I Homer, Ilias 1. Gesang: Um dem Priester Chryses Gerechtigkeit

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I Homer, Ilias 1. Gesang: Um dem Priester Chryses Gerechtigkeit
ETHZ, D-GESS, Heureka IV: “Antike Metropolen. Die Bedeutung urbaner Zentren im griech.-röm. Kulturraum”
Modul 6: Troia. Eine Stadt zwischen Realität und Fiktion, 18.5./25.5.2016 (A. Broger)
QUELLENTEXTE, TABELLEN UND TAFELN
Griechische Götter
Zeus:
Hera:
Poseidon:
Aphrodite:
Apollon:
Artemis:
Athene:
Ares:
Hephaistos:
Hermes:
Iris:
Thetis:
Leto:
Göttervater und Herrscher im Olymp
Göttermutter, Gattin des Zeus (auf der Seite der Achaier)
Meeresgott (auf der Seite der Achaier)
Liebesgöttin (auf der Seite der Troer)
Heilgott, Weissagegott, Gott der Musik (auf der Seite der Troer)
Jagdgöttin, Apollons Zwillingsschwester (auf der Seite der Troer)
Städtebeschützerin (meist auf der Seite der Achaier)
Kriegsgott (auf der Seite der Troer)
Schmiedegott (auf der Seite der Achaier)
Götterbote (auf der Seite der Achaier)
Götterbotin
Meeresnymphe, Mutter von Achilleus
Mutter von Apollon und Artemis (auf der Seite der Troer)
Homer, Ilias
(Zusammenfassung nach Homers Ilias, übersetzt von J. H. Voss, hrsg. von P. Von der Mühll, Basel 1946; Lesky, Albin:
Geschichte der griechischen Literatur. Bern–München 19713, pp. 41–48; Schadewaldt, Wolfgang: Homer. Ilias, übersetzt von W. Schadewaldt. Frankfurt a.M. 1975)
1. Gesang:
Um dem Priester Chryses Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, dem Agamemnon
die Tochter Chryseis genommen hatte, sendet Apollon den Achaiern eine Pest ins
Lager. Chryseis wird zu ihrem Vater zurückgeschickt und Apollon ist dadurch versöhnt. Agamemnon streitet mit Achilleus und nimmt ihm Briseis, seine Geliebte, als
Ersatz für Chryseis weg. Darüber ist Achilleus so zornig, dass er die weitere Teilnahme am Kampf absagt und seine Mutter Thetis um die Niederlage der Achaier bittet. Diese wiederum tritt mit der Bitte an Zeus heran, der sie ihr gewährt.
2. Gesang:
Zeus schickt Agamemnon einen Traum, in dem er ihn bewegt, die Achaier zur
Schlacht zu führen. Verzeichnis der achäischen Stämme (sog. Schiffskatalog). Die
Troer erfahren davon und rücken zum Kampf aus. Verzeichnis der troischen Streitkräfte und ihrer Hilfsvölker.
3. Gesang:
Begegnung der Heere. Paris und Menelaos sind zum Zweikampf um Helena bereit.
Paris wird von Menelaos zwar besiegt, Aphrodite aber rettet jenem das Leben und
entrückt ihn in sein Schlafgemach, wohin sie Helena ruft. Agamemnon fordert die
Rückgabe der Schätze und der Helena und das Ende des Krieges.
4. Gesang:
Doch Hera und Athene verlangen von Zeus Troias Untergang. Athene stiftet den
Troer Pandaros an, durch einen Pfeilschuss auf Menelaos den Waffenstillstand zu
brechen. Der Arzt Machaon heilt Menelaos, und Agamemnon beginnt den Kampf
von neuem.
5. Gesang:
Diomedes wird von Pandaros angeschossen. Er erlegt Pandaros und verwundet Aineias und ebenso Aphrodite, die ihren Sohn aus der Schlacht rettet. Apollon trägt
Aineias zu seinem Tempel auf Pergamos, von wo Aineias geheilt zurückkehrt. Auf
Apollons Ermahnung erweckt Ares die Troer, und die Achaier weichen allmählich.
Hera und Athene fahren vom Olymp herab, um den Achaiern gegen Ares zu helfen.
Diomedes, von Athene ermuntert und begleitet, verwundet den Ares. Ares und die
beiden Göttinen kehren zum Olymp zurück.
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6. Gesang:
Die Achaier sind im Vorteil. Hektor eilt in die Stadt, damit seine Mutter Hekabe zu
Athene flehe. Glaukos und Diomedes erkennen sich als Gastfreunde. Hektor ruft Paris zum Kampf zurück. Er will vor der Schlacht seine Frau Andromache und seinen
Sohn Astyanax aufsuchen, trifft sie aber nicht zu Hause, sondern beim Skaiischen
Tor, wohin die Angst sie getrieben hat. Danach kehren Hektor und Paris gemeinsam
in die Schlacht zurück.
7. Gesang:
Apollon und Athene bringen durch den Seher Helenos den Hektor dazu, den Achaiern einen Zweikampf anzubieten. Aias nimmt die Forderung an. Der Kampf beginnt,
wird aber durch die Herolde abends unentschieden abgebrochen. In Troia ist man bereit, Helena zurückzugeben, doch Paris verweigert das. Die Achaier sind besorgt und
bauen eine Mauer um das Schiffslager.
