3 Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer

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3 Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer
Zentrum für Arbeit und Gesundheit Sachsen
- prävention für morgen -
Institut und Poliklinik für
Arbeits-­‐ und Sozialmedizin
Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen
Bericht zur Gesundheit von Lehrerinnen und Lehrern
der Sächsischen Bildungsagentur 2010
Reingard Seibt, Stefan Ulbricht, Udo Rehm,
Anne Steputat, Klaus Scheuch
Dresden 2011
Abkürzungen
BGS 1998
BMI
BSZ
CHD
DHL
DSM
ES
ESS 2003
FÖS
GS
GSTel 2003
GYM
HDL
Bundes-Gesundheitssurvey 1998
Body Mass Index
Berufsschulzentren (Lehrkräfte an Berufsschulen)
Koronare Herzerkrankung (coronary heart disease)
Deutsche Hochdruckliga e.V.
Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders
Effektstärke, praktische Bedeutsamkeit
Epidemiologischer Suchtsurvey 2003
Förderschule (Lehrkräfte an Förderschulen)
Grundschulen (Lehrkräfte an Grundschulen)
Telefonischer Gesundheitssurvey 2003
Gymnasien (Lehrkräfte an Gymnasien)
High Density Lipoprotein
ICD
LDL
MBI-GS
MS
MW
N
p-Wert
REM
SD
WHO
WS
ZAGS
International Classification of Diseases
Low Density Lipoprotein
Maslach-Burnout-Inventory – General Survey
Mittelschulen (Lehrkräfte an Mittelschulen)
Mittelwert
Anzahl
Wahrscheinlichkeit, Signifikanzniveau
Rapid Eye Movement – Schlafphase
Standardabweichung
Weltgesundheitsorganisation
Wirbelsäule
Zentrum für Arbeit und Gesundheit
Tabellen- und Abbildungsverzeicnis
Tab. 01:
Tab. 02:
Tab. 03:
Tab. 04:
Tab. 05:
Tab. 06:
Tab. 07:
Tab. 8 a:
Tab. 8 b:
Abb. 01:
Abb. 02:
Abb. 03:
Abb. 04:
Abb. 05:
Abb. 06:
Alters- und Geschlechterverteilung der Lehrkräfte
Klassifikation der Burnout-Dimensionen nach Maslach & Jackson (1986)
Klassifikation der Burnout-Dimensionen nach Kalimo et al. (2003)
Psychisches Befinden (GHQ-12: Linden et al. 1996) der Lehrerinnen im Schulartvergleich
Lebensgewohnheiten der Lehrerinnen im Schulartvergleich (Fortsetzung der Tabelle auf Seite 26)
Risiken und Ressourcen der Lehrerinnen im Schulartvergleich
Ausfallzeiten der Lehrkräfte in Sachsen wegen eigener Krankheit,
Kur und Rehabilitationsmaßnahmen nach Arbeitstagen – 2009
Abgänge voll- und teilzeitbeschäftigter Lehrkräfte wegen Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze
Abgänge voll- und teilzeitbeschäftigter Lehrkräfte insgesamt
Sportliche Aktivität bei Lehrerinnen und Lehrern nach Altersgruppen
Sportliche Aktivität bei Lehrerinnen und Lehrern im Vergleich zur Bevölkerungsstichprobe des GSTel 2003 nach Altersgruppen
Aktuelle Raucher bei Lehrerinnen und Lehrern nach Altersgruppen
Aktuelle Raucher bei Lehrerinnen und Lehrern im Vergleich zu Bevölkerungsstichproben des Mikrozensus 1995 und ESS 2003
Body Mass Index bei Lehrerinnen und Lehrern nach WHO-Gewichts-Kategorien (2000).
Übergewicht und Adipositas bei Lehrerinnen und Lehrern im Vergleich zur Bevölkerungsstichprobe des GSTel 2003
nach Altersgruppen
Abb. 07: Normale und erhöhte Blutdruckwerte bei Lehrerinnen und Lehrern nach Geschlecht
Abb. 08: Erhöhter Blutdruck bei Lehrerinnen und Lehrern im Vergleich zur Bevölkerungsstichprobe des BGS 1998 nach Altersgruppen
Abb. 09: Erhöhte Gesamt-Cholesterin-Werte bei Lehrerinnen und Lehrern nach Altersgruppen
Abb. 10: Erhöhte LDL-Cholesterin-Werte bei Lehrerinnen und Lehrern nach Altersgruppen
Abb. 11: Erniedrigte HDL-Cholesterin-Werte bei Lehrerinnen und Lehrern nach Altersgruppen
Abb. 12: Erhöhte Triglycerid-Werte bei Lehrerinnen und Lehrern nach Altersgruppen
Abb. 13: Gesamt-Cholesterin-Konzentration bei Lehrerinnen und Lehrern im Vergleich zur Bevölkerungsstichprobe des BGS 1998
nach Altersgruppen
Abb. 14: HDL-Cholesterin-Konzentration bei Lehrerinnen und Lehrern im Vergleich zur Bevölkerungsstichprobe des BGS 1998
nach Altersgruppen
Abb. 15: NHANES-Score (Gaziano et al. 2008) bei Lehrerinnen und Lehrern nach Geschlecht
Abb. 16: Framingham-Score (Wilson et al. 1998) bei Lehrerinnen und Lehrern nach Altersgruppen
Abb. 17: Burnout-Dimensionen (MBI-GS: Schaufeli et al. 1996) bei Lehrerinnen und Lehrern nach Altersgruppen
Abb. 18: Burnout-Klassifikation (Kalimo et al. 2003) bei Lehrerinnen und Lehrern nach Altersgruppen
Abb. 19: Kategorie „einige Burnout-Symptome" bei weiblichen Stichproben im Berufsgruppenvergleich
Abb. 20 a: Gesundheitliche Beschwerden bei Lehrerinnen nach Altersgruppen
Abb. 20 b: Gesundheitliche Beschwerden bei Lehrern nach Altersgruppen
Abb. 21: Schlafstörungen bei Lehrerinnen und Lehrern im Altersgruppenvergleich
Abb. 22: Ärztlich diagnostizierte Erkrankungen (WAI 3: BAuA 2003) der Lehrerinnen im Schulartvergleich
Abb. 23: Häufigste aktuelle Beschwerden (BFB: Höck & Hess 1976) der Lehrerinnen im Schulartvergleich
Abb. 24: Burnout-Gesamtscore (Kalimo et al. 2003) der Lehrkräfte im Schulartvergleich.
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Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung
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Methodik
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2.1 Untersuchte Lehrerpopulation
2.2 Eingesetzte Methoden
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Gesundheit der Lehrer und Lehrerinnen
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3.1 Alters- und Geschlechtervergleich
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3
3.1.1
3.1.2
3.1.3
3.1.4
3.1.5
3.1.6
3.1.7
3.1.8
Sportliche Aktivität
Rauchen
Übergewicht und Adipositas
Blutdruck
Blutfette
NHANES-Score und Framingham-Score
Burnout-Risiko
Beschwerden
3.2 Schulartenvergleich
3.2.1
3.2.2
3.2.3
3.2.4
3.2.5
3.2.6
3.2.7
3.2.8
Ärztlich diagnostizierte Erkrankungen
Aktuelle Beschwerden
Psychische Gesundheit
Burnout
Lebensgewohnheiten
Risiken und Ressourcen
Ausfallzeiten
Dienstunfähigkeit und Abgänge
4
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
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29
5
Literatur
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31
Vorwort des Direktors
der Sächsischen Bildungsagentur
Permanent erleben wir rasante Entwicklungsprozesse in allen Lebensbereichen, die sich facettenreich auch in der Schule widerspiegeln.
Lehrerinnen und Lehrer sehen sich immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt. Wie
gut das die Pädagogen in Sachsen bisher bewältigt haben, belegen eindrucksvoll viel zitierte
nationale und internationale Vergleichsstudien.
Was hat sich allein in den letzten 20 Jahren an
unseren Schulen alles verändert! Die meisten
unserer Lehrerinnen und Lehrer haben diese gesamte Zeitspanne aktiv im Dienst miterlebt und
hervorragende Arbeit geleistet. Dafür gebührt
ihnen gesellschaftliche Anerkennung.
Angesichts der geschilderten Arbeitssituation
muss aber die Frage gestellt werden, wie unsere
Lehrerschaft, deren Durchschnittsalter sich mit
jedem Jahr weiter erhöht, diese hohen Anforderungen gesundheitlich bewältigt. Personalmanagement schließt auch die Sorge um die
Gesundheit der Kolleginnen und Kollegen ein.
Diesem Aspekt wird seitens der Sächsischen
Bildungsagentur besonderes Augenmerk geschenkt. Ich sehe darin eine Wertschätzung der
Arbeit unserer Lehrerinnen und Lehrer.
Bereits seit Jahren arbeiten wir deshalb auf dem
Gebiet der Prävention und Gesundheitsförderung mit renommierten Wissenschaftlern und
Ärzten zusammen. Während ein 2008 vorgelegter erster Gesundheitsbericht für Sachsen auf
Daten des Forschungsprojektes „LANGE LEHREN“
der TU Dresden beruhte, bezieht sich die vorliegende Studie auf Ergebnisse, deren Grundlage
die arbeitsmedizinische Betreuung der Lehrerin-
nen und Lehrer bildet. Im Wesentlichen werden
darin die Aussagen von 2008 bestätigt. Unter
anderem zeigt sich wieder, dass die Berufsgruppe
der Lehrer gesundheitsbewusst lebt und dadurch
eine Reihe verhaltensbezogener Risikofaktoren
geringer sind als in der Allgemeinbevölkerung.
Der aktuelle Bericht erlaubt einerseits eine umfassende Bewertung der gesundheitlichen Situation der Lehrkräfte, andererseits aber auch die
Ableitung gezielter Maßnahmen. So werden die
Untersuchungsergebnisse auch bei der Betreuung im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements Beachtung finden. Zudem
sollen Erstuntersuchungen bereits zu Beginn des
Vorbereitungsdienstes und bei Neueinstellungen
angeboten werden.
Ich freue mich, dass viele Betriebsärzte mittlerweile zu echten Partnern der Schulleitungen
geworden sind. Ich sehe darin eine wesentliche
Voraussetzung dafür, dass künftig eine gezielte
und kontinuierliche Betreuung der Lehrkräfte
auf hohem Niveau erfolgen kann.
Ich danke dem Direktor des Zentrums für Arbeit
und Gesundheit Sachsen (ZAGS), Herrn Prof. em.
Dr. med. Klaus Scheuch, den an der arbeitsmedizinischen Betreuung beteiligten Diensten,
den insgesamt 25 Betriebsärzten sowie Frau
Dr. Reingard Seibt und ihrem Team vom Institut
und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin (IPAS) der Technischen Universität Dresden
für die hervorragende Zusammenarbeit. Dieses
Knowhow soll auch weiterhin im Auftrag der
Sächsischen Bildungsagentur unseren Lehrerinnen und Lehrern zu Gute kommen.
Béla Bélafi
Direktor der Sächsischen Bildungsagentur
Vorwort | 5
1 Einleitung
Der Lehrerberuf gilt als einer der abwechslungsreichsten Berufe, dem in der Gesellschaft eine entscheidende Aufgabe zukommt.
Lehrkräfte nehmen zentrale Qualifikations-,
Bildungs- und Erziehungsaufgaben wahr
und tragen zur Stabilität und Weiterentwicklung der Gesellschaft bei.
Lehrertätigkeit ist aber nicht nur als „Risikoberuf“ aufzufassen. Daher muss für
die ärztliche Praxis und Wissenschaft zur
Gesundheit von Lehrkräften das risikobezogene durch ein ressourcenorientiertes
Herangehen ergänzt werden. Als Motivationsquellen werden von den meisten
Lehrkräften¹ die Arbeit mit Schülern und
deren sichtbare Entwicklung bzw. Lernfortschritte betrachtet (Haufe et al. 2003;
Schönwälder et al. 2003). Nach Li (2001)
sind die Ressourcen zur Beanspruchungsbewältigung bei Lehrkräften sogar höher
ausgeprägt als in anderen Berufsgruppen.
Ältere Lehrkräfte (ab 55 Jahre) heben zudem die Eigenverantwortung und die
Möglichkeit der ständigen Fort- und Weiterbildung sowie das gute Verhältnis zur
Schüler- und Elternschaft hervor (Haufe et
al. 2003).
Weiterhin wird die aktive Freizeitgestaltung und die Fähigkeit, bestimmte Dinge
bewusst zu erleben, als wichtige Energiequelle gesehen (Seibt et al. 2009). Als organisationale Ressourcen des Lehrerberufes werden vor allem Aufgabenvielfalt und
Tätigkeitsspielraum angeführt (Junghanns
et al. 2000; Scheuch & Haufe 2005; Seibt
et al. 2004, 2006). Zu den personalen Ressourcen von Lehrkräften gehören – neben
dem persönlichen Arbeitsstil – auch ihre Persönlichkeitseigenschaften sowie ihr psychophysischer Gesundheitszustand.
Andererseits ist der Gesundheitszustand
der Lehrkräfte mit einem hohen Anteil
krankheitsbedingter Frühpensionierungen
assoziiert, der bei verbeamteten Lehrkräften gegenwärtig bei 24 % (Höchstwert im
Jahr 2000 64 %) und damit noch deutlich
höher als in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes (18 %) liegt. Hauptgründe
für die Dienstunfähigkeit sind psychische
Störungen und psychosomatische Erkrankungen (Jehle 1997; Kofler-Westergren
2008; Weber et al. 2003, 2004).
Zu den häufigsten körperlichen Erkrankungen zählen – wie in anderen Berufsgruppen
– auch bei Lehrkräften die sogenannten
„Volkskrankheiten“ wie Erkrankungen des
Muskel-Skelett- und Herz-Kreislauf-Systems
(Meierjürgen & Paulus 2002; Seibt et al.
2004, 2007). Andererseits zeichnen sich
Lehrkräfte gegenüber der Allgemeinbevölkerung durch ein gesundheitsförderliches
Verhalten und geringer ausgeprägte kardiovaskuläre Risikofaktoren aus, gelten allerdings
in höherem Maß als „hypertoniegefährdet“
(Rehm et al. 2008; Seibt et al. 2009).
In der Literatur wird der Gesundheitszustand bei Lehrkräften vorwiegend anhand
von anamnestischen Fragebögen, Analysen
des Krankenstandes und der Dienstunfähigkeit berichtet. Es fehlen häufig Analysen mit
objektiven (gemessenen) Gesundheitsdaten.
