Kind zum einen sehr viel Unterstützung, fast zu viel und auf der anderen Seite wird die Unterstützung entzogen und bei Versagen wird das Kind kritisiert und zurückgewiesen. Fazit für das Kind = Mutter sieht alle Verhaltensfehler und kann auf diese reagieren Angst vor Zurückweisung entsteht! Modelllernen: In sozialen Situationen unsichere Bezugsperson Sozial ängstliche Eltern teilen ihr Verhalten dem Kind mit. Dysfunktionale Überzeugungen: Perfektionismus um Gefahren zu vermeiden Verhaltensgehemmtheit (Behavioral Inhibition) ein früh erfassbarer Reaktionsstil, gekennzeichnet durch Gehemmtheit, Vermeidung und Unbehagen in neuen Situationen, unbekannten Personen und Objekte erhöht das Risiko einer Angststörung in der Kindheit gesteigerte Selbstaufmerksamkeit: bei wahrgenommener Bedrohung wird die Aufmerksamkeit auf die eigene Person gerichtet, um bei sich selbst Informationen über die Bewertung anderer zu suchen Schlecht bzw. keine Wahrnehmung + Verarbeitung externer Reize negative Selbstwahrnehmung Quellen der negativen Selbsteinschätzung: Weil ich mich ängstlich fühle, sehe ich auch ängstlich aus und jeder bekommt das mit. Stellen sich selbst aus der Beobachterperspektive vor „felt-sense“ = Fähigkeit zum inneren Spüren gefühlter negativer Eindruck 294 Erkläre das Selbstdarstellungsmodell der sozialen Ängstlichkeit (Leary & Schlenker) 295 Angst entsteht durch die Erwartung oder durch Lernerfahrungen bzgl. einer sozialen Bewertung in realen oder imaginären Situationen. Ziel der Person ist es einen besonderen Eindruck auf andere Menschen zu hinterlassen, bezweifelt aber die eigene Fähigkeit. Voraussetzung zum Erwerb einer sozialen Ängstlichkeit / Phobie: - Der Wille bzw. die Motivation, einen guten Eindruck hinterlassen zu müssen und die Wahrnehmung mangelnder Selbstwirksamkeit 296 Wie haben Leary & Atherton dieses Modell weiterentwickelt? 297 Die vorher genannten Zustände werden durch Situations- und Dispositionsfaktoren beeinflusst: 1. Wahrgenommene oder tatsächliche Defizite der sozialen Kompetenz 2. Niedriger Selbstwert Diese Faktoren beeinflussen die Einschätzungsfähigkeit der eigenen Fähigkeiten. Lernerfahrungen oder kritische Lebensereignisse haben ebenfalls einen Einfluss: - Frühere Erfahrungen mit Situationen, in denen die Person kritisiert wurde, sich klein und unsicher fühlte Direkte aversive Lernerfahrungen (58%) Beobachtete negative Situationen (13%) Schwerer gestörte Sozialphobiker: - Eltern waren oft selbst sozial isoliert und haben ihre Kinder in neuen Situationen immer wieder auf potentielle Gefahren hingewiesen. 298 Erkläre das psychologische Modell der sozialen Phobie (Clark & Wells). 299 Annahme: - Auch kognitive Faktoren sind an der Entwicklung einer sozialen Phobie beteiligt. Die erhöhte Selbstaufmerksamkeit steht im Zentrum des Modells Eine soziale Situation löst bei dem Sozialphobiker folgende Prozesse in Gang: - Erhöhte Selbstaufmerksamkeit Sicherheitsverhalten Interpretation der sozialen Hinweisreize Körperliche und kognitive Angstreaktion Die soziale Situation aktiviert negative Annahmen welche zur Wahrnehmung einer sozialen Gefahr führen. Auf die wahrgenommene soziale Gefahr reagiert der Sozialphobiker mit erhöhter Selbstaufmerksamkeit, Sicherheitsverhalten und somatischen und kognitiven Symptomen. Die erhöhte Selbstaufmerksamkeit ist auf mögliche Fehler und Peinlichkeiten gerichtet. Zusätzlich kommt es bei dem Phobiker zum Sicherheitsverhalten, er seufzt, spricht leise und schnell, meidet Blickkontakt und rückversichert sich bei anderen über das bisher gesagte. Auch diese Sicherheitsverhalten erhöhen die Selbstaufmerksamkeit bei dem Sozialphobiker. Die somatischen und kognitiven Symptome wie z.B. Muskelanspannung, feuchte Hände oder gedankliche Blockaden. Diese Symptome verstärken ebenfalls die Selbstaufmerksamkeit. 300 Was genau sind Sicherheitserhalten und wodurch sind sie gekennzeichnet ? 301 - - Sicherheitsverhalten sind Strategien, die in angstauslösenden Situationen zur Vermeidung von gefürchteten Erwartungen und negativen Konsequenzen eingesetzt werden oder diesen entgegenwirken sollen. Wenn die gefürchtete Erwartung nicht eintrifft, wird es dem Sicherheitsverhalten zugeschrieben negative Verstärkung. SO werden irrationale Überzeugungen nicht gelöscht, sondern für den Sozialphobiker bestätigt! Kennzeichen des Sozialverhaltens: - Individuelle, meist gedankliche Strategien Nicht immer beobachtbar Sozialphobiker können ihr Sicherheitsverhalten oft nicht benennen, da es oft unbewusst angewendet wird. Das Sicherheitsverhalten löst z.T. sogar die Symptomatik aus und verstärkt so die Selbstaufmerksamkeit 302 Welche Bedingungsfaktoren beeinflussen den Sozialphobiker vor der gefürchteten sozialen Situation? 303 Vorher: - Angstfördernde Interpretation der sozialen Situation „die anderen warten nur darauf, dass ich mich blamiere“ Katastrophierende Erwartungen bzgl. des eigenen Verhaltens und seiner Konsequenzen „ich werde stottern und so blockiert sein, dass ich keinen vernünftigen Satz rausbringe!“ Irrationale Überzeugungen bzgl. sozialer Interaktionsprozesse „wenn ich Unsicherheit zeige, halten mich andere für unfähig, lächerlich und nicht normal!“ Völliges Vermeiden bestimmter Situationen Situationen vermeiden, um sich nicht bei Begegnung mit Bekannten zu blamieren 304 Welche Bedingungsfaktoren werden während der sozialen Situation durchlaufen? 305 Während: - - - - - Konzentration auf Sicherheitsverhalten Z.B. sich beim Vortrag krampfhaft an das vorbereitete Skript halten „ich darf ja nicht aus dem Konzept kommen!“ Übertriebene Selbstaufmerksamkeit Ständige Überprüfung, ob erwartete Angstsymptome wie zittern, erröten und stottern auftreten Aktivierung verzerrter Wahrnehmungsmuster Betrachten sich selbst aus der Fremdperspektive, was die Selbstwahrnehmung verstärkt Ungünstige Selbstverbalisation Selbstentmutigung z.B. „jetzt passiert genau das was ich befürchtet habe!“ Sich aufschaukelnde physiologische Erregungsprozesse Evtl. vorhandene Anspannung wird durch Selbstaufmerksamkeit und Selbstverbalisation zu intensiven Angstgefühlen oder Panikattacken gesteigert Einsatz von Sicherheitsverhalten Leiser sprechen, Blickkontakt vermeiden, sich Rückversichern 306 Welche Prozesse durchläuft der Sozialphobiker nach der sozialen Situation? 307 Nachher: - - - - Post-event-processing = ausgedehntes grüblerisches Bilanzieren Zwanghaftes nachträgliches Durchspielen der Situation bzgl. negativer Aspekte des eigenen Verhaltens Hineinsteigern in Phantasien über negative Konsequenzen bei den Interaktionspartnern Selbstwert herabsetzende Attributionsgewohnheiten bei Erfolgs- / Misserfolgsaspekten des eigenen Verhaltens „die Kollegin hat meinen Vortrag nur gelobt, weil sie nett sein wollte!“ Übertriebene Selbstkritik, die die aktiven Bewältigungsbemühungen schwächt „mit solchen Situationen komme ich einfach nicht klar, ich habe mich wie ein Idiot verhalten!“ Selbstverstärkung für Vermeidungsverhalten „es hat sich wieder einmal gezeigt, dass ich solchen Situationen aus dem Weg gehen sollte!“ 308 Wie erfolgt sie Behandlung einer Sozialen Phobie? Nenne Behandlungsplan und Einzelschritte. 309 Kognitive Therapie nach Clark & Wells: Kombination aus Einzel und Gruppentherapie ist am effektivsten! 1. Patienten über soziale Ängste aufklären 2. Selbstbeobachtung anleiten - Während der gesamten Behandlung werden die in den Sitzungen erarbeiteten Inhalte durch Hausaufgaben vertieft, z.B. Tagebücher 3. Erklärungsmodell erarbeiten - Entstehung und Aufrechterhaltung der Störung verständlich erklären, am besten anhand der individuellen Symptomatik. Modell sollte die Bedingungsfaktoren, ihre Abfolge und die Interaktion verdeutlichen. 4. Konfrontationsübungen, zur - Habituation der Angstreaktion - Förderung der Kompetenzerwartung hinsichtlich der Bewältigung der gefürchteten Situationen - Beseitigung dysfunktionaler Gedanken 5. Soziales Kompetenztraining 6. Rückfallprophylaxe 310 Was sind die verhaltenstherapeutischen Ziele? 311 Zur Entstehung und Behandlung der Sozialen Phobie gibt es 3 grundlegende Hypothesen: 1. Sie werden durch konditionierte physiologische Überreaktion verursacht a. mit Konfrontationsverfahren zu behandeln 2. Sie resultieren aus sozialen Verhaltensdefiziten a. Erfordern übende Interventionen 3. Sie entstehen durch dysfunktionale Gedanken a. Kognitive Therapie 312 Was sind affektive Störungen? 313 - Affektive Störungen sind eine dauerhafte Veränderung der Grundstimmung, d.h. eine Störung der Stimmungslage. Diese Stimmungsstörung äußert sich entweder depressiv-gehemmt oder manisch-erregt. Affektive Störungen treten häufig phasenhaft auf, d.h. vor und nach jeder Depression oder Manie ist die Stimmung des Betroffenen im normalen Bereich. Affektive Störungen, bei denen nur eine Depression oder Manie besteht, nennt man unipolare Störungen. Wechseln sich Manie und Depression ab, spricht man von bipolaren Störungen. 314 Nenne die Kategorien der unipolaren bzw. bipolaren Störungen. 315 Unipolare affektive Störungen: - Depressive Episode Dysthymia Bipolare affektive Störungen: - Manische Episode Zyklothymia 316 Welche affektiven Störungen werden nach ICD-10 und DSM-IV klassifiziert? 