Tracht im Blick – die Oberpfalz packt aus
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Tracht im Blick – die Oberpfalz packt aus
06 Nr. 57 | 28. Juni 2016 Museen in Neumarkt Was das Blech hergibt Abgefahrene Kunst von Stefan Rohrer im Museum Lothar Fischer gen anregen und setzt sich in seinem Oeuvre mit Zeit und Bewegung auseinander. Auch wenn seine witzigen, verspielt-frech daherkommenden Kunstobjekte dies zunächst nicht offen legen, sind sie immer auch Platzhalter für Gefahr, Reiselust, Sehnsucht und Flucht. Intuitiv erinnern einige Werke Stefan Rohrers an die raumgreifenden, abstrakt aufgefassten Objekte der Münchner Künstlergruppe GEFLECHT (19661968), der auch Lothar Fischer kurzzeitig angehörte. Parallel zur Ausstellung Stefan Rohrer – LotharFischer-Preis 2015 wird im Obergeschoss des Museums ein GEFLECHT-Raum gezeigt. Pia Dornacher Termine Museum Lothar Fischer Stadtmuseum Blick in die Ausstellung Stefan Rohrer, 2016 Foto: Marcus Rebmann Er zerlegt die Ikonen unserer Konsumgesellschaft so dynamisch wie humorvoll: Stefan Rohrer wickelt Vespa-Roller auf und formt Autokarosserien zu Blumen und anderem um. 2015 ging der LotharFischer-Preis an den Bildhauer aus Stuttgart, noch bis zum 30. Oktober stellt das Museum Lothar Fischer in Neumarkt seine – buchstäblich – abgefahrenen Werke aus. Stefan Rohrer, geboren 1968 in Göppingen, studierte von 1999 bis 2004 bei Werner Pokorny und Micha Ullman an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart. Seither widmet sich der Künstler sowohl einer Ikone unserer Konsumgesellschaft, dem Auto, als auch dem Kultobjekt Vespa. Der Motorroller vermittelt nicht nur ein Lebensgefühl, sondern ist das einzige wahre italienische Volksgefährt. Aber auch das Auto ist nach über 125 Jahren Geschichte alles andere als ein gewöhnlicher Alltagsgegenstand. Vielmehr ist es ein moderner Mythos, für manche gar ein Fetisch. Begriffe wie Freiheit, Unabhängigkeit und Mobilität bleiben trotz Umweltschäden, Verkehrsinfarkt und Unfallstatistiken untrennbar mit ihm verbunden. Aus Autokarosserien, Vespateilen und Modellautos formt Rohrer unverwechselbare Skulpturen. Er zerlegt sie in ihre Einzelteile, um sie anschließend in anderer Form wieder auferstehen zu lassen. Mit größtem handwerklichen Geschick streckt, dehnt, verjüngt und verformt er sein ungewöhnliches Material zu dynamischen Gebilden, die elegant geschwungen in den Raum ausgreifen, gleichsam abheben und aus der Bahn geraten: Hier schnellt ein Opel Kadett durch den Raum, dort vollzieht ein Motorroller kunstvolle Salti. Rohrers spannungsreiche Skulpturen machen Geschwindigkeit anschaulich, frieren sie regelrecht ein. Die hochglanzpolierten Objekte thematisieren aber auch die Schattenseite des Geschwindigkeitsrauschs – den Unfall. Dies belegt sein Digitaldruck Aus der Serie Parabolika, der den Aufprall eines Autos darstellt. Rohrer selbst lässt sich bei seinen Werken durch Carrera-Bahnen und Spielzeugautos aus Kinderta- Rundgang und Gespräch Stefan Rohrer und Pia Dornacher, Museumsleitung, führen gemeinsam durch die Ausstellung. Do 30. 6. 2016, 19 Uhr Vortrag Rückspiegel – Das Automobil in der zeitgenössischen Kunst Sebastian Steinhäußer, Kunsthistoriker, Bad Homburg Do 22. 9. 2016, 19 Uhr Erwin-Wurm-Filmabend Erwin Wurm – Der Künstler, der die Welt verschluckt, Film von Laurin Merz, © Real-Fiktion-Filmverleih, 2014 (52 min.) Do 13. 10. 2016, 19 Uhr Führung für Gehörlose So 23. 10. 2016, 14 Uhr Finissageführung mit Stefan Rohrer So 30. 10. 