als PDF - artempire | music art photo magazine

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als PDF - artempire | music art photo magazine
VORWORT
Liebe Leserin, lieber Leser,
als erstes möchte ich dich auf jeden Fall auf unser artempire Sommerkonzert am 29. September mit Jeff
Rowe, Perry O‘Parson, Tom Mess und Christian Stumfol hinweisen.
Natürlich wieder in der Zwiebel (siehe linke Seite), los geht es ab 20 Uhr
und Eintrittskarten bekommst du ab sofort für schlappe 3,00 Euro
direkt bei uns auf der Seite im Shop.
(www.artempire.de)
Als nächstes möchte ich gleich mal verraten, dass wir in
unserer nächsten Ausgabe komplett über unseren Tellerrand
hüpfen und von den „World Baseball Classics“ aus Regensburg
berichten werden. Ich hoffe, du kannst mir als altem Baseballfan
verzeihen, wenn etwas so art-fremdes den Weg in unser Heft findet …
So oder so, jetzt wünsche dir aber zunächst viel Spaß mit dieser Ausgabe
und hoffe, es ist wieder was nach deinem Geschmack dabei!
Mit den allerbesten Grüßen, dein Dominic
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INHALT
Vorwort & Inhaltsverzeichnis
Interview mit Marc Eisele von naria
Matteo Sanfilippo Interview
CD - & Platten - Vorstellungen
Comics und Interview mit Markus Magenbitter
Konzertbericht: La Dispute & Hot Water Music
Interview mit Niklas
IMPRESSUM
Redaktion (Postanschrift): artempire, Durlacher Allee 22, 76131 Karlsruhe, USt-IdNr. DE264098413
Web: www.artempire.de eMail: Informationen & Kontakt: [email protected], Fon: 0721-91583620
Auflage: 1.000 Printausgaben & unbegrenzte Onlineausgaben Anzeigen im magazine: Interesse im
artempire-magazine zu inserieren? Dann schickt uns einfach eine eMail an: [email protected] und
wir mailen euch die aktuelle Anzeigenpreisliste zu.
NARIA
foto: jochen klenk
Im Gespräch mit Marc Eisele, Mastermind der Band Naria.
Du bezeichnest deine Doppel-CD „Naria And The
Fly ...Waiting For Lunch“ als ein Konzeptalbum.
Was haben wir uns darunter vorzustellen?
Das aktuelle Doppelalbum ist der erste Teil einer
Trilogie, deren Überthema die Elemente Erde, Luft,
Wasser und Feuer sind, aus denen nach der Vier-Elemente-Lehre alles Sein besteht. Ein Konzeptalbum ist
für mich aber mehr als nur eine textliche oder allgemeine Thematik. Es ist vielleicht sogar ein Stück weit
Trotzreaktion auf die Art und Weise, wie (heute) Musik
verstanden wird. Ein Konzeptalbum hat musikalische
Themen. Auf „Naria And The Fly ...Waiting For Lunch“
folgen diese Themen in Form von Melodien, Harmonien oder Rhythmen ihren jeweiligen Partnern in der
Geschichte, manchmal gehen sie ihnen voraus. Man
muss einem Konzeptalbum mehr Zeit geben, als einem dreiminütigen Radiosong, dessen Refrain nach
wenigen Sekunden jedes Kleinkind mitsummen kann.
Nichts gegen Dreiminutenlieder und auch nichts gegen einfache Refrains, aber es ist eben wie mit allem: Zuviel schadet der Gesundheit. Wer nimmt sich
heute noch die Zeit, ein Album durchzuhören – Konzept oder nicht? Wer kauft sich noch Alben? Ich sehe
auch die Entwicklung von MP3 kritisch. Das Format
an sich ist wunderbar! Es bringt grandiose Vorteile,
aber eben auch grandiose Nachteile bei falscher Anwendung. Ein Konzeptalbum fordert einen Mehrwert
und diesen Mehrwert verpasst der MP3-Käufer. Wenn
es nach mir gegangen wäre, hätte ich für dieses Album gar keine Einzel-Downloads angeboten. Das
überraschende ist allerdings, dass sich bislang fast
alle Käufer für die CD entschieden haben! Das freut
mich sehr, schon alleine wegen des Artworks, bei
dem ich mir sehr viel Mühe gegeben habe. Ich hätte
gerne auch auf Vinyl veröffentlicht, aber dafür bin ich
derzeit zu pleite.
Du sagst, auf dem Album wird eine Geschichte erzählt. Wovon handelt diese?
Es geht um Naria, ein Mädchen, dass in einer drecki-
gen und hektischen Großstadt plötzlich erwacht und
orientierungslos umherirrt. Sie wird dabei immer wieder in seltsame Szenarien entrissen und muss sich
zurechtfinden. Diese Szenen stellen sich dann nach
und nach als Bilder ihres eigenen Unterbewusstseins
dar. Sie landet zum Beispiel unter anderem im Mutterleib und erlebt ihre eigene Geburt. Später erwacht
sie als kleiner Stein im Asphalt einer Straße. Naria
verkörpert das Element Erde, den Melancholiker, und
damit Trübsinn und eine gewisse Schwermut. Dem
gegenüber steht das Element Luft, die Verkörperung
der Leichtigkeit, welches die Fliege repräsentiert. Die
Fliege begleitet Naria auf Schritt und Tritt zunächst
unbemerkt. Die musikalischen Leitmotive verschmelzen schließlich und mit ihnen auch die Charaktergegensätze.