Oft werden nur kleine Gruppen untersucht
und die Ergebnisse auf die gesamte Berufsgruppe der Lehrkräfte übertragen. Das
führt zu Verzerrungen des Gesundheitsbildes dieser Berufsgruppe. Zum anderen
werden Belastungen im Lehrerberuf, sowie
die Komplexität und Kompliziertheit der
Anforderungen heruntergespielt.
Das Institut und Poliklinik für Arbeits- und
Sozialmedizin (IPAS) der Technischen Universität Dresden (TUD) und das Zentrum
für Arbeit und Gesundheit Sachsen (ZAGS)
der GWT-TUD beschäftigen sich seit Jahren
mit der Arbeitsfähigkeit und Gesundheit
von Lehrkräften und nutzen dazu medizinische, psychologische und sozialwissenschaftliche Untersuchungsinstrumente. Im
Jahr 2008 wurde der erste Gesundheitsbericht zu Lehrkräften in sächsischen Schulen veröffentlicht. Dieser basierte auf Daten
des bundesweiten Modellprojektes „LANGE
LEHREN“ in Verantwortung des IPAS der
TUD. Der vorliegende Gesundheitsbericht
basiert auf Ergebnissen der betriebs- bzw.
arbeitsmedizinischen Betreuung.
Seit September 2009 / 2010 hat das ZAGS
der GWT-TUD die betriebsärztliche Betreuung aller Schulen der Sächsischen Bildungsagentur (SBA) übernommen, nachdem vorher die Regionalstellen Chemnitz
und Zwickau und teilweise Dresden betreut wurden. Damit wird beispielgebend
für die anderen Bundesländer die gesetzliche Verpflichtung zur betriebsärztlichen
Betreuung jeder Schule und jeder Lehrkraft
umgesetzt. Gegenwärtig sind – unter Leitung des ZAGS – an der Betreuung der
mehr als 33.000 Lehrkräfte in Sachsen 25
Betriebsärzte aus den arbeitsmedizinischen
Einrichtungen THUMEDI Thum, Arbeitsmedizinischer Dienst Chemnitz, AMD TÜV
Leipzig und Dresden beteiligt.
Im Rahmen dieser Betreuung werden allen
Lehrkräften in dreijährigem Abstand arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen angeboten. Dies sind Wunschuntersuchungen, bei
denen der Arbeitgeber nicht über die individuellen Ergebnisse informiert wird. Neben
1 Anmerkung: Der Begriff „Lehrkräfte“ ist als geschlechtsneutrale Bezeichnung von Lehrern und Lehrerinnen zu verstehen. Werden ausschließlich männliche bzw. weibliche Lehrkräfte angesprochen, so wird der
Begriff „Lehrerin" bzw. „Lehrer“ verwendet.
1 Einleitung | 7
einer allgemeinen ärztlichen Anamnese und
Untersuchung werden Laborwerte bestimmt
und auf dieser Grundlage das individuelle
Herz-Kreislauf-Risiko-Profil erstellt. Zudem
wird das Burnout-Risiko ermittelt, und es
erfolgt abschließend eine gesundheitsbezogene Beratung. Jeder Teilnehmer dieser
Untersuchungen erhält seine individuelle
Auswertung.
Im Vordergrund des vorliegenden Berichts steht zum einen die alters- und geschlechtsdifferenzierte Analyse objektiver
und subjektiver Gesundheitsdaten sächsischer Lehrkräfte. Speziell werden Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
und Komponenten der psychischen Gesundheit in die Analysen einbezogen. Zur
Einordnung und Bewertung der dargestellten Ergebnisse werden Vergleichsstichproben der Allgemeinbevölkerung und anderer Berufsgruppen herangezogen.
schen Staatsministerium für Kultus und Sport
für die zur Verfügung gestellten Daten.
Ziel des vorliegenden Berichtes sind Informationen zum Gesundheitszustand
sächsischer Lehrkräfte. Zum anderen soll
deutlich gemacht werden, dass die Diskussion mit Schlussfolgerungen zum Erhalt
und zur Verbesserung der Gesundheit und
Arbeitsfähigkeit dieser wichtigen Berufsgruppe intensiviert werden muss.
Lehrkräfte sind „Multiplikatoren“ der Gesundheit. Ihre Altersstruktur erfordert daher
Maßnahmen zum Erhalt ihrer Gesundheit
und Arbeitsfähigkeit. Dazu sind zum gegenwärtigen Stand objektive Daten erforderlich,
um nicht in Spekulationen und negative Diskussionen, die nichts nützen, zu verfallen.
Ein umfassenderer statistischer Bericht mit
objektiven und subjektiven Gesundheitsdaten sächsischer Lehrkräfte ist im Internet zu finden. Hier erfolgt auch die wissenschaftlich statistische Untersetzung der
vorzustellenden Ergebnisse.
Zum anderen erfolgt die Analyse der Gesundheitsdaten erstmalig als Vergleich der
fünf sächsischen Schularten – Grundschulen – Mittelschulen – Gymnasien – Förderschulen – Berufsschulen. Diese Schularten
unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich ihrer Strukturen, Rahmenbedingungen, Schülerschaft und den Bildungszielen, sondern
auch in den jeweiligen Arbeitsanforderungen, die sich aus arbeitsmedizinischer
und -psychologischer Sicht unterschiedlich
auf die Gesundheit auswirken können und
entscheidende Rahmenbedingungen des
Bildungssystems definieren.
Im Interesse der Lesbarkeit wird im vorliegenden Bericht auf die statistischen Tabellen verzichtet. Für interessierte Kollegen ist neben
der statistischen Signifikanzprüfung auch die
praktische Bedeutsamkeit der Ergebnisse, die
sogenannte Effektstärke (jeweils in Klammern), angegeben; denn bei großen Stichproben werden bereits kleine Gruppenunterschiede signifikant, die aber teilweise keine
„praktische“ Bedeutung aufweisen.
Ergänzt werden diese arbeitsmedizinischen
Ergebnisse mit einer Übersicht zu den Ausfallzeiten der Lehrkräfte in den unterschiedlichen Schularten. Wir danken dem Sächsi-
Effektstärken sind unabhängig von der
Stichprobengröße und geben den tatsächlichen Effekt an, wobei schon ein kleiner Effekt als bedeutsames Ergebnis gesehen wird.
8 | 1 Einleitung
2
2.1
Methodik
Untersuchte Lehrerpopulation
Im vorliegenden Bericht werden Ergebnisse
zum Gesundheitszustand von 1752 Lehrerinnen und 404 Lehrern aus Sachsen dargestellt (Gesamtstichprobe: 2156 Lehrkräfte),
die im Rahmen von arbeitsmedizinischen
Vorsorgeuntersuchungen im Zeitraum von
2004 / 2005 bis 2009 / 2010 erhoben wurden.
Die Teilnahme an diesen Untersuchungen war
freiwillig. Es nahmen sowohl gesundheitlich
beeinträchtigte als auch gesundheitsbewusste, arbeitsfähige Lehrkräfte an diesen Vorsorgeuntersuchungen teil.
Da in bisherigen arbeitsmedizinischen Auswertungen zur Gesundheit von Lehrkräften kaum
alters- und geschlechtsbezogene Veränderungen beachtet wurden, erfolgte für die Altersund Geschlechtsvergleiche dieses Berichtes die
Betrachtung der zwei Altersklassen jüngere
(< 45 Jahre) versus ältere (≥ 45 Jahre) Lehrkräfte (Tab. 1). Die Altersgrenze „45 Jahre“ leitet sich dabei aus der WHO-Definition „älterer
Arbeitnehmer“ ab. Im Durchschnitt sind die
untersuchten Lehrkräfte 48 ± 8 Jahre alt und
befinden sich seit 26 ± 8 Jahren im Berufsle-
Tab. 1: Alters- und Geschlechterverteilung der Lehrkräfte; Angaben in Prozent [%].
Altersgruppen
Frauen (N = 1752)
Männer (N = 404)
Gesamt (N = 2156)
Alter [MW ± SD]
47,7 ± 7,7 Jahre
49,2 ± 7,6 Jahre
48,0 ± 7,7 Jahre
< 45 Jahre [% (N)]
34,6 (606)
28,2 (114)
33,4 (720)
≥ 45 Jahre [% (N)]
65,4 (1146)
71,8 (290)
66,6 (1436)
2.2
Sportliche Aktivität: Die Lehrkräfte werden in
der ärztlichen Anamnese nach der „Regelmäßigkeit“ und der Hauptsportart ihrer sportlichen Betätigung gefragt („Treiben Sie regelmäßig Sport?“ (JA / NEIN) und wenn JA: „Welchen
Sport betreiben Sie vor allem?“).
Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einschließlich Lebensgewohnheiten
(GWT-TUD GmbH; Rehm 2006)
aktuelle Beschwerden
(GWT-TUD GmbH; Rehm 2006)
Burnout-Risiko
(MBI-GS: Schaufeli et al. 1996).
Nikotinkonsum: Rauchen wird ebenfalls im
Rahmen der ärztlichen Anamnese erfasst. Es
wird gefragt „Sind Sie Raucher?“ (JA / NEIN).
Danach wird die Gruppe Raucher bzw. Nichtraucher gebildet, wobei Gelegenheitsraucher in die
Gruppe der Raucher und ehemalige Raucher in
die Gruppe der Nichtraucher eingeteilt werden.
Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Die Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wurden im Rahmen der
körperlichen Untersuchung (standardisiert)
erfasst. Dabei werden folgende Merkmale und
deren Klassifikation betrachtet:
Körpermaße: Das Übergewicht wird anhand
des Body Mass Index (BMI) bestimmt. Dazu
wurden Körpergröße und -gewicht gemessen
und der BMI aus diesen Angaben anhand folgender Formel berechnet:
BMI = Körpergewicht [kg] / Körperlänge [m²].
❙
❙
❙
Klassifikation des Body Mass Index (WHO 2000):
❙ Normalgewicht: BMI 18,5 – 24,9 kg / m²
❙ Übergewicht: BMI ≥ 25 – 29,9kg / m²
❙ Adipositas:
BMI ≥ 30 kg / m²
❙
❙
❙
❙
Die Stichprobe setzt sich aus 639 Grund-,
555 Mittel-, 244 Gymnasial-, 339 Berufsund 383 Förderschullehrkräften zusammen.
Die Geschlechterverteilung ist in den Schularten signifikant unterschiedlich. An Grundund Förderschulen sind mit 5 % bis 11 %
am wenigsten Lehrer vertreten, an Mittelschulen und Gymnasien 22 %, während
an Berufsschulzentren mit 47 % der höchste
Anteil männlicher Lehrkräfte zu verzeichnen ist.
Eingesetzte Methoden
Der gesundheitliche Status der Lehrkräfte
wird anhand folgender objektiver Messwerte
und subjektiver Selbsteinschätzungen physischer und psychischer Komponenten der Gesundheit beurteilt:
❙
ben (Tab. 1). Obwohl sich das Durchschnittsalter der Lehrerinnen und Lehrer kaum unterscheidet – Lehrer sind 1,5 Jahre älter, erweisen
sich die geschlechtsspezifischen Altersgruppen
als signifikant verschieden. Aus diesem Grund
werden Aussagen zu möglichen Geschlechtsunterschieden stets unter Kontrolle der Altersgruppe getroffen.
sportliche Aktivität
Rauchen
Körpermaße: Übergewicht / Adipositas:
Body Mass Index (BMI)
Bluthochdruck: systolischer und diastolischer Blutdruck (und Antihypertensiva)
Blutfette: Gesamt-Cholesterin, HDL- und
LDL-Cholesterin sowie Triglyceride.
Blutdruck: Systolischer und diastolischer Ruheblutdruck [mmHg] wurden in sitzender Position
mit einem vollautomatischen Blutdruckmessge-
rät am Oberarm gemessen. Um Schwankungen
des Blutdrucks, z.B. aufgrund von Aufregung der
Untersuchungsteilnehmer, zu vermeiden, wurde
der Blutdruck zweimal gemessen und der zweite
Messwert zur Bewertung verwendet. Hypertonie
ist ab ≥ 140 / 90 mmHg (WHO 1999) und bei
Einnahme von Antihypertensiva definiert.
Blutfette: Zur Charakterisierung der Stoffwechselsituation erfolgte zu Beginn der ärztlichen Untersuchung eine Blutabnahme. Hierbei wurden u.a. die Fettstoffwechselparameter
Gesamt-Cholesterin, HDL- und LDL-Cholesterin
und Triglyceride bestimmt. Die Normbereiche
wurden dem Laborkatalog des Instituts für Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik
des Universitätsklinikums „Carl Gustav Carus“
entnommen.
Auf der Grundlage umfassender epidemiologischer Daten werden in der Wissenschaft
unterschiedliche Prognosekriterien für ein
Herz-Kreislauf-Erkrankungsrisiko abgeleitet. Es
wurden der NHANES-Score und der Framingham-Score verwendet:
NHANES-Score: Der NHANES-Score wurde
innerhalb des „National Health and Nutrition
Examination Survey“ (NHANES) entwickelt –
einer amerikanischen Längsschnittstudie zum
2 Methodik | 9
Gesundheitsstatus. Der Score ist unabhängig
von Blutparametern und dient der Schätzung
des 5-Jahres-Risikos einer kardiovaskulären
Erkrankung (Gaziano et al. 2008). Der NHANESScore wird aus folgenden Faktoren abgeleitet:
❙
❙
❙
❙
❙
❙
Geschlecht
Diabetes
BMI
Alter
Rauchen
systolischer Blutdruck.
Framingham-Score: Der Framingham-Score
wird zur Einschätzung des 10-Jahres-Risikos
einer zukünftigen koronaren Herzkrankheit herangezogen (Wilson et al. 1998). Dieser Score
beruht auf der Framingham-Studie, einer der
wichtigsten epidemiologischen Längsschnittuntersuchungen in den USA. Im Gegensatz
zum NHANES-Score werden hier Blutparameter verwendet. Der Framingham-Score wird aus
folgenden Faktoren abgeleitet:
❙
❙
❙
❙
❙
❙
Geschlecht
Alter
Diabetes
Rauchen
Gesamt-Cholesterin- bzw. LDL- und
HDL-Cholesterin-Konzentration
systolischer Blutdruck.
Burnout-Risiko: Zur Einschätzung des Burnout-Risikos wurde die deutsche Übersetzung
des Maslach Burnout Inventory – General Survey (MBI-GS: Maslach & Jackson 1986; Schaufeli et al. 1996) verwendet. Dieser Fragebogen
ermöglicht die Vergleichbarkeit des ermittelten
Burnout-Risikos zu anderen Berufsgruppen.
Der MBI-GS besteht aus 16 Fragen, die die drei
Burnout-Dimensionen emotionale Erschöpfung,
Zynismus und reduzierte Leistungsfähigkeit
(verminderte professionelle Effizienz) erfassen.
