hautnah - Der Outdoor Guide

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hautnah - Der Outdoor Guide
hautnah
Vo m S e g e l b o o t zu m S k i g i p f e l
Ein Traum zwischen
Text und Fotos: Iris Kürschner
A n N o r w e g e n s d r a m a t i s c h e r Küste
e r g i e s s t si c h d a s H o c h g e b i r g e direkt
i ns Wa s s e r. Wa s l i e g t d a näher,
a l s v o m S e g e l b o o t a u s i n d e n Ski­
to ur e n- Fr ühli n g h i n a u f z u m a r s c hieren,
um da n n d u r c h b u t t e r w e i c h en Firn
de m M e e r e n t g e g e n z u f l i egen…
So ist das immer, wenn eine ungewöhnliche Reise bevorsteht: Man macht sich unglaublich viele Gedanken.
Vor allem dann, wenn man das Land zum ersten Mal
bereist. Mit dem Segelboot auf Skitouren-Safari im Land
der Fjorde – da geht die Phantasie doch mit jedem durch.
Norwegen: kalt, stürmisch, rau, ein Klischee jagt das andere. Mit welcher Gruppe werde ich auf engstem Raum
ein Segelboot teilen müssen? Werde ich die ewig langen
Aufstiege vom Meer zum Gipfel schaffen? Und die Nächte
in schaukelndem Wellengang überleben, zumal ich doch
überhaupt nicht seetauglich bin?
Da s Bo o t a us d e n Tr ä u m e n
Dann macht man sich auf den Weg und ist vom ersten
Eindruck überwältigt: Weiss glitzerndes, endloses Gipfelmeer, durchfurcht von tiefblauen Meeresarmen. Die Luft
ist glasklar, gaukelt Nähe vor, während ich, wohlumsorgt
von «Braathens», doch noch tausende von Höhenmetern
darüber im bequemen Sessel sitze. Das kleine Flugzeug
zieht hinunter, saust über den Romsdalsfjord und landet in
Molde, der Rosenstadt, wie die westnorwegische Provinz-
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Himmel und Meer
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5 Segel hissen: Los geht die Fahrt mit der Framstig in den nächsten Fjord.
hauptstadt wegen des milden Klimas gern genannt wird.
Nach dem Transfer zum Hafen erlebe ich die erste Überraschung: Das Boot ist meinen Kindheitsträumen entwendet:
ein Zwei-Master, 18 Meter lang, 1914 erbaut, später originalgetreu renoviert, alles in Holz – das wird für eine Woche
mein Zuhause sein. «Framstig» heisst die hübsche Lady,
was übersetzt «immer einen Schritt voraus» bedeutet.
Andreas Fux, Schweizer Bergführer, Skipper und Organisator, stellt mir die Mannschaft vor. Werni steht schon
am Kai und hält geduldig die Angelrute ins Wasser.
Der junge Outdoor-Händler ist Wiederholungstäter, genauso wie Tiziano, ein Architekt aus Zürich. Deren Freund
Mac, von all der Schwärmerei angesteckt, ist diesmal mitgekommen. Kommt noch Werner hinzu, ein vitaler Pensionär. Svein steckt mit einem breiten Grinsen den Kopf
aus der Kombüse. Dem lebenslustigen Norweger gehört
nicht nur das Boot, er ist dazu ein hervorragender Koch.
Das demonstriert er uns gleich zur Begrüssung mit einer
Portion frischer Muscheln in umwerfender Rahmsauce, die
restlos mit dampfendem Knoblauchbrot ausgetunkt wird.
Es gibt kein besseres Mittel als einen solchen kulinarischen
Genuss, um sich sogleich heimisch zu fühlen! Strahlende
Schneeberge in Zahnpastaweiss bäumen sich – zum Greifen nahe – direkt aus dem Wasser auf und lassen eine krib-
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belige Spannung aufkommen: Es warten atemberaubende
Tage auf uns.
Wir legen ab, steuern direkt hinein in die Bilderbuch-Szenerie der Romsdalsalpen, hinaus auf den breiten Molde­
fjord. Wind kommt auf, und die Augen der «Jungs» glitzern, denn das bedeute: Segel hissen. Schweres Segeltuch
wird aus den Leinen gelöst, an den Masten hochgezogen, und bald gleitet die «Framstig» dahin, stolz wie zu
Wikingerzeiten. Unsere erste Station ist Vestnes, an der
Mündung in den Tresfjord.
Nebel, dick wie Hafers uppe
Am nächsten Morgen macht sich erst mal Ernüchterung
breit, denn das Wetter präsentiert sich grau und verhangen. Just als wir den Aufstieg in Angriff nehmen, beginnt
es zu regnen. In Norwegen gewinnt man rasch an Höhenmetern, und so wehen uns bald harte Schneeböen entgegen. Wer Bart trägt und Haare zeigt, sieht nun aus wie ein
Weihnachtsmann. Unser Ziel ist der Sandtinden und sein
Nachbargipfel, der Sprovstinden. Doch es könnte auch irgendein anderer Gipfel sein, denn um uns herum ist der
Nebel so dick wie Hafersuppe. Um 11 Uhr zeige sich die
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5 Ohne Schweiss kein Preis: Aufstieg zum Sandtinen.