Hat der Name Naria eine spezielle Bedeutung?
Naria ist ein fiktiver Mädchenname, den ich mir schon
vor einigen Jahren als besonderen Namen für das
Mädchen in der Geschichte überlegt hatte. Ich war
auf der Suche nach einem neutralen, unbesetzten
Namen, weil ich es schön finde, wenn man sich darunter erst einmal nichts vorstellen kann und nicht automatisch ein Klischee bedient wird. Nachdem meine
Internetseite jedoch online war, war es damit vorbei.
Mittlerweile gibt es einige Usernames und sogar eine
Operntantengruppe in Kanada heißt seit 2010 so. Ich
warte noch beharrlich auf die Klage...
Es spielen ja allerhand Musiker auf dem Album
mit. Gibt es denn einen festen Kern oder ändert
sich das nach Bedarf?
Der weiche Kern bin ich. Ich hatte das gesamte Album
bereits fertig vorproduziert. Anders wäre das thematische Komponieren mit den Leitmotiven gar nicht
möglich gewesen. Die Musiker kamen dann später
für Proben und Aufnahmen hinzu. Als ich mit meiner
alten Band „schein23“ unterwegs war, sind mir immer
wieder Musiker anderer Bands besonders positiv aufgefallen, die ich dann auch angesprochen habe.
Glücklicherweise waren alle von dem Projekt begeistert und enthusiastisch dabei. Ich habe also mehr
oder weniger die passenden Musiker angehauen und
ihnen dann die jeweiligen Songs zugeteilt. Mittlerweile hat sich daraus aber auch eine feste Band entwickelt, mit der wir im Spätsommer das zweite Album
aufnehmen und live spielen werden.
Was hat dich auf die Idee gebracht, ein solch komplexes Album zunächst komplett in Eigenregie zu
erschaffen?
Ich höre sehr viel Musik aus den unterschiedlichsten Ecken und wurde während des Studiums quasi
täglich mit neuem Zeug konfrontiert. Manchmal fand
ich die Sachen furchtbar, manchmal hat mich deren
Genialität umgehauen. Im Grunde gibt es nur gute
und schlechte Musik und ich bin auch der Meinung,
dass man das durchaus objektiv beurteilen beantworten kann – unabhängig vom eigenen Geschmack.
Mich hat an E-Musik („Klassische Musik“ ist ja eigentlich der falsche Ausdruck) immer fasziniert, wie
akribisch die Kompositionen durchgeplant sind. Man
kann einfach zuhören und es mögen oder eben nicht.
Oder man kann ganz tief eintauchen in eine Ebene,
die Musik zu einer ganz besonderen Sprache macht.
Freunde von mir, die sonst so gar nichts mit „klassischer Musik“ zu tun haben, habe ich vor einiger Zeit
bei mir zuhause dazu gezwungen, Maurice Ravels
Suiten aus „Daphnis et Chloé“ anzuhören. Ich hatte
die Behauptung aufgestellt, dass man ohne jegliches
Vorwissen über dieses Stück hören kann, was in der
Geschichte passiert. Alleine aus der Bewegung heraus. Dieser Versuch endete dann damit, dass wir ein
paar Wochen später zu fünft in Stuttgart beim RadioSinfonieorchester saßen und das Ganze dann noch
einmal live anhörten, weil es alle fasziniert hatte.
Erfahrungen wie diese haben mir den Anstoß gegeben, selbst mit meinen Klangmöglichkeiten größeres
Gewicht in die musikalischen Details zu legen. Letzten Endes habe ich ja dann auch sehr lange an allen
möglich Schrauben gedreht, bis es fertig war. Ob so
etwas auch innerhalb einer Band funktionieren kann,
weiß ich nicht, da ich zum Zeitpunkt des Schreibens
schlichtweg keine Band hatte. Ich muss aber auch
ganz klar sagen, dass das Projekt ohne die Hilfe von
meinem Freund Andreas Oszkiel, mit dem das Album
in mehreren Etappen in Amsterdam und Rotterdam
aufgenommen wurde, und meinen beiden Rhythmikern Michael Vinne (Bass) und Ingo Mayer (Schlagzeug) niemals fertig geworden wäre. Dazu ist so ein
Projekt viel zu umfangreich und fordernd. Ich bin sehr
froh, dass mich so viele dabei unterstützt haben und
möchte mich auch hier nochmal ausdrücklich bei allen dafür bedanken!
Worauf achtest du generell bei Musik, was ist dir
persönlich am wichtigsten?
Das kann ich so pauschal gar nicht beantworten. Mal
ist es der Text, mal der Drive, mal die interessante
Komposition. Es darf durchaus auch kitschig oder bolzenhart sein, das ist mir egal, solange es authentisch
ist. Aber es gibt nichts schlimmeres, als aufgesetzte
Poser-Musik.
Was liegt zur Zeit so auf deinem Plattenteller?
Um ehrlich zu sein mehr im CD-Schacht, da ich nicht
viele LPs besitze. Vieles bekommt man ja leider auch
nicht auf Vinyl. Ganz oft läuft “Spirit of Eden” von Talk
Talk und “De-loused in the Comatorium” von The
Mars Volta. Ansonsten hab ich grad eine softe Phase
und S.Carey und Bon Iver wiederentdeckt. Außerdem
sei hier Heisterkamp erwähnt, ein Nebenprojekt von
Jan, der auch ein paar Songs auf dem Naria-Album
singt, mit dem Jupiter-Jones-Sänger Nicholas. Grandiose Songs! Das läuft bei mir wirklich oft. Und ich
hoffe, gleiches sagt er auch über unser Album...