8. Gesang:
Am zweiten Schlachttag verbietet Zeus den Göttern, sich am Kampf zu beteiligen,
um die Niederlage der Achaier zu bewirken. Nestor, in Gefahr, wird von Diomedes
gerettet. Diomedes weicht zurück, vom Blitz des Zeus erschreckt. Hera und Athene
versuchen, den Achaiern zu helfen, werden aber von Iris zurückgeholt. Zeus sagt den
weiteren Gang der Ereignisse voraus. Die Achaier werden schwer geschlagen. Hektor hält eine siegesgewisse Rede, und die Troer übernachten mitten im Feld.
9. Gesang:
Besorgnis breitet sich im Lager der Achaier aus. Agamemnon bietet auf Nestors Rat
dem Achilleus die Versöhnung und reiche Genugtuung an. Aias, Odysseus und
Phoinix werden als Gesandte zu Achilleus geschickt. Achilleus zeigt sich unnachgiebig, ist aber schliesslich bereit, noch nicht nach Hause zu fahren, sondern zu warten, bis Hektor und die Troer an seinen Schiffen stehen.
10. Gesang:
Odysseus und Diomedes werden als Späher ins Lager der Troer geschickt. Gleichzeitig schicken die Troer den Dolon als Späher ins Lager der Griechen. Odysseus und
Diomedes nehmen ihn gefangen, horchen ihn aus und töten ihn. Sie dringen ins troische Lager ein, richten ein Blutbad an, töten den Rhesos und erbeuten seine Pferde.
11. Gesang:
Am dritten Kampftag, der bis zum 18. Gesang der Ilias reicht, vollbringt Agamemnon grosse Taten. Zeus gibt dem Hektor die Verheissung, er werde am Abend bei
den Schiffen stehen. Agamemnon, Diomedes und Odysseus werden verwundet. Die
Troer dringen vor und Aias allein hält den Rückzug auf. Achilleus schickt den
Freund Patroklos zu Nestor. Dieser drängt ihn, Achilleus zu bereden, er solle selber
kämpfen oder Patroklos in seinen Waffen kämpfen lassen.
12. Gesang:
Es beginnt der Kampf um die Mauer der Achaier. Hektor folgt dem Rat des Pulydamas, zu Fuss die Mauer der Achaier zu erstürmen. Es erscheint ein Vogelzeichen
und Pulydamas warnt die Troer. Hektor missachtet die Warnung. Nach längerem
Kampf gelingt es dem Sarpedon, die Brustwehr einzureissen. Hektor sprengt mit einem Steinwurf das Tor.
13. Gesang:
Beim Kampf um die Schiffe kommt Poseidon und verstärkt heimlich den Widerstand
der Achaier. Die beiden Aias (Aias Telamonios und Aias der Teukrer) stehen gegen
Hektor. Idomeneus, der Anführer der Kreter, zeichnet sich im Kampf aus, vor allem
gegen Aineias und Paris. Der Angriff auf die Schiffe wird verstärkt.
14. Gesang:
Nestor, der den verwundeten Machaon versorgt hat, eilt auf das Geschrei hinaus und
trifft Agamemnon, Odysseus und Diomedes. Man berät, ob man fliehen oder standII
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halten soll. Poseidon stärkt die Achaier. Hera überlistet den Zeus mit Aphrodites
Liebeszauber und schläfert ihn ein. Poseidon kämpft nun offen auf seiten der Achaier. Hektor wird von Aias mit einem Stein getroffen. Die Troer fliehen.
15. Gesang:
Zeus erwacht und befiehlt der Hera, ihm Iris und Apollon vom Olymp zu rufen. Poseidon soll den Kampf verlassen, und Hektor, von Apollon gestärkt, soll gegen die
Achaier vordringen. Apollon bahnt den Troern den Weg. Die Achaier ziehen sich zu
den Schiffen zurück.
16. Gesang:
Patroklos tritt zu Achilleus und fleht, in Achilleus' Waffen in den Kampf ziehen zu
dürfen. Als Aias nicht mehr standhält und das Feuer in das Schiff des Protesilaos
fällt, treibt Achilleus selbst den Patroklos, mit den Myrmidonen auszuziehen. Patroklos vertreibt die Troer von dem brennenden Schiff bis zu den Mauern Troias. Er tötet Sarpedon. Doch als Patroklos weiter vorstösst, schlägt ihn Apollon in den Rücken, und Euphorbos und Hektor töten ihn.
17. Gesang:
Es beginnt ein Kampf um den Leichnahm des Patroklos. Menelaos erlegt Euphorbos,
doch Hektor raubt dem Patroklos die Waffen des Achilleus und legt sie selber an.
Automedon lenkt die trauernden Pferde des Achilleus in die Schlacht, wo Hektor
und Aineias sie vergeblich verfolgen. Nach wechselndem Kampf um den Leichnam
tragen Menelaos und Meriones ihn schliesslich zurück.
18. Gesang:
Antilochos meldet dem Achilleus den Tod des Patroklos. Achilleus' Schmerz und
seine Trauer sind gross. Er entscheidet sich im Gespräch mit seiner Mutter Thetis,
Hektor zu töten, und nimmt damit seinen eigenen Tod auf sich. Durch seinen blossen
Kriegsruf erschreckt er die Troer. Totenklage um Patroklos. Thetis bittet den Hephaistos, ihrem Sohn neue Waffen zu schmieden. Es werden die auf dem Schild dargestellten (Kriegs-)Szenen beschrieben.
19. Gesang:
Mit Tagesbeginn bringt Thetis dem Achilleus die neuen Waffen von Hephaistos.
