Interview Frühchentag Dr Muchow2

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Interview Frühchentag Dr Muchow2
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Friederike Buettner
Durchwahl: 05221/94-1429
E-Mail: [email protected]
Datum: 22.11.2013
Gute Chancen bei Frühgeburt am Klinikum Herford
Welt-Frühgeborenen-Tag am 17.11.2013
Eine normale Schwangerschaft dauert 40 Wochen. Jedes Neugeborene, das vor der 37.
Schwangerschaftswoche geboren wird ist laut Definition eine Frühgeburt. In Deutschland werden
jährlich 760.000 Kinder geboren, davon sind ca. 8-10% Frühgeborene. Im europäischen Vergleich hat
Deutschland damit eine etwas höhere Frühgeburtenrate. Auf der Frühgeborenen Station der Kinderund Jugendklinik des Klinikum Herford, einem zertifizierten Perinatalzentrum der höchsten
Versorgungsstufe 1, werden rund 40 Frühchen mit einem Gewicht von weniger als 1500g pro Jahr
behandelt.
In einem Gespräch auf der Frühgeborenen-Station K3 beantwortet zum „Welt-Frühgeborenen-Tag“
Chefarzt der Kinder- und Jugendklinik, Dr. med. Rolf Muchow, die wichtigsten Fragen über Chancen
und Risiken bei Frühgeburten.
Buettner: Wie hoch sind die Chancen einer Frühgeburt?
Muchow: Laut Statistik sind circa 1% der Kinder, die in Deutschland geboren werden, extrem kleine
Frühgeborene mit einem Gewicht unter 1500g; das sind bei 760.000 Geburten ca. 8000 in
Deutschland. Hier im Perinatalzentrum kümmern sich speziell qualifizierte Ärzte, Neonatologen und
spezialisierte Gynäkologen um Schwangere, bei denen eine Frühgeburt droht oder bei der es zum
Gebusrtstermin Probleme zu geben scheint. Die Schwestern auf der Frühgeborenen Intensivstation
„Station K3“ sind ebenfalls speziell für die Versorgung zu früh geborener Kinder qualifiziert. Durch die
Anwesenheit von Neonatologen, die in Perinatalzentren Tag und Nacht vor Ort sein müssen, hat sich
die Überlebenschance bei Frühgeborenen heutzutage deutlich verbessert. Heute kann man sagen,
Klinikum Herford
-Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR)Hausanschrift: Schwarzenmoorstr. 70
32049 Herford
Tel.: 05221/94-0
Fax: 05221/94-2649
Internet:
www.klinikum-herford.de
Vorsitzende des Verwaltungsrates:
Landrat Christian Manz
Vorstand:
Dipl.-Kfm. Martin Eversmeyer
Bankverbindung:
Sparkasse Herford (BLZ 494 501 20) Kto.-Nr. 3 798
IBAN: DE97 4945 0120 0000 0037 98
SWIFT-BIC.: WLAHDE44XXX
dass ein Frühgeborenes der 28. Schwangerschaftswoche SSW (also 12 Wochen zu früh), das in
einem Perinatalzentrum zur Welt kommt, eine fast 100%ige Überlebenschance hat.
Buettner: Gibt es in Deutschland häufiger Frühgeburten als in anderen Ländern?
Muchow: Deutschland hat mit 8-10% eine relativ hohe Frühgeburtenrate. In den USA ist die Rate mit
15% noch höher. Zum Vergleich aber: In Skandinavien liegt die Frühgeburtenrate bei nur 5-6%. Das
liegt wahrscheinlich daran, dass es in Schweden und Finnland ein Belohnungssystem für alle Mütter
gibt, die regelmäßig zu einer Vorsorgeuntersuchung gehen.
Buettner: Ab wann ist ein Kind lebensfähig?
Muchow: Ein Kind gilt laut Definition in Deutschland und Österreich ab der 23/6. Woche als
„lebensfähig“, das heißt, ab dem 6. Tag in der 24. SSW. In der Schweiz beispielsweise wird ein Kind
erst ab der 26. SSW als lebensfähig eingestuft.
Eine amerikanische Studie besagt, dass das gesunde Überleben mit jeder Woche steigt, dass
allerdings auch die Rate mit schweren Behinderungen bis zur 26. SSW konstant bei 15% bleibt.