Super, vielen Dank für das Interview und ich bin
schon gespannt auf das nächste Album. dokr
MATTEO SANFILIPPO
Matteo Sanfilippo gründet 2005 in Karlsruhe sein eigenes Designbüro, mit dem er den
Ansatz verfolgt, durch intensive Kommunikation mit seinen Kunden emotional ansprechendes und Authentizität vermittelndes Design zu schaffen– jetzt trifft ihn artempire zum
Interview.
Ein „Büro für klare Gestaltung“ – was muss man
sich darunter vorstellen?
Klare Gestaltung bedeutet für mich und mein Projektteam, dass wir die Essenz der Produkte unserer
Kunden suchen und mit diesen gemeinsam überlegen, was genau ausgesagt werden soll. Das bedeutet dann auch, dass wir in der Umsetzung unserer
Designs sehr klar und minimalistisch arbeiten – keine Schnörkel, wo es nicht angebracht ist und vor allem keine belanglosen „Verlegenheitsdesigns“. Wir
möchten, dass der ganz individuelle Charakter des
Kunden und Produktes vermittelt wird.
Wie verläuft denn typischerweise die Kontaktaufnahme und die anschließende gemeinsame Arbeit?
Es ist mir ganz wichtig, den Kunden besonders gut
kennenzulernen und herauszufinden, was er denn
genau will oder was er, manchmal auch entgegen
seinen eigenen Vorstellungen, braucht. Deswegen
steht am Anfang immer ein persönliches Kennenlernen, in dem wir den Kunden direkt vor Ort besuchen
und durch viele Fragen, und die können für die Kunden manchmal sehr überraschend wirken, versuchen
seine genauen Vorstellungen über sein Produkt herauszufinden. Zum Beispiel fragen wir immer gerne,
welche Empfindungen er denn damit wecken möchte.
Dann schaue ich, welche Arbeitsschritte auf uns zukommen, um das gewünschte Design zu realisieren,
und stelle anhand dessen das Team zusammen.
Ich trage neben der Designkonzeption und -umsetzung vor allem dafür Sorge, dass die Arbeitsschritte
koordiniert werden und der Kunde zu jedem Zeitpunkt
intensiv in den Entstehungsprozess eingebunden ist.
Was verbirgt sich hinter dem „Sanfilippo-Konzept“?
Es beschreibt das Vorgehen, mit dem wir ein überzeugendes Design für ihn entwickeln. Zunächst wird
gemeinsam erarbeitet, was das Unternehmen so
einzigartig macht - denn der Kunde kennt sich, seine
Produkte und die Idee dahinter immer am besten. Auf
Basis dieser wertvollen Überlegungen wird das Gesamtkonzept herausgearbeitet. Daraufhin folgt das klare
und ansprechende Design, dass wiedererkennbar im
Bewusstsein bleibt. Worauf ich in der Schaffensphase
besonders viel Wert lege ist die manuelle Erstumsetzung - das heißt, wir skizzieren unsere Ideen auf
Papier und finden dort den Kern eines jeden neuen
Designentwurfs. Erst dann kommt die digitale Arbeit
am Computer.
Wie reagieren denn Kunden auf deine intensive
Herangehensweise?
Sie sind meistens sehr überrascht, aber im positiven
Sinn – auch wenn ich nicht davor zurückschrecke,
unbequem zu sein. Ich will ja nicht möglichst gefällig
sein, sondern zeige auch mal Ungereimtheiten an älteren Konzepten auf, denn nur so kann man gemeinsam in der Entwicklung eines Projekts vorankommen.
Ich möchte dem Kunden durch meine Arbeitsweise
einfach ein ganz neues Erlebnis verschaffen.
Welche Vorteile bietest du, deiner Meinung nach,
durch deine Art zu Arbeiten?
Alles was ich mache, ist absolut einzigartige, individuelle Kreation - wir benutzen daher auch kein Archivmaterial, alles hat immer eine ganz neue Optik. Und
vor allem: Der Kunde soll verstanden werden, er wird
fast zu einem Mitarbeiter, so eng versuchen wir ihn in
unsere Arbeit einzubinden. Das ist ein Service, den
man in den meisten Agenturen so nicht bekommt,
denn dort verläuft der Kontakt zwischen Kunden und
Gestalter meist über Zwischenmänner, so dass vieles
verloren geht und Intentionen der Designer nicht
beim Kunden ankommen können. Außerdem lege ich
großen Wert auf Ehrlichkeit - ich möchte als fragender
und interessierter Designer wahrgenommen werden,
lege großen Wert auf Zuverlässigkeit und Aufrichtigkeit, will mich nicht verstellen müssen, quasi eine
Maske tragen, um zu gefallen. So hat der Kunde dann
auch am meisten von mir.
Wie hast du in der Zeit vor der Gründung deines
eigenen Büros gearbeitet und wie kam es dann zu
dessen Eröffnung?