Achilleus legt in einer Heeresversammlung den Zwist mit Agamemnon bei und
drängt sofort zum Kampf. Athene stärkt Achilleus mit Nektar und Ambrosia. Er legt
die neuen Waffen an. Beim Auszug sagt sein unsterbliches Pferd Xanthos ihm den
Tod voraus.
20. Gesang:
Zeus versammelt die Götter und gibt ihnen den Kampf wieder frei. Sie treten einander gegenüber. Apollon reizt Aineias gegen Achilleus, doch Poseidon entrückt den
besiegten Aineias. Hektor sucht den Kampf mit Achilleus, wird aber von Apollon gerettet. Achilleus mordet unter den Fliehenden.
21. Gesang:
Achilleus jagt einen Teil der Troer in die Strömungen des Skamander. Lykaon, den
er früher verschont hatte, tritt ihm entgegen, wird getötet und in den Fluss geworfen.
Der Fluss erhebt sich gegen Achilleus und bringt ihn in Todesgefahr. Das Feuer, von
Hera gesandt, bedrängt den Fluss. Athene trifft Ares mit einem Stein, Ares und Aphrodite unterliegen Hera, Apollon dem Poseidon. Der Artemis schüttet Hera die Pfeile
aus dem Köcher, und Hermes verscheucht die Leto. Es beginnt ein Götterkampf, der
mit einem Sieg der griechenfreundlichen Götter endet. Priamos öffnet den Flüchtigen
das Tor.
22. Gesang:
Hektor aber ist draussen geblieben, vergebens flehen Priamos und Hekabe, er möge
sich in der Stadt bergen. Als Achilleus gegen ihn anstürmt, flieht er vor ihm dreimal
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um die Stadt. Zeus wägt die Todeslose und das seine sinkt. Da verlässt Apollon seinen Schützling, und Athene bringt den Fliehenden zum Standhalten. Hektor erliegt
den Waffen des Achilleus. Der Sieger ist ohne Mass in seiner Rache. Achilleus
schleift Hektors Leichnam an seinem Wagen zu den Schiffen zurück. Priamos, Hekabe und Andromache brechen in wildes Jammern aus.
23. Gesang:
Es findet unter den Myrmidonen eine Totenklage um Patroklos statt. In der Nacht
erscheint der Verstorbene dem Achilleus und fordert klagend seine Bestattung.
Patroklos' Leiche wird auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Anderntags finden Leichenspiele zu seinen Ehren statt. In diesen Wettkämpfen begegnen sich Aias und
Odysseus, der Starke und der Listige. Achilleus tritt in einem Wettstreit der Männer
beim Wagenrennen nun als besonnener Friedensstifter auf.
24. Gesang:
Achilleus selbst aber kann noch nicht vom Zorn lassen und schleift den Leichnam
Hektors allmorgendlich um das Grabmal des Patroklos. Die Götter erbarmen sich,
und am zwölften Tag erhebt Apollon im Kreis der Götter Klage über die Grausamkeit des Achilleus. Thetis wird zu Achilleus, Iris zu Priamos geschickt: Achilleus soll
Hektors Leichnam seinem Vater Priamos übergeben. Priamos kommt, von Hermes
geleitet, ins Lager der Achaier und wird von Achilleus, der sich an seinen eigenen
Vater erinnert, freundlich empfangen. Sie essen miteinander, und Hektors Leichnam
wird dem Priamos übergeben. Mit der Zusicherung einer zwölftägigen Waffenruhe
kehrt Priamos zurück. Andromache, Hekabe und Helena beklagen Hektor. Neun Tage schleppen die Troer Holz, dann lodert auch sein Scheiterhaufen und sein Grabhügel wird aufgeschichtet.
Homer, Odyssee 8, 492–520:
"... singe das Lied von dem hölzernen Pferde, das Epeios gemacht hat mit Hilfe der Athene, das
einst der göttliche Odysseus als eine List auf die obere Stadt geführt, nachdem er es mit den Männern angefüllt, die Ilion vernichtet haben. ... Und dieser (sc. Demodokos), von dem Gott getrieben,
hob an und liess den Gesang erscheinen, und setzte dort ein, wie die einen auf die gutverdeckten
Schiffe stiegen und davonfuhren, nachdem sie in die Hütten Feuer geworfen hatten, die Argeier, die
andern um den hochberühmten Odysseus aber schon verborgen in dem Pferde auf dem Markt der
Troer sassen, denn selber hatten es die Troer auf die obere Stadt hinaufgezogen. Dort stand es nun.
Sie aber sprachen viel Ungeschiedenes, während sie um es sassen, und es gefiel ihnen ein dreifacher
Rat: entweder dass sie das hohle Holzwerk mit dem erbarmungslosen Erz zerschlügen, oder es von
dem Felsen stürzten, nachdem sie es auf die Höhe gezogen, oder dass sie es liessen, dass es ein
grosses Prunkstück zur Beschwichtigung der Götter wäre. So sollte es dann auch vollendet werden.
Denn es war bestimmt, dass die Stadt zugrunde gehe, sobald sie dass grosse hölzerne Pferd bei sich
aufgenommen, in dem alle die Besten von den Argeiern sassen, den Troern den Tod und das Todesschicksal bringend. Und er sang, wie die Söhne der Achaier, sich aus dem Pferd ergiessend, die
Stadt zerstörten, nachdem sie den hohlen Schlupfwinkel verlassen; sang, wie der eine hier, der andere dort die steile Stadt vernichtete, und wie Odysseus zu den Häusern des Deiphobos ging, dem
Ares gleich, zusammen mit dem gottgleichen Menelaos. Dort habe er den furchtbarsten Kampf, so
erzählte er, auf sich genommen, und habe alsdann auch gesiegt, vermöge der hochgemuten Athene."
