Frühes Fremdsprachenlernen – ja oder nein?
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Frühes Fremdsprachenlernen – ja oder nein?
Frühes Fremdsprachenlernen – ja oder nein? Ivica Lenčová V príspevku sa zaoberáme tematikou skorej výučby cudzích jazykov. V centre pozornosti sú vybrané aspekty predškolskej výchovy v kontexte jazykovej politiky, výskumu mozgu a vývinových zákonitostí dieťaťa predškolského veku. Our presentation deals with teaching of foreign languages to children at an earlier age. The principal focus is on selected aspects of pre-school education in the context of language policy, brain research in preschool age children. Doc. PhDr. Ivica Lenčová, PhD. Katedra germanistiky FHV Univerzity Mateja Bela v Banskej Bystrici Tajovského 40 SK – 974 01 Banská Bystrica Einführung Die derzeitige Diskussion um die Frühvermittlung von Fremdsprachen in der Slowakei wirkt im Hinblick auf Zielsetzung, didaktische Erfordernisse, Leistungsfähigkeit der verschiedenen Konzeptionen und die lernpsychologischen Voraussetzungen der Kinder oft diffus. Die Zielsetzung bleibt unzureichend, wenn so getan wird, als ginge es nur darum, das erreichbare Niveau für die erste Fremdsprache, in der Regel Englisch, zu steigern. Die Entwicklung Europas erfordert die Beherrschung von mindestens 3 Sprachen auf einem funktional angemessenen Niveau im Sinne der 3-Sprachenformel. Die Mehrsprachigkeit der europäischen Bürger, nämlich dass sie neben ihrer Muttersprache mindestens zwei Fremdsprachen beherrschen, gehört zu den Zielen der Sprachenpolitik der Europäischen Union. In den letzten Jahrzehnten wird immer intensiver über Vor- und Nachteile des frühen Fremdsprachenunterrichts, über geeignete Methoden, bzw. Unterrichtsmaterialien und Medien diskutiert. Eine stärkere Fokussierung auf das kleine Kind und seinen Fremdsprachenerwerb hängt zweifellos mit der dynamischen Entwicklung der Neurowissenschaften, der Psychologie und der humanistischen pädagogischen Richtungen zusammen. Die europäische Sprachenpolitik und der Fremdsprachenfrüherwerb Der Fremdsprachen-Frühbeginn hat sich in den letzten 20 Jahren (seit dem Fall des Eisernen Vorhangs) von einer politischen Wunschvorstellung zu einem gut etablierten Unterrichtsfach entwickelt. Immer stärker wird gewünscht, dass bereits im Kindergarten eine Fremdsprache regulär angeboten wird – sowohl vonseiten der supranationalen Institutionen wie der Europäischen Kommission als auch von den Eltern (Edelenbos/Kubanek, 2009, 7). Die Schlüsseldokumente des Europäischen Rates und der Europäischen Kommission betonen die Notwendigkeit der Mehrsprachigkeit als Weg zur Koexistenz und der Zusammenarbeit der Nationen in der Europäischen Union. Die Mehrsprachigkeit soll zur wichtigen Devise für Europa und die gemeinsame Verpflichtung werden. Das Sprachenlernen und die Sprachenvielfalt können wesentlich dazu beitragen, den kulturellen Reichtum in seiner Unterschiedlichkeit und Verschiedenheit als Ausdruck der mit Grenzüberschreitungen verbundenen Autonomien und Besonderheiten des multilingualen Europas zu fördern und zu entwickeln. Mehrsprachige Kommunikationsfähigkeit ist Voraussetzung für interkulturelle Kommunikation und bildet so eine wichtige Basis für ein friedliches dynamisches Zusammenleben. Auf die Bedeutung des Fremdsprachenfrüherwerbs wurde von der Europäischen Kommission in ihren Mitteilungen hingewiesen.1 Die Staats- und Regierungschefs der EU forderten im März 2002 in Barcelona das Erlernen von mindestens zwei Fremdsprachen ab der frühen Kindheit. Diese Vorgabe bedeutet, dass die kleinen Kinder bereits im Vorschulalter mit Mehrsprachigkeit vertraut gemacht werden sollten. Auf ihrer Entdeckungsreise werden die Kleinen für andere Kulturen sensibilisiert. Damit werden Grundlagen für die Entwicklung der Ambiguitätstoleranz geschaffen, die die unproblematische grenzüberschreitende Kommunikation fördert.2 Im Jahre 2003 veröffentlichte die Europäische Kommission den Aktionsplan zur Förderung des Sprachlernens und der Sprachenvielfalt.