Jede Frage wird entsprechend der Häufigkeit
ihres Auftretens (0 = nie bis 6 = täglich) beurteilt. Für die drei Burnout-Dimensionen wird
10 | 2 Methodik
zunächst jeweils der Mittelwert gebildet. Gemäß
der Ausprägung können diese drei Mittelwerte
anhand einer nordamerikanischen Stichprobe
(N = 3727) in Terzilen bewertet werden (Tab. 2).
Ein Burnout-Syndrom ist dann zu vermuten,
wenn emotionale Erschöpfung und Zynismus
hoch, aber professionelle Effizienz gering ausgeprägt ist. Anhand eines Gesamtscores ist das
Burnout-Risiko in drei Kategorien zu bewerten (Kalimo et al. 2003; Tab. 3). Als zentrales
Merkmal der Burnout-Symptomatik gilt das
Erschöpfungssyndrom, dessen Symptome in
unterschiedlichen Bereichen auftreten:
❙
Körperliche Erschöpfung: ständige Ermüdung, Schwäche, erhöhte Krankheitsanfälligkeit, Kopfschmerzen, Appetitveränderung, Schlafstörungen.
❙ Emotionale Erschöpfung: Gefühle von Niedergeschlagenheit, Hilflosigkeit und Leere,
Reizbarkeit, Entmutigung, Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung.
❙ Geistige Erschöpfung: negative Einstellung
zur eigenen Person, zum eigenen Leben und
zu anderen Menschen, unglücklich sein,
sich wertlos und zurückgewiesen fühlen,
weniger Gefühle erleben, Intoleranz, über
andere Menschen verärgert sein.
Weitere Burnout-Symptome sind:
❙
❙
Distanzierung / Zynismus / Depersonalisation: Tendenz, Schüler als unpersönliche Objekte wahrzunehmen und zu behandeln ➝
eine gefühllose, gleichgültige oder zynische
Einstellung gegenüber Kollegen und / oder
Schülern und den Arbeitsinhalten.
Negative Einschätzung der persönlichen
Leistungskompetenz: Wahrnehmung, bei
erhöhtem Aufwand weniger Leistung zu
erbringen.
Beschwerden: Die aktuellen körperlichen und
psychischen Beschwerden wurden ebenfalls
im Rahmen der ärztlichen Anamnese ermittelt. Zudem wurden weitere körperliche und
psychische Befindensstörungen, subjektive
Beschwerden sowie Erkrankungen erfragt
und ausgewertet, die das Wohlbefinden einer
Person anhaltend beeinträchtigen können.
Dazu gehören in dieser Untersuchung:
❙
❙
❙
❙
❙
Schlafstörungen
Beschwerden des Muskel-SkelettSystems
Magen-Darm-Beschwerden / -Krankheiten
Schwerhörigkeit und Stimmprobleme
psychische und psychovegetative
Beschwerden.
Tab. 2: Klassifikation der Burnout-Dimensionen nach Maslach & Jackson (1986).
Grad der Burnout-Ausprägung (Punkte)
Burnout-Dimension
gering
durchschnittlich
hoch
Emotionale Erschöpfung
≤ 2,00
2,01 – 3,19
≥ 3,20
Zynismus
≤ 1,00
1,01 – 2,19
≥ 2,20
Leistungsfähigkeit
≤ 4,00
4,01 – 4,99
≥ 5,00
Tab. 3: Klassifikation der Burnout-Dimensionen nach Kalimo et al. (2003).
Punktzahl
Klassifikation
Symptomhäufigkeit
0 – 1,49
kein Burnout
ein paar Mal im Jahr
1,5 – 3,49
einige Burnout-Symptome
ein paar Mal im Monat
3,5 – 6,00
Burnout-Risiko
mehrmals pro Woche oder täglich
3
Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer
3.1 Alters- und Geschlechtervergleich
3.1.1 Sportliche Aktivität
Abbildung 1 zeigt die Angaben zur sportlichen
Betätigung für Lehrerinnen und Lehrer der Altersgruppen „< 45 Jahre“ sowie „≥ 45 Jahre“.
Vergleich zur Allgemeinbevölkerung
Nachfolgend werden die Daten zur sportlichen
Aktivität mit denen des bevölkerungsrepräsentativen telefonischen Gesundheitssurveys
2003 (GSTel 2003) verglichen. Hier gilt man als
„sportlich aktiv“, wenn man sich wöchentlich
zwei und mehr Stunden sportlich betätigt.
Es zeigt sich, dass die Lehrkräfte im Vergleich
zur Bevölkerungsstichprobe (GSTel 2003) mit
über 70 % deutlich höhere Anteile sportlicher
Aktivität aufweisen. Allerdings sind diese Differenzen in der sportlichen Aktivität aufgrund
der unterschiedlichen Befragungsarten nur bedingt vergleichbar.
100
Häufigkeit [%]
80
60
40
20
Frauen
0
Männer
bis 45 Jahre
Altersgruppe
ab 45 Jahre
Abb. 1: Sportliche Aktivität bei Lehrerinnen (N = 1752) und Lehrern (N = 404) nach Altersgruppen; Angaben in Prozent [%].
Sportliche Aktivität bei Frauen – Bevölkerungsvergleich
100
80
Häufigkeit [%]
In vorliegender Untersuchung wurde die „Regelmäßigkeit“ sportlicher Aktivität von den
Lehrkräften selbst beurteilt. Dauer und Häufigkeit der sportlichen Aktivität wurden nicht berücksichtigt. Nach diesen Angaben zur Sportausübung sind zwischen Frauen und Männern
und zwischen den Altersgruppen keine Unterschiede festzustellen.
Sportliche Aktivität – Altersvergleich
60
40
20
GSTel 2003
0
30 – 39 Jahre
40 – 49 Jahre
Altersgruppe
50 – 59 Jahre
Lehrkräfte
Sportliche Aktivität bei Männern – Bevölkerungsvergleich
100
80
Häufigkeit [%]
Regelmäßige körperliche Aktivität hilft vielen
Beschwerden und Krankheiten vorzubeugen,
vor allem Herz-Kreislauf-Krankheiten, Diabetes mellitus Typ 2 und bestimmten Krebsarten.
Trotzdem sind derzeit 30 % der deutschen Erwachsenen körperlich kaum aktiv, 45 % treiben
keinen Sport und lediglich 13 % erreichen die
derzeitige Empfehlung zum ausreichenden körperlichen Aktivitätsniveau (Rütten et al. 2005).
Nach aktuellen internationalen Empfehlungen
sollten Erwachsene regelmäßig (an den meisten Tagen) mindestens 30 Minuten körperliche
Aktivität in moderater Intensität ausüben, um
das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu
senken. Ergänzend sollte ein maßvolles Krafttraining unter Einbeziehung aller relevanten
Muskelgruppen hinzukommen. Besonders im
hohen Alter ist es wichtig, aktiv zu bleiben.
60
40
20
GSTel 2003
0
Lehrkräfte
30 – 39 Jahre
40 – 49 Jahre
Altersgruppe
50 – 59 Jahre
Abb. 2: Sportliche Aktivität bei Lehrerinnen (N = 1752) und Lehrern (N = 404) im Vergleich zur
Bevölkerungsstichprobe des GSTel 2003 nach Altersgruppen; Angaben in Prozent [%].
3 Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer | 11
3.1.2 Rauchen
Raucherstatus – Altersvergleich
100
80
Häufigkeit [%]
Rauchen ist in den Industrieländern „der für
Gesundheitsschädigungen bedeutendste Einzelfaktor“ und „die führende Ursache vorzeitiger
Sterblichkeit“ (Schulze & Lampert 2006). Rauchen erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Herzinfarkts und Schlaganfalls, einer Arteriosklerose
und chronischen Bronchitis sowie von bösartigen Neubildungen in Lunge, Mundhöhle, Kehlkopf und Verdauungsorganen. Tabakkonsum ist
nach wie vor in der Bevölkerung stark verbreitet
und verursacht erhebliche gesellschaftliche Folgekosten (Lampert & Burger 2005).
60
40
20
Frauen
In vorliegender Untersuchung wurde der
Raucherstatus (Raucher / Nichtraucher) in
Abhängigkeit von Alter und Geschlecht untersucht und ebenfalls mit bevölkerungsrepräsentativen Umfragen aus Deutschland
verglichen (Mikrozensus 1995; ESS 2003).
0
bis 45 Jahre
ab 45 Jahre
Männer
Altersgruppe
Abb. 3: Aktuelle Raucher bei Lehrerinnen (N = 1752) und Lehrern (N = 404) nach Altersgruppen; Angaben in Prozent [%].
Raucherstatus – Bevölkerungsvergleich
Vergleich zur Allgemeinbevölkerung
In Abbildung 4 sind die Anteile der aktuellen
Raucher unter den Lehrkräften im Vergleich
zur Bevölkerungsstichprobe des ESS 2003
dargestellt (Augustin et al. 2005). Der Anteil
der Raucher bei den Lehrkräften ist erheblich
geringer als in der Gesamtbevölkerung. Das
gilt sowohl für Lehrerinnen als auch Lehrer.
Auch beim Vergleich mit einer BevölkerungsTeilstichprobe (ESS 2003 – Personen mit
gymnasialer Schulbildung) ist der Anteil der
Raucher unter den Lehrkräften geringer. Lehrerinnen und Lehrer rauchen im Berufsgrup-
12 | 3 Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer
100
80
Häufigkeit [%]
Abbildung 3 zeigt einen geringen Alterstrend,
wonach mit steigendem Alter die Zahl der
weiblichen Raucher sinkt (von 17 % auf 10 %,
p < .001). Bei Männern ist dieser Effekt lediglich
tendenziell im Diagramm zu erkennen, statistisch relevant ist er jedoch nicht (p = .374).
Außerdem zeigt sich, dass die Häufigkeit männlicher Raucher ab 45 Jahren höher ist als die
Häufigkeit weiblicher Lehrkräfte (≥ 45 Jahre:
p = .007); dieser Unterschied ist gering und
daher praktisch kaum bedeutsam. In der jüngeren Altersgruppe (< 45 Jahre) sind keine Geschlechtsunterschiede festzustellen (p = .538).
60
40
20
Frauen
0
Männer
Lehrkräfte
(vorliegende
Untersuchung)
Lehrkräfte
(Mikrozensus
1995)
ESS 2003
(Schulbildung:
Gymnasium)
ESS 2003
(gesamt)
Abb. 4: Aktuelle Raucher bei Lehrerinnen (N = 1752) und Lehrern (N = 404) im Vergleich zu Bevölkerungsstichproben des Mikrozensus 1995 und ESS 2003; Angaben in Prozent [%].
Anmerkung: Mikrozensus 1995: Frauen: Lehrerinnen; Männer: Gymnasiallehrer.
penvergleich insgesamt erheblich seltener
(Helmert & Borgert 1998). Die untersuchten
Lehrkräfte sind in ihrem Rauchverhalten mit
der Befragung von Lehrkräften aus dem Mikrozensus (1995) vergleichbar (Abb. 4). Bei der
Beurteilung der Werte bleibt zu beachten, dass
in vorliegender Untersuchung nicht explizit der
Raucherstatus „Gelegenheitsraucher“ erfasst
wurde und sich die Untersuchungen in ihren
Erhebungsverfahren unterscheiden. Das kann
zu Verzerrungen beim Vergleich mit den Bevölkerungsstichproben führen.
3.1.3 Übergewicht und Adipositas
In Abbildung 5 ist die Verteilung des BMI für die
untersuchten Lehrerinnen und Lehrer nach den
Kategorien der WHO (2000) für Normal- und
Übergewicht sowie für Adipositas dargestellt.
Danach sind mehr Lehrerinnen als Lehrer normalgewichtig, d.h. mehr Lehrer haben leichtes
Übergewicht – betreffend aller BMI-Kategorien
haben Lehrer einen höheren BMI als Lehrerinnen
(< 45 Jahre und ≥ 45 Jahre: p < .001). Insgesamt
beträgt der BMI für Männer 26,5 ± 3,5 kg / m2
und für Frauen 25,3 ± 4,7 kg / m2, was aufgrund
der Effektstärke als praktisch bedeutsamer Unterschied anzusehen ist.
100
Übergewicht
Adipositas
60
40
Frauen
0
< 18,5
18,5 – 24,9
25,0 – 29,9 30,0 – 34,9
BMI-Kategorie [kg / m2]
35,0 – 39,9
> 40
Männer
Abb. 5: Body Mass Index [kg / m2] bei Lehrerinnen (N = 1752) und Lehrern (N = 404) nach
WHO-Gewichts-Kategorien (2000).
Übergewicht und Adipositas bei Frauen – Bevölkerungsvergleich
100
80
60
40
20
GSTel 2003
0
Lehrkräfte
30 – 39
40 – 49
50 – 59
30 – 39
Übergewicht
40 – 49
50 – 59
Adipositas
Altersgruppe [Jahre]
Übergewicht und Adipositas bei Männern – Bevölkerungsvergleich
100
80
Häufigkeit [%]
Die Häufigkeit von Übergewicht bei Männern
ist mit der Häufigkeit in der Allgemeinbevölkerung vergleichbar (Abb. 6). Die untersuchten
Lehrerinnen sind seltener von Übergewicht
betroffen als der Frauen-Bevölkerungsschnitt
(Abb. 6).
Normalgewicht
20
Weiterhin steigt der BMI der Lehrkräfte im Alter
von 24,5 zu 26,0 kg / m² an (Frauen: p < .001;
Männer: p = .027) auch dieser Alterseffekt ist
praktisch bedeutsam.
Vergleich zur Allgemeinbevölkerung
Die vorliegenden Daten zu Übergewicht und
Adipositas wurden auch dem bevölkerungsrepräsentativen telefonischen Gesundheitssurvey 2003 (GSTel 2003) gegenübergestellt
und für Lehrerinnen und Lehrer getrennt nach
Altersgruppen ausgewertet. Danach trat bei
Lehrkräften seltener Adipositas auf als im Bevölkerungsschnitt (Abb. 6).
Untergewicht
80
Häufigkeit [%]
Deutlich erhöhtes Übergewicht wird als Adipositas bezeichnet und gilt als behandlungsbedürftige Krankheit. Nach den Richtlinien der
WHO (2000) kann das Körpergewicht als normalgewichtig (BMI: 18,5 – 24,9 kg / m²), übergewichtig (BMI 25,0 – 29,9 kg / m²) und adipös
(BMI ≥ 30 kg / m²) klassifiziert werden.
Body Mass Index (BMI) – Geschlechtervergleich
Häufigkeit [%]
Übergewicht zählt zu den wichtigsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Krankheiten und
erhöht das Risiko für Herzinfarkt und Bluthochdruck, Diabetes mellitus Typ 2 und Krankheiten des Bewegungsapparates. In den letzten
Jahrzehnten hat Übergewicht sowohl weltweit
als auch in Deutschland stark zugenommen
(Benecke & Vogel 2005).
