Erfahrungsbericht Hogeschool Rotterdam WS 2011/12 Antonia
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Erfahrungsbericht Hogeschool Rotterdam WS 2011/12 Antonia
Erfahrungsbericht WS 2011/12 Hogeschool Rotterdam Antonia Pfundstein „Was willst du denn in Holland?!“ Die Niederlande Die Niederlande ist mit seinen 41.528 km² zwar nicht einmal annähernd so groß wie Bayern (70.551,57 km²); jedoch hat das Land einiges zu bieten. Mit rund 400 Einwohner/km² Landfläche gehören die Niederlande zu den am dichtesten besiedelten Flächenstaaten der Welt. Vor allem verbindet man die Niederlande mit einem: viel Wasser! Rund 1/3 der Niederlande liegt unter dem Meeresspiegel. In alten Städte wie Amsterdam, Delft, Utrecht etc. gibt es viele kleine Kanäle. Felder werden nicht wie gewohnt durch Zäune sondern durch kleine Bäche begrenzt. Wer einmal mit dem Zug durch die Niederlande reist, wird schnell feststellen das Klischees wie Windmühlen, Wasser, viele Kühe/Schafe etc. tatsächlich der Realität entsprechen. Wer die Niederlande kennt, verbindet diese Städte auch mit einem schönen, mittelalterlichem Flair. Da die Niederlande in beiden Weltkriegen relativ neutral blieben, sind die Städte bis heute alle sehr gut erhalten. Rotterdam Ausgenommen Rotterdam. Dieses wurde im 2. Weltkrieg von Deutschland bombardiert und vor allem die Innenstadt sowie der Hafen leider fast vollkommen zerstört. Das alte, traditionelle Rotterdam verschwand weitestgehend und wurde bewusst modern und mit ambitionierter Hightech-Architektur wieder aufgebaut. Ein bestimmendes Merkmal des Stadtbilds ist die hohe Anzahl an hohen Gebäuden, wie sie in Europa sonst nur in Frankfurt, Warschau, London und Paris vorkommen. Rotterdam ist eine wunderschöne Stadt mit vielen neuen modernen Gebäuden. Man sollte also keineswegs eine traditionelle niederländische Stadt mit vielen alten Gebäuden und kleinen Gassen erwarten. Ein besonderes Highlight sind die sogenannten „Kubushäuser“ im Stadtteil Blaak. Die würfelförmigen kleinen Wohnungen sollen laut Architekt Piet Blom Bäume darstellen. Der Euromast (186 Meter hoch) gehört ebenso zu einer bekannten Sehenswürdigkeit. Von dort aus hat man bei gutem Wetter einen super Blick über ganz Rotterdam. Wer dennoch einen alt, erhaltenen Stadtteil sehen möchte, sollte den Stadtteil Delfshaven besuchen. Er gehört zu den wenigen Teilen Rotterdams die noch „typisch holländisch“ sind. Wie auch in den anderen Städten gibt es in Rotterdam viel Wasser. Rotterdam liegt, wie Rund 1/3 der Niederlande, größtenteils unter dem Meeresspiegel und ist durch Deiche geschützt. Rotterdam hat einen der größten Seehäfen der Welt und den mit Abstand größten Europas. Wer in Rotterdam ist sollte definitiv eine Hafenrundfahrt machen (http://spido.nl/)! Wer außerdem mehr über Schiffe, Marine etc erfahren möchte, kann dies gerne im Maritiem Museum Rotterdam tun (http://www.mmph.nl). Vorbereitungen Nachdem klar war, dass ich mein Auslandssemester an der Hogeschool Rotterdam verbringen werde, hat sich lange Zeit erst einmal nichts getan. Die Rotterdam Business School sendete alle Dokumente an das International Office in München, die diese Dokumente/Informationen dann an mich weiter geleitet haben. Darunter befanden sich auch alle Informationen über die Kurse und deren Lehrinhalt. Man muss die Kurswahl relativ früh an die Hogeschool Rotterdam weiterleiten, allerdings bekommt man in der Einführungswoche die Möglichkeit diese Auswahl noch abzuändern. Außerdem erhält man Informationen über die Studentenwohnheime sowie die Anmeldefristen. Anreise Rotterdam ist im Prinzip sowohl mit dem Auto (ca. 8 Std. Fahrzeit), Zug (viel Umstiege, lange Reisezeit) oder mit dem Flugzeug zu erreichen. Nach einigen Preisvergleichen habe ich mich entschieden von München nach Amsterdam zu fliegen. Rotterdam hat zwar einen Flughafen; dieser wird allerdings nur sehr umständlich von München angeflogen. Am Besten bucht man den Flug 2 Monate im Voraus. Davor sind die Preise sehr hoch (bis 300 €). Wider erwartend war nicht KLM der günstigste Anbieter, sondern