(http://ec.europa.eu/education/languages/eulanguage-policy/doc112_sk.htm, 22. 1. 2011) In diesem Dokument wurde der Mehrsprachigkeit und der Förderung der sprachlichen Vielfalt ein hoher Stellenwert eingeräumt. Der EU-Bürger soll neben seiner Muttersprache zwei weitere Sprachen sprechen. Durch den Früherwerb einer oder mehrerer Sprachen werden die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse vermittelt, um mit anderen zu kommunizieren und sie besser zu verstehen. Der Aktionsplan definiert drei Förderbereiche, in denen verschiedene Initiativen (Studien, transnationale Projekte, Maßnahmen zur Begünstigung des Informationstransfers und austausches etc.) durch erkenntnisfördernde Maßnahmen der Europäischen Union finanziert werden. Im November 2005 hat EU-Kommissar Ján Figeľ 3 eine neue Rahmenstrategie für Mehrsprachigkeit veröffentlicht. Zum ersten Mal befasste sich eine Mitteilung der Kommission mit diesem Politikbereich (http://ec.europa.eu/education/languages/archive/doc/com596_de.pdf, 22. 1. 2011). In diesem offiziellen Dokument wurden drei vorrangige Ziele formuliert: die Förderung des Sprachenlernens und der Sprachenvielfalt, die Förderung einer multilingualen Wirtschaft und der erleichterte Zugang der Bürger zu Informationen über die EU in ihrer eigenen Sprache. Der Fremdsprachenfrüherwerb wurde als ein wichtiges Aufgabengebiet bezeichnet. Die EUMitgliedstaaten wurden ersucht, ihre derzeitigen Vorgaben und Rahmenbedingungen für den Frühbeginn zu überprüfen (im Sinne von best practice-Beispielen aus ganz Europa). Der Kindergarten als erste Bildungseinrichtung sollte dabei eine wichtige Rolle spielen. Ob er seinen Bildungsauftrag beim Erlernen einer Fremdsprache erfüllt, hängt von mehreren Faktoren ab. Vor allem sind dies die folgenden: Ausbildung der ErzieherInnen, Angemessenheit des Unterrichtsmaterials, kleinere Klassenzahl, das im Curriculum involvierte Fremdsprachenlernen. Im Zusammenhang mit dem Obengenannten tauchen mehrere Fragen auf: • Müsste die existierende Ausbildung nicht umgestaltet werden und eine gezielte Fortbildung von ErzieherInnen eingeführt werden? • Welche Themenschwerpunkte sollten nach welchen Kriterien ausgewählt werden, welche Ziele und Methoden sollten eingesetzt werden? 1 Näheres dazu http://ec.europa.eu/education/languages/eu-language-policy/index_de.htm 2 Unter der Ambiguitätstoleranz verstehen wir die Fähigkeit, andere oft kulturell bedingte Sichtweisen und Widersprüche zu akzeptieren und zu tolerieren, diese positiv zu bewerten ohne sich unwohl zu fühlen und aggressiv zu reagieren. 3 Damals EU-Kommissar für Allgemeine und Berufliche Bildung, Kultur und Multilingualismus. Inwieweit sollten die Eltern in den Prozess des Fremdsprachenlernens ihrer Kinder einbezogen werden? • Sind den Lehrkräften im Kindergarten verschiedene interkulturelle Konzepte beim Fremdsprachenlernen bekannt? Diese und weitere Fragen werden auf verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen immer wieder diskutiert. Der Fremdsprachenfrüherwerb hat zweifellos viele Vorteile, die durch die aktuellsten Gehirnforschungen belegt wurden und mit den Charakteristiken des jeweiligen Alters in der Entwicklungspsychologie und nicht zuletzt mit dem politischen Willen und der starken Förderung von und Forderung nach besten Bildungschancen für kleine Kinder, die man als gute Sprachenlerner bezeichnet, verbunden sind (Edelenbos/Kubanek 2009, 15-21). • Bedingungen für den Fremdsprachenfrüherwerb Das frühzeitige Heranführen des Kindes an andere Sprachen hat positive Auswirkungen auf seine ganzheitliche Entwicklung. Es lernt „Fremdsprachen meist schneller, entwickelt bessere sprachliche Fähigkeiten in der Muttersprache und wird auch in anderen Lernbereichen bessere Leistungen erzielen” (http://ec.europa.eu/education/languages/languagelearning/index_de.htm , 22. 