UndwasmachenSie eigentlichberuflich?
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UndwasmachenSie eigentlichberuflich?
Gothaer Allgemeine T A GO Sonnabend, . Dezember Tournee mit großartiger Sängerin ANGEMERKT Noch immer eine Rarität Ann-Katrin Naidu singt Chausson Gotha. Zu den ganz besonderen Konzerten der Spielzeit gehört das sechste der Reihe A am Donnerstag, 21. Februar. Geleitet von Juri Lebedev, spielt die Thüringen-Philharmonie die Ouvertüre zu Richard Wagners Oper „Der fliegende Holländer“, das „Poème de l'amour et de la mer“ op. 19 von Ernest Chausson und Anton Rubinsteins 2. Sinfonie C-Dur op. 42 „Der Ozean“. Solistin ist die Münchner Mezzosopranistin Ann-Katrin Naidu. Im Mai 2011 war sie bereits in Gotha zu hören − in einem herausragenden Konzert der Reihe „Dialoge“ in der Margarethenkirche mit Hector Berlioz' „Nuits d'été“ op. 7. Damals begeisterte sie das Publikum mit ihrer musikalisch tiefschürfenden Interpretation der Texte von Théophile Gautier. Die Thüringen-Philharmonie wird mit diesem Konzert auf Tournee gehen und es am Samstag, 23. Februar, im Theater von Itzehoe und am Sonntag, 24. Februar, im Ernst-Reuter-Saal von Berlin aufführen. Von Günter Müller-Rogalla, Geschäftsführender Intendant der Thüringen-Philharmonie, über die Frauenquote Derzeit ist die Frauenquote zu Recht eines der großen gesellschaftlichen Themen. In diesem Zusammenhang habe ich mich mal bei uns im Management umgeschaut. Hier stehen eine Verwaltungsleiterin, eine Sekretärin, eine Dramaturgin und eine Buchhalterin einem Intendanten, einem Orchesterinspektor und zwei Technikern gegenüber. Das sieht gut aus. Und im Orchester ist immerhin ein Drittel der Stellen von Kolleginnen besetzt, was allerdings auch damit zusammenhängt, dass in der Abteilung Blechbläser und Schlagzeug bei uns nun mal nur Männer aktiv sind. Aber ich denke, damit können wir gut leben. Ich verweise hier auf die berühmten Wiener Philharmoniker, die in dieser Frage noch nicht ganz so weit sind wie wir. Spätestens bei unserem Publikum bin ich mir ganz sicher, dass es geschlechtsspezifisch sehr ausgeglichen besetzt ist. Worauf ich hinaus will? Kommen Sie doch in unser übernächstes Sinfoniekonzert im Januar und erleben Sie etwas, das bis heute leider immer noch eine Rarität ist: eine Dirigentin. Nicht irgendeine, denn mit Romely Pfund kommt eine große Künstlerin nach Gotha, die seit Jahrzehnten überaus erfolgreich in dieser vermeintlichen Männerdomäne tätig ist. Ich freue mich sehr darauf. Musik ganz in Familie Gekrönte Häupter stellen sich vor Gotha. Das erste der beiden Familienkonzerte der Spielzeit beginnt am Sonntag, 3. März, um 11 Uhr, im Gothaer Kulturhaus. Unter der bewährten musikalischen Leitung von Juri Lebedev und auf ebenso bewährte Weise moderiert von Intendant Günter Müller-Rogalla, steht es diesmal unter dem Motto „Von Prinzen und Königen“. Die Thüringen-Philharmonie spielt Werke von Peter Tschaikowski, Léo Delibes und Edvard Grieg sowie Musik aus den Filmen „Die Schöne und das Biest“, „Der König der Löwen“, „Harry Potter und der Halbblutprinz“ und „Die Rückkehr des Königs“ aus der Trilogie „Der Herr der Ringe“. Die Familienkonzerte der Thüringen-Philharmonie Gotha richten sich an Groß und Klein und sind stets so zugeschnitten, dass in punkto Unterhaltung Vertreter jeder Altersgruppe auf ihre Kosten kommen. In der Spielzeit 2010/ 11 erstmals erprobt, trafen sie auf große Publikumsresonanz. Zum einen dank der überzeugenden Filmmusik-Interpretationen, die in Sinfoniekonzerten nur selten zu hören sind, zum anderen aber auch dank der lockeren Moderation sowie der pfiffigen Ideen, mithilfe der Bühnendekoration das Interesse der jüngeren Konzerthörer zu fesseln. Andreas Recknagel, Solobassist der Thüringen-Philharmonie Gotha, geht etlichen Hobbys nach, aber letzten Endes nimmt der Beruf den ersten Platz ein. Und der macht nach so vielen Jahren immer noch Spaß, denn Frau Musica ist eine Zauberin. Foto: Dieter Albrecht „Und was machen Sie eigentlich beruflich?