Herodot, Historiae 2,113,1:
"Die Priester [sc. die ägyptischen Priester], bei denen ich mich nach Helena erkundigte, erzählten
mir folgende Geschichte. Als Alexandros [= Paris] Helena aus Sparta geraubt hatte, fuhr er nach
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Hause, wurde aber im Aigaiischen Meere durch widrige Winde in die Ägyptische See verschlagen.
Da der Sturm nicht nachliess, kam er nach Ägypten, ..."
Herodot, Historiae 2,115,4–6:
"Endlich redete ihn [= den Alexandros] Proteus [der ägyptische König] also an: 'Hätte ich mir nicht
ein für allemal vorgenommen, keinen Fremden zu töten, würde ich dich dafür büssen lassen, dass
du dich gegen den Griechen [sc. Menelaos] vergangen hast. Du Bösewicht, nachdem man dich gastlich aufgenommen hat, dich so schändlich mit der Frau deines Gastfreundes zu vergehen! ... Wenn
ich nun auch grundsätzlich keinen Fremden töte, so werde ich dich doch mit der Frau und den Sachen nicht ziehen lassen, sondern sie für den Gastfreund in Griechenland aufbewahren, bis er selbst
einmal zu mir kommt und sie, wenn er Lust hat, wieder mitnimmt. Dir aber und deinen Gefährten
befehle ich, binnen drei Tagen das Land zu verlassen ...'."
Herodot, Historiae 2,118–119,1:
"Als ich die Priester [sc. die ägyptischen Priester] fragte, ob es mit dem, was die Griechen vom
Troianischen Kriege erzählten, seine Richtigkeit habe, sagten sie, man hätte sich danach dort bei
Menelaos erkundigt und darüber von ihm selbst folgendes gehört: Nach dem Raube der Helena kamen die Griechen dem Menelaos im Lande der Troer mit einem grossen Heer zu Hilfe. Als sie sich
dort ausgeschifft und ein Lager aufgeschlagen hatten, schickten sie Gesandte, denen Menelaos
selbst sich anschloss, in die Stadt, um die Herausgabe Helenas und der von Alexandros [= Paris]
geraubten Schätze zu verlangen und Genugtuung für die ihm zugefügte Kränkung zu fordern. Die
Teukrer aber versicherten ihnen gleich damals wie auch später hoch und teuer, sie hätten Helena
und die verlangten Schätze nicht, sondern die befänden sich in Ägypten, und es sei unrecht, von
ihnen dafür Genugtuung dafür zu fordern, dass König Proteus in Ägypten sie an sich genommen
habe. Die Griechen aber glaubten, die Troianer wollten sie nur verhöhnen, und belagerten die Stadt,
bis sie sie eingenommen hatten. Da Helena jedoch auch nach der Einnahme der Stadt nicht zum
Vorschein kam und man ihnen auch jetzt wieder dasselbe wie früher versicherte, überzeugten sie
sich, dass man ihnen gleich anfangs die Wahrheit gesagt hatte, und schickten nun Menelaos selbst
zu Proteus.
Als Menelaos nach Ägypten gekommen und nach Memphis hinaufgefahren war und dort wahrheitsgemäss erzählt hatte, wie sich alles zugetragen, fand er die freundlichste Aufnahme und erhielt
nicht nur Helena unversehrt zurück, sondern auch all sein Gut."
Herodot, Historiae 2,120,5:
" ... Was sie [sc. die ägyptischen Priester] mir von Helena erzählten, halte ich auch für richtig und
bemerke dazu noch folgendes: Wäre Helena wirklich in Ilion gewesen, so hätte man sie – Alexandros mochte wollen oder nicht – den Griechen unfehlbar herausgegeben; denn so unklug waren Priamos und seine Verwandten doch nicht, dass sie ihr Leben und das ihrer Kinder und ihre Stadt aufs
Spiel gesetzt hätten, bloss damit Alexandros die Helena behielte."
Thukydides, Historiae 1,3:
"Vor dem Troianischen Krieg nämlich hat Hellas offensichtlich nichts gemeinsam unternommen;
ich glaube sogar, nicht einmal den gleichen Namen führte das Land als Ganzes (nämlich Hellas) ...
Am besten beweist das Homer; denn obwohl er lange Zeit nach dem Troianischen Krieg lebte,
nannte er nirgends die Gesamtheit so, ...; er bezeichnete sie in seinen Epen als Danaer, Argeier und
Achaier."
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Thukydides, Historiae 1,9:
"Agamemnon konnte, glaube ich, ein solches Heer aufbieten, weil er an Macht seinen Zeitgenossen
überlegen war, und nicht so sehr deshalb, weil er Helenas Freier, die durch den Eid des Tyndareos
gebunden waren, zur Heeresfolge aufbot."
Thukydides, Historiae 1,10,3:
"Man braucht also nicht zu zweifeln und soll das Aussehen der Städte nicht mehr in Betracht ziehen
als ihre Macht, vielmehr ist die Annahme wahrscheinlich, dass jener Kriegszug der bedeutendste
aller vorangegangenen war, aber doch hinter dem jetzigen zurückblieb. Wenn man der Dichtung
Homers, der ihn als Dichter verständlicherweise in leuchtenderen Farben ausgeschmückt hat, auch
hier vertrauen will, so erweist er sich dennoch auch so als unbedeutend."