1. 2011). Der frühe Fremdsprachen-Einstieg kann nur unter bestimmten Bedingungen erfolgreich sein. Wir sind überzeugt, dass nur eine radikal reformierte Ausbildung der künftigen Lehrkräfte in den Kindergärten und die Fortbildung der Lehrkräfte aus der Praxis zur Erweiterung und Vertiefung ihrer pädagogischen Kompetenzen als Voraussetzung eines guten Unterrichtens führen kann. Methoden und Arbeitformen müssen altersgemäß sein und auf die Kinder darf kein Leistungsdruck ausgeübt werden. Laut Klippel (2003, 245) werden vier Ziele für den Fremdsprachenfrüherwerb unterschieden: 1. Grundlagen für den Erwerb einer hohen Kompetenz in der Fremdsprache – dies muss ohne Leistungsdruck ausgeübt werden; 2. Lernmotivation für das Sprachenlernen – Kinder sind aufnahmefähig, haben eine natürliche Lernmotivation und Neugier; 3. Lerntechniken und –strategien anbieten, damit die Kinder möglichst früh ein breites Angebot bekommen und selbst erfahren und eine Auswahl derjenigen Techniken und Strategien treffen können, die ihnen das Lernen erleichtern und auch Spaß machen; 4. Begegnungen mit (englischsprachigen bzw.) anderssprachigen Kulturen, die themenorientiert ausgewählt und altersgemäß präsentiert werden. Wichtige Bedingungen dabei sind Personalisierung und klare, in kleine Schritte strukturierte Inhalte. Die oben genannten Bedingungen setzten eine curriculare Transformation der ursprünglichen Lehrpläne voraus, die mit dem derzeit aktuellen Bildungsauftrag des Kindergartens zusammenhängt. Das Angebot an Fremdsprachen sollte nicht nur auf den Englischunterricht fokussieren, sondern auch an andere Fremdsprachen, die wert sind, gepflegt zu werden, beachten (vgl. Klippel 2003, 244-246). Regionale Besonderheiten bzw. unterschiedliche kulturelle Hintergründe und Lerntraditionen können das Erlernen einer Fremdsprache im Kindergarten gewissermaßen modifizieren und die Auswahl von Methoden und Arbeitsformen beeinflussen. Hilfsreich wäre es, unter den Eltern und den PädagoInnen im Kindergarten eine Umfrage durchzuführen, um ihre Meinung über Fremdsprachen im Kindergarten (Vor- und Nachteile) mit ihren Begründungen zu erfahren. Weiters ob in ihrem Kindergarten eine Fremdsprache angeboten wird, und wenn nicht, ob Interesse daran bestehen würde. Außerdem wäre die Frage zu stellen, wie die Fremdsprache bei den Kindern ankommt. Gehirnforschung und Fremdsprachenunterricht Untersuchungsergebnisse zum Fremdsprachenlernen besagen, dass Fremdsprachenlernen im Kindergarten kein vorgezogenes Schulfach ist und den Eltern keinen Aufschluss über die Begabung ihrer Kinder gibt. Es geht darum, dem natürlichen Potential des Kindes durch das Erlernen einer Fremdsprache freien Lauf zu lassen. Für die Kinder ist es relevant, am Lernen Spaß zu haben. Begegnungen mit der Fremdsprache sollen für sie ein Erlebnis sein, weder Leistungsdruck noch Kontrolle sollen dabei eine Rolle spielen. Erfolge beim Lernen machen den Kindern Mut, mit dieser Sprache umzugehen, bzw. erleichtern ihnen den schulischen Start in die gelernte oder eine andere Fremdsprache. Die Fremdsprache wird ihnen nicht durch Grammatikübungen und Wortübersetzungen erklärt, sondern sie wird im Alltag gesprochen und gelebt und gewinnt somit an Bedeutung. Das Vorschulalter ist der Zeitraum, in dem Kinder besonders empfänglich dafür sind, sich neues Wissen anzueignen. Bis zum siebten Lebensjahr nehmen sie Wissen völlig unbewusst auf und genauso, wie sie die eigene Muttersprache lernen, können die Kinder auch ohne besondere Anstrengungen