Lufthansa. Für Hinflug (im Hochsommer) und Rückflug (einen Tag vor Weihnachten) habe ich insgesamt 160 € bezahlt. Freunde von mir haben für einen Besuch nur 90 € bezahlt. Ein Nachteil am fliegen ist, dass man sich auf 23 kg Gepäck beschränken muss, was für ein halbes Jahr wirklich schwierig ist. Zeitlich und preislich gesehen ist es allerdings in meinen Augen die beste und komfortabelste Lösung. Der Flughafen Amsterdam‐Schiphol ist direkt an das Bahnnetz angebunden und die Fahrt nach Rotterdam dauert mit dem Schnellzug „Fyra“ (kostet nur 4 Euro mehr) nur ca. eine halbe Stunde. Einmal in Rotterdam angekommen, wurde ich dann von unseren niederländischen Partnerstudenten, den „Buddies“ in Empfang genommen. Sie halfen uns bei der Organisation unserer Zimmerschlüssel sowie uns erst einmal in der Stadt zu orientieren. Dabei zeigten sie uns wo wir Fahrkarten kaufen konnten. Alles in allem war es dennoch ein riesiges Chaos, da für ca. 40 Austauschstudenten zwei Buddies zuständig waren die Anfangs selbst noch nicht wirklich wussten, wo unser Studentenwohnheim ist und wie man dort hin gelangt. Fortbewegungsmittel Rotterdam verfügt über ein sehr gut ausgebautes Verkehrsnetz mit diversen U‐Bahnlinien, Straßenbahnen, Bussen und sogar Fähren und Wassertaxis. Für den öffentlichen Verkehr besorgt man sich am besten die OV-chipkaart , die in allen Verkehrsmitteln günstig ist. Diese kostet einmalig 7,50 € und kann dann mit einem beliebigen Betrag aufgeladen werden. Dies Karte gilt mittlerweile in den meisten holländischen Städten und kann dort problemlos benutzt werden. Man kann mit der Karte auch die Zugfahrten bezahlen. Etwas problematisch ist, dass an holländischen „Bahnkarten“-Automaten entweder mit Master/Maestro Karte oder mit Münzgeld bezahlt werden kann. Es gibt leider keinen Automaten der Scheine annimmt. „Holländer – die fahren doch nur Fahrrad“ … Und ich habe schnell feststellen müssen, dass dieses Klischee tatsächlich der Wirklichkeit entspricht. Kurze Strecken (d.h. In Holland bis zu 7 km) werden überwiegend mit dem Fahrrad zurückgelegt. Am einfachsten bekommt man ein gebrauchtes Rad über die vielen Anzeigen die sowohl in der Uni als auch in Supermärkten aushängen oder in einigen Gebraucht-Fahrräder Läden. Oft werden Fahrräder auch einfach auf der Straße zum Verkauf angeboten. Wir wurden allerdings gewarnt, diese zu kaufen, da es sich meist um Diebesgut handelt. Man sollte sich jedenfalls ein gutes Fahrradschloss zulegen. Räder werden gerne geklaut. Also immer an einer Laterne etc. abschließen – am Besten mit zwei Schlössern. Ich rate davon ab, ein neues Fahrrad zu kaufen. Bei uns haben dies fünf Austauschstudenten gemacht. Alle 5 haben sich nach nur zwei Wochen ein gebrauchtes Rad zulegen müssen – da ihr neues Rad geklaut worden ist. Unterkunft Mit den wichtigsten Dokumenten der „Rotterdam Business School“ erhält man auch Informationen über die von der Hogeschool angebotenen Wohnheime. Ich habe mich für beide angebotenen Wohnheime, Robert Baelde Hall oder die Residence Koningslaan beworben und bin letztendlich in Koningslaan gelandet. Es werden zwei verschiedene „Wohnungsgrößen“ angeboten. In der 2Mann-Wohnung teilt man sich Toilette, Dusche und Küche mit einem weiteren Studenten. Die Zimmer kosten 550 € und sind wirklich riesig! In meinen Augen viel zu groß, da bis auf ein Bett, Schreibtisch, Schrank und ein Regal nichts im Zimmer steht. Ich war daher also froh, mich für das kleinere Zimmer (mit der gleichen Ausstattung) für 445 € entschieden zu haben. Die kleineren Zimmer, die allerdings immer noch ausreichend groß sind, befinden sich in 3-,4-,5-MannWohnungen. Jedes Zimmer ist auch mit einem Waschbecken ausgestattet, was sehr komfortabel ist. Das Wohnheim ist auf zwei Gebäude aufgeteilt in denen die Austauschstudenten verteilt sind. Im Keller des einen Gebäudes befinden sich 2 Waschmaschinen und Trockner. Um diese zu nutzen muss man sich einen Wasch-Coin kaufen. Dies kann man immer Mittwochs zwischen 19 und 20 Uhr bei einer Mitarbeiterin von Stadswonen machen. Online