317 ICD-10 DSM-IV Manische Episode (F30) - (F30.0) Hypomanie (F30.1) Manie ohne psychotische Symptome (F30.2) Manie mit psychotischen Symptomen Bipolare affektive Störung (F31), unterteilt in: - Depressive, manische oder gemischte Episode Schweregrad (leicht, mitterschwer, schwer) Verlauf (remittiert) Depressive Episode (F32), unterteilt nach - Schweregrad Ohne / mit psychotische Symptome Ohne / mit somatische Symptome Rezidivierende depressive Störungen (F33), unterteilt nach: - Bipolare Störungen: - Bipolare I (Manie, Depression + Manie) Bipolare II (Depression + Hypomanie) Zyklothyme Störung Depressive Störung: - - Major Depression (einzeln, rezidivierend) Dysthyme Störung Schweregrad Ohne / mit psychotische Symptome Ohne / mit somatische Symptome Remittierter Verlauf Anhaltenden affektiven Störungen (F34): - (F34.0) Zyklothymia - (F34.1) Dysthymia Anderen affektiven Störungen (F38) Andere affektive Störungen: - Aufgrund medizinischer Krankheitsfaktoren (Parkinson) Substanzinduzierte affektive Störung Zusatzcodierung in Schweregrad + Verlauf 318 Nenne die Symptome einer depressiven Störung. 319 1. 2. 3. 4. 5. Emotionale Symptome Traurigkeit, Niedergeschlagenheit Ängstlichkeit, Reizbarkeit Schuldgefühle Kognitive Symptome Grübeln, Pessimismus, negative Gedanken Selbstzweifel, negatives Selbstbild Suizidgedanken Physiologische Symptome Innere Unruhe, Getrieben sein Energielosigkeit, Müdigkeit, Antriebslosigkeit Appetit-Gewichts-Störungen Behaviorale / motorische Symptome Suizidhandlungen Geringe Aktivität Libidoverlust Verlangsamte Sprache und Motorik Vermeidung von Blickkontakt Spannungslose Körperhaltung Traurige Mimik (besorgt, weinerlich) Somatische Symptome Schlafstörungen, erhöhte Ermüdbarkeit Körperliche Beschwerden, z.B. Kopfschmerzen, Gliederscmerzen Appetitstörungen Benommenheit 320 Was sind die häufigsten Depressionssymptome? 321 - Schlafstörungen Gedrückte Stimmung Konzentrationsstörungen Suizidgedanken Müdigkeit Appetitstörung Hoffnungslosigkeit Wahnideen Suizidversuche 322 Was bedeutet endogene, psychogene bzw. somatogene Depression? 323 Depressionen wurden früher nach ihren Ursachen eingeteilt: Somatogene Depression: - Organisch-körperlich bedingte Depression Endogene Depression: - Anlagebedingte Depression Depression infolge verändertet Stoffwechselvorgänge im Gehirn Uni- / bipolare Depression Schizoaffektive Depressionen Spätdepressionen Psychogene Depression: - Neurotische Depression=Aufgrund langanhaltender belastender Lebensereignisse Reaktive Depression = aufgrund aktuell belastender Lebensereignisse Erschöpfungsdepression 324 Was kannst du zur Epidemiologie der Depression sagen? 325 - Depressionen sind häufige psychische Störungen Zunahme der Häufigkeit in den letzten Jahrzehnten Lebenszeitprävalenz von 14% Punktprävalenz von 5% Nur 50% der depressiven konsultieren einen Arzt Nur 50% der Allgemeinmediziner erkennen einen Depression Erkrankungsrisiko Mann : Frau = 2:1 Die Altersdepression ist die häufigste psychische Erkrankung bei über 65jährigen Nur 25% der Depressionen verlaufen einphasig, 75% rezidivieren: im Mittel gibt es 4 Episoden im Leben Erkrankungsrisiko einer Depression ca. 17% Durchschnittliche Episodenlänge ca. 6 Monate Bei Ersterkrankung klingen Symptome oft nach 2-3 Monaten ab Je öfter eine Depression vorgelegen hat, desto eher wird sie chronisch und klingt nicht spontan ab 15-30% der Depressionen verlaufen chronisch Ca. nur 1/3 haben nur eine Episode im Leben, bei einem weiteren Drittel finden sich rezidivierende Episoden und bei einem Drittel kann die Depression chronisch werden Suizidrisiko o bei wiederholte auftretender depressiver Episoden 15% o bei einer Episode 1% 326 Welche Risikofaktoren begünstigen die Entwicklung einer depressiven Störung? 327 - - - - - Geschlecht o Frauen sind im Vergleich zu Männern etwa doppelt so häufig von depressiven Störungen betroffen. o Annahme: Männer äußern Emotionen weniger als Frauen und greifen eher zu Substanzen, so fallen sie in andere Diagnosekategorien. Alter o Geringes Erkrankungsrisiko in der Kindheit bis Pubertät, dann steigend. o V.a. in der Pubertät gibt es einen sprunghaften Anstieg der Ersterkrankung an Depression o Ersterkrankungen bereits zwischen 18-25. Lj. Sozio-ökonomische Faktoren o Soziale Benachteiligung und Alleinleben erhöhen das Risiko einer unipolaren Depression o Ungeklärt bleibt, ob der geringe sozio-ökonomische Status die Ursache oder die Folge einer Depression sind. o Bildung Stressoren o Kritische Lebensereignisse, z.B. belastende Ereignisfolgen in Zeiträumen o in denen Erholung nicht möglich ist Familiäre Belastung o Einflussreichste Risikovariable o Angehörige 1.Grades von Patienten mit bipolarer affektiver Störung 25% o Angehöriger unipolar depressiv Erkrankter 20% o Angehöriger gesunder Kontrollpersonen 7% o Depressive Episoden sind besonders häufig bei geschiedenen, getrennt lebenden oder verwitweten Personen o Assoziation zwischen Trennung / Scheidung und Depression ist v.a. bei Männern stärker ausgeprägt. 328 Wie wird der Verlauf einer affektiven Störung eingeteilt? 329 o o o o Remission Bezeichnet man den Zustand bzw. kurze Zeitstrecke der vollständigen oder partiellen Besserung depressiver Symptomatik Recovery Bedeutet Genesung und beschreibt einen vollständige Remission über eine längere Zeitstrecke (je nach Kriterium 2-6 Monate) Relapse Ist der Rückfall, d.h. das Wiederauftreten von depressiven Symptomen während der Remission, bevor die Genesung erreicht und damit die aktuelle depressive Episode abgeschlossen ist. Recurrence Ist die Widererkrankung, d.h. das Auftreten einer neuen depressiven Episode nach der Genesung, also müssen die Diagnosekriterien einer depressiven Episode erneut erfüllt sein! 330 Wie lassen sich therapeutische Interventionen entsprechend der Einteilung depressiver Episoden zuordnen? 331 Akuttherapie, (um Remission zu erreichen) - um die Symptomatik während einer depressiven Episode zu reduzieren. Erhaltungstherapie, (um Recovery zu erreichen und Relapse zu verhindern) - um Rückfälle bei und während der Remission zu verhindern. Prophylaktische Therapie, (um Recovery zu erhalten und Recurrence zu verhindern) - um Wiedererkrankungen und neue depressive Episoden zu verhindern. 332 Mit welchen anderen Störungen weisen Depressionen eine hohe Komorbidität auf? 333 o o o o o o o o o o o o o - Angststörungen Zwängen PTBS Essstörungen Abhängigkeit Schlafstörungen Sexuellen Störungen Somatoforme Störungen Psychophysiologische Störungen Schizophrenen Störungen Hirnorganischen Störungen Zerebralem Abbau (Demenz) Persönlichkeitsstörungen Ca. 77% der Patienten (depressive Episode, Dysthymia) weisen noch eine andere Störung auf: o 50% davon leiden an Angststörungen o 25% leiden an substanzinduzierten Abhängigkeiten o 25% leiden an somatoforme Störungen 334 Mit welchen diagnostischen Verfahren kann man die Depression erfassen? 335 - Interviewverfahren: o SKID-I o DIPS - Diagnose Checklisten o IDCL (Internationale Diagnosecheckliste für ICD-10) - Fremdbeurteilung: o Hamilton Depressions Skala (HAMD) - Selbstbeurteilung: o BDI (Beck Depressionsinventar) o ADS (Allgemeine Depressionsskala) o SCL-90 (Symptom-Checkliste) 336 Welche Faktoren beeinflussen die Entstehung und Aufrechterhaltung einer depressiven Störung? 337 - Belastende Lebensereignisse Soziale Einflussfaktoren Aspekte der Persönlichkeit (damit ist doch Vulnerabilität bzw. Disposition gemeint, oder Sören?) Mangel an positiver Verstärkung Nichtkontrolle Hilflosigkeit Dysfunktionale Kognitionsstile Genetische Faktoren Biochemische Faktoren (z.B. gestörte Neurotransmission) Schlaf- und zirkadiane Rhythmik 338 Welche Lebensereignisse und Vulnerabilitätsfaktoren können eine affektive Störung auslösen? 339 - - - Auslösende Faktoren sind oft: o Aversive Lebensereignisse o Chronische Lebensschwierigkeiten o Ungünstige soziale Lebensbedingungen, v.a. wenn man zur sozial benachteiligten Schicht gehört. Depressogene Vulnerabilitätsfaktoren sind oft: o Weibliches Geschlecht o Mangel an intimen, emotional positiven und unterstützenden Sozialbeziehungen o Zu viele Kinder im Haushalt o Ressourcen- und Fertigkeitendefizite o Frühzeitiger Verlust der Mutter o Keine Berufstätigkeit o Geringes Selbstwert Voraussetzung für die Erkrankung ist jedoch die Anfälligkeit für Depression, d.h. die Vulnerabilität. Die auslösenden/provozierenden Faktoren bestimmen also, wann eine Depression auftritt Die Vulnerabilitätsfaktoren bestimmen, ob diese Auslöser depressive Wirkungen entfalten können. Es gibt also eine kausale Beziehung zum Depressionsbeginn bei Anfälligkeit für Depression! . 340 Welche Faktoren sind für einen ungünstigen Verlauf der depressiven Störung verantwortlich? 341 - Art der frühen Verlusterlebnisses (Verlust durch Tod hat gravierendere Auswirkungen) Lebensalter (je früher desto ungünstiger) Anzahl früherer depressiver Episoden (je mehr, desto wahrscheinlicher) Eine vorausgegangene Dysthymia (=Double Depression) 342 Welche Persönlichkeitsmerkmale begünstigen die Entstehung einer affektiven Störung? 343 - Soziale Abhängigkeit (interpersonelle Dependenz) Anankastischer Perfektionismus (hohes Anspruchsniveau) Neurotizismus Pessimismus Verhaltenshemmung (Schüchternheit) Geringe soziale Kompetenzen Niedrige positive Affektivität (eher gelangweilt und weniger energisch oder enthusiastisch) Jeweiligen Einstellungen und Überzeugungen der Person 344 Nenne die biologischen Ursachen einer affektiven Störung. 345 1. Genetische Faktoren Familienstudien, Zwillingsstudien und Adoptionsstudien haben ergeben, dass: - Bei Angehörigen hängt das Erkrankungsrisiko vom Verwandtschaftsgrad und der depressiven Subgruppe ab Erkrankungswahrscheinlichkeit ca. 4-30% Bei biologischen Geschwistern liegt das Erkrankungsrisiko bei 66% Bei eineiigen Zwillingen besteht ein Erkrankungsrisiko von 60% Bei zweieiigen Zwillingen besteht ein Erkrankungsrisiko von 14% Bei Adoptivgeschwistern liegt das Erkrankungsrisiko unter 8% Angehörige bipolar depressiver Patienten sind stärker betroffen als die der unipolar depressiven Patienten. 