Fremdsprachenkenntnisse erwerben. Die Ergebnisse zahlreicher Studien (Aamond/Wang 2010, Allen/Marotz 2002, Apeltauer 2006, Bredenkamp 1998, Reich 2005) bestätigen, dass sich eine solche Phase des unbewussten Nachahmens in der späteren Entwicklung des Kindes nicht wiederholt. Dies betrifft auch die Fremdsprache, die die Kinder auf natürliche Art und Weise lernen. Sie sind in der Lage, fremde Laute zu imitieren und wiederzugeben. Das Imitieren macht ihnen Spaß, mühelos können sie das Gehörte lauttreu nachahmen. Je älter die Kinder sind, desto schwieriger fällt es ihnen, lauttreu nachzuahmen und akzentfrei zu sprechen. Die Erkenntnisse der modernen Gehirnforschung werden zunehmend herangezogen, um Lernprozesse im Zusammenhang von Spracherwerb- und Sprachförderung besser zu verstehen. Nach neusten Ergebnissen in den Neurowissenschaften gilt es als erwiesen, dass sich die für das Erlernen einer Fremdsprache verantwortlichen Strukturen des Gehirns besonders schnell bis zum siebten Lebensjahr entwickeln (vgl. Reich 2005, Lojová 2005/2006). Das Sprachzentrum ist in diesem Alter noch nicht abschließend ausgereift und die Kinder können grammatische Strukturen wie in ihrer Muttersprache erlernen. Beim Erstsprachenerwerb wird in einer Region des Gehirns die neuronale Vernetzung herausgebildet und wenn ein Kind mit dem Erlernen einer weiteren Sprache im Vorschulalter beginnt, werden diese Sprachen im Rahmen derselben neuronalen Vernetzung verarbeitet. Nach den Erkenntnissen der Neurolinguistik aktivieren frühe Zweisprachige, also Kinder, die vor dem 4. Lebensjahr mit der zweiten Sprache in Kontakt traten, beim freien Sprechen identische Subareale innerhalb des Broca-Zentrums (vgl. Lachout 2011, Anstatt 2006). Dadurch werden Grundlagen für das leichtere Erlernen weiterer Sprachen bzw. die Vertiefung dieser Sprache in der Schule gelegt. Es werden Hemmschwellen für das Fremdsprachenlernen abgebaut, die Kinder verlieren ihre Berührungsängste in Begegnungen mit Menschen, die eine andere Sprache sprechen, problemlos knüpfen sie Kontakte mit Anderssprachigen. Die Sprache hilft ihnen dabei, neue Lebenswelten zu entdecken, andere Kulturen furchtlos wahrzunehmen und zu akzeptieren. Wenn sich ein Mensch eine zweite Sprache (die Fremdsprache) erst nach dem 10. Lebensjahr aneignet, aktiviert er unterschiedliche Subareale des Broca-Zentrums, d. h. weitere Sprachen im späteren Alter werden mit mehreren neuronalen Vernetzungen verarbeitet. Die Altersgrenze zwischen Frühlernern und Spätlernern (verschiedene Netzwerke für unterschiedliche Sprachen) liegt etwa bei drei Jahren, wobei diese Grenze allerdings auf Vermutungen beruht. Es gibt Hinweise, dass es auch sechs Jahre sein könnten (Anstatt 2007). Hirnforscher weisen darauf hin, dass die Reifung des Neuronennetzes in zwei Stufen verläuft, wobei der Schaltplan der Nervenvernetzung schon während der Kindheit erstellt wird. Damit wird entschieden, welche Neuronen sich untereinander verbinden. Für unser geistiges Potential sind diese Vernetzungsmöglichkeiten von großer Bedeutung und können nur durch Anregungen und Förderung in der frühen Kindheit optimal hergestellt werden. In der Pubertät ist das Netz aufgebaut und beim Lernen kann man die bereits vorhandenen Synapsen4 stärken oder schwächen, neue werden nur selten hergestellt. Aus diesem Grund wird von Hirnforscher empfohlen (Anstatt 2007, S. 55), Synapsen möglichst früh und vielseitig anzuregen – im Kindergarten müssen Sprachen, Musik, Naturwissenschaften ihren Platz finden. Das Vorschulalter bedeutet eine besonders sensible Phase5 für den Fremdsprachenerwerb. Neuere Forschungen haben ergeben (Aamond/Wang 2010, Apeltauer 2006, Spitzer 2002, Reich 2005), dass sich beim späteren Lernen einer zweiten Sprache in Teilen ein neues neuronales Netzwerk in den Sprachzentren