Sonne, meint Andreas verschmitzt. Sein Optimismus steckt
an und scheint den Nebel tatsächlich wegzublasen. Mehr
und mehr Sichtlöcher entstehen, die geisterhaft während
Sekunden einen Blick auf die Fjord- und Gipfelwelt Preis
geben. Schliesslich lichtet sich der Nebel vollständig, und
wir werden für den steilen Aufstieg belohnt mit einem
atemberaubenden Rundblick über bizarre Gneisspitzen, in
die das Meer wie Krakenarme eingreift.
Meine Sorgen über Bruchharsch sind vergessen, als es an
die Abfahrt geht. Eine butterweiche Firnschicht auf hartem
Grund verspricht Skirausch vom Feinsten. Nur die unters­
ten Höhenmeter erfordern einiges Geschick, denn da gilt
es ein Birkenwäldchen in stockendem Nassschnee zu bewältigen. Edler Skistil bleibt da meist auf der Strecke, dafür
packen mich immer wieder Lachattacken über mich und
andere ungewöhnliche Figuren.
Bereits am frühen Nachmittag sind wir zurück auf dem
Boot. Und so wird es in den nächsten Tagen auch bleiben:
Der Vormittag ist dank der besseren Schneeverhältnisse den Touren gewidmet, der Nachmittag der Musse und
Entspannung. Denn Letzteres kommt doch immer zu kurz
bei den Hüttentouren in den Alpen: Überfüllte Massenlager, militärische Disziplin, fehlende Privatsphäre und
Büchsenkost machen den Alltag dort nicht eben gemütlich. Ganz anders auf dem Schiff: Wer schlafen oder allein
sein will, der verkriecht sich in seine heimelige Koje und
zieht die niedlichen Vorhänge zu. Ein Nickerchen lässt sich
aber auch gut auf bequemen Kissen an Deck machen, wo
die warme Frühlingssonne auf den Bauch scheint. Aber
auch sonst gibt es viele Möglichkeiten, sich die Zeit zu
vertreiben: Lesen, Fischen oder Spazieren zur hübschen
Dorfkirche – das einmalige Landschaftsbild und die beruhigende Wirkung des Wassers tun ihr übriges, um Stress
und Alltag schnell abzulegen.
Ex otische Skipper-Anekdoten
Auch die kulinarischen Genüsse tragen zu einer entspannten Atmosphäre bei: Wer könnte schon skandinavischem
Lachs mit dickem Sauerrahm, Pellkartoffeln und Salat
widerstehen? Die Abende sind ohnehin immer unterhaltsam. Neben unseren eigenen versorgt uns vor allem
Svein mit ganz besonderen Geschichten. Der Abenteurer
hat da einiges auf Lager, ist er doch mit seiner «Framstig»
einst um die Welt gesegelt: Portugal, Madeira, Karibik, Sri
Lanka, Indonesien – da haben sich viele lustige und spannende Anekdoten angesammelt. Auch ein Buch ist so ent-
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standen, das er uns voller Stolz zeigt. Ganz besonders hat
es ihm Papua-Neuguinea angetan. Bizarre Masken, Pfeile
und vergilbte Fotos aus diesem exotischen Land schmücken denn auch den Aufenthaltsraum.
Jeden Tag wird ein anderer Fjord angesteuert, der wieder
gänzlich andere, grandiose Perspektiven eröffnet. Nach
einem deftigen Frühstück geht es beim ersten Sonnenschein hinauf in die Berge. Andreas hat die besten Ski­
gipfel ausgekundschaftet. Bereits seit 14 Jahren steht Norwegen auf seinem Tourenprogramm und so kennt er jeden
Winkel. Seit 2004 ist er zudem nicht mehr «nur» Bergführer, sondern auch noch Skipper mit «Internationalem
Hochseeschein». Das anfänglich schlechte Wetter ist makellos-blauem Himmel und sommerlichen Temperaturen
gewichen. Das setzt natürlich auch dem Schnee zu und
so müssen wir morgens früh aufbrechen. Mit dem Jeep
überwinden wir die erste schneelose Hürde, dringen ein
in das romantische Tal von Mandalen, bis die Strasse nicht
mehr weiter geht. Felle an die langen Bretter und hinein in
die Einsamkeit: Nur an Wochenenden lassen sich, wenn
überhaupt, vereinzelte Tourengänger blicken. Wir passie-
ren eine Almsiedlung voller bunter Grassodenhütten, suchen uns einen Weg durch wettergegerbten Birkenwald
und ziehen dann in weiten Schlaufen die Ostflanke hoch
auf den Ospetinden. Neugierige Schneehühner beobachten munter unser Tun.
Kurz unterhalb des Gipfels legen wir das Skidepot an und
gelangen über einen schmalen Grat zum höchsten Punkt.
Der Atem stockt ob der Ausgesetztheit: Stürmischer Wind
rüttelt an der Balance und verkürzt die Gipfelrast. Die
Augen können sich nur schwer trennen von der Pracht
der Fjordlandschaft, die uns zu Füssen liegt. Es folgt eine
rauschende Firnabfahrt, die direkt in den relaxten Teil des
Tages mündet: Dank der Wärme ist sogar ein Sprung ins
erfrischende Salzwasser möglich.