Angefangen habe ich mal als Radio – und Fernsehtechniker, das war aber nicht mein Ding. Von Design wusste ich zu der Zeit noch nicht allzu viel, aber
ich habe schon immer gerne und viel gezeichnet. So
habe ich dann eine Ausbildung zum Grafikdesigner
gemacht und anschließend fünf Jahre in verschiedenen Agenturen im Karlsruher Raum gearbeitet.
Mein eigenes Büro habe ich schließlich gegründet,
um den Kontakt mit den Kunden in meinen Augen
sinnvoller zu gestalten und um Agentur-Arbeitsweisen, die nicht meiner Art entsprechen, hinter mir
lassen zu können.
Welche
Branchen
bedient
dein
Büro
hauptsächlich?
Wir arbeiten für Softwareunternehmen, für Firmen
aus der technischen Industrie, Anwälte, Gastronomie,
Ärzte, Heilpraktiker etc.
Und wer gehört außer dir noch alles zum „Büro für
klare Gestaltung“?
Zunächst arbeite ich alleine, aber je nachdem, welche
Fachkompetenzen zur Umsetzung eines Konzepts
benötigt werden, kommen dann zum Beispiel noch
freiberufliche Grafiker, Illustratoren, Texter und weitere Leute dazu.
Wie würdest du deinen eigenen Stil beschreiben?
Meine Designs werden oft als sehr klar in ihrer Formensprache, luftig aber auch als vielschichtig beschrieben.
Was ist für dich ein gelungenen Design?
Ich möchte mich dadurch angesprochen fühlen, so
dass sich in mir eine Empfindung regt, nicht nur irgendetwas vorgelebt bekommen. Deswegen halte ich
mich auch aus dem ganzen „Werbebusiness“ raus.
Mir geht dort alles zu schnell, es ist häufig zu schrill
und oft rein auf Äußerlichkeiten ohne emotionalen
Bezug bedacht. Ein super Beispiel für gelungenes
Werbedesign ist für mich die aktuelle „Orangina“Kampagne; die ist ganz reduziert auf die zwei starken
Farben Blau und Gelb und eine Orangenscheibe, die
aus einer Flasche heraus ragt. Das macht mir Lust
auf das Produkt.
Bist du nach mittlerweile fast sieben Jahren
Selbstständigkeit mit dem eigenen Büro zufrieden? Zwischendurch gab es durchaus Sinnkrisen,
aber seit einiger Zeit bin ich wirklich sehr zufrieden
und habe viel Spaß bei meiner Arbeit!
Würdest du Karlsruhe grundsätzlich als kreatives
Umfeld beschreiben?
Die Stadt entwickelt sich seit einigen Jahren kulturell
auf jeden Fall richtig gut - aber ganz besonders küsst
mich die Muse wenn ich unsere Seen und Wälder besuche.
arli
CD & PLATTEN VORSTELLUNG
Radio Havanna„alerta“
Huch!? Singen Anti-Flag jetzt Deutsch? „The day will come when we spall what we
suffered for too long!“ Oh, doch nicht: Wie passend, Verwechslungsgefahr gebannt!
Radio Havanna schnappen sich mal fix Justin Sane, der ein paar durch die Haut
gehende englische Zeilen zum Album-Opener beisteuert. Und auch weitere Parallelen zu Anti-Flag sind erkennbar. Ist aber auch nicht weiter verwerflich. Auf „Alerta“
zeigen Radio Havanna, dass politischer Punk auch auf Deutsch funktioniert. Die
Sing-a-Longs sind da, du kannst deine Faust in die Luft und die Füße auf den Boden
stampfen. Botschaften machen doch so am meisten Spaß und gehen locker von den
Lippen, Punk der funktioniert! „Mit meinem Kopf gegen dein Gewaltregime“ … behi
This April Scenery „absence makes the heart grow fonder“
Wer die poppigen Momente von City Light Thief auf Endlosschleife hört und dazu
seine Hüfte durchs Wohnzimmer schwingt, sollte nun kurz mal Stopp drücken. This
April Scenery warten mit Hummeln im Arsch auf ihren Einsatz. Sie leben diese verspielten Melodien, gießen und züchten sie liebevoll auf dem Nährboden des Indie.
Jeder einzelne sorgt sich rührend um sein kleines Pflänzchen aus Tanzbarkeit, Verspieltheit und Eingängigkeit. Anders als bei City Light Thief wird das Ergebnis dann
aber nicht vom Dangerosaurus plattgestampft. This April Scenery lassen dich tanzen! „We don’t even know where to go now!“ Wohin auch? „Stay the course!“ behi
KMPFSPRT “das ist doch kein name für ‘ne band”
Ich habe mich daran gewöhnt, auf Konzerten immer wieder dieselben Menschen
zu treffen. Man kennt sich, nickt sich zu, trinkt ein, zwei Bier miteinander. Diese
Konstante zwischen den immer wechselnden Bands und Clubs fühlt sich gut an.
KMPFSPRT könnten dir ein ähnliches Gefühl geben, denn auch sie sind irgendwie
alte Bekannte. Ehemalige Mitglieder von Fire In The Attic und Days In Grief, ExModels und Autoren („The Tokyo Diaries“). Und was diese Mischung fabriziert ist laut
und dreckig und macht richtig Bock. Angepisst und klug werden Szenemenschen
bloßgestellt und kleine Weisheiten verteilt. Wer sich bei Frau Potz, Turbostaat und
Konsorten wohlfühlt, sollte sich ein neues Hobby suchen. KMPFSPRT zum Beispiel.
pisc
The Static Age „mercies“
Nach zwei Alben veröffentlicht die Band aus Chicago jetzt mit „Mercies“ eine digitale
EP, die sie in Eigenregie produziert hat. „Mercies“ liefert weniger Bombast und mehr
Herz. Melodien und Sounds, die sich anhören, als wäre eine Indie-Disco in den
dunklen Tannenwald verlegt worden. Und so treffen die glitzernden Tanzschuhe auf
düstere, schwere Wave-Anleihen. Irgendwas mit Punk und Wehmut und Keyboards!