des Gehirns entwickelt. Dies trifft etwa beim Fremdsprachenunterricht in der Schule zu oder wenn ein Mensch als älteres Schulkind oder später in ein anderes Land mit einer anderen Sprache umsiedelt. Übrigens, wer in früher Kindheit zweisprachig aufgewachsen ist, also nur ein neuronales Netz aufgebaut hat für zwei Sprachen, nutzt dieses Netz auch für den Erwerb einer dritten oder vierten Sprache - das heißt, er erlernt weitere Sprachen ähnlich einfach und intuitiv wie seine beiden Erstsprachen6. Das erklärt auch, warum es Sprachvirtuosen gibt, die vier, fünf oder mehr Sprachen problemlos beherrschen. Folgerungen für den Fremdsprachenfrüherwerb Aus den bisherigen Überlegungen zu den Ergebnissen der Gehirnforschung über das Lernen und den Spracherwerb lassen sich einige wichtige Grundsätze für die pädagogische Arbeit ableiten. Für den Fremdsprachenfrüherwerb ist es sehr wichtig, dass Kinder viele sprachliche Impulse bekommen, nur so können die notwendigen neuronalen Netze entstehen. Durch Sprachinput werden sie Wortschatz, Aussprache und Grammatik intuitiv nachahmen. Wenn die sensible Phase für den Spracherwerb ungenutzt bleibt, wird das Erlernen viel mühevoller. Neurobiologische Prozesse werden von Emotionen beeinflusst, deshalb ist es besser, wenn das Lernen mit Gefühlen verbunden ist und spielerische Aktivitäten eingesetzt werden (Hockicková/Chebenová/Žilová 2008, Lenčová 2006). Untersuchungen weisen nach, dass eine lange rezeptive Spracherfahrung der Sprachproduktion vorangeht, deshalb muss der Lehrer das natürliche Tempo des Kindes berücksichtigen und respektieren. Wichtige Faktoren als Voraussetzung für den Fremdsprachenfrüherwerb Erfolg oder Misserfolg beim Erlernen einer Sprache im Vorschulalter hängen von einer Reihe von Faktoren ab. Entscheidend dabei sind sprachlernpsychologische Fähigkeiten der Kinder, wie oben behandelt wurden. 4 Der Begriff Synapse wurde 1897 von Sherrington eingeführt: Synapsen sind die Verbindungsstelle zwischen 2 Nervenzellen, Nervenzellen und Muskelzellen oder Nervenzellen und Sinnenszellen. http://www.neuro24.de/synapse.htm 5 Die Begriffe "sensible Phase" und "Zeitfenster" des Spracherwerbs beschreiben beide einen begrenzten Zeitraum im Leben eines jeden Menschen, innerhalb dessen Erfahrungen mit der menschlichen Sprache maximale positive (oder negative) Auswirkungen haben, d.h. innerhalb der sensiblen Phase funktioniert der Spracherwerb um einiges leichter und schneller als außerhalb. http://www.kindergartenpaedagogik.de/1201.html 6 Näheres dazu: Lachout 2011 Zum anderen müssen Gesetzmäßigkeiten der Entwicklungspsychologie berücksichtigt werden: kleine Kinder lernen gerne auf spielerischer Weise. Im Vorschulalter wird eine Sprache spontan und unbewusst angeeignet. Die Kinder empfangen sprachliche Impulse in enger Verbindung mit Bewegung, mit verschiedenen motorischen Aktivitäten (Tanzen, Turnen). Ihre Reaktionen sind locker, im Vergleich mit älteren Kindern verspüren sie keine Angst oder Hemmungen. Hier geht es um keinen Leistungsdruck, keine Noten bzw. Formen der Bestrafung oder des Tadelns. In diesem Sinne handelt es sich um kein richtiges Lernen im Sinne eines Schulfachs. Zu den beliebtesten Aktivitäten der Kinder gehören Spiele (Hockicková/Harťanská 2010). Man kann am Spiel teilnehmen, ohne sich durch die unbekannte Sprache gestört zu fühlen. Die Kinder sind sehr gute Beobachter, die bereit sind nachzuahmen, sich der Situation anzupassen und sich im Notfall nonverbal auszudrücken. Kleine Kinder imitieren gern. Sie sind fähig, wenn etwas interessant ist für sie, konzentriert und aufmerksam zuzuhören und danach nicht nur Aussprache, sondern auch Tempo, Akzent, Intonation bzw. Bewegungen ganz getreu nachzuahmen. Verglichen mit den älteren Kindern nähert sich ihre Aussprache der Aussprache