“ Der Solobassist Andreas Recknagel liebt seine Musik, aber auch den Wald, gute Bücher, Museen und sein Motorrad Von Dieter Albrecht Gotha. „Musik ist mein Leben.“ Ein beeindruckender Satz, der aber nichts über den Menschen aussagt, der hinter der schwarz gekleideten Gestalt dort oben auf der Bühne steht. TA wollte mehr wissen und sprach mit Andreas Recknagel, seit 1999 Solobassist der Thüringen-Philharmonie. Diese Frage musste kommen: Sind Sie als Südthüringer mit dem Skispringer Helmut Recknagel verwandt? Der Musiker lacht: „Aus Steinbach-Hallenberg, der Heimat meines Vaters, wo ich seit 1957 wohnte, kommen viele Prominente − Sportler, Künstler, Mediziner, sogar ein Thomas-Kantor. Und Recknagels gibt's dort wie Sand am Meer. Ob ich aber weitläufig mit dem Skispringer verwandt bin − wer weiß das so genau? Geboren wurde der heute 57Jährige in Gera. Schon der Vater und der Großvater seiner Mutter waren Musiklehrer. Sein eigener Vater, gelernter Klempner und Installateur, war lange Zeit in der Kulturarbeit tätig und blies später im Ensem- ble des Werkzeugkombinats „Smalcalda“ die Posaune. Sehr oft spielten die Eltern vierhändig Klavier. „Das hat meine Geschwister und mich gereizt“, erinnert er sich. Und nur zu gern hätte er das Violoncello gespielt, das zu Hause stand. Der Wunsch wurde Wirklichkeit: 1966 nahm Andreas seinen ersten Cello-Unterricht an der Musikschule in Schmalkalden. Und drei Jahre später besuchte er schon die Spezialschule für Musik auf Schloss Belvedere bei Weimar. Dort allerdings lernte er den Kontrabass spielen, denn dieses Instrument war gerade sehr gesucht. Beworben und sofort angenommen 1973 wechselte er an die Franz-Liszt-Hochschule in Weimar, wo er beim Solobassisten der Staatskapelle, Paul Wenkel, und später bei dessen Sohn, Horst-Dieter Wenkel, Unterricht nahm. 1978, nach fünf Studienjahren, bewarb sich Andreas Reck- nagel bei der Suhler Philharmonie − und wurde sofort genommen. Zuerst als Tuttibassist, ab 1995 dann als Solobassist. Zwei Jahre später wurde die Suhler Philharmonie aufgelöst; es folgte ein Jahr der Ungewissheit. Der Zusammenschluss mit dem Gothaer Orchester 1998 beendete die Arbeitslosigkeit. Seit 1999 ist er hier Solobassist. Pendeln zwischen Suhl und Gotha Seitdem muss Andreas Recknagel zwischen Gotha und Suhl pendeln, wo er mit seiner Familie ein Häuschen besitzt. Fahrgemeinschaften erleichtern das Ganze ein wenig. Die beste Entspannung, sagt er, biete ihm die Natur seiner Heimat: „Da habe ich alles, was ich brauche. Mir bereitet es Freude, Tiere dort zu beobachten, wo andere Leute achtlos vorübergehen, und eine Menge Tierbücher habe ich auch.“ Oft geht er deshalb mit Frau und Hund wandern. Langeweile kennt Andreas Recknagel nicht. Am Haus, das am Stadtrand steht, den Wald vor der Haustür, gibt's immer was zu pusseln, und einen Heidenspaß bereitet es ihm, Motorradmodelle zu bauen. Bei den Modellen blieb es nicht. Nach 20 Jahren der Abstinenz hat er sich schließlich wieder ein Motorrad gekauft, mit dem er auch gern mal zum Dienst fährt und Ausflüge macht. Eine andere Leidenschaft ist das Lesen. In den Probenpausen sieht man Andreas Recknagel meist in einer Ecke sitzen, in ein Buch vertieft, oft Romane zu authentischen historischen Ereignissen. Wahrscheinlich hat einst sein Großvater, der „massig Bücher hatte“, diese Leidenschaft in ihm geweckt. Und noch etwas kann seine Aufmerksamkeit fesseln: Er, der als junger Mensch gern zeichnete, geht heute mit Vorliebe in Gemäldegalerien und lässt sich von der Stimmung der Bilder verzaubern. Überhaupt sind Museen für ihn Stätten, an denen er lange und konzentriert verweilen kann. Musik − das ist zuallererst Dienst. Jeder Musiker hat aber gewisse Vorlieben. So mag Andreas Recknagel Brahms sehr, und Beethoven hat er schon als Schuljunge mit Begeisterung gehört. Als