60
40
20
GSTel 2003
0
Lehrkräfte
30 – 39
40 – 49
Übergewicht
50 – 59
30 – 39
Altersgruppe [Jahre]
40 – 49
50 – 59
Adipositas
Abb. 6: Übergewicht und Adipositas bei Lehrerinnen (N = 1752) und Lehrern (N = 404)
im Vergleich zur Bevölkerungsstichprobe des GSTel 2003 nach Altersgruppen;
Angaben in Prozent [%].
3 Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer | 13
3.1.4 Blutdruck
Blutdruck-Klassifikation – Geschlechtervergleich
100
80
Häufigkeit [%]
Hypertonie (Bluthochdruck) ist eine dauerhafte Erhöhung des Blutdrucks in den arteriellen
Gefäßen (arterielle Hypertonie), die ebenfalls zu
Folgekrankheiten wie z.B. Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfall führen kann. Eine Hypertonie verläuft oft symptomlos oder verursacht
nur unspezifische Beschwerden. Hinweisfaktoren
für eine ungünstige Prognose der Hypertonie
sind salz- und fettreiche Ernährung, Übergewicht, (negativer) Stress, Bewegungsmangel, Alkoholkonsum und Rauchen (Janhsen et al. 2008).
60
40
20
Die durchschnittlichen Blutdruckwerte in vorliegender Untersuchung unterscheiden sich
zwischen Lehrerinnen und Lehrern. Sie betragen
bei den Lehrern 141 / 90 mmHg, bei den Lehrerinnen 133 / 86 mmHg. Die männlichen Lehrkräfte
liegen häufiger innerhalb der Kriterien für eine
Hypertonie (Blutdruck ≥ 140 / 90 mmHg) als die
weiblichen Lehrkräfte (< 45 Jahre: p = .004; ≥ 45
Jahre: p < .001) – der Geschlechtsunterschied ist
praktisch bedeutsam (Abb. 7). Insgesamt wurde
Hypertonie bei 60 % aller Lehrkräfte festgestellt,
wobei der Anteil der Hypertoniker im Alter praktisch bedeutsam zunimmt (Frauen und Männer:
p < .001; Abb. 7).
Frauen
0
Männer
normoton
hyperton
Abb. 7: Normale und erhöhte Blutdruckwerte bei Lehrerinnen (N = 1752) und Lehrern
(N = 404) nach Geschlecht; Angaben in Prozent [%].
Hypertone Werte bei Frauen – Bevölkerungsvergleichh
100
80
Häufigkeit [%]
Mehrfach gemessene Blutdruckwerte ab
≥ 140 / 90 mmHg werden als Bluthochdruck
angesehen (DHL 2008; Mansia et al. 2007); ein
einmalig gemessener erhöhter Blutdruck ist
noch keine Hypertonie. Hier besteht zunächst
der Verdacht auf Bluthochdruck, jedoch sollte
der Befund durch weitere Messungen beobachtet und abgeklärt werden. Um die Diagnose zu
stellen, sind wiederholte Blutdruckmessungen
an verschiedenen Tagen und möglichst zu verschiedenen Uhrzeiten notwendig. Erst dann kann
beurteilt werden, ob der Blutdruck tatsächlich
erhöht ist.
60
40
20
BGS 1998
0
30 – 39 Jahre
40 – 49 Jahre
50 – 59 Jahre
Lehrkräfte
Altersgruppe
Hypertone Werte bei Männern – Bevölkerungsvergleich
14 | 3 Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer
100
80
Häufigkeit [%]
Vergleich zur Allgemeinbevölkerung
Um die vorliegenden Lehrerdaten der bevölkerungsrepräsentativen Stichprobe des BGS 1998
(Thefeld 2000) gegenüberstellen zu können,
werden die folgenden Diagramme wiederum
getrennt nach Altersgruppen (30 – 39, 40 – 49,
50 – 59 Jahre) sowie nach Geschlecht abgebildet. Im Vergleich mit Daten aus der Normalbevölkerung zeigen die untersuchten sächsischen
Lehrkräfte häufiger hypertone Blutdruckwerte
(Abb. 8). Vor allem im Vergleich mit der ostdeutschen Bevölkerung – sie liegt mit ihren
Blutdruckwerten noch immer über dem gesamtdeutschen Schnitt (Thamm 1999) – bleiben diese ungünstigen Ergebnisse bestehen.
Bei Lehrerinnen ergibt sich das gleiche Bild wie
bei Lehrern.
60
40
20
BGS 1998
0
30 – 39 Jahre
40 – 49 Jahre
50 – 59 Jahre
Lehrkräfte
Altersgruppe
Abb. 8: Erhöhter Blutdruck bei Lehrerinnen (N= 1752) und Lehrern (N = 404) im Vergleich zur
Bevölkerungsstichprobe des BGS 1998 nach Altersgruppen; Angaben in Prozent [%].
3.1.5 Blutfette
Gesamt-Cholesterin: In beiden Altersgruppen
unterscheiden sich Lehrerinnen und Lehrer
hinsichtlich des Auftretens erhöhter Cholesterin-Werte nicht (Abb. 9; < 45 Jahre: p = .390;
≥ 45 Jahre: p = .142). Jedoch nimmt der Anteil
erhöhter Cholesterin-Werte im Alter zu – sowohl
bei Lehrerinnen als auch bei Lehrern (Abb. 9;
Frauen und Männer: p < .001). Dieser Effekt ist
als stabil und praktisch bedeutsam zu bewerten.
Erhöhtes Gesamt-Cholesterin – Altersvergleich
100
80
Häufigkeit [%]
Im Folgenden werden die Fettstoffwechselparameter Gesamt-Cholesterin, HDL- und
LDL-Cholesterin sowie die Triglyceride nach
Geschlechts- und Altersunterschieden untersucht. Dabei wird das Auftreten von grenzwertigen und risikoreichen Werten verglichen. Der
Vergleich zu einer bevölkerungsrepräsentativen
Stichprobe (BGS 1998) ist nur für Gesamt-Cholesterin- und HDL-Cholesterin möglich.
60
40
20
Frauen
0
Männer
bis 45 Jahre
Altersgruppe
ab 45 Jahre
Abb. 9: Erhöhte Gesamt-Cholesterin-Werte (≥ 5,2 mmol / l / ≥ 200 mg / dl) bei Lehrerinnen
(N = 660) und Lehrern (N = 112) nach Altersgruppen; Angaben in Prozent [%].
Erhöhtes LDL-Cholesterin – Altersvergleich
HDL-Cholesterin: Niedrige und damit risikohaltige HDL-Cholesterin-Werte treten bei
den Lehrkräften zu rund 5 % auf. Diesbezüglich können keine Geschlechts- und keine Altersunterschiede festgestellt werden (Abb. 11;
p = .425 – .739).
Werden die Absolutwerte (mmol / l) betrachtet,
ergeben sich allerdings Geschlechtsunterschiede
(Frauen: < 1,3 mmol / l; Männer: < 1,0 mmol / l),
wonach Frauen signifikant (p < .001) günstigere
Werte als Männer aufweisen. Unterschiede in
den ATP-III-Kategorien ergeben sich durch diese Werte jedoch nicht (s.o.).
Triglyceride: Hinsichtlich erhöhter TriglyceridWerte (≥ 1,6 mmol / l / ≥ 150 mg / dl) kann sowohl von einem Geschlechts- als auch Altersunterschied ausgegangen werden (Abb. 12);
das wird durch die Effektstärke (ES = .32 – .57)
bestätigt. Durchschnittlich 33 % mehr Männer
weisen erhöhte Triglycerid-Werte auf als Frauen (< 45 Jahre und ≥ 45 Jahre: p < .001).
Weiterhin steigt der Anteil erhöhter TriglyceridWerte im Alter um durchschnittlich 17 % an
(Frauen: p < .001; Männer: p = .028).
100
Häufigkeit [%]
80
60
40
20
Frauen
0
Männer
bis 45 Jahre
Altersgruppe
ab 45 Jahre
Abb. 10: Erhöhte LDL-Cholesterin-Werte (≥ 3,3 mmol / l / ≥ 130 mg / dl) bei Lehrerinnen
(N = 660) und Lehrern (N = 112) nach Altersgruppen; Angaben in Prozent [%].
Erniedrigtes HDL-Cholesterin – Altersvergleich
100
80
Häufigkeit [%]
LDL-Cholesterin: In Abbildung 10 ist das Auftreten erhöhter LDL-Cholesterin-Werte dargestellt (≥ 3,3 mmol / l bzw. ≥ 130 mg / dl). Die
durchschnittlichen LDL-Cholesterin-Werte unterscheiden sich zwischen Frauen und Männern
nicht (< 45 Jahre: p = .086; ≥ 45 Jahre: p = .134).
Das Auftreten erhöhter LDL-Cholesterin-Werte
steigt im Alter um durchschnittlich 25 % an
(Frauen: p < .001; Männer: p = .019); dieser
Effekt ist signifikant und praktisch bedeutsam.
60
40
20
Frauen
0
Männer
bis 45 Jahre
ab 45 Jahre
Altersgruppe
Abb. 11: Erniedrigte HDL-Cholesterin-Werte (Frauen: < 1,3 mmol / l / < 50 mg / dl;
Männer: < 1,0 mmol / l / < 40 mg / dl) bei Lehrerinnen (N = 660) und Lehrern
(N = 112) nach Altersgruppen; Angaben in Prozent [%].
3 Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer | 15
Erhöhte Triglyceride – Altersvergleich
100
80
Häufigkeit [%]
Vergleich zur Allgemeinbevölkerung
Gesamt-Cholesterin: Vergleicht man die Gesamt-Cholesterin-Konzentrationen der Lehrer
mit den Daten aus der Bevölkerungsstichprobe
im BGS 1998 (Löwel 2006), so zeigen sich in den
Altersgruppen 30 – 39 Jahre und 40 – 49 Jahre
zwischen den Lehrern und der Vergleichsstichprobe abweichende Werte von rund 11 % (ca.
24 mg / dl; Abb. 13). Damit liegen die Lehrer
dieser Untersuchung (30 – 49 Jahre) unter den
Werten der Vergleichsstichprobe. Ab dem Alter
von 50 Jahren sind übereinstimmende Werte
bei den Männern feststellbar (Abb. 13).
60
40
20
Frauen
0
Die untersuchten Lehrerinnen weisen im Vergleich mit dem Bevölkerungsschnitt ebenfalls
niedrigere Cholesterin-Werte auf (5 % bzw.
12 mg / dl; Abb. 13).
HDL-Cholesterin: Im Vergleich zur Bevölkerungsstichprobe des BGS 1998 (Löwel 2006)
sind für die Lehrkräfte dieser Untersuchung
höhere und damit risikoärmere HDL-Cholesterin-Konzentrationen nachweisbar. Bei den Männern sind es rund 16 % (8 mmol / l; Abb. 14)
und bei den Frauen rund 10 % höhere Werte
(7 mmol / l; Abb. 14).
Männer
bis 45 Jahre
Altersgruppe
ab 45 Jahre
Abb. 12: Erhöhte Triglycerid-Werte (≥ 1,6 mmol / l bzw. ≥ 150 mg / dl) bei Lehrerinnen
(N = 660) und Lehrern (N = 112) nach Altersgruppen; Angaben in Prozent [%].
Gesamt-Cholesterin bei Frauen – Bevölkerungsvergleich
300
Cholesterin [mg / dl]
200
100
BGS 1998
0
30 – 39 Jahre
40 – 49 Jahre
Altersgruppe
50 – 59 Jahre
Lehrkräfte
Gesamt-Cholesterin bei Männern – Bevölkerungsvergleich
300
Cholesterin [mg / dl]
200
100
BGS 1998
0
Lehrkräfte
30 – 39 Jahre
40 – 49 Jahre
Altersgruppe
50 – 59 Jahre
Abb. 13: Gesamt-Cholesterin-Konzentration bei Lehrerinnen (N = 660) und Lehrern (N = 112)
im Vergleich zur Bevölkerungsstichprobe des BGS 1998 (N = 3283) nach Altersgruppen; Mittelwerte [mg / dl].
16 | 3 Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer
HDL-Cholesterin bei Frauen – Bevölkerungsvergleich
HDL-Cholesterin [mg / dl]
100
80
60
40
20
BGS 1998
0
30 – 39 Jahre
40 – 49 Jahre
Altersgruppe
50 – 59 Jahre
Lehrkräfte
HDL-Cholesterin bei Männern – Bevölkerungsvergleich
HDL-Cholesterin [mg / dl]
100
80
60
40
20
BGS 1998
0
30 – 39 Jahre
40 – 49 Jahre
Altersgruppe
50 – 59 Jahre
Lehrkräfte
Abb. 14: HDL-Cholesterin-Konzentration bei Lehrerinnen (N = 660) und Lehrern (N = 112) im
Vergleich zur Bevölkerungsstichprobe des BGS 1998 (N = 3283) nach Altersgruppen;
Mittelwerte [mg / dl].
3.1.6 NHANES-Score und Framingham-Score
Für 1602 Lehrkräfte (74 % der Gesamtstichprobe) konnte dieser Score anhand der genannten Faktoren ermittelt werden. Danach
weisen 53 % der Lehrer ein mehr als 10-prozentiges Risiko auf, innerhalb der nächsten
fünf Jahre eine kardiovaskuläre Erkrankung
zu erleiden.
Frauen haben aufgrund der Gewichtung der
einzelnen Risikofaktoren ein geringeres Risiko
für eine kardiovaskuläre Erkrankung – bei ihnen
betrifft das etwa 30 % mit einem > 10-prozentigen Risiko (p < .001; ES = .49; Abb. 15).
NHANES-Score – Geschlechtervergleich
100
80
Häufigkeit [%]
Der NHANES-Score schätzt anhand von Geschlecht, Diabetes, Rauchen, Alter, BMI und
systolischem Blutdruck das 5-Jahres-Risiko
einer kardiovaskulären Erkrankung (Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, Schlaganfall) (Gaziano
et al. 2008).
60
40
20
Frauen
0
Männer
<5%
5 – 10 %
> 10 – 20 %
> 20 – 30 %
5-Jahres-Risiko einer kardiovaskulären Erkrankung
> 30 %
Abb. 15: NHANES-Score (Gaziano et al. 2008) bei Lehrerinnen (N = 1272) und Lehrern
(N = 330) nach Geschlecht (Wahrscheinlichkeit einer kardiovaskulären Erkrankung innerhalb der nächsten 5 Jahre); Angaben in Prozent [%].