können dann die Maschinen gebucht werden. Das funktionierte die meiste Zeit problemlos. In der ersten Woche muss jeder Austauschstudent an einem Rundgang teilnehmen, an dem einen alles weitere näher erklärt und gezeigt wird. Genau gegenüber des Wohnheims befindet sich ein kleiner Marktplatz. Hier gibt es 3 Friseure, 2 Supermärkte, kleine Shops etc. Jeden Freitag findet dort ein Wochenmarkt statt. Da Lebensmittel im Verhältnis etwas teurer sind als in Deutschland ist es gut dort Obst und Gemüse zu kaufen. In der Residence Koningslaan waren die meisten anderen Austauschstudenten aus meinem Semester und Fachrichtung untergekommen, so kommt man schon in den ersten Tagen mit seinen Kommilitonen/innen in Kontakt. Natürlich war das auch speziell für Gruppenmeetings oder gemeinsame Abende sehr praktisch. Die Wohnung an für sich sind OK. Sauberkeit und Hygiene hängen natürlich davon ab, wie man sich mit seinen Mitbewohnern (meistens andere Austauschstudenten aber auch Holländer) arrangiert. Während des Aufenthalts finden Hygienekontrollen statt. Man erhält zwar eine Info per E-Mail des Student Housing Office, allerdings keinen Termin/Zeit genannt. Hier werden Küche/Bad sowie das eigene Zimmer kontrolliert. Ein großer Nachteil der Residence ist die Lage. In die Innenstadt braucht man insgesamt ca. 20 Minuten. Mit dem Rad sind es circa 7 Kilometer. Da die letzte Metro um 0.15 Uhr fährt, mussten wir oft zum heim kommen auf das Taxi umsteigen. Ein weiterer Nachteil ist der allgemeine Zustand der Anlage. Was auf den ersten Blick als akzeptabel erscheint, entpuppte sich leider schnell als Mauseloch. Nahezu jeder hat eine Maus in seiner Küche gehabt. Auch nachdem wir das Student Housing Office und Stadswonen mehrmals darüber informiert hatten, ist leider nie etwas gegen die Mäuse unternommen worden. Rotterdam Business School Der Campus der Rotterdam Business School ist etwas außerhalb des Stadtzentrums in Kralingse Zoom und liegt direkt neben der Erasmus Universität. Die Hochschule ist sehr modern und neu. Überrascht hat mich die zur Verfügung stehenden Computer. Allerdings musste man, gerade zur Mittagszeit, sehr lange nach einem freiem Computer suchen. In der Hochschule befindet sich ein Schreibwarenladen, in dem man alle möglichen Schreibartikel erhält, sowie Bücher bestellen kann. Hier erhält man auch Chip-Karten, die man benötigt um an der Hochschule zahlen zu können. Es gibt 10 oder 20 € Karten, für die man jeweils satte 2,50 € „Bearbeitungsgebühren“ bezahlt. Die Hörsäle sind eher im Format eines Klassenzimmers, was allerdings auch auf die allgemeine „Klassengröße“ von zwischen 20 – 30 Studenten zurückzuführen ist. In der Einführungswoche, die zugegebenermaßen sehr chaotisch verlaufen ist, hatten wir Zeit die Hochschule etwas näher kennen zu lernen. Am ersten Tag haben wir eine Schnitzeljagd durch Rotterdam gemacht. Dienstag stand eigentlich ein sportliches Teamevent auf dem Programm. Allerdings mussten wir aufgrund des Dauerregens auf eine typisch, holländische Kanalfahrt ausweichen. Mittwoch war dann der erste Tag an der Hochschule. Hier haben wir von der Exchange-Students-Betreuerin Tinneke van der Gaast allgemeine Informationen sowie unseren Studentenausweis, Computeraccount Das Unterrichtssystem an der Rotterdam Business School ist ein Mix aus Theorie, Praxis und persönlicher Entwicklung! Im Gegensatz zu vielen deutschen Hochschulen, wo sehr viel Theorie unterrichtet wird, gibt es an der Rotterdam Business School sehr viele Gruppenarbeiten, Präsentationen oder Essays. Überrascht und beeindruckt hat mich der lockere Umgang zwischen Dozenten und Studenten. Allerdings haben die Dozenten, um es pragmatisch auszudrücken, unkonventionelle Lehrmethoden. Der Unterricht verläuft oftmals etwas planlos und chaotisch. Die deutsche Mentalität in Sachen Ordnungssinn und Pünktlichkeit wird in Holland des Öfteren auf die Probe gestellt. Um ein Fach zu bestehen benötigt man 5,5 Punkte (von 10). Noten zwischen 8 und 10 werden allerdings nur sehr selten verteilt – somit zählt man mit einem Notenschnitt