Pilotwale und die Kunst des Angeln s
Unser Boot dümpelt inzwischen im Innfjord, einem Seitenarm des breiten Romsdalsfjord. Über dem winzigen Dörfchen Hjellen türmen sich atemberaubende Steilflanken im
6 Die Mühe hat sich gelohnt: Abfahrt vom Blanebba ins steile Nordcouloir.
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55 Relaxen am Nachmittag: Angeln, Gitarre spielen, lesen…
5 … der Fang landet dann im Kochtopf…
54 …und wird abends in der Kajüte mit Wein heruntergespült.
mich wohlig in der warmen Nachmittagssonne und gönne meinen Muskeln schlaffe Momente. Trotz der täglichen
drei- bis vierstündigen Aufstiege hat der Muskelkater so
gar keine Chance.
44 Fjordspotting einmal anders: die Bucht von Andalsnes.
Halbrund. Eine davon gehört dem Skjervan, der uns eine
Abfahrt beschert, als würde man direkt ins Meer schwingen. Stunden später: Lautlos gleitet eine Möwe dicht über
die glatte Wasserfläche, lässt sich sanft darauf nieder und
wippt vergnügt im Spiegelbild der verschneiten Bergriesen.Verträumt blinzle ich in die friedvolle Umgebung, räkle
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Eine Wasserbewegung zwingt mich ganz plötzlich zum jähen Aufsitzen: Eine Schwimmflosse zeigt sich, noch eine,
da eine Schwanzflosse, schwarz glänzend. «Pilotwale!»,
ruft Svein. Wie der Blitz fahren alle hoch aus ihrer relaxten
Lage und starren gebannt aufs Wasser. Pilotwale tummeln
sich gerne hier. Sie sind rund fünf Meter lang. «Also nichts
zum Angeln», grinst Svein und schielt zu Werni. Den hat
schon wieder das Fieber gepackt, er steht mit der Angelrute da und wirft die Leine aus. Seit Tagen versucht er sich in
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der Kunst des Fischfangs, lässt unermüdlich das regenbogenfarbige Plastikfischchen als Köder durchs Wasser hüpfen und hat damit tatsächlich auch Erfolg. Zwei Seelachse
sind heute schon im Wasserkübel gelandet. Das reicht für
eine köstliche Fischsuppe als abendliches Hors d’oeuvre –
und so schenkt Werner dem dritten Fisch einfach wieder
die Freiheit.
P o s a une nk l ä n g e m i t B a c a l a o
Andalsnes, ein verschlafenes Provinzstädtchen am Isfjord,
ist Ausgangspunkt zur Besteigung imposanter Skigipfel
rund ums Venjedal. Beim Aufstieg imponieren die wilden
Zacken des Venjetind, mit 1852 Metern der höchste Gipfel der Romsdalsalpen. Über die Nordflanke erklimmen
wir den benachbarten Blanebba. Abrupt stürzen seine
Südwestflanken in das schon frühlingshaft grüne Romsdal. Jenseits präsentiert sich die Trollvegen in ihrer ganzen
Wucht. Diese höchste senkrechte Felswand Europas fordert «Cracks» mit der längsten Kletterroute heraus. Ihr
lotrechter Teil ist ein Kilometer lang und weist einen Überhang von 50 Metern auf.
Es ist ungewöhnlich heiss, und so finden wir nur noch im
steilen Nordcouloir den erhofften Firn. Die restliche Abfahrt ist anstrengende Beinarbeit durch Nassschnee. Wer
nicht aufpasst, liegt schnell im Schnee. Doch der bereits
schon legendäre Nachmittag bietet genug Zeit, um unsere
«Wehwehchen» zu pflegen und mit einem kühlen Bierchen die trockene Kehle zu erfrischen. Mac hat derweil die
6 Kapitän auf Skis: Svein vor der Felswand der Trollwegen.
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Schiffsgitarre entdeckt und spielt herzhaften Blues, während Tiziano auf einem zusammengerollten Tau als Sessel
seine Maniküre absolviert und ich meine Blasen von der
Meeresbrise kühlen lasse. Und Werni? Der angelt – was
denn sonst?
Ohrenbetäubender Lärm lässt uns zusammenzucken.
Svein hat seine Posaune hervorgeholt, um das Abend­essen
einzuläuten. Aus der Suppenschüssel dampft Bacalao – ein
Fischeintopf, aus Portugal abgeschaut, verführt diesmal den
Gaumen. Und die Einheimischen trinken dazu den gleichnamigen Schnaps, ein kräftiges Destillat aus der Kartoffel.
Da verhallt der von Svein eingeführte, norwegische Trinkspruch erst zu später Stunde: «Sa hever vi, sa senker vi,
sa skaler vi for hverandre». Zu deutsch: So heben wir das
Glas, so senken wir das Glas, so prosten wir uns zu!
Keine Frage: An das Leben auf dem Schiff könnte man
sich gewöhnen…
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