3 Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer | 17
Framingham-Score bei Frauen – Bevölkerungsvergleich
50
Häufigkeit [%]
40
30
20
10
FRAM-Studie
0
Lehrerinnen
30 – 34
35 – 39
40 – 44
45 – 49
50 – 54
Altersgruppe [Jahre]
55 – 59
60 – 64
Framingham-Score bei Männern – Bevölkerungsvergleich
50
40
Häufigkeit [%]
Vergleich zur Allgemeinbevölkerung
Neben dem NHANES-Score dient auch der
Framingham-Score der Einschätzung des
Risikos für eine koronare Herzkrankheit
(10-Jahres-Risiko; Wilson et al. 1998). Da
Blutparameter mit einbezogen werden, kann
dieser Score lediglich für einen kleineren Teil
der Lehrkräfte berechnet werden (N = 651;
30 % der Gesamtstichprobe). Das Risiko wird
einer Vergleichsstichprobe gegenübergestellt.
In Abbildung 16 ist das 10-Jahres-Risiko für
eine koronare Herzkrankheit der untersuchten Lehrkräfte dargestellt. Sowohl die Werte
der Lehrerinnen als auch die der Lehrer liegen tendenziell unter denen der Vergleichsstichprobe (weiße US-Bevölkerung, mittleres
Alter) und weisen somit ein geringeres Risiko
einer koronaren Herzkrankheit innerhalb der
nächsten 10 Jahre auf. Sichtbar wird dieser
Effekt für die Lehrkräfte etwa ab dem 50. Lebensjahr, besonders bei den Lehrerinnen.
30
20
10
FRAM-Studie
0
Lehrer
30 – 34
35 – 39
40 – 44
45 – 49
50 – 54
Altersgruppe [Jahre]
55 – 59
60 – 64
Abb. 16: Framingham-Score (Wilson et al. 1998) bei Lehrerinnen (N = 558) und Lehrern
(N = 93) nach Altersgruppen (Wahrscheinlichkeit einer koronaren Herzerkrankung (CHD) innerhalb der nächsten 10 Jahre); Angaben in Prozent [%].
Anmerkung: Häufigkeitsachse ist zur Ergebnisverdeutlichung auf 50 % skaliert. Unterschiede
wirken größer.
3.1.7 Burnout-Risiko
Im Rahmen dieser Untersuchung wurde
Burnout im Sinne von Maslach & Jackson
(1986) erfasst – als Syndrom aus
❙
❙
❙
emotionaler Erschöpfung,
Zynismus (Depersonalisierung) und
reduzierter Leistungsfähigkeit
(persönliche Erfüllung); (Kap. 3).
Vergleich nach Alter und Geschlecht der
Lehrkräfte
In der Lehrerstichprobe liegen für emotionale
Erschöpfung durchschnittlich 2,1 ± 1,3, für
Zynismus 1,2 ± 1,2 und für Leistungsfähigkeit
5,0 ± 0,8 Punkte vor. Daraus lässt sich keine
auffällig kritische Ausprägung des BurnoutSyndroms ableiten:
Symptome emotionaler Erschöpfung, d.h.
Gefühle der Überforderung und des Ausge18 | 3 Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer
laugtseins treten bei den Lehrkräften im Mittel „selten“ auf. Das gilt auch für Symptome
reduzierter Leistungsfähigkeit (Wahrnehmung,
seinen gestellten Ansprüchen nicht zu genügen und berufliche Anforderungen nicht mehr
erfüllen zu können), die durchschnittlich sogar
„sehr selten“ angegeben werden. Das gilt auch
für die Merkmale des Zynismus, gekennzeichnet durch Gefühle der innerlichen Distanzierung und Gleichgültigkeit gegenüber Schülern,
Eltern oder Kollegen, die im Mittel ebenfalls
„sehr selten“ berichtet werden.
Vergleicht man die Ausprägungen der BurnoutDimensionen für Lehrerinnen und Lehrer, so ergeben sich zwischen beiden Lehrergruppen in den
drei Burnout-Dimensionen keine Geschlechtsunterschiede (Abb. 17; p = .111 – .742). Die BurnoutSymptomatik der untersuchten Lehrkräfte tritt
somit unabhängig vom Geschlecht auf.
Für emotionale Erschöpfung und Zynismus ergibt sich bei Lehrerinnen ein geringer Einfluss
des Lebensalters – die angegebenen Werte
steigen leicht an (r = .17*** und r = .11**), was
auch zu einem geringen Anstieg des BurnoutGesamtscores (Kalimo et al. 2003) führt. Der
Zusammenhang zwischen Burnout-Dimensionen und Alter erscheint sehr gering, insbesondere bei den Lehrern; hier wird die Signifikanzschwelle erst gar nicht erreicht.
Die durchschnittliche Leistungsfähigkeit ist als
hoch einzuschätzen. Eine reduzierte Leistungsfähigkeit wird von älteren Lehrkräften (≥ 45 Jahre)
nicht häufiger berichtet als von jüngeren Lehrkräften (< 45 Jahre: Frauen: p = .845; Männer:
p = .699).
Abbildung 18 veranschaulicht die Häufigkeitsverteilung des nach Kalimo et al. (2003)
Burnout-Dimensionen – Alters- und Geschlechtervergleich
klassifizierten Burnout-Risikos, bei dem die
drei Burnout-Dimensionen zu einem Gesamtscore zusammengesetzt und anschließend kategorisiert werden.
6
Punkte
4
2
Frauen
0
Männer
emotionale
Erschöpfung
Zynismus
bis 45 Jahre
Leistungs- emotionale
fähigkeit Erschöpfung
Zynismus
ab 45 Jahre
Leistungsfähigkeit
Abb. 17: Burnout-Dimensionen (MBI-GS: Schaufeli et al. 1996) bei Lehrerinnen (N = 432)
und Lehrern (N = 66) nach Altersgruppen; Mittelwerte (Wertebereich: 0 = nie bis
6 = täglich).
Burnout-Risiko nach Kalimo et al. (2003) – Alters- und Geschlechtervergleich
100
Häufigkeit [%]
80
Vergleich mit anderen Berufsgruppen
(Stichproben)
Zur Einordnung der dargestellten Ergebnisse wird nachfolgend ein Vergleich mit Lehrkräften anderer Untersuchungen und anderer Berufsgruppen vorgenommen, wobei
aus Vergleichbarkeitsgründen nur weibliche
Stichproben betrachtet werden, bei denen
das Burnout-Risiko anhand des Instruments
MBI-GS (Schaufeli et al. 1996) erfragt wurde.
60
40
20
Frauen
0
Männer
kein
Burnout
einige
BurnoutSymptome
bis 45 Jahre
BurnoutRisiko
kein
Burnout
einige
BurnoutSymptome
ab 45 Jahre
BurnoutRisiko
Abb. 18: Burnout-Klassifikation (Kalimo et al. 2003) bei Lehrerinnen (N = 432) und Lehrern
(N = 66) nach Altersgruppen; Angaben in Prozent [%].
Kategorie „einige Burnout-Symptome" – Berufsgruppenvergleich
100
80
Häufigkeit [%]
Danach liegt bei 3 % aller Lehrkräfte (N = 18
von N = 498) ein ausgeprägtes Burnout-Risiko vor. Einige Burnout-Symptome (ein paar
Mal im Monat) treten bei etwa einem Drittel
der Lehrkräfte auf. Der tendenzielle Altersunterschied ist – wie oben beschrieben – praktisch nicht bedeutsam und Geschlechtsunterschiede bestehen ebenfalls nicht. Mehr als die
Hälfte der Lehrkräfte (60 %) berichten keine
Anzeichen für Burnout.
60
Im Stichproben-Vergleich (Hänsch 2005)
weisen Gymnasiallehrerinnen den höchsten
Anteil von Teilnehmern auf, die einige Burnout-Symptome angeben (58 %; Abb. 19). Die
Grundschullehrerinnen aus den Studien von
Seibt et al. (2009) sowie Ärztinnen aus der
Studie von Hübler et al. (2009) zeigen ähnliche Ausprägungen des Burnout-Scores wie
die Lehrkräfte vorliegender Untersuchung –
rund 40 % berichten einige Burnout-Symptome ein paar Mal im Monat.
Das Kita-Personal (Thinschmidt et al. 2008) und
die Bürofachkräfte (Hänsch 2005) weisen den
günstigsten Gesamtscore auf und geben die
wenigsten Burnout-Symptome im Vergleich
an (13 % und 22 %). Obwohl aus den Untersuchungen zum Burnout-Risiko insgesamt kein
bedenklicher psychischer Gesundheitszustand
abzuleiten ist, zeigen die Daten, dass einzelne
Burnout-Symptome im Arbeitsalltag der Lehrkräfte durchaus von Bedeutung sind.
40
20
0
Lehrerinnen (1)
Lehrerinnen (2)
Lehrerinnen (3) Kita-Personal (4) Bürofachkräfte (2) Ärztinnen (5)
Abb. 19: Kategorie „einige Burnout-Symptome" (ein paar Mal im Monat) bei weiblichen
Stichproben im Berufsgruppenvergleich; Angaben in Prozent [%].
(1) … Lehrerinnen vorliegender Untersuchung
(2) … Hänsch 2005
(3) … Seibt, Spitzer & Scheuch 2009
(4) … Thinschmidt, Gruhne & Hoesl 2008 (Kita = Kindertagesstätten-Personal)
(5) … Hübler, Scheuch, Müller & Kunath 2009
3 Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer | 19
3.1.8 Beschwerden
Als weiterer Gesundheitsaspekt wurden in den
arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen
aktuelle Beschwerden ermittelt, deren Ausprägungen für ausgewählte Beschwerden in
den Abbildungen 20 a / b dargestellt sind.
Nachfolgend werden ausgewählte Beschwerden betrachtet, bei denen Alters- und / oder
Geschlechtseffekte festzustellen waren. Alterseffekte betreffen vor allem Schlafstörungen, Beschwerden des Muskel-SkelettSystems, Schwerhörigkeit und Magen-DarmKrankheiten.
beschreibt gelegentliche bzw. häufige Rückenschmerzen; bei den älteren Lehrkräften
(≥ 45 Jahre) sind es durchschnittlich 64 %. Die
erfragten Rückenschmerzen umfassen auch
Nacken- (39 %), Brustwirbelsäulen- (6 %) sowie Lendenwirbelsäulenschmerzen (39 %). Dabei nehmen Lendenwirbelsäulenschmerzen im
Alter signifikant zu (Frauen: p < .001; ES = .18;
Männer: p = .048; ES = .20), während allgemeine Rückenschmerzen, Nacken- und Brustwirbelbeschwerden bei den Lehrkräften unabhängig vom Alter auftreten.
Geschlechtseffekte sind besonders bei Kopfschmerzen sowie psychischen und psychovegetativen Beschwerden zu beobachten, wobei Lehrerinnen diesbezüglich signifikant und praktisch
bedeutsam häufiger betroffen sind als Lehrer.
Allgemeine Rückenschmerzen sowie Nackenbeschwerden werden von Frauen häufiger angegeben als von Männern (p < .001;
ES = .19 – .42), Brust- und Lendenwirbelsäulenschmerzen werden von beiden Geschlechtern
ähnlich häufig beschrieben. Gelenkschmerzen
werden von älteren Lehrkräften häufiger als
von jüngeren Lehrkräften berichtet (Frauen:
Muskel-Skelett-Beschwerden: Nahezu jeder
zweite der jüngeren Lehrkräfte (< 45 Jahre)
p < .001; ES = .41; Männer: p = .004*; ES = .31).
Geschlechtsunterschiede treten diesbezüglich
nicht auf. Laut BGS beklagen 38 % der deutschen Frauen und 30 % der deutschen Männer im Alter bis 59 Jahren Rückenschmerzen
innerhalb der letzten sieben Tage (Bellach et
al. 2000). Der Begriff „Rückenschmerzen" ist
in dieser Untersuchung weiter gefasst, so
dass auch gelegentliche Schmerzproblematiken statistisch mit in die Daten einfließen.
Psychische und psychovegetative Beschwerden: In vorliegender Untersuchung beklagen
rund 38 % der Frauen und 19 % der Männer
Kopfschmerzen (Spannungskopfschmerz, Migräne). Frauen tendieren eher dazu, über Kopfschmerzen zu berichten als Männer (p < .001;
ES = .29 – .32). Auch Lademann und Kolip
(2005) weisen nach, dass Frauen nach eigenen
Angaben signifikant häufiger von Kopfschmerzen betroffen sind als Männer. Die Daten des
Gesundheitliche Beschwerden bei Frauen – Altersvergleich
Rückenschmerzen
Nackenschmerzen
Allergien
Kopfschmerzen
Lenden-WS-Schmerzen
Hautkrankheiten
Schlafstörungen
Stimmprobleme
Gelenkschmerzen
Magen-Darm-Krankheiten
Angststörungssymptome
Depressionssymptome
Brust-WS-Schmerzen
Schwerhörigkeit
bis 45 Jahre
ab 45 Jahre
0
20
40
60
80
100
Häufigkeit [%]
Abb. 20 a: Gesundheitliche Beschwerden bei Lehrerinnen (N = 1752) nach Altersgruppen – geordnet nach der Altersgruppe bis 45 Jahre.
20 | 3 Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer
Bundes-Gesundheitssurveys zeigen eine 7-Tages-Prävalenz von Kopfschmerzen bei 44 %
der Frauen und 24 % der Männer im Alter von
30 bis 59 Jahren (Lademann & Kolip 2005). Die
beobachteten Häufigkeiten der Lehrkräfte befinden sich somit auf ähnlichem Niveau. Etwa
6% der Männer und 12% der Frauen berichten
außerdem frühere oder aktuelle Depressionssowie Angststörungssymptome.
Im Vergleich zum Bundes-Gesundheitssurvey erscheinen die Zahlen zur Depressionssymptomatik leicht erhöht: 8 % der Frauen und 5 % der Männer im Alter von 18 bis
65 Jahren weisen eine 4-Wochen-Prävalenz
einer affektiven Störung auf (Wittchen et al.
1999). Angststörungssymptome sind im Vergleich zur bundesdeutschen Gesamtbevölkerung leicht erniedrigt: 19 % der Frauen und
9 % der Männer berichten eine 12-MonatsPrävalenz irgendeiner Angststörung (Wittchen & Jacobi 2004). Dazu zählen Agoraphobie, Panikstörungen, spezifische Phobien,
soziale Phobien und generalisierte Angststörungen.
Es ist unbedingt zu beachten, dass die Angststörungs- und Depressionsvariablen in vorliegender Untersuchung nicht mithilfe eines
standardisierten Fragebogens zu psychologisch-diagnostischen Kriterien nach ICD-10
bzw. DSM-IV erfasst wurden, und sie so nur
einzelne Symptome einer Depression oder
Angststörung abbilden.