Student im Hochschulorchester hatte er viel mit moderner Musik zu tun, denn wo sonst hätten Kompositionsstudenten ihre avantgardistischen Werke aufführen und klingen hören können? Allerdings, sagt er, muss Neue Musik auch das Gefühl ansprechen; rein intellektuelle Experimente mit Klang und Rhythmus reißen ihn nicht vom Hocker. Der Beruf fordert den ganzen Menschen Andreas Recknagel ist klar, dass man als Berufsmusiker zeitlebens dazulernt und alles andere nur nebenbei betreiben kann. Deshalb hat es ihn anfangs amüsiert, wenn er nach Gastspielen seines Orchesters in den alten Bundesländern auf Konzertbesucher traf, die zuerst voll des Lobes waren, dann aber fragten: „Und was machen Sie eigentlich beruflich?“ Ann-Katrin Naidu kommt erneut nach Gotha. Foto: privat Dresdner Sopranistin Gotha. Zum Jahreswechsel lädt die Thüringen-Philharmonie zu zwei traditionellen Konzerten ein. Ludwig van Beethovens Sinfonie Nr. 9 mit dem Schlusschor auf Friedrich Schillers „Ode an die Freude“ erklingt am Freitag, 28. Dezember, ab 20 Uhr, im Gothaer Kulturhaus. Zum letzten Mal wird hier der scheidende Chefdirigent Stefanos Tsialis am Pult zu erleben sein. Das Neujahrskonzert beginnt am Sonntag, 1. Januar, 17 Uhr, im Kulturhaus. Unter dem Motto „Wiener Luft“ sind Werke des traditionellen Repertoires zu hören. Solistin ist die Sopranistin Christiane Hossfeld von der Dresdner Staatsoper. Ein Leben ohne gute Musik? − Irren ist menschlich Mit Wolfgang Emanuel Schmidt, Solist des nächsten Sinfoniekonzerts der Anrechtsreihe A, sprach Dieter Albrecht über Musik und Leben Wie haben Sie Ihren Weg zur Musik gefunden? Ich wuchs in einem musikliebenden Haus auf. Meine Eltern, Naturwissenschaftler, spielten selbst ein wenig Instrumente − und vor allem den Schallplattenspieler. Also lief bei uns zu Hause immer klassische Musik. Gab es ein Schlüsselerlebnis, das Ihren künstlerischen Weg entscheidend geprägt hat? Ich hatte gerade mit dem Cello begonnen, als ich in einem Konzert Mstislaw Rostropowitsch mit dem Cello-Konzert C-Dur von Joseph Haydn hörte. Ich war total begeistert, vor allem, als er mir hinter der Bühne über die Haare strich und murmelte: „Du wirst mal ein großer Cellist.“ Ich wollte mir damals nicht mehr die Haare waschen und habe sie heute noch in einem Fotoalbum von damals . . . Gibt es für Sie menschliche und künstlerische Vorbilder? Sicherlich ist Rostropowitsch eines meiner ganz großen Vorbilder seit meiner Jugend. Nach meinem Erfolg beim Internationalen Rostropowitsch-Wettbewerb in Paris 1994 hatte ich die Gelegenheit, mit diesem großen Meister etwa drei Jahre lang intensiv zu arbeiten. Aus dieser Zeit sind einige unvergessliche Momente unlöschbar in mein Gedächtnis eingebrannt. denn speziell an diesem Werk? Schumanns Cellokonzert ist eine Reise in dessen Innerstes, ein äußerst intimes Zeugnis seines Innenlebens − von größter Zerrissenheit, von Euphorie bis Wehmut, von Aufbegehren bis Resignation, bis hin zu größtem Seelenfrieden im zweiten Satz. Der Dritte Satz − vom Publikum oft als spröde empfunden − ist ein wunderbares Zeugnis orchestraler Kammermusik. Der Solist spielt nicht mehr nur den Solopart, er befindet sich im Dialog mit den verschiedensten Instrumenten des Orchesters. Gibt es Komponisten, deren Werke Sie besonders stark beeindrucken? Für mich zählt Schumanns Cellokonzert zum Bedeutendsten des Repertoires. Es fällt mir aber schwer, einen Komponisten besonders hervorzuheben, denn schließlich ist das Repertoire eines Cellisten ohnehin nicht gerade üppig. Was würden Sie einem Menschen antworten, der behauptete, man könne auch ohne gute Musik gut leben? Errare humanum est − Irren ist menschlich. In Gotha werden Sie dieses Konzert spielen. Was reizt Sie Wie entspannen Sie sich? Mit meinen vier Kindern. Professor Wolfgang Emanuel Schmidt von der Weimarer Musikhochschule zählt zu den im In- und Ausland besonders gefragten Cellisten. Foto: privat