Thukydides, Historiae 1,11,3:
" ... Aber wegen der Mittellosigkeit war alles Vorhergehende unbedeutend, und selbst dieses Unternehmen (sc. der troianische Krieg), das namhafteste der alten Zeit, war, wie aus den Tatsachen hervorgeht, viel geringer als sein Ruf und die Sage davon, die sich wegen der Dichter auch heute noch
hält."
Thukydides, Historiae 1,20:
"So also fand ich die Ereignisse der Vorzeit, wobei es freilich schwer war, jedem Zeugnis unterschiedslos zu vertrauen; denn die Menschen nehmen alle Kunde von Früherem, auch wenn es im
eigenen Land geschehen ist, gleich ungeprüft voneinander an."
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Vergil, Aeneis I, 1–33
Arma virumque cano, Troiae qui primus ab oris
Italiam, fato profugus, Laviniaque venit
litora, multum ille et terris iactatus et alto
vi superum saevae memorem Iunonis ob iram;
multa quoque et bello passus, dum conderet urbem,
inferretque deos Latio, genus unde Latinum,
Albanique patres, atque altae moenia Romae.
Musa, mihi causas memora, quo numine laeso,
quidve dolens, regina deum tot volvere casus
insignem pietate virum, tot adire labores
impulerit. Tantaene animis caelestibus irae?
Urbs antiqua fuit, Tyrii tenuere coloni,
Karthago, Italiam contra Tiberinaque longe
ostia, dives opum studiisque asperrima belli;
quam Iuno fertur terris magis omnibus unam
posthabita coluisse Samo; hic illius arma,
hic currus fuit; hoc regnum dea gentibus esse,
si qua fata sinant, iam tum tenditque fovetque.
Progeniem sed enim Troiano a sanguine duci
audierat, Tyrias olim quae verteret arces;
hinc populum late regem belloque superbum
venturum excidio Libyae: sic volvere Parcas.
Id metuens, veterisque memor Saturnia belli,
prima quod ad Troiam pro caris gesserat Argis –
necdum etiam causae irarum saevique dolores
exciderant animo: manet alta mente repostum
iudicium Paridis spretaeque iniuria formae,
et genus invisum, et rapti Ganymedis honores. –
His accensa super, iactatos aequore toto
Troas, reliquias Danaum atque immitis Achilli,
arcebat longe Latio, multosque per annos
errabant, acti fatis, maria omnia circum.
Tantae molis erat Romanam condere gentem!
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Die Waffen und den Mann besinge ich, der als erster von Troias Gestaden, durch das Schicksal ein
Flüchtling, nach Italien und an die lavinischen Küsten kam; jener wurde vielfach verschlagen sowohl auf dem Land als auch auf hoher See durch die Macht der Götter und wegen des nachtragenden Zorns der wütenden Iuno und viel litt er auch im Krieg, bis er eine Stadt gründete und die Götter nach Latium brachte; von da stammen das latinische Geschlecht, die albanischen Väter und die
Mauern des erhabenen Rom.
Muse, rufe mir die Gründe in Erinnerung, durch welchen beleidigten göttlichen Willen oder weswegen Schmerz empfindend die Königin der Götter veranlasste, dass der durch sein Pflichtgefühl
herausragende Mann, so viel Unglück erduldete, so viele Mühen auf sich nahm. Haben die himmlischen Gemüter so grossen Zorn?
Es war eine alte Stadt, tyrische Siedler bewohnten sie, Karthago, gegenüber von Italien und weit
weg von den Tibermündungen, reich an Schätzen und sehr rauh in den Kriegsbestrebungen.
Man berichtet, Iuno habe diese als einzige mehr geschätzt als alle Länder, wobei sie sogar Samos
benachteiligt habe. Hier waren die Waffen von jener, hier war ihr Wagen; schon damals sann und
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trachtete die Göttin, dass dies die Herrschaft über die Völker sei, wenn das Schicksal es irgendwie
zuliesse.
Aber sie hatte gehört, dass die Nachkommenschaft nämlich, die einst die Burg zerstöre, sich von
troianischem Blut herleite. Darauf werde ein weithin herrschendes und im Krieg überlegenes Volk
zum Untergang Libyens kommen; so wollten es die Schicksalsgöttinnen. Dies fürchtete Iuno und
erinnerte sich an den alten Krieg, den sie bei Troia als als Anführerin für das ihr liebe Argos geführt hatte. –
Auch waren die Gründe des Zorns und die schrecklichen Schmerzen noch nicht ihrem Sinn entfallen; es blieb tief in ihrem Herzen aufbewahrt das Urteil des Paris, das Unrecht der verschmähten
Schönheit, das verhasste Geschlecht und die Ehren des geraubten Ganymedes. –
Dadurch erzürnt, wehrte sie die über das ganze Meer verschlagenen Troianer, die Überreste der
Danaer und des grausamen Achilles, lange von Latium ab, und sie irrten durch viele Jahre hindurch, vom Schicksal getrieben, um alle Meere. So grosse Mühe kostete es, das römische Volk zu
gründen.
Vergil, Aeneis I, 223–296
"Certe hinc Romanos olim, volventibus annis,
hinc fore ductores, revocato a sanguine Teucri,
qui mare, qui terras omni dicione tenerent,
pollicitus, quae te, genitor, sententia vertit?