Das funktioniert wunderbar zusammen und nistet sich schnell im Kopf ein. Hymnisch
und eingängig gehen die fünf Songs der EP viel zu früh rum und machen richtig Lust
auf die anstehende Tour. pisc
MARKUS MAGENBITTER
Herr Magenbitter, über Comics, wie man
sie macht und wie er dazu gekommen ist
selber ein Comiczeichner zu werden.
Fangen wir ganz vorne an: Hast du als Kind schon
gezeichnet und ist dein Talent gefördert worden?
Jepp, ich war schon immer sehr gut im Zeichnen. Ich
war sogar als Kind bei uns in der Kleinstadt auf so einer komischen Kinder-Kunstschule, wo die Sprösslinge
der Provinzbonzen abgeladen wurden, um eine
künstlerisch-kulturelle Frühförderung zu bekommen.
Dass ich mal später als Punkcomic-Zeichner ende,
haben meine Eltern damit aber sicher nicht bezweckt
... Comics hab ich auch schon immer gern gelesen
und auch abgezeichnet, Garfield, Lucky Luke, lustige
Taschenbücher und den übrigen Kinderkram. Aber
so richtig angefangen selber zu zeichnen habe ich
erst als Teenager, als ich Comics kennenlernte, die
„Themen für Erwachsenen“ – Alkohol, Sex, Kiffen und
Gewalt – behandelten. Das waren zum Beispiel die
„Rudi“-Comics von Peter Puck, die fand ich natürlich
viel cooler als Entenhausen & Co.
Welchen Beruf hättest du als Schüler gerne später
ergriffen?
Ich wollte schon damals Grafiker und Comiczeichner
werden, was ja schlussendlich auch geklappt hat. Es
hat bis zu meiner Grafiker-Ausbildung allerdings recht
lange gedauert, vorher habe ich beruflich auch andere Sachen gemacht.
Wie würdest du einem Blinden deinen Stil beschreiben?
Uh, schwierig. Ich würd ihm wohl ganz unkreativ die
übliche Genre-Bezeichnung sagen: Ich mache „Funny-Comics“, also witzige Sachen. Ich zeichne nicht
im eher realistischen Stil, wie etwa in SuperheldenComics, sondern lustige Männchen, die bei mir als
besonderes Merkmal oft keine Augen haben.
Wie wichtig ist das Verhältnis von Bild und Text in
deinen Comics? Sind sie gleichberechtigt oder ist
eines mehr wert?
Statt „Text“ würde ich eher „Handlung“ sagen. Man
kann ja auch ohne Text, rein visuell, erzählen – wie
etwa in „Ohne Worte“-Cartoons. Ich finde beides
sehr wichtig. Es gibt zum Beispiel schlecht gezeichnete Comics mit guter Handlung, die wegen diese
dennoch großen Lesespaß bereiten. Es gibt aber
auch toll gezeichnete Comics mit lahmer Handlung,
die trotz der guten Bilder völlig öde sind. Bei meinen
eigenen Comics ist die Story beziehungsweise der
Gag am wichtigsten, es muss aber natürlich auch die
Zeichnung stimmen, damit die Aussage oder Pointe
gut rüberkommt.
Und was ist deiner Meinung generell nach das
Wichtigste an einem Comic?
Hui, schwer zu sagen. Es gibt so viele tolle Comics
mit den unterschiedlichsten Genres, Inhalten und
Zeichenstilen, die alle auf ihre individuelle Weise interessant und lustig, traurig, mitreißend oder verblüffend
sind. Wer sich nicht sonderlich mit Comics auskennt,
sollte einfach mal in einen Comicladen gehen und
rumstöbern oder sich vom Verkäufer ein paar Sachen
empfehlen lassen, um zu entdecken, was es für eine
riesige Bandbreite gibt. Man könnte also allgemein
sagen, das Wichtigste bzw. Beste an Comics ist ihre
Vielseitigkeit und die vielfältigen Möglichkeiten, die
das Medium bietet.
Hast du irgendwelche Vorbilder? Welche Comics
gefallen dir aktuell besonders?
Meine beiden Lieblingszeichner, die mich sicher auch
beeinflusst haben, sind der bereits erwähnte Peter
Puck aus Tübingen (seine „Rudi“-Comics erschienen
in vielen großen Stadtmagazinen) und der Amerikaner Peter Bagge, speziell dessen Serie „Hate“, die auf
Deutsch unter den Namen „Leck mich“ und „Krass“
erschien. Sie spielt im Seattle der 1990er-Jahre und
handelt von untalentierten Grunge-Bands und freakigen Typen. Hauptfiguren sind ein Gammler namens
Buddy und dessen WG-Genossen. Die Hefte sind
leider nur noch über eBay erhältlich, dort bekommt
man sie aber sehr günstig. Ich mag generell aber
verschiedene Formen von Comics. Vor allem Underground-Comix, aber auch Comic-Strips, Graphic
Novels sowie Horror- und Erotik-Comics. Worauf ich
nicht stehe sind Superhelden und Mangas. In letzter
Zeit hat mir „Das Upgrade“ von Sascha Wüstefeld und
Ulf Graupner sehr gut gefallen, da geht es um einen
Superhelden in der DDR, der sich teleportieren kann,
aber alles andere als ein typischer Marvel-Superhelden ist, und einen seltsamen alten Surf-Rock-Musiker.