2. Biochemische Faktoren - Noradrenalin-Hypothese (=Katecholamin-Hypothese) - Indolamin-Hypothese - Acetylcholin-Hypothese - Melatonin-Hypothese - Hypothalamus-Hypophyse-Nenennierenrinde-Achse (HHN-Achse) - Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen-Achse (HHS-Achse) - Monoamin-Hypothese 346 Erkläre die Noradrenalin- und Indolamin-Hypothese. 347 Noradrenalin-Hypothese gilt analog auch für die Indolamin-Hypothese (=Serotonin-Hypothese) 1. 2. Noradrenalin-Defizit-Hypothese Mangelndes Noradrenalin an bestimmten Stellen der zentralnervösen Reizübertragung Rezeptor-Insensitivitäts-Hypothese Störung der Empfindlichkeit prä- und postsynaptischer Rezeptoren Belege: - Resopin senkt Noradrenalinkonzentration löst Depression aus! MAO-Hemmer + trizyklische Antidepressiva steigern Noradrenalinkonzentration lindert Depression 348 Erkläre die Acetylcholin- und Melatonin-Hypothese. 349 Acetylcholin-Hypothese: - Ursache der Depression ist ein Ungleichgewicht der Serotonin-, Noradrenalin- und Acetylcholinkonzentration. Substanzen, die die Acetylcholinprodunktion stimulieren wirken depressogen. Melatonin-Hypothese: - Ursache der saisonalen Depression Lichtmangel führt zu einer erhöhten Melatoninausschüttung, was depressogen wirkt. 350 Erkläre die HHN-Achse und HHS-Achse. 351 1. Hypothalamus-Hypophyse-Nebennierenrinde-Achse (HHN-Achse) - Seine Wirkung wird gehemmt durch Noradreanalin und stimuliert und Serotonin + Achetycholin. - Das Corticotrope Releasing Hormon (CRH), ein Neuropeptid, verbindet diese Neurotransmitter mit dem endokrinen System. - Das CRH kontrolliert über das Achetylcholin die Cortisol-Ausschüttung der Nebennierenrinde. - Weitere Einflussfaktoren auf dieses endokrine System sind: Stress (Belastung, Aktivierung) Zirkadiane Rhythmik (Tageszeit, Licht) Individueller Setpoint des ZNS, was die Regulations- und Gegenregulationsvorgänge steuert 2. Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen-Achse (HHS-Achse) - Weist viele Parallele zu HHN-Achse auf - Stress, zirkadiane Rhythmik und Temperatur beeinflussen hier die Ausschüttung des Schilddrüsenhormon-Stimulierenden-Hormons (TSH), indem vorher das TSH im Hypothalamus - Weitere endokrine Substanzen die die Produktion des Schilddrüsenhormins beeinflussen sind: Östrogen (fördert Produktion) Wachstumshormone (hemmen Produktion) Glucosorticoide (hemmen Produnktion) - Bei depressiven kommt es im Schlaf nicht zur TSH-Ausschüttung. 352 Welche psychologischen Theorien zur Entstehung der Depression gibt es? 353 - Verstärkerverlust-Modell der Depression (Lewinson) Modell der Erlernten Hilflosigkeit (Seligman) Modell der Hoffnungslosigkeit Depressionsmodell dysfunktionaler Schemata (Beck) 354 Erkläre das Verstärkerverlust-Modell der Depression. 355 Geringe Rate potenziell verstärkende Ereignisse, hinsichtlich ihrer Qualität und Quantität Niedrige Erreichbarkeit der Verstärkung in der Umgebung Depression Niedrige Rate an positiver Verstärkung Verbale / nonverbale Verhaltensäußerungen Trennung, Armut, soziale Isolation Somatische, emotionale, kognitive und motivationale Symptome Kompetenz der Person Interaktionelle Auffälligkeiten Geringe soziale, berufliche Fertigkeiten - Eine geringe Rate an positiver Verstärkung, wenig positive Erfahrungen und überwiegend negative Erfahrungen lösen depressives Verhalten aus. Ein auf diese Weise entstehendes depressives Verhalten wird kurzfristig durch soziale Zuwendung aufrechterhalten und negativ verstärkt („weil sich alle um einen kümmern!“). Dieses depressive Verhalten führt jedoch nur kurzfristig zu sozialer Zuwendung und Unterstützung und somit zu positiv wirkender Verstärkung (d.h. negative Verstärkung). Langfristig gesehen belastet es nach einiger Zeit die Sozialbeziehungen, was zum Rückzug der Sozialpartner führt. Da nun die negative Verstärkung ausbleibt, welche eine positiv verstärkende Wirkung hatte, sinkt die Rate der positiven Verstärkung, was die Depression aufrecht erhält. 356 Erkläre das Modell der Erlernten Hilflosigkeit nach Seligman. 357 Annahme: Depression ist das Resultat der Erfahrung mit Nichtkontrolle über aversive oder subjektiv bedeutsame Ereignisse und der sich daraus entwickelnden Überzeugung, zukünftige negative Ereignisse weiterhin nicht kontrollieren zu können. Bei Konfrontation mit aversiven, unvorhersehbaren und unkontrollierbaren Ereignissen entwickeln Menschen schnell ein hilfloses Verhalten und entsprechende Einstellungen Wichtig ist die Menge, Bedeutung und Ursachenzuschreibung des aversiven Ereignisses. - Depressionen entwickeln sich durch frühere Erfahrungen der Nichtkontrolle von Ereignissen, die für die eigene Person wichtig waren. Aufgrund dieser negativen, belastenden Erfahrung entwickelt sich die Überzeugung auch zukünftig keine Kontrolle auf negative Ereignisse zu haben, d.h. hilflos zu sein. Die Ursachen für die negativen Erfahrungen mit Misserfolg und Nichtkontrolle werden der eigenen Person zugeschrieben Die Ursachenzuschreibung erfolgt auf 3 Ebenen internal, stabil und global und bestimmt die weitere Entwicklung der depressiven Symptomatik (emotional, kognitiv, verhalten) 358 Erkläre das Modell der Hoffnungslosigkeit von Abrahamson. 359 Depression Wahrnehmung negativer Ereignisse als unvorhersehbar und unkontrollierbar Erwartungshaltung: Ursachenzuschreibung erfolgt internal, stabil und global Kognitiver Stil - - Keine Kontrollmöglichkeit Hilflosigkeit Neg. Ausgangserwartung - Passivität Kognitive Defizite Geringes Selbstwert Trauer Angst Feindseligkeit Aggression Appetitverlust Neurochemische Störungen Krankheit Weiterentwicklung von Seligmans Modell der erlernten Hilflosigkeit Sieht die Hilflosigkeit als einen Teil der Hoffnungslosigkeit Die Person geht davon aus, dass immer das schlimmste eintreten wird und rechnet z.T. aufgrund bisheriger negativer Erfahrungen nicht damit, dass es jemals besser wird. Die Ursachenzuschreibung begünstigt also die Entwicklung einer Depression, wenn er das Gefühl der Hoffnungslosigkeit bei der Person erzeugt. Bei Berücksichtigung dieses Faktors, konnten Depressionen mit größter Präzision vorhergesagt werden. 360 Erkläre das Modell der dysfunktionalen Kognitionen von Beck. 361 Annahme: Depression entwickelt sich aufgrund dysfunktionaler Kognitionen - dysfunktionalen Gedanken entwickelten sich aus negativen, belastenden Erfahrungen und Lernprozesse. Dysfunktionale Gedanken beeinflussen die Wahrnehmung und Interpretation. Sobald Veränderungen in der Umwelt wahrgenommen werden, werden diese dysfunktionalen Gedanken aktiviert, meist automatisch und unfreiwillig. Diese dysfunktionalen Kognitionen verzerren die Realität. DG= ich bin unfähig, ich dumm S= Diplomprüfung AG = das ist so schwer, dass werde ich nie schaffen depressive Symptomatik Dysfunktionale Grundannahmen stabile Schemata Negative Kognitionsstile Automatische Gedanken Depression absolutistisch verallgemeinernd verzerrt unlogisch unangemessen emotionale somatische motorische motivationale Symptome Ereignisse Externe + interne Auslöser 362 Erkläre die kognitive Triade von Beck. 363 Beck unterteilt die dysfunktionalen Kognitionen in 3 Kategorien = Die kognitive Triade: Negatives Selbstbild - Person sieht sich als fehlerhaft, inkompetent und wertlos Negative Erfahrungen schreibt er seiner eigenen psychischen, intellektuellen und moralischen Unvollkommenheit zu. Negative Sicht der Umwelt - Dichotomes Denken, sieht alles schwarz-weiß Interpretiert aversive Erfahrungen und Misserfolge als Niederlagen, Verlust und Entbehrung Die Umwelt nimmt er als feindlich wahr Negative Zukunftsperspektive - Gegenwärtiges Leiden wird als unbegrenzt fortdauernd angesehen. Die kognitive Triade führt zu Hoffnungslosigkeit, Selbstkritik und geringe Selbstachtung. Zusätzlich kommt es zu Denkfehlern, wie: - Übergeneralisierung („es ist immer so“) Selektive Abstraktion Übertriebenes Verantwortungsgefühl („Ich muss“) Personalisieren („es ist meine Schuld“, „ich bin unvollkommen, inkompetent, dumm und fehlerhaft“) Katastrophisieren („ ich werde immer versagen“, „es wird mein schlimmstes Erlebnis“) Dichotomes Denken (schwarz-weiß-denken sie sehen aber nur schwarz! 364 Wodurch wird Becks Theorie unterstützt? 365 Durch Forschung, welche ergeben hat, dass: - Depressive neigen zu fehlerhaften Annahmen Depressive erinnern sich besser an negative als positive Erfahrungen Depressive schätze ihre eigenen Leistungen niedriger ein. Diese besserte sich durch Remission der depressiven Symptomatik. Multiple-choice-Test mit Frauen in schwierigen Situationen depressive Frauen wählten die Antworten, die den Verzerrungen entsprachen. (Hammen & Krantz) Gesunde Menschen wurden depressiv, als sie Aussagen über sich lasen, die inhaltlich den automatischen Gedanken ähnelten. (Bates & Thomson) Patienten mit Grübelreaktion bleiben länger depressiv als Patienten ohne Grübelreaktion. 366 Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Schlaf und Depression? 367 - Depressive haben einen gestörten REM-Phase und zwar ist die Anzahl der REM-Phasen erhöht, die Dauer jedoch verkürzt Daher können Depressive nicht gut durchschlafen und erinnern sich zusätzlich an ihre Träume, die meist negativ sind. Depressive gehen im Schnitt 15-20min schneller in den REM-Schlaf über als Gesunde. Für den Schlaf sind ebenfalls die serotonergen Neurone in den Raphe Kernen verantwortlich 368 Wie kann man affektive Störungen behandeln? 