Hoc equidem occasum Troiae tristisque ruinas
solabar, fatis contraria fata rependens;
nunc eadem fortuna viros tot casibus actos
insequitur. Quem das finem, rex magne, laborum?
Antenor potuit, mediis elapsus Achivis,
Illyricos penetrare sinus, atque intima tutus
regna Liburnorum, et fontem superare Timavi,
unde per ora novem vasto cum murmure montis
it mare proruptum et pelago premit arva sonanti.
Hic tamen ille urbem Patavi sedesque locavit
Teucrorum, et genti nomen dedit, armaque fixit
Troia; nunc placida compostus pace quiescit:
nos, tua progenies, caeli quibus adnuis arcem,
navibus – infandum! – amissis, unius ob iram
prodimur atque Italis longe disiungimur oris.
Hic pietatis honos? Sic nos in sceptra reponis?"
Olli subridens hominum sator atque deorum,
voltu, quo caelum tempestatesque serenat,
oscula libavit natae, dehinc talia fatur:
'Parce metu, Cytherea: manent immota tuorum
fata tibi; cernes urbem et promissa Lavini
moenia, sublimemque feres ad sidera caeli
magnanimum Aenean; neque me sententia vertit.
Hic tibi – fabor enim, quando haec te cura remordet,
longius et volvens fatorum arcana movebo –
bellum ingens geret Italia, populosque feroces
contundet, moresque viris et moenia ponet,
tertia dum Latio regnantem viderit aestas,
ternaque transierint Rutulis hiberna subactis.
At puer Ascanius, cui nunc cognomen Iulo
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additur, – Ilus erat, dum res stetit Ilia regno, –
triginta magnos volvendis mensibus orbis
imperio explebit, regnumque ab sede Lavini
transferet, et Longam multa vi muniet Albam.
Hic iam ter centum totos regnabitur annos
gente sub Hectorea, donec regina sacerdos,
Marte gravis, geminam partu dabit Ilia prolem.
Inde lupae fulvo nutricis tegmine laetus
Romulus excipiet gentem, et Mavortia condet
moenia, Romanosque suo de nomine dicet.
His ego nec metas rerum nec tempora pono;
imperium sine fine dedi. Quin aspera Iuno,
quae mare nunc terrasque metu caelumque fatigat,
consilia in melius referet, mecumque fovebit
Romanos rerum dominos gentemque togatam:
sic placitum. Veniet lustris labentibus aetas,
cum domus Assaraci Phthiam clarasque Mycenas
servitio premet ac victis dominabitur Argis.
Nascetur pulchra Troianus origine Caesar,
imperium oceano, famam qui terminet astris,
Iulius, a magno demissum nomen Iulo.
Hunc tu olim caelo, spoliis Orientis onustum,
accipies secura; vocabitur hic quoque votis.
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"Du hast sicher versprochen, dass von hier einst die Römer im Laufe der Jahre die Anführer sein
werden, von hier, vom erneuerten Blute des Teucrus, so dass sie das Meer, so dass sie die Länder
ganz in ihrer Gewalt halten – welche Meinung hat dich, Vater, umgestimmt?
Dadurch söhnte ich jedenfalls mich aus mit dem Untergang Troias und dem betrüblichen Zusammenbruch, indem ich nachteiliges Schicksal gegen das Schicksal abwog; nun verfolgt dasselbe Geschick die von so viel Unglück getriebenen Männer. Welches Ende der Mühen, grosser König, gibst
du?
Antenor, mitten aus den Achivern entkommend, konnte in die illyrischen Buchten und ins innerste
Königreich der Liburner sicher eindringen und die Quelle des Timavus überqueren, woher er durch
neun Mündungen mit ungeheurem Dröhnen des Berges als herausbrechende Flut entspringt und die
Felder mit tosendem Wasser drückt.
Hier gründete jener dennoch die Stadt Patavium und den Wohnsitz der Teucrer, gab dem Volk den
Namen und befestigte die troianischen Waffen; bestattet ruht er jetzt in sanftem Frieden.
Wir, deine Nachkommenschaft, denen du den Schutz des Himmels gewährst, werden verraten,
nachdem – unsäglich! – wegen des Zorn einer einzigen die Schiffe verloren gegangen sind, und
werden weit von den italischen Küsten abgetrennt. Ist dies der Lohn für das Pflichtgefühl? Setzst du
uns so in die Herrschaft ein?"
Der Vater der Menschen und Götter, jener mit dem Gesichtsausdruck zulächelnd, mit dem er den
Himmel und die Unwetter aufhellt, küsste die Tochter und sagte darauf solches:
"Spare dir die Angst, Cytherea, unverrückt bleibt dir das Schicksal der Deinen; du wirst die Stadt
sehen und die versprochenen Mauern Laviniums und du wirst den grossherzigen Aeneas hoch zu
den Sternen des Himmels tragen; und keine Meinung stimmte mich um. Dieser wird dir – ich werde
es nämlich verkünden, da ja diese Sorge dich wieder beisst, und ich werde die Geheimnisse des
Schicksals enthüllen, indem ich sie weiter aufrolle – in Italien einen gewaltigen Krieg führen, wilde
Völker unterwerfen und den Männern Bräuche und Befestigungen erstellen, bis der dritte Sommer
XI
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Modul 6: Troia. Eine Stadt zwischen Realität und Fiktion, 18.5./25.5.2016 (A. Broger)
ihn als Herrschenden in Italien gesehen hat und drei Winter vorübergegangen sind, nachdem er die
Rutuler unterworfen hat.