Die Diagnosestellung ist nur durch eine umfassende Fragenstruktur nach Symptomen,
deren Ausprägung und zeitlichem Auftretensmuster und unter Berücksichtigung von
Ein- und Ausschlusskriterien sowie differenzialdiagnostischen Aspekten möglich (Wittchen & Hoyer 2006).
Schlafstörungen: Schlafstörungen gehören
zu den häufigsten gesundheitlichen Beschwerden in der Bevölkerung. Sie sind nicht nur
durch einen Mangel an Schlaf gekennzeichnet,
sondern der gestörte Schlaf wird heutzutage
durch die fehlende Kontinuität von Schlafzyklen und die Veränderung der relativen Anteile
der verschiedenen Schlafstadien (Non-REM,
REM) charakterisiert. Durch gezielte Befragung
können die Ursachen (Verhaltensweisen, Substanzeinnahme, organische und psychische
Erkrankungen) identifiziert werden. Wenn der
Schlaf gestört ist, schmälert das seine Erholungsfunktion, was Befindensstörungen, Leistungseinschränkungen oder Krankheit zur
Folge haben kann (Penzel 2005; Cukrowisz et
al. 2006). Den meisten Betroffenen kann ohne
apparativen Aufwand effektiv geholfen werden
(Penzel et al. 2005).
In vorliegender Untersuchung wurden die
Schlafstörungen der Lehrkräfte erfragt; die
Ergebnisse in Abbildung 21 dargestellt.
Knapp ein Drittel der Lehrkräfte (33 %) gab
an, gelegentlich unter Schlafstörungen zu leiden. Die Wahrscheinlichkeit für Schlafstörungen erhöht sich bei ihnen mit zunehmendem
Alter bedeutsam (Frauen: p < .001; Männer:
p = .018; ES = .34 – .49). Besonders ältere
Lehrerinnen (≥ 45 Jahre) berichten häufiger
gelegentliche Schlafstörungen als die gleichaltrigen Lehrer (p = .008; ES = .19).
Gesundheitliche Beschwerden bei Männern – Altersvergleich
Rückenschmerzen
Lenden-WS-Schmerzen
Allergien
Gelenkschmerzen
Nackenschmerzen
Kopfschmerzen
Schlafstörungen
Hautkrankheiten
Stimmprobleme
Magen-Darm-Krankheiten
Schwerhörigkeit
Depressionssymptome
Angststörungssymptome
Brust-WS-Schmerzen
bis 45 Jahre
ab 45 Jahre
0
20
40
60
80
100
Häufigkeit [%]
Abb. 20 b: Gesundheitliche Beschwerden bei Lehrern (N = 404) nach Altersgruppen – geordnet nach der Altersgruppe ab 45 Jahre.
3 Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer | 21
So ist erwartungsgemäß ein Zusammenhang
zur Burnout-Symptomatik (r = .27), depressiven
Symptomen (r = .21) sowie zur Angststörungssymptomatik (r = .19) zu erkennen (alle p < .001).
Für Kopfschmerzen (r = .15), Rückenschmerzen
(r = .20) sowie Magen-Darm-Beschwerden
(r = .19) bestehen ebenfalls geringe Zusammenhänge mit Schlafstörungen (alle p < .001).
Schwerhörigkeit und Stimmprobleme:
Schwerhörigkeit beklagen rund 4 % der jüngeren Lehrkräfte (< 45 Jahre), bei älteren
Lehrkräften sind es bereits 11 % bis 16 %. Der
naheliegende Altersunterschied wird auch statistisch bedeutsam (Frauen: p < .001; ES = .27;
Männer: p = .014; ES = .30). Geschlechtsunterschiede gibt es wiederum nicht, sind aber
in Tendenzen zu erkennen. Laut BGS (Streppel
et al. 2006) schätzen etwa 7 % der Frauen und
13 % der Männer im Alter von 50 bis 59 Jahren
ein, schwerhörig zu sein. Dieser Anteil ist mit
den Angaben der Lehrkräfte dieser Untersuchung vergleichbar.
Stimmprobleme: Probleme mit der Stimme
(z.B. Heiserkeit) treten hingegen unabhängig
3.2
Gelegentliche Schlafstörungen – Altersvergleich
100
80
Häufigkeit [%]
Vergleich zur Allgemeinbevölkerung
Schlafstörungen: Bei repräsentativen Umfragen geben laut Robert-Koch-Institut 25 %
der Erwachsenen an, unter Schlafstörungen
zu leiden (Penzel et al. 2005). Der Anteil der
Schlafstörungen ist in unserer Untersuchung
mit 33 % geringfügig höher als in der RobertKoch-Stichprobe. Außerdem zeigen sich signifikante, aber nur geringe Korrelationen zwischen Schlafstörungen und psychologischen
bzw. psychovegetativen Beschwerden.
60
40
20
Frauen
0
Männer
bis 45 Jahre
Altersgruppe
ab 45 Jahre
Abb. 21: Schlafstörungen bei Lehrerinnen (N = 953) und Lehrern (N = 205) im Altersgruppenvergleich; Angaben in Prozent [%].
vom Alter auf. Lehrerinnen (16 %) berichten
aber häufiger von Stimmproblemen als Lehrer
(8 %) – dieser Geschlechtsunterschied wird bei
den älteren Lehrkräften (≥ 45 Jahre) signifikant
(p = .020; ES = .17). Die Stimmschwierigkeiten können bei Lehrkräften im Zusammenhang mit psychischen Problemen stehen
(Bermudez de Alvear 2010). In vorliegender
Untersuchung korrelieren die Stimmprobleme der Lehrkräfte sehr gering (r = .10 – .13;
p < .001 – .009) mit den Burnout-Symptomen
Erschöpfung, Zynismus und reduzierte Leistungsfähigkeit sowie mit Anzeichen der Depressionssymptomatik.
Magen-Darm-Beschwerden: Magen-DarmBeschwerden bzw. -Krankheiten, zu den
Reizmagen, Gastritis, Refluxbeschwerden,
Blähungen, Verstopfungen, sowie chronischentzündliche Darmerkrankungen (Morbus
Crohn und Colitis ulcerosa) zählen, werden in
vorliegender Untersuchung bei 10 % der jüngeren und rund 18 % der älteren Lehrkräfte
festgestellt. Somit bestätigen vorliegende Daten einen leichten Einfluss des Alters (Frauen:
p = .015; ES = .16; Männer: p = .049; ES = .28).
Geschlechtsunterschiede sind für die MagenDarm-Beschwerden nicht festzustellen. Die
Daten des Bundes-Gesundheitssurveys zeigen, dass rund 25 % der Bevölkerung zwischen 30 und 64 Jahren eine 7-Tages-Prävalenz von Schmerzen im Bauch bzw. Magen
aufweisen (Lademann & Kolip 2005). Somit
liegen die Angaben der untersuchten Lehrkräfte etwas unter dem bundesdeutschen
Durchschnitt.
Schulartenvergleich
Im Folgenden sollen die Ausprägungen ausgewählter Gesundheitsparameter für die unterschiedlichen Schularten in Sachsen verglichen
werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die
Geschlechts- und Altersstruktur der Lehrerinnen und Lehrer in den einzelnen Schularten
unterschiedlich ist. Deshalb erfolgt auch eine
umfangreiche statistische Absicherung der
Daten, die in diesem Bericht nicht dargestellt
werden soll. Zudem waren einige Gesund-
22 | 3 Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer
heitsdaten nur für eine Gruppe ausgewählter Lehrerinnen auswertbar. Es wird eine IstStand-Analyse dargestellt, ohne auf Ursachen
einzugehen. Dies ist weiterführender Forschung vorbehalten. In diese Analyse werden
nur solche Parameter einbezogen, bei denen
die Schulart einen möglichen Einfluss auf die
Gesundheit haben könnte. So werden die Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
nicht schulartvergleichend untersucht; denn
für sie besteht zwar ein Zusammenhang zum
Alter und Geschlecht, nicht jedoch zur Schulart. Bei den folgenden Ergebnissen werden
auch ausgewählte Ergebnisse der sogenannten Vitalitätsuntersuchungen (Seibt et al.
2007) aus den unterschiedlichen Schularten
einbezogen (Neustadt et al. 2009). Berufsschulen waren in diese Untersuchungen nur
teilweise einbezogen, so dass dazu nicht ausreichend Daten vorliegen.
3.2.1 Ärztlich diagnostizierte Erkrankungen
Anzahl und Art der ärztlich diagnostizierter Erkrankungen können Hinweise auf gesundheitsbeeinträchtigende Arbeitsbedingungen liefern.
Zunächst sind in Abbildung 22 die ärztlich diagnostizierten Erkrankungen dargestellt.
Bewegungsapparat
Herz-Kreislauf-System
Die Häufigkeit der Diagnosegruppen unterscheidet sich zwischen den verschiedenen
Schularten nicht signifikant voneinander. Die
am häufigsten genannten Erkrankungen betreffen den Bewegungsapparat. Etwa ein Drittel der Lehrerinnen gibt an, in diesem Bereich
eine ärztliche Diagnose vorliegen zu haben.
Die zweithäufigste Diagnosegruppe mit jeweils einem Fünftel Betroffener umfasst das
Herz-Kreislauf-System. Psychische Erkrankungen stehen an 5. Stelle der Angaben, etwa ein
Zehntel der Untersuchten gibt solche Erkrankungen an, wobei dies bei FÖS-Lehrerinnen am
häufigsten vorliegt.
Hormone und Stoffwechsel
Neurologische Erkrankungen
Psychische Erkrankungen
Hauterkrankungen
Magen-Darm-Trakt
Harnwege
GS
Atemwege
MS
GYM
0
20
40
60
80
100
FÖS
Häufigkeiten [%]
Abb. 22: Ärztlich diagnostizierte Erkrankungen (WAI 3: BAuA 2003) der Lehrerinnen im
Schulartvergleich
Anmerkungen: GS: Grundschule; GYM: Gymnasium; MS: Mittelschule; FÖS: Förderschulen
3 Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer | 23
3.2.2 Aktuelle Beschwerden
Die zehn häufigsten Beschwerden sind in Abbildung 23 dargestellt. In Übereinstimmung
mit den ärztlich diagnostizierten Erkrankungen (Abb. 22), bei denen Krankheiten des Bewegungsapparates den größten Anteil ausmachen, werden auch Nacken-, Rücken- und
Kreuzschmerzen von den Lehrerinnen am häufigsten genannt. Weitere wiederholt auftretende Beschwerden sind Erschöpfung / Müdigkeit
(besonders bei Gymnasiallehrerinnen), Vergesslichkeit / Unkonzentriertheit, Schlafstörungen
und Kopfschmerzen.
Nacken-, Rücken-,
Kreuzschmerzen
Erschöpfung, Müdigkeit
Vergesslichkeit,
Unkonzentriertheit
Schlafstörungen
Es ergaben sich jedoch keine statistischen Unterschiede zwischen den Schularten – mit Ausnahme der Mittelschullehrerinnen, die Tränen
und Brennen der Augen weniger häufig berichteten als ihre Kolleginnen aus den anderen
Schularten.
Kopfschmerzen
leichte Erregbarkeit
Tränen, Brennen der Augen
Grübeleien, Zweifel
Kribbeln, Einschlafen
von Händen
GS
MS
Hitzewallungen
GYM
FÖS
0
20
40
60
80
100
Häufigkeiten [%]
Abb. 23: Häufigste aktuelle Beschwerden (BFB: Höck & Hess 1976) der Lehrerinnen im
Schulartvergleich
Anmerkungen: GS: Grundschule; GYM: Gymnasium; MS: Mittelschule; FÖS: Förderschulen
3.2.3 Psychische Gesundheit
Zahlreiche empirische Studien belegen den besonderen Stellenwert der psychischen Gesundheit für Lehrkräfte. In diesem Zusammenhang
scheint es dringend geboten, der psychischen
Gesundheit in diesem Beruf stärkere Aufmerksamkeit zu widmen.
Psychische Gesundheit wird mit dem Fragebogen GHQ-12 (Linden et al. 1996) von den Pädagogen selbst eingeschätzt. Dieser Fragebogen
setzt sich aus 12 Items mit jeweils vierstufigen
Antwortskalen zusammen. Es wird u.a. erfragt,
ob man das Gefühl hat, dauernd unter Druck zu
stehen oder ob aufgrund von Sorgen der Schlaf
beeinträchtigt ist.
24 | 3 Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer
Jedes Item, bei dem die Person ihren Zustand
schlechter als gewöhnlich einschätzt, geht mit
einem Punkt in den anschließend berechneten
GHQ-Summenwert (Wertebereich: 0 – 12) ein.
Anhand aktueller internationaler Ergebnisse
(Üstün & Sartorius 1995) erfolgt die Klassifikation in psychisch stabil und psychisch beeinträchtigt, wobei ab einem Wert ≥ 5 Hinweise
auf eine psychische Beeinträchtigung bestehen
sollen.
Tabelle 4 fasst die Ergebnisse zum psychischen
Befinden für Lehrerinnen von vier Schularten
zusammen. Der durchschnittliche GHQ-Punktwert unterscheidet sich nicht bedeutsam zwi-
schen den Lehrerinnen in den vier Schularten
(Tab. 4). Während Grund-, Mittel- und Förderschullehrerinnen im Mittel einen Punktwert von
2 erreichen, tendiert dieser Wert für Gymnasiallehrerinnen zu 3. Diese Punktwerte geben an,
dass in den letzten 4 Wochen durchschnittlich
2 bzw. 3 der abgefragten Symptome „mehr als
üblich" erlebt wurden. Auch wenn sich der Anteil der als Risikogruppe zu klassifizierenden
Personen nicht signifikant zwischen den Schularten unterscheidet (Personen, die mindestens
5 der Symptome mehr als üblich erleben), ist der
Anteil beeinträchtigter Gymnasiallehrerinnen
mit knapp 25 % höher als in den anderen Schularten (14 – 17 %) und sollte beachtet werden.
Tab. 4: Psychisches Befinden (GHQ-12: Linden et al. 1996) der Lehrerinnen im Schulartvergleich
Psychische Gesundheit
[Wertebereich]
GS
(N = 303)
MS
(N = 198)
GYM
(N = 129)
FÖS
(N = 49)
p-Wert
GHQ-Summenwert [0 – 12]
MW ± SD
2,2 ± 2,7
1,9 ± 2,3
2,8 ± 3,1
1,8 ± 2,2
.042
psychische Beeinträchtigung
(GHQ-Summenwert ≥ 5)
%
17,2
14,6
24,8
14,3
.102
Anmerkungen: GS: Grundschule; MS: Mittelschule; GYM: Gymnasium; FÖS: Förderschule
MW ± SD: Mittelwerte ± Standardabweichungen, Globalvgl.: one-way ANOVA, Häufigkeiten [%]; x²-Test
Signifikanzniveaus (2-seitig): * p < .05 ** p < .01 *** p < .001
3.2.4 Burnout
Burnout-Gesamtscore – Schulartvergleich
In Abbildung 24 ist das Burnout-Risiko für
die Lehrerinnen und Lehrer der verschiedenen
Schularten dargestellt, wobei sich die Ergebnisse nur auf 498 Lehrkräfte beziehen.