369 - Psychologische Therapie v.a. kognitive Verhaltenstherapie) interpersonale Therapie - Pharmakotherapie Antidepressive Sedierend Antriebssteigernd Stimmungsaufheller - Neuroleptike Schlafentzug Lichttherapie Elektrokrampf-Therapie - Patient wird erst narkotisiert, dann bekommt es ein Muskelrelaxat Muskelrelaxat blockiert Rezeptoren, so kommt Krampf nicht an die Muskulatur Ein Ganzkörperkrampf wird ausgelöst Es kommt zur erhöhten Neurotransmitterausschüttung Magnetkrapf-Therapie Wie Elektrokrampftherapie nur über Magnetfelder Weniger Nebenwirkungen als EKT - Tiefe Hirnstimulation (neu! Befindet sich noch in Forschung!) Exakte Messung von Kopf + Gehirn 2 Elektroden werden dauerhaft in den Nucleus accumbens implantiert Elektroden werden über einen Schrittmacher gesteuert 370 Nenne die verhaltenstherapeutischen Ansatzpunkte und Ziele der Therapie depressiver Störungen. 371 Abhängig vom Einzelfall lassen sich folgende Ziele der Behandlung formulieren: 1. 2. 3. 4. Aktivitätsaufbau: Erhöhung angenehmer Erfahrungen und Abbau belastender Erfahrungen Aufbau sozialer Kompetenzen Erhöhung angenehmer Erfahrungen und Abbau belastender Erfahrungen Durchsetzungsfähigkeit Nein-Sagen Gefühle Ausdrücken Eigene Wünsche und Bedürfnisse äußern Lob ausdrücken Abbau von Partnerschaftskonflikten: Verbesserung der Interaktion + Kommunikation, z.B. richtiges Zuhören Paraphrasieren Anerkennen Loben Gemeinsame Aktivitäten Kognitive Umstrukturierung Depressive Denkverzerrungen erkennen Sokratisches Gespräch (gelenkte Fragen) Realitätstestung Reattribution Stabilisierung Vorbereitung auf Krisen Erprobung im Alltag 372 Wie erfolgt die kognitive Therapie nach Beck? 373 1. 2. 3. 4. Automatische Gedanken identifizieren anhand von Tages- und Wochenplänen Patient soll negativ empfundene Situationen protokollieren: Auslösende Situation Gefühle in der Situation Automatisch Gedanken nennen, die dem Gefühl voraus gingen Rationale Reaktion auf die automatischen Gedanken Gefühle nach dem rationalen Gedanken angeben und einschätzen Wichtig ist hier das ABC-Schema Mit den Daten aus den probatorischen Sitzungen bilden diese Daten die Basis der Verhaltens- und Problemanalyse Aus den einzelnen Problemen die Grundüberzeugungen ableiten Therapeutisches Modell vermitteln Erklärungsmodell der Depression am Beispiel des Patienten Über das Störungsbild aufklären Methoden des geleiteten Denkens: Zusammenhang von Gedanken und Gefühlen identifizieren Aufbau sozialer Kompetenzen und der Aktivität Tages- und Wochenplan Hausaufgaben mit angenehmen Aktivitäten zur positiven Verstärkung Erst mit weniger belastenden Aktivitäten + Erfahrungen beginnen, langsam steigern Soziales Kompetenztraining 5. Veränderung der Kognitionen - Dysfunktionale Kognitionen abbauen, da diese die Wahrnehmung, Interpretation und das Erleben der Realität verzerren. 374 Wie erfolgt die pharmakologische Behandlung affektiver Störungen? 375 Antidepressiva zur Behandlung depressiver Störungen: - - Trizyklische Antidepressiva Tetrazyklische Antidepressiva Monoaminooxidase Hemmer (MAO-Hemmer) Selektive-Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) Fluoxetin Fluvoxamin Citalopram Selektive-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (SNRI) Duale-Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSNRI) Alpha-2-Antagonisten Mitrazapin Antidepressiva regulieren die Verfügbarkeit verschiedener Neurotransmitter im Gehirn. Neuroleptika werden oft mit Antidepressiva kombiniert, z.B. Benzodiazepin bei Suizidalität. 376 Was ist eine Manie? Nenne die Diagnosekriterien. 377 Eine Manie ist eine anhaltend gehobene, expansive oder gereizte Stimmung von mindestens 1 Woche Dauer oder Hospitalisierung oder, wenn mindestens 3 der folgenden Symptome gleichzeitig vorliegen: - Ablenkbarkeit oder ständig wechselnde Aktivitäten oder Pläne Ideenflucht oder subjektives Gefühl des Gedankenjagens Gesteigerte Gesprächigkeit (Rededrang) Vermindertes Schlafbedürfnis Überhöhte Selbsteinschätzung oder Größenideen Gesteigerte Aktivität oder motorische Ruhelosigkeit Distanzminderung, was zu einem unangemessenem Verhalten führt Tollkühnes oder leichtsinniges Verhalten, dessen Risiken der Betroffene nicht erkennen kann (z.B. Lokalrunden ausgeben, törichte Unternehmungen, rücksichtloses Fahren) Gesteigerte sexuelle Energie oder sexuelle Taktlosigkeit 378 Was ist eine Hypomanie? 379 Eine Hypomanie ist eine leicht ausgeprägte Manie. Sie äußert sich durch gehobene oder gereizte Stimmung in deutlich abnormem Ausmaß für den Betroffenen für mindestens 4 aufeinanderfolgende Tage: Mindestend 3 der folgenden Symptome muss vorliegen, dabei müssen die Symptome so ausgeprägt sein, dass sie gewisse Beeinträchtigungen in der Lebensführung bewirken: - Gesteigerte Aktivität oder motorische Ruhelosigkeit Gesteigerte Gesprächigkeit Ablenkbarkeit oder Konzentrationsschwierigkeiten Vermindertes Schlafbedürfnis Gesteigerte sexuelle Energie Verhaltensexesse Gesteigerte Geselligkeit oder übermäßige Vertraulichkeit 380 Was ist eine Zyklothymia? 381 Eine Zyklothymia ist eine mindestens 2 Jahre anhaltende, leichte bipolare affektive Störung. Patienten zeigen eine Instabilität der Stimmung mit mehreren Perioden von Depression und Hypomanie, mit oder ohne Intervallen normaler Stimmung. Mindestens 3 depressive und 3 manische Symptome müssen vorliegen: Depressive Symptome: - verminderte Energie oder Aktivität Schlafstörungen Verlust des Selbstvertrauens oder Gefühl der Unzulänglichkeit Konzentrationsschwierigkeiten Sozialer Rückzug Interessenverlust oder Verlust der Freude an sexuellen oder anderen angenehmen Aktivitäten Verminderte Gesprächigkeit Pessimismus bzgl. der Zukunft oder Grübeln über Vergangenheit Manische Symptome: - Vermehrte Energie oder Aktivität Vermindertes Schlafbedürfnis Übersteigertes Selbstwertgefühl Geschärftes oder ungewöhnliches kreatives Denken Geselliger als sonst Gesteigertes Interesse und Sicheinlassen in sexuellen und anderen angenehmen Aktivitäten Über-optimistisch oder Übertreibung früherer Erfolge 382 Was ist eine Dysthymia? 383 Eine Dysthymia ist eine depressive Stimmung, anhaltend oder häufig wiederkehrend für einen Zeitraum von mindestens 2 Jahren. Mindestens 3 der folgenden Symptome müssen vorliegen: o o o o o o o o o o o Verminderte Energie oder Aktivität Schlafstörungen Verlust des Selbstvertrauens oder Gefühl von Unzulänglichkeit Konzentrationsschwierigkeiten Häufiges Weinen Interessenverlust oder Verlust der Freude an sexuellen oder anderen angenehmen Aktivitäten Gefühl von Hoffnungslosigkeit oder Verzweiflung Erkennbares Unvermögen, mit den Routine-Anforderungen des täglichen Lebens fertig zu werden Pessimismus bzgl. der Zukunft oder Grübeln über die Vergangenheit Sozialer Rückzug Verminderte Gesprächigkeit 384 Welche anderen Formen von Stimmungsstörungen gibt es noch? 385 Schizoaffektive Störung: o o o o Die Person muss das Kriterium einer Stimmungsstörung erfüllen, entweder uni- oder bipolar. Mindestens 2 Hauptsymptome einer Schizophrenie (Halluzinationen und Wahn) Die schizophrenen Symptome müssen innerhalb der letzten 2 Wochen ohne Symptome einer Stimmungsstörung vorhanden sein. Wahnsymptome müssen stimmungskongruent sein, z.B. „göttlicher Auftrag die Menschheit zu retten!“ Saisonale Depression: o o o o Die Personen innerhalb der letzten 2 Jahre mindestens 2 schwere depressive Episoden zur gleichen Jahreszeit gehabt haben, meist Herbst oder Winter. Eine vollständige Remission zur gleichen Jahreszeit, meist im Frühling. Zu den anderen Jahreszeiten darf keine depressive Episode vorliegen. Häufigkeit einer saisonalen Depression ist umso größer, je weiter die Personen im Norden wohnen 386 Wann spricht man nach ICD-10 von einer Substanzabhängigkeit? 387 Mindestens 3 der folgenden Symptome innerhalb von 12 Monaten: - Craving (starker Wunsch / zwanghaftes Bedürfnis, die Substanz zu konsumieren) Eingeschränkte Fähigkeit zur Kontrolle von Beginn, Menge und Beendigung des Konsums Körperliche Entzugssymptome + Substanzkonsum , um Entzugssymptome zu lindern Toleranzentwicklung, d.h. Notwendigkeit, die Einnahme zu steigern, um eine gleiche Wirkung zu erzielen. Zunehmende Vernachlässigung anderer Interessen und Vergnügungen Fortgesetzter Substanzkonsum, trotz nachweislichen körperlichen, sozialen und psychischen Schäden 388 Was kann bzgl. einer Störung durch psychotrope Substanzen nach ICD-10 kodiert werden? 389 Substanz-Missbrauch: - Fortgesetzter Substanzkonsum trotz wahrgenommenen körperlichen Schäden. Definition bezieht sich nur auf das Konsumverhalten selbst und nicht auf Entzugssymptome. Missbrauch wird zusätzlich unterschieden in: o Quantitativer Aspekt (überhöhte Konsum) o Qualitativer Aspekt (zu unpassenden Gelegenheiten) Substanz-Abhängigkeit: - Abhängigkeit wird unterschieden in: o Körperlicher Abhängigkeit Durch den fortgesetzten Konsum kommt es zur Toleranzentwicklung des Körpers. Ohne weitere Einnahme bzw. Dosissteigerung kommt es zu körperlichen Entzugserscheinungen Folgeschäden: Neurologische Ausfälle Organisches Psychosyndrom Polyneuropathie Leberzirrhose o Psychischer Abhängigkeit Steht immer im Vordergrund der Diagnose Starkes, als unwiderstehlich erlebtes Verlangen, die Substanz zu konsumieren = Craving! Craving wird oft begleitet von Kontrollverlust Folgeschäden: Schädigung des Gehirns Persönlichkeitsveränderungen 390 Was versteht man unter dem Suchtpotenzial einer Substanz? 391 Suchtpotenzial: - beschreibt, in welchem Ausmaß eine Substanz zur Abhängigkeit führen kann. Je schneller sich eine Abhängigkeit entwickelt, umso höher ist das Suchtpotenzial Bsp. für Substanz und sein Suchtpotenzial: o Heroin sehr hoch! Fast alle Konsumenten werden innerhalb von kürzester Zeit abhängig o Alkohol geringes Suchtpotenzial Dennoch entwickeln 5% aller Menschen, die Alkohol trinken, mit der Zeit eine Abhängigkeit 392 Wie erfolgt sie Diagnose eines Substanzmissbrauchs und einer Substanzabhängigkeit? 