Aber sein Sohn Ascanius, dem nun der Name Iulus hinzugefügt wird – Ilus war er, solange die ilische Herrschaft in voller Macht stand –, wird dreissig Jahre lang herrschen, die Herrschaft vom
Sitze Laviniums verlegen und unter grosser Kraftanstrengung Alba Longa gründen. Hier wird nun
dreimal hundert ganze Jahre geherrscht werden unter dem Geschlecht des Hektor, bis Ilia, eine
Königin, eine Priesterin, von Mars geschwängert, Zwillinge zur Welt bringen wird. Darauf wird
Romulus, froh über das gelbbraune Fell der nährenden Wölfin das Geschlecht weiterführen, die
Mauern des Mars gründen und die Römer nach seinem Namen nennen. Diesen setze ich weder
Grenzen der Macht noch zeitliche Grenzen: Ich habe eine Herrschaft ohne Grenze gegeben. Ja
sogar die rauhe Iuno, die jetzt das Meer, die Länder und den Himmel mit Angst zermürbt, wird ihre
Pläne zum Besseren wenden und mit mir die Römer begünstigen, die Herren der Welt und das mit
der Toga bekleidete Volk.
So hat es gefallen. Es wird eine Zeit kommen im Laufe von Lustren, da das Haus des Assaracus
Phthia und das berühmte Mykene mit Knechtschaft drücken und über das besiegte Argos herrschen
wird. Es wird Caesar geboren werden von schöner Abstammung, ein Troianer, der die Herrschaft
mit dem Okeanos, den Ruhm mit den Sternen begrenzt, ein Iulier, der Name ist abgeleitet vom
grossen Iulus. Diesen, der beladen sein wird mit Beutestücken des Orients, wirst du einst im Himmel sicher – sei unbesorgt! – empfangen; auch dieser wird mit Gelübden angerufen werden.
Vergil, Aeneis VI 756–800
"Nunc age, Dardaniam prolem quae deinde sequatur
gloria, qui maneant Itala de gente nepotes,
inlustris animas nostrumque in nomen ituras,
expediam dictis, et te tua fata docebo.
ille, vides, pura iuvenis qui nititur hasta
proxima sorte tenet lucis loca, primus ad auras
aetherias Italo commixtus sanguine surget,
Silvius, Albanum nomen, tua postuma proles,
quem tibi longaevo serum Lavinia coniunx
educet silvis regem regumque parentem,
unde genus Longa nostrum dominabitur Alba.
proximus ille Procas, Troianae gloria gentis,
et Capys et Numitor et qui te nomine reddet
Silvius Aeneas, pariter pietate vel armis
egregius, si umquam regnandam acceperit Albam.
Qui iuvenes! Quantas ostentant, aspice, viris
atque umbrata gerunt civili tempora quercu!
Hi tibi Nomentum et Gabios urbemque Fidenam,
hi Collatinas imponent montibus arces,
Pometios Castrumque Inui Bolamque Coramque;
haec tum nomina erunt, nunc sunt sine nomine terrae.
Quin et avo comitem sese Mavortius addet
Romulus, Assaraci quem sanguinis Ilia mater
educet. viden, ut geminae stant vertice cristae
et pater ipse suo superum iam signat honore?
En huius, nate, auspiciis illa incluta Roma
imperium terris, animos aequabit Olympo,
XII
760
765
770
775
780
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septemque una sibi muro circumdabit arces,
felix prole virum: qualis Berecyntia mater
invehitur curru Phrygias turrita per urbes
laeta deum partu, centum complexa nepotes,
omnis caelicolas, omnis supera alta tenentis.
Huc geminas nunc flecte acies, hanc aspice gentem
Romanosque tuos. Hic Caesar et omnis Iuli
progenies magnum caeli ventura sub axem.
Hic vir, hic est, tibi quem promitti saepius audis,
Augustus Caesar, divi genus, aurea condet
saecula qui rursus Latio regnata per arva
Saturno quondam, super et Garamantas et Indos
proferet imperium; iacet extra sidera tellus,
extra anni solisque vias, ubi caelifer Atlas
axem umero torquet stellis ardentibus aptum.
huius in adventum iam nunc et Caspia regna
responsis horrent divum et Maeotia tellus,
et septemgemini turbant trepida ostia Nili."
785
790
795
800
"Nun wohlan, welcher Ruhm die dardanische Nachkommenschaft dann erwartet, welche Nachfahren vom italischen Volk warten, die berühmten Seelen und diejenigen, die in unseren Namen eingehen werden, werde ich mit Worten enthüllen und ich werde dich über dein Schicksal unterrichten.
Jener – du siehst ihn – ein Jüngling, der sich auf eine Ehrenlanze stützt, der durch das Los die Gegend am nächsten beim Licht hält, wird als erster, vermischt mit italischem Blut, zur Oberwelt steigen, Silvius, ein in Alba Longa üblicher Name, dein spätgeborener Nachkomme, den als einen
Spätling dir als hochbejahrtem deine Gattin Lavinia grossziehen wird in den Wäldern, einen König
und Vater von Königen, worauf unser Geschlecht in Alba Longa herrschen wird. Der dort neben
ihm ist Procas, der Ruhm des Troianervolkes, dann folgen Capys, Numitor, Aeneas Silvius, der
dich in seinem Namen wiedererstehen lässt, herausragend wie du durch Pflichtbewusstsein und
Mut im Kampf, wenn er einmal Alba übernimmt, um dort König zu sein. Was für Männer! Welch
starke Kräfte zeigen sie, schau, das Haupt tragen sie umkränzt mit der Bürgerkrone aus Eichenlaub! Diese werden dir Nomentum, Gabii und die Stadt Fidena errichten, diese Collatias Burg und
Bergeshöhen, Pometii, Castrum Inui, Bola und Cora; das werden dann bekannte Namen sein, jetzt
sind es noch namenlose Landstriche.