von Native-speakern an (Apeltauer 2006) Durch das Imitieren als eines der wichtigen Prinzipien wird der Hörsinn gefördert und die richtige Aussprache geübt. Im Wesentlichen haben kleine Kinder mehr Zeit als ältere Kinder oder Erwachsene. Sie lernen durch Handeln und Spielen, eignen sich nicht nur isolierte Wörter, sondern ganze Satzkonstruktionen an. Besonders beliebt sind unter kleinen Kindern narrative Texte, Geschichten und Märchen, die sie worttreu mit allen begleitenden Phänomenen nacherzählen können. Lojová (2005/2006) spricht in diesem Zusammenhang über die Anfangsphase im Fremdsprachenlernen, die man als Schweigephase bezeichnen kann. Die Kinder nehmen viele Informationen wahr ohne selbst sprachlich tätig zu sein. Gerade in dieser Phase können narrative Texte sehr behilflich sein. Die einzelnen Wörter und Sätze werden durch Bilder zur jeweiligen Geschichte assoziiert, das Auditive bringt die Situation, den Kontext näher. Langsam fangen die Kinder an, einfachere Wortverbindungen zu memorieren. Es kann öfters passieren, dass sie die Bedeutungen gar nicht verstehen. Trotzdem sind sie sehr gute Zuhörer, die erzählende Texte sehr lebendig begleiten – Bewegungen, Gesten, Mimik verraten, dass sie in das Geschehen eingebunden sind, wenn sie auch nur wenig verstehen. Später erinnern sie sich an die jeweiligen Wörter und Sätze und fangen an, Inhalte zu verstehen. Narrative Texte sind für sie motivierend und machen Spaß, wecken das Interesse, sich weiter mit ihnen zu beschäftigen. Die Vorstellungskraft der Kinder wird gefördert, sie nehmen an Geschichten teil, identifizieren sich mit den Gestalten und versuchen, das Gehörte oder Bilder als Illustrationen zu den Geschichten wiederzugeben. Sie mögen es sehr, Geschichten wiederholt zu hören. Durch die mehrmalige Wiederholung können sie sich bestimmte Bestandteile des jeweiligen Textes besser aneignen (in vielen erzählenden Formen sind natürliche Wiederholungen schon beinhaltet). Parallel dazu werden das Hörverstehen und die Aufmerksamkeit gefördert. Der frühe Fremdsprachenerwerb hat einen beträchtlichen Einfluss auf die ganzheitliche Entwicklung des Kindes. Durch das Sprachenlernen werden solche Einstellungen wie Toleranz und Akzeptanz gefördert, Offenheit und Empathie den anderen Sprachen gegenüber geformt und entwickelt. Fazit Vieles von dem, was zum Fremdsprachenfrüherwerb gesagt wurde, ist sicherlich schon bekannt. Die moderne Gehirnforschung zeigt aber, warum das so ist. Sie verhilft zu einem vertieften Verständnis des Fremdsprachenlernens. Dadurch kann die pädagogische Arbeit fruchtbar beeinflusst werden. Sprachen sind eine Bereicherung für alle Menschen, egal wie alt sie sind oder aus welchen Gründen sie eine andere Sprache lernen möchten. Denn Fremdsprachenkenntnisse helfen dabei, persönliche wie nationale Grenzen zu überwinden. Sie erleichtern die Verständigung in Europa, fördern die Zusammenarbeit und die Mobilität der Menschen. Die Mehrsprachigkeit als ein natürliches Phänomen dieser Zeit spricht für eine zweite Sprache im Kindergarten, denn fast zwei Drittel der Weltbevölkerung wachsen zwei- oder mehrsprachig auf. Literatur AAMODT, Sandra /WANG, Samuel: Welcome to your Brain. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 2010. ALLEN, K. Eileen / MAROTZ, Lyn: Přehled vývoje dítěte od prenatálního období do 8 let. Praha: Portál, 2002. ANSTATT, Tanja: Mehrsprachigkeit bei Kindern und Erwachsenen. Tübingen: Attempto Verlag, 2007. APELTAUER, Ernst: Grundlagen des Erst- und Fremdsprachenerwerbs. Berlin: Langenscheidt, 2006. BREDENKAMP, JÜRGEN: Lernen, Erinnern, Vergessen. München: Verlag C.H.Beck, 1998. EDELENBOS, Peter /KUBANEK, Angelika: Gute Praxis im Fremdsprachen-Frühbeginn. Braunschweig: Westermann, 2009. 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