Die Betrachtung zur Burnout-Symptomatik offenbart keine praktisch bedeutsamen
Unterschiede zwischen den Schularten; es
wird keine Schwelle für einen kleinen Effekt
(n² = 0,1) erreicht (n² = 0,023). Das heißt,
das Burnout-Risiko ist bei den Lehrkräften
in den untersuchten Schularten vergleichbar.
Mit Ausnahme der Grundschulen treten im
Durchschnitt bei den Lehrkräften mehrfach
im Monat einige Burnout-Symptome (Punktwert ≥ 1,5) auf.
Burnout Gesamtscore
6
4
2
0
Grundschule
Mittelschule
Gymnasium
Förderschule
Berufsschulzentrum
Schulart
Abb. 24: Burnout-Gesamtscore (Kalimo et al. 2003) der Lehrkräfte (N = 498) im Schulartvergleich.
3.2.5 Lebensgewohnheiten
Lebensgewohnheiten können einen Einfluss auf
die Gesundheit ausüben – sowohl eine Wirkung
als Ressource (Sport) als auch als Risikofaktor
(Genussmittelkonsum) ist möglich.
Lehrerinnen unterscheiden sich nicht in ihrem
Tabak- und Alkoholkonsum voneinander. Etwa
70 % der Grund-, Mittel- und Gymnasiallehrerinnen geben an, nicht zu rauchen und nie geraucht
zu haben. Bei den Förderschullehrerinnen trifft
dies auf über 80 % zu. Die Intensität des Rau-
chens unterscheidet sich ebenfalls nicht signifikant zwischen den Schularten, dennoch liegt die
tägliche Zigarettenmenge der Förderschullehrerinnen mit 10 Zigaretten über der der Grund-,
Mittel- und Gymnasiallehrerinnen mit jeweils 7
Stück pro Tag. Unter den Förderschullehrerinnen
scheint es weniger, aber dafür stärkere Raucher
zu geben als unter den Kolleginnen aus anderen
Schularten. Das Alter, in dem mit dem Rauchen
begonnen wurde, liegt durchschnittlich zwischen
20 und 23 Jahren (Tab. 5). Unterschiede in der
sportlichen Aktivität zeigen sich lediglich darin,
dass bei den Förderschullehrerinnen ein größerer
Anteil keinen, aber auch ein größerer Anteil täglich
Sport treibt. In allen vier Schularten sind mehr als
70 % der Lehrerinnen mindestens einmal in der
Woche sportlich aktiv. Die wöchentliche Dauer
der sportlichen Betätigung liegt bei allen Lehrerinnen durchschnittlich zwischen zwei und drei
Stunden. Der Effekt der durchschnittlich etwas
längeren sportlichen Aktivität der Förderschullehrerinnen ist praktisch unbedeutsam.
Tab. 5: Lebensgewohnheiten der Lehrerinnen im Schulartvergleich (Fortsetzung der Tabelle auf Seite 26)
Untersuchtes Merkmal
GS
(N = 303)
MS
(N = 198)
GYM
(N = 129)
FÖS
(N = 49)
p-Wert
13,2
10,2
.760
Rauchverhalten
Raucher
%
13,2
12,6
ehemalige Raucher
%
16,5
16,2
17,8
8,2
Nichtraucher
%
70,3
71,2
69,0
81,6
Zigarettenmenge (nur Raucher)
MW ± SD
6,5 ± 5,3
6,9 ± 5,8
7,2 ± 5,4
10,3 ± 6,7
.571
Raucher seit welchem Lebensjahr
MW ± SD
22,9 ± 7,6
22,1 ± 7,1
22,3 ± 7,3
19,5 ± 5,4
.841
3 Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer | 25
Fortsetzung Tab. 5: Lebensgewohnheiten der Lehrerinnen im Schulartvergleich
Untersuchtes Merkmal
GS
(N = 303)
MS
(N = 198)
GYM
(N = 129)
FÖS
(N = 49)
p-Wert
6,2
12,2
.114
Alkoholkonsum
nie
%
4,6
5,1
gelegentlich
%
93,4
90,4
87,6
83,7
regelmäßig
%
2,0
4,5
6,2
4,1
%
4,3
4,0
7,0
16,3
Sportliche Aktivität
keine
selten
%
23,4
24,4
14,0
6,1
1 x pro Woche
%
32,3
26,3
31,8
22,4
2 – 3 x pro Woche
%
32,3
39,4
42,6
46,9
täglich
%
7,6
6,1
4,7
8,2
Dauer der sportlichen Aktivität
[h / Woche]
MW ± SD
2,5 ± 1,9
2,7 ± 2,2
2,6 ± 1,7
3,1 ± 1,9
.002
.029
Anmerkungen:
GS: Grundschule; MS: Mittelschule; GYM: Gymnasium; FÖS: Förderschule
MW ± SD: Mittelwerte ± Standardabweichungen, Globalvgl.: one-way ANOVA, Häufigkeiten [%]; x²-Test
Signifikanzniveaus (2-seitig): * p < .05 ** p < .01 *** p < .001
3.2.6 Risiken und Ressourcen
In Tabelle 6 sind die Gesundheitsrisiken für die
Lehrerinnen im Schulartvergleich zusammengefasst. Aus dieser Tabelle wird ersichtlich, wel-
che Ressourcen gesundheitsförderlich genutzt
werden könnten. Als wesentliche Ressourcen
sind eine hohe mentale Leistungsfähigkeit,
gute körperliche Fitness und gesundheitsförderliche Lebensgewohnheiten (z.B. sportliche
Aktivität, aktive Freizeitgestaltung) zu nennen.
Tab. 6: Risiken und Ressourcen der Lehrerinnen im Schulartvergleich
Untersuchtes Merkmal
GS
(N = 303)
MS
(N = 198)
GYM
(N = 129)
FÖS
(N = 49)
Arbeitsfähigkeit
x
x
x
x
Verausgabungs-Belohnungs-Verhältnis
+
x
x
+
Diagnostizierte Erkrankungen
-
-
-
-
Beschwerden
-
-
-
-
Psychisches Befinden
x
x
x
x
Burnout
x
x
x
x
Blutdruck
-
-
-
-
Body Mass Index, Taillenumfang (Waist Hip Ratio)
x (+)
x (+)
x (+)
x (+)
Fettstoffwechsel (Gesamt-Cholesterin, LDL- und HDL-Cholesterin, Triglyceride)
x (+)
x (+)
x (+)
x (+)
Fitness Index (PPI)
+
+
+
+
Lebensgewohnheiten (u.a. Sport, Ernährungsverhalten)
+
+
+
+
Mentale Leistungsfähigkeit
+
+
+
+
Arbeitsbezogene Risiken und Ressourcen
Gesundheitsbezogene Risiken und Ressourcen
Anmerkungen:
GS: Grundschule; MS: Mittelschule; GYM: Gymnasium; FÖS: Förderschule
Erklärung zur Ausprägung der Merkmale: – Risikofaktor / + Ressource / x weder Risiko noch Ressource
Die Bewertung der Merkmale orientiert sich an den Vergleichsgruppen (Daten aus der Allgemeinbevölkerung und aus anderen Berufsgruppen).
26 | 3 Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer
3.2.7 Ausfallzeiten
Das Sächsische Staatsministerium für Kultur
und Sport stellte die Daten zu den Ausfallzeiten der Lehrkräfte wegen eigener Krankheit,
Kur oder Rehabilitationsmaßnahmen für 2009
zur Verfügung (Tab. 7). Insgesamt entspricht
der Krankenstand der Lehrkräfte weitgehend
dem in anderen Berufsgruppen. Die höchsten
krankheitsbedingten Ausfallzeiten finden sich
für die allgemein bildenden Förderschulen. Eine
Einordnung der Ausfallzeiten zu anderen Be-
rufsgruppen kann nicht vorgenommen werden.
Diese Daten liegen aktuell nicht vor. Es ist aber
eher anzunehmen, dass sich der Krankenstand
nicht wesentlich vom Durchschnitt anderer Berufsgruppen unterscheidet.
Tab. 7: Ausfallzeiten der Lehrkräfte in Sachsen wegen eigener Krankheit, Kur und Rehabilitationsmaßnahmen nach Arbeitstagen – 2009
Ausfalltage wegen eigener Krankheit
1 bis 3 Tage
4 Tage bis 6 Wochen
> 6 Wochen
Schulart
Ausfalltage je Lehrkraft Ø Krankenstand [%]
Ausfalltage je Lehrkraft Ø Krankenstand [%]
Ausfalltage je Lehrkraft Ø Krankenstand [%]
Grundschule
0,9
0,4
5,8
2,3
3,5
1,4
Mittelschule ¹
1,0
0,4
6,4
2,5
3,9
1,6
Gymnasium ²
1,4
0,5
5,8
2,3
3,1
1,2
allgemein bildende Förderschulen
1,4
0,6
9,4
3,7
5,0
2,0
berufsbildende Schulen
1,3
0,5
8,0
3,2
4,2
1,7
Lehrkräfte – gesamt
1,2
0,5
6,7
2,7
3,8
1,5
Ausfalltage wegen Kur und Rehabilitationsmaßnahmen
Insgesamt
Schulart
Ausfalltage je Lehrkaft
Ø Krankenstand [%]
Ausfalltage je Lehrkraft
Ø Krankenstand [%]
Grundschule
0,8
0,3
11
4,4
Mittelschule ¹
0,6
0,2
12
4,8
Gymnasium ²
0,5
0,2
10,8
4,3
allgemein bildende Förderschulen
0,9
0,4
16,7
6,7
berufsbildende Schulen
0,7
0,3
14,2
5,7
Lehrkräfte – gesamt
0,7
0,3
12,3
4,9
Anmerkungen:
¹ einschl. Abendmittel- und Gemeinschaftsschulen im Sinne eines Schulversuches / ² einschl. Abendgymnasium und Kolleg
Ausfalltage in Prozent = (Ausfalltage pro Beschäftigter * 100) / Anzahl der Arbeitstage; Abweichungen in der Summenbildung sind rundungsbedingt.
Quelle: Meldungen der Sächsischen Bildungsagentur 2010
3.2.8 Dienstunfähigkeit und Abgänge
In der Tabelle 8 a ist die Anzahl der Abgänge
von Lehrkräften wegen Dienstunfähigkeit vor
Erreichen der Altersgrenze aufgeführt; aus Tabelle 8 b wird die Gesamtzahl der Abgänge ersichtlich (Quelle: Auswertungen der amtlichen
Schulstatistiken 2005 / 2006 bis 2009 / 2010
des Statistischen Landesamtes Sachsen 2010).
Die Anzahl der Abgänge wegen Dienstunfähigkeit ist insgesamt im Vergleich zu anderen
Bundesländern gering. Es lässt sich auch kein
Trend in den letzten Jahren ableiten. Die Beurteilung der Dienstunfähigkeitszahlen bedarf
jedoch weiterer einzubeziehender Kriterien, die
für diesen Bericht nicht vorliegen. Letzteres
trifft auch für die Abgänge insgesamt zu. Dabei
ist die Altersstruktur in den einzelnen Schularten von Bedeutung. Auch hier ist kein Entwicklungstrend erkennbar.
Tab. 8 a: Abgänge voll- und teilzeitbeschäftigter Lehrkräfte wegen Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze – 2004 / 2005 bis 2008 / 2009
Anzahl der Abgänge wegen Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze im Schuljahr
Schulart
2004 / 2005
2005 / 2006
2006 / 2007
2007 / 2008
2008 / 2009
Grundschule
12
7
10
13
15
Mittelschule
28
14
8
4
7
Gymnasium
5
7
2
4
2
allgemein bildende Förderschule
2
3
4
10
5
berufsbildende Schulen ¹
3
9
3
4
6
50
40
27
35
35
Anmerkungen:
¹ Berufliche Schulzentren, Landwirtschaftsschulen, Medizinische Berufsfachschulen
Quelle: Auswertungen der amtlichen Schulstatistiken 2005 / 2006 bis 2009 / 2010 des Statistischen Landesamtes Sachsen 2010.
3 Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer | 27
Tab. 8 b: Abgänge voll- und teilzeitbeschäftigter Lehrkräfte insgesamt – 2004 / 2005 bis 2008 / 2009
Anzahl der Abgänge insgesamt² im Schuljahr
Schulart
2004 / 2005
2005 / 2006
2006 / 2007
2007 / 2008
2008 / 2009
Grundschule
436
400
429
408
365
Mittelschule
670
869
671
289
322
Gymnasium
304
259
261
234
191
allgemein bildende Förderschule
160
145
124
130
102
181
155
260
247
319
1751
1828
1745
1308
1299
berufsbildende Schulen ¹
Anmerkungen:
¹ Berufliche Schulzentren, Landwirtschaftsschulen, Medizinische Berufsfachschulen
² Abgangsgründe: Eintritt in den Ruhestand infolge Erreichens bzw. Überschreitens der Altersgrenze, Eintritt in den Ruhestand auf Antrag vor Erreichen der Altersgrenze,
Tod, Übergang zu einer anderen Schulart in Sachsen, Versetzung in den Schuldienst eines anderen Bundeslandes, Aufnahme einer anderen hauptberuflichen Tätigkeit,
Aufnahme einer beruflichen Aus- und Weiterbildung, Kündigung, sonstige Abgänge
Quelle: Auswertungen der amtlichen Schulstatistiken 2005 / 2006 bis 2009 / 2010 des Statistischen Landesamtes Sachsen 2010.
28 | 3 Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer
4
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Ziel dieses Gesundheitsberichtes war es, Daten
zur physischen und psychischen Gesundheit
sächsischer Lehrkräfte auf der Grundlage arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen zu
analysieren, sowie Alters- und Geschlechtsunterschiede (1) und Schulartunterschiede zwischen Grundschulen, Mittelschulen, Gymnasien,
Förderschulen und Berufsschulen (2) herauszuarbeiten. Die Ausprägungen der Gesundheitsparameter wurden mit repräsentativen Bevölkerungsstichproben und Berufsgruppen verglichen und Ergebnissen vergleichbarer Studien
gegenübergestellt. Die Ergebnisse werden im
Folgenden zusammengefasst und bewertet.