Ja sogar der Marssohn Romulus wird sich als Begleiter dem Grossvater hinzufügen, den die Mutter Ilia, vom Blut des Assaracus, grossziehen wird. Siehst du, wie der doppelte Helmbusch auf seinem Scheitel steht und der Vater der Götter selbst ihn nun mit seiner Ehre auszeichnet?
Siehe, Sohn, jenes durch seine Leitung berühmte Rom wird die Herrschaft den Ländern, die Gesinnung dem Olymp angleichen, und als einziges sich die sieben Hügel mit einer Mauer umgeben,
glücklich über die Nachkommenschaft von Helden: so wie die Berecyntische Muttergöttin, mit einer
Mauerkrone bekränzt, auf ihrem Wagen durch die phrygischen Städte fährt, glücklich über die Geburt von Göttern, hundert Enkel umarmend, die alle Himmelsbewohner sind, alle den hohen Himmel bewohnen.
Hierher richte nun beide Augen, schau dieses Volk und deine Römer an! Hier ist Caesar und die
ganze Nachkommenschaft des Iulus, die unter das grosse Himmelsgewölbe kommen wird. Dieser
Mann, dieser ist es, von dem du öfter hörst, dass er dir versprochen wird, Caesar Augustus, Nachkomme eines Gottes, der wieder ein goldenes Zeitalter gründen wird für Latium in den einst von
Saturn regierten Gefilden und die Herrschaft über die Garamanten und Inder hinaus tragen wird;
das Land liegt ausserhalb der Gestirne, ausserhalb der Bahnen des Jahres und der Sonne, wo der
XIII
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himmeltragende Atlas die mit leuchtenden Sternen ausgestattete Himmelsachse auf der Schulter
dreht.
Vor dessen Ankunft schaudern wegen den Orakelsprüchen der Götter schon jetzt sowohl das Kaspische Königreich als auch das Maeotische Land und die Mündungen des siebenarmigen Nils sind in
Unruhe, so dass sie zittern."
XIV
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Chronologisches Schema1
ca. 3000–2600
I
MH I
ca. 2600–2450
II
MH I
2450–1700
III – V
MH I/II
VIa
MH III
1700
1600
SH I
1500
VIe
VIf
SH II
Troia VI spät
VIg
VIh
SH III A
Troia VIIa
VIIa
SH III B
Troia VIIb 1
VIIb 1
SH III C früh
1420
1300
1190
1150/30
SH III C mittel
1100
Troia VIIb 2
VIIb 2
1070
SH III C spät
1050/30
Submykenisch
1020
Troia VIII früh
VIIb 3
FPG
M/SPG = 980–930
950
SPG
900
SubPG I = FG I
875
SubPG II = FG II
850
SubPG III = MG
750
SG
700
Homers Ilias
650/25
Troia VIII
330
Troia IX hellenistisch
30 v.
Troia IX kaiserzeitlich
329
Theodosios I. antiheidnische Gesetzgebung
_______________________________________________________________
MH = Mittelhelladisch
SH = Späthelladisch
FPG = Frühprotogeometrisch
1
M/SPG = Mittel- bis Spätprotogeometrisch
SPG = Spätprotogeometrisch
SubPG = Subprotogeometrisch
Hertel (2008a) XIf.
XV
FG = Frühgeometrisch
MG = Mittelgeometrisch
SG = Spätgeometrisch
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Kleinasien/Osten
ca. 3000–2600:
ca. 2600–2450:
ca. 2450–1700:
ca. 1700–1300:
ca. 1300–1200:
ca. 1200–1090:
ca. 1090–1020:
um 1020:
ca. 1020–330:
Troia I
Troia II
Troia III–V
Troia VI
Troia VIIa
Troia VIIb 1
Troia VIIb 2
"Troianischer Krieg"
Troia VIII (=Ilion)
ca. 330–30:
Troia IX (= hellenistisches Ilion)
ca. 30 v.Chr.–395 n.Chr.: Troia IX (= römisches Ilion)
395–13. Jh.: Troia X (= byzantinisches Ilion)
Griechenland/Athen
Italien/Rom/Westen
ca. 1500–1200: Linearschrift B
um 800:
800–700:
776:
753:
490–424:
454–396:
354–322:
griech. Alphabet
Homerische Epen
erste Olympiade
Legendäre Gründung Roms
Herodot
Thukydides
Alexander der Grosse
116–27: M. Terentius Varro
70–19: P. Vergilius Maro
27–14 n.: Prinzipat des Augustus
1871-1890: Schliemanns Grabungen in Troia (Hisarlık)
1893–2016: Grabungen in Troia (Hisarlık) unter
Dörpfeld, Blegen, Korfmann, Pernicka
1998:
Troia wird UNESCO-Weltkulturerbe
1952:
XVI
Entzifferung Linearschrift B
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Aus: Hajnal (2003a), p. 11 des Handout.
XVII
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Die politische Geographie Kleinasiens im 15.–13. Jh. v.Chr. (nach Starke 1997). Aus: Hajnal (2003a), p. 2 des Handout.
XVIII
Aus: Hertel (2008) 100–104.
XIX
XX
XXI