Ich finde, man sollte dennoch positiv denken, wie ein Beispiel aus der Geschichte beweist:
Isaac Newton, der Entdecker der Schwerkraft (1642-1727), berichtet, dass er bei seiner Geburt so
klein gewesen sei, dass er in ein Bierglas (englischer Pint = 568ml) hineingepasst habe. Und aus ihm
ist bekanntlich eine große Persönlichkeit geworden! Wir kämpfen mit den Eltern dafür, möglichst das
Beste für die kleinen Menschen zu erreichen. Die Chancen verbessern sich von der 24. SSW an in
jeder Woche um 10 %. Daher ermutigen wir die Mütter in vielen Gesprächen dazu, körperlich und
emotional durchzuhalten, damit wir eine Schwangerschaftsdauer erreichen, bei der eine
Überlebenschance hoch ist. Schwere Probleme nehmen ab, wenn die 28.SSW erreicht wird.
Buettner: Was genau sind die Risiken bei einer Frühgeburt?
Muchow: Bei einer Frühgeburt gibt es fünf Organsysteme, bei denen es zu Schäden kommen kann. Zu
allererst sind die Lungenbläschen noch nicht komplett ausgebildet und es kommt zu dem sogenannten
„Atemnotsyndrom“. Zudem funktioniert das Verdauungssystem oft noch nicht, so dass es zu
Verdauungsproblemen mit Darmverschlingung und Entzündungen des Darmes kommen kann, was
manchmal eine Operation nötig macht. Da die kleinsten Blutgefäße im Gehirn noch nicht ausgebildet
sind, kann es bei Blutdruckschwankungen zu einer Hirnblutung kommen mit zum Teil
schwerwiegenden Konsequenzen. Hirnblutungen werden unverändert als Hauptursache
neurologischer Langzeitfolgen bei Frühgeborenen angesehen. Bei Frühgeborenen treten zudem oft
Augenprobleme auf, da die Netzhaut noch nicht voll entwickelt ist; es kann zu erheblicher
Sehbehinderung kommen. Zuletzt gibt es Hörstörungen: 10% der Babys unter 1500 Gramm erleiden
eine fassbaren Hörminderung. Eine der wenigen deutschen Studien, bei der frühgeborene Kinder, die
vor der 27. SSW geboren wurden, im Nachhinein im Alter von acht Jahren untersucht worden sind, hat
ergeben, dass diese Kinder sich wie folgt entwickelt haben: 44% auffällig, 26% hatten sich normal ,
20% hatten eine Behinderung.
Buettner: Was kann man bei einer sich anbahnenden Frühgeburt tun?
Muchow: Ich empfehle jeder werdenden Mutter, regelmäßig zum Gynäkologen zu gehen und alle
notwendigen Vorsorgeuntersuchungen durchführen zu lassen. Eine regelmäßige Kontrolle ist das A
und O. Mit jedem Tag steigen die Überlebenschancen: Daher machen wir den Müttern Mut,
durchzuhalten: Zwischen der 24. Und der 28. SSW wird mit jedem Tag eine Verbesserung der
Überlebenschance um 2% erreicht bzw. mit jeder Woche sogar um 10%.
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Buettner: Wie werden die Babys im Perinatalzentrum versorgt?
Muchow: Wir verfügen auf der Frühgeborenen-Station K3 über 18 Plätze für Frühgeborene. Acht
davon sind hochspezialisierte Intensivplätze mit sämtlichen Möglichkeiten der modernen Medizin wie
High-Tech Beatmungsmöglichkeiten und Inkubatoren/Brutkästen. Ein spezieller Erstversorgungsraum
mit einer konstanten Raumtemperatur von 28° wurde im Mutter-Kind-Zentrum neu eingerichtet; dieser
steht ausschließlich den Ärzten der Kinderklinik zur Verfügung und wird bei Risikogeburten genutzt.
Ein speziell ausgebildetes Team von Geburtshelfern und spezialisierten Kinderärzten ist Tag und
Nacht anwesend, um bei einer Geburt eines Frühgeborenen oder eines Neugeborenen mit Problemen
eingreifen zu können.
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