von 7,5 schon zu den Besseren. Gruppenarbeiten gestalten sich aufgrund von Sprachbarrieren, unterschiedlichen Lernmethoden und Schreibstilen anfangs als sehr zeitaufwendig und nervenaufreibend. Während des Semesters war also etwas mehr Zeitaufwand als in München erforderlich. Auf der anderen Seite ist das inhaltliche Niveau nicht ganz so hoch anzusiedeln, so dass das Lernen auf die Klausuren nicht ganz so anstrengend war und noch genug Zeit für außeruniversitäre Aktivitäten blieb. Letztendlich sind diese Gruppenarbeiten und Präsentationen im Endeffekt aber sehr lehrreich und für die berufliche Zukunft sehr wertvoll. Freizeit Sowohl in als auch außerhalb von Rotterdam gibt es zahlreiche Freizeitmöglichkeiten. Es gibt mehrere große Parks mit wunderschönen Seen. Außerdem sind die Niederlande recht überschaubar, so dass viele Sehenswürdigkeiten in den verschiedenen Städten in kurzer Zeit erreichbar sind. So ist man in nur einer halben Stunden schon im schönen Städtchen Delft, kaum länger braucht man um nach Den Haag zu gelangen, wo man neben zahlreichen Museen und modernen wie auch historischen Gebäuden den wunderschönen feinen Sandstrand von Scheveningen genießen kann. Auch andere kleinere Städte wie Leiden oder Dordrecht sind durchaus sehenswert. Natürlich ist Amsterdam mit all seinen Grachten und den vielen Partymöglichkeiten ein Highlight. Absolut sehenswert ist Utrecht! Es ist so schön alt wie Amsterdam, aber weniger touristisch und gemütlicher. Jedoch ist auch Rotterdam selbst durchaus nicht zu verachten. Im Zentrum finden sich diverse Clubs und Pubs, außerdem werden regelmäßig Studentenpartys von ESN-Rotterdam organisiert. Sowohl tagsüber als auch nachts ist die Witte de Withstraat ein absolutes Highlight! Es ist eine Art Künstlerstraße mit zahlreichen Bars und Restaurants sowie Coffee Shops. Jeden Dienstag und Samstag gibt es in Blaak einen Markt. Dort kann man günstig Lebensmittel oder andere Kleinigkeiten kaufen. Was man außerdem unbedingt ausprobieren sollte, sind die zahlreichen asiatischen Restaurants, die man in fast allen Städten findet. Vom Thailänder bis hin zu Speisen aus Surinam wird hier alles Mögliche geboten. Es gibt viele gute Restaurants (auch viele teure…) und gute Einkaufsmöglichkeiten. Was ich als sehr positiv empfunden habe, ist, dass auch ab Sonntag Mittag alle Geschäfte in der Innenstadt geöffnet haben und Albert Heijn (Supermarkt), direkt gegenüber meines Wohnheims ab 12 Uhr. Auch die süßen Stroopwaffeln und die extra dicken handgeschnittenen Pommes Frites an den verschiedenen Ständen sollte man unbedingt probieren. Eine weitere, niederländische Spezialität sind Kroketten und Firkandeln. Keiner weiß so richtig was drin ist, allerdings schmecken sie überraschend gut. Fazit Während des Aufenthalts in Rotterdam habe ich viel Neues kennengelernt. Für mich war besonders faszinierend, wie selbstverständlich in den Niederlanden mit dem Thema Multikulturalität umgegangen wird. Menschen unterschiedlichster Herkunft leben (fast) ohne Konflikte nebeneinander und respektieren gegenseitig ihre unterschiedliche Kultur und Herkunft. Insgesamt habe ich hauptsächlich positive Erfahrungen mit den Einheimischen gemacht. Auch ohne jegliche niederländische Sprachkenntnisse, hat mir jederzeit jeder versucht weiter zu helfen. Die Niederländer wie auch die Belgier sprechen oft sehr gut Englisch, was wohl auch daran liegt, dass viele schon im Kindergarten Englischunterricht haben. Mein Auslandssemester war mit Sicherheit der interessanteste Teil meines bisherigen Studiums und Lebens! Es ist sehr spannend und herausfordernd, ein anderes Unisystem kennen zu lernen und vor allem so vielen neuen Menschen aus vielen verschiedenen Ländern zu begegnen. Gerade aufgrund der Tatsache, dass man sich nur vorübergehend auf Auslandsemester befindet, kann/muss man allem Neuen offener gegenüberstehen ‐ was schlussendlich für mein Leben eine riesige Bereicherung war! Auch wenn es viel Nerven kostet, letztendlich sollte jeder Student die Möglichkeit wahrnehmen und ins Ausland gehen!