393 Die Diagnose einer Abhängigkeit kann verhältnismäßig objektiv getroffen werden, z.B. anhand von: - Entzugserscheinungen Pharmakologische Toleranztests Zur Diagnose eines Missbrauchs benötigt man Informationen vom Patienten: - Anamnese Selbstbeurteilungsfragebogen Folgende Daten müssen in beiden Fällen definitiv erhoben werden: - Dauer des Substanzmissbrauchs Alter zu Beginn des Substanzmissbrauchs Menge des Konsums Konsumgewohnheiten (wann? Wo?) Einstellungen + Erwartungen bzgl. des Substanzkonsums (warum?) Bisherige Behandlungen Evtl. Suizidversuche 394 Was kannst du zur Epidemiologie der Abhängigkeit sagen? 395 Aufgrund von störungsbedingtem Leugnungsverhalten und dem teilweise illegalem Verhalten ist die Erhebung einer Prävalenzrate eingeschränkt möglich: Alkohol: - Absolute Prävalenz von 2,5 Mio ca. 3-5% der Deutschen sind alkoholabhängig! Ausgeprägter Missbrauch ca. 8 Mio. Erstkonsum mit 16-18 Jahren Alkoholismus verursacht einen erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden (ca. 25-30 Milliarden € / jährlich) Tabak: - Absolute Prävalenz 10 Mio (=22% aller 18-54 Jährigen) Erstkonsum mit 16 Jahren Marihuana: - Relative Prävalenzrate von 1,1% Absolute Prävalenzrate 25% Erstkonsum mit 16 Jahren Der Rest muss Sören mir erläutern, versteh sie Tabelle nicht und hab keinen Margraf! :o(( 396 Erkläre den entwicklungspsychologischen Erklärungsansatz zum Substanzkonsum im Jugendalter. 397 Annahme: Substanzkonsum als Teil der Bewältigung jugendspezifischer Entwicklungsaufgaben. - - - Biologische Entwicklungsprozesse, gesellschaftliche Anforderungen und individuelle Ziele bilden eine Reihe von Entwicklungsaufgaben, die der Jugendliche erreichen muss, um zum Erwachsenenstatus zu gelangen. Typische Aufgaben des Jugendalters: o Aufbau eines Freundeskreises o Ablösung vom Elternhaus um Autonomie zu erlangen o Aufbau eines Selbstkonzepts o Eigenes Wertesystem entwickeln der Substanzkonsum ist eine Strategie zum Erreichen dieser Ziele. o Alkohol z.B. wirkt enthemmend und fördert intime Beziehungen. o Canabis rauschen dient dazu, die bisherigen Sanktionen der Eltern zu verletzen. Dieses Konsumverhalten endet meist mit dem Erreichen des Erwachsenenstatus, da es sich nicht mehr mit den Anforderungen des Erwachsenenalters vereinbaren lässt. 398 Nenne die Risikofaktoren und Schutzfaktoren für die Entwicklung eines problematischen Substanzkonsums. 399 Risikofaktoren, die die Anfälligkeit für ein Problemkonsum erhöhen müssen vor dem Problemkonsum vorliegen! - - - Biologisch-genetische Vulnerabilität Persönlichkeitseigenschaften: o Neugierde o Niedrige Impulskontrolle o Externale Kontrollüberzeugung o Ängstlichkeit o Extraversion Verfügbarkeit bzw. leichte Erreichbarkeit der Substanz Gruppenzwang = Peer-Group mit problematischem Konsumverhalten Positive Erwartungen bzgl. des Substanzkonsums, z.B.: o Kontakterleichterung o Gruppenzugehörigkeit Positive Erwartungen an die Substanzwirkung Beobachtung positiver Konsequenzen durch Substanzkonsum bei anderen Schutzfaktoren, die die Wahrscheinlichkeit eines Problemkonsums reduzieren (=Resilienz = Widerstandsfähigkeit gegenüber Risikofaktoren) - Positives Selbstwertgefühl Realistische Selbsteinschätzung Bewältigungsstrategien für den Umgang mit Stress 400 Erkläre die Bedeutung von Erstkonsum und problematischer Konsum. 401 - Nicht jeder Erstkonsum bzw. Experimentierkonsum führt automatisch zu einer Substanzstörung. Substanzkonsum im Jugendalter oft zur Bewältigung von spezifischen Entwicklungsaufgaben. Erst intra- und interpersonelle und kulturelle Risikofaktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit zur Entwicklung eines problematischen Konsums Schutzfaktoren reduzieren diese Wahrscheinlichkeit. 402 Nenne die 4 kognitiv-verhaltenstherapeutischen Konzepte zur Entwicklung einer Substanzstörung. 403 1. 2. 3. 4. Operante Konditionierung Klassische Konditionierung Kognitives Modell der Sucht (Beck) Das Drei-Faktoren-Modell der Suchtentstehung 404 Erkläre die Konditionierungsansätze der Suchtentwicklung. 405 1. 2. Operante Konditionierung Früher oder später werden die positiven Auswirkungen einer Substanz auf pharmakologischer und emotionaler Ebene erlebt, z.B. Rausch, Entspannung, verändertes Bewusstsein, Glücksgefühle Theorie: Der Konsument verwendet die Substanz als Selbstmeditation Es kommt zur Verbesserung des körperlichen oder emotionalen Zustandes Konsum aufgrund positiver Konsequenzen (=positive Verstärkung) Konsum zur Beendigung negativer emotionaler und sozialer Situationen Folge = operanten Konditionierung des Konsums + Ausbildung diskriminativer Stimuli körperliche Abhängigkeit muss nicht ausgebildet sein. Klassische Konditionierung Findet der Substanzkonsum an bestimmten Orten oder mit bestimmten Personen statt, so kommt es zur klassischen Konditionierung. Ursprünglich neutraler Reiz, der in Verbindung mit dem Substanzkonsum + damit verbundenen positiven Effekten auftritt, wird zu konditionierten Reiz. Der konditionierte Reiz führt als Hinweisreiz zu einem neuen Konsum Allein der Anblick der Substanz oder einer bestimmten Person lösen den Wunsch nach der Substanz aus Wird der Konsum kontinuierlich fortgesetzt, entwickelt sich abhängig von der Substanz nach einiger Zeit zur Abhängigkeit. Solche konditionierten Auslöser sind subjektiv und schwer identifizierbar. Daher ist eine Löschung schwierig. 406 Erkläre das kognitive Modell der Sucht nach Beck. 407 Auslösesituation Internal = traurig sein, sich einsam fühlen External = die Stammkneipe Suchtspezifische Grundannahme „wenn ich trinke, geht’s mir besser!“ Automatische Gedanken „Ich geh rein und bestell mir ein Bier!“ Verlangen Weiterer Konsum oder Rückfall Bier trinken Instrumentelle Handlung In die Kneipe gehen und bestellen Erlaubniserteilende Gedanken „Ich werde auch nur 1 Bier trinken, das ist nicht so schlimm!“ 408 Erkläre das Der-Faktoren-Modell von Feuerlein. (Droge-Person-Umwelt-Modell). 409 Die Entwicklung einer Substanzstörung steht in Wechselwirkung mit den Faktoren: 1. 2. 3. Person (genetische Vulnerabilität, Lerngeschichte, Persönlichkeitsmerkmale) o Psychische Merkmale - Belastungsvermeidung - Belohnungsabhängigkeit - Neugierde o Somatische Merkmale - Genetische Faktoren - toleranzentwicklung Umwelt (Verfügbarkeit, Risikokonstellation im sozialen Umfeld, gesellschaftlicher Kontext) o Kulturelle Faktoren - Genussorientierung o Soziale Faktoren - Desintegration o Personelle Faktoren - Defizite an Bezugspersonen Droge (Zubereitung, Wirkgeschwindigkeit, chemische Zusammensetzung, Wirkungsweise) o Physikalische Merkmale o Chemische Merkmale o Zubereitung Droge Person Umwelt 410 Erkläre die Opponenten-Prozess-Theorie (Solomon & Corbit). 411 - Als erstes wird der a-Prozess aktiviert und zwar proportional zur Dauer, Stärke und Qualität des Reizes. Die Aktivierung des a-Prozesses führt zu einem positiven Primäreffekt. Etwas später wird der b-Prozess aktiviert. Dieser wirkt dem a-Prozess entgegengesetzt, hat also eine umgekehrt hedonische Qualität und ist ein kompensatorischer Prozess. Bei der ersten Reizdarbietung (Alkohol) ist die Amplitude des b-Prozesses proportional zu der des a-Prozesses, aber kleiner. Aber, mit wiederholtem Konsum setzt der b-Prozess immer früher ein und nimmt an Stärke und Dauer zu. Das Ergebnis (Summator)dieser zwei Prozesse bestimmt den aktuellen Verlauf und Intensität des Verstärkers. Kurz nach der Reizdarbierung (Alkohol) wird ein maximal positiver affektiver Zustand erreicht. Hiernach kommt es zur Adaptation, also zum Abfall des positiven Reizes, welcher allmählich komplett entfällt, z.B. aufgrund einer niedrigen Konzentration der Substanz und es kommt zu negativen Nachschwankungen. - Alkohol erzeugt nach seinem Konsum eine angenehme Hauptwirkung. Etwas zeitverzögert entsteht im glutamatergen und GABA-ergen System jedoch auch eine unangenehme Nebenwirkung, welche kleiner als die Hauptwirkung ist. Durch einen kontinuierlichen Konsum wird die Hauptwirkung immer schwächer, während die Nebenwirkung immer stärker wird. Das nennt man dann Toleranzentwicklung. Bsp.: - 412 Wie entsteht Missbrauchsverhalten bzw. körperliche Abhängigkeit? 413 Missbrauchsverhalten entwickelt sich durch operanten Konditionierung: - Wird der Konsum nach dem Erstkonsum kontinuierlich fortgesetzt, wird irgendwann die positive Auswirkung der Substanz erlebt, z.B. Rausch, Entspannung usw. = Positive Verstärkung Der Substanzkonsum erfolgt aber nicht nur aufgrund der positiven Verstärkung sondern auch zur Reduktion von negativen emotionalen oder sozialen Situation, also die negative Verstärkung. Körperliche Abhängigkeit entwickelt sich durch klassische Konditionierung: - Wird der Substanzkonsum kontinuierlich fortgesetzt, kommt es zur Entwicklung einer körperlichen Abhängigkeit. Man geht dann davon aus, ein körperlich abhängige Person sein Verhalten nicht mehr bewusst kontrollieren kann. Das Verhalten ist stark motiviert durch das Belohnungssystem (limbisches System) und dem Entscheidungs-und Kontrollsystem (präfrontaler Kortex). Bsp.: o Personen mit Spielsucht schneiden aufgrund von Defiziten im präfrontalen Kortex in ihrer Entscheidungsbilanz schlechter ab als Gesunde. o Dopamin spielt eine besondere Rolle, da die Verstärkung von Verhalten primär über die dopaminergen Neurone im limbischen System zustande kommt. o Psychotrope Substanzen wirken sensibilisieren bestimmte Strukturen im limbischen System = Suchtgedächtnis o Die Sensibilisierung erfolgt entweder aufgrund steigender Anzahl von Rezeptoren oder durch eine Rezeptorveränderung 414 Wie lassen sich Entzugssymptome erklären? 