Das ist schön bunt und schräg!
Wie wichtig ist dir eine „Message“ bei deinen Arbeiten?
Im Moment mache ich ja eigentlich nur lustige Comics, die haben eigentlich keine Botschaft, außer
dass die Leser sie hoffentlich witzig finden. Aber man
kann natürlich auch ernsthafte oder politische Comics
machen, Comics müssen ja nicht immer lustig oder
trivial sein. Falls ich mal einen nicht-lustigen Comic
mache, hoffe ich natürlich, dass die entsprechende
Message rüberkommt.
Wie sieht dein Arbeitsplatz aus? Was brauchst du
um dich beim Zeichnen wohl zu fühlen?
Ich bin ein ziemlich unordentlicher Typ und mein Schreibtisch ist ein heilloses Chaos. Ich zeichne aber
auch gerne auf der Couch und schaue dazu Fernsehen, ich brauche ja nur eine feste Unterlage. Getuscht
wird dann aber natürlich am Schreibtisch. Hier laufen
dann Hörbücher oder Musik, morgens meist Punk,
tagsüber Ska oder softe Sachen, um nicht zu hibbelig zu werden, und nachts gerne Dub oder anderes
spaciges Zeug. Ansonsten brauche ich zum Comiczeichnen kaum etwas besonderes, keine teuren Materialien. Meine Arbeitsmaterialien sind Zeichenblock,
Bleistift, Feder und Scriptol oder Fineliner, ein Scanner und ein Grafikprogramm für den PC.
Kannst du von deinen Comics leben oder machst
du noch etwas nebenher?
Von Comics leben können in Deutschland nur die
erfolgreichsten Zeichner, die bei großen Verlagen
veröffentlichen, also zum Beispiel der „Nichtlustig“Zeichner Joscha Sauer. Ich arbeite halbtags als
Grafiker in einem kleinen Verlag für Reisemagazine
und zusätzlich freiberuflich als Grafiker und Illustrator.
Man kann mich also für Gestaltungs-Jobs anheuern.
Das Comiczeichnen ist eine Mischung aus Hobby und
Nebenverdienst.
Du hast ja schon einen Comicband bei einem Verlag herausgebracht. Wie ist es dazu gekommen?
Mein „Penisnasen“-Buch kam im „Weildarum“-Verlag
raus, den Frank, der Comicladen-Inhaber meines Vertrauens, führt. Es gibt in der Comic-Szene aber viele
kleinere Verlage, die auch jüngerer und unbekanntere
Zeichner veröffentlichen. Geld bekommt man dort
zwar eher keins oder wenig, aber man kann seine
Werke immerhin einem Publikum präsentieren. Bei
„Weildarum“ gibt neben meinem noch das eine oder
andere coole Buch, etwa die Anthologie „Vorletzte
Geräusche“ mit 100 Cartoons von über 50 Zeichnern,
darunter auch zwei von mir. Das wird allen, die auf
schwarzen Humor stehen, bestimmt gefallen.
Möchtest du jemandem danken?
Ich danke dir für dein Interesse und dem lieben Gott,
dass er Billigbier und Salzbrezeln erschaffen hat.
dokr
LA DISPUTE & HOT WATER MUSIC
FZW, Dortmund - 23.Juni 2012
Da ist er! Der Tag, auf den du gewartet hast. Und
irgendwie auch doch nicht. Du bist nun 30 und deine
Lieblingsband spielt am gleichen Tag. Das fandest du
vor vier Monaten noch total verrückt und hast darum
die Party kurzerhand einen Tag vorverlegt.
Und nun? 10 Uhr morgens: Alle schlafen noch. Außer
dir! Du kannst nicht mehr schlafen, warum auch immer. Eigentlich darfst du auch gar nicht mehr schlafen.
Der Raum, den ihr um halb sieben heute Morgen verlassen habt, wartet auf seine Dekontamination.
Dein Plan – erst Party dann Konzert – wirkt nun gar
nicht mehr so überragend. Alle fragten schon Monate
vorher: „Was wirst du machen? Was ändert sich? Wie
fühlst du dich?“ Oder es gab gar ein betroffenes „Ohhhh“ zu hören. Meist antwortetest du: „Was soll sich
ändern?“ Momentan würdest du sagen, dass man
müde ist und Kopfschmerzen bekommt.
Mit Freunden, Saft, Salat, Brötchen und kleinen chemischen Helfern hievst du dich zurück ins Leben,
entscheidest dich, später loszufahren, dein persönliches Line-Up auf zwei Bands zu kürzen und dich gedanklich bei Red Tape Parade zu entschuldigen. Das
Wetter ist auf deiner Seite. Ein herrlicher Tag lässt
die Menschen gelassen vor dem FZW verweilen. Die
entspannte Atmosphäre tut dir gut, die Idee „Alkohol“
wurde schon sehr früh von der Agenda gestrichen.