2016, 15 Uhr Öffentliche Führungen durch die Ausstellung und das Museum im Juni und Juli sonntags 15 Uhr, am 1. Sonntag im Monat nur um 11.15 Uhr, parallel dazu eine Kinderführung. Tracht im Blick – die Oberpfalz packt aus Für alle an Trachten Interessierten ist nun Eile geboten, denn die Ausstellung Heimat auf der Haut. Tracht in der Oberpfalz im Historischen Museum in Regensburg läuft nur noch bis zum 10. Juli. Foto: Stadt Regensburg, Peter Ferstl „Die Oberpfalz packt aus“: Was sich beinahe anhört wie eine Zeile aus einem Kriminalroman, erweist sich bei genauerer Betrachtung als ein nicht weniger spannendes Gemeinschaftsprojekt von neun Oberpfälzer Museen zu Trachten unter der Ägide der Bezirksheimatpflege. Der Neumarkter Beitrag s' GWandel: Trachten einst und heute ist bis zum 25. September im Stadtmuseum zu sehen – und schließt die Bestandsaufnahme ab. Trachten können nun an allen Schauplätzen inspiziert werden. Gibt oder gab es jemals eine spezifisch oberpfälzische Tracht oder gar regionale Besonderheiten? Wo und seit wann sind Indizien dafür nachweisbar? Wer trug oder trägt was zu welchen Gelegenheiten? Die museale Spurensuche beschränkte sich keineswegs nur auf Zeugnisse aus der Vergangenheit, sondern erfasste auch die aktuelle Trachtenmode bis hin zu Befragungen von Dirndlund Lederhosen-tragenden Dultbesuchern von heute. Bereits im März begann im Oberpfälzer Freilandmuseum Neusath-Perschen mit Dirndl, Gwand und Heimatkleid der Ausstellungsreigen, zu dem die einzelnen Häuser Sachdienliches aus ihren ansonsten wohlverwahrten Textilbeständen ins Licht der Öffentlichkeit rücken. Neben den fragilen textilen Kostbarkeiten, von denen – wie in der umfangreichen Sammlung des Historischen Museums Regensburg – einige sogar aus dem 18. Jahrhundert stammen, enthüllen Zeichnungen und Fotografien, wie diese einst vermutlich getragen wurden. Detaillierte Informationen ermöglichen vor allem die Einzelaspekten gewidmeten Ausstellungen verschiedener Häuser: Das Stadtmuseum Nittenau konzentriert sich auf Kopfbedeckungen, in Weiden werden Accessoires unter die Lupe genommen und in Schwandorf sieht man heute, was früher vor neugierigen Blicken tunlichst verborgen blieb: die Unterwäsche. Mit detektivischem Spürsinn wurde – wie etwa im Wallfahrtsmuseum Neukirchen b. Hl. Blut – auch nach Personen gefahndet, die im Wesentlichen für das Bild verantwortlich zeichnen, das wir heute von einer Oberpfälzer Tracht haben. Wie wandlungsfähig Trachten letztlich aber doch sind, zeigt ein Blick auf die Ausstellung im Neumarkter Stadtmuseum, in der sowohl Festtagsgewänder aus der Zeit um 1860 vorgestellt werden, als auch der damals mit Einführung der Konfektionsware beginnende Umbruch im Kleidungsverhalten. Einen tiefen Ein- und Überblick bietet zusätzlich der 288 Seiten umfassende Begleitband zum Kooperationsprojekt, der für eifrige Besucher aller Einzelausstellungen auch zur Belohnung ausgesetzt wird. Petra Henseler s' GWandel: Trachten einst und heute bis 25. 9. 2016, im Stadtmuseum Neumarkt Dirndl, Gwand und Heimatkleid bis 30. 10. 2016, im Oberpfälzer Freilandmuseum Neusath-Perschen Trachtenzubehör aus der Oberpfalz und dem Egerland bis 25. 8. 2016, im Stadtmuseum Weiden Tracht betrachtet: Waldschmidt, Oskar von Zaborsky und der Ostmark-Onkel bis 3. 10. 2016, im Wallfahrtsmuseum Neukirchen b. Hl. Blut: Heimat auf der Haut. Tracht in der Oberpfalz noch bis 10. 7. 2016, im Historischen Museum Regensburg Unten drunter geblickt auf Wäsche und Strümpfe ... bis 11. 9. 2016, im Stadtmuseum Schwandorf Alles reine Kopfsache!? bis 2. 10. 2016, im Stadtmuseum Nittenau Der Blick auf die Tracht – Kleidung als Zeichen bis 21. 8. 2016, im Oberpfälzer Volkskundemuseum Burglengenfeld Oh Kirwa lou net nou – Kirchweih und Tracht in und um Sulzbach-Rosenberg bis 18. 9. 2016, im Stadtmuseum Sulzbach-Rosenberg