415 1. Toleranzentwicklung Der Substanzkonsum erzeugt eine angenehme Hauptwirkung, die positive Auswirkung der Substanz (a-Prozess) Etwas zeitverzögert entsteht aber bald auch eine negative Nebenwirkung, die zwar geringer ist als die Hauptwirkung, diesem aber entgegensetzt. Durch den regelmäßigen Konsum wird die Hauptwirkum immer schwächer, die Nebenwirkung dafür stärker. Resultat die Dosierung der Substanz muss immer mehr und mehr erhöht werden, um seine Hauptwirkung zu erziehlen. Bsp.: Alkoholkonsum o Aufgrund der Toleranzentwicklung wird die doppelte Menge an Alkohol benötigt, um die Hauptwirkung zu erzielen. o Dies wird weiter verstärkt, in dem die Leber beginnt den Alkohol schneller abzubauen (Ethanoloxidations-System, MEOS) 2. Endorphinmangel Das Belohnungssystem (nucleus accumbens) arbeitet mit Dpomin und Endorphin Es reguliert die Motivation, Verhaltensaktivierung und das Beibehalten von Gewohnheiten Man geht davon aus, dass z.B. durch Alkoholkonsum es zu Fehlfunktionen im Transmittersystem kommt, der das Belohnungssystem bis zum nächsten Alkoholkonsum hemmt. 3. Suchtgedächtnis (Böhning) Entwickelt sich, wenn der Substanzkonsum an bestimmen Orten zu bestimmten Zeiten stattfindet. So werden diese Situationen zu konditionierte Reize und lösen bei Konfrontation neurologische Reaktionen aus, die die Person nicht mehr willentlich kontrollieren kann. Nach Böhning ist Sucht als ein antizipatorischer Lerneffekt. 416 Welche Forschungsansätze erklären das Suchtgedächtnis? 417 1. Sucht ist klassisch konditioniert - Bestimmte Teile einer Konsumsituation werden mit der angenehmen Substanzwirkung verbunden. - Diese Situationen lösen später physiologische, emotionale und motivationale Reaktionen aus und haben v.a. bei Abstinenz einen starken Aufforderungscharakter. - Diese Theorie konnte nur teilweise in Tierversuchen bestätigt werden. 2. Subkortikale Sensitivierung - Die Anpassung des Dopaminsystems an Alkohol führt zu einer löschungsresistenten Hypersensitivität für die Anreizwirkung von Alkohol oder ähnlichen Stimuli - Diese Hypersensivität sorgt auch nach langer Abstinenz für eine Rückfallwahrscheinlichkeit. - Die Sensitivierung ist kontexspezifisch, also in den klassischen Konsumsituationen am stärksten. - Diese Theorie konnte nur in Tierversuchen bestätigt werden. 3. “Automatic processing” vs. “Controlled processing” - Das Konsumverhalten von Süchtigen ist automatisiert. - die Impulse des Konsumverhaltens erfolgen schnell, automatisch und schwer kontrollierbar. - Um abstinent bleiben zu können, muss der Süchtige bewusst denken und Handeln, d.h. controlled processing. - Diese Art zu handeln ist langsam, energiezehrend und abhängig von der Absicht der Person. - Durch Craving kann das bewusste Handeln beeinträchtigt werden. 418 Erkläre das Experiment und die Ergebnisse der inkraniellen Selbstreizung. 419 - Bei der incraniellen Reizung werden bestimmte Teile des Hypothalamus gereizt, was eine belohnende/aversive Wirkung hat. Experiment: Ratten und Fehlimplantierte Elektroden: o Elektroden ausversehen statt in die formatio reticularis im Septum implantiert. o Folge: Wenn Strom floss (grüne Lampe)stimulierten sich die Ratten fast 5000 mal pro Stunde Wenn kein Strom floss zeigten Ratten ein depressives Verhalten o Resultat: Inkranielle Selbstreizung wird jedem anderen Verhalten vorgezogen Wirkt auch angstreduzierend Was ist passiert? - die zentrale Umschaltstation des Belohnungszentrums ist der nucleus accumbens. Hier laufen die dopaminergen Neurone zusammen und aktivieren gleichzeitig Nervenzellen, die endogene Opiate ins Frontalhirn schicken. Das Belohnungszentrum kann durch Kokain, Schokolade schöne Menschen und Musik aktiviert werden. dann erlebt man eine Arte Schauerreaktion, d.h. das vegetative System ist aktiv. Das wird als positiv empfunden. Der nucleus accumbens lässt sich bei Süchtigen nur noch durch die psychotrope Substanz stimulieren. Bei einer Abhängigkeit ist der nucleus accumbens nur noch selektiv durch die Substanz aktivierbar 420 Erkläre die Phasen der Veränderungsbereitschaft von Prochaska & DiClemente. 421 Fehlende oder unzureichende Veränderungsbereitschaft ist das Hauptproblem bei der Behandlung von Suchtpatienten. Daher ist es auch während der Therapie notwendig, die Veränderungsbereitschaft zu prüfen und zu fördern. Phasen der Veränderungsbereitschaft: 1. 2. 3. 4. 5. Phase: Precontemplation = das fehlende Problembewusstsein Suchtpatient hat noch keine Einsicht und somit aucht keine Veränderungsbereitschaft Als Therapeut hat man hier kaum Einflussmöglichkeiten Der Einfluss erfolgt oft durch external durch Umweltfaktoren, z.B. Verlust des Arbeitsplatzes, Verhaftung und internal durch emotionale oder körperliche Schäden Phase: Contemplation = Aufbau eines Problembewusstseins Suchtpatient entwickelt durch Selbstbeobachtung langsam ein Problembewusstsein und bedenkt Vor- und Nachteile seines Konsums Therapeut muss die Selbstbeobachtung fördern und die negativen Konsequenzen hervorheben. Es ist auch wichtig die positiven Konsequenzen des Entzugs zu betonen, um so die Veränderungsbereitschaft zu fördern In dieser Phase wird die therapeutische Beziehung aufgebaut und therapeutische Ziele verinbart Phase: Action = Behandlungsbeginn Nun hat der Patient eine Veränderungsbereitschaft Der Therapeut beginnt mit dem Kompetenztraining, damit der Patient lernt ohne Sucht sein Leben zu meistern Es erfolgt eine Zukunftsplanung. Phase: Maintenance = Aufrechterhaltung der Behandlungsziele Fertigkeiten vermitteln, die ein Rückfallrisiko minimieren, z.B. kritische Situationen rechtzeitig erkennen. Bewältigungsstrategien bei Rückfall Phase: Relapse = Rückfall Erneuter Missbrauch oder gar Abhängigkeit. Therapeut hat kaum Einfluss. 422 Was ist Rückfall? 423 Marlatt und Gordon unterschieden zwschen: 1. Lapse = Ausrutscher 2. Relapse = schwerer Rückfall, bei dem alte Verhaltensmuster wieder aufgenommen werden Faktoren die einen Rückfall beeinflussen: - Selbstwirksamkeitserwartung Negative Affekte oder Stress Soziale Bedingungen, z.B. Probleme am Arbeitsplatz, im persönlichen Umfeld oder der Lebensgestaltung Defizite im Suchthilfesystem Kognitionen, z.B. Vermeidung, Überschätzung der eigenen Kompetenzen Stimmungsschwankungen Komorbidität, v.a. Persönlichkeitsstörung 424 Erkläre das Sozialkognitive Modell des Rückfalls nach Marlatt & Gordon. 425 Annahme: - Rückfall ist selten ein plötzliches Ereignis Vorbereitung eines Rückfalls erfolgt über mehrere Einzelschritte auf der Kognitions- und Verhaltensebene Annahme, dass Rückfälle auf 3 Faktoren basieren: 1. Rückfallrisikosituation In unausgewogenen Lebenssituationen entsteht oft das Bedürfnis nach Entschädigung und untergraben die Abstinenzbemühungen so kommt es zu Situationen, die einen Rückfall ermöglichen, z.B. Alkohol für Gäste kaufen 2. Bewältigungsfertigkeiten Eine wahrgenommene Anzahl alternativer Bewältigungsmöglichkeiten Diese werden in aktiv-bewältigende und passiv-vermeidende Strategien unterteil. 3. Abstinenzzuversicht Überzeugung, über effektive Bewältigungsstrategien zu verfügen und diese auch anwenden zu können Menschen mit einer hohen Abstinenzzuversicht zeigen oft ein effektiven Bewältigungsverhalten Abstinenz Erhöhte Abstinenzzuversicht hoch Unausgewogene Lebenssituation scheinbar harmlose Entscheidung (Alkohol für Gäste) Risikosituation unangenehme Gefühle Konflikte soziale Verführung Wahrgenommene Bewältigungsfertigkeite n und Abstinenzzuversicht gering Lapse, d.h. erneutes Trinken Verringerte Abstinenzzuversic ht Rückfallschock Relapse 426 altes Trinkverhalten Was sind die Therapieziele einer Substanzstörung? 427 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. Therapeutischen Kontakt aufbauen und halten Gesundheitliche Situation und Gesundheitsverhalten verbessern, körperliche Störungen behandeln Lebensbedingungen verbessern Selbstmanagement des Drogenkonsums fördern Veränderungsbereitschaft aufbauen Körperlichen Entzug erleichtern und Substanzabstinenz erreichen Rückfall kritische Situationen bewältigen Lebenskompetenzen verbessern, Alltag strukturieren Abbau von Folgestörungen im beruflichen, sozialen Bereich Psychische und soziale Kompetenzen vermitteln und fördern Aufbau sozialer Beziehungen und neue Lebensplanung 428 Welche 3 Kategorien psychotroper Substanzen unterscheidet das DSM-IV? 429 1. Sedierende Substanzen - Wirken auf die ZNS-Aktivität, wirken also beruhigend o Alkohol o Opiate o Sedativa 2. Stimulierende Substanzen - Stimulieren ZNS-Aktivität, steigern das Antribsniveau o Koffein o Kokain o Amphetamine o Inhalantien o Nikotin 3. Halluzinogene o Angeldust = PCP (Phencyclidin) o LSD o Meskalin o Psilocybin o Extasy = MMDA (3-Methoxy-4,5Methylen-Dioxyphenyl-Isopropyl-Amin o DMT (Dimethyltriptamin) Cannaboide sind halluzinogen, sedierend und stimmulierend. 430 Erkläre die Abhängigkeitstypologie nach Jellinek. 431 Nach Jellinek können 5 typen unterschieden werden: 1. 2. 3. 4. 5. Alpha-Typ = Konflikttrinker (5%) Besitzen die Fähigkeit zur Abstinenz Kein Kontrollverlust, trinken bewusst! Psychische Abhängigkeit Beta-Typ = Gelegenheitstrinker (5%) Trinken nicht regelmäßig aber dafür übermäßig Kein Kontrollverlust oder Abhängigkeit Alkoholmissbrauch Gamma-Typ = süchtiger Trinker (65%) Haben nur zeitweilig die Fähigkeit zur Abstinenz Kontrollverlust Erst psychische dann körperliche Abhängigkeit Delta-Typ = Gewohnheitstrinker / Spiegeltrinker (20%) Äußert sich durch regelmäßiges Trinken ohne Kontrollverlust Abstinenz ist nicht möglich Körperliche Abhängigkeit Epsilon-Typ = episodischer Trinker / Quartalstrinker (5%) Episodische Trinkexesse mit Kontrollverlust Zwischenzeitliche Fähigkiet zu Abstinenz Psychische Abhängigkeit Alkoholmissbrauch 432 Wie verläuft die Alkoholerkrankung nach Jellinek? 