Irgendwie wirst du aber dann doch zu früh ins FZW
gezerrt. Hast dich noch gewundert, was die Akustik
Gitarren und die Kameras draußen sollen, dich aber
nicht weiter drum gekümmert. „Der Rockpalast ist da!
Du verpasst die ‚Cardinal Session‘ mit Chuck und
Chris!“ Nun dann …
Drin stehen nun schon die hippen Teens und warten
auf La Dispute vor kompletter „Orange“-Bühne, von
der Gitarren- und Bass-Verstärker plus zugehöriger
Boxen in einem kräftigen Orangeton strahlen. Und du
fragst dich schmunzelnd, warum die nicht auch noch
Schlagzeuge herstellen.
La Dispute legen los. Der Sound ist gut, aber irgendwie viel zu leise. Jedenfalls ist es möglich, sich in normaler Laustärke zu unterhalten, während die Band
ein seltsam zusammengestelltes und langsames Set
zum Besten gibt. Sie spielen ruhigere neue Songs,
reden wenig, wirken ausgelaugt. Irgendwie passt das
nicht. Der Funke springt nicht über. Die Band ist zu
weit weg. Dabei hat sie dich auf Platte jedes Mal gepackt. Wieso live nicht? Liegt es an dir? Oh, die Sache mit dem Alter kommt wieder hoch … Du schmunzelst erneut.
Ändert sich doch was? Egal, da sind noch mehr im
Saal, die deine Meinung teilen. Lediglich die letzten
Songs kommen etwas kräftiger rüber. Schade. Ende,
raus! Frischluft ist wunderbar.
Jetzt freust du dich auf die alten Emo-Helden. Im
Gegensatz zu sonst bist du heute der einzige deiner
young until i die
Bande, der Hot Water Music uneingeschränkt mag.
Neueres Zeug wird von den anderen als Altherrenrock belächelt. Wieder das Alter. Dir ist das egal, du
bist aber zu müde um dich ins Getümmel zu werfen.
Denn das besteht heute komischerweise nur aus einem recht überschaubaren Pulk, nachdem auf der orangenen Bühne sicher mit „Remedy“ gestartet wurde.
Das Publikum scheint in einem unachtsamen Moment
deinerseits zwischen den Bands komplett ausgetauscht worden zu sein. Die ersten beiden Reihen
werden nun von Bärten und Hemden bevölkert. Uniform, egal wo du hinschaust. Bierbecher fliegen durch
die Luft, trotzdem ist heute irgendwie alles anders.
Ein betrunkener Brokkoli nervt. Der Sound? Noch immer zu leise. Du fühlst dich hier nicht so ganz wohl.
Auch ein Gedanke, der öfter hochkommt. Dir bleibt
heute die beobachtende Rolle und du beschließt, den
Rest auszublenden. Klappt eigentlich ganz gut. Keine
Spur von Altherrenrock. Anders als bei La Dispute ist
die Freude an der Musik, die Hot Water Music hier
versprühen, greifbar. Sie bereitet dir auch aus der ungewohnten Beobachterrolle Freude. Alleine zu sehen,
wie Chuck und Chris sich ständig für den bedingungslosen Support ihrer Fans seit knapp 15 Jahre bedanken, lässt dich etwas sentimental werden. Du genießt
„Turnstile“ und „It‘s hard to know“, schreist zwischendurch faustreckend und laut „live your heart and never
follow“ und lauscht den neuen Klängen von „Exister“.
Auch schön! Zum Schluss noch „True Believers“. Eigentlich alles gut und doch anders.
Die 30? Egal. Du sammelst deine Leute ein, packst
„das Wasser für den Fahrer“ von Chuck ins Auto und
bist um halb 12 zu Hause. behi
foto: facebook.com/photo.lifedraft
NIKLAS
Freitagmittag in einem Café unserer Stadt, Zeit für
ein Interview mit Niklas. Doch derjenige, der mir gegenüber sitzt und versöhnlich lacht, hat eigentlich
nichts gemein mit dem Niklas, der mit seiner Gitarre auf der Bühne kämpft und fleht und fragt und
uns die ganz großen Gefühle nur so um die Ohren
haut, sie in die Welt rausschreit, mit schier unendlicher Energie. Wie passt das zusammen?
„Ich komme aus dem kleinen Ingelheim in der Nähe
von Mainz. Dort ist mir auch die Musik begegnet. Ich
sah die großen Jungs beim Gitarrenspielen und fing
irgendwann selbst damit an. Und nach Schulmusik
und Bigbands kam dann hier auch die erste eigene
Gruppe, die “Tagespoeten‘“, fängt er seine Erklärung
an. Später kam der durchs Studium bedingte Umzug nach Karlsruhe und mit diesem musikalisch viel
Veränderung. Die entscheidendste war wohl, dass
er keine eigene Band mehr zusammenbekommen
hat, denn Mitspieler scheinen unter Elektrotechnikstuden-ten schwer zu finden zu sein. Also wurde
aus der Not eine Tugend gemacht und der Solo-Weg
eingeschlagen. Die Unmöglichkeit, Mitmusiker zu
finden, muss ja Gründe haben – Elektrotechnik und
Musik, passt das denn überhaupt? Für Niklas auf
jeden Fall: „Musik ist schließlich logisch strukturiert.
Und nur weil jemand Musik studiert, bedeute das
nicht, dass er musikalisch frei ist. Musik wird verwis
senschaftlicht und man muss spielen, was der Prof
vorgibt. Außerdem mag ich mein Studienfach...”