Alters- und Geschlechtervergleich
Sportliche Aktivität:
Nach eigenen Aussagen treiben drei Viertel der
untersuchten Lehrkräfte unabhängig von Alter
und Geschlecht „regelmäßig Sport“. Damit liegen sie weit über den bevölkerungsrepräsentativen Angaben von 30 bis 45 % (GSTel 2003), so
dass von aktiver sportlicher Freizeitgestaltung
der Lehrkräfte ausgegangen werden kann.
Rauchen:
10 bis 20 % der sächsischen Lehrkräfte sind
Raucher. Im Alter sinkt der durchschnittliche
Anteil an Rauchern etwas. Insgesamt ist der
Anteil der Raucher bei den Lehrkräften erheblich geringer als in der Gesamtbevölkerung; sie
zeigen demnach auch in Bezug auf das Rauchen
ein günstiges Gesundheitsverhalten.
Übergewicht und Adipositas:
Der durchschnittliche Body Mass Index (BMI)
der Lehrerinnen beträgt 25,3 kg / m2, der von
Lehrern 26,5 kg / m2. Dieser Geschlechtsunterschied ist praktisch bedeutsam. Außerdem steigt
der BMI im Alter bedeutsam an: jüngere Lehrkräfte weisen einen durchschnittlichen BMI von
24,5 kg / m2, ältere Lehrkräfte von 26,0 kg / m2
auf. Im bevölkerungsrepräsentativen Vergleich
(GSTel 2003) weisen Lehrer ähnlich häufig, Lehrerinnen dagegen seltener Übergewicht (BMI
25,0 – 29,9 kg / m²) auf. Der Risikofaktor Adipositas (BMI ≥ 30 kg / m²) ist bei 12 % der Lehrkräfte festzustellen und tritt damit im Vergleich
zum Bevölkerungsschnitt ebenfalls seltener auf.
Bluthochdruck:
Bei 60 % aller Lehrkräfte wurden hypertone
Blutdruckwerte (> 140 / 90 mmHg) festgestellt.
Lehrer liegen mit ihren Blutdruckwerten häufiger innerhalb der Kriterien einer „Hypertonie"
als Lehrerinnen. Auch nimmt erwartungsgemäß
mit zunehmendem Alter die Zahl der „Hypertoniker" zu. Die Blutdruckwerte der sächsischen
Lehrkräfte dieser Untersuchung liegen damit
über dem gesamtdeutschen und ostdeutschen
Bevölkerungsschnitt (BGS 1998: Thamm 1999;
Thefeld 2000). Bluthochdruck ist eine der wenigen „Diagnosen", die bei Lehrerinnen als auch
Lehrern häufiger gestellt wurde als in den Vergleichsgruppen der deutschen Bevölkerung
(BGS 1998: Thamm 1999; Thefeld 2000).
Blutfette
Gesamt-Cholesterin:
Erhöhte Gesamt-Cholesterin-Werte treten mit
zunehmendem Alter häufiger auf, Lehrerinnen
und Lehrer unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Cholesterin-Konzentration im Blut nicht.
Bei den untersuchten Lehrkräften wurden im
Durchschnitt niedrigere Cholesterin-Werte
als im Bevölkerungsschnitt (BGS 1998: Löwel
2006) gemessen (etwa 10 % geringer). Lediglich Lehrer im Alter ab 50 Jahren zeigen vergleichbare Werte.
LDL-Cholesterin:
Erhöhte LDL-Cholesterin-Werte werden bei 40 %
der jüngeren und 70 % der älteren Lehrkräfte
gemessen. Dabei treten keine Geschlechtsunterschiede auf, jedoch ist der Anstieg der
LDL-Cholesterin-Konzentration im Blut im fortschreitenden Alter bedeutsam.
HDL-Cholesterin:
Risikobezogene HDL-Cholesterin-Werte treten lediglich bei 5 % der Lehrkräfte auf. Geschlechts- und Altersunterschiede bestehen
hinsichtlich der ATP-III-Kategorisierung nicht.
Die HDL-Cholesterin-Konzentrationen der Lehrkräfte sind risikoärmer als im bundesdeutschen
Bevölkerungsschnitt (BGS 1998: Löwel 2006).
Triglyceride:
Lehrer zeigen signifikant und praktisch bedeutsam häufiger erhöhte Triglycerid-Werte (Anteil
ist bei Lehrern 33 % höher) als Lehrerinnen.
Auch steigt mit zunehmendem Alter der Anteil
von Lehrkräften mit erhöhten Triglycerid-Werten um 17 % an – dieser Alterseffekt ist ebenfalls praktisch bedeutsam.
NHANES- und Framingham-Score:
Zur Einschätzung des kardiovaskulären Risikos
wurden verschiedene Parameter zu Scores, dem
NHANES- und Framingham-Score, zusammengefasst. Nach dem NHANES-Score (Gaziano
et al. 2008) weisen 53 % der Lehrer ein über
10-prozentiges Risiko auf, innerhalb der nächsten fünf Jahren eine kardiovaskuläre Erkrankung
zu erleiden. Bei Lehrerinnen betrifft das etwa
30 %. Der Geschlechtsunterschied ist bedeutsam.
Der Framingham-Score (Wilson et al. 1998)
konnte aufgrund der Miteinbeziehung von Fettstoffwechselparametern nur bei einem Drittel
der Lehrkräfte berechnet werden, bietet aber eine
Vergleichsmöglichkeit. Demnach ist das Risiko
einer kardiovaskulären Erkrankung bei Lehrkräften geringer als bei den untersuchten Personen
der Framingham-Studie (weiße US-Bevölkerung,
mittleres Alter). Für die sächsischen Lehrkräfte
scheint aufgrund ihres (im Vergleich zu Bevölkerungsstichproben) gesundheitsbewussten Verhaltens (Kriterien u.a. sportliche Aktivitäten,
Raucherstatus, BMI, Blutfette) ein relativ niedriges Herzinfarktrisiko zu bestehen.
Burnout:
In der sächsischen Lehrerstichprobe sind die
Burnout-Dimensionen emotionale Erschöpfung, Zynismus und reduzierte Leistungsfähigkeit durchschnittlich moderat ausgeprägt. Ein
hohes Burnout-Risiko tritt vereinzelt auf (bis zu
5 %), das Erleben einzelner Burnout-Symptome
wird allerdings von 40 % der Lehrkräfte berichtet. Alters- und Geschlechtsunterschiede zeigen
sich nicht. So wird reduzierte Leistungsfähigkeit
von den älteren im Vergleich zu jüngeren Lehrkräften nicht häufiger berichtet. Entgegen der
oft geäußerten Vermutung scheinen BurnoutSymptome demnach nicht in direktem Zusammenhang zum Alter und Geschlecht zu stehen.
Aufgrund der Ausprägungen der Burnout-Symptomatik lässt sich für die untersuchten Lehrkräfte kein erhöhter bedenklicher psychischer
Gesundheitszustand ableiten. Ihr psychischer
Gesundheitszustand ist mit dem anderer Berufsgruppen vergleichbar (Hänsch 2005; Hübler et al.
2009; Seibt et al. 2009; Thinschmidt et al. 2008).
Unabhängig davon ist zu beachten, dass Lehrkräfte im Vergleich zu anderen Berufsgruppen
teilweise risikoreichere Burnout-Werte zeigen.
Mehr als die Hälfte der Lehrkräfte (ca. 60 %)
weisen keine Anzeichen für Burnout auf.
Aktuelle Beschwerden:
Rund ein Drittel der Lehrkräfte gibt an, gelegentlich unter Schlafstörungen zu leiden. Dabei
erhöht sich die Wahrscheinlichkeit mit zunehmendem Alter. Im Vergleich dazu berichten
25 % der bundesdeutschen Bevölkerung (Penzel et al. 2005) gelegentliche Schlafbeschwerden – somit ein ähnlich bedenkliches Niveau. In
dieser Untersuchung ist weiterhin eine enge
Verknüpfung zwischen Schlafbeschwerden
und physischen und psychischen Problemen
festzustellen. Detaillierte Fragestellungen und
eine Fokussierung auf schlafhygienische Aspekte scheinen für zukünftige Untersuchungen daher angemessen.
4 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen | 29
Schwerhörigkeit tritt bei Lehrkräften nicht häufiger auf als im Bevölkerungsvergleich (BGS:
Streppel et al. 2006). Lehrerinnen berichten
darüber hinaus häufiger Stimmprobleme als
Lehr-er. Aufgrund der relativ hohen Prävalenz
von bis zu 16 % sollten Stimmbeschwerden
(auch in Anbetracht des möglichen Zusammenhangs zu psychischen Beschwerden) in
zukünftigen Untersuchungen ausführlich berücksichtigt werden.
Hinsichtlich der Magen-Darm-Beschwerden
bzw. -Krankheiten liegen die untersuchten
Lehrkräfte etwas unter dem bundesdeutschen
Durchschnitt (Lademann & Kolip 2005); 10 %
bis 18 % von ihnen beschreiben gastrointestinale Beschwerden.
Rückenschmerzen treten bei Lehrkräften
ähnlich häufig auf wie im bundesdeutschen
Schnitt – jede zweite Lehrkraft klagt über
gelegentliche aber auch häufige Schmerzen in irgendeiner Rückenregion. Die Zahlen
machen deutlich, in welch großem Umfang
Rückenschmerzen ein Alltagsproblem der
erwachsenen deutschen Bevölkerung und
der Lehrkräfte darstellen (Diemer & Burchert
2002). Einzelne depressive Symptome treten
bei den untersuchten Lehrkräften häufiger
auf als im Bevölkerungsschnitt (Wittchen et
al. 1999); einzelne Angststörungssymptome
hingegen seltener (Wittchen & Jacobi 2004).
Diese Beschwerden sind insbesondere bei
Lehrerinnen von Bedeutung.
Schulartvergleich
Bei den ärztlich diagnostizierten Erkrankungen
der Lehrerinnen gibt es für die einzelnen Diagnosegruppen keine signifikanten Unterschiede
zwischen den verschiedenen Schularten. Am
häufigsten treten Erkrankungen des Bewegungsapparates auf, die zweithäufigste Diagnosegruppe betrifft das Herz-Kreislauf-System.
Bezüglich den aktuellen Beschwerden bestehen
überwiegend keine signifikanten Unterschiede
zwischen den Schularten.
30 | 4 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Hinsichtlich des psychischen Befindens unterscheidet sich der Anteil der Lehrerinnen, die zur
Risikogruppe mit Hinweisen auf eine psychische Beeinträchtigung zählen, nicht signifikant
zwischen den Schularten. Allerdings berichten
Gymnasiallehrerinnen durchschnittlich mehr
psychisch beeinträchtigende Symptome, d.h.
dieser Anteil ist mit knapp 25 % höher als
bei den Lehrerinnen der anderen Schularten
(14 – 17 %). Der Schulartvergleich zum Burnout-Risiko ergibt ebenfalls keine praktisch
bedeutsamen Unterschiede zwischen den
Schularten. Der durchschnittliche BurnoutGesamtscore ist bei den Lehrkräften in den verschiedenen Schularten vergleichbar.
Bestimmte Lebensgewohnheiten können sich
positiv (Ressourcen) oder negativ (Risiken) auf
die Gesundheit auswirken. Die erfassten Gesundheitsrisiken sind Tabak- und Alkoholkonsum. Hierin unterscheiden sich die Lehrerinnen
der verschiedenen Schularten nicht. Förderschullehrerinnen geben häufiger (80 %) an,
nicht zu rauchen und nie geraucht zu haben. Bei
den anderen Schularten beträgt dieser Anteil
70 %. Allerdings werden von Rauchern in den
Förderschulen mehr Zigaretten pro Tag konsumiert. Die Intensität des Rauchens unterscheidet sich aber nicht signifikant zwischen
den verschiedenen Schularten. Mehr als 70 %
der Lehrerkräfte sind mindestens einmal in der
Woche sportlich aktiv, mit einer wöchentlichen Dauer von 2 bis 3 Stunden, wobei es zwischen den Schularten keine Unterschiede gibt.
Die Förderschulen unterscheiden sich dadurch
von den anderen Schularten, dass zum einen
ein größerer Anteil von ihnen keinen, zum anderen aber ein größerer Anteil täglich Sport
treibt. Auch sind die krankheitsbedingten Ausfallzeiten in den Förderschulen am höchsten.
Den sächsischen Lehrkräften ist nach vorliegender Analyse und entsprechenden Vergleichen
mit anderen Stichproben im Durchschnitt ein
guter Gesundheitszustand zu bescheinigen.
Besonders das bewusste Gesundheitsverhalten
(Sport, Nichtraucher, BMI) wird als wichtige
Ressource zur Erhaltung der Gesundheit gesehen. Bluthochdruck ist allerdings häufiger
als in der Vergleichsgruppe anzutreffen. Hier
ist – unabhängig davon, dass es sich um eine
der häufigsten Zivilisationskrankheiten handelt
– der Zusammenhang zu Arbeitsbedingungen
und individuellen Bewältigungsvoraussetzungen zu hinterfragen.
Das Burnout-Risiko der Lehrkräfte ist im Durchschnitt zwar dem unbedenklichen Bereich zuzuordnen, jedoch können sich die deutlichen
Angaben zu einzelnen Burnout-Symptomen
bei den Betroffenen durchaus auf die tägliche
Anforderungsbewältigung der Lehrerarbeit ungünstig auswirken. Der Krankenstand scheint
sich nicht wesentlich vom Durchschnitt anderer Berufsgruppen zu unterscheiden. Er ist aber
in den Förderschulen auffällig.
Dienstunfähigkeit vor Erreichen des Rentenalters ist von der Fallzahl her gering. Ein Trend
lässt sich für die letzten Jahre nicht ableiten.
Die im Rahmen der betriebsärztlichen Betreuung den sächsischen Lehrkräften angebotenen
arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen
ermöglichen eine individuelle Risikoanalyse
und individuumsbezogene Beratung. Damit
kann ein Beitrag zur Erhalt von Gesundheit und
Arbeitsfähigkeit geleistet werden. Zum anderen
erlauben es diese Daten, Aussagen zur gesamten Berufsgruppe vorzunehmen. Es lassen sich
über die Jahre Entwicklungstrends feststellen
und damit gezielt Maßnahmen zur Gesundheitserhaltung und -förderung einleiten.
Wenn sich in einer Schule genügend Lehrerinnen und Lehrer an den Vorsorgeuntersuchungen beteiligen, kann auch eine schulbezogene Analyse des Gesundheitszustandes im
Vergleich mit allen Lehrkräften und in Abhängigkeit der jeweiligen Schulart vorgenommen
werden. Das ermöglicht, Probleme und Gefährdungen zu erkennen, zu hinterfragen und
Maßnahmen zu ergreifen.
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