433 Jellinek unterteilt den Verlauf der Alkoholerkrankung in 4 Stadien: 1. Präalkoholische Phase: - Mäßiger Alkoholkonsum zur Spannungsreduktion - Es kommt zu einer geringe Erhöhung der Alkoholtoleranz 2. Prodomalphase: - Toleranzentwicklung und Alkoholkonsum nehmen zu und es kommt zum heimlichen Trinken - Alkohol beherrscht die Gedanken - Anamnestische Lücken (Blackout) über die Ereignisse während des Alkoholkonsums 3. Kritische Phase: - Strake psychische Abhängigkeit entwickelt sich - Bagatellisierung des Konsums und Dissimulation (Verheimlichung des Konsums) - Hilfsangebote werden abgelehnt - Fortgesetzter Konsum führt zu familiären Problemen 4. Chronische Phase: - Häufiges situationsunabhängiges Auftreten von Rauschzuständen - Morgendliches Trinken gegen die Entzugserscheinungen - Alkoholtoleranz sinkt - Es kommt zu körperlichen Komplikationen 434 Beschriebe die Phasen einer Alkoholentzugsbehandlung. 435 Die Suchtbehandlung wird in 4 aufeinander folgende Phasen gegliedert: 1. Kontakt- und Motivationsphase: - Problembewusstsein erschaffen - Therapiemotivation aufbauen 2. Entgiftungsphase: - Ca. 1-2Wochen körperliche Entgiftung - Aufgrund körperlicher Komplikationen oft stationär - Gründliche Untersuchung, um Folgeerscheinungen zu identifiziere 3. Entwöhnungsphase: - Ca. 1-6 Monate - Suchtfachkliniken, Tageskliniken - Einzel- und Gruppentherapie - Persönliche Strategien zum Leben ohne Alkohol entwickeln 4. Nachsorgephase: - Dauert mehrere Jahre - Hauptziel = Rückfallprophylaxe - Regelmäßige Besuche bei Selbsthilfegruppen (AA) sollen stabilisieren 436 Wie definiert das ICD-10 Alkoholismus? 437 Alkoholintoxikation: - - Kurz zurückliegender Alkoholkonsum Klinische bedeutsames unangepasstes Verhalten oder psychische Veränderungen, die dich während oder kurz nach dem Konsum entwickelt haben, z.B. Aggressivität Mindestens 4 der folgenden Symptome müssen vorliegen: o Verwaschene Sprache o Koordinationsstörung oder unsicherer Gang o Nystagmus o Aufmerksamkeits- oder Gedächtnisstörung o Stupor oder Koma Symptome lassen sich nicht auf einen medizinischen Krankheitsfaktor zurückführen und können anders nicht besser erklärt werden. Alkoholentzug: - - Beendigung von übermäßigem oder langanhaltendem Alkoholkonsum Mindesten 2 der folgenden Symptome müssen sich innerhalb weniger Stunden oder Tage nach der Beendigung entwickeln: o Vegetative Hyperaktivität o Erhöhter Handtremor o Schlaflosigkeit o Übelkeit oder Erbrechen o Vorübergehende visuelle, taktile oder akustische Halluzinationen oder Illusionen o Psychomotorische Agitiertheit o Angst Symptome verursachen Leiden, beeinträchtigen Ausübung des Alltagslebens (beruflich, sozial) 438 Nenne komorbide Störungen der Alkoholabhängigkeit. 439 Über 37% der Alkoholabhängigen haben mindestens 1 komorbide Störung, meist: - Affektive Störungen Angststörungen 440 Welche Verfahren der Selbst- oder Fremdbeurteilung einer Alkoholabhängigkeit gibt es? 441 1. Münchner Alkoholismustest (MALT) - Zur Diagnose der Alkoholabhängigkeit - FB zur Selbst- und Fremdbeurteilung 2. Kurz FB für Alkoholgefährdete - Frühdiagnostik der Alkoholgefährdung - Frage zum psychischen Befinden, Trinkverhalten, Motivation usw. 3. Göttinger Abhängigkeitsskala - Erfasst Schwere der Abhängigkeit - 20 Items erheben 5 Faktoren Unwiderstehliches Verlangen Exzessives Trinken Körperliche Entzugserscheinungen 442 Epidemiologie der Alkoholabhängigkeit. 443 - Männer 5x stärker betroffen als Frauen Durchschnittsalter in MV für Erstkonsum 14,2 J Durchschnittsalter für Betreuungsbeginn 41,2 J Männer / Frauen gehen oft erst nach 10 / 6 Jahren zur Behandlung Erste Intoxikation oft mit 15 J. 444 Welche Symptome charakterisieren einen Alkoholentzug? 445 Alkoholentzug ist gekennzeichnet durch: - - Unruhe Angst Vegetative Zeichen Schwitzen Tremor Tachykardie Hypertonie Übelkeit Erbrechen Grand-mal-Anfall (=generalisierter Anfall) 446 Wie schätzt du die Prognose der Alkoholanhängigkeit? 447 Prognose der Alkoholabhängigkeit ist abhängig von: - Erkrankungsdauer Körperliche, neurologische und psychische Folgeschäden Allgemein geht man von der „Drittelregel“ aus: - 1/3 gebessert 1/3 ungebessert 1/3 anstinent 448 Welche Alkoholfolgeerkrankungen kennst du? 449 Alkoholfolgeerkrankungen: - - - Organische Psychosyndrome: Alkoholrausch Alkoholdelir Korsakow-Syndrom (=alkoholinduzierte amnestische Störung): Tritt als Restbestand der Wernicke-Enzephalopathie auf Desorientiertheit, Merkfähigkeitsstörungen, v.a. Störung des Kurzzeitgedächtnisses, Konfabulationen (=das Erzählen von frei erfundenen, objektiv falschen Begebenheiten oder Informationen, die keinen Zusammenhang zur Realität haben, die der Betroffene jedoch in dem Moment für wahr hält) Alkoholhaluzinose Neurologische Erkrankungen: Polyneuropathien Myopathien Kleinhirnschädigung Psychiatrische Erkrankungen: Wernnicke-Enzephalopathie = Ataxie, Bewusstseinsstörung und Augenmuskellähmung durch Thiaminmangel Internistische Folgeerkrankungen: Leberzirrhose Hepatitis Impotenz 450 Welche psychotrope Substanzen sich suchterzeugend? 451 Substanzgruppen (Drogen-Typ): - - - - - - Amphetamin-Typ machen nur psychisch abhängig. Speed Ecstasy Barbiturat-Alkoholtyp machen psychisch und körperlich abhängig Alkohol Benzodiazepin Barbiturate , Derivate Cannabis-Typ machen nur psychisch abhängig Haschisch Marihuana Halluzinogen-Typ machen nur psychisch abhängig LSD Meskalin Ketamin Kokain-Typ machen stark psychisch abhängig Kokain Crack Morphin-Opiat-Typ haben höchstes Suchtpotenzial und machen stark psychisch und körperlich abhängig; schnelle Toleranzentwicklung Opium Heroin Codein Methadon 452 Was ist Schizophrenie? 453 Begriff stammt von Eugen Bleuler “schizo“ = ich spalte; „phrenie“ = der Geist - Schizophrenie ist eine tiefgreifende psychische Erkrankung. Denken, Fühlen und Handeln (Wollen) sind so stark verändert, dass der Bezug zur Realität verloren geht und gleichzeitig eine 2.Wirklichkeit erlebt wird Diese Nebenrealität ist lebensbestimmend und kann nicht aufgegeben werden, d.h. ein Perspektivwechsel ist nicht möglich Die Schizophrenie kann alle Lebensbereiche des Patienten beeinträchtigen Entscheidend: Patient selbst erlebt sich nicht als krank und weist einen deutlichen Mangel an Krankheitseinsicht auf! 454 Nenne die Klassifikationsmodelle der Schizophrenie-Symptomatik nach Bleuler und Schneider. 455 Bleuler unterschied zwischen Grundsymptomen und akzessorischen Symptomen: - - Grundsymptome = obligatorische Symptome Störungen der Assoziation Störungen der Affektivität Ambivalenz (=widersprüchliche Gefühle, die nicht gelöst werden können! „Anziehen, oder nicht?“ Autismus (=Ich-Versunkenheit, Abkapseln von der Außenwelt, Realitätsverlust) Akzessorische Symptome = können auch bei anderen Störungen auftreten Halluzinationen Wahnideen Gedächtnisstörungen Störungen der Person Störungen der Sprache und Schrift Schneider unterscheidet die Symptome zwischen Symptome 1. und 2. Ranges: - - Symptome 1. Ranges: Gedankenlautwerden Gedankenentzug Gedankenausbreitung Gedankeneingebung Kommentierende und dialogisierende Stimmen Wahrwahrnehmung Leibliche und andere Beeinflussungserlebnisse mit dem Gefühl des Gemachten Symptome 2. Ranges: Halluzinationen Wahneinfälle Ratlosigkeit Störungen der Affektivität 456 Wie werden die Symptome der Schizophrenie in der heutigen klinischen Praxis eingeteilt? 457 Positivsymptome: Produktive Symptome („ein Mehr an Erleben“) - - Wahnvorstellungen (krankhaft falsche Beurteilung der Realität) Verfolgung-, Krankheits- oder Größenwahn, z.B. „Morgen werde ich zum Kaiser ernannt!“(=Größenwahn) Halluzinationen (akustisch, visuell, den eigenen Körper betreffend) Ich-Störungen: Gedankeneingebung („fremde Gedanken in meinem Kopft“) Gedankenentzug („Gedanken-Diebstahl“) Gedankenausbreitung („Meine Gedanken können von allen gelesen werden“) Desorganisation (formale Denkstörung, können Sprache und Gedanken nicht organisieren) Erregbarkeit Feindseligkeit Negativsymptomatik: Defizitäre Symptome („ein Mangel an normalem Fühlen und Erleben“) - - Affektverflachung Verarmung des Fühlens, verlängerte Antwortlatenz durch Denk- und Ausdrucksstörungen aber auch Kommunikationsstörungen Alogie, z.B. Antriebsmangel, Energiemangel, Interessenlosigkeit, Abschwächung des Willens Apathie, z.T. Teilnahmslos, mangelnde Erregbarkeit Anhedonie, die mangelnde Fähigkeit Freude oder Vergnügen zu empfinden Asozialität, eingeschränkte oder fehlende Kontaktfreudigkeit und dadurch Mangel an sozialen Interaktionen Aufmerksamkeitsstörung, beeinträchtigtes Konzentrationsvermögen 458 Nenne die Symptome einer Schizophrenie nach ICD-10. 459 Entweder mindestens 1 Symptom aus 1. oder mindestens 2 Symptome aus 2. 1. Mindestens 1 der folgenden Symptome: Gedankenlautwerden, Gedankeneingebung oder Gedankenentzug, Gedankenausbreitung Kontrollwahn, Beeinflussungswahn, Gefühl des Gemachten (bezogen auf Körper oder Gliederbewegungen, bestimmte Gedanken, Tätigkeiten oder Empfindungen) Kommentierende oder dialogische Stimmen Anhaltender, kulturell unangemessener oder bizarrer Wahn, z.B. Kontrolle über das Wetter, Kommunikation mit Außerirdische 2. Mindestens 2 der folgenden Symptome: Anhaltende Halluzinationen jeder Sinnesmodalität begleitet von Wahngedanken Neologismes, Gedankenabreißen oder Gedankeneinschiebung in den Gedankenfluss, was Zerfahrenheit und Danebenreden zur Folge hat Katatone Symptome, z.B.: - Erregung - Haltungsstereotype - Wächsernde Biegsamkeit - Negativismus / Autismus - Mutismus - Stupor Negativsymptome, dürfen nicht durch Depression oder durch Neuroleptika verursacht sein! - Alogie - Apathie - Anhedonie - Affekverflachung - Asozialotät - Aufmerksamkeitsstörung Ausschlussvorbehalt: keine affektive Störung, keine hirn-organische Störung, nicht Alkohol-/Sunstanzinduziert 460 Welche Schizophrenieformen können nach ICD-10 diagnostiziert werden? 