Doch ganz so einfach ist es scheinbar doch nicht,
denn obwohl Niklas sich selbst fest versprochen
hat, immer Zeit für Musik zu finden, kam er schnell
in eine Zwickmühle. „Wenn die Kommilitonen nur so,
durchs Studium rennen und man selbst auch eher
an den Büchern als der Gitarre sitzen sollte, macht
man sich schon Gedanken.“ Und so wurde die Musik
dann zwei Jahre auf Sparflamme gehalten, bis Niklas
die sich selbst versprochene Zeit für die Musik immer
schmerzlicher fehlte, er ein Gefühl des Selbstbetrugs
bekam. „Das sollte so nicht sein, da musste wieder
mehr Raum her, ganz bewusst, nur für die Musik!“
Und seit Niklas sich diesen wieder gönnt, Ideen wieder in aller Ruhe beschaut, nicht krampfhaft nebenbei
am Schreibtisch, geht es voran. „Ich nehme mir wieder Zeit, um den Ideen Struktur zu verschaffen, sie
auszuarbeiten. Denn wenn sie zu lange rumliegen,
kommen neue Gefühle, die in Musik gefasst werden
wollen, und die halbbearbeiteten sind vergangen.“
Dank dieser Frischzellenkur plant der junge Musiker
nun auch wieder mehr Studioarbeit und hat sogar
eine neue Spielwiese entdeckt: deutschen Elektrofolk. Hierbei wird eine akustische Grundlage durch
Livelooping mit elektronischen Elementen versehen.
Doch auch mit anderen zu spielen, kann sich Niklas noch immer gut vorstellen, etwa in einem Duo:
„Teil einer Band zu sein gewinnt immer gegen das
Dasein als Solo-Künstler.“ Und „Rampensaubedürfnisse“ hege Niklas ganz und gar nicht. Zwar sieht
er die Solo-Arbeit als authentischer für die Verbindung zwischen dem Musiker als Quelle und dem
Hörenden als Konsument an, da nichts diese Verbindung filtert oder ablenkt – doch stehe nur beim Spielen
in einer Band auch wirklich die Musik im Vordergrund: „Schließlich ist der ursprüngliche Gedanke
des Musikmachens ja das Gemeinschaftserlebnis.“
Und wie Niklas so über das Musizieren philosophiert,
sind sie dann plötzlich doch deutlich zu spüren, die
großen Gefühle, die nach Konzerten schon zu Besorgnisäußerungen geführt haben. Es wird vermisst,
gewollt und so unendlich geliebt, aber eben auch gezweifelt, ängstlich gefragt und immer wieder so sehr
gekämpft. Niklas liefert die Erklärung: „Jeder Mensch
ist, über seine Lebensspanne gesehen, im Schnitt
emotional neutral. Zwischendurch schwanken die Gefühle natürlich in beide Richtungen, alles von Euphorie
bis Depression wird erlebt.“ Und wenn ihm selbst die
traurigen Gefühle zu viel werden, hilft ihm die Musik,
das Pendel wieder einzuschwingen. Das Negative
wird in Texte gepackt und das Leben dadurch vielleicht wieder ein bisschen freier. „Auf die Zuhörer kann
das schon heftig wirken, wenn sie da all meine verarbeiteten Gefühle auf einmal verpasst bekommen.“
Aber was ist denn mit den glücklichen Momenten,
wo bleiben die? „Das Glück wird genossen! Wenn
ich glücklich bin, ist mein Bedürfnis Musik zu machen
kaum vorhanden. Glück produziert Banalitäten, und
die liegen mir nicht“, kontert der 23-Jährige. Ebenso
empfindet er politische oder gesellschaftskritische
Texte meist als aufgesetzt. „Wie soll ich mich in einen
Arbeitslosen versetzen? Wie soll ich glaubwürdig ein
System kritisieren, in dem und von dem ich lebe?“
Kategorisch ausschließen möchte er jedoch nicht,
dass vielleicht doch einmal inhaltlich anders komme
könnte. Denn vieles, was ihm früher als musikalisch
unmöglich erschien, taucht nun in seinen Liedern auf.
Musik dient Niklas als Definitionsmöglichkeit in seinem
Leben, sie verschafft ihm Selbstbewusstsein, gibt sei
nem Charakter einen Rahmen und am liebsten hört
er sie sowieso laut. Allerdings lässt er sich von Musik
nicht gerne in jeder Situation bedudeln. Lieber selten,
dafür intensiv. „Dabei muss ich mich dann aber manchmal auch ausbremsen, grad in Gesellschaft. Musik
versetzt mich immer in Stimmungen und manchmal
sind die ganz privat. Vielleicht werde ich plötzlich melancholisch. Mir gibt das Energie, aber andere um mich
herum empfinden es wahrscheinlich als unpassend …“
Wie es mit seiner Musik professionell weitergeht, steht
für Niklas noch nicht fest. Von Slam zu Slam wird er
aber wohl nicht ziehen, zu sehr missfällt ihm die Wettbewerbssituation, in der man zu oft auf negatives reduziert wird. Doch aufzuhören ist auch kein Thema,
„dafür gibt es noch zu viele Ideen und wohl auch immer zu viele Gefühle“ – die uns hoffentlich noch lange
in seinen wunderbaren Lieder begegnen werden.
arli
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