461 1. 2. 3. 4. 5. Paranoide Schizophrenie (häufigste Form) Ausgeprägte Wahnvorstellungen (Verfolgungswahn, Eifersuchtswahn, Beziehungswahn, selten Größenwahn) Oft begleitet von Halluzinationen Patienten sind emotionale Schwingungsfähig Keine desorientierte Sprache Hebephrene Schizophrenie Desorganisierte Sprechweise Alliterationen, Neologismen Affektverflachung Zielloses desorganisiertes Verhalten Vernachlässigung der Körperhygiene Katatone Schizophrenie Motorische Auffälligkeiten, z.B. sonderbare Abfolge von Arm, Hand- und Fingerbewegungen - Befehlsautomatismus oder Negativismus - Wächserne Biegsamkeit in den Gliedmaßen - Rhythmische Bewegungen mit dem Rumpf oder sinnloses Klopfen an Gegenstände Drastische Aktivitätssteigerung Grimassen schneiden, Echolalie Anweisungen verweigern Haltungsstereotype Raptus = katatone Erregung, z.B. schreien, Um-Sich-Schlagen, Herunterreißen der Kleidung Schizophrenes Residuum Oft im Anschluss an häufigen psychotischen Episoden Eigentlich kein Subtyp und lässt sich vor Ausbruch der Positivsymptomatik nachweisen Hauptmerkmal: Persönlichkeitsveränderung Schizophrenia simplex ohne Positivsymptomatik schleichender Prozess in Richtung Negativsymptomatik 462 Welche Ursachen der Schizophrenie gibt es? 463 1. 2. 3. 4. 5. 6. Dopamin-Hypothese Östrogen-Hypothese Glutamat-Hypothese Diathese-Stress-Modell (Vulnerabilitäts-Stress-Modell) Genetische Faktoren Prä- und perinatale Komplikationen 464 Erkläre die Dopaminhypothese. 465 Annahme: Schizophrenie entsteht durch eine Überaktivität an den dopaminergen Synapsen (v.a. im N.accumbens) - Schizophrene weisen auch eine erhöhte Anzahl an Dopamin-Rezeptoren auf (60-110% mehr) D.h. es kommt zu einer erhöhte Dopaminausschüttung - Alle Neuroleptika wirken dopamin-hemmend, was die Positivsymptomatik lindert Dopamin-Agonisten (z.B. Amphetamin) lösen schizophrenieähnliche Symptome aus (=Amphetamin-Psychose): Amphetamin kann Psychosen auslösen Amphetamine erhöhen die Katecholaminausschüttung (also auch Dopamin) Das Problem liegt an der erhöhten Dopamin-Rezeptor-Anzahl (60-110% mehr als gesunde) Beweise: - Wirkungszusammenhänge: - Eine geringe Dopaminausschüttung im präfrontalen Kortex (=Hypofrontalität) löst die Negativsymptomatik aus Die Hypofrontalität verursacht aber im mesolimbischen dopaminergen System (N.accumbens) eine erhöhte Dopaminausschüttung, was die Positivsymptomatik auslöst Neuroleptika wirken kaum auf die Dopamin-Rezeptoren im präfrontalen Kortex, daher können sie nur die Positivsymptomatik lindern 466 Erkläre die Östrogen-Hypothese. 467 - Frauen erkranken ca. 5 Jahre später als Männer und haben einen 2. Erkrankungsgipfel im ca. 50.LJ Annahme: Ötrogen ist dafür verantwortlich: Östrogen hat eine anti-dopaminerge-Wirkung (dopaminhemmend), ähnlich wie Neuroleptika Tiervesuch Östrogen hemmt dopamininduziertes Verhalten bei Ratten Evtl. eine Östrogen-Behandlung bei gefährdeten Frauen nach dem Klimakterium (hormonelle Umstellung vor + nach der Menopause) 468 Erkläre die Glutamat-Hypothese. 469 Annahme: Geringe Negativsymptomatik Glutaminkonzentration löst schizophrene Symptome aus inkl. Positiv- und Glutamat: - ZNS stimulierender Neurotransmitter Phencyclidin („Angeldust“) ist eine Droge, die die Glutamatrezeptoren blockiert 470 Erkläre die Hypofrontalität als Ursache einer Schizophrenie. 471 - - Schizophrenie durch Störung in den präfrintalen Kortexarealen Verringerte Aktivität im präfrontalen Kortex, der bei Sprache, Entscheidungsfindung und bewusste Handlungen eine Rolle spielt. Folge der verringerten Aktivität sind Störungen bei der Informationsverarbeitung: Störung der selektiven Aufmerksamkeit Störung des Arbeitsgedächtnisses Probleme beim Schlussfolgerndem Denken Ursache der verringerten Aktivität evlt. durch prä- und perinatale Komplikationen: Pränatale Komplikation, z.B. - Infektion in der 2. Schwangerschaftswoche wie Grippe - Unterernährung - Anderer Rhesusfaktor Perinatale Komplikation, z.B. Hypoxieschäden (Sauerstoffmangel während der Geburt) 472 Wie lässt sich die Interaktion zwischen der dopaminergen Hypofrontalität und der dopaminergen Hypoaktivität im N. accumbens erklären? 473 Annahme: die Hypofrontalität verursacht die mesolimbische Hyperaktivität. - Schizophrenie beginnt wahrscheinlich mit dem Verlust an Neuronen, die eine Hypofrontalität verursachen, z.B. durch verringerte Dopaminausschüttung Die Hypofrontalität löst die Negativsymptomatik aus Aufgrund des Dopaminmangels im präfrontalen Kortex wird die Dopaminproduktion im mesolimbischen System angekurbelt und do die akute Positivsymptomatik ausgelöst. Das präfrontale Kortex hemmt normalerweise das mesolimbische System, diese Funktion fällt weg, daher produziert 474 Welche genetischen Faktoren kommen als Ursache der Schizophrenie in Frage? 475 Unterscheidung von gesunden und Kindern, die später schizophrene Symptome zeigen, möglich. Präschizophrene Kinder zeigen mehr: - Motorische Auffälligkeiten, z.B. ungewöhnliche Handbewegungen mehr negative Gesichtsausdrücke diese Auffälligkeiten wurden bereits im 2.LJ festgestellt trifft aber nicht auf alle präschizophrenen Kinder zu - Zwillingsstudien (eineiig) haben eine Konkordanzrate von 44% ergeben. Allgemein: Adoptionsstudien: - Untersuchten Kinder von schizophrenen Müttern, die in Heimen oder bei Verwandten aufwuchsen 16,6% dieser Kinder wurden schizophren 476 Wie lässt sich die Wirkung von Stress als Ursache einer Schizophrenie erklären? 477 Diathese-Stress-Modell (bzw. Vulnerabilitäts-Stress-Modell): - gilt als die wahrscheinlichste Ursache der Entstehung der Schizophrenie Grundsätzliche Annahme, dass sogenannte genetische Faktoren mit Umweltfaktoren zusammenwirken müssen, um eine schizophrene Erkrankung auszulösen. Weder die Erbanlage noch die Umweltfaktoren alleine sind dazu imstande. Verschiedenste Faktoren (biologisch, soziale, familiäre etc.) führen zur erhöhten „Verwundbarkeit“ (Vulnerabilität). In niedrigen sozialen Schichten tritt die Schizophrenie doppelt so häufig auf. 478 Erkläre das Konzept der High-Expressed-Emotion. 479 High-Expressed Emotions (High EE) = eine emotional aufgeladene Atmosphäre in der Familie: - Kritik, Abwertung, Ärger Feindseligkeit emotionales Überengagement extreme Sorge extreme Fürsorglichkeit ständiges Grübeln, Abhängigkeit des eigenen Zustands vom Patienten Patienten, die in ihren Familien starken psychosozialen Stress erleben (High-EE) entwickeln schnell Positivsymptomatik. (HHN-Achse!) 480 Wie erfolgt die Therapie der Schizophrenie. 481 Die Therapie der Schizophrenie besteht aus 3 Säulen: 1. 2. 3. Medikation Hoch- / mittel- und niedrigpotente Neuroleptika Hochpotente lösen oft extrapyramidal-motorische Störungen aus, machen atypische Neuroleptika nicht Hoch- und mittelpotente Neuroleptika werden bei ausgeprägter Positivsymptomatik verabreicht Niedrigpotente Neuroleptika wirken sedierend Hochpotente Neuroleptika führen bei 90% der Patienten zur Besserung der Positivsymptomatik, z.B. Chlorpromazin (Clozapin): 1. Lindert Positivsymptomatik 2. 30% der Patienten sprechen schlecht darauf an 3. Starke Nebenwirkungen führen oft zu Behandlungsabbruch (50% im 1. Und 75% im 2,Jahr!) Psychotherapie Intergriertes Psychologisches Therapieprogramm (IPT) Bearbeitet kognitive + soziale Problemlösedefizite Kann mit Medakation + Sozialtherapie kombiniert werden Hat 5 Unterprogramme: 1. Kognitive Differenzierung 2. Soziale Wahrnehmung 3. Verbale Kommunikation 4. Soziale Fertigkeiten 5. Interpersonelles Problemlösen Soziotherapie / Rehabilitation Soziale Kompetenz Berufliche Eingliederung 482 Erkläre das Integriertes-Psychologische-Therapieprogramm. 483 Ist ein integriertes Modell, weil: - Es kognitive und soziale Problemlösedefizite bearbeitet Sich mit anderen Interventionen (Medikation, Sozialtherapie) kombinieren lässt Das ITP besteht aus 5 Programmen: 1. 2. 3. 4. 5. Kognitive Differenzierung, zur Verbesserung der Funktionen wir: Konzeptbildung (Hierarchien Durchgehen) Abstraktionsfähigkeit Konzeptmodulation Merkfähigkeit Erfolgt anhand von Sortieraufgaben, Begriffshierarchien, Wortdefinitionen und Übungen mit Synonymen Soziale Wahrnehmung, zur Verbesserung der Reizerkennung und Interpretation bei der Wahrnehmung sozialer Interaktion: Dias: Zeigen soziale Interaktionen mit unterschiedlicher emotionaler Belastung und Komplexität P. soll Dias beschreiben, von den Einzelheiten bis zur Bildinterpretation und Diskussion Verbale Kommunikation, zu Verbesserung der Kommunikation in der Familie Ziel: affektives Aufladen von Gesprächssituationen verhindern („High-Expressed-Emotion“) Auf Beiträge anderer Gruppenmitglieder achten Fremde Gedankengänge erfassen (Perspektivenübernahme?) Verbindung zwischen eigenen und fremden Gedanken herstellen Soziale Fertigkeiten, zur Verbessrung der Umgangs mit der Umwelt: Geübt werden: Standardsituationen, die sich nach Schwierigkeitsgrad und Ausmaß der emotionalen Belastung unterscheiden Interpersonelles Problemlösen, zur effektiven Bewältigung von potentiellen Stressoren: Problemidentifikation, kognitive Problemaufbereitung, Lösungsalternativen erarbeiten + besprechen, Umsetzung der Alternative und Rückmeldung über den Erfolg bzw. Misserfolg in der nächsten Sitzung 484